Der Reformator und das Reformationsjubiläum

Werbung
Der Reformator und das Reformationsjubiläum
in orthodoxer Sicht
Konstantinos Delikostantis
Professor
für Philosophie und Systematische Theologie
an der Universität Athen
1.
Der umstrittene Luther
Über keine andere Persönlichkeit herrschten und herrschen bis
heute so widersprüchliche Ansichten wie über Martin Luther, den
sogenannten „Gegenpapst von Wittenberg“.1 Man staunt wirklich über
die Vielfalt der Urteile über diese „Schlüssel – Figur der deutschen
Geschichte“2 und über die Buntheit der Gestalten, die sich auf sie
berufen. „Heute wie einst hört man entgegengesetzte Urteile über ihn:
Wiederentdecker des Evangeliums oder Ketzer, Erneuerer der Kirche
oder Zerstörer ihrer Einheit, Bahnbrecher gottgemäßer Weltlichkeit oder
Anstifter zu gottloser Verweltlichung. Strittig ist aber auch sein Anteil an
den Folgen seines Auftretens. Sogleich bei Beginn zog die Luther- Sache
ungewollt, gleichsam magnetisch, alle möglichen Interessen und Kräfte
an,
verquickte
sich
mit
politischen
Machtkämpfen,
sozialemanzipatorischen Bestrebungen und geistigen Umbrüchen. Nicht
minder in der Folgezeit wurde Luther für Verschiedenstes vereinnahmt
oder haftbar gemacht“3.
Hegel sieht in der Reformation „die alles verklärende Sonne“, die
auf „die Morgenröte am Ende des Mittelalters“ foglte4. Denn mit ihr
beginnt „die Freiheit des Geistes“5. Ludwig Feuerbach hat sich auf
Luther gestützt, ihn als den Urheber der Verwandlung der Theologie in
Anthropologie betrachtet und er soll sich selbst sogar als „Luther II“
betitelt haben6. Karl Marx verwies auf die Unfreiheit und die
Entfremdung, zu der die lutherische Verinnerlichung der Freiheit führt.
Luther „hat den Glauben an die Autorität gebrochen, weil er die
Autorität des Glaubens restauriert
hat. Er hat die Pfaffen in Laien
verwandelt, weil er die Laien in Pfaffen verwandelt hat….Er hat den
Leib von der Kette emanzipiert, weil er das Herz in Ketten gelegt“ hat 7.
2
Nietzsche verwarf Luther, nicht weil er das westliche Christentum
gespalten hat, sondern weil er „die Kirche wiederherstellte“8.
Max Scheler verglich den Reformator mit Descartes, betrachtete
ihn als Vater des modernen Humanitarismus und diagnostizierte bei ihm
die Keime der
„deutschen Krankheit“,
der Innerlichkeit. „In den
unsagbaren Tiefen der ‘reinen Innerlichkeit’ wird der Geist, werden die
Ideen, werden Taten und Gesinnung, werden Schönheitssinn und
Religion – wird selbst Christus in der Tat schlechthin harmlos,
verantwortungslos, bedeutungslos“9 .
Nach Thomas Mann war Luther „ein ungeheuer großer Mann“, „groß
jedoch im deutschen Stil“, „in seiner Doppeldeutigkeit als befreiende
und zugleich rückschlägige Kraft, ein konservativer Revolutionär“10. Er
war „ein Freiheitsheld“, wiederum deutscher Art, „denn er verstand
nichts von Freiheit“, wohlgemerkt nicht von der Freiheit des
Christenmenschen, sondern von der politischen Freiheit 11. Diese
„riesenhafte Inkarnation deutschen Wesens“12, „stellte nicht nur die
Kirche wieder her; er rettete das Christentum“. Oder anders: „Luthers
Revolution konservierte das Christentum“13.
Ernst Bloch und Herbert Marcuse lokalisierten bei Luther den Anfang
der Widersprüche und der Ausweglosigkeiten der bürgerlichen
Gesellschaft und der bürgerlichen Moral14. Aber auch die „Deutschen
Christen“ nahmen ihn in Anspruch und sogar der SED-Staat zählte ihn
zu den „besten Söhnen des deutschen Volkes“, deren Ideale eben dieser
Staat verwirklichte15. Es gibt auch, neuerdings, - wie könnte es anders
sein! – den „postmodernen“ Luther, der mit seinen Einsichten, „die
Moderne nicht so sehr vorweggenommen als vielmehr vorgreifend
überholt haben mag“16.
3
Die Wahrheit des „umstrittenen Luthers“ bestätigt sich aber auch schnell
für jeden, der einen Blick auch nur in die wichtigste neuere theologische
Literatur über Luther wirft. Nicht nur gibt es grundsätzliche
Unterschiede
zwischen
protestantischen
und
katholischen
Lutherforschern, sondern auch zwischen Lutherkennern aus dem
gleichen Lager. Man wird jedoch ganz ratlos, wenn man etwa innerhalb
der katholischen Lutherforschung und zwar bei so hervorragenden
Kennern der Schriften Luthers, wie Paul Hacker und Peter Manns, ganz
unterschiedliche Interpretationen Luthers findet. Dieselben Texte welche
Paul Hacker17, und zwar vor dem Hintergrund aller wichtigen Schriften
Luthers, zur Begründung der These vom „reflexiven Glauben“, vom
„Cartesianismus“ und von der „Säkularisierung der christlichen Liebe“
bei Luther dienten, stützen bei Peter Manns18 die Behauptung, Luther sei
der gemeinsame „Vater im Glauben“ und einer der eminenten Theologen
der Liebe.
