Lückenskript

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Fachhochschule Reutlingen
Prof. Dr. H. Jung
Fachhochschule Esslingen
Prof. Dr. R. Mohr
Mathematik
im
Studiengang WIB, IWB
Dozentenexemplar
Skript Komplexe Zahlen
c
Grenzwert Verlag
†
INHALTSVERZEICHNIS
i
Inhaltsverzeichnis
7
Komplexe Zahlen
1
7.1
Einführung
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
7.2
Darstellungen komplexer Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2
7.2.1
Kartesische Darstellung
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2
7.2.2
Polardarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4
7.2.3
Umrechnung zwischen den Darstellungen . . . . . . . . . . . . . . .
5
7.2.4
Konjugiert komplexe Zahl
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9
Grundrechenarten für komplexe Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10
7.3.1
Gleichheit zweier komplexer Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10
7.3.2
Addition und Subtraktion von komplexen Zahlen
. . . . . . . . . .
10
7.3.3
Multiplikation von komplexen Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . .
11
7.3.4
Division von komplexen Zahlen
12
7.3.5
Multiplikation und Division in Polardarstellung
7.3
7.4
7.5
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . .
13
Potenzen und Wurzeln komplexer Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16
7.4.1
Potenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16
7.4.2
Komplexe Wurzeln
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17
7.4.3
Lösen algebraischer Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
20
Anwendungen der komplexen Rechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
25
7.5.1
25
Harmonische Schwingungen
c
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Grenzwert Verlag
ii
INHALTSVERZEICHNIS
7.6
7.5.2
Zeigerdarstellung harmonischer Schwingungen
7.5.3
Überlagerung von gleichfrequenten Schwingungen
. . . . . . . . . .
31
7.5.4
Wechselstromkreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
38
Komplexe Ortskurven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
50
7.6.1
Physikalische Beispiele
50
7.6.2
Parameterdarstellungen von Kurven im Komplexen
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27
. . . . . . . . .
56
. . . . . . . . . . . . . .
59
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
59
7.7
Komplexe Funktionen einer komplexen Variablen
7.8
Lineare Abbildungen
7.9
. . . . . . . . . . . .
w = az + b
. . . . . . . . . . . . . . . . .
59
w = z1
. . . . . . . . . . . . . . . . .
60
Abbildung durch gebrochen lineare Funktionen . . . . . . . . . . . .
63
7.8.1
Ganze lineare Funktionen
7.8.2
Abbildung durch die Funktion
7.8.3
Spezielle Abbildungen
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.9.1
Potenzfunktionen
7.9.2
Abbildung
w = zn
64
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
64
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
67
7.9.3
Transzendente Funktionen für komplexe Argumente . . . . . . . . .
71
7.9.4
Exponentialfunktion und Logarithmus
72
w=
1
2
c
z+
1
z
Grenzwert Verlag
. . . . . . . . . . . . . . . .
1
7
Komplexe Zahlen
7.1
Einführung
Problem:
Es gibt algebraische Gleichungen, die in der Menge IR der reellen Zahlen
keine Lösung besitzen.
Beispiel 7.1:
x2 + 1 = 0
√
x = ± −1
⇒
⇒
Wir führen ein neues Symbol ein und legen fest:
√
keine reelle Lösung!
−1 = j
Damit können wird der obigen Gleichung die Lösungen
x = ±j
zuordnen.
Wenn wir voraussetzen, dass diese neue Zahlen denselben Rechengesetzen genügen, wie
die reellen Zahlen, erhalten wir damit auch Lösungen für andere bisher nicht lösbare
quadratische Gleichungen, wie das folgende Beispiel zeigt:
Beispiel 7.2:
x2 + 2x + 5 = 0
√
√
(−1)
}| {
16·
z
p
−2 ± 16 · (−1)
−2 ± 4j
−2
±
4
−
20
=
=
=
2
2
2
√
⇒
x1/2
⇒
x1/2 = −1 ± 2j
√
Hier wird benutzt:
a·b=
√
a·
√
b
Obiges Beispiel zeigt, dass Linearkombinationen von alten reellen Zahlen und Vielfachen der neuen Zahl
j
sinnvoll sind.
Bezeichnungen:
√
−1
a)
Der Ausdruck
b)
Ausdrücke der Form
c)
Ausdrücke der Form
heiÿt
jy
imaginäre Einheit und wird mit
mit
y ∈ IR
z = x + jy
heiÿen
mit
bezeichnet.
imaginäre Zahlen.
x, y ∈
bezeichnet.
c
j
Grenzwert Verlag
IR werden als
komplexe Zahlen
2
7
d)
Ist
e)
z = x + jy
eine komplexe Zahl, so heiÿen
x = Re (z)
Realteil von
y = Im (z)
Imaginärteil von
Die Menge
KOMPLEXE ZAHLEN
C
z
z.
= {z = x + j y| x, y ∈ IR} wird als Menge
der komplexen Zahlen
bezeichnet.
Bemerkungen:
1)
Der
Imaginärteil
Vorsicht!!
2)
y
einer komplexen Zahl
z = x + jy
reelle Zahl.
Der Imaginärteil ist der Faktor bei j!
In der Mathematik wird die imaginäre Einheit
Wir verwenden hier jedoch das Symbol
j,
√
−1
üblicherweise mit
i
bezeichnet.
das insbesondere in der Elektrotechnik
üblich ist, um Verwechslungen mit dem Symbol
7.2
ist selbst eine
i für die Stromstärke zu vermeiden.
Darstellungen komplexer Zahlen
Eine komplexe Zahl wird durch zwei reelle Zahlen charakterisiert. Analog zu zweidimensionalen Vektoren benötigen daher zur geometrischen Veranschaulichung von komplexen
Zahlen eine Ebene.
7.2.1
Kartesische Darstellung
Im
6
z = x + jy
t
y
Jeder komplexen Zahl
z = x + jy
spricht genau ein Punkt
ent-
P = (x, y)
in
der komplexen Zahlenebene und umge-
-
Re
kehrt.
x
Bezeichnungen:
1)
Die komplexe Zahlenebene wird auch als
2)
In der Gauÿschen Zahlenebene werden die Achsen des kartesischen Koordinatensystems als
Gauÿsche Zahlenebene bezeichnet.
reelle Achse bzw. imaginäre Achse bezeichnet.
c
Grenzwert Verlag
7.2
Darstellungen komplexer Zahlen
3
Beispiel 7.3:
Die folgenden komplexen Zahlen sind in der Gauÿschen Zahlenebene
darzustellen:
z1 = 2 + 3j,
z2 = −3 − j
Im
6
j
-
Re
1
Bemerkungen:
1)
Wir beschriften die imaginäre Achse hier in der Form
Elektrotechnik üblich ist (und nicht
nicht der Imaginärteil
2)
y,
wie dies in der
1, 2, 3, . . .). Das bedeutet, dass auf dieser Achse
sondern die imaginäre Zahl
eine komplexe Zahl nicht als Punkt
dargestellt wird.
6
P =
in der Gauÿschen Zahlenebene zu ver-
jy
Im
Für manche Anwendungen ist es hilfreich,
(x, y)
j, 2j, 3j . . .
jy
t
anschaulichen, sondern stattdessen den zugehörigen
Ortsvektor zu betrachten:
!
z = x + jy
⇔
z=
x
y
x
.
In diesem Fall spricht man von
c
-
z
als einem
komplexen Zeiger.
Grenzwert Verlag
Re
4
7
7.2.2
Polardarstellung
Neben
der
oben
Im
6
kartesi-
eingeführten
schen Darstellung
KOMPLEXE ZAHLEN
z = x + jy
z = x + jy
t
jy
kann eine
komplexe Zahl auch entsprechend der neben
stehenden Skizze durch ihren Abstand
r vom
Koordinatenursprung und den Winkel
ϕ ein-
-
Re
x
deutig festgelegt werden.
Diese Darstellung wird als
entsprechenden Punktes
Polardarstellung bezeichnet, da sie einer Beschreibung des
P = (x, y)
durch
ebene Polarkoordinaten entspricht.
Zusammenhang zwischen den Koordinaten
x = r cos ϕ
und
(r, ϕ):
p
x2 + y 2
y
tan ϕ = x
r=
bzw.
y = r sin ϕ
(x, y)
Bemerkung:
y
x
Der Zusammenhang zwischen dem Quotienten
eindeutig, da die Tangensfunktion
π -periodisch
und dem Winkel
ϕ ∈ [0, 2π)
ist nicht
ist. Die damit verbundene Problematik
werden wir im folgenden Abschnitt genauer betrachten.
Damit erhalten wir die
trigonometrische Darstellung
z = x + j y = r cos ϕ + j r sin ϕ
Im Folgenden wird der Ausdruck
dafür die Abkürzung
e
jϕ
⇒
z = r (cos ϕ + j sin ϕ)
cos ϕ + j sin ϕ sehr häug auftreten. Deshalb führen wir
= cos ϕ + j sin ϕ
ein.
1
Somit ergibt sich schlieÿlich eine sehr kompakte Darstellung, die sogenannte
Exponential-
Darstellung einer komplexen Zahl:
z = r (cos ϕ + j r sin ϕ) = rejϕ
1 Später werden wir feststellen, dass die sogenannte Eulersche Formel tatsächlich
e jϕ = cos ϕ + j sin ϕ
einen inneren Zusammenhang zwischen Exponentialfunktion und Sinus- bzw. Kosinusfunktion beschreibt.
c
Grenzwert Verlag
7.2
Darstellungen komplexer Zahlen
5
Bezeichnungen:
r = |z|
Betrag von
ϕ = arg z
Argument oder Phase von
z
(Abstand von
z
zum Koordinatenursprung)
z
Wir fassen die verschiedenen Arten, komplexe Zahlen darzustellen, nochmals zusammen:
Darstellung komplexer Zahlen:
Eine komplexe Zahl
z
lässt sich auf verschiedene Arten darstellen:
1)
z = x + jy
(kartesische Darstellung)
2)
z = r(cos ϕ + j sin ϕ)
(trigonometrische Darstellung)
3)
z = re
jϕ
(Exponential-Darstellung)
Die Darstellungen
2) und 3) werden unter dem Begri Polardarstellung
zusammengefasst.
7.2.3
Umrechnung zwischen den Darstellungen
Die Umrechnung von der Exponential-Darstellung in die kartesische Darstellung erfolgt
mit Hilfe der trigonometrischen Darstellung:
Beispiel 7.4:
z = 2e
j π3
= 2(cos
π
3
+ j sin
π
)
3
√
√
1
= 2 · 2 + 2 · 23 = 1 + 3
Bei der Umrechnung von der kartesischen Darstellung in die Polardarstellung gehen wir
aus von den bereits eingeführten Beziehungen
r=
p
x2 + y 2
Dabei ist jedoch zu beachten, dass der Winkel
die Winkel
ϕ
und
ϕ + 2π
tan ϕ =
und
ϕ
y
x
nicht eindeutig bestimmt ist, da z.B.
zum gleichen Punkt in der Gauÿschen Zahlenebene führen und
somit zu der gleichen komplexen Zahl.
Daher vereinbaren wir, den Winkel
wert des Winkels
ϕ
jeweils so zu wählen, dass
0 ≤ ϕ < 2π
gilt (Haupt-
ϕ).
Entsprechend dieser Vereinbarung bestimmen wir nun
y
tan ϕ = x
c
bzw.
ϕ
aus
y
ϕ = arctan x
Grenzwert Verlag
(7.1)
6
7
Beispiel 7.5:
z1 = 1 + 2j
Bestimme
arg z
KOMPLEXE ZAHLEN
für die komplexen Zahlen
z2 = −1 − 2j
und
Im
u
6
z1 = 1 + 2j
Nach (7.1) erhalten wir
2
1
tan ϕ1 =
=2
j
und
−2
−1
tan ϕ2 =
=2
-
1
Aus der Skizze ergibt sich jedoch,
dass
ϕ1
und
Genauer:
ϕ2
Re
verschieden sind.
ϕ2 = ϕ1 + π .
u
z2 = −1 − 2j
Dieses Beispiel macht deutlich, dass die Gleichung
y
tan ϕ = x
in
mit
x:
Realteil,
y:
Imaginärteil
[0, 2π) zwei verschiedene Lösungen hat, die sich um den Winkel π unterscheiden. Welche
dieser Lösungen jeweils die Richtige ist, kann man durch ein Handskizze leicht feststellen.
Bemerkung:
Wird zur Berechnung von
einen Winkel
Der gesuchte Winkel
∆
ϕ
y
ψ = arctan x
ein Rechner benutzt, so liefert dieser in der Regel zunächst
mit
ϕ = arg z
π
−π
2 ≤ ψ ≤ 2.
ergibt sich dann durch Addition eines Korrekturwinkels
dessen Wert abhängig ist vom Quadranten, in dem die komplexe Zahl
y
ϕ = arg z = arctan x + ∆.
Die Werte für
kelwerte
∆
2. Quadrant:
liegt
(7.2)
ergeben sich für jeden einzelnen Quadranten durch Vergleich der Win-
ϕ = arg(z)
1. Quadrant:
z
einerseits und
y
ψ = arctan x
andererseits:
ϕ ∈ (0, π2 )
ψ ∈ (0, π2 )
⇒
∆=0
ϕ ∈ ( π2 , π)
ψ ∈ (− π2 , 0) ⇒
∆=π
(0, π2 )
(− π2 , 0)
⇒
∆=π
⇒
∆ = 2π
3π
)
2
3. Quadrant:
ϕ ∈ (π,
4. Quadrant:
ϕ ∈ ( 3π
, 2π)
2
ψ∈
ψ∈
c
Grenzwert Verlag
7.2
Darstellungen komplexer Zahlen
z = −1 +
Beispiel 7.6:
7
√
3j
Im
(2. Quadrant)
6
q
p
√
√
2
2
r=
x + y = (−1)2 + ( 3)2 = 4 = 2
√
y
ϕ = arctan x + ∆ = arctan −13 + π
2π
= −π
3 + 3π = 3
1
⇒
Re
-
2π
z = 2e 3 j
1
Zur Erinnerung stellen wir an dieser Stelle nochmals das Schaubild der
arctan-Funktion
vor und geben einige wichtige Werte dieser Funktion an:
π
2
y
π
4
f (x) = arctan x
x
0
arctan x
0
0o
x
1
√1
3
π
6
o
Ferner gilt:
30
1
√
∞
3
π
4
π
3
π
2
45o
60o
90o
arctan(−x) = − arctan x
Bemerkungen:
1)
Bei der Bestimmung von
ϕ
ist es stets sinnvoll, sich zunächst die Lage der Zahl
in der Gauÿschen Zahlenebene klar zu machen und
Die exakte Bestimmung von
2)
3)
ϕ
ϕ
z
überschlägig zu bestimmen.
nach (7.2) erfolgt dann in einem zweiten Schritt.
Für Zahlen die auf der reellen oder imaginären Achse liegen, ist Gleichung (7.2) zur
Bestimmung von
ϕ = arg(z)
aus der Lage von
z
nicht anwendbar. Hier ergibt sich
arg(z)
unmittelbar
in der Gauÿschen Zahlenebene.
In manchen technischen Anwendungen wird für den Hauptwert des Winkels
Bereich
−π < ϕ ≤ π
ϕ
der
festgelegt. In diesem Fall ergeben sich entsprechend andere
Werte für den Korrekturwinkel
c
∆.
