5. Preise u. Wechselkurse in der langfristigen Perspektive 5.1

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5. Preise u. Wechselkurse in der langfristigen Perspektive
5.1 Kaufkraftparität
• Das Gesetz des 'einheitlichen Preises' (law of one price):
In kompetitiven Märkten haben homogene Güter einen
einheitlichen Preis, sofern es keine Transportkosten und
andere Handelsbarrieren gibt.
D.h. die Preise in einheitlicher Währung müssen gleich
sein:
i
i
(5-1) PUS = ES / E * PEU für Gut i
• Der $/€-Wechselkurs entspricht dem Verhältnis der Preise
eines handelbaren
Gutes in verschiedenen Währungen:
i
(5-2) ES / E =
PUS
i
PEU
1
• Kaufkraftparitätentheorie: Es wird nicht das Preisverhältnis eines einzelnen Gutes, sondern das eines Warenkorbs
verwendet. Das relative Preisniveau (des Warenkorbes)
entspricht dem Wechselkurs.
(5-3) ES / E = PUS / PEU
• Selbst wenn (5-3) nicht exakt zutrifft: Die Marktkräfte
tendieren dazu die Kaufkraftparität herzustellen. Sind Güter im Warenkorb eines Landes relativ zur Kaufkraftparität zu teuer, fällt die (Welt-)Nachfrage nach diesen
Gütern und damit auch nach seiner Währung.
Die Währung wertet ab und die Preise fallen. Es gibt also
eine Bewegung zurück, in Richtung Kaufkraftparität.
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• Absolute und relative Kaufkraftparität:
– ES / E = PUS / PEU
..... absolute Kaufkraftparität
– Die relative Kaufkraftparität ist in Veränderungsraten
definiert (ebenfalls wieder als Approximation):
ESt / E − ESt −/1E
Pi t − Pi t −1
t
t
t
=
π
−
π
;
π
=
, i = US , EU
US
EU
i
(5-4)
ESt −/1E
Pi t −1
Die Abwertungsrate des $ gegenüber dem € in einer
Periode entspricht der Differenz der Inflationsraten.
– Empirische Sicht: (5-4) ist die bessere Beschreibung,
weil die Warenkörbe, die den Preisindizes zugrunde
liegen, nicht harmonisiert sein müssen.
– Achtung: absolute PPP impliziert relative PPP (aber
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nicht umgekehrt).
5.2 Eine langfristiges Modell, das auf der Kaufkraftparitätentheorie basiert
• Die Kaufkraftparität kann in das bisher diskutierte Modell integriert werden: Monetärer Ansatz der Wechselkurserklärung.
• Langfristige Perspektive: Perfekte Preisflexibilität, die
Vollbeschäftigung aller Ressourcen ist gewährleistet.
• Geldmarktgleichgewicht in den USA und in Europa:
(5-5) PUS =
$
M US
L(R$ , YUS )
(5-6) PEU =
E
M EU
L(RE , YEU )

$
L ( RE , YEU )
PUS
M US

= E
 E$ / E =
PEU M EU L ( R$ , YUS )


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• In Verbindung mit der Kaufkraftparität sind für gegebenes Realeinkommen drei Determinanten des langfristigen Wechselkurses zu unterscheiden:
– Geldmenge: Eine permanente Erhöhung der Geldmenge, z.B. in den USA, führt c.p. zu einer proportionalen Erhöhung der des Preisniveaus. Gilt die
Kaufkraftparität, erhöht sich c.p. E$/€ : der $ wertet gegenüber dem € in der gleichen Proportion ab.
– Zinssatz: Eine Erhöhung des Zinssatzes, z.B. in der
EU, reduziert c.p. die europäische reale Geldnachfrage. Das Preisniveau muss sich erhöhen, damit das
Geldmarktgleichgewicht bestehen bleibt.
Paradoxes Ergebnis: der € wertet ab! (Achtung: Die
Ursache für die Zinserhöhung ist wichtig).
5
– Eine Erhöhung der realen Outputs steigert die reale
Geldnachfrage und führt damit bei konstanter Geldmenge zu einer Preissenkung. Eine höhere Wachstumsrate des Outputs in den USA führt daher zu einer
$-Aufwertung.
• Meist wächst die Geldmenge mit (einer mehr oder weniger) konstanten Rate. Konsequenz:
– Stetiges Wachsen des Preisniveaus, also konstante
Inflation.
– Output hängt vom verfügbaren Faktorangebot ab u.
bleibt unbeeinflusst.
– Der (langfristige) Zinssatz ändert sich hingegen aufgrund der Zinsparität (diese hält kurz und langfristig).
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– Annahme: Die Wirtschaftssubjekte kennen die relative
Kaufkraftparität und bilden ihre Inflationserwartungen
danach.
