Höhere Mathematik für Ingenieure I 1 Vorlesung Höhere Mathematik für Ingenieure I 30.10.2008 PD Dr. S. Bernstein TU Bergakademie Freiberg Höhere Mathematik für Ingenieure I 2 Definition 1 Unter einer Folge reeller Zahlen (oder einer reellen Zahlenfolge) versteht man eine auf N0 erklärte reellwertige Funktion, die jedem n ∈ N0 ein an ∈ R zuordnet: N0 3 n → an ∈ R. Man schreibt hierfür (an)n∈N und (an)n≥0, oder auch a0, a1, a2, . . . . Die Zahlen an heißen Glieder der Folge. Die direkte Vorschrift n → an wird als explizites Bildungsgesetz, die rekursive Definition der an als implizites Bildungsgesetz bezeichnet. Eine Zahlenfolge heißt beschränkt, wenn es reelle Konstanten K1 und K2 gibt mit K1 ≤ an ≤ K2 für alle n ≥ 0. TU Bergakademie Freiberg Höhere Mathematik für Ingenieure I 3 Definition 2 Eine Zahlenfolge (an)n≥0, strebt oder konvergiert gegen den Grenzwert a ∈ R, wenn es zu jeder beliebig kleinen vorgegebenen Schranke ε > 0 einen Index n0 ∈ N gibt, so dass gilt |an − a| < ε für alle n ≥ n0. 1.4 1.2 1.0 0.8 20 40 60 80 100 120 140 TU Bergakademie Freiberg Höhere Mathematik für Ingenieure I 4 Definition 3 Eine Zahlenfolge (an)n≥0, strebt oder konvergiert gegen den Grenzwert a ∈ R, wenn es zu jeder beliebig kleinen vorgegebenen Schranke ε > 0 einen Index n0 ∈ N gibt, so dass gilt |an − a| < ε für alle n ≥ n0. 1.4 1.2 1.0 0.8 20 40 60 80 100 120 140 TU Bergakademie Freiberg Höhere Mathematik für Ingenieure I 5 Definition 4 Eine Zahlenfolge (an)n≥0, strebt oder konvergiert gegen den Grenzwert a ∈ R, wenn es zu jeder beliebig kleinen vorgegebenen Schranke ε > 0 einen Index n0 ∈ N gibt, so dass gilt |an − a| < ε für alle n ≥ n0. 1.4 1.2 1.0 0.8 20 40 60 80 100 120 140 N(ε1) TU Bergakademie Freiberg Höhere Mathematik für Ingenieure I 6 Definition 5 Eine Zahlenfolge (an)n≥0, strebt oder konvergiert gegen den Grenzwert a ∈ R, wenn es zu jeder beliebig kleinen vorgegebenen Schranke ε > 0 einen Index n0 ∈ N gibt, so dass gilt |an − a| < ε für alle n ≥ n0. 1.4 1.2 1.0 0.8 20 40 60 80 100 N(ε2) 120 140 TU Bergakademie Freiberg Höhere Mathematik für Ingenieure I 7 Definition 6 Eine Zahlenfolge (an)n≥0, strebt oder konvergiert gegen den Grenzwert a ∈ R, wenn es zu jeder beliebig kleinen vorgegebenen Schranke ε > 0 einen Index n0 ∈ N gibt, so dass gilt |an − a| < ε für alle n ≥ n0. 1.4 1.2 1.0 0.8 20 40 N(ε1) 60 80 100 N(ε2) 120 140 TU Bergakademie Freiberg Höhere Mathematik für Ingenieure I 8 Satz 1 Für jede konvergente Zahlenfolge (an)n≥0 gilt 1. Der Grenzwert ist eindeutig bestimmt, d.h. aus lim an = a und lim an = b n→∞ n→∞ folgt a = b. 2. Konvergente Zahlenfolgen sind beschränkt, d.h. es gibt eine Konstante K mit |an| ≤ K für alle n ∈ N0. 3. Ist lim an = a, dann konvergiert auch jeder (unendliche) Teilfolge gegen a. n→∞ Definition 7 Man sagt, dass eine Folge (bestimmt) gegen den uneigentlichen Grenzwert ∞ divergiert, wenn zu jedem noch so großem K ∈ R die Ungleichung an ≥ K für alle n > n0(K) gilt. Analog definiert man die bestimmte Divergenz gegen den uneigentlichen Grenzwert −∞. TU Bergakademie Freiberg Höhere Mathematik für Ingenieure I 9 Beispiel 1 Die Zahlenfolge (an)n∈N mit dem allgemeinen Glied 1 1 an = − sin 2 n konvergiert gegen 12 , deshalb haben auch die Teilfolgen 1 1 1 1 am = − sin und am = − sin 2 2m 2 3m den gleichen Grenzwert. 0.48 0.48 0.46 0.46 0.44 0.44 0.42 0.42 0.40 0.40 0.38 20 40 60 80 10 20 30 Blau : an= 0.5 – sin(1/(2n)) Rot : an= 0.5 – sin(1/(3n)) sind Teilfolgen von an= 0.5 – sin(1/(n)) TU Bergakademie Freiberg 40 Höhere Mathematik für Ingenieure I 10 Beispiel 2 Die Zahlenfolge (an)n∈N mit dem allgemeinen Glied π 1 an = − sin n 2 2 ist divergent, da unterschiedliche Teilfolgen unterschiedliche Grenzwerte haben: 1.5 1.0 0.5 10 20 30 40 0.5 TU Bergakademie Freiberg Höhere Mathematik für Ingenieure I 11 Beispiel 3 Die Zahlenfolge (an)n∈N mit dem allgemeinen Glied an = ln n ist bestimmt divergent: 4 3 2 1 20 40 60 80 100 Für alle K > 0 existiert ein n mit an > K : an = ln n > K ⇐⇒ eln n > eK , e10 ∼ 22026, 47; da die e-Funktion streng monoton wachsend ist e100 ∼ 2, 68 · 1043. TU Bergakademie Freiberg ⇐⇒ n > eK Höhere Mathematik für Ingenieure I 12 Gegeben sei I ⊆ R ein Intervall, a ∈ I ∪ {−∞, ∞} und f : I\{a} → R. Die Funktion f kann sehr wohl auch an der Stelle x = a erklärt sein, wir wollen aber nur wissen wie sich die Funktion in der Umgebung des Punktes x = a verhält. Definition 8 Die Funktion f (x) hat für x gegen a den rechtsseitigen Grenzwert (bzw. den linksseitigen Grenzwert) c (in Zeichen lim f (x) = c bzw. x→a+ lim f (x) = c), wenn für jede Zahlenfolge (xn)n≥0 aus I mit xn → a und xn > a x→a− für alle n ( bzw. xn → a und xn < a für alle n) die Zahlenfolge (f (xn))n≥0 gegen c strebt. f (x) hat für x gegen a den Grenzwert c, in Zeichen lim f (x) = c, wenn gilt x→a lim f (x) = lim f (x) = c. x→a+ x→a− Bemerkung 1 Diese Definition gilt nicht nur für endliche Werte a und c, sondern auch für a, c ∈ {−∞, ∞} Man schreibt lim f (x) = c bzw. lim f (x) = c. x→∞ x→−∞ TU Bergakademie Freiberg