Stress und Burnoutprophylaxe – ein Merkblatt Stress Stress bedeutet Anspannung und wurde ursprünglich auf Materialien angewandt. Hans Seyle begann den Begriff auch für Belastungen der Menschen zu gebrauchen. Ausgelöst wird Stress durch Lärm, Hetze, Frustration, Existenzangst, Überforderung, Überlastung, Konflikte, etc. Stress setzt den Organismus unter Druck und bedroht das Wohlbefinden, wenn er länger andauert auch die Gesundheit. Andererseits ist Stress unvermeidlich und wir brauchen ihn sogar, um bessere Bewältigungsstrategien zu erlernen. Es wird auch zwischen Eustress, den man positiv bewertet, unterschieden, wie bei Sport oder anderen gewünschten Herausforderungen, und Distress, bei dem man sich bedroht, überfordert und hilflos fühlt. Stressreaktion Wenn der menschliche Organismus belastet wird, läuft in ihm ein immer ähnliches Muster ab. Sobald das Hirn etwas als Stress wahrnimmt (d.h. etwas das stört und nicht so leicht zu ertragen ist, oder ungewiss, ob man damit fertig werden kann), reagiert es mit der Aktivierung verschiedener Systeme, so dass der Organismus reaktionsbereit ist. Das vegetative Nervensystem, vor allem der Sympathikus, wird aktiviert, die Nebennieren schütten Hormone aus und in kurzer Zeit befinden sich diese im ganzen Körper und erzeugen Wirkungen wie: die Beschleunigung des Herzschlages (höherer Puls und Blutdruck), bessere Durchblutung der Muskeln, die Beschleunigung des Atems, die peripheren Blutgefälle verengen sich (kalte Hände und Füsse), Zucker- und Fettreserven der Leben gehen ins Blut und ermöglichen eine extreme Leistung. Gleichzeitig werden Vorgänge gehemmt, die im Moment nicht vordringlich sind: die Verdauung, die Immunabwehr, der Aufbau von hochwertigen Proteinen. Im Hirn kommt es zu Denkblockierungen, damit es nicht Zeit mit Überlegungen verliert (deshalb kann man bei Angst und Stress schlecht denken). Dauerstress, Entartung eines lebensrettenden Mechanismus Wenn wir uns gestresst fühlen, handelt es sich oft um soziale Situationen; die Bedrohung unserer sozialen Sicherheit, unseres Selbstwertgefühls; oder wir sind mit schwierigen Lebensereignissen konfrontiert; Verlust des Partners oder der Arbeitsstelle, Ärger mit Mitmenschen, Krankheit; oder wird sind gerade an einem Übergang wie Stellenantritt, Geburt eines Kindes, Pensionierung; oder es bestehen ständig hohe Leistungsanforderungen und Zeitdruck. Solche Situationen können lange andauern, oder oft vorkommen. Grundsätzlich tritt Stress auf, wenn die Anforderungen unsere Bewältigungsstrategien übersteigen, wenn wir zweifeln, ob wir genügen können. So sehr die Stressreaktion in akuten Situationen gebraucht wird, so schädlich ist, es, wenn der Stress zu lange anhält, oder zur Gewohnheit wird. Dauerstress gefährdet unsere Gesundheit. Die freigesetzten Fette lagern sich in den Gefässen ab, was zu Bluthochdruck, Herzinfarkt und Hirnschlag führen kann. Die Daueranspannung der Muskeln führt zu Schmerzen. Die permanent verlangsamte Verdauung kann zu Magen- und Darmstörungen führen. Die Schwächung der Immunabwehr erhöht die Anfälligkeit für diverse Krankheiten. Psychisch ist Dauerstress häufig ein Vorläufer von Erschöpfungszuständen und Depression. Burnout Ein Burnout kommt nicht aus heiterem Himmel. Es gehen Anzeichen voraus, wie Lustlosigkeit, Gereiztheit, sich nur noch müde fühlen, schlecht schlafen können, sich auch nach Ferien nicht erholt fühlen. Im Zustand des Burnout reichen die Kräfte nicht mehr aus, um den Alltag zu bewältigen. Dann gibt es nur noch eines: sich ganz aus dem belasteten Umfeld herausnehmen, krankschreiben lassen und Zeit nehmen um sich wieder aufzubauen und einen weniger kräfteraubenden Umgang mit sich zu finden. In ein Burnout kommen Menschen, die grosse Anforderungen an sich stellen, sich sehr für ihre Aufgaben eingesetzt haben bis zur Selbstaufopferung. Neben dem Burnout, das aus Überforderung entsteht, gibt es noch das Boreout, das aus chronischer Unterforderung entstehen kann. Der Zustand ist bei beiden der gleiche. Klinisch gesehen ist ein Burnout