6. Adverse Selektion und soziale Wohlfahrt Beispiel 1 Market of Lemons“ - das Beispiel des Gebrauchtwagenmarktes: ” Der Begriff Lemons“ steht im Amerikanischen umgangssprachlich für ” Gebrauchtwagen mit schlechter Qualität. Hingegen bezeichnet Plums“ ” Gebrauchtwagen guter Qualität. Annahmen: Der Gebrauchtwagenhändler hat vollständige Information über die Qualität seiner eigenen Produkte. Der Käufer ist über die genaue Qualität der angebotenen Produkte nur unzureichend informiert. Er kennt lediglich die durchschnittliche Qualität aller angebotenen Gebrauchtwagen im Markt. Seine Zahlungsbereitschaft orientiert sich damit an der durchschnittlichen Qualität. Dipl.-Volksw. J.Freese (HSU) Markt und Staat WT 2010 74 / 87 6. Adverse Selektion und soziale Wohlfahrt Beispiel 11 Es gebe einen Markt, auf dem 1000 Leute einen Gebrauchtwagen verkaufen wollen, und 1000 Leute ihren Wagen verkaufen wollen. (Wir nehmen hier vereinfachend an, es herrsche vollständige Konkurrenz – die Zahl der Anbieter/Nachfragen sei groß genug, um von atomistischen Wirtschaftssubjekten zu sprechen.) Die Besitzer kennen die Qualität des eigenen Wagens, die Käufer nur die durchschnittliche Qualität. Es existieren lediglich zwei Qualitäten: 500 Lemons und 500 Plums. Die Besitzer eines Lemons (bzw. Plums) sind bereit, diesen für mindestens 1000 (bzw. 2000) zu verkaufen. Die maximale Zahlungsbereitschaft der Käufer sei 1200 (bzw. 2400) für einen Lemon (bzw. Plum). 1 Beispiel modifiziert entnommen aus Varian, H.R. (2007): Grundzüge der Mikroökonomik, 7. Auflage, S. 828f. Dipl.-Volksw. J.Freese (HSU) Markt und Staat WT 2010 75 / 87 6. Adverse Selektion und soziale Wohlfahrt Fragen: a Wie hoch sind der Gleichgewichtspreis und die Wohlfahrt (Konsumentenrente + Produzentenrente) im Falle es herrsche vollständige Information? b Wie verhält es sich, wenn die Information - gegeben der erläuterten Annahmen – asymmetrisch verteilt ist? Wie hoch ist der Wohlfahrtsverlust? Dipl.-Volksw. J.Freese (HSU) Markt und Staat WT 2010 76 / 87 6. Adverse Selektion und soziale Wohlfahrt Beispiel 1 a Wie hoch sind der Gleichgewichtspreis und die Wohlfahrt (Konsumentenrente + Produzentenrente) im Falle es herrsche vollständige Information? Bei vollständiger Konkurrenz wird der Gleichgewichtspreis bei 1000 bzw. 2000 für einen Gebrauchtwagen liegen. Alle 1000 Wagen werden verkauft. Die Produzentenrente ist hier null. Die Konsumentenrente ergibt sich als Differenz zwischen maximaler Zahlungsbereitschaft und Kaufpreis, d.h. KR = 500 · (2400 − 200) + 500 · (1200 − 1000) = 300.000 Dipl.-Volksw. J.Freese (HSU) Markt und Staat WT 2010 77 / 87 6. Adverse Selektion und soziale Wohlfahrt Beispiel 1 a Wie verhält es sich, wenn die Information - gegeben der erläuterten Annahmen – asymmetrisch verteilt ist? Wie hoch ist der Wohlfahrtsverlust? Käufer kennen die Qualität des Wagens nicht, also wird (gemäß den Annahmen) ihre Zahlungsbereitschaft für alle Wagen, der durchschnittlichen Zahlungsbereitschaft entsprechen. ZB = 0.5 · 2400 + 0.5 · 1200 = 1.800 Anbieter von Plums werden zu einem Preis von 1800 nicht verkaufen, d.h. für Plums kommt kein Vertrag zustande. Ist sich der Käufer bewusst, dass lediglich Lemons zum Verkauf angeboten werden, sinkt seine maximale Zahlungsbereitschaft auf 1200. Es werden nun alle 500 Lemons zum Gleichgewichtspreis von 1000 verkauft. Die Produzentenrente ist wiederum null. Die Konsumentenrente ergibt sich gemäß: KR = 500 · (1200 − 1000) = 100.000 Dipl.