3.3 3He 3.3.3. Superfluide Phasen des 3He 159 Der Pomeranchuck Effekt kann zur Kühlung verwendet werden (Pomeranchuk Kühler). Von der Flüssigkeit ausgehend wird bei einer höheren Temperatur (Punkt A in Fig. 3.51 – 110 mK) das 3He adiabatisch, d.h. bei konstanter Entropie, komprimiert. Dabei wird immer mehr Flüssigkeit fest. Wir bewegen uns auf einer horizontalen Geraden bis zu Punkt B (1,5 mK). Die tiefste erreichbare Temperatur wird also durch die antiferromagnetische Ordnung bestimmt. Anmerkung: Der umgekehrte Vorgang ist uns vom adiabatischen Abkühlen durch Entspannen eines Gases bekannt. Mit dem Pomeranchuk Kühler wurden die superfluiden Phasen des 3He entdeckt, auf die wir im nächsten Kapitel eingehen wollen. 3.3.3 Superfluide Phasen des 3He Sie wurden von Osheroff, Richardson und Lee 1972 entdeckt. Fig. 3.52 zeigt das Phasendiagramm von 3He. Wegen der tiefen Temperaturen ist die Schmelzkurve sehr Fig. 3.52: Phasendiagramm des 3He bei tiefen Temperaturen. Solid bezeichnet die Schmelzkurve (aus Osheroff) flach (vgl. Fig. 3.51). Es zeigen sich zwei superfluide Phasen, die mit A und B bezeichnet werden. Im Polykritischen Punkt (PCP) sind die drei Phasen (A, B und NF 3He) im Gleichgewicht. Die Punkte A und B auf der Schmelzkurve sind historisch begründet. Man dachte damals zunächst, dass es sich um eine Festkörpereigenschaft handelt. Fig. 3.53 zeigt den Verlauf der spezifischen Wärme von 3He mit der Temperatur. Sie wurde entlang der Schmelzkurve gemessen. Der SF-Übergang findet bei Tc=2.71mK statt. Da dies ein Phasenübergang 2. Ordnung ist, zeigt sich ein Sprung in der Wärmekapazität. Anschließend folgt ein Übergang des 3He bei TAB=2.34mK von der A-Phase in die B-Phase. Die Kurve zeigt hier einen kleinen Knick. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich eine Hysterese, d.h. es tritt Latente Wärme auf. Es handelt sich also um einen Übergang 1. Ordnung. Im Polykritischen Punkt fällt der Phasenübergang 1.Ordnung mit dem Übergang 2. Ordnung zusammen. 3.3 3He 3.3.3. Superfluide Phasen des 3He 160 Fig. 3.53: Verlauf der spezifischen Wärmekapazität mit der Temperatur für 3He (aus Wilks und Betts) In Fig. 3.54 ist die zur Viskosität proportionale Resonanzfrequenz eines Dämpfungsexperimentes in 3He als Funktion der Temperatur aufgetragen. Die Probe wird von der kritischen Temperatur (1,04 mK; p=0,0 bar, s. Pkt. Z in Fig. 3.52) ab auf 0,14 mK abgekühlt. Die Grafik zeigt, daß die Viskosität um sechs Größenordnungen abnimmt, während die normalfluide Komponente ausfriert. Fig. 3.54: Viskosität des 3He bei 0,0 bar Druck (aus McClintock usw.). Äquivalent zur Supraleitung, wo zwei Fermionen (Elektronen) ein Cooper-Paar bilden, paaren sich hier die 3He Atome. Dabei stellen sich jedoch die Spins parallel. Anders als im SL ist also die Spin-Wellenfunktion symmetrisch und damit nach Pauli die Ortswellenfunktion antisymmetrisch, also L ungerade. Aus den Experimenten zeigt sich eindeutig, dass L=1 ist, d.h. wir haben p-Wellen-Paarung. Fig. 3.55 zeigt die antisymmetrische Ortswellenfunktion (r = Abstand der beiden 3He –Atome). Der Abstand r=0 wird vermieden, d.h. die Atome „gehen sich aus dem Weg“. Dadurch ist die Hardcore-Abstoßung geringer als in der normalfluiden Phase was einer Energieabsenkung