Auch für die protestantische Theologie scheint Luther ein „Rätsel“
geblieben zu sein. Gerhard Müller stellt fest: „Jahrzehnte, ja
Jahrhunderte der Lutherforschung haben uns den Christen und den
Menschen Martin Luther kaum nähergebracht. Er bleibt immer wieder
ein Rätsel, ja er wird es gerade umso mehr, je mehr man sich wirklich in
ihn vertieft“19. Karl Barth hatte, in seiner unnachahmlichen Art, die
Weimarer Ausgabe mit der Büchse von Pandora verglichen, aus der man
alles herausholen kann20. Gerhard Ebeling sah die gegenwärtige
evangelische Christenheit als „weithin Luther innerlich entfremdet“ an,
als „keinen überzeugenden Repräsentanten dessen, was von ihm zu
lernen ist“21. Heinz Eduard Tödt drückte seine Zweifel darüber, „ob das
heutige Luthertum berechtigt ist, sich auf den Reformator zu berufen“22.
Wolfhart Pannenberg konnte seinerseits ohne Umschweife folgendes
4
schreiben: „Luther wollte die Reform der Kirche von einer Reform der
Theologie, genauer von der Schriftauslegung her. Er wollte nicht die
Spaltung der Kirche und die Gründung einer anderen „evangelischen“
Kirche auf dem Boden seiner Lehre… Die Kirchenspaltung und die
allmähliche Entstehung einer evangelischen Sonderkirche durch die seit
1525 einsetzende kirchliche Organisation der Gemeinden, die der
reformatorischen Lehre anhingen, bezeichnet nicht den Erfolg, sondern
das Scheitern der Reformation Luthers“23.
2.
Luther im Kontext der Orthodoxen Theologie
Geht uns orthodoxe Christen, eigentlich, das alles an? Die Antwort
auf diese Frage kann nichts anderes als ein klares Ja sein. Auch wenn
Luther Fleisch vom Fleische des westlichen Christentums ist, auch wenn
die Reformation in ihrem Ursprung „eine Krise der Kirche des
Westens“24 war, ist Luthers Person und Wirkung zum Schicksal für das
Christentum geworden und die Gestalt den ganzen Christenheit
umgeformt. Schon 1519 war auch die Orthodoxe Kirche in die
Auseinandersetzung Luthers mit Rom einbezogen25.
Nach Ioannis Karmiris gehört Luther „zur weltweiten Christenheit und
Theologie“26 und nicht nur dem Protestantismus oder dem westlichen
Christentum. Sein Denken hat „tiefe Spuren auf die ganze christliche
Kirche und die Theologie“27 hinterlassen. Es ist also ganz konsequent
wenn Johannes Panagopoulos bemerkte, dass die Orthodoxe Theologie
heute Luther und seinem theologischen Anliegen gegenüber nicht als
„neutraler Beobachter“ am Rande stehen und den Reformator als
„Phänomen der westlichen Christenheit“ abtun darf28.Sie hat vielmehr
„vor allem die Legitimität von Luthers Anliegen selbst“ anzuerkennen
5
und dem Reformator „den gebührenden Platz in der Kirchen- und
Theologiegeschichte“ einzuräumen29.
Hat nun Martin Luther diesen, ihm gebührenden Platz, im Kontext der
Orthodoxen
Theologie, etwa
im Rahmen
der zeitgenössischen
Ökumenischen Bewegung, gefunden? Es steht außer Zweifel, dass
Orthodoxie und Protestantismus sich innerhalb dieser Bewegung sich
näher kennengelernt haben, dass dadurch viele Vorurteile abgebaut, viele
Missverständnisse aufgeräumt und gegenseitiges Misstrauen weitgehend
überwunden worden sind. Auch wenn man in Betracht zieht, dass es im
ökumenischen
Gespräch
zwischen
Orthodoxie
und
Luthertum
„prinzipiell um die Klärung der konfessionellen Positionen und nicht um
die Sache Luthers selbst“30 ging, so dürfte doch selbstverständlich sein,
dass im Rahmen der ökumenischen Verständigung die Einstellung zu
Luther sich entsprechend geändert hat. Die Orthodoxe Theologie
reagierte jedoch zunächst zögernd. Eine umfassende theologische
Auseinandersetzung mit Luther blieb lange Zeit ein Desiderat.
Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem neuen orthodoxen
Lutherverständnis war das im Orthodoxen Zentrum des Ökumenischen
Patriarchats in Genf anlässlich des Lutherjahres 1983 vom 25. April –
29. Mai 1982 veranstaltete Seminar über Luther, in dem zentrale Themen
der Lutherischen Theologie (Rechtfertigung, Glaube und Werke, Wort
und
Sakrament,
Ekklesiologie,
Zwei-Reiche-Lehre
u.
a.)
aus
protestantischer, katholischer und orthodoxer Sicht behandelt wurden31.
Ob man hier von der Einleitung einer entscheidenden Wende im
orthodoxen Lutherverständnis reden kann, sei dahingestellt 32. Wie dem
auch sei, erschien im Jahre 1991 die erste orthodoxe theologische
Monographie zur Theologie Luthers33.
6
Vasilios Makrides hat neulich daran erinnert, dass, schon beim ersten
offiziellen Briefwechsel zwischen den Tübinger reformatorischen
Theologen und dem Ökumenischen Patriarchen Ieremias II34, „das
fehlende
Stillstehen
ihres
Sinnes,
ihres
Verstandes“,
jene
„Unzufriedenheit mit dem Tradierten und den bereits etablierten
theologischen
Erkenntnissen
sowie
das
ständige,
unaufhörliche
Fragestellen, Antwortgeben und Streben nach dem Neuen“, seitens des
Patriarchen „als die Grunddifferenz zwischen Orthodoxen und
Protestanten“ bzw. als „die Grundkrankheit des westlichen Geistes“
herausgestellt wurde35. Trotz „einer gewissen Wandlung“ ihrer Haltung,
bleibt nach Vasilios Makrides der Grundtenor der orthodoxen Theologen
gegenüber Luther derselbe. Er schreibt: „Obwohl man von einer
gewissen Wandlung der orthodoxen Perspektive auf Luther und die
Reformation durchaus sprechen kann, ist es doch das Anliegen der
meisten Studien, unter anderem den problematischen Umgang Luthers
mit der kirchlichen Tradition und die orthodoxe Überlegenheit sowohl
gegenüber dem Protestantismus als auch gegenüber dem Römischen
Katholizismus hervorzuheben. Das Fehlen eines Reformators wie Luther
und einer Reformation im Orthodoxen Christentum wird daher als ein
klarer ‘Vorteil’ für die Orthodoxie und ihre geschichtliche Entwicklung
sowie als ein großes Problem für die fehlgeleitete westliche Christenheit
erachtet“36.