– Die Zinsdifferenz zwischen $-Assets und €-Assets (in
$) entspricht der erwarteten $-Abwertungsrate und
diese wiederum der Differenz der erwarteten Inflationsraten ( π e = (P e − P )/ P) in den USA u. Europa.
(5-8) R$ = RE +
da
E$e/ E − E$ / E
E$ / E
E$e/ E − E$ / E
E$ / E
= π US
e
⇒
e
e
R$ − RE = π US
− π EU
e
− π EU
aufgrund der relativen Kaufkraftparität.
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• Fisher-Effekt:
– Wenn erwartet wird, dass die Währungsabwertung den
Unterschied in den Inflationsraten kompensiert, dann
entspricht die Zinsdifferenz der Differenz der erwarteten Inflationsraten.
– D.h. Steigt in einem Land c.p. die erwartete Inflationsrate, dann steigt der Zinssatz für Assets in diesem
Land im selben Ausmaß (Fisher-Effekt).
– Der Anstieg des Zinssatzes durch den Fisher-Effekt
impliziert, daß der reale Zinssatz konstant bleibt. Rein
monetäre Phänomene haben langfristig keinen Einfluss auf die relativen Preise.
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• Langfristig entsteht das Zinsdifferential nur dann, wenn
es ein Differential in den erwarteten Inflationsraten gibt
(Fisher-Effekt).
• Kurzfristig sind die Preise rigide:
– Eine Senkung des Geldangebots führt kurzfristig zu
einer Zinserhöhung (nicht zu einer Zinssenkung).
– Durch Senkung des Geldangebots entsteht eine Überschussnachfrage am Geldmarkt, die nur durch eine
Zinserhöhung abgebaut werden kann.
• In der langfristigen Perspektive mit flexiblen Preisen
würde dagegen das Preisniveau sofort fallen und eine
Zinserhöhung unnötig machen.
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• Stellen wir uns vor, das FED erhöht zum Zeitpunkt t0 die
Wachstumsrate des Geldangebots von π auf π+∆π.
– Unmittelbare Erhöhung der erwarteten Inflationsrate
von π auf π+∆π.
– Unter Gültigkeit der Kaufkraftparitätentheorie erhöht
sich die Rate der erwarteten $-Abwertung, auf π+∆π.
– Die Zinsparität erfordert, daß der Zinssatz sofort von
R1$ auf R$2 = R$1 + ∆π steigt.
– Der Zinssatz auf €-Assets bleibt dabei unverändert
(das europäische Geldangebot und auch der europäische Output haben sich nicht verändert).
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– In t0 kein unmittelbarer Anstieg der Geldmenge.
– Der Zinssatz steigt sofort, daher Überschussangebot am
Geldmarkt zum Preisniveau unmittelbar vor t0. Sprung
im Preisniveau, so dass das Geldmarktgleichgewicht
wieder hergestellt wird.
– Äquivalenter Sprung in E$/€, d.h. eine sofortige $-Abwertung aufgrund der Kaufkraftparität .
– Der sofortige Zinsanstieg kommt also nicht durch eine
Geldmengenerhöhung zustande, sondern durch die Erwartung, daß sich in Zukunft aufgrund des stärkeren
Geldmengenwachstums die Inflation erhöht und eine
raschere $-Abwertung eintritt.
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Fig. 5-1: Der langfristiger Zeitpfad von Zinssatz, Preisniveau
und Wechselkurs bei einer Erhöhung der Wachstumsrate des
Geldangebots
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• Die Annahme über die Geschwindigkeit der Preisanpassung ist essentiell.
– Bei rigiden Preisen steigt der Zinssatz im Fall einer
Geldmengenreduktion, und dies wäre mit niedrigerer
erwarteter Inflation und einer sofortigen $-Aufwertung
verbunden.
– Im monetären Ansatz mit flexiblen Preisen führt eine
Zinserhöhung als Reaktion auf eine Erhöhung des Geldmengenwachstum zu höherer erwarteter Inflation und
einer sofortigen Abwertung. Es ist also wichtig zu
wissen, warum Zinsen steigen.
13
Fig. 5-2 Inflationsrate und Zinssatz in der Schweiz, in Italien und in
den USA
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5.3 Empirische Evidenz für die Kaufkraftparitätentheorie
• Eher wenig empirische Unterstützung; aber diese
Theorie ist nicht nutzlos, sondern wichtiger Bestandteil
komplexerer und realistischerer Modelle.
• Absolute Kaufkraftparitätentheorie:
– Vergleich des Preises eines Referenzwarenkorbes (unter Anpassungen für Qualitätsunterschiede).
– Starke Variation des Preisniveaus von Land zu Land
in einheitlicher Währung.
– Selbst für eng definierte, international handelbare
Güter, gibt es signifikante Abweichungen vom „Gesetz des einheitlichen Preises“.
