Fichter, Zürn, Kniep & Kollegen RECHTSANWÄLTE HEILBRONN RAE FICHTER, ZÜRN, KNIEP & KOLLEGEN Landgericht Heilbronn 6. Zivilkammer Wilhelmstr. 8 LANDGERICHT 74072 Heilbronn Ein 9 Uhlandstrasse 4 74072 Heilbronn (Gebäude der Kreissparkasse) Tel: (o 71 31) 8 88 66 - 6 Fax: (o 71 31) 8 88 66 - 7 11 Juni 2005 Gerichtsfach 112 HEILERONN/NECKAR RECHTSANWÄLTE 16.06.2005 Telefon: 07131 / 8 88 66-80 Telefax: 07131 / 8 88 66-7 Sekretariat: Frau Ensinger 643/05K22 /en (Bitte stets angeben) Gerhard Fichter Ludwig Zürn Prof. Dr. iur. Klaus Kniep Dietmar Muth* Sabine Oßwald Harry Binhammer LLM. (Houston) Daniel Kanatsiz EMAIL Az.: 6 S 16/05 Ab [email protected] INTERNET BERUFUNGSBEGRÜNDUNG In dem Rechtsstreit www.kanzlei-heilbronn.de * Fachanwalt für Familienrecht des Rechtsanwalts Klaus von Waldeyer-Hartz, Habrechtstraße 4, 74074 Heilbronn, - Kläger und Berufungsbeklagter gegen die Heilbronner Versorgungs GmbH, Weipertstraße 49, 74076 Heilbronn, vertreten durch ihren Geschäftsführer, Herrn Ataman Turanli, - Beklagte und Berufungsklägerin Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte Fichter, Zürn, Kniep und Kollegen, Uhlandstraße 4, 74072 Heilbronn begründen wir die namens der Beklagten mit Schriftsatz vom 22. April 2005 gegen das Urteil des Amtsgerichts Heilbronn (Az. 15 C 4394/04) eingelegte Berufung. Wir werden in der mündlichen Verhandlung folgende Anträge stellen: 1. Das am 15. April 2005 verkündete Urteil des AG Heilbronn (Az. 15 C 4394/04) wird abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt. Begründung: Kreissparkasse Heilbronn BLZ 620 500 oo Kto: 11 74 29 Baden-Württembergische Bank BLZ 620 300 50 Kto: 705 613 7800 Postbank Stuttgart BLZ 600 100 70 Kto: 2433 53 700 UST.-NR.: P TIEFGARAGE 65197 / 12O08 Parkmöglichkeit in der Tiefgarage 2|26 Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Preisanpassung. Die Beklagte hat zum 1. Oktober 2004 ihre Gaspreise für Haushaltskunden um etwa 10 % erhöhen müssen. Das Amtsgericht meint, die Wirksamkeit dieser Preisanpassung am Maßstab des § 315 Abs. 3 BGB messen zu können und fordert von der Beklagten unter Verweis auf eine BGH-Entscheidung zum Strombereich zur Beurteilung der Billigkeit dieser Preisanpassung die Offenlegung ihrer Kalkulation für den Gesamtpreis. Das Vorgericht hat zu Unrecht nicht berücksichtigt, daß die Beklagte den urkundlichen Beweis geführt hat, daß sie mit der streitgegenständlichen Preisanpassung ausschließlich ihre gestiegenen Bezugskosten (ohne Erhöhung) weitergegeben hat. Seine Entscheidung hält daher rechtlicher Nachprüfung nicht stand und wird von der Beklagten zur Überprüfung durch das Berufungsgericht gestellt. Unserer Begründung stellen wir folgende Übersicht voran: A. Das angefochtene Urteil 3 B. Rügen gegen das angefochtene Urteil 4 I. II. Unzulässigkeit der Klage 5 1. Die unzutreffende Auffassung des Ausgangsgerichts 2. Fehlendes Feststellungsinteresse 3. Zwischenergebnis Die Unbegründetheit der Klage 1. Keine entsprechende Anwendung von § 315 Abs. 3 BGB auf die Kontrolle von Gaspreisen 8 a) b) 2. 3. Die rechtsirrige Auffassung des Ausgangsgerichts 8 Die zutreffende rechtliche Würdigung 8 aa) Der Vorrang der kartellrechtlichen Spezialregelung (§19 Abs. 4 Nr. 2 GWB) bb) Ausschluß des § 315 Abs. 3 BGB wegen § l EnWG und § 5AVBGasV cc) Ausschluß des § 315 Abs. 3 BGB wegen des Substitutionswettbewerbs zwischen Erdgas und Heizöl c) Zwischenergebnis Der „Büh'gkeitsmaßstab" bei der Kontrolle von Gaspreisen a) Die unzutreffende Auffassung des AG Heilbronn b) Richtig dagegen: Der Preisbildungsmaßstab determiniert den Preisprüfungsmaßstab c) Zwischenergebnis Der Nachweis der Billigkeit a) 5 5 7 7 Nachweis der Billigkeit durch Gaspreisvergleich 9 13 13 16 16 17 17 19 19 19 b) Nachweis der Billigkeit wegen Weitergabe (nur) gestiegener Bezugskosten 20 3|26 20 C. aa) Keine Auslegung des (eindeutigen) Klageantrags bb) Unzutreffendes Auslegungsergebnis des erstinstanzlichen Gerichts cc) Nachweis der margenneutralen Umlegung der Bezugskostensteigerung dd) Die Irrelevanz der Entwicklung der Grenzübergangspreise Zusammenfassung D. Hilfsweise: Zulassung der Revision 24 A. Das angefochtene Urteil Das AG Heilbronn hat sein (Feststellungs-)Urteil, wonach die von der Beklagten in dem zwischen den Parteien bestehenden Gaslieferungsvertrag zum 1. Oktober 2004 vorgenommene Erhöhung der Gastarife unbillig und unwirksam ist, im wesentlichen wie folgt begründet: I. Die Klage sei zulässig. Die selbständige Feststellungsklage sei die richtige Klageart, wenn die Unbilligkeit einer getroffenen Leistungsbestimmung gem. § 315 BGB festgestellt werden soll (UA, S. 6 oben). Das Feststellungsinteresse folge daraus, daß dem Kläger die Erhebung einer Leistungsklage derzeit nicht zumutbar sei. Um einen der Leistungsklage zugänglichen Anspruch zu erhalten, müßte er sich nämlich eines Teils seines Vermögens begeben (UA, S. 7)- II. Die Klage sei auch begründet, denn die Beklagte habe die Billigkeit der streitgegenständlichen Preisanpassung nicht dargelegt (UA, S. 8 oben). Prüfungsmaßstab sei § 315 Abs. 3 BGB in entsprechender Anwendung, denn die Monopolpreisrechtsprechung gelte auch für die Kontrolle von Gastarifen (UA, S. 9 oben). Die entsprechende Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB scheide nicht wegen vorrangiger kartellrechtlicher Regelungen aus, weil die Zielrichtung des § 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB nicht derjenigen des § 315 Abs. 3 BGB (UA, S. 12) entspreche. Deshalb ergebe sich aus dem Ergebnis der Überprüfungen der Landeskartellbehörde Baden-Württemberg kein zugunsten der Beklagten zu berücksichtigender Aspekt (UA, S. 13 Mitte). DD663174 22 22 23 24 4|26 Der Kläger habe die Billigkeit der Preiserhöhung hinreichend substantiiert bestritten. Für einen schlüssigen Klagevortrag im Rahmen der für das besondere Feststellungsinteresse gem. § 256 ZPO erforderlichen Darlegungen genüge das Bestreiten der Billigkeit eines einseitig festgesetzten Preises (UA, S. 16 oben). Es sei daher Sache der Beklagten gewesen, die Billigkeit ihrer Preisanpassung darzulegen. Dazu bedürfe es - obwohl Streitgegenstand nur die Erhöhung des Tarifpreises ist - der Offenlegung der gesamten Kostenkalkulation der Beklagten (UA, S. 17 f.). Der Prüfungsumfang des Gerichts sei nicht dadurch beschränkt, daß sich der Klageantrag nur auf die Preiserhöhung zum 1. Oktober 2004 beziehe. Denn der Antrag des Klägers sei dahingehend auszulegen, daß er den Preis insgesamt für unbillig halte (UA, S. 18 f.). Da die Beklagte die auf den Gesamtpreis bezogenen Kalkulationsunterlagen nicht vorgelegt und mithin den ihr obliegenden Billigkeitsnachweis nicht geführt habe, habe die zum l. Oktober 2004 vorgenommene Preiserhöhung für unbillig und damit für unwirksam erklärt werden müssen (UA, S. 21). B. Rügen gegen das angefochtene Urteil Die vom Amtsgericht zugelassene Berufung muß zur Klageabweisung führen. Das angegriffene Urteil beruht auf einer Rechtsverletzung (§513 Abs. l 1. Alt. i.V.m. § 546 ZPO). Die Klage ist bereits unzulässig (dazu I.), jedenfalls aber unbegründet (dazu II.)