-Volksw. J.Freese (HSU) Markt und Staat WT 2010 78 / 87 6. Adverse Selektion und soziale Wohlfahrt Beispiel 1 Der Wohlfahrtsverlust (im Vergleich zu vollständiger Information) ergibt sich gemäß WV = 300.000 − 100.000 = 200.000 Asymmetrische Information führt dazu, dass nur die schlechten Qualitäten im Markt verbleiben (Adverse Selektion), und somit ist die Allokation ineffizient. Dies liegt daran, dass Kaufverträge bei Plums, die unter vollständiger Information zu einer Erhöhung der Konsumentenrente beitragen, nicht zustande kommen. Dipl.-Volksw. J.Freese (HSU) Markt und Staat WT 2010 79 / 87 6. Adverse Selektion und soziale Wohlfahrt Beispiel 22 Auf dem Regenschirmmarkt herrsche vollständige Konkurrenz und es gibt einige Anbieter guter Schirme und einige Anbieter schlechter Schirme. Die Herstellung eines Schirms kostet beide Anbietergruppen 11,50e. Die Nachfrager kennen nur die durchschnittliche Qualität. Die Zahlungsbereitschaft für einen schlechten Schirm betrage 8e und die für einen guten Schirm betrage 14e. a Wie hoch sind Preis, Qualität und die Wohlfahrt (Konsumentenrente + Produzentenrente) im Gleichgewicht, wenn vollständige Information vorliegt? b Wie verhält es sich, wenn die Information asymmetrisch verteilt ist? Welche Wohlfahrtswirkungen hat dies? 2 Beispiel entnommen aus Varian, H.R. (2007): Grundzüge der Mikroökonomik, 7. Auflage, S. 829ff. Dipl.-Volksw. J.Freese (HSU) Markt und Staat WT 2010 80 / 87 6. Adverse Selektion und soziale Wohlfahrt Beispiel 2 a Wie hoch sind Preis, Qualität und die Wohlfahrt (Konsumentenrente + Produzentenrente) im Gleichgewicht, wenn vollständige Information vorliegt? Bei vollständiger Konkurrenz wird der Gleichgewichtspreis für beide Qualitäten bei 11,50e (Preis = Grenzkosten) Dann werden aber nur Schirme mit hoher Qualität hergestellt, da der Preis (11,50e) die Zahlungsbereitschaft (ZB) für einen schlechten Schirm (8e) übersteigt. Hersteller schlechter Qualitäten werden aus dem Markt gedrängt. Es wird nur Hersteller guter Schirme geben, deren Produzentenrente null ist. Die Konsumentenrente (pro Konsument i) beträgt in diesem Beispiel: KRi = max ZB − Preis = 14e − 11, 50e = 2, 50e Dipl.-Volksw. J.Freese (HSU) Markt und Staat WT 2010 81 / 87 6. Adverse Selektion und soziale Wohlfahrt Beispiel 2 b Wie verhält es sich, wenn die Information asymmetrisch verteilt ist? Welche Wohlfahrtswirkungen hat dies? Käufer kennen die Qualität des Schirms nicht, also wird ihre Zahlungsbereitschaft für einen Schirm (egal ob gut oder schlecht) der durchschnittlichen Zahlungsbereitschaft entsprechen. Letztere ist abhängig von Anteil der Hersteller mit guten Schirmen q (exogen): ZB = 14e · q + 8e · (1 − q) = 6e · q + 8e Vollständiger Wettbewerb garantiert, dass der Preis 11.50e beträgt. Es werden nur Schirme verkauft, wenn die Zahlungsbereitschaft den Preis übersteigt: ZB = 14e · q + 8e · (1 − q) ≥ 11, 50e Dipl.