entspricht. Dies ist die effektive Paar-Anziehung im superfluiden 3He, die wir wieder als „Austausch Wechselwirkung“ bezeichnen. Fig. 3.55 Antisymmetrische Ortswellenfunktion 3.3 3He 3.3.3. Superfluide Phasen des 3He Anmerkung: 161 Wir kennen die Austausch-Wechselwirkung z.B. vom Ferromagneten. Hier stellen sich die Spins der Elektronen parallel. Dadurch wird ebenfalls vermieden, dass sich die Elektronen überlappen und die Coulomb-Energie wird abgesenkt. Wegen der Parallelstellung der Spins hat jedes Paar ein magnetisches Moment. Daher hängt das Phasendiagramm des SF 3He empfindlich vom Magnetfeld ab: Fig. 3.56 zeigt das Phasendiagramm des 3He für B=0, 0<B<0.6T und B>0.6T. Für B>0 tritt an der Grenze zur normalfluiden Phase noch eine zusätzliche A1-Phase auf und das Existenzgebiet der A-Phase dehnt sich bis nach p=0 aus. Für B>0,6T verschwindet die B-Phase ganz. Fig. 3.56: Phasendiagramm des 3He für B=0, 0<B<0.6T und B>0.6T (aus Kent). Da die beiden Spins parallel sind, gilt für die Spinwellenfunktion S=1. Damit sind drei Stellungen des Spins im Raum möglich, nämlich: Sz=-1,0,+1. Dies wird allgemein als ein „Triplett“-Zustand bezeichnet, der für B=0 entartet ist. Im SF 3He liegt eine Mischung der verschiedenen Sz-Zustände vor. In der Art der Mischung unterscheiden sich die Phasen A, B oder A1. Ähnlich wie in der Supraleitung haben alle Paare dieselbe Wellenfunktion. Das bedeutet auch, daß alle Paare die Triplett-Zustände gleich besetzen. Allgemein kann die Spin-Wellenfunktion angegeben werden mit: Ψ = c1 − 1 + c2 0 + c3 + 1 Die verschiedenen Phasen unterscheiden sich in den Koeffizienten ci. Wir wollen nun auf die einzelnen Phasen eingehen: Die A-Phase: Aus dem Experiment erhalten wir c2=0. a) B=0 Hier sind die Koeffizienten c1 und c3 gleich gewichtet. Es gilt also: c1 = c3 Damit ergibt sich für den Erwartungswert der z-Komponente des Spins: áS z = 0 Allerdings wird, obwohl das Feld null ist, intern eine Vorzugsrichtung der zAchse festgelegt, so dass das System anisotrop ist. 3.3 3He 3.3.3. Superfluide Phasen des 3He 162 b) B≠0 Hier wird die Vorzugsrichtung durch das Magnetfeld festgelegt. Aufgrund des Feldes kommt es zu einer Umlagerung zwischen c1 und c3. Es ist also c1 ≠ c3 . Um die Energie zu minimieren stehen mehr Spins in Richtung des Feldes als entgegengesetzt. Die Flüssigkeit wirkt paramagnetisch Die A1-Phase: Wird ein Magnetfeld angelegt, entsteht zwischen der A-Phase und dem NF Bereich die A1-Phase. Sie zeigt sich bis zu Druck p=0. In Fig. 3.57 ist die entlang der Schmelzkurve gemessene spezifische Wärmekapazität für B≠0 aufgetragen. Die Temperatur ist in der Grafik auf die kritische Temperatur Tc normiert. Es zeigt sich ein Sprung in der Wärmekapazität beim Übergang vom NF in den A1-Bereich und ein weiterer beim Übergang von der A1-Phase in die A-Phase. Fig. 3.57: Spezifische Wärmekapazität von 3He entlang der Schmelzkurve. Das Magnetfeld beträgt 0.88T (aus Wilks und Betts). In der A1-Phase sind die Koeffizienten c1=c2=0 bzw. c3≠0. Damit ist Sz=1 („ferromagnetisch“). Anmerkung: Es gibt auch eine A2-Phase. Diese zu A1 äquivalente Phase erhalten wir, wenn das Magnetfeld umgepolt wird (Sz=-1). Die makroskopische Wellenfunktion in der A1-Phase ist also gegeben mit: Ψ = c3 + 1 Wie aus Fig. 3.56 zu erkennen ist, ist diese Phase nur in einem schmalen Temperaturbereich stabil. Sonst ist aufgrund der magnetischen Feldenergie das Vorliegen beider Spinsorten (+1/-1) energetisch günstiger. 