Grenzwert Verlag
8
7
Beispiel 7.7:
1)
KOMPLEXE ZAHLEN
Umrechnung zwischen den Darstellungen:
z1 = 1 + 2j
Im
1. Quadrant
6
√
12 + 22 = 5
ϕ1 = arctan 21 + ∆
= 1, 1 + 0 = 1, 1 (= 63, 43o )
r1 =
-
Re
⇒
2)
z1 =
√
5 e1,1j
z2 = 2 − 2j
Im
j
6
4. Quadrant
-
Re
1
p
√
√
(−2)2 + (−2)2 = 8 = 2 2
ϕ2 = arctan −2
2 +∆
π
(= 315o ).
= − 4 + 2π = 7π
4
r2 =
⇒
3)
√
z2 =
√
7π
2e 4 j
4π
z3 = 3e 3 j
Im
6
3. Quadrant
-
Re
z3 = 3 · (cos 4π
+ j sin 4π
)
3
3
= 3 · (− cos π3 + j(− sin 4π
))
3
√
= 3 · (− 12 − j 23 )
√
3
3
= −2 − 2 3j
c
Grenzwert Verlag
7.2
Darstellungen komplexer Zahlen
9
z4 = −2 = −2 + 0 · j
Im
4)
1
negative reelle Achse
6
r4 =
-
Re
p
(−2)2 + 02 = 2
ϕ4 = π
1
z4 = 2e jπ
7.2.4
Konjugiert komplexe Zahl
Bei der Lösung einer quadratischen Gleichung mittels komplexer Zahlen ergab sich stets
x1,2 = a ± jb.
ein Ausdruck der Gestalt
2
Beispiel 7.8:
⇒
x + 4x + 20 = 0
√
−4
±
16 − 80 = −2 ± 4j
=
2
x1,2
Im weiteren Verlauf werden wir sehen, dass solche Pärchen komplexer Zahlen häug
auftreten.
Im
Zu einer gegebenen komplexen Zahl
z = x + jy
ist die
y
6
zt= x + j y
konjugiert kom-
plexe Zahl deniert durch
x
∗
z = x − jy
-
Re
In der Gauÿschen Zahlenebene erhält
man
z∗
indem man die Zahl
z
r
an der
reellen Achse spiegelt.
In der
Polardarstellung ergibt sich entsprechend:
z = r(cos ϕ + j sin ϕ)
z = r e jϕ
⇒
Beispiel 7.9:
⇒
z ∗ = r(cos(−ϕ) + j sin(−ϕ)) = r(cos ϕ − j sin ϕ)
z ∗ = r e j(−ϕ) = r e−jϕ
z = −2 − 3j ⇒
z = 1 + 2j
3π
z = 2e 4 j
z ∗ = −2 + 3j
⇒
z ∗ = 1 − 2j
⇒
z ∗ = 2e− 4 j
c
3π
Grenzwert Verlag
10
7
7.3
KOMPLEXE ZAHLEN
Grundrechenarten für komplexe Zahlen
Im folgenden Abschnitt sollen für die neu eingeführten komplexen Zahlen die vier bürgerlichen Grundrechenarten Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division eingeführt
werden. Dies soll so geschehen dass die bekannten algebraischen Eigenschaften dieser Rechenoperationen für reelle Zahlen wie Klammerregeln etc. erhalten bleiben. Weiter müssen
diese neuen Rechenoperationen bei Anwendung auf die reellen Zahlen das gleiche Ergebnis liefern wie die bekannten Rechenoperationen, d.h. sie müssen abwärtskompatibel
sein.
7.3.1
Gleichheit zweier komplexer Zahlen
Zwei Zahlen sind sicher dann als gleich anzusehen, wenn die entsprechenden Punkte bzw.
Zeiger in der Gauÿschen Zahlenebene zusammen fallen. Daraus folgt unmittelbar:
x1 + jy1 = x2 + jy2
⇔
x1 = x2
und
y1 = y2
bzw.
r1 e jϕ1 = r2 e jϕ2
Hierbei ist die die
⇔
r1 = r2
und
ϕ1 = ϕ2 + 2πk,
(k = 0, ±1, ±2, . . .)
Mehrdeutigkeit der Winkelangabenzu beachten!
Bemerkung:
Eine Gleichung mit komplexen Zahlen besitzt denselben Informationsgehalt wie zwei Gleichungen mit reellen Zahlen.Dies ist besonders für Gleichungen in der Komponentenform
deutlich.Es ergeben sich stets zwei Gleichungen für Real- und Imaginärteil.
7.3.2
Addition und Subtraktion von komplexen Zahlen
Addition und Subtraktion ergeben sich aus den entsprechenden Rechenoperationen für
reelle Zahlen, indem man die üblichen Rechengesetze anwendet und das Symbol
reelle Zahl behandelt.
z1 = x1 + jy1
⇒
z2 = x2 + jy2 .
z1 + z2 = (x1 + jy1 ) + (x2 + jy2 ) = x1 + x2 + j(y1 + y2 )
z1 − z2 = (x1 + jy1 ) − (x2 + jy2 ) = x1 − x2 + j(y1 − y2 )
c
Grenzwert Verlag
j wie eine
7.3
Grundrechenarten für komplexe Zahlen
Beispiel 7.10:
⇒
z1 = 3 + j,
11
z2 = 1 + 2j
z1 + z2 = (3 + j) + (1 + 2j) = 4 + 3j,
z1 − z2 = (3 + j) − (1 + 2j) = 2 − j
Bemerkung:
Die
Addition von komplexen Zahlen entspricht in der Gauÿschen Zahlenebene der Ad-
dition der entsprechenden
komplexen Zeiger im Sinne der Vektoraddition für ebene
Vektoren. Entsprechendes gilt für die Dierenz von komplexen Zahlen. Insbesondere gelten die gleichen Parallelogrammregeln.
Im
Im
r
6
6
z2
1
z
1
-
1
1
Re
z2
1
z
1
-
1
Re
1
r
7.3.3
Multiplikation von komplexen Zahlen
Bei der Multiplikation von komplexen Zahlen gehen wir ebenso vor wie im vorhergehenden
Abschnitt. Wir gehen von der Gültigkeit der Klammerregel aus und beachten zusätzlich,
dass
j2 = −1.
z1 = x1 + jy1 ,
z2 = x2 + jy2
⇒
z1 · z2 = (x1 + jy1 ) · (x2 + jy2 ) = x1 x2 + jy1 x2 + x1 jy2 + j2 y1 y2
⇒
z1 · z2 = (x1 x2 − y1 y2 ) + j(x1 y2 + x2 y1 ).
Beispiel 7.11:
1)
z1 = 3 + j,
z2 = 1 + 2j
z1 · z2 = (3 + j) · (1 + 2j) = 3 + j + 6j + 2j2 = 3 + 7j + 2 · (−1) = 1 + 7j
2)
z1 = 4 − 2j,
z2 = −2 + j
z1 · z2 = (4 − 2j) · (−2 + j) = −8 + 4j + 4j − 2j2 = −8 + 8j + 2 = −6 + 8j
c
Grenzwert Verlag
12
7
KOMPLEXE ZAHLEN
Spezialfall:
Es sei
z = x + jy
eine beliebige komplexe Zahl und
z∗
die zu
z
konjugiert komplexe Zahl.
Dann gilt:
z · z ∗ = (x + jy)(x − jy) = x2 + jxy − jxy − (jy)2 = x2 − (−y 2 ) = x2 + y 2
⇒
z · z ∗ = x2 + y 2 = r2 = |z|2
Insbesondere ist der Ausdruck
7.3.4
z · z∗
⇔
|z| =
√
z · z∗
stets reell und nichtnegativ.
Division von komplexen Zahlen
Zunächst überlegen wir, wie eine komplexe Zahl durch eine reelle Zahl zu teilen ist.
Beispiel 7.12:
4 + 6j
= 24 + 26 j = 2 + 3j
2
d. h. Real- und Imaginärteil sind getrennt durch den reellen Faktor zu dividieren.
Die Division von zwei beliebigen komplexen Zahlen kann durch einen kleinen Trick auf
diesen Spezialfall zurückgeführt werden. Dies soll an dem folgenden Beispiel erläutert
werden:
Beispiel 7.13:
Idee:
2+j
3 − j =?
Erweitere den Bruch mit
3+j
⇒
Nenner wird reell.
(2 + j)(3 + j)
6 + 5j + (−1)
6 + 3j + 2j + j2
2+j
5 + 5j
=
=
=
= 10 = 12 + 12 j
10
3−j
(3 − j)(3 + j)
32 + 12
Auf diese Weise lässt sich jeder Quotient von zwei komplexen Zahlen in kartesischer Darstellung berechnen.
Beispiel 7.14:
1−j
1 − 2j
(1 − j)(1 + 2j)
1 − j + 2j − 2j2
1+j+2
1−j
3+j
=
=
=
= 5 = 35 + 15 j
5
1 − 2j
(1 − 2j)(1 + 2j)
12 + 22
c
Grenzwert Verlag
7.3
Grundrechenarten für komplexe Zahlen
7.3.5
13
Multiplikation und Division in Polardarstellung
Wir betrachten zwei komplexe Zahlen in trigonometrischer Darstellung:
z1 = r1 (cos ϕ1 + j sin ϕ1 ),
z2 = r2 (cos ϕ2 + j sin ϕ2 )
Nach Abschnitt 7.3.3 ergibt sich für das Produkt:
z1 · z2 = r1 (cos ϕ1 + j sin ϕ1 ) · r2 (cos ϕ2 + j sin ϕ2 )
= r1 r2 [(cos ϕ1 · cos ϕ2 − sin ϕ1 · sin ϕ2 ) + j(cos ϕ1 · sin ϕ2 + sin ϕ1 · cos ϕ2 )]
Mit Hilfe der
Additionstheoreme für Sinus und Cosinus lassen sich Real- und Imagi-
närteil der obigen Beziehung einfacher darstellen.
cos(ϕ1 + ϕ2 ) = cos ϕ1 · cos ϕ2 − sin ϕ1 · sin ϕ2
sin(ϕ1 + ϕ2 ) = cos ϕ1 · sin ϕ2 + sin ϕ1 · cos ϕ2 .
Somit folgt:
z1 · z2 = r1 (cos ϕ1 + j sin ϕ1 ) · r2 (cos ϕ2 + j sin ϕ2 )
= r1 r2 [(cos ϕ1 · cos ϕ2 − sin ϕ1 · sin ϕ2 ) + j(cos ϕ1 · sin ϕ2 + sin ϕ1 · cos ϕ2 )]
= r1 r2 [cos(ϕ1 + ϕ2 ) + j sin(ϕ1 + ϕ2 )]
Regel:
Die Radien werden multipliziert und die Winkel addiert.
Benutzen wir die oben eingeführte Abkürzung
e jϕ = cos ϕ + j sin ϕ, so können wir dies
kürzer schreiben:
z1 · z2 = r1 e jϕ1 · r2 e jϕ2 = r1 r2 e jϕ1 +jϕ2 = r1 r2 e j(ϕ1 +ϕ2 )
Für die Division ergibt sich analog:
r1 (cos ϕ1 + j sin ϕ1 )
r1 (cos ϕ1 + j sin ϕ1 ) · (cos ϕ2 − j sin ϕ2 )
z1
z2 = r2 (cos ϕ2 + j sin ϕ2 ) = r2 · (cos ϕ2 + j sin ϕ2 ) · (cos ϕ2 − j sin ϕ2 )
|
{z
}
=cos2 ϕ2 +sin2 ϕ2 =1
= rr12 [(cos ϕ1 · cos ϕ2 + sin ϕ1 · sin ϕ2 ) + j(cos ϕ1 · sin ϕ2 − sin ϕ1 · cos ϕ2 )]
= rr21 [cos(ϕ1 − ϕ2 ) + j sin(ϕ1 − ϕ2 )]
c
Grenzwert Verlag
14
7
Regel:
Mit
KOMPLEXE ZAHLEN
Die Radien werden dividiert und die Winkel subtrahiert.
e jϕ = cos ϕ + j sin ϕ
ergibt sich entsprechend:
z1 = r1 ejϕ1 = r1 · ejϕ1 · e−jϕ2 = r1 e j(ϕ1 −ϕ2 )
z2
r2
r2
r2 ejϕ2
Bemerkung:
Die hier gewonnenen Regeln für die Multiplikation und Division von komplexen Zahlen in
Polardarstellung zeigen, dass sich der zunächst als reine Abkürzung eingeführte Ausdruck
ejϕ
tatsächlich wie eine Exponentialfunktion verhält.
Der Nachweis, dass es sich dabei um die komplexe Erweiterung der reellen Funktion
ex
handelt, geht über den Rahmen dieser Darstellung hinaus.
Wir fassen die Ergebnisse dieses Abschnitts nochmals zusammen:
Zusammenfassung:
Multiplikation und Division komplexer Zahlen in
z1 = r1 e
Es sei
Dann gilt für das
jϕ1
,
z2 = r2 e
Produkt z1
Polardarstellung
jϕ2
· z2 : z1 · z2 = r1 r2 e j(ϕ1 +ϕ2 )
(Produkt der Beträge, Summe der Argumente)
Für den
Quotienten
z1
z2
gilt die Regel:
z1 = r1 e j(ϕ1 −ϕ2 )
z2
r2
(Quotient der Beträge, Dierenz der Argumente)
Für die trigonometrische Darstellung gelten entsprechende Multiplikationsund Divisionsregeln.
Spezialfall:
plexen Zahl
z = re jϕ
Betrachte das Produkt einer komplexen Zahl
z
z∗:
⇒
z ∗ = re−jϕ
⇒
z · z ∗ = re jϕ · re = r2 e jϕ+(−jϕ) = r2 e0 = r2
⇒
z · z ∗ = r2 = |z|2
Dieses Ergebnis hatten wir bereits in Abschnitt 7.3.3 erhalten.
c
Grenzwert Verlag
mit ihrer konjugiert kom-
7.3
Grundrechenarten für komplexe Zahlen
15
Bemerkungen:
1)
Die Ergebnisse von Abschnitt 7.3 lassen sich in der Aussage zusammenfassen, dass
für die komplexen Zahlen die gleichen Gesetze der Algebra gelten wie in der Menge
IR. Das bedeutet, dass man mit komplexen Zahlen so rechnen kann, wie man es von
den reellen Zahlen gewohnt ist, wenn man zusätzlich die Regel
2)
j2 = −1
beachtet.
Beim Übergang von den reellen Zahlen zu den komplexen Zahlen geht jedoch die
sogenannte
Anordnungeigenschaft verloren,d.h. genau wie bei den Vektoren ver-
lieren hier die Relationen < oder > ihren Sinn!
c
Grenzwert Verlag
16
7.4
7
KOMPLEXE ZAHLEN
Potenzen und Wurzeln komplexer Zahlen
7.4.1
Potenzen
Die Potenzen
zn
für komplexe Zahlen sind wie im Reellen als
n-fache
Multiplikationen
deniert:
z n = |z · z · z{z· . . . · z}
n Faktoren
z = r e jϕ
Regel:
⇒
z n = (r e jϕ )n = rn e jnϕ
Bilde die
n-te
Potenz von
r = |z|
und multipliziere
ϕ = arg z
mit
In der trigonometrischen Darstellung erhalten wir entsprechend:
z = r(cos ϕ + j sin ϕ)
⇒
z n = rn [cos(nϕ) + j sin(nϕ) ]
Beispiel 7.15:
√
π
z = 1 + j = 2 ej4
π
z 2 = 2ej 2 = 2j
√
3π
z 3 = ( 2)3 ej 4
√
√
√
2
= 2 2(− 2 + j 22 )
= −2 + 2j
√
z 4 = ( 2)ejπ = 4 · (−1) = −4
Im
6
r
1
r
-
1
Rechnung in kartesischer Darstellung zur Kontrolle:
z = 1+j
z 2 = (1 + j) · (1 + j) = 1 + j + j + j2 = 2j
z 3 = 2j · (1 + j) = 2j + 2j2 = −2 + 2j
z 4 = (1 + j)2 · (1 + j)2 = 2j · 2j = −4
c
Grenzwert Verlag
Re
n.
