He – Datierung - Institut für Geologie

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Oberseminar – Vortrag
mit dem Thema
He – Datierung
Betreuer:
Prof. Merkel
Bearbeiter:
Ulrich Knauthe
Freiberg, am 13.04.2000
1
Inhaltsverzeichnis
Seite
1.
Einleitung
1
2.
Physikochemisches Verhalten und Herkunft der HeIsotope
1
3.
3.1
3
3
3.2
Systematik
Edelgasbilanz des Wassers und ihr Einfluss auf die
Altersbestimmung
Methode der Altersbestimmung mit Edelgasisotopen
4.
4.1
4.2
4.2.1
Anwendung
Einsatzgebiete
Anwendungsbeispiele
Mineralwasservorkommen von Stuttgart
6
6
7
7
5.
Zusammenfassung
11
6.
Literaturverweis
12
2
4
0. Zusammenfassung
Im vorliegendem Bericht wird ein allgemeiner Überblick über Grundlagen, Methodik und die
Anwendbarkeit von Helium- Isotopen- Datierungen zur Altersbestimmung in der Hydrologie/
Hydrogeologie vermittelt.
Ziel ist es, die Edelgasnuklide des Helium, in der Natur als Helium-3 und Helium-4
auftretend, z.T. in der Kombination mit anderen Edelgasen, wie Argon und Neon, im System
der Datierungsmethoden einzugliedern. Die Anwendbarkeit dieser Methoden wird anhand
einer Fallstudie erörtert.
1. Einleitung
Niedrige Grundwasserneubildungsraten führen bei hohem Wasserbedarf und hohen
Schadstoffeinträgen in der Regel zu dem Bestreben, auch tiefere Grundwasserfließsysteme in
die wasserwirtschaftliche Nutzung einzubinden.
Wegen der mit der Tiefe üblicherweise zunehmenden Grundwasserverweilzeiten sind für die
Erkundung dieser Grundwasser- Fließsysteme auch andere (Isotopen-)Methoden als für
oberflächennahe Systeme erforderlich. Zumeist findet die 14C- Methodik Verwendung, die im
günstigsten Fall Verweilzeiten bis zu etwa 40 ka zuläßt, häufig jedoch aufgrund chemischer
Prozesse auf einen deutlich kleineren Datierungsbereich eingeschränkt ist. Für noch größere
Verweilzeiten haben sich bisher noch keine Routinemethoden etablieren können (WEISE et
al. 1996).
In den letzten Jahren wurde daher die Verwendbarkeit von Edelgasgehalten und –isotopen im
Hinblick auf altersmäßige Klassifizierungen getestet.
2.
Physikochemisches Verhalten und die Herkunft der He- Isotope
Als Edelgas der achten Hauptgruppe im PSE, verhält sich Helium aufgrund seines Atombaues
äußerst reaktionsträge und geht unter Normalbedingungen keine chemischen und
biochemischen Verbindungen ein. Es verhält sich wie die anderen Elemente der 8. HG
chemisch inert und ist deshalb für spezielle kernphysikalische Untersuchungen gut geeignet.
Für die Verteilung der Gase in der Geosphäre und der Atmosphäre sind dessen Bildungs- und
Migrationsbedingungen verantwortlich. Die Konzentration ergibt sich im wesentlichen aus
fünf Faktoren (JORDAN et al. 1979):
1.
2.
3.
4.
5.
dem primordialen Erdgasanteil (= Anteil, der bereits seit der Bildung der Erde
existiert)
der Menge an radioaktiven Elementen, die Edelgase bilden, deren radioaktiven
Eigenschaften und der Größe der Zeitspanne, in der sich Edelgase ansammeln
können
den physikochem. Kenndaten des Edelgases
ihrem Verhalten im Kristallgitter der edelgasbildenden Minerale
den geologisch- tektonischen Faktoren
1
Tabelle 1 zeigt die Verteilung der stabilen He- Isotope in der Atmosphäre und deren relative
Häufigkeit.