Es ist natürlich nicht leicht, dass die Wende im orthodoxen
Lutherverständnis sich schnell festigt. Ich halte es aber für sehr wichtig,
dass bei vielen bedeutenden orthodoxen Theologen die Ansicht sich
durchzusetzen beginnt, dass es an der Zeit sei, eine tiefere
Auseinandersetzung mit Luthers Theologie einzuleiten, und zwar
dadurch, dass der Zugang zu Luther nicht mehr über die Lehrsätze der
7
reformatorischen Bekenntnisschriften gesucht und gefunden wird,
sondern als direkte theologische Auseinandersetzung mit Luthers
Schriften und seiner Theologie selbst erstrebt wird. Es wird immer
deutlicher, dass der Weg zu einem echten Lutherverständnis durch die
Weimarer Ausgabe hindurch führt.
3.
Testfall „Freiheit“
Ich habe schon vor über zwanzig Jahren den Vorschlag gemacht
und bis heute bestehe ich darauf, dass dieses neue Gespräch der
orthodoxen Theologen mit Luther zunächst um das Thema „christliche
Freiheit“ zentriert werden könnte, worin alle wichtigen theologischen
Probleme zusammenlaufen. Das Freiheitsproblem wurde im orthodoxprotestantischen Gespräch schon immer als fundamental angesehen, es
war ein ständiger Streitpunkt und auch heute ist es ein Hauptthema der
Theologie.
Im
offiziellen
orthodox-lutherischen
Dialog
mögen
interessante und wichtige Texte zu den Grundthemen der Theologie
erstellt werden, der eigentliche Luther hat aber dort nicht die Chance
zum Zuge zu kommen. Denn die kirchlichen Dokumente sind nüchtern,
ausgewogen, fast kühl. Den Hauch des lebendigen Luthers mit seiner
Schärfe und Frische, mit seiner Ursprünglichkeit und Sprachgewalt,
sucht man hier vergebens.
Bei einem offenen theologischen Gespräch über die christliche Freiheit
wäre es wohl anders. Freiheit ist jener Grundbegriff, der das Herzstück
von Luthers Anschauung bezeichnet und eine Schüsselstellung in seiner
Theologie einnimmt. Freiheit ist das Banner des Kampfes gegen Rom.
Um das Thema Freiheit dreht sich Luthers Auseinandersetzung mit
Erasmus. Zum ersten mal in einem Brief vom 11. 11. 1517 und dann in
8
27 anderen
Briefen
unterschreibt
Luther sogar als „Martinus
Eleutherius“, „Martin der Freie, der Befreite“, nach 1. Kor. 7, 22.
Wahrlich nie stand, seit Paulus, der Freiheitsbegriff im Zentrum der
Theologie, wie bei Martin Luther.
Es ist nicht verwunderlich, dass Luther als Theologe der Freiheit im
Zentrum
der
Theologie
Freiheitstheologie
würde
steht.
auch
Das
dem
Gespräch
mit
gegenwärtigen
Luthers
orthodox-
protestantischen theologischen Diskurs neue Dimensionen eröffnen.
Luther beschreibt das Wesen der christlichen Freiheit epigrammatisch in
den berühmten Sätzen seiner Schrift „Von der Freiheit eines
Christenmenschen“: „Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle
Dinge und niemand untertan. Ein Christenmensch ist ein dienstbarer
Knecht aller Dinge und jedermann untertan“37. Hier wird die theologisch
fundamentale Unterscheidung und Einheit von Glauben und Liebe als
das Wesen der christlichen Freiheit herausgestellt.
Ernst Benz meinte, bekanntlich, dass das westliche Christentum in seiner
reformatorischen Prägung den Weg gegangen ist, „den ersten Teil des
Lutherischen Doppelsatzes aufs stärkste zu unterscheiden“38. So wurde
in der westlichen Freiheitsgeschichte die „Freiheit des Individuums“
betont,
„die
Freiheit
Entfaltungsmöglichkeiten
staatlichen
oder
von
der
kirchlichen
einer
Beeinträchtigung
menschlichen
oder
Persönlichkeit
sozialen
Zwang“39.
aller
durch
Im
morgenländischen Christentum liegt dagegen der Nachdruck auf dem
zweiten Teil der Freiheitsformel Luthers, auf der Freiheit als Liebe. Hier
herrscht ein anderer Geist. Der Christenmensch pocht nämlich nicht auf
„die Ableitung bestimmter Rechte für sich selbst“, sondern er sieht sich
„in die Ordnung der Liebe hineingestellt, die nur in der ständigen
Selbstüberwindung an den Nächsten verwirklicht werden kann“40.
9
Ernst Benz verweist zu Recht auf die Eigenart beider Traditionen, in
denen er keine „sich ausschließenden Gegensätze“, sondern „fruchtbare
Spannungselemente“41,
„Sonderanliegen
des
christlichen
Menschenbildes“42, sieht, die wohl dem Dialog zwischen Ost und West
ein besonderes Gepräge geben.