- Das Ausgangsgericht hat die Grenzen der Monopolpreisrechtsprechung verkannt und daher § 315 Abs. 3 BGB in bezug auf die Kontrolle eines Gastarifs zu Unrecht für anwendbar gehalten (dazu II. L). Zu Unrecht verlangt das Gericht den Billigkeitsnachweis durch Offenlegung der Gesamt-Kalkulation (dazu II. 2.). Hätte es sich - entsprechend dem Streitgegenstand - auf die Überprüfung der Preiserhöhung beschränkt, so hätte es mit Hilfe der von der Beklagten vorgelegten Beweismittel erkannt, daß die Preisanhebung sich innerhalb der zulässigen Schranken der unternehmerischen Ermessensausübung bewegt. Das wird zusätzlich dadurch bewiesen, daß der Tarifpreis auch nach seiner Erhöhung dem Vergleich mit anderen Stadtwerken standhält. DD663174 5|26 Unzulässigkeit der Klage Die Klage ist unzulässig, weil das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse des Klägers fehlt. 1. Die unzutreffende Auffassung des Ausgangsgerichts Das Amtsgericht sieht das besondere rechtliche Interesse an der alsbaldigen Feststellung zum einen darin, daß sich die Beklagte des Rechts berühmt, ab dem 1. Oktober 2004 einen höheren Preis für ihre Leistungen verlangen zu können; zum anderen darin, daß wegen der Berechnungen des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) Zweifel an der Richtigkeit der von der Beklagten zur Rechtfertigung ihrer Preisanhebung gegebenen Begründung bestünden (UA, S. 6 f.). Das Feststellungsinteresse scheitere auch nicht wegen besserer Rechtschutzmöglichkeiten, weil dem Kläger eine Leistungsklage nicht zugemutet werden könne (UA, S. 7). 2. Fehlendes Feststellungsinteresse Nach § 256 Abs. l ZPO kann auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses (nur) geklagt werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, daß das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Nach ständiger Rechtsprechung entfällt das Feststellungsinteresse, wenn dem Kläger effektivere Rechtsschutzmöglichkeiten zur Verfügung stehen1. Dies gilt insbesondere dann, wenn er sein Ziel mit einer Leistungsklage erreichen kann. a) Dem Kläger ist die Erhebung einer Leistungsklage möglich und zumutbar. Sein Ziel ist die Feststellung, daß die zum l. Oktober 2004 von der Beklagten vorgenommene Erhöhung der Gastarife unbillig ist. Spätestens seit Zugang der Jahresendabrechnung 2004 im Februar 2005 steht fest, daß er dieses Ziel mittels Leistungsklage erreichen kann. Da er nur den Preiserhöhungsanteil angreift, hätte der Kläger die hierauf entfallenden rd. 50 € unter Vorbehalt der Angemessenheit zahlen können, um alsdann einen bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch geltend zu machen. Angesichts des für die Verhältnisse des Klägers geringfügigen Betrages ist der Einwand der 1 BGHZ 5, 314; NJW 1984, 1118 f.; NJW-RR 2002,1377, 1378; Zöl\er/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 256 Rn. 7a. DD663I74 6|26 Unzumutbarkeit unverhältnismäßig: Denn das Interesse des Klägers gilt es abzuwägen mit dem vom Gesetzgeber als besonders schützenswert vorgehobenen Interesse des Gasversorgungsunternehmens an sofortiger und vollständiger Zahlung des für die Lieferung von Gas in Rechnung gestellten Entgelts (§ 30 AVBGasV).2 Aus der Wertung dieser Bestimmung folgt, daß der Gesetzgeber das Interesse des Vorleistungspflichtigen Versorgungsunternehmens an sofortiger und ungekürzter Bezahlung grundsätzlich höher bewertet als das des Kunden, die Rechtmäßigkeit der Abrechnung prüfen zu können, ohne sich zuvor eines - sehr geringen - Teils seines Vermögens begeben zu müssen. Dahinter steht der Gedanke, daß der Verzögerung der Erbringung der Gegenleistung durch den Kunden Tür und Tor geöffnet wäre, wenn er die Zahlungen auch in den Fällen verweigern könnte, bei denen die Rechnung oder Abschlagsberechnung des Versorgungsunternehmens auf den ersten Blick keinen Fehler erkennen läßt. Eine solche Verzögerung wäre eine unangemessene Benachteiligung der Interessen des Versorgungsunternehmens, weil dieses nach Erfüllung seiner Vorleistungspflicht kein anderes Mittel mehr in der Hand hätte, um den Kunden zur Bezahlung der Versorgungsleistung zu veranlassen. Die Waffengleichheit gebietet es, daß der Kunde in allen Fällen, in denen kein offensichtlicher Abrechnungsfehler vorliegt, die Gegenleistung zu erbringen hat3. Daß dieses Risiko sich für ein Versorgungsunternehmen zu einem handfesten Problem entwickeln kann, zeigt exemplarisch die vorliegende Auseinandersetzung. Die Beklagte muß sich mittlerweile - mobilisiert durch den Kläger und Verbraucherschutzverbände - mit Rechnungskürzungen zahlreicher Kunden auseinandersetzen. Bei der Summe der insgesamt drohenden Zahlungsausfälle kann längst nicht mehr von nur unerheblichen Beträgen gesprochen werden. Dieses besondere, durch § 30 AVBGasV normativ anerkannte Interesse der Beklagten an sofortiger und vollständiger Bezahlung steht der Bejahung der Unzumutbarkeit der Teilzahlung auf eine § 30 AVBGasV hat folgenden Wortlaut: „Einwände gegen Rechnungen und Abschlagsberechnungen berechtigen zum Zahlungsaufschub oder zur Zahlungsverweigerung nur, 1. soweit sich aus den Umständen ergibt, daß offensichtliche Fehler vorliegen und 2. wenn der Zahlungsaufschub oder die Zahlungsverweigerung innerhalb von zwei Jahren nach Zugang der fehlerhaften Rechnung oder Abschlagsberechnung geltend gemacht wird." Siehe Hermann, in: Hermann/Recknagel/Schmidt-Salzer, Kommentar zu den Allgemeinen Versorgungsbedingungen, Bd. 2 1984, § 30 AVB Rn. 15. DD663174 7|26 von der Beklagten bereits erbrachte Leistung jedenfalls unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse dieses Klägers entgegen. Ohnehin entspricht die Erhebung einer Feststellungsklage in Konstellationen wie der hier vorliegenden nicht der