Tab.1: Die Verteilung der stabilen He- Edelgasisotope in der Atmosphäre (JORDAN 1979)
He- Isotope
He
4
He
Rel. Häufigkeit in %
0,00013
99,99987
3
Konz. in Vol.- %
5*10-11
5*10-4
Die kernphysikalischen Bildungsprozesse der Edelgasisotope sind Grundlage für das
Verständnis der physikalischen Altersbestimmung. Helium ist ein Gemisch aus radiogenem
(besonders 4He) und primordialem (3He und 4He) Anteil. 4He wird in der Atmosphäre und in
der Lithosphäre gebildet:
•
•
α- Teilchen der kosmischen Strahlung verbinden sich mit Elektronen der
Atmosphäre zu He- Atomen (Kosmogenes Helium)
Uran- und Thoriumisotope sind die Hauptquellen für die Bildung von 4He in
der Lithosphäre:
U →
235
U →
232
Th →
238
Pb + 8 α
Pb + 7 α
208
Pb + 6 α
206
207
Da die Halbwertszeit von U und Th in der Größenordnung von 109a liegt, ist die HeProduktionsrate in den letzten 100 Mio. Jahren als konstant zu betrachten.
3
He ist vorwiegend radiogener Genese, seine Bildung erfolgt hauptsächlich aus dem Tritium
(3H, T):
T → 3He + β- + Energie
(T1/2 ≈ 12,3 a)
Die bedeutendsten Quellen des Tritium sind die anthropogenen Kernwaffentest (Helium aus
Bombentritium (He3) in den 50er und 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts, sowie natürliche
Zerfallsreaktionen, so z.B. von 6Li:
6
Li + n
→
T + 4He
Nach der Genese unterscheidet man somit:
-
Mantelhelium (im oberen Mantel gebildet; =4He (+He3))
Athmosphärisches Helium
Kosmogenes Helium
Helium aus Bombentritium (3He)
Radiogenes Helium (=Krustenhelium=4He (+He3))
Helium besitzt aufgrund des geringsten Atomgewichtes aller Edelgase den kleinsten
Rückhaltekoeffizienten im Gestein. So beträgt dieser Koeffizient für Helium im Uraninit nur
etwa 5% des gebildeten Heliums, während er bei Krypton und Xenon bei 21% bzw. 30%
liegt.
Nach Verlassen des Gitterverbandes migrieren die Edelgase über Poren und Klüfte des
Gesteinsverbandes und werden schließlich unter entsprechenden Bedingungen akkumuliert
(T, p, Salinität, u.a.). Die Migrationsgeschwindigkeit und die Menge des transportierten
2
Materials ist vom Diffusionsmedium, sowie vom physiko-chem. Verhalten des Gases (p,
Atomradius, u.a.) abhängig.
Die Löslichkeit der Gase ist abh. vom Lösungsmittel (z.B. in Öl > Wasser) und von
physikalisch-chemischen Bedingungen des Systems:
Die Löslichkeit der Gase
• sinkt i.A. mit steigender Temperatur
• steigt mit zunehmenden Druck
• sinkt mit steigender Salinität .
Jedoch besteht kein Zusammenhang zwischen der Dichte des Edelgases und ihrer löslichen
Menge. Aufgrund der hohen Löslichkeit ist Argon in der Hydrosphäre dominierendes Gas.
3. Systematik
3.1 Edelgasbilanz des Wassers und ihr Einfluss auf die Altersbestimmung
Grundlage der Altersbestimmung bilden die Edelgasmengen, die im Wasser gelöst sind oder
die auf Grund eines erhöhten Angebotes nicht mehr gelöst werden können und in freier Phase
im Wasser vorliegen.
Die Edelgasbilanz („EG“) lautet:
EG = EGsed + EGsyng + EGepig + EGatm - EGverlust
EGsyng = EGsyng1 + EGsyng2
EG
EGsed
EGsyng
EGsyng1
EGsyng2
EGepig
EGatm
EGverlust
alle Edelgase, die zur Zeit der Probenahme im Wasser sind (gelöst und in freier Phase)
Edelgase, die bei Sedimentation eingeschlossen und mit versenkt wurden (haupts. aus atmosph.