Ein wichtiger Streitpunkt im orthodox-protestantischen theologischen
Gespräch um die christliche Freiheit bleibt der Subjektivismus- und
Cartesianismus-
Verdacht
in
Bezug
auf
Luthers
theologisches
Grundanliegen, der im Westen von Paul Hacker mit einmaliger Schärfe
ausgesprochen wurde. Luther wurde hier als der „Descartes der
Theologie“
dargestellt,
als
derjenige,
der
an
die
Stelle
der
Glaubenswahrheit die Glaubensgewissheit, an die Stelle der Kirche das
heimatlose Subjekt setzte. „Wie der ‘Reformator der Philosophie’
Descartes die Wahrheit des Seienden auf der Selbstgewissheit des
denkenden Ich zu begründen unternahm, so hatte schon ein Jahrhundert
früher der ‘Reformator’ der christlichen Religion das Heil (das man das
wahrhafte Sein des Menschen nennen könnte) derart an die Gewissheit
des glaubenden Ich von diesem Heil geknüpft, dass in seiner Lehre die
Gewissheit des Ich das Heil setzt“43.
Hackers These ist viel diskutiert worden, die Sache hat sich aber nicht
geklärt. Hier existiert ein echtes Problem, das wahrscheinlich auch in der
Zukunft im ökumenischen Gespräch ein Zankapfel bleiben wird. Auch
wenn für Luther zwar nicht ein in seiner Selbstgewissheit das Heil
setzendes Ich und ein als Leistung des Menschen verstandener Glaube
im Mittelpunkt steht, sondern vielmehr die göttliche Gnade, auch wenn
wir akzeptieren, dass der Glaube das Heil nicht konstituiert, sondern
rezipiert, der Umstand, dass der „Durchbruch zur Bewusstheit in
unserem Stehen vor Gott… gleichsam in der Spitze unseres Ich“
10
erfolgt44, die Tatsache, dass das Individuum coram Deo vor der Kirche
steht, sowie Luthers beharrliche Betonung des Glaubensmoments und
der Gewissheit des „pro me“, können, im Zusammenhang anders
gewichteter Theologien betrachtet, leicht den Schluss nahelegen, hier
handle es sich um einen religiösen Individualismus, für den nur die
Heilsgewissheit des Einzelnen wichtig ist. Nietzsche hat auch hier
scharfsinnig eingehakt: „Das ‘Heil der Seele’ – auf deutsch: ‘die Welt
dreht sich um mich’“45.
Die Subjektivismus-Thematik, das Problem der individualistischen
Verengung der Rechtfertigungslehre, hat für das Gespräch der
Orthodoxen Theologie mit Luther große Wichtigkeit. Nach orthodoxer
Auffassung kann das Luthertum sich nicht vom Einfluss des
Individualismus befreien, da dieser in seinen Fundamenten angelegt ist 46.
Man wird zwar Oswald Bayer vorerst zustimmen, dass Luther das
Rechtfertigungsgeschehen „in seiner sozialen, ja kosmischen Weite“
ebenso wahrgenommen habe, wie „in seiner existentiellen Tiefe“47, kann
man aber schlecht leugnen, dass der lutherische Nachdruck auf den
individuellen Glauben, dem orthodoxen Personalismus und dem
orthodoxen ekklesiozentrischen Glaubensempfinden in gewissem Sinne
fremd ist. Bei Megas Farandos kann man sogar folgendes lesen: „In der
orthodoxen Ekklesiologie fehlt jeder Gedanke, der irgendeinen Bezug zu
Luthers ‘pro me’ hätte. Ich würde hinzufügen: dies ist der tiefere Grund,
weshalb
in
der
Orthodoxen
Theologie
eine
systematische
Rechtfertigungslehre nicht existiert. Ich würde es wagen zu behaupten,
dass es für das orthodoxe Denken eine Sünde ist, sich um die eigene
individuelle Rechtfertigung und das individuelle Heil zu kümmern. Gott
sorgt für mich!“48. Friedrich Heyer weist in die richtige Richtung, wenn
er
sagt:
„Die
Orthodoxie
ist
nie
in
die
individualistischen
11
Fragestellungen des Abendlandes eingebogen. Ihre Gläubigen fragen
weder: wie bekomme ich einen gnädigen Gott? noch: darf ich meines
Heiles denn auch gewiss sein?....... Der in der Inkarnation Christi
ontologisch
begründete
Heilsuniversalismus
machte
solche
Fragestellungen nicht möglich und nicht nötig“49.
In der Orthodoxen Theologie wird die wesenhafte Relation der Freiheit
auf die Kirche betont. Die Kirche ist nach Ioannis Zizioulas „die Stätte
der Freiheit und der katexochen Ort der Person“50. „Der Mensch ist, was
er ist, wenn er an der kirchlichen Gemeinschaft teilhat“ sagte Nikos
Nissiotis51.
„Das
Christentum
ist
die
Kirche“
und
„keine
individualistische Religion“ fügt Georg Florowski52 hinzu. Der
Unterschied zwischen Orthodoxie und Protestantismus könnte durch eine
Gegenüberstellung
von
Luthers
„Von
der
Freiheit
eines
Christenmenschen“ mit der orthodoxen Summa des christlichen Lebens
von Nikolaos Kabasilas „Vom Leben in Christus“ gut veranschaulicht
werden, eines Werkes, das auch den Titel „Von der gemeinsamen
kirchlichen Freiheit“ tragen könnte. Den Aussagen über den Glauben
und der Beschreibung des Christenmenschen als eines „inwendigen“
Menschen in Luthers Freiheitstraktat entspricht nämlich in der von der
Orthodoxen Theologie hochgeschätzten Schrift von Kabasilas eine
Darstellung des sakramentalen Lebens der Kirche.
Wie dem auch sei, die Präponderanz der Freiheit als theologisches
Vermächtnis Luthers stellt für die Orthodoxe Theologie eine ernsthafte
Herausforderung dar und muss, trotz der genannten Probleme, auch
hinsichtlich der Begegnung des orthodoxen Christentums mit der
zeitgenössischen abendländischen Kultur sehr ernst genommen werden.
12
4.
