Website Download zum Thema: Die Gesundheit von Schulleiterinnen und Schulleitern erhalten und fördern Das Problem Schulleiterinnen und Schulleiter sind verantwortlich für den Aufbau eines Gesundheitsmanagements an ihren Schulen. Neben der Gesundheitsförderung der Lehrkräfte und aller übrigen Landesbediensteten, sollte das Gesundheitsmanagementsystem so aufgebaut sein, dass es auch den Personen mit Leitungsfunktion zu Gute kommt. Das Modell der Salutogenese von A. Antonovsky, der Gesundheit versteht als eine ständig wechselnde Position auf einem Kontinuum von Krankheit und Gesundheit, impliziert, dass alle Menschen etwas für ihre Gesundheit tun müssen, also Verhaltensprävention betreiben müssen. In der Medizin wurde bis vor Kurzem dem Zusammenhang von Arbeitsanforderungen und Gesundheit wenig Aufmerksamkeit geschenkt, obwohl sich die Arbeitsmedizin schon seit Anfang des 20.Jahrhunderts mit „berufsbedingten“ Erkrankungen beschäftigt. Nicht nur bei Lehrkräften sondern auch bei Schulleiterinnen/Schulleitern stellen psychische Erkrankungen bei der Dienstunfähigkeit mit über 50 % die wichtigste Ursache dar. Viele Betroffene sehen deutliche Zusammenhänge zwischen beruflichen Überlastungen und der Erkrankung. Die Gründe für die psychischen Beanspruchungen (Stress) unterscheiden sich in der Gruppe der Schulleitungen in mancher Hinsicht von denen der Lehrkräfte. Bei Schulleitungen kommen neben dem größeren Umfang der Arbeitsaufgaben und dem damit einhergehenden Zeitdruck (Organisatorische Stressoren vgl. Menüpunkt Stress) auch die Belastung durch eine Vielzahl von Konflikten im und mit dem Kollegium und auch mit Eltern/Ausbildungsbetrieben dazu bei geringerer sozialer Unterstützung im Arbeitsumfeld (Soziale und Psychische Stressoren). Aufgaben einer Führungskraft Führung Beziehungsaufgabe Sachaufgabe kümmern Produktivität/ Leistung Abb. 1: A. Matyssek: Zentrale Führungsaufgaben Arbeitszufriedenheit/ Anwesenheit Das Modell zeigt, dass Schulleiterinnen/Schulleiter wie andere Führungskräfte als zentrale Arbeitsaufgabe die Beziehungspflege – oder besser gesagt – die Personalentwicklung aktiv betreiben müssen, denn die Qualität der Schule hängt nicht nur ab von der eigenen Arbeitszufriedenheit, sondern auch von der Arbeitszufriedenheit der Lehrkräfte und der anderen Landesbediensteten in Schulen. Aber genauso wenig, wie die Qualität einer Schule mit kranken Lehrkräften verbessert werden kann, können erkrankte Schulleiterinnen/Schulleiter eine qualitativ hochwertige Führungsaufgabe erfüllen. Untersuchungsergebnisse zur Gesundheit von Schulleiterinnen/Schulleitern Schulleitungen bilden eine stark selektierte Teilmenge der Gruppe der Lehrkräfte dar. Durch die Erweiterung ihres Aufgabenfeldes, der hohen Einflussnahme bei innerschulischen Entscheidungen und der persönlichen Identifikation mit der Arbeitsaufgabe, nehmen die meisten Schulleitungen Anforderungen eher positiv wahr und fühlen sich den Anforderungen gewachsen. D. h. viele empfinden ein höheres Maß an Selbstwirksamkeit als die Lehrkräfte. So ist zu verstehen, dass sich bei den Untersuchungen von Prof. Schaarschmidt Uni Potsdam) in der Gruppe mit dem „G(Gesund) -Muster“ mehr Schulleiterinnen und Schulleiter finden als bei den Lehrkräften und weniger Personen mit dem riskanten „B(Burnout) – Muster“. Schulleitungen gehören vermehrt dem „Muster- A“ (beruflich sehr engagiert) an. Die untersuchten Schulleiterinnen/Schulleiter können sich meist besser als Lehrkräfte distanzieren, sie verfügen über gute Problemlösungskompetenzen und haben eine eher hohe Resignationstoleranz. Risikomuster B 6,4% Muster G Risikomuster A 40,5% 32,6% Muster S 20,5% Abb. 2: Verteilung der vier „Schaarschmidt Muster“ in der Gruppe der Schulleitungen Vergleich der Zuordnung Lehrkräfte versus Schulleitungen bezogen auf die vier Muster in der Schaarschmidt Studie Muster G (Gesundes-) Muster S (Schonungs-)Muster