Helium; riesige Luft-Vol. erforderlich, um He-Konz. zu erreichen)
Edelgase, die radiogen im Sed.-raum entstanden
durch Gegenwart von radioakt. Elemente im Wasser selbst entstanden (z.B. 3He aus T-Zerfall)
vom Nebengestein entstanden (z.B. 4He)
Edelgasgehalte, die aus der Tiefe über Störungen (Mantelhelium) oder aus dem Fundament
selbst (Krustenhelium) in die Sedimente und deren Schichtwässer gelangen
Edelgase aus der Luft, die von Oberflächenwässern gelöst werden und durch die
Wasserzirkulation in tiefere Schichten gelangen
Diffusionsverluste aus dem Wasser in die Atmosphäre oder in das Nachbargestein (wenn ein
entsprechendes Konzentrationgefälle besteht); hohe Verluste v.a. bei Helium, da alte Wässer
meist mit Helium übersättigt sind und Helium am leichtesten diffundiert
3
Abb. 1: Edelgasbilanz in Wässern des Sedimentationsraumes (JORDAN et al. 1979)
Die Edelgasverluste sind abschätzbar, alle anderen Parameter werden mit dem
Massenspektrometer bestimmt. Bei der Altersbestimmung ist vor allem EGepig eine große
Unsicherheit. Die Kenntnis der Geologie (mgl. Tiefenstörungen und/oder Uran- haltige
Granit- Plutone -> höhere 4He-Konz. -> scheinbar höhere GW-Alter) ist hier unabdingbar.
3.2 Methode der Altersbestimmung mit Edelgasisotopen
Ausgehend von der Edelgasbilanz interessieren im folgenden nur die syngenetischen und
atmosphärischen Heliumbestandteile des zu untersuchenden Wassers. Die radiogenen (syng.)
Isotope reichern sich mit der Zeit durch den radioaktiven Zerfall (von U, Th, u.a.) an. Es gilt
folgende Grundbeziehung:
t = EGsyng * K
(1)
Das Produkt aus der Menge der radiogen entstandenen Edelgase im Wasser und einem
Proportionalitätsfaktor K ist gleich dem Wasseralter t.
Aus der Literatur sind zwei grundsätzliche Berechnungsverfahren bekannt:
1. die Verwendung eines Edelgases (das radiogen entstandene = 4He) zur Berechnung
2. die Verwendung eines Verhältnisses (radiogenes Edelgas wird auf eine atmosphärische
Edelgaskomponente bezogen, z.B. 3He, Ar, Ne)
Letztere Methode wird nach JORDAN et al. (1979) als die günstigere eingeschätzt, da das
radiogen entstandene 4He immer auf eine (unter gleichen p-, T-, Salinitätsbedingungen)
konstante Luftargonmenge (bzw. 3He, Ne) bezogen wird (Standart). Weitere Vorteile
gegenüber ersteren Verfahren sind die beliebige Wahl der Maßeinheit (statt [cm³ Gas / cm³
H2O] genügt Angabe in Vol.-%), sowie die Ratifizierung des Einflusses der physiko-chem.
Faktoren des entsprechenden Wassers auf die Altersbestimmung. Zieht man dagegen zur
Altersbestimmung nur ein Edelgas (z.B. 4He) heran, so erhält man ein Alter, das stark von p,
T und der Salinität abhängt.
4
zu 1.:
SAVTSCHENKO (1936) und KOSLOV (1950) setzten den Heliumgehalt des
Wassers in Beziehung zu Faktoren, die Gehalt und Bildung primär und sekundär beeinflussen.