Orthodoxe Anfragen und Perspektiven
anlässlich des Jubiläums
1. Es ist wirklich an der Zeit, dass Luther seinen Platz im
orthodoxen theologischen Diskurs findet. Dies ist nicht bloß eine
Forderung im Rahmen der ökumenischen Verständigung, sondern ergibt
sich
aus
der
Relevanz
seines
theologischen
Anliegens:
der
Wiedergewinnung der wahren christlichen Ursprünglichkeit. Ich habe die
Weimarer Ausgabe in meinem Büro an der Theologischen Fakultät zu
Athen, nicht „hinter einem indonesischen Teppich“, wie bei Karl Barth,
jedoch ziemlich unberührt, als hätte man wirklich, um noch einmal mit
Karl Barth zu reden, sehr viel Angst vor dem, was in dieser „Büchse von
Pandora“
doch
stecken
könnte.
Gewiss,
zur
Öffnung
dieser
Schatzkammer braucht man Mut, theologisches Wissen und theologische
Phantasie und natürlich, ökumenische Offenheit. Zurzeit werden unsere
Theologiestudenten und – Studentinnen immer noch über den Innen
„Protestantismus“ im Allgemeinen belehrt – in der Konfessionskunde
und in der Kirchengeschichte – und nicht primär über Luthers Theologie.
2. Es ist sehr positiv, dass der Dialog zwischen Orthodoxie und
Luthertum weitergeführt wird im Rahmen des Weltkirchenrats und der
KEK, zwischen dem Lutherischen Weltbund und der Gesamtorthodoxie,
in bilateralen Begegnungen von einzelnen orthodoxen und lutherischen
Kirchen, sowie auf der Ebene der akademischen Theologie. Allerdings ist
die ökumenische Euphorie längst verflacht. Nach der Auflösung der
kommunistischen Lagers und der großen Wende von 1989, hatte die
Mehrheit der orthodoxen Kirchen immense Probleme zu lösen. In dieser
schwierigen Zeit konnte die ökumenische Perspektive schwerlich im
13
Vordergrund stehen. Auch die Haltung der Nicht - Orthodoxen mit ihren
Reevangelisierungs-
und
Proselytismus-
Versuchen
in
den
osteuropäischen Ländern, hat den ökumenischen Geist nicht gerade hat
gestärkt. All das zeigt, dass der Wille zur Ökumene, sehr Leicht die
Priorität
im
kirchlichen
Handeln
einbüßen
kann.
Auch
die
Zentralstellung, welche die anthropologischen und die ethischen Themen
beanspruchen, was als Paradigmenwechsel in der Ökumene gewertet
wird, bedeutet neue Probleme nicht nur im Bereich des Handelns,
sondern auch auf dogmatischer Ebene. Eine zusätzliche Schwierigkeit des
Ökumenismus ist verbunden mit der Multikulturalität und dem
postmodernen Zauber der Besonderheit und des Andersseins, als
Reaktion gegen die Globalisierung.
Ein ernstes Problem der Ökumene ist auch die mangelhafte
Rezeption der ausgearbeiteten gemeinsamen Texte. Ich glaube, dass das
Reformations-Gedenkjahr eine gute Gelegenheit ist, den RezeptionsProzess vorwärts zu treiben und die Errungenschaften des ökumenischen
Dialogs, die riesige Arbeit und den bedeutenden theologischen und
kirchlichen Ertrag, dem Kirchenvolk bekannt zu machen. Die Gläubigen
müssen endlich den existentiellen Sinn der ökumenischen Bemühungen,
sowie ihre Tragweite für Kultur und Gesellschaft, für Versöhnung und
Frieden entdecken.
3. Johannes Panagopoulos sagte vor etwa drei Jahrzehnten, dass
das
„bleibend
Lutherische“,
für
Anhänger
und
Anfechter
des
Reformators, in der Forderung besteht, „die Kirche wieder zu entdecken,
deren Fehlentwicklung er so energisch und gewissenhaft bekämpf hat“53.
Die Orthodoxie blickt auf eine ungebrochene Kontinuität seit den ersten
Jahrhunderten zurück, die uns sogar von Adolf Harnack bestätigt wurde.
Das ist nicht mit Traditionalismus, Passivität oder fraglose Akzeptanz der
14
Vergangenheit gleichzusetzen. Tradition ist nicht Fixierung auf
die
Vergangenheit, sie ist die Beständigkeit und die Fülle des kirchlichen
Lebens, ein anderer Name für die Einheit, Heiligkeit, Katholizität und
Apostolizität der Kirche. Orthodoxe Theologie kann den Protestanten
helfen, den wahren Sinn der Katholizität der Kirche, im Rahmen der
eucharistischen Ekklesiologie, für die die Ortskirche die „katholische
Kirche“ ist, zu entdecken und als Ausdruck auch ihrer eigenen
kirchlichen Identität, wieder, etwa in das Nizäokonstantinopolitanum,
einzuführen.
4. Das Reformationsjubiläum ist eine Gelegenheit, dass das
Weltluthertum einen neuen Zugang findet zur Orthodoxie, zu ihrer
Geschichte und ihrer Gegenwart. Orthodoxie ist gewiss nicht gleich
Orthodoxismus, Ethnozentrismus, Liturgismus u.a. Ich glaube, dass es
der Tiefendimension des Geistes Martin Luthers entspräche, wenn das
heutige Luthertum mehr Interesse für die Orthodoxe Theologie zeigte,
ihre
Ekklesiologie,
ihr
liturgisch–asketisches
Wesen,
ihre
kirchenväterliche Ausrichtung, für das Mönchtum usw. Die Orthodoxie
hat es gewusst, „eschatologische Antikörper“54 zu entwickeln, welche die
Kirche vor der Verweltlichung und vor einer Identifizierung mit
geschichtlichen Mächten schützten. Auch war das 20. Jahrhundert eine
sehr produktive Zeit für die Orthodoxe Theologie.
