KAPITEL 1. KONVERGENTE FOLGEN 1.1 62 Potenzreihen Lemma 1.1.0 (Lemma von Abel) (an ) reelle Folge, b > 0 so dass (an bn ) beschränkt, 0 ≤ r < b. Dann konvergiert die Potenzreihe X A(x) := an xn n≥0 absolut für alle |x| ≤ r. Beweis : Ist |an bn | ≤ C für alle n, so ist X r n C· b n≥0 konvergente Majorante für |x| ≤ r. EX: X nxn konvergiert absolut für |x| < 1. n≥0 Für 0 < b < 1 ist b = 1 1+δ , δ > 0, also nbn = n (1+δ)n ≤ n 1+nδ < 1δ . Bekanntlich gibt es zu jeder Menge X eine Menge Y , so dass Y 6∈ X. Deshalb gibt es Mengen +∞ und −∞7 , so dass ±∞ 6∈ R, +∞ = 6 −∞. Durch −∞ < x < +∞, x ∈ R wird die Ordnung R auf \ R := R ∪ {±∞} fortgesetzt. Für eine PotenzP von n reihe A(x) = an x sei n≥0 KA := {b ≥ 0 | (an bn ) beschränkt} und RA := +∞ KA unbeschränkt sup KA KA beschränkt RA ist der sogenannte Konvergenzradius in A. Satz 1.1.1 (1) X an xn konvergiert absolut für |x| < RA n≥o 7 plus bzw. minus unendlich KAPITEL 1. KONVERGENTE FOLGEN 63 (2) X an xn divergiert für |x| > RA n≥o absolut konvergent ? 0 c c −RA @ I @ @ ? c RA divergent divergent EX: [1] X xn n≥1 n hat den Konvergenzradius 1. X xn X ≤ |x| < 1 : |x|n konvergente Majorante, d.h. RA ≥ 1. n n≥1 n≥0 x=1: X1 divergiert, d.h. RA ≤ 1. n n≥1 x = −1 : X (−1)n n≥1 n konvergent. Folgerung: Auf dem Rand |x| = RA des Konvergenzkreises“ KA kann ” sowohl Konvergenz als auch Divergenz vorliegen. [2] X n!xn hat den Konvergenzradius 0. n≥0 Wäre nämlich RA > 0 so existiert 0 < b, c so dass n!bn ≤ c für alle n ∈ N also für n >> 0: √ 2 1 √ n n √ n < · n e < n! ≤ · n c ≤ , b b e e ein Widerspruch. KAPITEL 1. KONVERGENTE FOLGEN 64 Die Partialsummen An (x) einer Potenzreihe X A(x) = an xn 8/12/99 n≥0 sind Polynome vom Grade ≤ n, An (x) = n X ak xk k=0 Ist p(x) = n X pk xk k=0 ein Polynom und #N ST (p) > n so verschwinden alle Koeffizienten pk = 0. Bei Potenzreihen verhält es sich genau so. Satz 1.1.2 (Identitässatz) A(x) = P an xn Potenzreihe mit RA > 0, n≥0 0 < r < RA so dass A(x) = 0 für |x| ≤ r. Dann ist an = 0 für alle n. Folgerung 1.1.3 äq (i) P an xn = n≥0 P bn xn , |x| ≤ r n≥0 (ii) an = bn für alle n ∈ N. Beweis : Angenommen {n | an 6= 0} = 6 ∅. Dann existiert m := min{n | an 6= 0}, X A(x) = xm · am+k xk , k≥0 insbesondere X am+k xk = 0 für 0 < |x| ≤ r, k≥0 also X X 0 = am+k xk ≥ |am | − am+k xk k≥0 k≥0 und damit für o < |x| ≤ r X X k−1 k am+k x ≤ |x| · const, |am | = am+k x = |x| k≥1 k≥1 folglich am = 0. KAPITEL 1. KONVERGENTE FOLGEN 65 Satz 1.1.4 A(x) = X an xn , B(x) = n≥0 X bn xn . n≥0 Dann hat die Potenzreihe C(x) = X cn xn , cn := n≥0 n X ak bn−k k=o den Konvergenzradius RC ≥ min{RA , RB } und es gilt für alle |x| < min{RA , RB } C(x) = A(x) · B(x). EX: A(x) = X xn , B(x) = 1 − x, C(x) = 1 n≥0 RC = +∞ > min{RA , RB } = 1. P [HS] P un , n≥0 n P vn absolut konvergent, n≥0 wn := uk vn−k . P Dann ist auch wn absolut konvergent und es ist k=0 n≥0 X wn = n≥0 X un n≥0 X vn (Allgemeines Distributivgesetz). n≥0 Beweis : Es existiert ein c ≥ 0 so dass X X |un |, |vn | ≤ c. n≥0 n≥0 Dann ist für m ∈ N m X k=0 d.h. P |wk | = X |ui ||vj | ≤ i+j≤m X |ui | i≤m X j≤m wk konvergiert absolut. n≥0 Sei sn := n P k=0 uk , tn := n P vk , t = lim sn , s = lim tn . k=0 Zu ε > 0 gibt es ein N ∈ N so dass X X |uk |, |vk | < k≥N k≥N ε . 2·c+1 |vj | ≤ c2 , KAPITEL 1. KONVERGENTE FOLGEN 66 Für m > 2N ist dann m X X X wk = ui vj − ui vj sm tm − i,j≤m i+j≤m k=0 X ≤ |ui ||vj | i,j≤m i+j>m ≤ X |ui ||vj | + i≤m j>N ≤ c· X |ui ||vj | j≤m i>N X |vj | + c · j>N X |ui |. i>N In der Grenze ist damit X cε s · t − wk ≤ < ε, 2c +1 k≥0 d.h. s·t= X wk . k≥0 Bemerkung 1.1.5 (Ergänzung (nicht Teil der Vorlesung)) (an )n≥0 beschränkte Folge reeller Zahlen an := sup{ak |k ≥ n} = sup ak k≥n an := inf{ak |k ≥ n} = inf ak . k≥n Offenbar gilt (1) an ≤ an ≤ an (2) an %, an & . Da (an ) beschränkt ist, existieren die Limiten lim an bzw. lim an und es gilt liman := lim an = inf sup ak (limes superior) n k≥n liman := lim an = sup inf ak (limes inferior) n k≥n KAPITEL 1. KONVERGENTE FOLGEN 67 s(an )n≥0 beschränkte Folge reeller Zahlen äq (i) (an ) konvergent (ii) liman = liman . Folgerung 1.1.6 Konvergiert (an ) so ist lim an = liman = liman . Beweis : (ii) ⇒ (i) : an ≤ an ≤ an . (i) ⇒ (ii) : liman ≤ lim an ≤ liman . a := lim an , ε > 0. Dann existiert ein N ≥ 0 so dass a − ε < an < a + ε für alle n ≥ N, also a − ε ≤ an ≤ an ≤ a + ε für alle n ≥ N für alle n ≥ N . Damit ist a − ε ≤ liman ≤ liman ≤ a + ε, d.h. liman = liman = lim an . P Theorem 1.1.7 (Hadamard) ∆(x) = p an xn so dass ( n |an |) n≥0 beschränkt. Dann ist ( RA = lim EX: A(x) = P ∞ 1 √ n |an | p n lim p |an | = 0 lim n |an | = 6 0. (1 + (−1)n )n · xn n≥0 p n |an | = 0 n ≡ 1(2) √ n 2n n ≡ 0(2) p lim n |an | = 1, d.h. RA = 1. p Beweis : Da ( n |an |) beschränkt, ist RA > 0.√Zu 0 < t < RA gibt es dann p p n ein c > 0 so dass |an tn | ≤ c, d.h. n |an | ≤ t c und damit lim n |an | ≤ 1t . p 1 1 √ √ ≥ RA , insbesondere ≥ t, d.h. Ist lim n |an | = 6 0, so ist n n lim RA 6= ∞. Ist 0 < t < lim 1 √ n |an | |an | lim |an | , so ist p n |an | ≤ sup k≥n p k |ak | ≤ 1 t für alle n ≥ N, N geeignet und damit (an tn ) beschränkt,pd.h. p 1 n √ . Ist lim |an | = 0 und 1 > ε > 0 so ist n |an | ≤ ε für alle RA ≥ n lim |an | n ≥ N, N geeignet, d.h. (an ε−n ) beschränkt und damit RA = ∞.