Sie stellten folgende Beziehung auf:
t = He / [(11*10-8 U + 2,4*10-8 Th)* J (1-E) * d/m]
He
U, Th
J
E
d
m
(2)
Konz. des He in cm³/cm³ Wasser
Gehalt an U, Th in g/g Gestein
He-Abgabekoeff. (Bruchteil, der vom Gestein an das Wasser abgegeben wird)
He-Diffusionsverluste (Bruchteil, der vom Wasser abgegeben wird)
Dichte des Gesteins in g/cm³
Porosität des Gesteins (Vw/Vgestein)
Die Anwendung der Formel (2) ist jedoch sehr kompliziert, da dazu genaue Untersuchen am
Wasser und dem umgebenen Gestein erfolgen müssen.
Ähnlich kompliziert ist die Anwendung der Formel (3) nach MITIN (1956). Sie gilt für hohe
Alter (>100*106a), Formel (2) ist davon ein Spezialfall, wobei m und E verschieden definiert
sind.
t = 1515*1010 1g [1 + (1,3288*10-3 (He) / ((1-m)/m) * d J E (U + 0,27 Th)]
(3)
J
E
d
m
He-Abgabekoeff.
He-Diffusionsverluste (Bruchteil, der im Wasser verbleibt)
Dichte des Gesteins in g/cm³
Porosität des Gesteins (Vw/Vgesamt)
zu 2.: SAVTSCHENKO (1936) schlug als erster die Verwendung des He-Ar-Verhältnisses
zur Altersdatierung in Form der folgenden Beziehung vor:
t = (He/Ar) * K
He
Ar
K
(4)
Menge an He in der Probe
Menge an Luftargon in der Probe
Koeffizient; bei SAVTSCHENKO: 77,1*106a
Auch sind einige Fehlerquellen zu berücksichtigen:
a) Radiogenes Ar bildet sich mit der Zeit ebenfalls aus dem radioaktiven Zerfall und wird im
Wasser angereichert. So wird bei Verwendung des gesamten Argons (Arges=Arrad+ArLuft)
das wahre Wasseralter verfälscht, die Probe erscheint zu jung.
b) Ein gewisser Teil des He kann in Form von sedimentären He vorhanden sein, also nicht
rein radiogener Natur sein. Da He sehr leicht flüchtig und die Löslichkeit von He viel
geringer als die des Ar ist, wird der Gesamtheliumgehalt eher kleiner als gleich der
radiogen entstandenen Heliummenge sein.
c) Die Angabe des Koeffizienten K weicht z.T. sehr stark zwischen den Autoren ab, dessen
Inhalt und Größe das Wasseralter beeinflusst.
Dazu im folgenden weitergehende Ausführungen einiger Autoren.
-
-
KOSLOV (1950) setzt die lösbare Argonmenge in 1cm³ Tiefenwasser (3,9*10-4 cm³Ar)
zur mittleren He-Akkumulationsgeschwindigkeit (3,4*10-12 cm³ He/1 cm³ Wasser/1 Jahr)
ins Verhältnis und erhält
K = (3,9*10-4) / (3,4*10-12) = 115*106 a
(5)
PINNEKER (1966) paßte K , das nach seiner Auffassung viel mehr von der Porosität und
Dichte der Gesteine, weniger von der Radioaktivität und Heliumabgabe aus dem Gestein
abhängen soll, der Porosität an und schlug folgende Werte vor:
5
K = 115*106a
K = 210*106a
K = 310*106a
K = 425*106a
-
bei 12% Porosität
bei 20% Porosität
bei 26% Porosität
bei 32% Porosität
Fehler entstehen hier sehr schnell unter Berücksichtigung falscher Porositätswerte bzw.
unter Annahme einer gemittelten Einheitsporosität im Untersuchungsgebiet. So wurden
auf Grund falscher Porositätsbestimmungen das Wasseralter teilweise größer als das Alter
der Speichergesteine.
Relativ gut den geologischen Verhältnissen angepaßt und einfach in der praktischen
Handhabung erscheint das Verfahren nach PAVLOV (1970). Hier wurde auf der
Grundlage einer statistischen Auswerteng von Gehalten an radioaktiven Elementen der
Koeffizient nach Art und stratigraphischer Stellung des Speichergesteines berechnet.
K = (2*1010 He + 55*106)a
K = (1,4*1010 He + 38*106)a
K = (1,1*1010 He + 31*106)a
usw.