dasselbe, wie eine Depression. Wie kann Stress bewältigt werden? Bedingungen verändern * Prioritäten setzen * Aufgaben erledigen oder terminieren, statt vor sich herschieben * Hilfe suchen und annehmen * Überlastung erkennen und deklarieren (oft hält man das für riskant ,man könnte die Stelle verlieren, aber im Dauerstress zu sein ist auch riskant) * häufiger nein sagen * tägliche Leerzeiten und Pausen einplanen * sich gut vorbereiten und Schwieriges mental vorher durchgehen. Einstellung ändern * sich in Gelassenheit üben * Wesentliches von Unwesentlichem unterscheiden * sich weniger aufregen (vor allem nicht über Unwesentliches) * Perfektionismus ablegen * Ansprüche an sich (und andere) mildern * weniger haben müssen (oft wird gekrampft um sich mehr Konsum leisten zu können) * Werte verschieben, (Zeit haben und in der Natur sein können werden oft unterbewertet) * dankbar sein * schätzen was man hat, statt nur hinter dem her sein, was einem fehlt * mehr im Jetzt sein, als mit der Vergangenheit hadern und sich vor der Zukunft fürchten * mehr mitfühlen statt beurteilen * akzeptieren was ist * Entspannung Dabei können Entspannungstechniken helfen, wie Muskelrelaxation (dabei spannt man die Muskeln zuerst an und lässt dann los) autogenes Training (dabei entspannt man und sagt sich Sätze, wie: Ich bin ruhig und ganz entspannt, meine Arme sind ganz schwer, meine Arme sind ganz warm, etc.). Siehe Anhang 1 und 2! Mentale Übungen Meditation kann als spirituelle Praxis geübt werden, oder als Lebenshilfe. Das Üben eines Musikinstrumentes helfen, sich auf das Wesentliche konzentrieren zu können und andere Reize auszuschalten. Yoga ist eine Verbindung von meditativer und körperorientierter Praxis. Bewegung Häufige Bewegung, auf unterschiedliche Arten ist in vielerlei Hinsicht empfehlenswert. Bei Stress kann aufgestaute Energie im Körper durch Bewegung abgebaut werden. Dabei ist auf Ausdauer (Joggen, Wandern, Schwimmen, etc.), Beweglichkeit (Gymnastik, Yoga), Kraft und Muskelerhaltung (Rumpfbeugen, Liegestützen, etc., Krafttraining) und Koordination (Tanzen, Tai chi, etc.) zu achten. Genuss und Wohlbefinden Angenehme Tätigkeiten, wie Freunde treffen, ins Kino gehen, ein Hobby pflegen, sich mit Kindern oder Tieren abgeben, aber auch alltägliche Dinge wie Zeitung lesen, sich hinsetzen und etwas trinken, können, wenn sie bewusst geschätzt werden, ein Wohlbefinden bewirken. Guter Umgang mit Gefühlen Menschen, die Gefühle häufig unterdrücken oder verdrängen, zeigen umso stärkere körperliche Symptome (Schwitzen, Zittern, innere Unruhe, kalte Hände und Füsse, Verdauungsbeschwerden). Am anderen Ende der Skala zeigen Menschen, die ihre (aggressiven und negativen) Gefühle unbeherrscht ausagieren, eine Tendenz, gerade solche Gefühle vermehrt zu erleben. Ein guter Umgang mit Gefühlen müsste demnach irgendwo in der Mitte liegen, indem man versucht Gefühle wahrzunehmen und dosiert in adäquater Form zu äussern. Erholsam schlafen Oft kann man nicht gut schlafen, weil man an unerledigte Dinge denken muss. Es kann helfen, aufzuschreiben und zu planen. Wenn man nachts ins Grübeln kommt, ist es besser dies zu unterbrechen, indem man aufsteht. Weitere Empfehlungen: * der Schlafraum sollte, kühl und dunkel sein * am Abend auf Kaffee verzichten, sich an feste Schlafzeiten gewöhnen * den Schlaf nicht erzwingen wollen * nicht denken, dass man unbedingt 8 Stunden Schlaf brauche * den Tag ausklingen lassen * Literatur Csikszentmihalyi M.: Flow. Das Geheimnis des Glücks, Klett-Cotta, Stuttgart, 1992 (Das Konzept, Flow sagt, dass wir glücklich sind, wenn wir uns mit einer Aufgabe beschäftigen, die unsere ganze Aufmerksamkeit fordert, die uns weder unter- noch überfordert) Derra von Trias C.: Autogenes Training & progressive Muskelentspannung: Doppelt gegen Stress (Audio CD) 2007 Kaluza G.: Keine Zeit für Stress – Gelassenheit kann man lernen. Wege zur Stressbewältigung, Boehringer Mannheim GmbH Kramis-Aebischer K.: Belastungen und Belastungsverarbeitung im Lehrerberuf, Haupt, Bern 1995 (Beschreibt viele Untersuchungen