Prozeßökonomie: Unterliegt der Kläger mit seiner Feststellungsklage, und zahlt er das von der Beklagten für ihre Gaslieferungen in Rechnung gestellte Entgelt trotzdem nicht, so ist eine weitere (Leistungs-)Klage der Beklagten unumgänglich. b) Zu Unrecht bezweifelt das Vorgericht die Rechtfertigung der Preiserhöhung deshalb, weil der Kläger auf Berechnungen des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle verwiesen hat. Danach seien die durchschnittlichen Grenzübergangspreise zwischen Januar und Oktober 2004 um 7,7 % niedriger als diejenigen des Vorjahreszeitraums gewesen waren. Das ist schon sachlich falsch (dazu unten S. 23), aber auch rechtlich: Für die Kostenbelastung der Beklagten beim Gaseinkauf kommt es nicht auf Grenzübergangspreise an, sondern auf ihre konkreten Preiserhöhungen, die sie kraft Vertrags mit der Vorlieferantin konkret zu tragen hat. Hierzu aber hat das Vorgericht festgestellt (UA, S. 21 oben), daß „die Beklagte inzwischen in durchaus nachvollziehbarer Weise die Bezugskostensteigerung nachgewiesen" hat. 3. Zwischenergebnis Der Feststellungsklage fehlt das erforderliche Feststellungsinteresse. Jedenfalls diesem Kläger ist es unter Würdigung der in § 30 AVBGasV zum Ausdruck kommenden Interessenabwägung zuzumuten, die gemäß der Leistungsabrechnung vom 9. Februar 2005 (B 15) streitigen rd. 50 € unter Vorbehalt zu zahlen und den Betrag alsdann mittels Leistungsklage zum ckzu fordern. u. Die Unbegründetheit der Klage Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts kann § 315 Abs. 3 BGB vorliegend nicht zur Kontrolle der Angemessenheit der streitgegenständlichen Preiserhöhung herangezogen werden (dazu l.). Außerdem würde, selbst wenn man §315 Abs. 3 BGB auf die Kontrolle von Gaspreisen erstreckte, der Billigkeitsnachweis nicht die Offenlegung der Kostenkalkulation erfordern. Solches kann nur dort verlangt werden, wo der zu überprüfende Preis selbst DD663174 8|26 ein Kostenpreis ist. Prüfungsmaßstab für die Billigkeit können nämlich nur diejenigen Grundsätze sein, die auch der Bildung des zu überprüfenden Preises zugrunde liegen (dazu 2.). Der Gaspreis ist aber kein Kosten-, sondern ein Marktpreis. Aber selbst wenn: Angesichts des auf die Preiserhöhung beschränkten Streitgegenstandes hätte das Gericht die von der Beklagten vorgelegten Nachweise, daß die Tariferhöhung der Bezugskostenerhöhung recht genau entspricht, bei Prüfung der Billigkeit würdigen müssen (dazu 3.). 1. Keine entsprechende Anwendung von § 315 Abs. 3 BGB auf die Kontrolle von Gaspreisen a) Die rechtsirrige Auffassung des Ausgangsgerichts Das erstinstanzliche Gericht meint, die streitgegenständliche Preiserhöhung am Maßstab des § 315 Abs. 3 BGB messen zu können. Dazu überträgt es die Monopolpreisrechtsprechung auf die Kontrolle von Gaspreisen; die Spezialität des seit dem 1. Januar 1999 unmittelbar anwendbaren § 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB wird verneint (UA, S. 8 ff.). b) Die zutreffende rechtliche Würdigung Nach der überkommenen Monopolpreisrechtsprechung unterliegen Tarife von Monopolunternehmen, die Leistungen der Daseinsvorsorge anbieten, auf die der andere Teil im Bedarfsfall zwingend angewiesen ist, in entsprechender Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB der Billigkeitskontrolle. Jedenfalls seit dem 1. Januar 1999 besteht für diese Rechtsprechung ein nur noch sehr enger Anwendungsbereich. Denn seither gibt es eine kartellrechtliche Spezialregelung (dazu aa)). Verneint man den Vorrang dieser Spezialregelung, so wären jedenfalls die Voraussetzungen, unter denen in der Rechtsprechung eine Monopolpreiskontrolle gem. § 315 Abs. 3 BGB zugelassen wurde, im Fall der Kontrolle von Gaspreisen nicht erfüllt. Es gibt deshalb bislang keine obergerichtliche Entscheidung, die einen Gaspreis am Maßstab des § 315 Abs. 3 BGB gemessen hat. Die maßgeblichen rechtlichen und gas wirtschaftlichen Überlegungen werden unter bb) bis dd) dargestellt. DD663174 9|26 aa) Der Vorrang der kartellrechtlichen Spezialregelung (§ 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB) Seit der 6. GWB-Novelle vom 1. Januar 1999 ist § 19 GWB unmittelbar anwendbar. Diese Bestimmung ermöglicht jetzt jedem Kunden die gerichtliche Prüfung der Angemessenheit des von einem marktbeherrschenden Unternehmen geforderten Preises4. Seit Umgestaltung des § 19 GWB von einer Eingriffsgrundlage für die Kartellbehörden hin zu einem direkt wirkenden Verbotstatbestand fehlt es an einer Regelungslücke, welche Voraussetzung für die (analoge) Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB auf die Kontrolle von Gaspreisen war. Der Hinweis des Amtsgerichts, daß es nach § 19 GWB keinen Anspruch des Kunden gegen die Kartellbehörden auf ein behördliches Einschreiten gebe (UA, S. 11 unten), läuft leer; entscheidend ist allein, daß § 19 GWB ein Verbotsgesetz iSd. § 134 BGB ist. Jeder Kunde kann sich gegenüber dem Zahlungsverlangen eines Monopolisten bzw. eines marktbeherrschenden Unternehmens unmittelbar auf § 19 GWB berufen; einer vorherigen Anrufung der Kartellbehörden bedarf es nicht. Dieser Vorrang der Spezialregeln in § 19 Abs. 4 GWB gegenüber der allgemeinen Norm des § 315 Abs. 3 BGB ist gerichtlich anerkannt. So heißt es beispielsweise in dem Urteil des LG Bremen (B 13) vom 22. Juli 2004: „Zwar wurde [§ 315 Abs. 3 S. 2 BGB] nach früherer Rechtsprechung analog auf Fälle angewendet, in denen ein Monopolunternehmen seinen Vertragspartnern Preise quasi diktieren konnte, weil diese bedingt durch die wirtschaftlichen Macht- und Abhängigkeitsverhältnisse keine wirkliche Chance hatten, Vertragsveränderungen abzulehnen ... Diese Rechtsprechung war dem Umstand geschuldet, daß das GWB in seiner Fassung vor dem 1. Januar 1999 nur eine Mißbrauchsund Preisaufsicht durch die Kartellbehörden und direkt keine zivilrechtlichen Rechtsbehelfe vorsah. Da das GWB seit der sechsten GWB-Novelle vom 1. Januar 1999 einen unmittelbar v_. 