He
Kz
4.
Anwendung
4.1
Einsatzgebiete
für Tonsteine aus Kz
für Tonsteine aus Kz
für Tonsteine aus Kz
Heliumgehalt der Probe
Känozoikum
Gegenwärtig finden Helium- Isotope im wesentlichen Anwendung in den folgenden
Aufgabenbereichen der Hydrologie/Hydrogeologie:
•
•
•
•
Suche von Lagerstätten
Altersbestimmung an Wässern, Fließeigenschaften
paläohydrogeologische und genetische Untersuchungen (nur bedingt)
Ozeanographie (nur bedingt)
Suche von Lagerstätten:
Die Lagerstättensuche und –erkundung beruht auf der Tatsache, daß oberflächennahe
Ablagerungen über Uran-, Thorium- und Erdöl-Erdgas-Lagerstätten einen erhöhten
(anomalen) Heliumgehalt zeigen. Dabei besteht die Aufgabe der He- Aufnahme darin, eine
Bestimmung der He- Konzentrationen in den obersten Gesteins- bzw. Bodenschichten
vorzunehmen und Anomalien, denen Lagerstätten entsprechen können, abzugrenzen. Dazu
kann beispielsweise die Bodenluft beprobt und untersucht werden. Günstiger ist jedoch die
Untersuchung der He- Gehalte in oberflächennahen Wässern, da hier die He- Anomalie
deutlicher abgebildet wird.
Altersbestimmung an Wässern:
Bezüglich des Heliums gibt es in der Literatur verschiedene Altersbestimmungsmethoden:
6
•
•
•
•
He/Ar - Methode, basiert auf der Anreicherung von radiogenem Helium mit der
Zeit
T/3He - Methoden mit den rel. kurzlebigen Isotopen sind zur Datierung von
„Jungwässern“ geeignet, Datierung bis 100a möglich
3
He/4He - Verhältnis, sinkt mit steigendem Alter, nimmt in der Atmosphäre den
Wert 1,4*10-6 an; Verhältnis sinkt im Tiefenwasser auf Werte bis 10-8;
Mesozoische Schichtwässer: 7*10-8 bis 150*10-8 ; Jedoch ist die Bestimmung
von 3He mit Massenspektrometern sehr aufwendig
He/Ne - Methodik analog zu He/Ar
Paläohydrogeologische Untersuchungen:
Mittels Edelgasuntersuchungen können Paläotemperaturen bestimmt werden. Unter
Paläotemperatur versteht man hier die Temperatur der Gesteine zur Zeit der Infiltration des
Wassers. Die Abhängigkeit der Löslichkeit der Edelgase in Wässern von der Temperatur
ermöglicht entsprechende Rückschlüsse auf das Klima während der GW- Bildung. Da jedoch
bei Helium die Löslichkeit nur unwesentlich von der Temperatur abhängt, ist hier die
Bestimmung der Paläotemperatur nur bedingt möglich. Weitaus bessere Untersuchungsgegenstände bieten die Edelgase Xenon, Krypton und Argon.
Ozeanographie:
Über die Verteilung der Edelgase (auch Helium) in Ozeangebieten wurde versucht,
komplizierte Strömungsverhältnisse in den Weltmeeren zu erforschen. Untersuchungen
ergaben (JORDAN et al. 1979), daß z.B. der SE-Pazifik zonar aufgebaut ist, wobei eine
Heliumübersättigung in der oberflächennahen und der tiefen Zone auftritt.
Desweiteren weisen Messungen am Meeresboden der Ostpazifischen Schwelle auf die
Existenz von radiogenem Argon und Helium hin. Die Ursache dafür ist im radioaktiven
Zerfall von Elementen der jungen submarinen Basalte zu finden.
4.2
Anwendungsbeispiele
4.2.1 Mineralwasservorkommen von Stuttgart
Im Einzugsgebiet der Mineralquellen von Stuttgart - Bad Cannstatt wurde in den Jahren 1990
bis 1992 mit einer breiten Palette von isotopenhydrologischen Methoden versucht,
weitergehende Aussagen zur Bestimmung der Herkunft und der altersmäßigen Klassifizierung
der Grundwässer zu leisten. Dabei kamen erstmals auch die stabilen Umweltisotope Helium-3
und -4 zum Tragen.