3.3 3He 3.3.3. Superfluide Phasen des 3He 163 Die B-Phase: a) B=0: Hier sind alle drei Zustände des Tripletts gleich gewichtet. Wir erhalten einen isotropen Zustand ohne Vorzugsrichtung. c1 = c2 = c3 b) B≠0: Durch Anlegen eines Magnetfeldes verschiebt sich wieder die Gewichtung der einzelnen Koeffizienten. Da die Komponente mit c2 ≠ 0 unmagnetisch ist, kann sie kein Diopolmoment ausbilden. Daher ist die Suszeptibiltät der B-Phase kleiner als die der A-Phase. Die Spins können sich also im Vergleich zur A-Phase nicht so gut zu einem äußeren Feld einstellen. Deshalb ist bei höheren Feldern (B>0.6T) die A-Phase bevorzugt. Anmerkung: Anstelle der hier verwendeten Koeffizienten ci wird in der Literatur (Leggett) als Nomenklatur der d-Vektor benutzt. Es gilt der Zusammenhang: c1 ≡ (d x + id y ) / 2 c2 ≡ d z c3 ≡ (d x − id y ) / 2 d x = (c1 + c3 ) / 2 bzw. d y = i (c3 − c1 ) / 2 d z = c2 wobei : æ dx ö ç d = çdy çd è z Der Vorteil des d-Vektors ist, dass in ihm alle drei Komponenten zusammengefaßt sind und er – im Gegensatz zu den cKoeffizienten – wie ein Vektor bei Rotationen transformiert wird. Die Koeffizienten legen die Gewichtung des Spinzustandes fest. Damit ist der dVektor der Ordnungsparamter des 3He. Die di sind im Allgemeinen komplex. Wir können aber eine spezielle Darstellung wählen, bei der die komplexen Komponenten alle den selben Phasenfaktor aufweisen. Diesen können wir ausklammern, so dass gilt: æd ö H ç x iΘ d = çdy e (alle di reell; Θ ≡ Phasenwinkel) çd è z Entsprechend zum SL oder 4He gibt es so nur einen Phasenwinkel. Damit hat d eine definierte Richtung im Raum. Er stellt sich in jeder der 3He-Phsen in bestimmter Weise relativ zu B ein. Fig. 3.58 zeigt die Einstellmöglichkeiten des d-Vektors für die A-Phase (linkes Teilbild) bzw. für die B-Phase (rechtes Teilbild). Während in der A-Phase der d-Vektor für alle Teilchen immer gleich senkrecht zum Magnetfeld 3.3 3He 3.3.3. Superfluide Phasen des 3He 164 Fig. 3.58: Schematische Darstellung des d-Vektors in 3He für die A-Phase (links) bzw. B-Phase (rechts). Der Kreis entspricht dabei dem Äquator der Fermikugel. (aus McClintock usw.) steht, ist der Ordnungsparameter in der B-Phase von der Richtung k des Wellenvektors der Teilchen abhängig. Es gibt noch weitere Vektoren, auf die wir im folgenden eingehen wollen. In der A-Phase ist der Eigendrehimpuls S des Spins parallel zum Feld B. Wie orientiert sich nun der Einheitsvektor l des Bahndrehimpulses? In Fig. 3.59 ist ein sich drehendes Paar schematisch gezeigt. Die Atome bewegen sich auf einer Kreisbahn, wobei ihre Spins S immer parallel zu B „nach oben“ gerichtet sind. Die Richtung des Bahndrehimpulses l ist senkrecht auf der Kreisbahn, also auch senkrecht zu S. Fig. 3.59: Anordnung der Vektoren S bzw. l in der A-Phase des 3He In der B-Phase liegen ohne Magnetfeld isotrope Verhältnisse vor. Die l-Richtung ist quantenmechanisch unbestimmt, d.h. es kann keine Aussage darüber gemacht werden, in welcher Orientierung der Bahndrehimpuls steht. Lediglich der Gesamtdrehimpuls