4 Zuvor sah § 22 GWB a.F. (§ 19 GWB n.F.) nur eine Mißbrauchsaufsicht durch die Kartellbehörden vor. Mangels Schutzgesetzcharakters des § 22 GWB a.F. konnten Schadensersatz- oder Unterlassungsansprüche nicht unmittelbar auf diese Vorschrift gestützt werden. Nach neuem Recht ist § 19 GWB wegen der Ausgestaltung als Verbotsnorm Schutzgesetz iSd. § 33 GWB; jedermann kann seitdem Schadensersatz- oder Unterlassungsansprüche unmittelbar auf § 19 GWB stützen, unabhängig davon, ob ihm Unternehmensqualität zukommt. Auch Privatpersonen können sich daher auf den Schutz vor Preishöhenmißbrauch berufen (siehe statt vieler: Emmerich, in: Immenga/Mestmäcker, GWB 3. Aufl., § 33 Rn. 42). DD663174 10|26 wirkenden Verbotstatbestand bei Preisüberhöhungsmißbrauch eingeführt hat, der eine kartellrechtliche Preiskontrolle durch die Zivilgerichte ermöglicht, ist ein Ausweichen auf die Regelung des § 315 Abs. 3 S. 2 BGB analog nicht mehr erforderlich. Vielmehr muß vorrangig die spezialgesetzliche Regelung des § 19 Abs. 4 Nr. 45 herangezogen werden, die sich ausdrücklich gegen Preisüberhöhungsmißbrauch durch marktbeherrschende Unternehmen wendet, die Zugang zu ihren Netzen gewähren müssen. In diesem Rahmen können die Zielsetzungen des GWB nach den Vorgaben des Gesetzgebers angemessen berücksichtigt werden." Auf derselben Linie liegen das Urteil des LG Köln (B 13) vom 23. Juli 2004 und das Urteil des LG Rostock vorn 12. März 2004. In letzterem heißt es wie folgt: „Mit diesen Gesetzen [§ 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB, § 6 EnWG; Erläuterung diess.] ist ein wirkungsvolles Instrumentarium zur Inhaltskontrolle bei Störungen der Funktionsbedingungen der Privatautonomie geschaffen worden. Für eine Anwendung der Grundsätze der Billigkeitskontrolle nach §315 BGB bliebe somit kein Raum." Anlage BK l Daß es in diesen Entscheidungen um die Höhe von Netznutzungsentgelten ging, schließt ihre Übertragbarkeit auf den vorliegenden Fall nicht aus (entgegen UA, S. 12 oben). Für die Antwort auf die Frage, ob die Vorschriften der kartellrechtlichen Preiskontrolle Vorrang vor § 315 Abs. 3 BGB haben, kommt es nicht darauf an, für welche Leistung der beanstandete Preis in Nach § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB liegt ein Mißbrauch insbesondere dann vor, w enn ein marktbeherrschendes Unternehmen sich weigert, dem anderen Unternehmen gegen angemessenes Entgelt Zugang zu den eigenen Netzen oder anderen Infrastruktureinrichtungen zu gewähren, wenn es dem anderen Unternehmen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen ohne die Mitbenutzung nicht möglich ist, auf dem vor- oder nachgelagerten Markt als Wettbewerber des marktbeherrschenden Unternehmens tätig zu werden; dies gilt nicht, wenn das marktbeherrschende Unternehmen nachweist, daß ihm die Mitbenutzung aus betriebsbedingten oder sonstigen Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Der Netzzugang ist also gegen „angemessenes Entgelt" zu gewähren. Bei dem Merkmal der Angemessenheit handelt es sich um einen auslegungsbedürftigen, unbestimmten Rechtsbegriff, der in Nr. 4 nicht weiter konkretisiert wird. Nach herrschender Meinung wird daher im Rahmen des § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB auf die Preisbemessungskriterien des § 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB zurückgegriffen (siehe Lutz, RdE 1999, 102, 109; Schnitz, in: Langen/Bunte, GWB 9. Aufl., § 19 Rn. 168; Möschel, in: Immenga/Mestmäcker, GWB 3. Aufl., § 19 Rn. 204). DD663174 11|26 Rechnung gestellt worden ist. Verfehlt ist zudem der Hinweis des Amtsgerichts, daß in den Entscheidungen B 13 auf die Ansicht des BGH, wonach die Zielrichtungen des GWB und die des § 315 Abs. 3 BGB einander nicht entsprächen, nicht eingegangen werde (siehe U A, S. 12 oben). Wenn dies auch nicht ausdrücklich angesprochen wurde, so folgt aus dem Ergebnis beider Urteile doch eindeutig, daß beide Gerichte für die jeweils zu entscheidenden Sachverhaltskonstellationen einen solchen Gleichklang bejahen mußten. Anderenfalls hätten sie nämlich einen Vorrang des § 19 Abs. 4 GWB verneinen müssen. Richtig ist allein, daß sich die Zielrichtungen des GWB mit jenen des § 315 Abs. 3 BGB nicht voll decken müssen. Während § 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB den (durch fehlenden oder eingeschränkten Wettbewerb) möglichen Mißbrauch wirtschaftlicher Macht verhindern will, dient § 315 Abs. 3 BGB der Vertragsgerechtigkeit: Eine einseitige Preisgestaltung soll gerade daraufhin überprüft werden, ob sie den vertraglich vereinbarten Gerechtigkeitsvorstellungen entspricht; deshalb können in die Billigkeitsprüfung nach § 315 Abs. 3 BGB grundsätzlich auch außerwettbewerbliche Zielsetzungen einfließen. In dem speziellen Anwendungsbereich des § 315 Abs. 3 BGB der Monopolpreiskontrolle kommt es zu einem solchen Auseinanderfallen der Prüfungsmaßstäbe des Kartellrechts einerseits und des Vertragsrechts andererseits indes nicht. Ebenso wie § 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB dient § 315 Abs. 3 BGB in diesem Fall ausschließlich der Verhinderung des Mißbrauchs privatautonomer Gestaltungsmacht durch ein Monopolunternehmen6. Es gibt danach keinen in die Abwägung nach § 315 Abs. 3 bzw. § 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB einzustellenden Umstand, der entweder nur nach der einen oder nach der anderen Norm Berücksichtigung fände. Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Verhältnis von §§ 19, 20 GWB (n.F.) zu § 315 Abs. 3 BGB existiert noch nicht, da § 19 GWB erst seit 1999 unmittelbar anwendbar ist. Zu § 26 Abs. 2 GWB a.F. (heute § 20 Abs. l GWB), der nur die Diskriminierung, d.h. die sachlich nicht gerechtfertigte unterschiedliche Behandlung anderer Unternehmen erfaßte und anders als § 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB keinen Schutz vor Preishöhenmißbrauch bot, hatte der Siehe Palandt-//ejw-/c/w, BGB 64. Aufl., § 315 Rn. 2. DD663174 12)26 BGH aber bereits auf die grundsätzliche Konvergenz der Maßstäbe des § 315 Abs. 3 BGB und des Kartellrechts hingewiesen. Er hat dort betont, daß die Prüfung unter kartellrechtlichen Aspekten im einzelnen Fall oft zu dem gleichen Ergebnis wie diejenige nach § 315 Abs. 3 BGB führen werde7. Soweit sich das Amtsgericht auf Entscheidungen des BGH vom 5. Februar 2003 und vom 2. Oktober 1991 beruft, übersieht es, daß diese Entscheidungen beide nicht zu § 19 GWB (n.F.), sondern zu §§ 22, 26 GWB a.F. ergangen sind. Der BGH hatte also gar keine Veranlassung, auf die geänderte Rechtslage und die damit verbundenen Konsequenzen einzugehen. Das neuere Schrifttum tritt wie schon die Urteile B 13 und BK l gerade für das Verhältnis von § 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB zu § 315 BGB - überwiegend für den Vorrang der ersten Bestimmung vor der allgemeinen Regelung der zweiten. Büdenbender8, Salje9 und Rieble10 