Beispiele und Anwendungen von Zahlenfolgen

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Beispiele und Anwendungen von Zahlenfolgen
2.7
2.8
2.9
2.10
2.11
2.7
Die Eulersche Zahl e . . . . . . . . . . . . . . . . .
Seltene Ereignisse sollten nicht zu häufig stattfinden.
Wurzelziehen nach Heron . . . . . . . . . . . . . . .
Sparkassenformel . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Kettenbrüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
.
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.
.
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.
.
.
51
53
54
56
58
Die Eulersche Zahl e
Bei der Untersuchung von Zinseszins, d.h. auf die Zinsen werden wieder Zinsen
berechnet, stellte L. Euler stellte folgende Überlegung an:
• Eine Geldsumme 1E wird mit 100% pro Jahr verzinst, dann sind am Ende
des 1. Jahres 2E zu zahlen.
• Die gleiche Geldsumme
!
" 1E wird mit 50% halbjährlich verzinst, dann sind
in 0, 5 Jahren 1 +
!
1+
"
1 2
2
!
1
2
E = 1+2·
E zu zahlen und am Ende des 1. Jahres folglich
1
2
+
1
4
"
!
E = 2+
1
4
"
E > 2E.
• Wird die gleiche Geldsumme 1E mit 25% vierteljährlich verzinst, dann
!
"4
!
"
1 2
sind am Ende des 1. Jahres 1 + 14 E = 1 + 2 · 14 + 16
E =
!9
"
! 1 3
"
3
1
1
1
+ 2 · 2 · 16 + 16·16 E = 2 + 4 + 16 + 162 E zu zahlen.
4
• Wie wächst die zu zahlende Summe, wenn
100
%
n
zahlen sind? Wird diese Zahl beliebig groß?
51
pro n1 -tel des Jahres zu
2.7. Die Eulersche Zahl e
Die Antwort ist nein, weil
e := lim
næŒ
1
1
1+
n
2n
¥ 2, 72
2n
= 1.
ist. Wir wollen diesen Grenzwert mit Hilfe des Einschnürungssatzes und dem
Stetigkeitsargument beweisen. Im ersten Schritt zeigen wir, dass gilt
1
lim ln 1 +
næŒ
Dazu betrachten wir die folgende Skizze:
1
n
Für x = n ergibt sich für den Flächeninhalt der Fläche F1 :
1
2
n
1
F1 =
· 1+ ≠1
n+1
n
=
1
n
·
.
n n+1
Der Flächeninhalt unterhalb der Funktion y = f (x) =
Integralrechnung zu
F2 =
⁄
1
1+
1
n
1
!
1+
1
dx = ln x |1 n = ln 1 +
x
Der größte Flächeninhalt ist F3 mit
1
F3 = 1 · 1 +
1
n
2
1
≠1
n
"
=
1
x
ergibt sich mit Hilfe der
!
≠ ln 1 = ln 1 +
1
n
"
.
1
.
n
52
2.8. Seltene Ereignisse sollten nicht zu häufig stattfinden.
Damit gilt
⁄
1+
1
!
" 1
n 1
1
n
·
Æ
dx = ln 1 + n1 Æ
n n+1
x
n
1
! 1"
! 1 "n
n
≈∆
Æ n · ln 1 + n = ln 1 + n Æ 1.
n+1
Da sowohl die konstante Folge 1 als auch die Folge
gegen 1 konvergieren gilt
1
lim ln 1 +
næŒ
1
n
2n
!
n
n+1
"
nœN
(2.1)
(2.2)
für n gegen Œ
= 1.
Da die e-Funktion stetig ist, kann man Grenzwertbildung und
Funktionswertbildung vertauschen, d.h.
lim
næŒ
1
1+
1
n
2n
n
n
ln 1+ 1
lim
ln 1+ 1
1
= lim e ( n ) = e næŒ ( n ) = e = e.
næŒ
Völlig analog kann man zeigen, dass
lim
x æŒ
2.8
!
1+
1
x
"x
= e.
Seltene Ereignisse sollten nicht zu häufig stattfinden.
Die Poisson-Verteilung dient der Beschreibung von seltenen Eignissen, wie etwa
von „Fehlstellen auf einer Oberfläche“ oder „Fehler je Baugruppe“, „Häufigkeit
von Überschwemmungen oder Erdbeben“ usw. usf. Gemäß der
Poisson-Verteilung mit dem Parameter ⁄ ist die Wahrscheinlichkeit, dass n
Ereignisse stattfinden gerade
an = P(n) =
⁄n e≠⁄
n!
,
n = 0, 1, 2, ... .
Da seltene Ereignisse selten stattfinden sollte für den Grenzwert gelten:
lim an = 0.
næŒ
53
2.9. Wurzelziehen nach Heron
Für |⁄| Æ 1 können wir abschätzen:
- n ≠⁄ - ⁄ e - |⁄|n e≠⁄
e≠⁄
e≠⁄
-=
0 Æ -Æ
Æ
æ0
n! n!
n!
n
für n æ Œ. Gemäß dem Einschnürungssatz gilt deshalb auch limnæŒ an = 0.