7.4
Potenzen und Wurzeln komplexer Zahlen
7.4.2
17
Komplexe Wurzeln
Der komplexe Wurzelbegri ergibt sich wieder wie im Reellen durch Umkehren des Potenzierens. Wir suchen wieder eine Zahl, die entsprechend oft mit sich selber multipliziert
die Ausgangszahl ergibt. Die rechentechnischen Unterschiede sollen an folgendem Beispiel
deutlich werden.
Beispiel 7.16:
√
3
z =
−8
⇔
z 3 = −8
Gehen wir von der Exponentialdarstellung
z3 =
re jϕ
3
z = rejϕ
aus, so muss gelten:
!
= r3 e j3ϕ = −8 = 8eiπ
Um Übereinstimmung zu erzielen, müssen die beiden folgenden Beziehungen erfüllt sein:
r3 = 8,
Dies ist erfüllt für
r=2
und
ϕ= π
3.
3ϕ = π
Damit ist
π
z = 2e j 3 = 1 +
Frage: Wo bleibt die aus dem Reellen bekannte Lösung
Die Zahl
−8
Lösung des Problems.
z = −2?
lässt sich in Polarkoordinaten auch noch formal anders darstellen:
z3 =
Dies liefert
√
3j
r = 2, ϕ = π
re jϕ
3
und damit
!
= r3 e j3ϕ = −8 = 8e j3π
z = 2e jπ = −2
Nun gibt es noch eine dritte Möglichkeit für die Darstellung der Zahl
z 3 = re jϕ
3
−8:
!
= r3 e j3ϕ = −8 = 8e j5π
Damit erhalten wir schlieÿlich als dritte Lösung
r = 2, ϕ = 5π
3
⇒
Addieren wir nochmals
5π
√
j
z = 2e 3 = 1 − 3j
2π
hinzu, so erhalten wir wieder die Ausgangslösung:
z3 =
re jϕ
c
3
!
= r3 e j3ϕ = −8 = 8e j7π
Grenzwert Verlag
18
⇒
7
π
ϕ = 7π
3 = 2π + 3
r = 2,
Wir erkennen bereits hier die
⇒
KOMPLEXE ZAHLEN
π
√
j
z = 2e 3 = 1 + 3j
Mehrdeutigkeit des Wurzelbegris. Im Reellen ergab sich
dies nur bei Quadratwurzeln aus positiven Zahlen.
Zur Denition der komplexen
komplexe Zahl
a
n-ten
z =
√
n
a
zn = a
⇔
Wurzel
betrachten wir für eine gegebene
die Gleichung
zn − a = 0
⇔
z=
√
n
a
Wir gehen von der Exponential-Darstellung der komplexen Zahlen
z = rejϕ
z
und
a
aus:
a = Ae jα
!
z n = rn e jnϕ = A e jα = a
Dann gilt nach Abschnitt 7.4.1:
Vergleichen wir Beträge und Argumente auf beiden Seiten, so folgt:
rn = A
⇔
Somit ist
r=
z0 =
√
n
√
n
A
nϕ = α
bzw.
α
A ej n
ϕ = α
n
⇔
Lösung der Gleichung
zn − a = 0
Da (wie wir bereits oben festgestellt hatten) die Winkel
α
und
α + 2πk
demselben Punkt
in der Gauÿschen Ebene entsprechen, gilt auch
e j(α+2πk) = e jα = a.
Daher erhalten wir weitere Lösungen von
zk =
Hierbei gilt
√
n
A ej
α+2πk
n
k = 0, 1, . . . , n − 1,
⇒
denn
c
zn − a = 0
durch
zkn = A ej(α+2πk) = Aejα = a
zn =
√
√
α+2πn
α
n
A e j n = n A e j n +2π = z0 .
Grenzwert Verlag
7.4
Potenzen und Wurzeln komplexer Zahlen
19
Wir fassen diese Ergebnisse in dem folgenden Satz zusammen:
Satz:
z n = a = Aejα (A > 0)
Die Gleichung
besitzt genau
n
verschiede-
ne komplexe Lösungen (Wurzeln)
zk = rejϕk = r(cos ϕk + j sin ϕk )
r=
mit
√
n
A,
ϕk = α +n2πk
k = 0, 1, . . . , n − 1.
Diese liegen in der Gauÿschen Zahlenebene auf einem Ursprungskreis vom
Radius
√
n
r=
A
und bilden die Eckpunkte eines regelmäÿigen
n-Ecks.
Beispiel 7.17:
1)
z=
√
4
z 4 = 1 = 1 · e j0
1 ⇔
Im
6
zk =
√
4
1 · ej
0+2πk
4
k = 0, 1, 2, 3
z0 = 1 · e j0 = 1
2)
z1 = 1 · e
j 2π
4
z2 = 1 · e
j 4π
4
z3 = 1 · e
j 6π
4
z=
√
3
= 1·e
j π2
= j
= 1·e
jπ
= −1
= 1·e
j 3π
2
Re
-
Re
= j
π
z3 = j = 1 · e j 2
j ⇔
-
Im
6
zk =
√
3
π
1 · e j( 6 +
2πk
3
π
z0 = 1 · e j 6 =
)
k = 0, 1, 2
√
1
( 3 + j)
2
√
1
(−
3+
2
j 3π
2
z1 = 1 · e
j 5π
6
=
z2 = 1 · e
j 9π
6
= e
j)
= −j
c
Grenzwert Verlag
20
3)
7
z=
√
⇔
zk =
1+j
z2 = 1 + j =
p√
√
π
2 · e j( 8 +πk)
KOMPLEXE ZAHLEN
Im
2·e
j π4
6
k = 0, 1
√
π
4
2 · ej8
√
π
z1 = 4 2 · e j( 8 +π) = −z0
z0 =
-
Re
Bemerkung:
Im Reellen erhielten wir beim Wurzelziehen mit einem ungeraden Exponenten nur eine
Lösung, bei geradem Wurzelexponenten ergaben sich (soweit überhaupt im Rellen lösbar)
stets zwei Lösungen. Wie ist diese Beobachtung mit den obigen Resultaten verträglich?
Wie wir erkannt haben, liegen sämtliche komplexen Wurzeln einer Zahl auf den Ecken
eines regelmäÿigen Vielecks mit Mittelpunkt im Ursprung. Bei ungerader Eckenzahl kann
nur eine Ecke auf der reellen Achse liegen. Liegt bei gerader Eckenzahl eine Ecke auf der
reellen Achse, so stets auch eine zweite.
7.4.3
Lösen algebraischer Gleichungen
In Abschnitt 7.1 hatten wir die komplexen Zahlen eingeführt, indem wir für eine im Reellen
unlösbare quadratischen Gleichung eine (formale) Lösung deniert hatten. Wir wollen
diesen Sachverhalt nun auf Polynomgleichungen beliebiger Ordnung verallgemeinern.
Es ist bekannt, dass die Gleichung
pn (x) = an xn + an−1 xn−1 + . . . + a1 x + a0 = 0
im Reellen höchstens
n
Lösungen besitzt.
Im vorhergehenden Abschnitt hatten wir festgestellt, dass die
chung
zn − a
stets genau
n
komplexe Polynomglei-
Lösungen hat.
Der folgende Satz zeigt, dass im Komplexen eine entsprechende Aussage für
nomgleichung vom Grad
n
gilt:
c
Grenzwert Verlag
jede Poly-
7.4
Potenzen und Wurzeln komplexer Zahlen
21
Satz: (Fundamentalsatz der Algebra)
Die Gleichung
pn (z) = an z n + an−1 z n−1 + . . . + a1 z + a0 = 0
besitzt in der Menge der
komplexen Zahlen stets genau
n
Lösungen
z1 , z2 , . . . zn .
Das Polynom
pn (z)
lässt sich daher komplett in (komplexe) Linearfaktoren
zerlegen:
pn (z) = an (z − z1 ) · (z − z2 ) · . . . · (z − zn ).
Bemerkung:
Dies ist ein reiner Existenzsatz. Explizite Lösungsformeln existieren nur für einfache
Gleichungen. Neben der bekannten Mitternachtsformel für quadratische Gleichungen
existieren nur noch für Gleichungen der Ordnung drei und vier explizite Lösungsformeln.
Wir wollen nun zeigen, dass die von reellen Fall bekannten Methoden auch zur Bestimmung von Lösungen
1)
komplexer
Polynomgleichungen angewandt werden können:
Lösen einer quadratischen Gleichung mit der Mitternachtsformel:
Die Lösung der quadratische Gleichung
az 2 + bz + c = 0,
mit
a, b, c ∈
C
ist
analog zum reellen Fall gegeben durch
z1/2
√
b2 − 4ac
−b
±
=
2a
Betrachten wir speziell den für die praktische Anwendung interessanten Fall, dass
die Koezienten
a, b
und
c
reelle Zahlen sind, so hängt die Art der Lösungen vom
Vorzeichen der (reellen) Diskriminante
b2 − 4ac
ab.
a)
b2 − 4ac > 0
⇒
zwei reelle Lösungen
b)
b2 − 4ac = 0
⇒
eine (doppelte) reelle Lösung
c)
b2 − 4ac < 0
⇒
ein Paar konjugiert komplexer Lösungen
Im Fall
b
z1,2 = − 2a
c) haben die Lösungen die Form
z1,2
p
p
√
2 − 4ac
−b ± (4ac − b2 )(−1)
−b ± j (4ac − b2 )
b
−b
±
=
=
=
2a
2a
2a
c
Grenzwert Verlag
22
2)
7
KOMPLEXE ZAHLEN
Wurzelsatz von Vieta
Wir normieren die quadratische Gleichung nun so, dass der Koezient beim Quadratglied eins wird.
z 2 + pz + q = 0
⇒
p
= −2 ±
z1,2
r p 2
2 −q
Dann gilt für die Lösungen:
(z − z1 ) · (z − z2 ) = z 2 −
z1 · z2
(z1 + z2 ) ·z +
| {z }
| {z }
p √ p √ p √ p √
− + ...
− − ...
− + ...−
2
2
2
2 − ...
= z 2 + pz + q
Ein Vergleich der Koezienten entsprechender
z -Potenzen
liefert den
Wurzelsatz von Vieta
Sind
z1 , z2
Lösungen einer quadratischen Gleichung
p = − (z1 + z2 ),
Beispiel 7.18:
2
z − 8z + 25 = 0
⇒
z1,2
= 8±
√
z 2 + pz + q = 0,
q = z1 · z2
64 − 100 = 4 ± 3j
2
Kontrolle mit Satz von Vieta:
z1 + z2 = (4 + 3j) + (4 − 3j) = 8 = −p
z1 · z2 = (4 + 3j) · (4 − 3j) = 25 = q
⇒
Zerlegung in (komplexe) Linearfaktoren:
p2 (z) = [z − (4 + 3j)] · [z − (4 − 3j)]
= z 2 − [(4 + 3j) · z + (4 − 3j) · z] + (4 + 3j) · (4 − 3j)
= z 2 − 8z + 25
3)
Abspalten von Linearfaktoren
Ist
z0
Lösung von
pn (z) = 0,
so gilt:
pn (z) = (z − z0 ) · qn−1 (z),
c
wobei
Grenzwert Verlag
q
vom Grad
(n − 1)
ist.
so gilt:
7.4
4)
Potenzen und Wurzeln komplexer Zahlen
23
Paarweises Auftreten von komplexen Nullstellen
Die folgende Aussage ist die Verallgeminerung von
Sind alle Koezienten
a0 , a1 , . . . , an
von
pn (z)
1 c) auf Polynome von Grad
n:
reell, so treten komplexe Nullstellen
stets als Paare konjugiert komplexer Zahlen auf.
Begründung:
Ist
z0
Lösung der Gleichung
pn (z) = 0,
d. h.
pn (z0 ) = an z0n + an−1 z0n−1 + . . . + a1 z0 + a0 = 0
so gilt auch
pn (z0∗ ) = an (z0∗ )n + an−1 (z0∗ )n−1 + . . . + a1 (z0∗ ) + a0
∗
= an (z0n )∗ + an−1 z0n−1 + . . . + a1 (z0 )∗ + a0
∗
= (an z0n )∗ + an−1 z0n−1 + . . . + (a1 z0 )∗ + (a0 )∗
= (pn (z0 ))∗ = 0∗ = 0
⇒
z0∗
⇒
Es können die beiden Linearfaktoren
ist ebenfalls Nullstelle.
(z − z0 ) und (z − z0∗ ) abgespalten werden
(Polynomdivision).
Behauptung:
Diese beiden Linearfaktoren ergeben ausmultipliziert stets ein qua-
dratisches Polynom mit
reellen Koezienten.
Begründung:
Es gilt
(z − z0 )(z − z0∗ ) = z 2 − z(z0 + z0∗ ) + z0 · z0∗
In Komponentendarstellung gilt für die Nullstellen:
Wegen
und
z0 = x0 + jy0 ,
z0∗ = x0 − jy0
z0 + z0∗ = (x0 + jy0 ) + (x0 − jy0 ) = 2x0 = 2Re (z0 )
z0 · z0∗ = (x0 + jy0 ) · (x0 − jy0 ) = x20 + y02 = |z0 |2
folgt:
(z − z0 )(z − z0∗ ) = z 2 − (z0 + z0∗ ) · z + z0 · z0∗ = z 2 − 2Re (z0 ) · z + |z|2
Somit besitzt dieses quadratische Polynom ebenfalls lauter reelle Koezienten.
c
Grenzwert Verlag
24
Aus
7
KOMPLEXE ZAHLEN
3) und 4) ergibt sich die folgende wichtige Aussage über die Zerlegung von Polyno-
men:
Jedes Polynom mit reellen Koezienten ist zerlegbar in Linearfaktoren und
quadratische Polynome mit reellen Koezienten.
Insbesondere kann jedes reelle Polynom in Faktor-Polynome zerlegt werden,
die höchstens vom Grad 2 sind.