ist quantenmechanisch bestimmt zu: J =L+S =0 Da alle d-Vektoren gegen die k-Richtung um 104° verdreht sind (vgl. Fig. 3.58), stellt die zugehörige Drehachse eine Vorzugsrichtung dar. Sie ist der sogenannte NVektor, der die Textur in der B-Phase bewirkt. Wird ein Magnetfeld angelegt, stellt sich N parallel zu B ein. Entsprechend ist die Textur. Ist das Magnetfeld null, so stellt sich die Textur spontan ein. Dazu muß N (B-Phase) oder l (A-Phase) für alle Paare an einem Ort die selbe Richtung haben. Eine Beeinflussung von N oder l erfolgt durch die Gefäßwände. Dies zeigt Fig. 3.60 für die A-Phase. Ist die Kreiselfläche des Paars parallel zur Wand, ist dies energetisch günstiger, als senkrecht zur Wand, da sonst die Atome des Paars „an die Gefäßwand schlagen“ würden. Damit orientiert sich also l bevorzugt senkrecht zur Wand (≡Textur). 3.3 3He 3.3.3. Superfluide Phasen des 3He 165 Fig. 3.60: Schematische Darstellung der Kreiselfläche eines Paars senkrecht und parallel zur Wand. Fig. 3.61 zeigt zwei mögliche Texturbilder der l-Linien innerhalb einer 3He Kugel. Vergleichen wir beide Bilder, so ist zu erkennen, dass sich die l-Vektoren nicht immer überall senkrecht zur Wand stellen können. Diese singulären Punkte können experimentell bestimmt werden. Fig. 3.61: Mögliche Texturen in der A-Phase des 3He. (aus McClintock usw.) Bisher haben wir nur Eigenschaften des Grundzustandes betrachtet. Nun wollen wir auf angeregte Zustände eingehen. Beim SL repräsentieren die Quasiteilchen (T>0) den angeregten Zustand. Dies sind einzelne nicht zu Cooper-Paaren gebundene Elektronen. Beim 3He gibt es ebenfalls Quasiteilchen, also einzelne 3He-Atome. Je höher die Temperatur ist, desto mehr einzelnen Atome sind vorhanden. Wir erwarten also auch hier ein Einzelteilchen-Spektrum mit einer Energielücke, da Energie aufgewendet werden muß, um ein Paar aufzubrechen. Fig. 3.62 zeigt die Energielücke ∆ als Funktion der k-Richtung für die A-Phase (linkes Teilbild) bzw. für die B-Phase (rechtes Teilbild). Entsprechend der Anisotropie der A-Phase zeigt die Energielücke im k-Raum Nullstellen an den Polen bezüglich l. Damit kommt es in dieser Richtung zu einer hohen Quasiteilchen-Konzentration, also zu einer „normalfluiden Dichte“. Senkrecht zu l befinden sich wegen der maximalen Energielücke nur wenig Einzelatome. Aufgrund dieser ungleichen Verteilung der Atome ist die Normalflüssigkeit richtungsabhängig. In der B Phase zeigt sich wie beim SL eine isotrope Energielücke und damit eine richtungsunabhängige Normalflüssigkeit. 3.3 3He 3.3.3. Superfluide Phasen des 3He 166 Fig. 3.62: Energielücke ∆ für die A-Phase (linkes Teilbild) bzw. für die B-Phase (rechtes Teilbild) (aus McClintock usw.) Die NF Dichte kann analog zu dem in Fig. 3.16 beschriebenen Experiment bestimmt werden. Fig. 3.63 zeigt eine Messung der SF-Dichte für unterschiedliche Magnetfeldrichtungen. (Die NF-Dichte ergibt sich aus 1-ρSF). Aus einer geänderten B-Feld Richtung folgt eine Änderung der l-Richtung. Damit ändert sich die Richtung hoher NF Dichte. Deshalb ist die NF-Dichte von der B-Feld Richtung abhängig. Fig. 3.63: B-Feld-Richtungsabhängigkeit der SF-Dichte (=1-NF-Dichte) in der A-Phase des 3 He. (aus McClintock usw.) Eine weitere interessante Eigenschaften des 3He sind kollektiven Moden. Diese ergeben sich aus der Tatsache, dass der Ordnungsparameter aus mehreren Komponenten besteht. Sie sind im SL nicht zu beobachten, da dort der Ordnungsparameter nur eine Zahl ist. Diese sollen aber genauso wie NMRExperimente nicht im Rahmen der Vorlesung behandelt werden. Im nächsten Kapitel wollen wir auf Mischungen von 3He und 4He eingehen. 