5. Die Orthodoxie ist, vor dem Großen Panorthodoxen Konzil,
gezwungen mit Bedacht vorzugehen, und gerade am Vorabend dieses
Konzils, vorschnelle Schritte zu unterlassen. So sind in der Ökumene
seitens der Orthodoxie in der nächsten Zeit keine spektakulären Gesten zu
erwarten. Grundsätzlich hat die Orthodoxe Kirche nie Schwierigkeiten
gehabt mit dem Prinzip der „Einheit in der Vielfalt“, das für sie Ausdruck
der eucharistischen Ekklesiologie und der Synodalität der Kirche ist. In
15
der Geschichte der ungeteilten Kirche meinte Einheit nie eine
zentralistische Einheitlichkeit. „Gerade die ungeteilte Kirche zeigte eine
beneidenswerte Flexibilität und Mannigfaltigkeit, die eine Einheit der
Kirche in der Vielfalt der Sondertraditionen und Ausdrucksmöglichkeiten
des einen Glaubens bedeuteten“55. Seit alters her betet unsere Kirche in
ihrer Liturgie, in der sich für die Orthodoxie die wahre Einheit der Kirche
manifestiert, „um die rechte Standhaftigkeit der heiligen Kirchen Gottes“.
6. Die Aufgaben der Kirchen und der Theologie werden in der
Zukunft,
angesichts
der
heutigen
großen
Herausforderungen,
gesamtchristliche Perspektive haben. Es ist wohl charakteristisch für
unsere innerchristlichen Widersprüche, dass wir uns plötzlich heute, nach
unseren ökumenischen Fortschritten und Rückschlägen, nach den
endlosen Tagungen und Vertagungen zur Sache der wahren Einheit der
Kirche, mit Problemen konfrontiert, sahen und mit den Dringlichkeiten
einer „Ökumene der Religionen“, denen gegenüber unsere „Ökumene der
Kirchen“ als „christlicher Provinzialismus“ erscheinen musste. Wir sind
mit Problemen konfrontiert, wie Zusammenleben in den multikulturellen
und
multireligiösen
Gesellschaften,
postmoderne
Beliebigkeit,
Mystifizierung der kulturellen Identität und drohender Krieg der
Zivilisationen, ethische Probleme, die mit dem wissenschaftlich –
technischen
Fortschritt
zusammenhängen,
neue
planetarische
ökologische, soziale und ökonomische Probleme usw., alles globale
Herausforderungen, die die Grenzen von Kulturen, Religionen,
Konfessionen, Staaten und Ökonomien sprengen und gemeinsamer
Behandlung bedürfen. Denn sie tangieren nicht nur unsere religiösen
Traditionen, nicht nur die Errungenschaften unserer Freiheitsgeschichte,
die Rechte und die Würde der menschlichen Person, sie relativieren nicht
nur viele Selbstverständlichkeiten des freiheitlichen Zusammenlebens
16
und der „Kultur der Menschheit“, sondern sie bedrohen sogar das schiere
Überleben des Menschengeschlechts. Das Gedeihen der innerchristlichen
Verständigung ist angesichts dieser Herausforderungen lebenswichtig.
Die christliche Botschaft muss mutig in diese Welt hinein gesagt und –
interpretiert werden. Luther lehrt uns allen, dass das Licht der Theologie
„auf den Leuchter“ und nicht „unter den Scheffel“ gestellt werden muss.
7. Luther bedeutet eine Zäsur in der Geschichte des Christentums,
Europas, ja der Weltgeschichte. Er gehört sicherlich zu den Protagonisten
des zweiten nachchristlichen Jahrtausends, den keine Epoche mehr
ignorieren kann. Das kommende Jubiläum ist ein guter Anlass sich der
Person und der Wirkung Luthers aus verschiedenen Perspektiven
anzunähern.
Das Reformations – Gedenkjahr 2017 ist auch für die Orthodoxe Kirche
eine ökumenische Herausforderung. Wir Orthodoxe werden das
Jubiläum 2017 nicht bloß „unseren lutherischen Mitgeschwistern
zuliebe“ feiern, wie der orthodoxe Theologe und Geistlicher Daniel Buda
meinte56, sondern wir sollen feiern, weil Luthers theologisches Erbe auch
uns angeht, weil es nicht nur dem Protestantismus gehört.
Die Beschäftigung mit Luther war für mich eine innere Bereicherung.
Luther führt zu den Ursprüngen, er zerschmettert die Götzen, er lehrt den
existenziellen Ernst des Glaubens, er ist eine Quelle der Inspiration für
unser christliches Zeugnis. Luther stärkt unser Selbstvertrauen als
Theologen. Die Reformation ist aus der theologischen Arbeit und
Einsicht Luthers hervorgegangen. Luther fordert uns alle, Protestanten,
Katholiken und Orthodoxe auf, unser christliches Selbstverständnis und
unsere theologische Aufgabe neu zu bedenken. In diesem Sinne gehört
die Erarbeitung solider Lutherkenntnisse zur jeder ökumenischen und
offenen theologischen Ausbildung.
17
Ich als orthodoxer Christ und Theologe, möchte mir, einen der
größten Denker des Glaubens, Martin Luther, nicht nehmen lassen. Er
gehört uns allen, nicht nur als Klassiker der Theologie, sondern als
Lehrer der christlichen Freiheit und als Kämpfer für diese Freiheit, „den
höchsten Schatz, den wir haben mögen“57. Die „befreite Freiheit“ ist das
unschätzbare Vermächtnis Luthers. Weil Freiheit das Zentrum der
Theologie ist, sind wir alle aufgefordert, in der heutigen tiefen Krise der
Freiheit, die Freiheit des Christenmenschen im innerchristlichen und im
interreligiösen
Gespräch,
sowie
in
der
Begegnung
mit
der
zeitgenössischen Kultur mutig einzubringen. Streiten für die Wahrheit
der Freiheit wäre die beste Art das Reformationsjubiläum zu feiern.