Tracer-Eintrag (Inputfunktion):
Grundlage für die altersmäßige Klassifizierung sind die Messungen der natürlichen Gehalte
an den Isotopen Tritium, Helium-3 (zusammen mit Helium-4) und Krypton-85.
Der Eintrag des Tritium in das GW geschieht über den jährlichen Niederschlag. Da aber die
Tritium- Gehalte standortspezifisch sind und der Tritiumgehalt im Laufe des Jahres variiert,
müssen Lokalität und der für die GWN relevante Jahresabschnitt in der Inputfunktion
berücksichtigt werden.
Das für die Datierung junger Grundwässer nutzbare 3He entsteht erst im GW- Bereich aus
dem Zerfall des T und ist direkt abhängig vom Tritiumgehalt und der Verweilzeit des
Grundwassers (daher kann keine unabhängige Inputkurve wie bei Tritium aufgestellt werden).
7
Tracer- Austrag:
Mit der Angabe der Niederschlagsgehalte an Tritium und 85Kr sowie dem anzuwendenden
hydrologischen Modell (Piston-Flow, u.a.) ist auch die Korrelation Messwert- Grundwasseralter (Outputfunktion) für eine Beprobungsstelle möglich.
Im folgenden werden die Heliumisotopenmethodik und -ergebnisse näher diskutiert.
4.2.1.1 Tracer-Methodik und Ergebnisse
a) Helium-3
Die Messung und Interpretation der 3He-Gehalte von Grundwasserproben ist mit den 4HeGehalten verbunden. Der Grund besteht hauptsächlich in dem extremen Häufigkeitsverhältnis
3
He/4He beider Isotope, das bei für Grundwasser üblichen Proben Werte zwischen 10-5 und
10-9 annehmen kann.
Wie schon erwähnt, besitzt 3He außer dem Tritium im Niederschlag noch weitere Quellen, die
im Unterschied zum Niederschlag jedoch dem Grundwasser auch 4He zuführen. Die
Separation dieser Quellen läßt sich anhand eines speziellen Diagramms, im folgenden
,Heliumisotopendiagramm‘ genannt, veranschaulichen (Abb.2). Dort ist der Wert für das
gemessene Heliumisotopenverhältnis 3He/4He über dem inversen und normierten 4He-Gehalt
aufgetragen. Beide Werte sind um Kontaminationen durch atmosphärisches Helium korrigiert.
Ein Vorteil der Invertierung und Normierung der 4He-Gehalte ist die Begrenzung des
möglichen Wertebereiches auf den Bereich null bis eins. Oberflächen- und
Niederschlagswasser, das sich im Gas-Gleichgewicht mit der Atmosphäre befindet, ist durch
den Punkt (1,36*10-6/1) charakerisiert (in Abb.2 als ,,Startpunkt“ für Wasser ohne
Heliumüberschuß bezeichnet). Im Grundwasserbereich fehlt i.a. der Austausch mit der
Atmosphäre, weshalb sich 3He aus dem Zerfall des Bombentritiums wie auch zuwanderndes
Helium, sei es aus dem umliegenden Gestein (zumeist radiogenes Helium) oder sei es über
Klüftigkeiten aus größeren Tiefen (radiogenes und z.T. auch Mantelhelium), dort anreichern
kann. Solche Anreicherungen wirken sich im Heliumisotopendiagramm als Entwicklung
entlang einer Gerade aus, die ihren Ausgangspunkt im „Startpunkt“ hat und dem 3He/4HeWert des zumigrierenden Heliums zustrebt („Maximalwert“). In Abb.2 sind Entwicklungspfade für den Zuwachs an 3He aus Bombentritium (senkrechter Pfeil) sowie für das
Zumigrieren von rein radiogenem Helium (unterste Entwicklungslinie) und von einem
Gemisch aus radiogenem und Mantelhelium (fast waagerechte Entwicklungslinie) gezeigt.