Beispiel 7.19:
1)
Bestimme sämtliche Lösungen von
Raten:
2)
z1 = 1
⇒
Polynomdivision
⇒
z2 + 4 = 0
⇒
Faktorzerlegung
⇔
z 3 − z 2 + 4z − 4 : (z − 1) = (z 2 + 4)
√
z 2 = −4 ⇔ z2/3 = ± −4 = ±2j
z 3 − z 2 + 4z − 4 = (z − 1)(z − 2j)(z + 2j)
Bestimme sämtliche Lösungen von
Raten:
z 3 − z 2 + 4z − 4 = 0
z1 = j
⇒
⇒
Abspalten von
⇒
Polynomdivision:
⇒
z 2 − 4z + 5 = 0
z 4 − 4z 3 + 6z 2 − 4z + 5 = 0
z2 = z1∗ = −j
(z − j)(z + j) = z 2 + 1
z 4 − 4z 3 + 6z 2 − √
4z + 5 : (z 2 + 1) = (z 2 − 4z + 5)
− 20 = 2 ± j
⇔ z3/4 = 4 ± 16
2
Komplexe Faktorzerlegung:
z 4 − 4z 3 + 6z 2 − 4z + 5 = (z − z1 ) · (z − z2 ) · (z − z3 ) · (z − z4 )
= [(z − j) · (z + j)] · [(z − 2 − j) · (z − 2 + j)]
= (z 2 + 1) · (z 2 − 4z + 5)
Setzen wir speziell
z = x,
so erhalten wir die
reelle Faktorzerlegung
p(x) = x4 − 4x3 + 6x2 − 4x + 5 = (x2 + 1) · (x2 − 4x + 5)
Dies kann man durch Ausmultiplizieren sofort bestätigen.
c
Grenzwert Verlag
7.5
Anwendungen der komplexen Rechnung
7.5
25
Anwendungen der komplexen Rechnung
7.5.1
Harmonische Schwingungen
Betrachte die reelle Funktion
x = x(t) = A cos(ωt + ϕ)
Die Funktion
x(t)
(7.3)
beschreibt Schwingungsvorgänge wie z. B. mechanische Schwingungen
2
oder elektrische Schwingkreise .
x(t) = A cos (ωt + ϕ)
A
ϕ
−ω
t
T = 2π
ω
Die neben der Zeitvariablen
A:
t auftretenden Parameter A, ω und ϕ haben folgende Bedeutungen:
Amplitude (Maximalauslenkung) der Schwingung
> 0)
ω = 2πf = 2π
T
⇒
Winkel zur Zeit
ω:
Kreisfrequenz (ω
ϕ:
Nullphasenwinkel
Gilt
ϕ > 0,
t=0
(A
(x(0)
> 0)
= A cos ϕ)
so bedeutet dies, dass die durch (7.3) beschriebene harmonische Schwingung
der Funktion
cos (ωt)
um
ϕ
voraus eilt. Die zugehörige Kurve ist um
schoben. Entsprechend führt ein Phasenwinkel
ϕ<0
ϕ
ω
nach links ver-
zu einer nach rechts verschobenen
Kurve.
2 Harmonische Schwingungen lassen sich auch mittels der Sinusfunktion als Grundfunktion darstellen.
Durch eine Phasenverschiebung um
π
2
geht diese in die Cosinus-Darstellung über.
) = A cos (ωt + ϕ)
x(t) = A sin(ωt + ψ) = A cos(ωt + ψ − π
| {z 2}
ϕ
c
Grenzwert Verlag
26
7
KOMPLEXE ZAHLEN
Eine harmonische Schwingung lässt sich auch als Summe von reinen Cosinus- und Sinusfunktionen darstellen.
x(t) = a cos(ωt) + b sin(ωt)
Mit Hilfe der Additionstheoreme erhalten wir den Zusammenhang mit der Form (7.3):
!
x(t) = A cos (ωt + ϕ) = A [cos ϕ cos(ωt) − sin ϕ sin(ωt)] = a cos(ωt) + b sin(ωt)
a = A cos ϕ
⇒
bzw.
b = −A sin ϕ
√
a2 + b 2
tan ϕ = − ab
A
=
Bei der Bestimmung des Phasenwinkels ist wieder eine Quadrantenbetrachtung notwendig
(vgl. Seite 6). Der richtige Phasenwinkel ergibt sich dabei aus den Gleichungen für die
a
Koezienten
und
Beispiel 7.20:
A cos(ωt + ϕ)
b.
Stellen Sie die Schwingung
⇒
√
3 sin t
in der Form
dar
x(t) = a cos(ωt) + b sin(ωt)
⇒
x(t) = cos t −
A =
mit
√
a = 1, b = − 3
√
1 + 3 = 2,
√
tan ϕ = 13
π
4π
ϕ1 = π
3 , ϕ2 = 3 + π = 3
Nun gilt:
2 cos π
3 = 1√
= −2 sin π
3 = − 3
A cos ϕ1 =
−A sin ϕ1
Damit ist
ϕ1
2 cos 4π
= −1
3
√
4π
= −2 sin 3 = − 3
A cos ϕ2 =
−A sin ϕ2
der richtige Phasenwinkel und es gilt:
x(t) = cos t −
c
√
π
3 sin t = 2 cos ωt + 3
Grenzwert Verlag
7.5
Anwendungen der komplexen Rechnung
7.5.2
27
Zeigerdarstellung harmonischer Schwingungen
Viele Rechenoperationen mit harmonischen Schwingungen sind im Reellen unter Zuhilfenahme der Additionstheoreme für Sinus und Cosinus recht mühsam. Die Grundidee
der komplexen Darstellung einer harmonischen Schwingung besteht darin, an Stelle der
Amplitude
A
und des Phasenwinkels
ϕ
eine
komplexe Ersatzgröÿe einzuführen. Wir
denieren deshalb eine komplexwertige Funktion, deren Realteil die vorgegebene Schwingung darstellt.
1)
Darstellung der Cosinus-Schwingung
A cos(ωt)
Ausgehend von der komplexwertigen Funktion
z(t) = A e jωt
erhalten wir mit der
Eulerschen Formel
z(t) = A e jωt = A [cos ωt + j sin ωt]
⇒
x(t) = A cos ωt = Re {z(t)},
y(t) = A sin ωt = Im {z(t)}
Zur geometrischen Veranschaulichung der zeitlichen Veränderung von
komplexen Zahlenebene beachten wir, dass der Betrag
während der Winkel
z(t)
arg z(t) = ωt
auf einem Kreis mit Radius
A
pro Zeiteinheit um
z(t)
|z(t)| = A unverändert bleibt,
ω
wächst. Daher bewegt sich
um den Ursprung, wobei
ω
die Winkelgeschwin-
digkeit dieser Kreisbewegung angibt.
Die Funktion
spricht wegen
x(t) = A cos(ωt)
x(t) = Re {z(t)}
der Projektion von
z(t)
ent-
gerade
auf die reelle
Achse.
Entsprechend ergibt die Projektion auf
die imaginäre Achse die Funktionswerte
der Sinusfunktion:
Im {z(t)} = y(t) = A sin(ωt).
MATLAB zeig_mov(1,0)
c
Grenzwert Verlag
in der
6
........
................ ........................
........
.......
.
.
.
.
.
.....
....
.
.
....
.
.
...
.....
...
.
...
....
...
...
...
...
...
...
...
...
..
...
..
...
.
....
...
....
...
.
.
......
.
....
.......
.......
..........
........................................
-
28
7
Die Funktion
z(t) = Ae jωt
beschreibt einen
konstanter Winkelgeschwindigkeit
ω
KOMPLEXE ZAHLEN
komplexen Zeiger, der sich mit
um den Ursprung dreht. Die
Projektio-
nen dieser Bewegung auf die reelle bzw. imaginäre Achse ergeben die entsprechenden Cosinus- und Sinusfunktionen:
Re {z(t)} = A cos ωt,
2)
Im {z(t)} = A sin ωt
Darstellung der phasenverschobenen Cosinus-Schwingung
A cos(ωt + ϕ)
Wir betrachten die komplexwertige Funktion
z(t) = A e j(ωt+ϕ)
und erhalten wie
oben
z(t) = A e j(ωt+ϕ) = A[cos(ωt + ϕ) + j sin(ωt + ϕ)]
⇒
x(t) = A cos(ωt + ϕ) = Re {z(t)}
Zur geometrischen Deutung der durch
z(t)
plexen Ebene gehen wir aus von der Zahl
beschriebenen Bewegung in der kom-
a = A e jϕ .
Beim Übergang zu
w = a · e jα = Ae jϕ · e jα = A e j(ϕ+α)
bleibt der Betrag
A erhalten, während sich der Winkel um α vergröÿert. In der Zah-
lenebene erhalten wir
um den Winkel
w
also durch
Drehung von
a
um den Koordinatenursprung
α.
Entsprechend können wir
6
z(t) = A e j(ωt+ϕ) = A
e jϕ} ·e jωt = a · e jωt
| {z
a
als
Bewegung
a = A ejϕ
ω
der
komplexen
Zahl
mit der Winkelgeschwindigkeit
auf einem Kreis um den Ursprung mit
Radius
A
Die Zahl
deuten.
a wird dabei als komplexe Am-
plitude oder komplexer Zeiger der harmonischen Schwingung bezeichnet.
MATLAB zeig_mov(1,pi/3)
c
Grenzwert Verlag
..............................................
........
.......
.
.
.
.
.
.
.....
.....
....
......
....
...
....
...
...
...
...
...
...
...
...
..
.
...
...
...
...
..
.
....
..
....
...
.
.
......
.
.....
.......
.......
..........
..........................................
-
7.5
Anwendungen der komplexen Rechnung
Bei fester Kreisfrequenz
ω
ist die Information über Amplitude und Nullphase der
Schwingung in der komplexen Zahl
z(t)
a = z(0) = A e jϕ
x(t) = Re {z(t)}
Da nach Voraussetzung
von
29
enthalten.
gilt, ergibt sich
x(t)
wieder als Projektion
auf die reelle Achse. Somit erhalten wir die folgenden Aussagen:
Komplexe Zeiger-Darstellung von Schwingungsvorgängen
Die reelle harmonische Funktion
terung
z(t) = A e(ωt+ϕ)
ner Kreisfrequenz
A
ω
besitzen denselben Informationsgehalt. Bei vorgegebe-
wird eine harmonische Schwingung durch die Amplitude
und den Phasenwinkel
Die Funktion
x(t) = A cos(ωt+ϕ) und die komplexe Erwei-
ϕ
bestimmt.
x(t) = A cos(ωt + ϕ)
kann als
Zahlenebene mit der Winkelgeschwindigkeit
gers
a = z(0) = A · e
Der Übergang zum
jϕ
Realteil des in der komplexen
ω
rotierenden
komplexen Zei-
betrachtet werden.
Realteil entspricht geometrisch derProjektion auf die
reelle Achse.
Bemerkungen:
1)
In gleicher Weise kann die Sinus-Schwingung
y(t) = A sin(ωt + ϕ)
als
Imaginärteil von
z(t) = A·e j(ωt+ϕ) dargestellt werden. Geometrisch entspricht
dies der Projektion auf die
2)
imaginäre Achse.
Die Vorteile der komplexen Darstellung bestehen vor allem darin, dass die Rechengesetze für Exponentialfunktion meist einfacher sind, als die für trigonometrischen
Funktionen.
Beispiel 7.21:
1)
x(t) = 3 cos(2t − π
4)
π
π
−j 4
j2t
z(t) = 3e j(2t− 4 ) = |3e{z
⇒
} ·e
a
√
3
−j π4
wobei a = 3e
= 2 2 [1 − j]
x(t) = Re {z(t)}
MATLAB zeig_mov(3,-pi/4)
c
Grenzwert Verlag
30
2)
7
KOMPLEXE ZAHLEN
y(t) = 4 sin(ωt + π
3)
π
π
z(t) = 4e j(ωt+ 3 ) = |{z}
4e j 3 ·e jωt ⇒
ã
√ j π3
wobei ã = 4e
= 2 1+ 3
y(t) = Im {z(t)}
Alternative:
x(t) = 4 sin(ωt + π
) = 4 cos(ωt + π
−π
) = 4 cos(ωt − π
3
3
2
6)
π
π
−j 6
jωt
z(t) = 4e j(ωt− 6 ) = |4e{z
⇒ x(t) = Re {z(t)}
} ·e
a
√
−j π6
= 2 3−j
wobei a = 4e
MATLAB zeig_mov(4,-pi/6)
3)
x(t) = 3 cos(ωt + 0.8)
−0.8j
jωt
z(t) = 3 e j(ωt−0.8) = 3| e{z
} ·e
a
⇒
x(t) = Re {z(t)}
MATLAB zeig_mov(3,0.8)
Graphische Darstellung des Zusammenhangs zwischen
MATLAB
c
Grenzwert Verlag
z(t)
und
x(t)
mit Hilfe von
7.5
Anwendungen der komplexen Rechnung
7.5.3
31
Überlagerung von gleichfrequenten Schwingungen
Wir betrachten nun zwei harmonischen Schwingungen gleicher Frequenz
x1 (t) = A1 cos(ωt + ϕ1 ),
ω
x2 (t) = A2 cos(ωt + ϕ2 )
und wollen untersuchen, welche Art von Bewegung sich als Überlagerung dieser beiden
Vorgänge ergibt.
Aus der Physik wissen wir, dass sich diese Schwingungen ungestört additiv überlagern
(Superpositionsprinzip):
x(t) = x1 (t) + x2 (t).
Der Nachweis, dass sich für
x(t)
ebenfalls eine harmonische Schwingung der Frequenz
ω
ergibt, ist mit reeller Rechnung (Additionstheoreme, Koezientenvergleich) relativ mühsam. Zudem ist eine Verallgemeinerung auf den Fall der Überlagerung von mehr als 2
Schwingungen nur schwer möglich.
Das folgende Beispiel zeigt, wie
x(t)
mit Hilfe komplexer Rechnung einfacher bestimmt
werden kann. Dabei benutzen wir die im vorhergehenden Abschnitt eingeführte Darstellung harmonischer Schwingungen durch
Beispiel 7.22:
komplexe Zeiger.
Bestimmen Sie Amplitude und Phase der Schwingung, die sich als Über-
lagerung von
x1 (t) = 2 cos(ωt + π
4)
und
√
x2 (t) = 2 2 cos(ωt + π).
ergibt.
Betrachte zunächst die Summe der komplexen Ersatzgröÿen
π
√ jπ
√
z2 (t) = 2 2e j(ωt+π) = 2| {z
2e } ·e jωt
a2
π
2e j 4 ·e jωt ,
z1 (t) = 2e j(ωt+ 4 ) = |{z}
a1
⇒
⇒
√
π
z(t) = z1 (t) + z2 (t) = 2e j 4 + 2 2e jπ e jωt
√
√
√
√
√
2
2
= 2( 2 + j 2 ) + 2 2 · (−1) e jωt = (− 2 + j 2)e jωt
√
√
a = − 2 + j 2 = Ae jϕ
c
Grenzwert Verlag
32
mit
und
⇒
7
KOMPLEXE ZAHLEN
q √
√
A =
(− 2)2 + ( 2)2 = 2
√
+ π = 3π
ϕ = arctan √2 + ∆ = − π
4
4
− 2
3π
3π
z(t) = 2 e j 4 · e jωt = 2 e j(ωt+ 4 )
Nun gilt:
Re {z(t)} = Re {z1 (t) + z2 (t)} = Re {z1 (t)} + Re {z2 (t)} = x1 (t) + x2 (t)
⇒ x(t) = Re {z(t)} = 2 cos(ωt + 3π
4)
Allgemeiner Fall:
Wir betrachten nun den allgemeinen Fall der Überlagerung von zwei reellen harmonischen
Schwingungen gleicher Frequenz, aber unterschiedlicher Amplitude und Phase. Wie im
obigen Beispiel gehen wir dabei in 3 Schritten vor:
Schritt 1: Übergang zu komplexer Schwingungsdarstellung
x1 (t) = A1 cos(ωt + ϕ1 )
⇒
z1 (t) = A1 e j(ωt+ϕ1 ) = A1 e jϕ1 · e jωt = a1 e jωt
x2 (t) = A2 cos(ωt + ϕ2 )
⇒
z1 (t) = A2 e j(ωt+ϕ2 ) = A2 e jϕ2 · e jωt = a2 e jωt
Schritt 2: Addition in komplexer Darstellung
z(t) = z1 (t) + z2 (t) = (a1 + a2 ) e jωt = ae jωt
| {z }
a
a1 + a2 = a = A e jϕ
⇒
z(t) = A e jϕ · e jωt = A e j(ωt+ϕ)
Schritt 3: Rückkehr zu reeller Schwingungsdarstellung
⇒
x(t) = Re z(t) = A cos(ωt + ϕ)
Bemerkung:
Bei der Berechnung von Amplitude
ist der Zeitfaktor
e
jωt
A
und Phase
ohne Bedeutung.