Anmerkungen
1. E. Friedell, Kulturgeschichte der Neuzeit. Die Krisis der europäischen
Seele von der Schwarzen Pest bis zum Ersten Weltkrieg, 2 Bde, München
1976, I, 270.
2. G. Ebeling, „Ist doch die Lehre nicht mein. Zur Befreiung Luthers und
seiner Wirkungsgeschichte“, in: Evangelische Kommentare 17 (1984)
127-130, hier 128.
3. A.a.O. 127.
4. G. W. F. Hegel, Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte,
Werke, Suhrkamp Ausgabe, Frankfurt a. M. 1971, XII, 491.
18
5. G. W. F. Hegel, Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie,
Werke, XX, 50.
6. L. Feuerbach, Das Wesen des Glaubens im Sinne Luthers, Werke,
hrsg. von E. Thies, Frankfurt a. M. 1975 ff., IV, 7-68.
7. K. Marx, Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie, in: ders., Die
Frühschriften, hrsg. von S. Landshut, Stuttgart 1971, 217.
8. F. Nietzsche, Der Antichrist, Werke, hrsg. von K. Schlechta, München
1969, II, 1234 (61).
9. M. Scheler, Von zwei deutschen Krankheiten, Werke, hrsg. von Maria
Scheler und M. S. Frings, Bern / München, 1953 ff., VI, 204-219, hier
208-209. Siehe dazu K. Delikostantis, „Luther und der europäische
Subjektivismus. Gedanken zu Max Schelers Lutherkritik“, in: H.
Bielefeldt u. a. (Hrsg.), Würde und Recht des Menschen. Festschrift für
Johannes Schwartländer zum 70. Geburtstag, Würzburg 1992, 289-307.
10. Th. Mann, Deutschland und die Deutschen, Schriftenreihe
„Ausblicke“, Bermann / Fischer Verlag, Stockholm 1947, 18.
11. A.a.O. 19.
12. A.a.O. 17.
13 A.a.O. 18.
14. E. Bloch, Thomas Münzer als Theologe der Revolution, Werke,
Frankfurt a. M. 1969, II und H. Marcuse, „Studie über Autorität und
Familie“, in: ders., Ideen zu einer kritischen Theorie der Gesellschaft,
Frankfurt a. M. 1976, 55-156.
15. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.06.1980.
16. E. Maurer, Luther, Freiburg/Basel/Wien 1999, 149.
17. P. Hacker, Das Ich im Glauben bei Martin Luther, Graz/Wien/Köln
1966.
19
18.
P.
Manns, „Fides
absoluta
–
Fides
incarnata.
Zur
Rechtfertigungslehre Luthers im Großen Galater-Kommentar“, in: E.
Iserloh - K. Repgen (Hrsg.), Reformata Reformanda. Festgabe für
Hubert Jedin, 1. Teil, Münster 1965, 265-312. Ders., „Was macht Martin
Luther zum ‘Vater im Glauben’ für die eine Christenheit?“, in: R. Decot
(Hrsg.), Peter Manns. Studien zur Theologie Martin Luthers. Festgabe
zum 65. Geburtstag, Stuttgart 1988, 400-423.
19. G. Müller, „Der fremde Luther – Die Last der Tradition im
neuzeitlichen Protestantismus", in: Weder Ketzer noch Heiliger. Luthers
Bedeutung für den ökumenischen Dialog, Regensburg 1982, 93-122, hier
93.
20. K. Barth, Nachwort zur Schleiermacher – Auswahl, hrsg. von H.
Bolli, München / Hamburg 1968, 290-312, hier 302.
21. G. Ebeling, „Was Luther mir bedeutet“, in: ders., Umgang mit
Luther, Tübingen 1983, 1-7, hier 7.
22. H. E. Tödt, „Luthererinnerung im Gedenkjahr 1983“, in: Zeitschrift
für evangelische Ethik 29 (1985) 409-437, hier 437.
23. W. Pannenberg, „Der ‘Vater im Glauben’ – Luthers ökumenische
Aktualität“, in: U. Hahn – M. Mügge (Hrsg.), Martin Luther – Vorbild
im Glauben. Die Bedeutung des Reformators im ökumenischen
Gespräch, Neukirchen-Vluyn 1996, 76-86, hier 76-77.
24. G. Florowski, „Die orthodoxen Kirchen und die ökumenische
Bewegung bis zum Jahre 1910“, in: R. Rouse – S. Ch. Neill (Hrsg.),
Geschichte der Ökumenischen Bewegung 1517-1948, 1. Teil, Göttingen
1957, 231-296, hier 238.
25. In der Leipziger Disputation (1519) berief sich Luther zur Stützung
seines Anliegens und zur Bekämpfung römisch - katholischer Ansprüche
auf die Tradition und Autorität der griechisch-orthodoxen Kirche. Vor
20
allem die Nichtanerkennung des päpstlichen Primats seitens der
Orthodoxen Kirche diente Luther als Argument gegen Rom und als
Beweis für die Existenz und die Berechtigung eines kirchlichen
Christentums außerhalb des päpstlichen Machtbereichs. Darüber hinaus
verteidigte Luther im Laufe der Disputation mit Eck die Kirche des
Ostens gegen Ecks Vorwurf, diese sei schismatisch oder gar häretisch. Er
verwies dabei auf die vielen Märtyrer und Heiligen sowie auf die großen
Theologen und Kirchenväter, die diese Kirche hervorgebracht hat und
nannte die östliche Kirche „den besseren Teil der universalen Kirche“,
„meliorem partem universalis ecclesie“. (Disputatio Iohannis Eccii et
Martini Lutheri Lipsiae habita (1519), Werke (Weimarer Ausgabe), 2,
280, 5). Seine positive Ansicht über die östliche Kirche hat jedoch
Luther nicht gänzlich aufrecht erhalten. Nach eingehender Beschäftigung
mit der Geschichte dieser Kirche meinte er, auch dort analoge
Entwicklungen zu denen der römischen Kirche zu erkennen. „Also haben
die zwei Kirchen, Rom und Konstantinopel, gehadert um den nichtigen
Primat, mit eitel faulen, lahmen, vergeblichen Zoten (zwecklosem
Geschwätz), bis sie zuletzt der Teufel alle beide gefressen hat, die zu
Konstantinopel durch den Türken und Mohammed, die zu Rom durch
das Papsttum und seine lästerlichen Dekreten“. (M. Luther, Von den
Konziliis und Kirchen, WA, 50, 577, 30-578,2).