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Fig. 5-3: $/DM-Wechselkurs und das relative US/deutsches
Preisniveau
Große Abweichungen von der relativen Kaufkraftparität für den
$/DM-Wechselkurs. Speziell nach 1979 kam es zu einer massiven
Aufwertung des $, obwohl die Inflation in den USA höher war als
in Deutschland.
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• Relative Kaufkraftparitätentheorie: Inflation und Wechselkursentwicklung verlaufen parallel (einheitliche Warenkörbe nicht notwendig, lediglich konstante Struktur;
Veränderungsraten.)
• Ursachen für Abweichungen von der Kaufkraftparität:
– Transportkosten und andere Handelsbarrieren erlauben Preisdifferenzen (z.B. durch Wechselkursschwankungen), weil Arbitragemöglichkeiten eingeschränkt sind.
Nicht handelbare Güter u. Dienstleistungen: Der Preis
wird allein durch Angebot und Nachfrage im jeweiligen Land bestimmt.
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– Zusammentreffen von Handelsbarrieren und unvollständigem Wettbewerb, (vgl. das Modell reziproken Dumpings als Extremfall).
Änderungen in der Marktstruktur oder Nachfrage
können auch Abweichungen von der relativen Kaufkraftparität hervorrufen.
– Messprobleme: Die Preisindizes in den einzelnen
Ländern basieren auf unterschiedlichen Warenkörben,
weil sich die Nachfragestruktur von Land zu Land
unterscheidet.
Relative Kaufkraftparität: Preiserhöhungen einzelner
Güter wirken sich bei verschiedenen Gewichtungen
unterschiedlich auf das Aggregat aus.
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– Die Abweichungen von der Kaufkraftparitätentheorie
sind kurzfristig stärker als langfristig. Die Preise sind
kurzfristig - in unterschiedlichem Ausmaß - rigide.
• Positiver Zusammenhang zwischen dem Preisniveau und
seinem Pro-Kopf Einkommen eines Landes .
– Balassa/Samuelson: Produktivitätsnachteile der armen
Länder bei den handelbaren Gütern, keine bei den nicht
handelbaren. Deshalb sind Löhne und damit die Preise
der nicht handelbaren Güter in einheitlicher Währung
niedriger.
– Bhagwati, Kravis und Lipsey: Bessere Ausstattung der
reichen Länder mit Kapital; das Grenzprodukt der Arbeit und damit der Lohnsatz ist höher (Achtung: kein
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Faktorpreisausgleich).
5.5 Der reale Wechselkurs
• Modellerweiterung: Unter welchen Bedingungen besitzt
der monetäre Ansatz zur Wechselkurserklärung Gültigkeit? Erklärung der Abweichungen von der absoluten
Kaufkraftparität.
• Realer Wechselkurs:
– Allgemein: das Verhältnis der Güterpreise (weit definiert) zweier Ländern in einheitlicher Währung.
– Kaufkraftparitätentheorie: Gleicher Warenkorb; der
implizierte reale Wechselkurs kann sich nicht ändern.
– Annahme: die absolute Kaufkraftparität gilt nicht
exakt, da die Warenkörbe unterschiedlich sind.
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– Das Preisniveau (PUS, PEU) wird jeweils durch den
Preis eines länderspezifischen Warenkorbs gemessen
(der auch nicht handelbare Güter und Dienstleistungen enthält).
Das Preisniveau repräsentiert die Ausgaben, welche
die Nachfrage und Angebot im jeweiligen Land motivieren.
Im US-Warenkorb besitzen in den USA produzierten
und konsumierten Güter- und Dienstleistungen
höheres Gewicht (ähnlich beim europäische Warenkorb).
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• Der reale Wechselkurs mißt den Preis des so definierten
europäischen Warenkorbs relativ zum amerikanischen,
beide in $ gerechnet.
(5-9) q$ / E = (E$ / E * PEU ) / PUS
• Reale Abwertung des $ gegenüber dem €, q$/€ steigt: Die
Kaufkraft des $ in Europa sinkt. In $ wird der europäische Warenkorb relativ zum amerikanischen teurer.
(Hypothetisch: Der europäische Warenkorb ist nicht
repräsentativ für die US-Nachfragestruktur).
• Reale Aufwertung: q$/€ sinkt.
• Eine nominelle Abwertung (Aufwertung) des $ gegenüber dem € c.p. zieht eine reale Abwertung (Aufwertung) nach sich.
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• Der realen Wechselkurs hängt von Angebot und Nachfrage in den beiden Ländern ab (da die Preisniveaus der
zwei Länder und der Wechselkurs involviert sind):
– Änderung der 'Weltnachfrage' nach amerikanischen
Produkten:
Z.B Verschiebung der privaten US-Nachfrage, Erhöhung der US-Staatsausgaben.