A (Arbeitsengagement (zu) hoch-) Muster B (burnout-) Muster Schulleitungen 40,5% 20,5% 32,6% 6,4% Lehrkräfte 17% 23 % 30% 29% Selbst wenn die Schulleitungen zu 40% dem G – Muster zuzurechnen sind, sind mehr als die Hälfte aller Schulleitungen nicht gesund, auch wenn sie mit nur 6% das hochriskante B Muster aufweisen. Da die Interaktion im Kollegium bzw. zwischen Kollegium und Schulleiterinnen/Schulleitern sowohl eine gesundheitsförderliche als auch gesundheitshinderliche Ressource darstellen kann, ist das Befinden beider Gruppen stark voneinander anhängig und das Ziel sollte sein, sowohl durch Maßnahmen zur Verbesserung der persönlichen Gesundheit (Verhaltensprävention) als auch durch Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsinhalte, der Arbeitsorganisation und der Arbeitsumgebung (Verhältnisprävention) die zentrale gesundheitsförderliche Ressource „soziale Unterstützung“ weiter auszubauen. Maßnahmen Von A. Matyssek stammt ein Modell, das die Interdependenz von Lehrkräfte- und Schulleitungsgesundheit gut veranschaulicht. Es geht im Wesentlichen darum zu sehen, dass alles, was zum Ausbau der sozialen Unterstützung als gesundheitsförderlicher Ressource beiträgt, auch der Gesundheit aller Beteiligter zu Gute kommt. Die Grundlage (um im Bild zu bleiben der „Stamm“) selbst muss widerstandsfähig und integrativ also gesund sein, um die gesunde Schule realisierenen zu können. Abb. 3: Sechs gesundheitsförderliche Dimensionen nach A. Matyssek Schulleiterinnen/Schulleiter müssen und können Verhaltensprävention betreiben, indem sie die eigene Gesundheit fördern durch einen gesunden Lebensstil (Bewegung, Ernährung, Entspannung, Pflege von sozialen Kontakten und Beziehungspflege in und außerhalb der Schule). Der Vorbildfunktion für das Kollegium wird Rechnung getragen durch eine sichtbare, persönliche Verhaltensprävention und die Unterstützung von gesunden Aktivitäten im Kollegium. Dies können Maßnahmen sein wie die Einrichtung eines Ruheraumes, die Teilnahme an Lehrersportgruppen, die Obstkiste im Lehrerzimmer, ein „bewegter“ Kollegiumsausflug verbunden mit dem obligatorischen Essen, das Angebot gesundheitsförderlicher Workshops auf einem Gesundheitstag etc. Schulleitungen benötigen wie alle Menschen eine Arbeitsumgebung, in der die sechs Dimensionen der Gesundheitsförderung gelebt werden. Sie können viele Impulse dazu selbst in die Schule einbringen, sind aber andererseits auf die positive Resonanz aller an Schule Beteiligten angewiesen. Wertschätzung und Anerkennung Ein zentrales psychisches Bedürfnis aller Menschen ist das Bedürfnis nach Wertschätzung. In dem Maße, in dem die Lehrkräfte sich von der Schulleitung anerkannt fühlen, werden sie ebenfalls auf Wertschätzung basierende Beziehungen anbieten. Schulleiterinnen/Schulleiter sollten diesen Respekt auch von Ihren Vorgesetzen erwarten. Auch sollten sie sich bewusst machen, dass sie in exponierter Position immer als Modell wirken. Interesse/Kontakt Menschen sind soziale Wesen, sie haben das Bedürfnis nach Zugehörigkeit. Schulleiterinnen/Schulleiter sollten dieses Bedürfnis bei sich und den Kolleginnen/ Kollegen anerkennen und von sich aus soziale Kontakte anbieten, z. B. durch die (möglichst häufige) Präsenz im Lehrerzimmer in den Pausen. Kommunikation Menschen befriedigen ihr Bedürfnis nach Zugehörigkeit durch verbale und nonverbale Kommunikation. Schulleitungen sollten nicht nur in der Schulleitungsrunde dieses Bedürfnis realisieren, sondern auch im Umgang mit dem Kollegium. Achtung: manche Schulleitungen suchen selektiv den Kontakt mit wenigen Lehrkräften. So entstehen schnell Konflikte, weil sich die „ausgeschlossenen“ Kolleginnen und Kollegen durch diese „Nichtbeachtung“ gekränkt fühlen. Transparenz In vielen Schulen beklagen Kollegien, zu wenig Informationen und Gründe für Entscheidungen, in sie nicht einbezogen sind, zu bekommen. Dies kann dazu