8
Abb.2: Heliumisotopendiagramm (UFRECHT & EINSELE 1993)
Die Ergebnisse der Heliumisotopenmessungen sind in Abb.3 wiedergegeben. Häufig liegen
Doppelmessungen vor, d.h. die Ergebnisse zweier direkt hintereinander entnommener Proben.
Die 3He/4He – Werte aller Proben außer derjenigen des Br. Feuerbach (Nr. 28) können nicht
mit einer Mischung von radiogenem Helium und 3He aus Bombentritium verstanden werden,
da die Werte für 3He aus dem Bombentritium im Verhältnis zum jeweiligen Tritiumwert
völlig unplausible Größen hätten. Folglich wurde im Untersuchungsgebiet Mantelhelium
angetroffen.
Der vergleichsweise geringe Wert des 3He/4He – Verhältnisses der Proben von Bad Boll (Nr.
49) deutet auf ein verschiedenes Mischungsverhältnis im Untersuchungsgebiet zwischen
radiogenem und Mantelhelium. Diese Differenz schließt die Möglichkeit eines Zustroms aus
Richtung Bad Boll zu den hochmineralisierten Quellen von Bad Cannstatt nicht aus, da die
Heliumisotopengehalte entlang eines solchen postulierten Fließweges noch starken
Änderungen unterworfen sein können.
Für die Proben der drei hochmineralisierten Grundwässer (Nr. 12, 9, 14) scheint dagegen eine
recht einheitliche Mischung mit einem 3He/4He- Wert von etwa 0,4*10-6 vorzuliegen.
Die Meßpunkte der Proben der niedrig- bzw. geringmineralisierten Wässer (Nr. 28, 25, 18,
21, 35) liegen sämtlich oberhalb der durch diesen Wert charakterisierten
Entwicklungsgeraden im Heliumisotopendiagramm. Diese Abstände zur Entwicklungsgeraden lassen sich in 3He- Anteile aus dem Zerfall von Bombentritium umrechnen, was
Mengen von 20 ... 100 TU an zerfallenen Tritium entsprechen.
9
Abb.3:
Ergebnisse der He- Isotopenmessungen im Heliumisotopendiagramm (UFRECHT &
EINSELE 1993)
b) Helium-4
Das Zumigrieren von radiogenem und/oder Mantelhelium in das Grundwasser führt zu einem
mit der Zeit steigenden Helium- und damit auch speziell 4He- Gehalt. Damit kann der 4HeGehalt auch als zumindest qualitativer Altersmaßstab angesehen werden, solange im GWBereich keine Entgasungsprozesse wirksam werden. Entlang eines Fließweges ist demzufolge
von einem zunehmenden 4He- Gehalt des Grundwassers auszugehen.
Einer der in der Vergangenheit diskutierten Fließwege von vergleichsweise jungen,
kontaminationsgefährdeten GW geht aus nordwestlicher Richtung von Feuerbach über die
GW- Meßstelle „Auf der Steig“ sowie die „Auquelle“ zu den hochkonzentrierten
Mineralquellen (von Bereich Nr. 28 zu Nr. 12). In Abb.4 sind die Heliumisotopendaten der
Proben dieser Entnahmestellen gesondert dargestellt. Die mit eingezeichneten Pfeile
entsprechen der Reihenfolge entlang des angenommenen Fließweges. Aus dieser Abbildung
geht hervor, das auf dieser Fließstrecke zwischen den Entnahmestellen „Auf der Steig“ und
„Auquelle“ eine Verringerung des Heliumgehaltes stattgefunden haben müsste.
Entgasungsprozesse im Bereich des GW, die eine solche Verringerung bewirkt haben
könnten, lassen sich aufgrund unveränderter Gehalte an 20Ne, das routinemäßig mitbestimmt
wurde, ausschließen. Die Höhe der 4He- Gehalte spricht somit gegen diesen angenommenen
Fließweg Feuerbach in Richtung Stuttgart- Bad Cannstatt.