A
und Argument der komplexen Amplitude
und
ϕ
ϕ
der resultierenden Schwingung
ergeben sich vielmehr direkt als Betrag
a = a1 + a2 .
Die Überlagerung der Schwingungen lässt sich somit einfach durch die
der zugehörigen komplexen Zeiger
c
x(t)
a1
und
a2
beschreiben.
Grenzwert Verlag
Summe
a = a1 +a2
7.5
Anwendungen der komplexen Rechnung
33
Hieraus ergibt sich neben der oben dargestellten rechnerischen Lösung zusätzlich die (einfachere) Möglichkeit, dieses Problem
geometrisch zu lösen. Wir demonstrieren dies an
den Schwingungen des vorhergehenden Beispiels.
Beispiel 7.23:
√
x2 (t) = 2 2 cos(ωt + π)
x1 (t) = 2 cos(ωt + π
4 ),
Im
√
π
a1 = 2ej 4 , a2 = 2 2ejπ
6
r
r
a = a1 + a2 = Ae jϕ
j
-
Re
3π
4
⇒
A = 2,
⇒
x(t) = 2 cos(ωt +
ϕ=
3π
)
4
1
Im
Fazit:
Die Addition von zwei harmoni-
6
schen Schwingungen entspricht der Addition der zugehörigen komplexen Zeiger. Dabei
kommt
dasselbe
Konstruktionsprinzip
wie
j
bei der Addition zweier ebener Vektoren zur
-
Anwendung.
1
Entsprechend kann natürlich auch bei der
Re
rechnerischen Lösung der Zeitfaktor
Schema ergibt:
unberücksichtigt bleiben, so dass sich das folgende
Reelle Zahlen
Komplexe Zahlen
x1 (t) = A1 cos(ωt + ϕ1 )
x2 (t) = A2 cos(ωt + ϕ2 )
⇒
a1 = A1 ejϕ1
a2 = A2 ejϕ2
⇓
x(t) = x1 (t) + x2 (t) = A cos(ωt + ϕ)
c
⇐
Grenzwert Verlag
a1 + a2 = a = A e jϕ
e jωt
34
7
KOMPLEXE ZAHLEN
Beispiel 7.24:
Bestimmen Sie zeichnerisch und rechnerisch Amplitude und Phase der Überlagerung von
x1 (t) = 2 cos(ωt − π
4)
a)
und
x2 (t) = 4 cos(ωt + π
3)
Zeichnung:
Im
6
j
-
Re
1
A≈4
ϕ ≈ 30o
b)
Rechnung:
√
√ √
√
a1 = 2e
= 2 22 − j 22 = 2 − j 2
√ √
1
j π3
a2 = 4e
= 4 2 + j 23 = 2 + j 2 2
√
√
a = a1 + a2 = ( 2 + 2) + j(2 3 − 2) = Ae jϕ
−j π4
mit
⇒
q√
√
A =
( 2 + 2)2 + (2 3 − 2)2 = 3, 98
√
ϕ = arctan 2√ 3 − 2 + 0 = 0, 54 (= 31o )
2+2
x(t) = x1 (t) + x2 (t) = 3, 98 cos(ωt + 0, 54)
MATLAB: zeigadd_mov_c(2,4,-pi/4,pi/3)
c
Grenzwert Verlag
7.5
Anwendungen der komplexen Rechnung
35
Graphische Gegenüberstellung von komplexer Zeiger-Addition und reeller SchwingungsÜberlagerung mit Hilfe von MATLAB
Bemerkung:
Die Überlegungen dieses Abschnitts gelten entsprechend für die Überlagerung von zwei
gleichfrequenten
Sinus-Funktionen
y1 (t) = A1 sin(ωt + ϕ1 )
und
y2 (t) = A2 sin(ωt + ϕ2 ).
In diesem Fall gehen wir bei der Wahl der komplexen Ersatzgröÿen von der Beziehung
y1 (t) = Im {z1 (t)}
und
y2 (t) = Im {z2 (t)}
aus und erhalten daher bei der Rückkehr zur
reellen Darstellung (Schritt 3)
y(t) = Im {z(t)} = A sin(ωt + ϕ).
Auf die geometrische Addition der komplexen Zeiger
a1
und
a2
Blickwinkels keine Auswirkung.
Wir demonstrieren dies an dem folgenden Anwendungsbeispiel.
c
Grenzwert Verlag
hat diese Änderung des
36
7
Beispiel 7.25:
KOMPLEXE ZAHLEN
Anwendungbeispiel: 3-Phasen-Wechselspannung
3
Die 3-Phasen Wechselspannung besteht aus drei um den Phasenwinkel
2π
gegeneinander
3
verschobenen harmonischen Schwingungen. Wählen wir die Sinus-Darstellung, so erhalten
wir:
U1 = U0 sin(ωt),
U2 = U0 sin(ωt +
2π
),
3
U3 = U0 sin(ωt +
4π
),
3
a)
Zeigen Sie, dass
b)
Welche Spannung (Amplitude und Phase) liegt zwischen den Phasen
U1 + U2 + U3 = 0
gilt.
U2
und
U1
an?
(Lösung zeichnerisch und rechnerisch!)
Lösung:
a)
U2
∼
=
∼
=
z2 (t) = U0 e
U3
∼
=
z3 (t) = U0 e(jωt+ 3 )
U1
z1 (t) = U0 ejωt
)
(jωt+ 2π
3
4π
⇔
a1 = U0
⇔
a2 = U0 e 3
⇔
a3 = U0 e 3
2π
2π
Im
Die Summe der drei harmonischen Schwingungen entspricht der Summe der komplexen
Zeiger
a2
a1 + a2 + a3
a1 + a2 + a3
= U0 1 + (cos 2π
+ j sin 2π
) + (cos 4π
+ j sin 4π
)
3
3
3
3
√ √ 3
1
1
= U0 1 + − 2 + j 2 + − 2 − j 23
a3
a2
120o
240o
a1
U0
a3
= 0
3 Die übliche Wechselspannung im Haushalt beträgt
≈ 230
Neutralleiter).
c
Grenzwert Verlag
V (Potentialdierenz einer Phase zum
Re
7.5
b)
Anwendungen der komplexen Rechnung
Die Spannung (Potentialdierenz) zwischen
der entsprechenden komplexen Zeiger
√ 1
= U0 − 2 + j 23 − U0
√
= 12 U0 j 3 − 3
37
R und S läÿt sich mit Hilfe der Dierenz
a1 = U0
und
2π
a2 = U 0 e 3
a2 − a1
√
√
|a2 − a1 | = 21 U0 3 + 9 = U0 3
√
tan ϕ
= −33 = − √1
3
5π
⇒
ϕ1 = − π
6 , ϕ2 = 6
⇒
⇒
√ 5π
a2 − a1 = U0 3 ej 6
√
R − S = U0 3 sin ωt +
c
5π
6
Grenzwert Verlag
bestimmen.
Im
a2 − a1
a2
120o
240o
a3
a1
U0
Re
38
7
7.5.4
KOMPLEXE ZAHLEN
Wechselstromkreise
Vorbemerkung:
Entsprechend der in der Elektrotechnik üblichen Konventionen führen wir folgende Regeln
für die Bezeichnung der in diesem Abschnitt auftretenden Wechselstromgröÿen ein:
•
Zeitunabhängige reelle Gröÿen werden mit Groÿbuchstaben bezeichnet.
•
Zeitabhängige reelle Gröÿen werden mit Kleinbuchstaben bezeichnet.
•
Komplexe Gröÿen werden durch Unterstreichung gekennzeichnet.
Ausgangspunkt unserer Überlegungen ist das
U = R·I
Ohmsche Gesetz für Gleichströme.
bzw.
R = U
I
(7.4)
d. h. Spannung und Stromstärke sind zueinander proportional.
Diese Beziehung gilt auch für Wechselstrom: Eine sinusförmige Wechselspannung erzeugt
in einem Stromkreis, der nur ohmsche Verbraucher enthält, einen sinusförmigen Wechselstrom gleicher Phase. Somit ist auch hier der Quotient zwischen Spannung und Stromstärke von der Zeit unabhängig.
u(t)
0 cos ωt
=U
I0 cos ωt = R =
i(t)
konstant
In Wechselstromkreisen gibt es allerdings darüber hinaus noch weitere Widerstandstypen:
Kondensatoren und Spulen.
Am Beispiel des Kondensators wollen wir uns klarmachen, dass hier Spannung und Stromstärke gegeneinander phasenverschoben sind.
Bei einem Stromkreis mit Spannungsquelle und Kondensator muss die Kondensatorspannung der angelegten Spannung entgegengesetzt gleich sein. Wird eine veränderliche Spannung angelegt, so muss den Kondensatorplatten fortwährend Ladung zu und abgeführt
werden, d.h. es ieÿt ein Strom.
c
Grenzwert Verlag
7.5
Anwendungen der komplexen Rechnung
39
u(t) = U0 cos ωt
P1
P4
P2
Die Spannung
dung
uC
t
P3
zwischen den Kondensatorplatten ist dabei stets proportional zur La-
qC .
uC ∼ qC
bzw.
qC = C · u C
Eine Veränderung der Spannung bewirkt eine Veränderung der Ladung auf den KondensatorPlatten und damit einen Ladungstransport. Die Veränderungsrate (Steigung) der Spannung ist am Punkt
P2
am gröÿten, in der Umgebung von
P1 , P 3
gleich Null. Dies hat zur
Folge, dass die Stromstärke an Nullstellen der Spannungsfunktion Extrema besitzt, während die Extrema der Spannung Nulldurchgänge bei der Stromstärke zur Konsequenz
haben.
Wenn wir die plausible Annahme machen, dass auch die Stromstärke eine harmonische
Schwingung darstellt, so müssen die beiden Funktionen
u(t) und i(t) eine Phasendierenz
π
von
haben. Dieser Sachverhalt soll noch mathematisch etwas präzisiert werden:
2
Da die Stromstärke
i(t)
der Veränderung der Ladung
i(t) =
dq
dt
Wird eine harmonische Schwingung der Form
sich für die Stromstärke
i(t)
q(t)
pro Zeiteinheit entspricht, gilt
= C du
dt
U0 cos ωt
als Spannung angelegt, so ergibt
die Beziehung:
π
i(t) = C · ddt [U0 cos ωt] = −ω C U0 sin ωt = U0 ω C cos ωt +
2
d. h. die Stromstärke eilt der Spannung um
c
π
2
voraus.
Grenzwert Verlag
40
7
KOMPLEXE ZAHLEN
Eine ähnliche Betrachtung des induktiven Widerstands einer Spule zeigt, dass dabei die
Stromstärke der Spannung um
π
2
nacheilt.
Betrachten wir allgemeine Widerstände in Wechselstromkreisen, mit ohmschen, induktiven und kapazitiven Anteilen, so ergibt sich im Allgemeinen eine Phasendierenz zwischen
Spannung und Stromstärke. Damit wird jedoch der reelle Quotient von Spannung und
Stromstärke abhängig von der Zeit!
u(t)
U0 cos ωt
cos ωt
0
=
= U
I0 · cos (ωt + α)
i(t)
I0 cos (ωt + α)
{z
}
|
zeitabhängig!
Betrachten wir jedoch wie im vorhergehenden Abschnitt komplexe Ersatzgröÿen für Spannung und Strom
u(t) = U0 cos ωt
⇒
u(t) = U0 e jωt
i(t) = I0 cos(ωt − ϕ)
⇒
i(t) = I0 e j(ωt−ϕ)
so ist das Verhältnis von Spannung und Stromstärke zeitunabhängig
u(t)
e jωt = U0 e jϕ = Z e jϕ = Z
= U0( jωt−ϕ)
0
I0
i(t)
I0 e
mit
0
|Z| = Z0 = U
I0 :
arg Z = ϕ:
Damit lässt sich das
Verhältnis der Scheitelwerte von Spannung und Strom
Phasendierenz zwischen Spannung und Strom
Ohmsche Gesetz (7.4) auf Wechselstromkreise übertragen:
Ohmsches Gesetz für Wechselstromkreise In Wechselstromkreisen gilt
das Ohmsche Gesetz in der Form
u = Z · i,
mit
u(t) = U0 e jωt
komplexe Spannung
i(t) = I0 e j(ωt−ϕ)
komplexe Stromstärke
Z = Z0 e
jϕ
komplexer Widerstand (Impedanz)
c
Grenzwert Verlag
(7.5)
7.5
Anwendungen der komplexen Rechnung
41
Bemerkung:
Die
Eektivwerte
I0 .
√
2
von Spannung und Strom sind gegeben durch
U0
Ue = √
2
bzw.
Ie =
Daher gilt auch
Ue
0
|R| = U
I0 = Ie
Verhältnis der Eektivwerte von Spannung und Strom.
Die Impedanz kann natürlich auch in
kartesischer Form dargestellt werden:
Z = R + jX
Im
6
Bezeichnungen:
Z = R + jX
t
-
Z0 = |Z|:
Scheinwiderstand (Impedanz)
R = Re Z :
Wirkwiderstand (Resistanz)
X = Im Z :
Blindwiderstand (Reaktanz)
Re
Bemerkung:
Alle in einem Wechselstromkreis erbrachte Leistung tritt am
Wirkwiderstand auf, der
mit dem Ohmschen (Gleichstrom-Widerstand des Verbrauchers übereinstimmt und daher
ebenfalls mit
R
bezeichnet wird. Bzgl. der Blindstromproblematik siehe Beispiel 7.5.4 .
Wir wollen im Folgenden die Eigenschaften der drei in Wechselstromkreisen auftretenden
Typen von Widerständen nochmals in einer Übersicht darstellen. Wir gehen dabei wieder
von der komplexen Darstellung von Spannung und Strom aus:
u(t) = U0 e jωt
1)
bzw.
i(t) = I0 e (jωt−ϕ)
Ohmscher Widerstand R
Am Ohmschen Widerstand ist stets die Stromstärke proportional zur Spannung.
i(t) ∼ u(t)
Damit gilt:
ZΩ =
u(t)
= Re j0
i(t)
⇒
Widerstand rein reell
⇒
keine Phasendierenz zwischen Spannung und Strom.
c
Grenzwert Verlag
42
2)
7
Kapazitiver Widerstand (Kondensator der Kapazität
KOMPLEXE ZAHLEN
C ):
Am Kondensator gilt bekanntlich:
Q(t) = C · u(t)
und somit
i(t) =
dQ
dt
= C · ddut
Entsprechend erhalten wir für die komplexen Ersatzgröÿen:
du
i(t) = C · dt = C · ddt U0 e jωt = j ωC U0 e jωt = j ωC u
Daher erhalten wir für den komplexen Widerstand:
π
u(t)
= jω1C = −j ω1C = ω1C e−j 2
u(t)
Z C = −j ω1C Widerstand rein imaginär mit negativem Imaginärteil
Blindwiderstand
XC = − ω1C
π
ϕ = arg Z C = − π
2 (Strom eilt der Spannung um 2 voraus)
ZC =
⇒
⇒
⇒
3)
Induktiver Widerstand (Spule der Induktivität
L):
Für diesen Fall ergibt sich aus dem Induktionsgesetz:
u(t) = L ddt i(t)
Entsprechend erhalten wir für die komplexen Ersatzgröÿen:
u(t) = L · ddt i(t) = L · ddt I0 e j(ωt+α) = jωL · I0 e j(ωt+α) = j ωL · i(t)
Somit erhalten wir für den induktiven Widerstand:
ZL =
π
u(t)
= jω L = ω L e j 2
i(t)
⇒
Z L = jωL
⇒
Blindwiderstand
⇒
ϕ = arg Z L = π
2
Widerstand rein imaginär mit positivem Imaginärteil
XL = ωL
(Strom läuft der Spannung um
π
2
nach)
Mit dem Ohmschen Gesetz für Wechselstromkreise (7.5) und der komplexen Denition
der Wechselstromwiderstände gemäÿ
1) - 3) können die elektrischen Gröÿen in Wechsel-
stromkreisen nach den aus der Gleichstromlehre bekannten Kirchoschen Gesetzen (Maschenregel, Knotenregel) berechnet werden.
c
Grenzwert Verlag
7.5
Anwendungen der komplexen Rechnung
43
Damit gilt insbesondere:
a)
Bei Reihenschaltung addieren sich die
Widerstände.