führen, dass die Lehrkräfte die Entscheidungen nicht umsetzen, was bei der Schulleitung erheblichen Stress auslöst. Salutogenes Führungshandeln besteht darin, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so offen wie möglich in Entscheidungen einzubeziehen. So wird sichergestellt, dass sie sich beteiligen an Problemlösungen und durch diese Partizipation wissen, was sie tun sollen (Handbhabbarkeit), weil sie Informationen haben, was das Ziel einer Maßnahme ist (Verstehbarkeit und Sinnhaftigkeit). Das sind die Dimensionen der Salutogenese on Antonovsky) (Betriebs-) Schulklima Schulleiterinnen und Schulleiter profitieren genauso wie die Kollegien von einem positiven Schulklima. Die Verbesserung des Schulklimas durch eine wertschätzende und respektvolle Kommunikation, Mitgestaltungsmöglichkeiten, Personalentwicklungsmaßnahmen (z. B. die Unterstützung der Qualifizierung für neue Aufgaben) und pädagogische Konferenzen und Stundenplangestaltung erhöhen die Arbeitszufriedenheit bei den Lehrkräften und reduzieren Konflikte und Belastungen durch die Vertretung erkrankter Lehrkräfte. Ressourcenaufbau Schulleiterinnen/Schulleiter sollten für sich selbst den Erhalt und Ausbau der eigenen Ressourcen genauso wichtig nehmen, wie die aktive Personalentwicklung bei den Lehrkräften. Persönliche Qualifizierungsmaßnamen hinsichtlich fachlicher Fragen (z. B.: „Wie wird das Schulprogramm evaluiert?“), in Hinblick auf Gestaltungsmöglichkeiten der Beziehungen im Kollegium (z.B. „Wie erhöhe ich meine Konfliktfähigkeit“) und auch die Supervision in einer Schulleitungsrunde, die die speziellen Anforderung einer Leitungsfunktion reflektiert, sind gute Maßnahmen, um die eigenen Führungskompetenzen weiter zu entwickeln. Tipps zur eigenen Gesundheitsförderung 1. Reduzieren Sie Stress durch Distanzierung (> bauen Sie mehrer kleine „Auszeiten“ während des Arbeitstages ein) 2. Abschalten (> Schreiben sie am Abend eine To-do-Liste für den nächsten Tag, dadurch machen Sie sich bewusst, was sie alles am heutigen Tag erledigt haben und beenden den Arbeitstag) 3. Rituale (> Ziehen sie sich um, wenn sie ihre Arbeit beendet haben) 4. Gehen sie gesund mit sich um (Sprechen Sie sich selbst Anerkennung aus/Suchen Sie das Gespräch mit anderen) 5. Ersetzen Sie Miesmacher- gegen Mutmachergedanken (>Statt „Ich ärgere mich über die eine Lehrkraft, die sich nicht engagiert“ z. B. „Ich freue mich über die Lehrkräfte, die engagiert arbeiten)… Ein Überblick, in welchen Bereichen jede/jeder Schulleiterin/ Schulleiter Veränderungen im Sinne der Verhaltensprävention herbeiführen könnte/ sollte, schafft folgende Tabelle: Ihr Lebensstil in den letzten Wochen… Lebenszeit pro Woche in % Zu viel oder zu wenig? Berufsleben Privatleben Erholung Besinnen Literaturliste: Badura, B./Walter,U./ Hehlmann,Th..(2. Aufl.2010).Betriebliche Gesundheitspolitik. Springer. Berlin. Gesunde Schule. ( 1/2010). Pädagogische Führung. Zeitschrift für Schulleitung und Schulberatung. Hillert,A./Schmitz,E. (2004).Psychsomatische Erkrankungen bei Lehrerinnen und Lehrern.. Stuttgart:Schattauer. Kaluza,A. (2007). Gelassen und sicher im Stress. Berlin:Springer. Kleinschmidt, C./Unger, H.-P. (5. Aufl. 2009).Bevor der Job krank macht. München: München. Kubesch, B. (2010). Lehrergesundheit als Aufgabe der Schulleitung - Maßnahmen des gesundheitsförderlichen (salutogenen) Leitungshandelns aus arbeitspsychologischer Sicht. Schulverwaltung. 11/2010. (S.290-293) Matyssek, A.K. (2. Aufl. 2010). Führung und Gesundheit. Ein praktischer Ratgeber zur Förderung der psychosozialen Gesundheit im Betrieb. Norderstedt: Books on Demand. Schaarschmidt, U. / Fischer, A. (2008). AVEM – Arbeitsbezogenes Verhaltens- und Erlebensmuster. Frankfurt am Main: Pearson. Computerform: Fa Schuhfried (Mödling). Ulich, E./ Wülser, M. (2009). Gesundheitsmanagement in Unternehmen. Arbeitspsychologische Perspektiven. Wiesbaden: Gabler.