Zur Wiederherstellung des Gleichgewichts steigt das
US-Preisniveau (auch der nicht handelbaren Güter)
relativ zum europäischen.
Ergebnis: $ wertet real auf.
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– Änderung des relativen Angebots:
z.B. steigt in den USA die Produktivität schneller als
in Europa.
Überschußangebot zum gegebenem realen Wechselkurs in den USA: Die US-Bevölkerung gibt einen Teil
des zusätzlichen Einkommens für EU-Produkte aus.
Rückgang des relativen Preises für US-Güter (handelbar und nicht handelbar)
Eine reale Abwertung des $ eliminiert das Überschußangebot.
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• Erweiterte Formulierung der Kaufkraftparitätentheorie
für den nominellen Wechselkurs:
(5-10) E$ / E = q$ / E (PUS / PEU )
– Wie bisher: Bei gegebenem realen Wechselkurs
führen Änderungen von Geldangebot oder Geldnachfrage in Europa oder in den USA zu einer Änderung
des nominellen Wechselkurses.
– Langfristige Änderungen auf den Outputmärkten
induzieren reale Wechselkurseffekte und führen zu
Abweichungen von der Kaufkraftparitätentheorie.
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– Langfristiges Gleichgewicht als Ausgangspunkt:
• Perm. Erhöhung der rel. Geldmenge in den USA:
Kein Effekt auf den langfristigen Output, den Zinssatz oder auf die relativen Preise; der reale Wechselkurs ändert sich nicht.
Proportionale Erhöhung von PUS u. nominelle Abwertung des $ (konsistent mit der Kaufkraftparität).
• Relative Wachstumsrate der US-Geldmenge steigt:
Zunahme der erwarteten Inflation u. des Zinssatzes
in den USA (Fisher-Effekt), aber q$/E bleibt konstant.
Rückgang der realen Geldnachfrage; PUS steigt;
Nominelle Abwertung des $.
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• Änderung der relativen Nachfrage nach US-Gütern:
Durch den monetären Ansatz nicht erklärbar.
Das langfristige Preisniveau wird nicht beeinflußt, da
monetär bestimmt.
Langfristige reale Aufwertung des $. Wenn das langfristige Preisniveau unverändert bleibt, wertetet der $
auch nominell auf.
• Rel. Erhöhung des US-Outputs.
Reale Abwertung des $.
Zusätzlich: Erhöhung der realen Geldnachfrage, was
langfristig zu einer Reduktion des US-Preisniveaus
führt. Der Effekt auf den nominellen Wechselkurs ist
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unbestimmt.
5.6 Zinsdifferentiale und realer Wechselkurs
• Zinsdifferentiale hängen auch von Änderungen des realen
Wechselkurses ab.
• q$/€ mißt die Abweichung von der Kaufkraftparität.
• Zusammenhang zwischen der erwarteten Änderung des
realen Wechselkurses, des erwarteten nominellen Wechselkurses und der erwarteten Inflation:
E$e / E − E$ / E
e
e
)
− (π US
−π EU
(5-11) (q − q$ / E ) / q$ / E =
E$ / E
E e −E
Zinsparität: R$ − RE = $ / EE $ / E
$/E
e
$/E
(5-12)
(
)
e
e
)
R$ − RE = q$e / E − q$ / E / q$ / E + (π US
−π EU
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• Wenn die Märkte erwarten, daß die relative Kaufparität
e
e
e
gilt, so ist q$ / E = q$ / E und R$ − RE = (π US
)
−π EU
• Wenn nicht, besteht das Zinsdifferential aus zwei Komponenten: Erwartete reale Abwertungsrate und erwartete
Differenz der Inflationsraten.
• Realer Zinssatz (Fisher-Effekt):
(5-13) r e = R − π e
• Reale Zinsparität:
e
e
e
e
e
(5-14) rUS − rEU = (R$ − π US ) − (RE − π EU ) = (q$ / E − q$ / E )/ q$ / E
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• Unterschiedliche reale Zinsen bei ein Auf- oder Abwertungserwartung des realen Wechselkurses.
Z.B. Eine stärkere Steigerung der Produktivität bei den
handelbaren Güter in Europa in den USA, keine Differenz
bei den nicht handelbaren Gütern.
Balassa/Samuelson-Theorie: die EU-Preise der nicht hanelbaren Güter steigen und der $ wertet real ab. In den USA
üssen die erwarteten realen Zinsen höher liegen müssen.
Das bedeutet nicht, unausgeschöpfte Profitmöglichkeiten
für internationale Investoren existieren. Die realen Zinsen
sind nicht mit dem gleichen Preisdeflator (der auf dem
gleichen Warenkorb basiert), berechnet. Es kommt darauf
ankommt, wo die Erträge konsumiert werden.
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