Z1
Z = Z1 + Z2
b)
Z2
Bei Parallelschaltung gilt:
1
1
1
Z = Z1 + Z2
⇔
Z1
Z1 · Z2
Z = Z +Z
1
2
Z2
Bemerkung:
Führt man wie in der Gleichstromlehre den Begri des komplexen Leitwerts
1 = 1 e−jϕ
Y = Z
|Z|
ein, so nehmen die obigen Regeln die folgende leicht merkbare Form an:
a)
Reihenschaltung:
b)
Parallelschaltung:
Beispiel 7.26:
Z = Z1 + Z2
Y = Y1+Y2
(Summe der Widerstände)
(Summe der Leitwerte)
Reihenschaltung von Spule, Kondensator und Ohmschem Widerstand
C
R
i(t)
L
u(t)
−j
Z = Z L + Z C + Z R = jω L + ω C + R = R + j ω L − ω1C
c
Grenzwert Verlag
44
7
Re Z = R
Wirkwiderstand:
Im Z = ω L − ω1C
r
Blindwiderstand:
Phasenverschiebung:
⇒
⇒
Z
R2 + ω L − ω1C
1
ωL−
ωC
ϕ = arctan
R
|Z| =
Scheinwiderstand:
R≥0
2
(=Impedanz)
liegt im 1. oder 4. Quadranten
kein Korrekturwinkel erforderlich, wenn
Beispiel 7.27:
KOMPLEXE ZAHLEN
π
ϕ im Bereich − π
2 ≤ϕ≤ 2
angegeben wird.
Zu bestimmen ist der komplexe Gesamtwiderstand der Schaltung
C
R
i(t)
L
u(t)
Es sei
Z1
⇒
⇒
der Gesamtwiderstand der Parallelkombination. Dann gilt:
1 = 1 + 1 = ZL + ZC
Z1
ZL ZC
ZL · ZC
j
L
jωL
·
(−
)
Z ·Z
ωL =
C
= −j 2 ωL
Z 1 = Z L+ ZC =
1
1
ω LC − 1
L
C
j(ωL −
j(ωL −
ωC
ωC
Z = Z R + Z 1 = R − j 2 ωL
ω LC − 1
c
Grenzwert Verlag
7.5
Anwendungen der komplexen Rechnung
Beispiel 7.28:
45
Blindstromkompensation oder warum ist bei einem Elektromotor
(induktiver und Ohmscher Widerstand) ein Kondensator parallel geschaltet?
R
i(t)
L
u(t)
Bei Gleichstrom ergibt sich die Leistung eines Verbrauchers aus dem Produkt von Spannung und Stromstärke. Bei Wechselströmen ist die zeitliche Veränderung und gegebenenfalls die Phasendierenz zwischen Spannung und Strom zu berücksichtigen, d. h. die
Leistung des Verbrauchers ergibt sich nicht einfach aus dem Produkt der Amplituden von
Spannung und Strom. Hier ist vielmehr der (zeitliche) Mittelwert aus dem Produkt der
Momentanwerte von Spannung und Strom zu betrachten.
Liegt an einem Wechselstromkreis mit dem Widerstand
Z = R + jX
die Spannung
u(t) = U0 cos(ωt)
an, so ieÿt der Strom
U0 = |Z = √R2 + X 2 ,
I0
tan ϕ = X
R
i(t) = I0 ej(ωt−ϕ)
bzw
cos ϕ = √
mit
R
+ X2
R2
Die dabei erbrachte Wirkleistung ergibt sich wie oben beschrieben zu
P = T1
ZT
U0 cos(ωt) · I0 cos(ωt − ϕ) dt
0
= UT0 I0
ZT
cos ωt · [cos ϕ cos ωt + sin ϕ sin ωt] dt
0
= U0 I0
n
cos ϕ · T1
|
ZT
0
cos ωt dt + sin ϕ · T1
{z
}
|
1
=2
2
= U0 I0 cos ϕ · 21 = Ue Ie cos ϕ
c
Grenzwert Verlag
ZT
cos(ωt) · sin ωt dt
0
{z
=0
}
o
46
7
Die Phasenverschiebung um
um den Faktor
ϕ
reduziert also die am Verbraucher erbrachte Wirkleistung
cos ϕ
Bei vorgegebener Spannung und Leistung ieÿt bei kleinem
ϕ)
KOMPLEXE ZAHLEN
cos ϕ
(d. h. groÿem Winkel
ein groÿer Strom, wobei nur ein kleiner Teil für die Wirkleistung relevant ist. Groÿe
Ströme führen jedoch bei den Zuleitungen etc. zu Verlusten, und deshalb versucht man
durch einen zweiten Blindwiderstand einen Kondensator den Imaginärteil des Gesamtwiderstands (Blindwiderstand) möglichst klein zu machen.
C
R
i(t)
L
u(t)
Die Kapazität des parallel geschalteten Kondensators ist nun zu so wählen, das der Imaginärteil des Gesamtwiderstandes minimal wird. Für den Gesamtwiderstand der obigen
Schaltung gilt:
Z ·Z
Z = Z 1+ Z2
1
2
⇒
Z 1 = R + jωL,
mit
Z =
=
=
⇒
Z =
und
1
Z 2 = jωC
1
(R + jωL) · jωC
R + jωL
=
1
RjωC
− ω 2 LC + 1
(R + jωL) + jωC
(R + jωL) · [(1 − ω 2 LC) − RjωC]
R + jωL
=
1 − ω 2 LC + jωRC
(1 − ω 2 LC)2 + R2 ω 2 C 2
R − ω 2 LCR + ω 2 LCR + j[ωL(1 − ω 2 LC) − ωR2 C]
(1 − ω 2 LC)2 + R2 ω 2 C 2
R + j[ωL(1 − ω 2 LC) − ωR2 C]
(1 − ω 2 LC)2 + R2 ω 2 C 2
c
Grenzwert Verlag
7.5
Anwendungen der komplexen Rechnung
Wir bestimmen nun
C
47
so, dass der Blindwiderstand
X = Im {Z}
zu Null wird:
!
ω · [L(1 − ω 2 LC) − R2 C] = ω · [L − C(ω 2 L + R2 )] = 0
⇒
C = C0 =
L
R + ω 2 L2
2
damit ergibt sich den komplexen Gesamtwiderstand
Z:
R
Z =
2
(1 − ω LC)2 + ω 2 R2 C 2
Für den Nenner
N
C = C0
erhalten wir:
N =
1 − ω2L
L
R2 + ω 2 L2
R2
2
R + ω 2 L2
R2
=
2
R + ω 2 L2
=
2
+
2
+ R2 ω 2
L
R 2 + ω 2 L2
R2 (R2 + ω 2 L2 )
ω 2 R 2 L2
=
(R2 + ω 2 L2 )2
(R2 + ω 2 L2 )2
Damit ergibt sich schlieÿlich der (rein reelle) Gesamtwiderstand:
Hier gilt:
ϕ=0
⇒
cos ϕ = 1
⇒
2
2
2 2
Z = R +Rω L
optimale Blindstrom-Kompensation
Zahlenbeispiel für einen 2000 Watt-Motor4 :
U0 = 230V ,
R = 10Ω,
benötigte Kapazität:
Gesamtwiderstand:
L = 40mH ,
C=
Z=
ω = 100 π
L
0.04
= 2
≈ 0.000155 [F]
R2 + (ωL)2
10 + (100 · π · 0.04)2
R2 + (ωL)2
102 + (100 · π · 0.04)2
=
≈ 25.79 . . . [Ω]
10
R
Amplitude der Stromstärke des Gesamtstroms:
Leistungsaufnahme:
230 = 8.92[A]
Ig = U0 = 25.79
...
|Z|
P = U0 · Ig = 230 · 8.92 ≈ 2051[VA]
blindstrom_var(10,0.04,100*pi,230)
4 Bei Leuchtstoröhren ndet eine analoge Blindstromkompensation statt.
c
Grenzwert Verlag
48
7
c
Grenzwert Verlag
KOMPLEXE ZAHLEN
7.5
Anwendungen der komplexen Rechnung
Wir fassen die Ergebnisse dieses Abschnitts nochmals zusammen:
Zusammenfassung:
In Wechselstromkreisen mit Ohmschen Widerständen,
Kapazitäten und Induktivitäten (RCL-Netzwerken) gilt bei komplexer Darstellung von Spannung und Strom
u(t) = U0 e j(ωt+ϕu ) ,
das
Ohmsche Gesetz in der Form
Z = Z0 e jϕ = R + j X
u = Z · i,
Die komplexe Zahl
als
i(t) = I0 e j(ωt+ϕi )
Z
entspricht dem Wechselstromwiderstand und wird auch
Impedanz bezeichnet.
Die Impedanzen der einzelnen Schaltelemente sind gegeben durch
Ohmscher Widerstand
Kapazität
C:
Induktivität
L:
R:
ZR = R
Z C = j ω1C
ZL = j ω L
c
Grenzwert Verlag
49
50
7.6
7.6.1
7
KOMPLEXE ZAHLEN
Komplexe Ortskurven
Physikalische Beispiele
In der Wechselstrom- und Regelungstechnik treten häug Gröÿen auf, die noch von einem
reellen Parameter z. B. der Frequenz abhängen. Solche Abhängigkeiten lassen sich als
sogenannte Ortskurven in der komplexen Zahlenebene darstellen. Im Folgenden wollen wir
bei Wechselstromkreisen den Zusammenhang zwischen Frequenz und Widerstand bzw.
Leitwert untersuchen.
Wechselstromkreis mit ohmschem und induktivem Widerstand (Reihenschaltung)
R
i(t)
L
u(t)
Bei festen Werten für den Ohmschen Widerstand
RΩ
und die Induktivität
L
ergibt sich
für den komplexen Widerstand die folgende Abhängigkeit:
Z(ω) = R + jωL
Im
6
Jedem Wert der Kreisfrequenz
ω
ent-
spricht ein komplexer Widerstandszeiger, der sich in der komplexen Zahlenebene darstellen lässt. Variert man
0
bis
∞,
so durchläuft
auf der Halbgeraden
Z(ω)
ω
von
j
die Punkte
-
x = R.
1
Re
R
Wechselstromkreis mit ohmschem und kapazitivem Widerstand (Parallelschaltung)
c
Grenzwert Verlag
7.6
Komplexe Ortskurven
51
R
i(t)
u(t)
C
Bei festen Werten für den ohmschen Widerstand
R
und die Kapazität
C
ergibt sich für
den komplexen Widerstand die folgende Abhängigkeit:
1
1 + jωC = 1 + jωRC
= R
R
Z(ω)
⇒
R
Z(ω) = 1 + jωRC
Durchläuft die Kreisfrequenz sämtliche Werte von
0
bis
∞,
so bewegt sich der komplexe
Widerstandszeiger auf einer Kurve. Durch eine geeignete Umformung wollen wir die Natur
dieser Ortskurve deutlich machen.
R
Z(ω) = 1 + jωRC
h
i
1 + jωRC
1
= R 21 + 1 + jωRC
− 12 · 1 + jωRC
h
i
1 − jωRC
= R 21 + 12 · 1 + jωRC
1 − ω 2 R2 C 2 − j2ωRC
1
1
= R 2 + 2·
1 + ω 2 R2 C 2
(?)
(??)
Der Quotient einer komplexen Zahl durch die zugehörige konjugiert komplexe Zahl hat
stets den Betrag 1. Aus der Darstellung
(?) erkennt man
daher leicht, dass für alle
ω
gilt:
1 − jωRC 1 + jωRC = 1
Damit können wir die Ortskurve geometrisch beschreiben: Ausgehend von dem Punkt
auf der reellen Achse wird eine komplexe Zahl der Länge
R
2
abgetragen. Aus
R
2
(??) erkennt
man, dass nur negative Imaginärteile auftreten können. Damit bewegt sich der komplexe
R
2
Z(ω)
Widerstanszeiger auf dem unteren Halbkreis mit Radius
ω=0
ergibt sich der Punkt
(R|0).
c
Für
ω→∞
strebt
Grenzwert Verlag
und Mittelpunkt
(R
2 |0).
gegen den Nullpunkt.
Für
52
7
Im
KOMPLEXE ZAHLEN
6
jR
2
R
2
R
t
Re
Bei Parallelschaltung eines ohmschen und induktiven Widerstands erhält man den oberen
Halbkreis als Ortskurve des Widerstandszeigers.
Eine analoge Ortkurve ergibt sich, wenn man beim Eingangsbeispiel (Reihenschaltung
von ohmschem und induktivem Widerstand) zum Leitwert übergeht.
Y (ω) =
1
= R +1jωL
Z(ω)
1 ·
1
= R
1 + j ωL
R
"
#
ωL
1
+
j
1 1 +
1
R
= R
− 12 ·
2
ωL
ωL
1+j R
1+j R
"
#
ωL
1 1 + 1 · 1−j R
= R
2
2 1 + j ωL
R
Der Leitwertzeiger bewegt sich auf einem Kreis mit Radius
c
Grenzwert Verlag
1
und Mittelpunkt
2R
1
( 2R
|0).
7.6
Komplexe Ortskurven
Im
53
6
1
2R
1
R
t
Re
Beispiel 7.29: Schwingkreis mit ohmschem, kapazitivem und induktivem Widerstand
(Reihenschaltung).
C
R
i(t)
L
u(t)
U0 ejωt = U0 ejα
1 = R + j ωL − 1
Z(ω) = R + jωL + jωC
=
ωC
I0
I0 ej(ωt−α)
U0
i0 = s
2
1
2
R + ωL −
ωC
Resonanzfrequenz :
0 = ω0 L − ω 1C
0
Durchläuft die Kreisfrequebz
ω
den Bereich
c
;
⇒
1
ωL −
ωC
tan α =
R
ω0 =
0 < ω < ∞,
Grenzwert Verlag
q
1
LC
so bewegt sich der Widerstands-
54
7
zeiger auf der zur Imaginärachse parallelen Geraden
Geraden gibt es genau eine passende Frequenz
x = R.
ω ≥ 0.
auf einem Kreis durch den Nullpunkt und Mittelpunkt
KOMPLEXE ZAHLEN
Zu jedem Punkt auf dieser
Die zugehörigen Leitwerte liegen
M ( 2R1Ω |0) auf der positiven reellen
Achse.
Von technischem Interesse sind die Ausdrücke

1
 ωL − ωC 
α = arctan 
 .
R

I0
1
s
2 ,
U0 =
1
R2 + ωL −
ωC
Diesen Zusammenhang nennt man Amplituden- bzw. Phasenfrequenzgang.