Luthers begrenztes Interesse für die Orthodoxe Kirche ist freilich, was
seine Auswirkungen angeht, von großer Tragweite. Die Äußerungen
Luthers blieben prägend für die Haltung des Protestantismus zum
östlichen Christentum. Nicht nur wurde dieses durch die Leipziger
Disputation plötzlich in die Auseinandersetzung zwischen Luther und
der römischen Kirche hineingezogen, es wurde und blieb auch ein
Gegenstand der Aufmerksamkeit für die Protestanten.
21
26. I. Karmiris, Martin Luther, Athen 1983, 7 (gr.)
27. A.a.O. 14.
28. J. Panagopoulos, „Luther außerhalb des Luthertums: Orthodoxe
Sicht“, in: Concilium 12 (1976) 497-501, hier 498.
29. Ibid.
30. A.a.O. 499.
31. Luther et la Réforme Allemande dans une perspective oecuménique,
Chambésy / Genève 1983.
32. Vgl. K. Delikostantis, „Wandlungen der Lutherdeutung in der
Orthodoxen Theologie. Anmerkungen zum orthodox – protestantischen
Gespräch“, in: Diakonia. In memoriam B. Stogiannos, Aristoteles
Universität
Thessaloniki,
Wissenschaftliches
Jahrbuch
der
Theologischen Fakultät, Thessaloniki 1988, 393-405.
33. D. Tselengidis, Luthers Soteriologie. Ein Beitrag zur Erforschung
der Theologie Luthers aus orthodoxer Sicht, Pournaras, Thessaloniki
1991 (gr).
34.
Vgl.
D.
Wendebourg,
Reformation
und
Orthodoxie.
Der
ökumenische Briefwechsel zwischen der Leitung der Württembergischen
Kirche und Patriarch Ieremias II. von Konstantinopel in den Jahren
1573 – 1581, Göttingen 1986. Vgl. auch A. Kallis, Das hätte ich gerne
gewusst. 100 Fragen an einen orthodoxen Theologen, Münster 2003,
343: Dieser Briefwechsel was „eine Dokumentation des guten Willens
und der Unfähigkeit, den Dialogpartner zu verstehen. Während das
Anliegen der Reformation dem Patriarchen verschlossen blieb,
argumentierten die Tübinger ihm gegenüber, als ob sie mit einem
römischen Theologen sprächen“.
35. V. N. Makrides, „Ohne Luther. Einige Überlegungen zum Fehlen
eines Reformators im Orthodoxen Christentum“, in: H. Medick – P.
22
Schmidt (Hrsg.), Luther zwischen den Kulturen. Zeitgenossenschaft –
Weltwirkung, Göttingen 2004, 318-333, hier 333.
36. A.a.O. 336.
37. M. Luther, Von der Freiheit eines Christenmenschen (1520), WA 7,
21, 1- 4.
38.
E.
Benz,
„Menschenwürde
und
Menschenrecht
in
der
Geistesgeschichte der Östlich-Orthodoxen Kirche“, in: ders., Die
russische Kirche und das abendländische Christentum, München 1966,
74-115, hier 75.
39. Ibid.
40. A.a.O. 89.
41. A.a.O. 110.
42. A.a.O. 111.
43. P. Hacker, Das Ich im Glauben bei Martin Luther, 12.
44. A. Peters, Glaube und Werk. Luthers Rechtfertigungslehre im Lichte
der heiligen Schrift, Berlin / Hamburg 1967, 263.
45. F. Nietzsche, Der Antichrist, Werke, II, 1205(43).
46. Vgl. N. Matsoukas, Der Protestantismus, Thessaloniki 1995, 38
(gr.).
47. O. Bayer, „Was ist Rechtfertigung? Grund und Grenze der
Theologie“, in: Evangelische Kommentare 23 (1990) 659-663, hier 659.
48. M. Farandos, Die Rechtfertigungslehre Luthers und die Frage nach
der Kirche, Athen 1983, 39 (gr.).
49.
F.
Heyer,
„Orthodoxe
Theologie“,
in:
ders.
(Hrsg.)
Konfessionskunde, Berlin / New York 1977, 132-201, hier 173 - 174.
50. I. Zizioulas, „Das Recht der Person“, Akten der Akademie der
Wissenschaften Athen 72 (1997) 585-602, hier 600 (gr.).
23
51. N. Nissiotis, Die Theologie der Ostkirche im Ökumenischen Dialog.
Kirche und Welt in orthodoxer Sicht, Stuttgart 1968, 49.
52. G. Florowski, „Die Kirche: ihre Natur und ihr Werk“, in: ders.,
Heilige Schrift, Kirche, Tradition, übers. von D. Tsamis, Thessaloniki
1976, 78-99, hier 97 (gr.).
53. J. Panagopoulos, „Luther außerhalb des Luthertums: Orthodoxe
Sicht“ 500.
54. J. D. Zizioulas, „Kirche und Eschata“, in: P. Kalaitzidis (Hrsg.),
Kirche und Eschatologie, Kastaniotis, Athen 2003, 27-45, hier 41 (gr.).
55. Kallis, Orthodoxie. Was ist das?, Mainz 1979, 34.
56. D. Buda, „Wem gehört 2017? Versuch einer orthodoxen
Perspektive“, in: Ökumenische Rundschau 61 (1/2012) 70-78, hier 78.
57. M. Luther, In die Pvrificacionis Marie (2. Februar 1521),WA,9,570,
24.
24
Herunterladen