-Volksw. J.Freese (HSU) Markt und Staat WT 2010 82 / 87 6. Adverse Selektion und soziale Wohlfahrt Abhängig von dem Anteil der guten Hersteller, kann es nun verschiedene Gleichgewichte geben. Dazu berechnen wird zunächst den kritischen Wert von q, ab dem überhaupt Schirme verkauft werden. 14e · q + 8e · (1 − q) = 11, 50e 6e · q = 3, 50e q= Dipl.-Volksw. J.Freese (HSU) 7 12 Markt und Staat WT 2010 83 / 87 6. Adverse Selektion und soziale Wohlfahrt p, ZB [€] Beispiel 2 15 p = 14,00 € 14 ZB = 6q + 8 13 KR 12 p = 11,50 € 11 10 I 9 8 7 Kaufverträge kommen zustande keine Schirme werden verkauft 6 p > ZB p < ZB 5 0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 q = 7 / 12 Dipl.-Volksw. J.Freese (HSU) Markt und Staat 0,7 0,8 0,9 1 q WT 2010 84 / 87 6. Adverse Selektion und soziale Wohlfahrt Beispiel 2 Wohlfahrtsbetrachtung der möglichen Gleichgewichte: Keine Schirme werden hergestellt, Marktzusammenbruch q< 7 ⇐⇒ KRi = 0 12 q≥ 7 ⇐⇒ KRi ≥ 0 12 Schirme werden verkauft: Im zweiten Fall ist die Konsumentenrente umso höher, je höher der Anteil der guten Qualitäten ist. Gibt es nur gute Schirme, erhalten wir das Marktgleichgewicht wie unter vollständiger Information. Bei vollständiger Information und vollständiger Konkurrenz kam es zu einer Selektion der guten Qualitäten und somit zu einem wohlfahrtsoptimalen Marktgleichgewicht. Bei asymmetrischen Informationen verbleiben auch die niedrigen Qualitäten im Markt und der Wohlfahrtsverlust ist umso höher, je höher der Anteil der niedrigen Qualitäten. ZB = 14e · q + 8e · (1 − q) ≥ 11, 50e Dipl.-Volksw. J.Freese (HSU) Markt und Staat WT 2010 85 / 87 6. Adverse Selektion und soziale Wohlfahrt Beispiel 3 Was ändert sich an Beispiel 2, wenn die Unternehmen nun über die zu produzierende Qualität selbst entscheiden können und die Produktionskosten je schlechtem Schirm 11 e betragen und die je guten Schirm bei 11.50 e verbleiben? Dipl.-Volksw. J.Freese (HSU) Markt und Staat WT 2010 86 / 87 6. Adverse Selektion und soziale Wohlfahrt Beispiel 3 Vollständige Information: Das Gleichgewicht bei symmetrischer Information ist identisch mit dem aus Beispiel 2. Die niedrigen Qualitäten werden aus dem Markt gedrängt (ZB=8 e < p=11e) und die Konsumentenrente beträgt 2.50 e. Asymmetrische Information: Die Produzenten nehmen unter vollständiger Konkurrenz den Marktpreis als gegeben. Da ein Produzent aber aufgrund der asymmetrischen Information für jeden Schirm den gleichen Preis erhält, wird er nur Schirme mit niedrigerer Qualität erzeugen (geringere Herstellungskosten, höherer Gewinn). Es werden damit keine Schirm höherer Qualität angeboten. Ein Käufer ist dann aber nur bereit maximal 8 e für einen Schirm zu bezahlen, da nur niedrige Qualitäten im Markt angeboten werden. Da die maximale Zahlungsbereitschaft damit unter den Herstellungskosten liegt, werden keine Schirme verkauft. Der Markt bricht vollständig zusammen. Der Wohlfahrtsverlust im Vergleich zur Situation mit symmetrischen Informationen beträgt nun 2.50 e pro potentiellem Schirmkonsument. Dipl.-Volksw. J.Freese (HSU) Markt und Staat WT 2010 87 / 87