Für |⁄| > 1 müssen wir anders vorgehen. Zu jedem ⁄ œ R gibt es eine
natürliche Zahl n0 mit n0 Æ |⁄| < n0 + 1. Damit gilt insbesondere, dass
0 < q :=
|⁄|
n0
< 1.
Dies verwenden wir für die folgende Abschätzung
- n- ⁄ - |⁄|n |⁄| · |⁄| · · · |⁄| · |⁄| · · · |⁄| |⁄|n0 n≠n
|⁄|n0 n
0
- -=
=
Æ
q
=
q .
- n! - n!
1 · 2 · · · n0 · (n0 + 1) · · · n
n0 !
n0 !q n0
Da q n mit 0 < q < 1 für n æ Œ gegen Null strebt, gilt auch
- n ≠⁄ - 3
4
-⁄ e |⁄|n0
n
0ÆÆ
q
.
n! n0 !q n0 e≠⁄
Mit Hilfe des Einschnürungssatzes erhalten wir
lim P(n) = lim
næŒ
2.9
⁄n e≠⁄
n!
næŒ
= 0.
Wurzelziehen nach Heron
Die grundlegende Idee ist, dass ein Quadrat mit den Seitenlängen a den
Flächeninhalt a2 hat. Um dieses Quadrat anzunähern beginnt man mit einem
Rechteck mit den Seitenlängen a0 = a2 und b0 = 1, das den Flächeninhalt
F = a0 b0 = a2 hat.
Im nächsten Schritt ist
a1 = 12 (a0 + b0 )
und b1 =
a2
a1
und so weiter
a2 = 12 (a1 + b1 ) =
1
2
1
a1 +
a2
a1
2
54
2.9. Wurzelziehen nach Heron
und b2 =
a2
a2
. Dann ist
a3 = 12 (a2 + b2 ) =
und b3 =
a2
a3
1
2
1
a2 +
a2
a2
. Der Flächeninhalt ist in jedem Fall
2
2
a0 b0 = a1 b1 = a2 b2 = a3 b3 = a .
Damit ist die Folge (an )nœN definiert als
an =
1
2
1
an≠1 +
a2
an≠1
2
,
2
a0 = a .
Für a2 = 7 sind die ersten Werte der Iteration in der folgenden Skizze dargestellt:
Um die Konvergenz der Folge nachzuweisen zeigen wir zunächst, dass die
Folge nach unten beschränkt ist:
an =
1
2
1
an≠1 +
a2
an≠1
2
=a+
(an≠1 ≠a)2
an ≠ 1
Ø a.
55
2.10. Sparkassenformel
Die Folge ist nach unten durch a > 0 beschränkt. Um die Konvergenz zu
beweisen, zeigen wir jetzt, dass die Folge monton fallend ist. Es gilt:
an≠1 ≠ an = an≠1 ≠
1
2
1
an≠1 +
a2
an≠1
2
=
2
2
1 (an≠1 ≠a )
2
an≠1
Ø 0 ≈∆ an2≠1 Ø an2
≈∆ an≠1 Ø an Ø a Ø 0.
Damit ist die Konvergenz der rekursiv definierten Folge bewiesen, d.h. es gilt
lim an = c.
næŒ
Da der Grenzwert existiert gilt nach den Regeln für die Grenzwertbildung:
c = lim an =
næŒ
1
2
1
lim an≠1 +
næŒ
a2
limnæŒ an≠1
2
1
1
2
=
c+
a2
c
2
≈∆ c 2 = 12 (c 2 ≠a2 ) ≈∆ c 2 = a2 .
Folglich ist c = ±a. Da an Ø a > 0 ist, ist c = a Ø 0. Die Lösung c = ≠a ist eine
Scheinlösung, die durch das Quadrieren „eingeschleppt“ wurde. Somit haben wir
bewiesen, dass für den Grenzwert gilt
lim an = a Ø 0.
næŒ
Wie schnell die Folge konvergiert ist in der folgenden Tabelle dargestellt:
n
an
an2
0
7
49
1
4
2
23
8
3
977
368
4
1902497
719072
Zum Vergleich
1902497
719072
! 977 "2
368
! 23 "2
8
=
16
=
954529
135424
! 1902497
"2
719072
529
64
= 8, 265625
¥ 7, 0484478379017 ...
¥ 7, 000083252 ...
¥ 2, 64576704 ... und
Ô
7 ¥ 2, 64575131.
2.10 Sparkassenformel
Die Sparkassenformel gibt an wie effektiver Jahreszins, monatliche Zinsen und
Kreditrate zueinander verhalten. Wir betrachten dazu ein Beispiel. Ein Kredit von
56
2.10. Sparkassenformel
K = 10000 Euro soll bei einem effektiven Jahreszins von 4% in 12 monatlichen
Raten zurückgezahlt werden. Wie groß sind die monatlichen Raten?
Es sei k = 0, 04 der effektive Jahreszins. Wenn die monatliche Zinsrate k0 ist,
dann sind am Ende des 1. Monats K1 = (1 + k0 )K zu zahlen, am Ende des 2.