MATLAB schwingkreis
Für kompliziertere Wechselstromkreise fallen die zugehörigen Ortskurven für den Widerstandszeiger entprechend komplizierter aus.
c
Grenzwert Verlag
7.6
Komplexe Ortskurven
55
C2
L2
R2
C1
L1
i(t)
R1
u(t)
Mit den nachfolgenden Konstanten ergibt sich eine interessante Ortskurve.
R1
R2
C1
C2
L1
L2
20 Ω 50 Ω 200 µF 100 µF 400 mH 500 mH
c
Grenzwert Verlag
56
7
7.6.2
KOMPLEXE ZAHLEN
Parameterdarstellungen von Kurven im Komplexen
Wir betrachten nun komplexwertige Funktionen, die von einer reellen Variablen meist
t
genannt abhängen.
z = z(t) ,
mit
z∈C
t ∈ IR
und
wobei
ta ≤ t ≤ tb
Im
Stellt man
z(t) in der Komponen-
tenform dar, so erhält man:
z(t)
z(t) = x(t) + jy(t)
wobei
x(t)
und
y(t)
z(t2 )
z(t1 )
zwei reel-
le Funktionen einer reellen Varia-
z(t3 )
blen sind.
Re
Gerade
Im
ejϕ
ϕ
z(t) = z0 + t · ejϕ
g
Durchläuft der Parameter
t sämt-
liche reelle Zahlen, so bewegt sich
z0
j
der Zeiger
Geraden.
Re
1
Kreis
c
Grenzwert Verlag
z(t)
auf der gesamten
7.6
Komplexe Ortskurven
57
Im
rejt
z(t) = z0 + r · ejt
t
Durchläuft der Parameter
r
Bereich
z0
0 ≤ t < 2 · π,
sich der Zeiger
t
den
so bewegt
z(t) auf dem Kreis.
Re
Ellipse um Ursprung
z(t) = r1 · ejt + r2 · e−jt = (r1 + r2 ) cos t + (r1 − r2 ) sin t ,
| {z }
| {z }
a
b
r1 6= r2
Im
Durchläuft der Parameter
z(t)
Bereich
b
0 ≤ t < 2 · π,
sich der Zeiger
ϕ
z(t)
t
so bewegt
auf der skiz-
zierten Ellipse.
Re
a
Dabei ist zu beachten, dass der
Parameter
t
nicht mit dem ein-
gezeichneten Winkel
ϕ
überein-
stimmt.
Hyperbel um Ursprung
z(t) =
den
a + bj t a − bj −t
et + e−t +b · et − e−t
·
e
+
·
e
=
a
·
2
2
2 }
2 }
| {z
| {z
= cosh t
= sinh t
c
Grenzwert Verlag
58
7
KOMPLEXE ZAHLEN
Im
t
Durchläuft der Parameter
Bereich
−∞ < t < ∞,
sich der Zeiger
z(t)
b
so bewegt
auf der skiz-
zierten Hyperbel.
ϕ
Re
a
z(t)
den
Wieder
stimmt
der
Winkel
nicht mit dem Parameter
t
ϕ
über-
ein. Weiter ist zu beachten, dass
dabei nur der rechte Ast dargestellt wird
( a > 0).
Logarithmische Spirale
Im
z(t) = r · e(a+jb)t
Durchläuft der Parameter
Bereich
z(t)
−∞ ≤ t < ∞,
wegt sich der Zeiger
t
Re
z(t)
skizzierten Spirale. Für
t
den
so beauf der
t → −∞
kommt die Spirale dem Koordinatenursprung beliebig nahe. Wählt
man
b = 1,
meter
t
mit dem skizzierten Win-
kel überein.
c
Grenzwert Verlag
so stimmt der Para-
7.7
Komplexe Funktionen einer komplexen Variablen
7.7
59
Komplexe Funktionen einer komplexen Variablen
Bei der Diskussion von komplexem Widerstand und Leitwert stieÿen wir auf gewisse innere Zusammenhänge zwischen den Ortskurven von Widerstand und Leitwert. Lagen z.
B. die Widerstandszeiger alle auf einer Geraden, so durchliefen die komplexen Zeiger des
Leitwerts stets einen Kreis. Diese Beobachtung soll nun in einen allgemeineren Zusammenhang gestellt werden.
Wir betrachten nun komplexwertige Funktionen bei denen auch die unabhängige Variable
komplex ist.
z ∈ Df ⊂ C,
w = f (z);
w ∈ Wf ⊂ C
Wählen wir die Komponentendarstellung, so gilt mit
z = x + jy
und
w = u + jv
der
Zusammenhang:
w = f (z) = u(x, y) + jv(x, y)
Solche funktionale Zusammenhänge lassen sich nicht in einer Ebene oder in dreidimensionalen Anschauungsraum darstellen. Da sowohl Denitions- als auch Bildbereich die
Dimension zwei hat, wäre zur Veranschaulichung ein vierdimensionaler Raum notwendig.
Um wenigstens eine gewisse Visualisierung zu erzielen legen wir zwei komplexe Zahlenebenen gekennzeichnet als
Funktion
w = f (z)
y
z-
und
w-Ebene
nebeneinander. Zu Veranschaulichung der
markiert man zugeordnete Punkte in den beiden komplexen Ebenen:
z -Ebene
z1
v
w-Ebene
w = f (z)
z2
x
w1
u
w3
z3
7.8
7.8.1
w2
Lineare Abbildungen
Ganze lineare Funktionen
w = az + b
Bei der Funktion
w = f (z) = az + b
bewirkt die Multiplikation mit
Streckungsfaktor
r;
a = r · ejϕ
die Addition von
c
b
a, b ∈ C,
eine
konstant
Drehstreckung mit Drehwinkel
bedeutet eine
Grenzwert Verlag
ϕ
Translation (Verschiebung).
und
60
7
Beispiel 7.30:
KOMPLEXE ZAHLEN
w = f (z) = (2 + j)z + (2 − j)
a = 2 + j = r · ejϕ ⇒
ϕa = arctan 12 ≈ 0, 46 (≈ 26, 6◦ )
√
mit Faktor ra =
5
Drehung um
Streckung
b = 12 − j
Spezielle Punkte:
⇒
Translation um
(2 − j)
z1 = 0 → w1 = 2 − j
z3 = 1 + j → w3 = 3 + 2j
z2 = 1 → w2 = 4
z4 = j → w4 = 1 + j
Die Abbildung besitzt einen Fixpunkt.
z0 = (2 + j)z0 + (2 − j)
⇒
−1 + 3j
2
z0 =
v
z0 y
w3
w0
z3
w4
w = f (z)
z4
w2
z1
z2
x
u
w1
7.8.2
Abbildung durch die Funktion
w = z1
Diese Abbildung stellt den Zusammenhang zwischen komplexem Widerstand und Leitwert
aus dem vorangegangenen Abschnitt dar.
Die Eigenschaften der Funktion
und
w
f (z) = z1
erkennt man am besten bei Darstellung von
in Exponentialform;
z = rz · ejϕz
⇒
w = rw · ejϕw =
1 −jϕz
e
rz
Die Abbildung erfolgt in 2 Schritten:
1. Schritt:
rw = r1z
...
Spiegelung
am Einheitskreis
2. Schritt:
ϕw = −ϕz
...
Spiegelung
an der reellen Achse
c
Grenzwert Verlag
z
7.8
Lineare Abbildungen
61
Im
B2
z
z0
Re
w
B1
Einheitskreis
Schritt 1: Spiegelung am Einheitskreis
z → z0 =
Vom Punkt
z
1 jϕ
· e = w∗
rz
aus werden die beiden Tangentialpunkte
Hilfe des Thaleskreises über der Strecke
Oz
Die Punkte
O, Bi z
auf dem Einheitskreis mit
konstruiert. Der gespiegelte Punkt
sich als ergibt sich als Schnitt der Verbindungsgeraden
Oz .
B1 , B2
B1 B2
z0
ergibt
mit der Ursprungsgeraden
ergeben ein rechtwinkliges Dreieck. Der Kathedensatz liefert die
Rechtfertigung für die Spiegelung .
Obigem Bild entnimmt man leicht die folgenden Eigenschaften der Spiegelung am Einheitskreis:
z0
• z
und
• z
auÿerhalb Einheitskreis
→ z0
innerhalb Einheitskreis
z
innerhalb Einheitskreis
→ z0
auÿerhalb Einheitskreis
auf einem gemeinsamen Ursprungsstrahl
c
Grenzwert Verlag
62
7
KOMPLEXE ZAHLEN
• (z 0 )0 = z
•
alle Punkte des Einheitskreises sind Fixpunkte der Abbildung
z = ∞ → z0 = 0 5
• z = 0 → z 0 = ∞;
2. Teilabbildung: Übergang zum konjugiert komplexen Wert
(z 0 )∗ = w
durch Spiegelung
an der reellen Achse.
Die Gesamtabbildung läÿt sich durch die skizzierte Gebietszuordnung veranschaulichen:
y
v
6
2
1
3
4
3
x
7
(
w = z1
5
8
4
7
8
6
5
u
2
1
auÿerhalb des Einheitskreises
←→
innerhalb des Einheitskreises
oberhalb der reellen Achse
←→
unterhalb der reellen Achse
Die Fixpunkte der Gesamtabbildung sind
Die Abbildung
w = z1
ist
)
z1,2 = ±1.
kreistreu, d.h. {Kreise in z -Ebene}
Dabei werden Geraden als Kreise mit Radius
∞
→ {Kreise in w -Ebene}.
oder Kreise durch
∞
interpretiert.
Beweisskizze:


z = x + jy,
w = u + jv
⇒ x = 2 u 2,
1
1
u
v

u +v
z = w = u + jv = 2
−j 2
u + v2
u + v2
y=−
5 Bei Abbildungen der komplexen Ebene bewährt sich die Einführung des Punktes
Ursprungs unter der Abbildung
w=
1
z.
c
Grenzwert Verlag
v
u2 + v 2
∞
als Bild des
7.8
Lineare Abbildungen
63
Einsetzen in die allgemeine Kreisgleichung der
z -Ebene
a(x2 + y 2 ) + bx + cy + d = 0
ergibt nach kurzer Rechnung die allgemeine Kreisgleichung der
w-Ebene:
d(u2 + v 2 ) + bu − cv + a = 0
Sonderfälle:
bx + cy = 0
−→
bu − cv = 0
d.h. Ursprungsgerade
−→
Ursprungsgerade
a = 0, d 6= 0:
Gerade nicht durch 0
−→
Kreis durch 0
a 6= 0, d = 0:
Kreis durch 0
−→
Gerade nicht durch 0
a 6= 0, d 6= 0:
Kreis nicht durch 0
−→
Kreis nicht durch 0
a = 0, d = 0
Die Abbildung
w = z1
ist
winkeltreu (konform), d.h. Schnittwinkel zwischen Kurven
bleiben bei der Abbildung unverändert.
7.8.3
6
Abbildung durch gebrochen lineare Funktionen
Die gebrochen lineare Funktion
w=
az + b
cz + d
a, b, c, d ∈ C,
konstant
läÿt sich durch Polynomdivision umformen in
w=
1
a bc − ad
+
·
c
c
cz + d
Man kann die zugehörige Abbildung in zwei ganze lineare Abbildungen und die Abbildung
1
zulegen:
z
w(1) = cz + d
1
w(2) =
w(1)
bc − ad
a
w = w(3) =
· w(2) +
c
c
Beim Hintereinanderausführen der drei Teilabbildungen bleiben die Eigenschaften Kreistreue
und Winkeltreue erhalten.
6 Die Winkeltreue ndet sich bei vielen komplexen Abbildungen. So ist z. B. jede im komplexen Sinne
dierenzierbare Funktion winkeltreu.
c
Grenzwert Verlag
64
7
Die gebrochen lineare Abbildung
Beispiel 7.31:
w = az + b
cz + d
z+j
w = f (z) = 1 + jz
kreis- und winkeltreu.
ist
z
1
j
-1
-j
0
w
1
∞
-1
0
j
y
KOMPLEXE ZAHLEN
v
w = f (z)
x
u
Einheitskreis
−→
reelle Achse
Inneres des Einheitskreises
−→
obere Halbebene
7.9
Spezielle Abbildungen
In diesem Abschnitt wollen wir einige elementare Funktionen, deren Denition und Eigenschaften uns aus dem Reellen bekannt sind, in einen allgemeineren komplexen Zusammenhang stellen. Viele bekannte Eigenschaften reeller Funktionen lassen sich nur im
Zusammenhang mit ihrer komplexen Erweiterung sinnvoll deuten.
7.9.1
Potenzfunktionen
Beispiel 7.32:
w = zn
w = f (z) = z 2
In Polarkoordinatendarstellung erhalten wir den Zusammenhang:
w = rejϕ
2
= r2 · ej2ϕ
Der Radius - Abstand zum Nullpunkt - wird quadriert, der Winkel wird verdoppelt.
Durchläuft nun
z
rejϕ , 0 < ϕ < π ,
alle Punkte des in der oberen Halbebene gelegenen Halbkreises
so durchläuft
w
einen Vollkreis mit dem Radius
ρ = r2 .
ven entsprechen sich umkehrbar eindeutig. Allerdings kommt dabei in der
Beide Kur-
w-Ebene
der
r
alle
Schnittpunkt des Kreises mit der positiven reellen Achse nicht vor. Lässt man nun
c
Grenzwert Verlag
z =
7.9
Spezielle Abbildungen
Werte
0<r<∞
65
durchlaufen, so durchläuft auch
die obere komplexe Zahlenebene
ρ = r2
alle diese Werte. Damit wird
{z = x + jy, y > 0} durch w = z 2
auf die ganze
w-Ebene
abgebildet. Der fehlende Rand der Halbebene entspricht dabei der positiven reellen Achse
in der
w-Ebene.
Ebenso erkennt man, dass die untere komplexe Zahlenebene
auf die gesamte
w-Ebene
{z = x + jy, y < 0} ebenfalls
abgebildet wird.
v
z -Ebene
w1 -Ebene
y
r
w = z2
ϕ
r2
2ϕ
x
u
v
z -Ebene
w2 -Ebene
y
w = z2
r2
2ϕ
x
ϕ
u
r
Die gesamte
w-Ebene
z -Ebene
wird also in leicht übersehbarer Weise auf die doppelt bedeckte
abgebildet, d. h. jedem
zwei (entgengesetzt gleiche)
doppelte Belegung der
erhaltenen
w-Ebene
w-Ebenen
z
z
entspricht genau ein
w,
aber jedes
w
angenommen mit Ausnahme des Wertes
w-Ebene
wird für genau
z = 0!
Um diese
anschaulicher zu übersehen, denkt man sich die beiden
längs der positiven reellen Achse aufgeschnittenen Exemplare der
übereinandergelegt. Heftet man die beiden Nullpunkte zusammen und fügt die
beiden Blätter über Kreuz aneinander, so erhält man ein Gebilde, das man als die
Riemannsche Fläche der Funktion
w = z2
bezeichnet. Dabei wird der obere Rand jedes
Blattes mit dem unteren Rand des anderen Blattes verbunden. Damit haben wir einen in
c
Grenzwert Verlag
66
7
KOMPLEXE ZAHLEN
beiden Richtungen eindeutigen Zusammenhang zwischen den Punkten der
z -Ebene
und
der oben beschriebenen Riemannschen Fläche erhalten.
Benutzen wir kartesische Koordinaten, so ergeben sich zusätzliche Einblicke in diese Abbildung.
u = x2 − y 2
w = u + jv = (x + jy)2 = x2 − y 2 + 2xyj
bzw.