verneinen die zivilrechtliche Kontrolle von Energiepreisen am Maßstab des §315 Abs. 3 BGB wegen Vorrangs des § 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB". Auch Ehr icke stimmt dieser Meinung zu. Seinen demnächst in der Zeitschrift „Recht der Energiewirtschaft" erscheinenden Beitrag „Die Kontrolle von einseitigen Preisfestsetzungen in Gaslieferungsverträgen nach § 315 Abs. 3 BGB" legen wir als Anlage BK 2 vor (dort S. 9 ff.). Diese Autoren betonen übereinstimmend, daß der Schutz vor mißbräuchlicher Ausnutzung von Marktmacht in den §§ 19, 20 Abs. l GWB geregelt ist, so daß daneben kein Raum mehr für die zivilrechtliche Kontrolle von Marktmacht im Wege der Analogie zu § 315 Abs. 3 BGB bleibt. Nach neuem Recht steht sonach fest, daß neben §§ 19, 20 GWB kein Raum für die vom Amtgericht befürwortete Kontrolle von Marktmacht am Maßstab des § 315 Abs. 3 BGB bleibt. Mangels Regelungslücke kann § 315 Abs. 3 BGB daher nicht zur Kontrolle der hier streitgegenständlichen Preiserhöhung herangezogen werden. Prüfungsmaßstab ist allein § 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB. Der Kläger ist nach alledem nicht rechtlos gestellt, wenn ihm die Berufung auf § 7 8 9 10 1 ' BGHZ 41, 271, 279 unten. EuroHeat&Power 2005, 24, 33 f. ET 2005, 278 ff. In: Staudinger, BGB Stand Januar 2004, § 315 Rn. 51. A.A. Held, NZM 2004, 169. DD663174 13|26 315 BGB versagt wird. Ihm steht im Gegenteil eine spezielle Anspruchsgrundlage zur Seite. bb) Ausschluß des § 315 Abs. 3 BGB wegen § l EnWG und § 5 AVBGasV In der früheren Rechtssprechung war anerkannt, daß Tarife von Monopolunternehmen für Leistungen der Daseinsvorsorge, auf deren Inanspruchnahme der Kunde im Bedarfsfall angewiesen ist, der Billigkeitskontrolle in entsprechender Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB unterliegen. Diese entsprechende Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB ist hier allerdings ausgeschlossen, weil anders als beim herkömmlic hen Leistungsaustauschvertrag, den § 315 BGB im Auge hat, die Beklagte die Preise von vornherein nicht einseitig frei gestalten und festsetzen kann. Sie unterliegt nämlich - neben den Auswirkungen des Wettbewerbs mit dem Heizöl - den Beschränkungen von § l EnWG und § 5 AVBGasV12 Danach hat sie ihre Preise so zu gestalten, daß sie den Gasbedarfall ihrer Kunden jederzeit möglichst preisgünstig, sicher und umweltverträglich decken kann. Die hieraus u.a. resultierende Gruppenbezogenheit der Tarifgestaltung schließt die auf die individuelle Interessenabwägung bezogene Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB aus. Dies ist vom LG Hannover bereits Anfang der 90er Jahre richtig entschieden worden. Die auf die Prüfung der (Individual-)Billigkeit bezogene Vorschrift des § 315 Abs. 3 BGB könne die Besonderheiten der Gaspreisbildung nicht berücksichtigen. Dieses Urteil des LG Hannover legen wir nochmals vor als Anlage BK 3 cc) Ausschluß des § 315 Abs. 3 BGB wegen des Substitutionswettbewerbs zwischen Erdgas und Heizöl Die Unanwendbarkeit des § 315 Abs. 3 BGB in bezug auf die Kontrolle von Gaspreisen folgt jedenfalls daraus, daß die Gaspreise im (Substitutions-)Wett- 12 § 5 Abs. l S. l AVBGasV lautet: Das GVU ist verpflichtet, den Gasbedarf des Kunden im Rahmen des § 6 EnWG [heute § 10 EnWG; Erl. diess.] 211 befriedigen und für die Dauer des Versorgungs vertrages im Umfang der Anmeldung jederzeit Gas zur Verfügung zu stellen. 14|26 bewerb vor allem gegen das Heizöl gebildet werden. Dieser Wettbewerb begrenzt die Preisgestaltungsfreiheit der Gaslieferanten. Insofern liegen die Verhältnisse der Gasversorgung entscheidend anders als bei der Strom- oder der Wasserversorgung. Während ein Strom- oder Wasserkunde im Fall eines ihm zu hoch erscheinenden Preises nicht einfach auf ein anderes Medium umsteigen kann, kann der Gaskunde einen anderen Energieträger einsetzen. Während der Kläger auf die Versorgung mit Strom und Wasser angewiesen ist, trifft dies auf seine Belieferung mit Gas nicht zu. Dem wird entgegengehalten, daß sich diese Wahlmöglichkeit auf den Zeitpunkt der Erstinstallation bzw. auf den Zeitpunkt der Modernisierung beschränke. Das ist kein rechtserheblicher Einwand. Für die Gasversorgung ist entscheidend, daß die Preisgestaltung des Versorgungsunternehmens durch Marktkräfte eingegrenzt und somit faktisch kontrolliert und der Kunde so geschützt wird. Der Kunde ist zu keinem Zeitpunkt der Willkür des Gaslieferanten bei der Preisfestsetzung ausgesetzt. Denn der Gaspreis ist auch für den bereits angeschlossenen und nicht wechselbereiten oder -fähigen Kunden dauerhaft der gleiche wie für Neukunden. Der Preiswettbewerb zwischen Heizöl und Gas wirkt sich damit preislich fortlaufend zugunsten aller bereits angeschlossenen Kunden aus13; Alt- und Neukunden haben keine unterschiedlichen Gaspreise. Deshalb geht die Behauptung, der einmal angeschlossene Kunde sei der Preiswillkür seines örtlichen Gasversorgungsunternehmens ausgeliefert, an der Wirklichkeit des Marktes vorbei. Die Gasversorgung aller Kunden vollzieht sich zu jedem Zeitpunkt im Rahmen wirksamer Substitutionskonkurrenz. Das Amtsgericht folgert die Monopolstellung der Beklagten daraus, daß sie gegenwärtig der einzige Gasanbieter für Haushaltskunden in Heilbronn ist. Der grundlegende Rechtsfehler des Gerichts liegt dabei darin, daß es den Markt unzutreffend abgrenzt. Der Schluß des Amtsgerichts wäre nur dann zutreffend, wenn es tatsächlich einen eigenständigen Markt für die Belieferung von Abnehmern mit Gas gäbe. Wegen des oben beschriebenen Substitutionswettbewerb gibt es einen auf den Energieträger Gas beschränkten Markt jedoch nicht. Die Belieferung von Haushaltskunden mit Gas erfolgt vielmehr auf dem sog. Wärmemarkt, auf dem Gas im Wettbewerb zu anderen 13 Siehe Bekl. vom 4. März 2005, S. 5 f. DD663174 15|26 Energieträgern, insbesondere dem leichten Heizöl steht. Den örtlichen Gasunternehmen stehen deshalb auf diesem Markt für Raumwärme und Warmwasserbereitung als Wettbewerber vor allem Heizölanbieter gegenüber14. Ein Gasversorgungsunternehmen muß sich im Wettbewerb mit diesen Anbietern messen, wenn es im Markt bestehen und seinen Kundenstamm erweitern will. Das geht nur, wenn der Gaskunde unter Einrechnung aller Kosten im Ergebnis besser dasteht als derjenige, der seine Wohnung oder sein Haus und sein Wasser mit einer anderen Energie heizt. Diese von der klassischen Vorstellung einseitiger