3.3 3He 3.3.4. 3.3.4. Mischungen von 3He und 4He 167 Mischungen von 3He und 4He Betrachten wir dazu Fig. 3.64. Gezeigt ist das Phasendiagramm von flüssigen 3 He/4He-Mischungen. Auf der x-Achse ist die Konzentration X des 3He aufgetragen. Die Konzentration X(3He)=0 entspricht reinem 4He bzw. X(3He)=1 reinem 3He. Auf der y-Achse ist die Temperatur aufgetragen. Bei hohen Temperaturen ergibt sich der λ-Punkt für reines 4He zu 2,17K. Wird 3He zugemischt, sinkt der λ-Punkt mit steigender 3He-Konzentration (vgl. Lambda line). Bei TK=0,87K erreichen wir den „Trikritischen Punkt“ (tricritical point). Unterhalb von TK bzw. unterhalb der Phasentrennlinie (phase-separation line) kommt es zur Phasentrennung. Hier existieren zwei Phasen im Gleichgewicht: - 3 4 He-reiche Phase. Diese ist leichter und schwimmt damit oben. He-reiche Phase. Diese ist schwerer und sinkt ab. Anmerkung: Die Phasengrenze zwischen beiden ist aufgrund der unterschiedlichen Dichte von 3He und 4He unter dem Winkel der Totalreflexion optisch beobachtbar. Wird weiter abgekühlt, setzt sich die Entmischung fort. Bei T=0 sollte vollständige Entmischung vorliegen. Allerdings zeigt das Experiment, dass bei T=0 noch 6,5% 3 He im 4He verbleiben. Fig. 3.64: Phasendiagramm von flüssigem 3He/4He-Mischungen Wieso ist die Entmischung nicht vollständig? Bedeutet ein Rest 3He im 4He eine endliche Entropie bei T=0, d.h. ist der 3. Hauptsatz verletzt? Dies ist nicht der Fall. Das 3He bildet im 4He ein Fermigas. D.h. die 3He Atome füllen bei T=0 eine Fermikugel auf, deren Entropie S=0 ist. In Fig. 3.65 ist der Verlauf der spezifischen Wärmekapazität für zwei verschiedene 3 He Konzentrationen (X=1,3% bzw. X=5%) in Abhängigkeit von der Temperatur gezeigt. Das 4He liefert praktisch keinen Beitrag zu Wärmekapazität, da die 3.3 3He 3.3.4. Mischungen von 3He und 4He Fig. 3.65: 168 spezifische Wärmekapazität als Funktion der Temperatur für verschiedene 3He Konzentrationen X in 4He (aus Wilks und Betts). Phononen und Rotonen bei dieser Temperatur alle ausgefroren sind. Für höhere Temperaturen ergeben sich die klassischen Werte nach dem Dulong-Petit Gesetz. Bei tieferen Temperaturen ist die spezifische Wärmekapazität c proportional zur Temperatur T. Die eingezeichnete Linie ergibt sich aus der Theorie des idealen Fermigases mit der effektiven Masse m* = 2.4m 3 He . Ebenfalls ist die entsprechende Fermitemperatur angegeben. Wie man es für das ideale Fermigas erwartet, nimmt danach die Fermitemperatur mit steigender 3He Dichte zu. Über die Konzentration ist also die Fermitemperatur einstellbar. Worin liegt nun der Grund für die Restkonzentration von 6,5% des 3He in 4He bei T=0? Betrachten wir dazu ein 3He-Atom in der 4He Umgebung (Fig. 3.66). Aufgrund der kleineren Masse hat das 3He-Atom eine stärkere Nullpunktsbewegung als das 4HeAtom. Damit ist das von dem 3He-Atom