Harnwegsinfekte nach Nierentransplantation Symposium 25 Jahre Transplantationszentrum Stuttgart Professor Dr. med. Andreas Kribben Klinik für Nephrologie Universitätsklinikum Essen 21. 5. 2011 Harnwegsinfektionen nach Nierentransplantation Harnwegsinfektionen sind • eine häufige Komplikation nach Nierentransplantation • mit einem erhöhten Risiko für einen Transplantatverlust assoziiert • mit einer erhöhten Mortalität verbunden KDOQI Am J Transplant 2009 p.59-62 Einfluss fieberhafter Infekte auf die Nierentransplantatfunktion Infektgruppe: Stationäre Aufnahme wegen eines fieberhaften Infektes Kontrollgruppe: ohne stationären Aufenthalt wegen eines Infektes Witzke et al. 2003 Einfluss von Harnwegsinfekten auf die Nierentransplantatfunktion Clearance nach Nierentransplantation ohne HWI nach NTX (n=44) mit „unkompliziertem“ HWI nach NTX (n=108) mit „kompliziertem“ HWI nach NTX (n=25) Pelle et al. 2007 Harnwegsinfektionen nach Nierentransplantation KDOQI-Guidelines 2009 KDOQI Am J Transplant 2009 p.59-62 Harnwegsinfekte / Klinik / Laborbefunde Naber 1999 Kategorie Beschreibung Klinische Merkmale Laborbefunde 1 Akute unkomplizierte Zystitis bei Frauen Dysurie,Drang, Häufigkeit, suprapubischer Schmerz, keine Episode innerhalb 4 Wochen zuvor ≥ 10 Leukos/ mm3 ≥ 103CFU/ mm3 2 Unkomplizierte Pyelonephritis Fieber, Schüttelfrost, Flankenschmerzen; Ausschluss einer anderen Diagnose; anamnestisch oder klinisch keine Hinweise für urologische Anomalien ≥ 10 Leukos/ mm3 ≥ 104 CFU/ mm3 3 Asymptomatische Bakteriurie Keine Beschwerden ≥ 10 Leukos/ mm3 ≥ 105 CFU/ mm3/ in 2 aufeinander folgenden Kulturen ≥ 24h Abstand 4 Rezidivierende Harnwegsinfekte Mindestens 3 Episoden, der kulturell nachgewiesen worden ist, innerhalb von 12 Monaten: nur Frauen; keine Anomalien ≥ 103 CFU/ mm3 5 Komplizierter Harnwegsinfekt Kombination aus 1 und 2, sowie Kriterium für komplizierten HWI ≥ 10 Leukos/ mm3 ≥ 105 CFU/ mm3/ Frauen ≥ 104 CFU/ mm3/ Männer 6 Urosepsis Harnwegsinfekt und SIRS ≥ 10 Leukos/ mm3 ≥ 104 CFU/ mm3 Komplizierte Harnwegsinfekte Kumazawa et al. 1997 DEF: HWI assoziert mit strukturellen oder funktionellen Anomalien des Urogenitaltraktes oder Erkrankungen, die das Risiko für eine Infektion erhöhen oder Faktor für Therapieversagen sind Faktoren: • Männliches Geschlecht • Alter • Nosokomiale Infektion • Schwangerschaft • Liegender Dauerkather • Urologische Intervention • Funkionelle oder anatomische Anomalien der Harnwege • Antibiotikatherapie • Seit > 7 Tagen bestehende Symptome • Restharn > 100 ml • „obstruktive Uropathie“ (z.B. Steine, neurogene Blasenschwäche) • Vesikourethraler Reflux • Chemische oder Strahlenschädigung des Urothels • peri - oder postoperative HWI • Niereninsuffizienz, Diabetes mellitus und Immunsuppression Therapieprinzipien bei kompliziertem Harnwegsinfekt • kalkulierte antibiotische Therapie: - „should include the most relevant pathogens (A)“ - Fluorochinolone, Aminopeniciline + Betalaktamase-Inhibitor 2. oder 3. Generation Cephalosporin (1B) - bei Therapieversagern oder schweren Verläufen cave Pseudomonaden • Therapiedauer: 7-14 Tage, teilweise bis 21 Tage • Therapiekontrolle: 5-9 Tage und 4 - 6 Wochen nach Beendigung der Therapie Grabe et al. 2009 Probleme bei chronischen Nierenerkrankungen Chronische Niereninsuffizienz •Antibakterielle Eigenschaften des normalen Urins wie Harnstoff, niedriger pH und hoher Osmolalität weniger ausgeprägt • Inhibierung des uroepithelialen Mucus bei urämischen Patienten Neal 1999; Khan 1993 Zystennieren (ADPK) • häufig symptomatische HWI ! • Fluorochinolone häufig effektiver wegen besserer Gewebegängigkeit • bei rez. Septikämien im Rahmen von HWI besonders nach NTx verbleibt die bilaterale Nephrektomie als letzte Option Sklar et al. 1987; Schwab et al. 1987; Stiasny et al. 2002 Faktoren die HWI nach Nierentransplantation begünstigen Sicher: Einliegendes Fremdmaterial (DK, Double J - Katheter) Chronischer Reflux des Nierentransplantates Operativ-technische Komplikationen Weibliches Geschlecht Akute Rejektion Diabetes mellitus Alter Wahrscheinlich: Grad der Immunsuppression Mycophenolat Mofetil (?) (Pelle Am J Transplant 2007) Saemann 2008; Pelle 2007 Das mikrobiologische Spektrum von bakteriellen Harnwegsinfekten im Verlauf nach Nierentransplantation Pelle et al. 2007 Das mikrobiologische Spektrum von schweren, bakteriellen Harnwegsinfekten im Verlauf nach Nierentransplantation „Frühphase“ (1. und 2. Monat) Becker et al. 2008 „Spätphase“ (ab 3. Monat) Klinische Definition des Harnwegsinfektes bei nierentransplantierten Patienten Leitlinie der Klinik für Nephrologie, UK Essen „Therapie von HWI bei nierentransplantierten Patienten“ Becker, Kribben et al.: Urologe 2009 Leitlinie der Klinik für Nephrologie, UK Essen „Therapie von HWI bei nierentransplantierten Patienten“ Becker, Kribben et al.: Urologe 2009 Resistenzen für Ciprofloxacin (1-2. Monat nach NTx) Wagenlehener 2003 Resistenzen für Cefuroxim (ab 3. Monat nach NTx) • E.coli wenig Resistenzen Wagenlehener 2003 Resistenzen für Piperacillin/Tazobactam (Urosepsis) • aufgrund sehr geringer Resistenzen, Reserveantibiotikum der Wahl Wagenlehener 2003 Leitlinie der Klinik für Nephrologie, UK Essen „Therapie von HWI bei nierentransplantierten Patienten“ Schlussfolgerung • Harnwegsinfektionen sind eine häufige und ernste Komplikation nach Nierentransplantation • Schwere Harnwegsinfektionen führen zu einer Verschlechterung der Transplantatfunktion • Komplizierte Harnwegsinfektionen bei Nierentransplantierten erfordern eine stationäre Aufnahme und intravenöse Antibiotikatherapie • Die antibiotische Therapie richtet sich nach dem Zeitpunkt nach Transplantation