Leistungsbestimmung eindeutig abweichende Ausgangslage verbietet die Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB auf die Kontrolle von Gaspreisen. Dem steht entgegen der Auffassung des Vorgerichts das BGH-Urteil vom 4. Dezember 1986 nicht entgegen. Dessen Sachverhalt lag entscheidungserheblich anders: Es ging nämlich nicht um die Billigkeitskontrolle von Gaspreisen, sondern um die Kontrolle von Hausanschluß&oste« und Baukostenzuschüssen. Dies sind nach ausdrücklicher gesetzlicher Regelung Kostenpreise: § 9 Abs. l AVBGasV (für Baukostenzuschüsse) und § 10 Abs. 5 AVBGasV (für Hausanschlußkosten) bestimmen, daß das Gasversorgungsunternehmen für beide Leistungen nur die Entgelte in Rechnung stellen darf, die zur Abdeckung der hierfür anfallenden Kosten notwendig sind. In bezug auf die Kalkulation der Entgelte für diese Anschlußleistungen war der Versorger unbestreitbar keinem Wettbewerb ausgesetzt. Das (Orts-)Leitungsnetz und die damit zusammenhängenden Dienstleistungen stellen ein natürliches Monopol dar. Hier geht es hingegen nicht um die Höhe des Entgelts für die Erbringung einer solchen Monopolleistung, sondern um den Preis für eine Leistung, hinsichtlich derer die Preisgestaltungsfreiheit des Gasversorgungsunternehmens durch den bestehenden Wettbewerb anderer Wärmeversorger begrenzt wird. Ebenso hat es das OLG Brandenburg in seinem Urteil vom 10. Januar 2001 (Az. 7 U 16/99) gesehen. Es hat die Anwendbarkeit des § 315 Abs. 3 BGB in der 14 Zu dieser Marktabgrenzung OLG Düsseldorf, Urteil vom 23. Februar 2005, Az. VI-U (Kart) 19/04: „Der Angebotsmarkt der Energieversorgung im Raum K.-L- beschränkt sich nicht - wie die Beklagte meint - auf die Belieferung mit Femwärme. Er umfaßt vielmehr auch die Lieferanten der - aus Sicht der nachfragenden Kunden funktional austauschbaren - Energieträger Öl, Gas und Elektrizität. Daß die Klägerin auf dem so abgegrenzten Markt eine beherrschende Position inne hat und als Anbieter von Energie keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist, trägt die Beklagte selbst nicht vor; dazu ist auch sonst nichts ersichtlich." DD663174 16|26 Gaswirtschaft - zutreffend - gerade mit Rücksicht auf den oben beschriebenen Substitutionswettbewerb verneint: „Die Anwendbarkeit des § 315 Abs. 3 BGB scheitert auch daran, daß der Klägerin gegenüber der Beklagten keine Monopolstellung zukommt. Im Bereich der Gasversorgung mag die Klägerin zwar ein Monopol haben, für die Energieversorgung der Beklagten insgesamt gilt dies aber nicht. Der Beklagten stand nämlich die Möglichkeit offen, die benötigte Energie über die Verbrennung (schweren) Heizöls zu erlangen, so daß sie auf eine Energieversorgung durch die Klägerin nicht angewiesen war. Damit ist auch aus dieser Sicht eine Inhaltskontrolle des Gaslieferungsvertrages zu verneinen." Anlage BK 4 c) Zwischenergebnis Sonach scheidet die Überprüfbarkeit der streitgegenständlichen Preiserhöhung am Maßstab des § 315 Abs. 3 BGB aus mehreren Gründen aus: Die spezielle, unmittelbar anwendbare Bestimmung des § 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB geht der allgemeinen Norm des § 315 BGB vor. Er bedarf auch nicht des Schutzes durch die Kontrolle nach §315 BGB, da der Gaspreis der wirksamen Wettbewerbskontrolle durch andere Marktteilnehmer auf dem Wärmemarkt unterworfen ist. 2. Der „Billigkeitsmaßstab" bei der Kontrolle von Gaspreisen Rechts fehlerhaft sind außerdem und vor allem die Erwägungen des Ausgangsgerichts zum Prüfungsmaßstab. Selbst wenn man die überkommene Monopolpreisrechtsprechung zu Unrecht auf die Kontrolle von Gaspreisen erstrecken wollte, so käme es nach gefestigter Rechtsprechung darauf an, ob das Entgelt im Rahmen des Marktüblichen liegt und dem entspricht, was regelmäßig als Preis für eine vergleichbare Leistung verlangt wird, sofern nicht die umfassende Würdigung des Vertragszwecks sowie die Interessenlage der Parteien für die Einbeziehung weiterer Gesichtspunkte sprechen. Hieraus folgt, daß der Grundsatz der Marktüblichkeit nur in besonderen Ausnahmefällen durch einen anderen (Billigkeits-)Maßstab - etwa die Kosten - DD663174 17|26 verdrängt werden kann. Bei Überprüfung von Gaspreisen besteht kein Anlaß, von dem Maßstab der Marktüblichkeit abzurücken. a) Die unzutreffende Auffassung des AG Heilbronn Nach Ansicht des Amtsgerichts soll sich die Art der Billigkeitskontrolle von Gaspreisen aus der Entscheidung des BGH vom 2. Oktober 1991 ergeben. Sie betreffe zwar einen Strompreis; ihre Erwägungen beruhten jedoch auf für das Energiewirtschaftsrecht insgesamt geltenden Grundsätzen. Deshalb müsse der Gaspreis sich an den Kosten der Beklagten ausrichten (UA, S. 17 f.). Das ist unhaltbar. b) Richtig dagegen: Der Preisprüfungsmaßstab Preisbildungsmaßstab determiniert den Nach Meinung des Amtsgerichts soll es hinsichtlich des Prüfungsmaßstabes der Billigkeitskontrolle nicht darauf ankommen, welchen äußeren Einflüssen die der Leistungsbestimmung zugrunde liegende Preisbildung unterworfen ist (so aber UA, S. 14 oben). Damit offenbart das Gericht einen grundsätzlichen Rechtsfehler. Es meint, bei der Billigkeitskontrolle andere Prüfmaßstäbe anwenden zu können, als sie für die Bildung des zu kontrollierenden Preises maßgeblich sind. Das ist unzutreffend. Schon aus § 315 Abs. 3 BGB folgt die Kongruenz von Preiskontroll- und Preisbildungsmaßstab. Eine Billigkeitskontrolle gemäß §315 Abs. 3 BGB findet nämlich nur dort statt, wo auch die Leistung nach billigem Ermessen bestimmt werden soll. Eine Kostenkontrolle ist daher auch nur dort zulässig, wo der zu überprüfende Preis ein Kostenpreis ist. Der Gesetzgeber hat nur für Strom durch ausdrückliche gesetzliche Regelung das Kostenprinzip vorgeschrieben15. Der bewußte Verzicht des Gesetzgebers auf eine der BTOElt entsprechende Kostenkontrolle des Gaspreises verbietet es deshalb mangels entsprechender normativer Vorgabe - wie jener des § 12 Abs. 2 BTOElt für Strom -, die Überprüfung der Billigkeit des Gaspreises von dessen 15 Gem. § l Abs. l BTOElt müssen sich die Strompreise für Tarifvertragskunden an den Kosten der Elektrizitätsversorgung orientieren, wobei § 12 Abs. 2 BTOElt die Genehmigung der Tarife von der Erforderlichkeit in Anbetracht der Kosten- und Erlöslage des jeweiligen EVU abhängig macht. § 12 Abs. 2 BTOElt hat dabei folgenden Wortlaut: „Die Preisgenehmigung wird nur erteilt, soweit das Elektrizitätsversorgungsunternehmen