zu Belastungen, Stress und Coping in Lehrberufen, sowie Evaluation von drei Interventionen zur Prophylaxe (Kurse zur Belastungsbewältigung, Junglehrer/innen-Beratung und Kollegiumsberatung) mehr wissenschaftlich als praktisch) Langen D. und Fellenberg B.: Autogenes Training, GU Ratgeber, Gräfe und Unzer, 2005 Piper A.: Glückssache. Die Kunst gut zu leben, Hoffmann und Campe, Hamburg, 2001 (Beschreibt verschiedene Glückserfahrungen und Wege dazu, philosophisch und praktisch, kann als Hilfe zur Burnoutprophylaxe gelesen werden) Steiner V.: Energiekompetenz, Pendo-Verlag, 2006 (Über den Umgang mit den eigenen Ressourcen gibt es Einiges zu lernen) Tausch R.: Hilfen bei Stress und Belastung, rororo 1999 (Beschreibt auf anschauliche Weise Risikofaktoren, z.B. problematische Einstellungen, mentale, körperliche und verhaltensmässige Vorgänge, die zu Stress führen können, wie sie sich im Stress zeigen und wie mit Belastungen umgegangen werden kann. Aussagen auch zum Umgang mit Aggressionen. Ist schon ein altes Werk, wurde mehrere Male überarbeitet und neu aufgelegt) Vester V.: Phänomen Stress, München, 1995 (Vester war ein Pionier der Stressforschung) www.persyst.ch / [email protected] Anhang 1: Progressive Muskelentspannung nach Jakobson Entspannung kann gelernt werden. Bei diesem Training lernt man alle Muskeln des Körpers in einer bestimmten Reihenfolge anzuspannen und anschliessend zu lockern und dabei die Empfindungen wahrzunehmen. So lernt man die eigenen Körperempfindungen besser wahrzunehmen und Anspannung und Stress früher wahrzunehmen und abzubauen. Man spannt eine Muskelgruppe kurz an und entspannt dann sehr bewusst. Reihenfolge bei 5 Muskelgruppen: beide Arme Gesicht Nacken Brust, Schultern, Rücken, Bauch beide Beine Reihenfolge bei 20 Muskelgruppen: rechte Hand und Unterarm (Faust) linke Hand und Unterarm rechter Oberarm linker Oberarm Stirn runzeln Augenringmuskeln Nase rümpfen Mundwinkel nach hinten ziehen Zähne aufeinander drücken (nicht zu stark) Nacken und Hals (Kopf einziehen) Schultern nach hinten ziehen untere Rückenmuskeln (Wirbelsäule zum Bauch) Bauch hart machen Gesässmuskeln rechter Oberschenkel linker Oberschenkel rechte Wade linke Wade rechter Fuss (Zehen nach unten) linker Fuss (Zehen nach unten) Sich entspannen lernt man auf ähnliche Art wie andere Fertigkeiten. Es braucht Übung. Es wird empfohlen, dieses Training tätlich ein bis zweimal pro Tag ca. 25 Minuten zu praktizieren. Man muss dranbleiben und es braucht etwas Geduld, bis sich die Entspannungsreaktionen automatisch einstellen. Anhang 2: Autogenes Training nach Schultz Am besten lernt man das autogene Training in einem Kurs. Aber es geht auch autodidaktisch. Ein Einsteig kann wie folgt gemacht werden: Man legt oder setzt sich bequem hin. Man sagt sich innerlich, in einer ruhigen, langsamen Art folgende Sätze und achtet darauf, ob man das Gesagte auch als Körperempfindung und Gefühl spüren kann. Man wiederholt jeden Satz dreimal. Ich bin ruhig und ganz entspannt. Mein rechter Arm ist ganz schwer. Mein linker Arm ist ganz schwer. Ich bin ruhig und ganz entspannt. Mein rechts Bein ist ganz schwer. Mein linkes Bein ist ganz schwer. Ich bin ruhig und ganz entspannt. Mein rechter Arm ist ganz warm Mein linker Arm ist ganz warm. Ich bin ruhig und ganz entspannt. Mein rechtes Bein ist ganz warm. Mein linkes Bein ist ganz warm. Ich bin ruhig und ganz entspannt. Meine Stirn ist angenehm kühl. Ich bin ruhig und ganz entspannt. Es atmet mich. Auch dieses Training wirkt nur, indem man es macht. Es wird empfohlen, es täglich zu üben. Bei der Vorstellung und Empfindung der Schwere entspannen sich die Muskeln, bei der Vorstellung der Wärme, erweitern sich die Gefässe. Wenn einem das gelingt, hat man schon einen wichtigen Teil zur Verfügung. Es entspricht in etwa der ersten Stufe des Autogenen Trainings. Will man damit fortfahren und auch die weiteren Stufen kennen lernen, besucht man am besten einen Kurs. Den einen liegt das autogene Training besser, anderen das Entspannungsverfahren nach Jakobson.