Monats ist diese Summe zu verzinsen, folglich sind K2 = (1 + k0 )K1 = (1 + k0 )2 K
zu zahlen und am Ende des 12. Monats
12
K12 = (1 + k0 )K11 = ... = (1 + k0 ) K ,
d.h.
0, 04 = k = (1 + k0 )
12
≈∆ k0 =
Ô
12
k ≠1=
Ô
12
0, 04 ≠ 1 = 0, 003274.
Bei einem effektiven Jahreszinssatz von 4% beträgt der monatliche Zinssatz
0, 3274%.
Als nächstes berechnen wir wie hoch die monatlichen Raten sein müssen damit
der Kredit nach 12 Monaten abbezahlt ist.
Zu Beginn besteht ist der gesamte Kredit abzuzahlen, d.h.
K0 = K = ≠10000Euro.
Am Ende des 1. Monats sind (1 + k0 ) 10000 zu zahlen und es wird die Rate R
abbezahlt, d.h. am Ende des 1. Monats beträgt die Restschuld
K1 = (1 + k0 )K0 + R = (1 + k0 )K + R.
Am Ende des 2. Monats sind (1 + k0 )K1 zu zahlen und es wird die Rate R
abbezahlt, damit ist die Restschuld am Ende des 2. Monats
2
K2 = (1 + k0 )K1 + R = (1 + k0 )((1 + k0 )K + R) + R = (1 + k0 ) K + R(1 + (1 + k0 )).
Hieraus ergibt sich, dass am Ende des 12. Monats (1 + k0 )K11 zu zahlen sind
und R abbezahlt wird:
12
K12 = (1 + k0 )K11 + R = (1 + k0 )((1 + k0 )K10 + R) + R = (1 + k0 ) K + R
11
ÿ
(1 + k0 )
j
j=0
12
= (1 + k0 ) K + R
(1 ≠ (1 + k0 )12 )
.
(1 ≠ (1 + k0 ))
Damit der Kredit am Ende des 12. Monats abbezahlt ist muss also erfült sein
12
(1 + k0 ) K + R
1 ≠ (1 + k0 )12
= 0.
1 ≠ (1 + k0 )
57
2.11. Kettenbrüche
Folglich ergeben sich die Raten R zu
(1 + k0 )12 Kk0
(1 + k)k0
k0 (1 + k)
=
K =≠
K
12
(1 ≠ (1 + k0 ) ) 1 ≠ (1 + k)
k
0, 003274 · 1, 04
=≠
(≠10000)Euro = 851, 24Euro.
0, 04
R=
Insgesamt macht die Bank also einen Gewinn von
K +12·R = ≠10000+12·851, 24Euro = ≠10000+10214, 88Euro = 214, 88Euro.
Damit haben wir die Sparkassenformel (bei nachschüssiger Zahlung) hergeleitet:
n
Kn = (1 + k0 ) K +
(1 + k0 )n ≠ 1
R.
k0
Dabei ist Kn das Kapital nach n Zinsperioden (Monate, Jahre, usw.), k0 ist der
Zinssatz pro Periode und R ist die Ratenzahlung pro Periode.
2.11 Kettenbrüche
Eine unendliche Folge kann auch einen Kettenbruch erzeugen. Als Beispiel
betrachten wir die Folge
an =

2 + an≠1 ,
a0 =
Ô
2,
n = 1, 2, ... .
Graphisch kann man das wie folgt veranschaulichen:
58
2.11. Kettenbrüche
Das geht so:ÔMan beginnt mit x1 = 2 und bildet den Funktionswert
Ô
Ô Ô
Ô
y1 = x1 = 2, dann geht man waagerecht von (2, 2) zu (2 + 2, 2), d.h.
Ô
Ô

Ô
x2 = 2 + 2 und bildet dazu den Funktionswert
Ô y2 = x2 = 2 + 2, dann
geht es immer so zwischen der Funktion y = x und y = x ≠ 2 hin und her. Aus
der Skizze entnimmt man die Vermutung, dass an = yn Æ 2 und für den
Grenzwert limnæŒ an = 2 gilt.
Als erstes eigen wir, dass die Folge (an )nœN durch 2 nach oben beschränkt und
monoton wachsend ist.
Ô
Offensichtlich gilt an > 0 für alle n œ N und a0 = 2 < 2. Aus an≠1 < 2 folgt
dann an2 = 2 + an≠1 < 4 und damit an < 2.
Nun betrachten wir an2 ≠ an2≠1 = 2 + an≠1 ≠ an2≠1 = ≠(an≠1 + 1)(an≠1 ≠ 2) > 0,
weil an≠1 < 2 ist. Folglich ist an2 > an2≠1 und wegen an > 0 für alle n œ N ist
an > an≠1 .
Da monoton wachsende, nach oben beschränkte Folgen konvergent sind, gilt
lim an = a.
næŒ
Für diesen Grenzwert a gilt dann ebenfalls
a=
Ô
2
2
2 + a ≈∆ a = 2 + a ≈∆ a ≠ a ≠ 2 = 0 ≈∆ a1/2 =
1
3
± .
2
2
Wegen an > 0 für alle n gilt a = 2. (a = ≠1 ist eine Scheinlösung.)
59
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