nachweist, daß entsprechende Preise in Anbetracht der gesamten Kosten- und Erlöslage bei elektrizitätswirtschaftlich rationeller Betriebsführung erforderlich sind.". DD663174 18|26 Kostenkontrolle abhängig zu machen. Der Gesetzgeber hat für den Gaspreis eine Rechtfertigung für spezielle preisrechtliche Vorgaben nicht gesehen; dem den Verbraucher schützenden Wettbewerb hat der Gesetzgeber den Vorrang eingeräumt16. Diese gesetzgeberische Entscheidung mißachtet das Amtsgericht. Die Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB setzt es mit der Kostenkontrolle des Unternehmens gleich. Das Gericht schert den Strompreis und den Gaspreis unter der Überschrift Energiepreis zu Unrecht über einen Kamm. Daß § l EnWG für Strom und Gas gleichermaßen gilt, rechtfertigt dieses Vorgehen nicht. Der Ordnungsrahmen für Strom und Gas ist zwar in vielem vergleichbar, nicht aber in dem hier entscheidenden Punkt der Preisbildung. Das muß bei der Kontrolle der Preisbildung beachtet werden. Der BGH hat in dem vom Amtsgericht angezogenen Urteil aus dem Jahr 1991 die Offenlegung der Kalkulation verlangen können, weil der dort streitige Strompreis als Kostenpreis aufgrund der Spezialnorm des § 12 Abs. 2 BTOElt als Kostenpreis kontrollierbar ist. Das trifft auf den Gaspreis - wie dargelegt - nicht zu17. Die Auffassung des Amtsgerichts ist nicht nur durch die BTOElt, sondern auch durch die Rechtsprechung widerlegt. In der Praxis, die seit mehr als 100 Jahren Erfahrungen mit Inhalt und Umfang des § 315 BGB sammeln konnte, ist eine Offenlegung der Kostenkalkulation nur dort gefordert worden, wo der zu überprüfende Preis selbst ein Kostenpreis ist. Es gibt keine obergerichtliche Entscheidung, die eine Offenlegung der Kostenkalkulation von Preisen fordert, die durch den Markt gebildet werden. Die Urteile, auf die sich das Amtsgericht beruft, stützen es nicht. Das Urteil des BGH vom 4. Dezember 1986 betraf zwar die Gaswirtschaft, aber eben spezielle Kostenpreise gemäß AVBGasV (siehe oben S. 15). Das LG Frankenthal hat am 9. Oktober 2003 weder über die Anwendbarkeit des § 315 Abs. 3 BGB noch über die Offenlegung der Kalkulation von Gaspreisen entschieden. Im Leitsatz zu dieser Entscheidung heißt es nur: 16 17 Siehe zu den Gründen für einen Verzicht auf eine Tarifpreiskontrolle im Gasgeschäft und zu den Gründen für die Aufhebung der BTOGas, Bekl. v. 31. März 2005, S. 12. Nach der wettbewerblichen Öffnung der Strommärkte ist auch die Rechtfertigung entfallen, § 315 Abs. 3 BGB zur Kontrolle der Strompreishöhe heranzuziehen. Da heutzutage jeder Kunde die Möglichkeit hat, Strom von verschiedenen Lieferanten zu beziehen, ist er auf die Belieferung des ihn versorgenden EltVU nicht mehr „angewiesen". Für die allgemeine Billigkeitskontrolle ist deshalb kein Raum mehr (siehe dazu Stappert, NJW 2003, 3177, 3179). DD663174 19|26 „Im Rahmen eines Eilverfahrens auf Unterlassen der Einstellung der Energieversorgung ist die Prüfung der Billigkeit der streitgegenständlichen Gastarife nach § 315 BGB nicht e r fo rd e r li ch , d ies i s t a l l e in e G eg en s tan d d es Hauptsache Verfahrens." c) Zwischenergebnis Da Gaspreise Marktpreise sind, können sie auf ihre Billigkeit hin nur anhand dessen überprüft werden, was im Rahmen des Marktüblichen liegt und dem entspricht, was als Preis für eine vergleichbare Leistung regelmäßig verlangt wird. Für die Billigkeitskontrolle eines Strompreises konnte der BGH dagegen die Offenlegung der Kalkulation verlangen, weil der Strom nach der BTOElt ein Kostenpreis ist und das Elektrizitätsversorgungsunternehmen deshalb durch die Spezialnorm des § 12 BTOElt ohnedies verpflichtet ist, seine gesamte Kosten- und Erlöslage offenzulegen. 3. Der Nachweis der Billigkeit Das Urteil des AG Heilbronn muß aus dem weiteren Grund aufgehoben werden, weil es die von der Beklagten vorgelegten Preisvergleiche B 8 und B 21 als ausreichend hätte ansehen müssen (dazu a). Jedenfalls hätte es den Billigkeitsnachweis durch den von der Beklagten erbrachten Beweis der margenneutralen Umlegung der Bezugskostensteigerungen auf die Gaskunden als erbracht ansehen müssen (dazu b). a) Nachweis der Billigkeit durch Gaspreisvergleich Zu Unrecht hat das Vorgericht den von der Beklagten vorgelegten Preisvergleichen B 8 und B 21 keine Entscheidungserheblichkeit beigemessen. Da der Gaspreis ein Marktpreis ist, muß eine Billigkeitskontrolle mittels vergleichbarer Preise erfolgen18. Aus den Preisvergleichen ist ersichtlich, daß die Preise der Beklagten auch nach Erhöhung unter dem Durchschnitt benachbarter Gasversorgungsunternehmen liegen. Das ist nicht rechtserheblich 18 Siehe ausdrücklich BGH NJW-RR 2000, 1560, 1562: Bei der Festsetzung des angemessenen Entgelts kommt es auf in der Branche anzutreffende marktgerechte Preise an, so daß es der Vorlage von Kalkulationsunterlagen nicht bedarf. DD663174 20|26 bestritten. Folglich hat die Beklagte nachgewiesen, daß die streiterhebliche Preiserhöhung weder mißbräuchlich noch unbillig ist. b) Nachweis der Billigkeit wegen Weitergabe (nur) gestiegener Bezugskosten Das Vorgericht hat den von der Beklagten geführten Nachweis verneint. Vielmehr hat es rechtsfehlerhaft unter unzulässig erweiternder Auslegung des eindeutigen Streitgegenstandes die ohnedies unzulässige Kostenkontrolle über den Umfang der Preiserhöhung hinaus auf den Gesamtpreis der Beklagten ausgedehnt. Das kann keinen Bestand haben. Obwohl der Kläger nur die Feststellung verlangt, „daß die zum l. Oktober 2004 von der Beklagten vorgenommene Erhöhung der Gastarife unbillig ist und, daß statt dessen die vom Gericht zu ermittelnde billige Tariferhöhung gilt", will das Vorgericht den gesamten Preis einer Billigkeits- und Kostenkontrolle in voller Höhe unterwerfen (UA, S. 18 f.). Deshalb hat es das Gericht unterlassen, die Beweismittel der Beklagten überhaupt zu würdigen. Der Tenor des angegriffenen Urteils ist nicht etwa durch die positive Feststellung der Unbilligkeit der Preiserhöhung veranlaßt, sondern allein wegen der angeblich nicht ausreichenden Vorlage von Geschäftsunterlagen zur Kalkulation des Gesamtpreises. aa) Keine Auslegung des (eindeutigen) Klageantrags Die vom Gericht vorgenommene erweiternde Auslegung des Klageantrags (siehe UA, S. 19 oben) ist unzulässig. Zwar sind auch Prozeßhandlungen auslegungsfähig; allerdings finden die Auslegungsregeln des materiellen Rechts entsprechende Anwendung19. Dementsprechend ist eine Auslegung nicht statthaft, wenn die fragliche Erklärung eindeutig ist. Da der Antrag des Klägers eindeutig auf die Überprüfung der Preiserhöhung der Beklagten zum l. Oktober 2004 beschränkt ist und er diese Beschränkung in der mündlichen Verhandlung eindeutig bestätigt hat (vgl. Tatbestand des Urteils), durfte das Gericht den Klägerantrag nicht erweiternd auslegen. 