Abb.4:
Ergebnisse der Proben von den Entnahmestellen entlang des potentiellen Fließpfades
Feuerbach (28) zur Auquelle (18) und in Richtung der hochkonzentrierten Mineralquellen
(12) im Heliumisotopendiagramm
c) Fazit (bzw. weiterführende Erkenntnisse)
Mit Hilfe der kombinierten Anwendung auf der Messung von Tritium, Krypton-85 und
Helium-3 beruhenden Isotopenmethoden konnten Nachweise geführt werden über:
-
den Ursprung des CO2 der hochmineralisierten GW (Nachweis von Mantelhelium)
10
-
punktuelle Fließbedingungen (Auquelle)
generelle Fließeigenschaften
eine zusätzliche tritiumfreie Komponente in hochmineralisierten GW-Proben, die
wahrscheinlich dem Gipskeuper zuzuordnen ist
Desweiteren wurde die Erkenntnis erbracht, daß wesentliche Anteile des in den
Mineralquellen erschlossenen GW im Bereich des Muschelkalkes neugebildet wurden.
5.
Zusammenfassung
Die Anwendbarkeit der He- Isotopenmethodik ist in der Hydrologie/Hydrogeologie
theoretisch von Erfolg (WEISE & MOSER 1987), jedoch wird deren Anwendung aufgrund
der schwierigen Separierung des 3He aus dem Bombentritium von der aus dem Gestein, den
physikalisch- chemischen Verhalten als Edelgas (Diffusion, leicht flüchtig, usw.) und zuletzt
auch durch die umfangreiche Bestimmung im Massenspektrometer, was bei solch geringen
Konzentrationen sauberste Arbeiten bei der Probenahme und der messtechnischen
Bestimmung derzeit noch stark eingeschränkt. Diese Edelgasmethoden sind lediglich als
Ergänzungsmethoden zu betrachten.
11
6. Literaturverzeichnis
•
WEISE S. & MOSER H. (1987): Groundwater Dating With Helium Isotopes,
Isotop techniques in water resources development, IAEA, Vienna, 1987, S. 105125
•
GEYH M. & SCHLEICHER H. (1990): Absolute Age Determination, SpringerVerlag, Berlin, S. 182-185
•
JORDAN H. , PILOT J. , SCHÖPE M. & SCHULZE H. (1979): Edelgasisotope in
der Hydrogeologie, Freiberger Forschungsheft C 343, Deutscher Verlag für
Grundstoffindustrie, Leipzig, 84 S. 19 Tab. 9 Abb.
•
WEISE ST. , WOLF M. , RAUERT W. & FABER P. (1991): Datierung sehr alter
Grundwässer mit Edelgasisotopenmethoden, Jahresbericht 1991, Institut für
Hydrogeologie, gsf - Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit, Neuherberg
1992, S. 225-232
•
TORGERSEN T. , CLARKE W.B. & JENKINS W.J. (1978): The
Tritium/Helium-3 Method in Hydrology, Isotope Hydrology 1978 Vol. II, IAEA,
Vienna, 1979, S. 917-928
•
PEARSON Jr. F. J., BALDERER W., LOOSLI H.H. & LEHMANN B.E. (1991):
Applied Isotope Hydrology, Technical Report 88-01, Elsevier, Baden 1991, S.
276-287
•
UFRECHT W. & EINSELE G. (1993): Das Mineral- und Heilwasser von
Stuttgart, Schriftenreihe des Amtes für Umweltschutz, Heft 2/1994, Stuttgart 1994,
S. 117-132
•
WEISE S., OSENBRÜCK K., ZUBER A. & MATENKO, T. (1996): Isotopien
und Gehalte von Edelgasen in tiefen Grundwässern – Werkzeuge zur Erkundung
„alter“ Grundwässer, Jahresbericht 1996, Institut für Hydrogeologie, gsf Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit, Neuherberg 1997, S. 149-159
•
http://www.science.uottawa.ca/~eih/ch8/ch8.htm
12
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