Wir wollen nun die Bilder der Geradenschar
y = c, c > 0
u = x2 − c2 , v = 2xc
⇒
⇒
v = 2xy
bestimmen.
v
x = 2c
2
u = v 2 − c2
4c
D. h. die Bilder sind Parabeln, die sich in Richtung der positiven reellen Achse önen.
Alle Parabeln besitzen den Koordinatenursprung als Brennpunkt.
v
z -Ebene
w1 -Ebene
y
w = z2
x
Für die Geradenschar
x=c
u = c2 − y 2 , v = 2xyc
⇒
u
erhalten wir ebenfalls Parabeln.
⇒
v
y = 2c
c
Grenzwert Verlag
2
u = c2 − v 2
4c
7.9
Spezielle Abbildungen
67
v
z -Ebene
w1 -Ebene
y
w = z2
x
u
Dabei ergeben die beiden Halbgeraden
x = c , x = −c y > 0
jeweils eine Hälfte des
Parabelbogens.
Bei dieser Abbildung bleiben die Schnittwinkel der Kurven erhalten, d. h. die Bilder der
orthogonalen Geraden ergeben wieder Kurven, deren Tangenten sich im rechten Winkel
schneiden. Ausgenommen ist der Nullpunkt: hier wird der Winkel verdoppelt.
Abbildungen der Bauart
w = zn , n ∈
genauso leicht zu studieren wie im Falle
IN sind bei Benutzung von Polarkoordinaten
n = 2.
An Stelle der Halbebene hat man einen
2π
Winkelraum mit der Önung
, der dann auf eine
n
sich als Bild der
z -Ebene
Es gilt: Zu vorgebenem
eine
w 6= 0
n-fach
überdeckte
n
gibt es genau
z -Werte
eines regelmäÿigen
7.9.2
w-Ebene.
verschiedene Werte
zn = w
Sämtliche
w-Ebene abgebildet wird. Damit ergibt
z,
so dass
gilt.
liegen auf einem Kreis um den Nullpunkt und bilden dort die Ecken
n-Ecks.
Abbildung
w=
Jeden dieser Werte nennt man eine
1
2
n-te
Wurzel von
w.
z + z1
Um einen ersten Überblick über die Abbildung
h
i
1
1
w= 2 z+z
zu bekommen, bestimmen wir zu vorgebenem
h
i
w = 12 z + z1
2wz = z 2 + 1
0 = z 2 − 2wz + 1

| · 2z 





c
⇒
w
z1,2
die Urbilder.
√
2w
±
4w2 − 4 = w ± √w2 − 1
=
2
Grenzwert Verlag
68
7
KOMPLEXE ZAHLEN
Nach dem Wurzelsatz von Vieta ergibt das Produkt der beiden Lösungen
z1 , z2
das
Absolutglied 1.
z1 · z2 = 1
D. h. die beiden Lösungen gehen durch die gebrochen lineare Abbildung
z1 = z12
ineinander über. Somit liegt für jedes
w
ein Urbild innerhalb und auÿerhalb des Einheits-
kreises.
Stellt man die Variable
z
mittels Polarkoordinaten dar, so erhalten wir:
h
i
w = u + jv = 21 z + z1
i
h
1
1
jϕ
= 2 re + jϕ
re i
h
= 21 rejϕ + 1r e−jϕ
i
h
= 12 r (cos ϕ + j sin ϕ) + 1r (cos ϕ − j sin ϕ)
j
= 21 r + 1r cos ϕ + 2 r − 1r sin ϕ
bzw.
1
1
u = 2 r + r cos ϕ ,
1
1
v = 2 r − r sin ϕ
Ausgehend von dieser Darstellung wollen wir die Bilder von Kreisen um den Ursprung
und von Ursprungsstrahlen bestimmen.
Kreise
1)
z = rejϕ , r
fest ,
0 ≤ ϕ < 2π
r>1
u = 12 r + 1r cos ϕ ,
| {z }
=a
v = 12 r − 1r sin ϕ
| {z }
=b
Dies ist die Parameterdarstellung einer Ellipse mit den Halbachsen
a > 1 und b > 0.
Aus
h
i
h
i
1
1
1
1
2
2
⇒
d =a −b = 4 r +2+ 2 − 4 r −2+ 2 =1
r
r
ergeben sich die Brennpunkte (±1|0) dieser Ellipsenschar.
2
2
2
Durchläuft nun
r
auf. Die Halbachse
b=
1
2
r−
1
r
von
r > 1, so bläht sich die Ellipse über die ganze w-Ebene
r + 1r wächst monoton von a = 1 bis a = ∞, während
alle Werte
a=
b=0
1
2
d=1
auf
b=∞
c
anwächst.
Grenzwert Verlag
7.9
2)
Spezielle Abbildungen
69
0<r<1
u = 21 r + 1r cos ϕ , v = 21 r − 1r sin ϕ
1 . Mittels
das Vorzeichen von r −
r
u = 12 r + 1r cos −ϕ , v = 21 1r − r sin −ϕ
| {z }
| {z }
=a
=b
In der Darstellung
ändert sich nur
erkennen wir, dass sich ebenfalls eine Ellipse allerdings mit umgekehrtem Durchlaufsinn ergibt. Durchläuft
wieder eine komplette
3)
r
den Bereich
0 < r < 1,
so überstreichen die Ellipsen
w-Ebene.
r=1
Der Einheitskreis wird auf die doppelt durchlaufene Strecke auf der reellen Achse
zwischen
−1
und
1
abgebildet.
i
h
w = 21 ejϕ + 1jϕ = 12 ejϕ + e−jϕ = cos ϕ
e
Damit ergeben sich als Bild der
längs
[−1, 1]
z -Ebene zwei w-Ebenen. Schlitzt man diese beiden Ebenen
auf und verheftet sie dort kreuzweise miteinander, so ergibt sich wieder
die zugehörige zweiblättrige Riemannsche Fläche.
v
y
w=
1
2
z + z1
x
u
c
Grenzwert Verlag
70
7
KOMPLEXE ZAHLEN
v
y
w=
1
2
z + z1
x
Ursprungsstrahlen
u
z = rejϕ , 0 < r < ∞ , ϕ
Zunächst stellen wir die Halbgeraden mittels
fest
r = et
in einer anderen Form dar:
z = et · ejϕ , −∞ < t < ∞ , ϕ
w = u + jv =
=
=
=
=
bzw.
fest
h
i
1 z+1
z
2h
i
1 et · ejϕ + 1
2
et · ejϕ
1 et · ejϕ + e−t e−jϕ 2
1 [et · (cos ϕ + j sin ϕ) + e−t · (cosϕ − j sin ϕ)]
2
t
−t
t
−t
cos ϕ · e +2 e + j sin ϕ · e −2 e
| {z }
| {z }
= cosh t
= sinh t
u = cos ϕ cosh t ,
| {z }
=a
v = sin ϕ sinh t
| {z }
=b
Dies ist die Parameterdarstelluing eines Hyperbelastes mit den Halbachsen
sin ϕ
a = cos ϕ , b =
und dem Brennpunkt 1. Dabei wird der auÿerhalb des Einheitskreises liegende Teil
des Strahls auf die obere Hälfte des Hyperbelastes abgebildet. Der innerhalb des Einheitskreises gelegene Teil ergibt den unteren Ast.
c
Grenzwert Verlag
7.9
Spezielle Abbildungen
71
v
y
w=
1
2
z+
1
z
x
u
Grenzfälle
• ϕ=0
⇒
u = cosh t , v = 0
doppelt durchlaufenes Geradenstück
• ϕ= π
2
⇒
⇒
−j∞
⇒
nach
j∞
u = − cosh t , v = 0
doppelt durchlaufenes Geradenstück
• ϕ = 3π
2
auf der reellen Achse
u = 0 , v = sinh t
imaginäre Achse, durchlaufen von
• ϕ=π
[1 , ∞)
(−∞ , 1]
auf der reellen Achse
u = 0 , v = − sinh t
imaginäre Achse, durchlaufen von
j∞
nach
−j∞
Auch diese Abbildung ist winkeltreu, d. h. die oben beschriebenen Ellipsen- und Hyperbelscharen durchdringen sich senkrecht.
7.9.3
Transzendente Funktionen für komplexe Argumente
Wir wollen hier kurz auf die Frage eingehen, wie die aus der Schulmathematik bekannten
Funktionen
sin x, , cos x , ex etc. für komplexe Argumente erklärt werden. Benutzt werden
hier die Reihendarstellungen dieser elementaren Funktionen.
cos x =
∞
X
k=0
2k
(−1)k x
(2k)!
2
4
6
8
10
= 1 − x + x − x + x − x ± ...
2!
4!
6!
8!
10!
∞
X
5
7
9
11
2k+1
3
sin x =
(−1)k x
= x − x + x − x + x − x ± ...
3!
5!
7!
9!
11!
(2k + 1)!
k=0
∞
X k
2
3
4
5
6
x
ex =
= 1 + x + x + x + x + x + x + ...
k!
2!
3!
4!
5!
6!
k=0
c
Grenzwert Verlag
72
7
KOMPLEXE ZAHLEN
(vgl. Band 2 dieser Darstellung)
Die dabei benötigten Rechenoperationen
+, −, ·, :
lim =
n→∞
n
X
sowie die Grenzwertbildung
ak x k
k=0
lassen sich problemlos auf komplexe Argumente übertragen. Wir erhalten so die Denition
dieser Funktionen mittels Reihenentwicklung.
∞
X
cos z =
k=0
2
4
6
8
10
= 1 − z + z − z + z − z ± ...
2!
4!
6!
8! 10!
2k
(−1)k z
(2k)!
∞
X
3
5
7
9
11
2k+1
= z − z + z − z + z − z ± ...
sin z =
(−1)k z
3!
5!
7!
9! 11!
(2k + 1)!
k=0
∞
X k
2
3
4
5
6
z
= 1 + z + z + z + z + z + z + ...
ez =
k!
2!
3!
4!
5!
6!
k=0
Wir können nun auch den zunächst nur als Abkürzung benutzten Zusammenhang zwischen Sinus-, Kosinusfunktion und der komplexen
ejx = 1 + jx +
e-Funktion rechtfertigen (Eulerformel).
(jx)2 (jx)3 (jx)4 (jx)5 (jx)6 (jx)7 (jx)8
+
+
+
+
+
+
+ ...
2!
3!
4!
5!
6!
5!
8!
2
3
4
5
6
7
8
= 1 + jx − x − j x + x + j x − x − j x + x − . . .
2!
3!
4!
5!
6!
5!
8!
h
i
2
4
6
8
3
5
7
8
x
x
x
x
x
x
x
x
= 1−
+
−
+
− ... + j x −
+
−
+
− ...
2!
4!
6!
8!
3!
5!
5!
8!
= cos x + j sin x
7.9.4
Exponentialfunktion und Logarithmus
Wir benutzen die auch im Komplexen gültige Funktionalgleichung
7
für die
e-Funktion
ez1 +z2 = ez1 · ez2
7 Wir gehen von der Reihendarstellung der komplexen e-Funktion aus
ez =
∞
X
zk
k!
k=0
Bei der Berechnung des Produkts sind nun die beiden Reihen auszumultiplizieren.
e
z1
·e
z2
∞
P
z1k1
k !
k1 =0 1
=
!
·
∞
P
z2k2
k !
k2 =0 2
!
z12
z13
z22
z23
=
1 + z1 + 1 · 2 + 1 · 2 · 3 + . . . · 1 + z2 + 1 · 2 + 1 · 2 · 3 + . . .
= 1 + [z1 + z2 ] + 1 1· 2 z12 + 2z1 z2 + z22 + 1 · 21 · 3 z13 + 3z12 z2 + 3z1 z22 + z23 + . . .
(z + z )2
(z + z )3
= 1 + (z1 + z2 ) + 11 · 22 + 11 · 2 · 23 + . . .
c
Grenzwert Verlag
7.9
Spezielle Abbildungen
73
Unter Benutzung der Eulerschen Beziehung erhalten wir für die komplexe
e-Funktion
die
Darstellung:
w = ez = ex+jy = ex · ejy = ex · [cos x + j sin y]
Um einen Überblick über das Abbildungsverhalten zu erhalten betrachten wir wieder die
Geradenschar
y = c , −∞ < x < ∞.
w = ez = ex+jy = ex · [cos c + j sin c]
x
Durchläuft nun
den Bereich
−∞ < x < ∞,
sprungsstrahl mit dem Winkel
ϕ = c.
Ursprungsstrahl. Variieren wir
c
Dabei ergibt sich für
im Bereich
w-Ebene
den Ur-
c2 = c1 + 2π
derselbe
so erhalten wir in der
0 ≤ c < 2π ,
c1
und
so ergeben sich in der
sämtliche Ursprungsstrahlen. Es ergibt sich bereits eine komplette
w-Ebene,
w-Ebene
allerdings
ohne Nullpunkt.
Als Bild des Geradenstücks
mit dem Radius
x = c , 0 ≤ y < 2π
erhalten wir in der
w-Ebene
einen Kreis
ρ = ec .
w1 − Ebene v
z − Ebene
y
2π
w = ez
x
u
Beim Ausmultiplizieren fassen wir diejenigen Glieder zusammen, deren Exponenten bzgl.
selbe Summe ergeben. Für das Glied mit
=
=
=
k1 + k2 = k
z1
und
z2
erhalten wir
z k−1
z k−l
z k−1
z1k
zl
zk
+ 1
· z2 + . . . + 1
· 2 + . . . + z1 · 2
+ 2
k! h (k − 1)! 1!
1! (k − 1)!
k!i
(k − l)! l!
1 k−1
k
1 z k + kz k−1 z + . . . + kz k−l z l + . . . +
+ z2k
2
2
1 1
l 1
(k−1) z1 z2
k! 1
(z1 + z2 )k
k!
Die letzte Beziehung ergibt sich aus dem binomischen Lehrsatz. Damit gilt die Funktionalgleichung:
ez1 · ez2 =
∞
X
z1k1
k1 !
k1 =0
c
!
·
∞
X
z2k2
k2 !
!
=
k2 =0
Grenzwert Verlag
∞
X
(z1 + z2 )k
= ez1 +z2
k!
k=0
die-
74
7
KOMPLEXE ZAHLEN
Obige Skizze zeigt die Bilder zweier Parallellen zur reellen Achse und eines zur imaginären
Achse parallellen Geradensrücks.
Alle Streifen
{z = x + jy , 2kπ ≤ y < 2(k + 1)π < 0
ergeben bei der Abbildung
w = ez
als Bild wieder ein komplette
die
e
w-Ebene.
In jedem dieser Fundamentalstreifen nimmt
-Funktion jeden von Null verschiedenen Wert genau einmal an. Der Wert 0 wird
nirgends angenommen. Wir erhalten damit unendlich viele
w-Ebenen. Verheftet man diese
w-Ebenen wieder längs der reellen Achse, so ergibt sich die zugehörige Riemannsche Fläche
mit unendlich vielen Blättern. Die Logarithmusfunktion ist nun wieder als Umkehrung
erklärt. Sie ist im Komplexen mehrdeutig. Ist nun
erklären wir die komplexe Logarithmusfunktion
w 6= 0
z = log w
z = log w = ln ρ + j(ψ + 2kπ) ,
Hierbei ist
ln ρ
die reelle Logarithmusfunktion zur Basis
und
|w| = ρ ,
arc w
durch
k ∈ IN
e.
Damit gilt:
ez = eln ρ+j(ψ+2kπ) = eln ρ · ej(ψ+2kπ) = |w| · [cos ψ + j sin ψ] = w
c
Grenzwert Verlag
= ψ,
so
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