beanspruchte Volumen in der flüssigen Phase größer als das der 4He-Atome. Das 3He Atom ist also einem 4He-Atom näher als es einem anderen 3He Atom sein könnte. Aufgrund dieses geringeren Abstandes ist die Bindung des 3He-Atoms im 4He stärker als im 3He. Dieses einzelne 3He Atom wird also bevorzugt im flüssigen 4He gebunden. In Fig. 3.67 ist das chemisches Potenzial µ3 eines 3He Atoms in reinem 3He bzw. in der 3He-4He-Mischung als Funktion der 3 He-Konzentration x gezeigt. Das chemische Potenzial µ3,c in reinem 3He ist gleich Fig. 3.66: Schematische Darstellung eines 3He-Atoms in einer 4He Umgebung 3.3 3He 3.3.4. Mischungen von 3He und 4He 169 der latenten Verdampfungswärme L3 je Atom, also µ3,c=-L3/N0 Der Index „c“ steht für „concentrated“. Bei der 3He-4He-Mischung (Konzentration x≈0; Index „d“ für „diluted“=verdünnt) ist die Bindungsenergie eines 3He-Atoms im flüssigen 4He: ε 3,d ( x = 0) = µ 3,d ( x = 0) / N 0 Dabei ist µ3,d(0) das chemische Potenzial eines 3He-Atoms bei der Konzentration x≈0. Da die Bindung des 3He-Atoms im 4He stärker als im 3He ist, gilt : − ε 3,d (0) < − L3 / N 0 Wird die Konzentration der 3He-Atome erhöht, nimmt die Bindungsenergie ε3,d(x) des 3 He-Atoms auf Grund einer anziehenden Wechselwirkung etwas zu, d.h. -ε3,d(x) nimmt ab. Dies ist in Fig. 3.67 eingezeichnet. Allerdings gilt für die 3He-Atome das Pauliprinzip. Damit müssen bei Kozentrationserhöhung die 3He-Atome in einen immer höheren Energiezustand gebracht werden. Die Fermikugel wächst also. Das chemische Potenzial ist damit: µ 3,d ( x) = −ε 3,d ( x) + k BTF ( x) Auch dies zeigt Fig. 3.67. Insgesamt wächst als µ3,d(x), bis bei x=6,5% das chemische Potenzial der reinen 3He-Flüssigkeit, µ3c erreicht wird. Erst von da ab wird reine 3HePhase gebildet, während sich die Konzentration x in der verdünnten Phase nicht mehr erhöht. Unterhalb von 6,5% 3He in 4He ist es also günstiger, dieses in das 4He einzubauen. Fig. 3.67: Chemisches Potenzial des 3He Atoms in reinem 3He (L3/N0) und in 3He-4He Mischungen als Funktion der 3He-Konzentration x. Bei x3,d=6,5% erreicht das chemische Potenzial von 3He in 4He das chemische Potenzial von reinem 3He (aus Pobell). 3 He in verdünnter Lösung im 4He verhält sich bis ca. x=10% als zusätzliche normalfluide Komponente im 4He. Fig. 3.68 zeigt die NF-Dichte des 4He mit 3,3% 3 He. Die NF-Dichte geht nicht auf Null, da die 3He-Atome nicht ausfrieren können. In reinem 4He würde die NF-Dichte gegen null gehen. 3.3 3He 3.3.4. Mischungen von 3He und 4He 170 Fig. 3.68: Dichte der NF-Komponente in 4He mit 3,3% 3He als Funktion der Temperatur (aus Wilks und Betts) In Fig. 3.69 ist ein zu Fig. 3.39 äquivalentes 2. Schall Experiment bei T=0.45K gezeigt. Teilbild a) zeigt das Ergebnis für reines 4He. Der Wärmepuls erreicht den Detektor sehr schnell, da die NF Komponente bei der tiefen Temperatur nur aus Phononen besteht und diese eine hohe mittlere Geschwindigkeit haben. Denn es war ja v2 = v / 3 . In Teilbild b) ist das Ergebnis für 4He mit 0,32 % 3He aufgeführt. Der Wärmepulses trifft später ein, da die massebehaftete 3He-NF-Komponente eine langsamere mittlere Teilchengeschwindigkeit hat. Fig. 3.69: 2. Schall Experiment für reines 4He (a) und für 4He mit 0,32% 3He(b). (aus Wilks und Betts)