19 BGH NJW-RR 1994, 568; Greger, in: Zöller, ZPO 25. Aufl. vor § 128 Rn. 25. DD663174 21|26 Während sich der in der Klageschrift angekündigte Antrag noch nicht einmal auf die Preiserhöhung zum 1. Oktober 2004 bezog, sondern lediglich auf Feststellung gerichtet war, „daß die Beklagte nicht berechtigt ist, Grundpreise und Verbrauchspreise ihres Gasversorgungstarifs für den Kläger aus dem Grund zu erhöhen, daß sich angeblich der Ölpreis erhöht habe", änderte der Kläger, nachdem die Beklagte auf die Unzulässigkeit dieses Antrags hingewiesen hatte (siehe KE, S. 2 ff.), seinen Antrag auf Anregung des Gerichts (siehe Verfügung vom 24. November 2004, S. 2 Mitte). Er hat ihn wie folgt umgestellt: „Es wird festgestellt, daß der zwischen den Parteien bestehende Gaslieferungsvertrag auch nach dem l. Oktober 2004 höchstens mit den bis dahin geltenden Tarifen fortbesteht oder das Gericht setzt die billige Tariferhöhung fest." Diese Antragsfassung hat er später auf den Formulierungsvorschlag des Ausgangsgerichts hin (siehe Verfügung vom 24. November 200420) noch einmal geändert und den im Tatbestand genannten Antrag gestellt. Dieser Beschränkung des Streitgegenstandes auf die Preiserhöhung zum 1. Oktober 2004 entspricht das entsprechend beschränkte Beweisangebot des Klägers im Schriftsatz vom 2. Januar 2005: „Es wird Beweis erhoben zu der Behauptung der Beklagten, die Preiserhöhung für die Beklagte seitens der Vorlieferantin der GVS, sei in einem Ausmaß erfolgt, das eine Erhöhung der Arbeitspreise der Tarife der Beklagten um mindestens 9 % zum l. Oktober 2004 notwendig gemacht habe." Es war folglich unzulässig, den Streitgegenstand eigenmächtig auf die Prüfung des Gesamtpreises zu erstrecken und der Beklagten daraufhin zu erklären, daß sie hierauf bezogene Kalkulationsunterlagen nicht vorgelegt habe. 20 Es heißt in der Verfügung auf S. 2 Mitte wörtlich: „Einer konkret auf diese Verp flichtung bezogene Feststellungsklage, etwa es Inhalts, daß der zwischen den Parteien bestehende Gaslieferungsvertrag auch nach dem l. Oktober 2004 mit den bisherigen Tarifen (vom 19. März 2003) fortbesteht, würde auch nicht das rechtliche Interesse einer alsbaldigen Feststellung fehlen." DD663174 22|26 Ebensowenig durfte das Vorgericht es unterlassen, die auf den Streitgegenstand bezogenen Beweise der Beklagten zu würdigen. Schon dieses Vorgehen des Gerichts reicht zur Urteilsaufhebung. bb) Unzutreffendes Auslegungsergebnis des erstinstanzlichen Gerichts Entgegen der Feststellung im angefochtenen Urteil ergibt sich weder aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 17. Dezember 2004 noch aus dem Tatbestand des Urteils selbst, daß „der Kläger mehrfach deutlich zum Ausdruck gebracht habe, daß er den Preis insgesamt für unbillig halte" (so aber UA, S. 19 oben). Der als Richter und Anwalt erfahrene Kläger wußte, welchen Antrag er schließlich zu Protokoll gegeben hat. Deshalb darf das Gericht nicht kurzerhand zur Erweiterung des eindeutigen klägerischen Begehrens schreiten und die Billigkeit des Gesamtpreises überprüfen. Das kann nur als willkürlich eingestuft werden. Hätte das Amtsgericht sich an den Klageantrag gehalten, so hätte es die Preiserhöhung zum l. Oktober 2004 nach § 19 GWB oder - von uns allerdings verneint - nach § 315 BGB überprüfen dürfen. Dafür hatte es den erforderlichen Beweis: den der Marktüblichkeit (siehe dazu oben unter a)) sowie - hilfsweise - den der Kostensteigerung und ihrer margenneutralen Umlegung auf die Tarifkunden (dazu cc)). cc) Nachweis der margenneutralen Umlegung der Bezugskostensteigerung Von dem - diesseits nicht geteilten - Prüfungsansatz des Vorgerichts ausgehend werden die von der Beklagten geführten Beweise ihrer Darlegungsund Substantiierungslast gerecht. Das Amtsgericht stellt folgende Anforderung: „Die Beklagte müßte also vortragen, inwiefern der geforderte Gaspreis zur Deckung der Kosten der Gaslieferung und zur Erzielung eines im vertretbaren Rahmen liegenden Gewinnes dient, was ihr nur durch die Offenlegung ihrer Kosten- und Gewinnkalkulation möglich ist." (UA, S. 19 Mitte) Die Beklagte hat den Umfang der Bezugskostensteigerung zum 1. Oktober 2004 durch Bestätigung B 24 der Vorlieferantin nachgewiesen. Sie hat außerdem die Umlegung dieser gestiegenen Bezugskosten auf die einzelnen Kundengruppen unter Zeugenbeweis detailliert beschrieben. Sie hat ferner DD663I74 23|26 durch ein Wirtschaftsprüfertestat (B 25) bewiesen, daß diese Umlegung der gestiegenen Kosten kostennah erfolgte. Das alles wird bestätigt durch das Ergebnis der kartellbehördlichen Prüfung. Die Landeskartellbehörde sieht keinen Anhaltspunkt für eine mißbräuchliche Preisgestaltung der Beklagten, denn sie habe nur gestiegene Bezugskosten weitergegeben (siehe B 29). Der Kläger hat den entsprechenden Vortrag ausdrücklich unstreitig gestellt21. Folglich steht fest, daß die Preiserhöhung der Beklagten zum l. Oktober 2004 ausschließlich auf gestiegenen Bezugskosten beruht. Hat die Beklagte aber dergestalt nachgewiesen, daß die streitige Preiserhöhung nur der Deckung gestiegener Bezugskosten diente, so steht die Billigkeit der streitgegenständlichen Preiserhöhung selbst nach den vom Amtsgericht zu Unrecht herangezogenen, weil nur für Kostenpreise geltenden Bestimmungskriterien der Monopolpreisrechtsprechung fest. dd) Die Irrelevanz der Entwicklung der Grenzfibergangspreise Der Grenzübergangspreis, auf den das Gericht seine Zweifel an der margenneutralen Umlegung stützt (siehe UA, S. 6 f.), ist für die Wettbewerbssituation des Erdgases auf dem relevanten Wärmemarkt (für die Belieferung von Haushaltskunden) ohnedies bar jeder Aussagekraft. In dessen Ermittlung fließen nämlich nicht nur die Preise des für die Versorgung von Haushaltskunden benötigten Erdgases ein, sondern mit hohen Mengen auch die erheblich niedrigeren Preise des Industrie- und Kraftwerksgases. Diese sind wegen ihrer ganz anderen Wettbewerbssituation nicht an die Preise für leichtes Heizöl (HEL), sondern an die für das preisgünstigere schwere Heizöl22 oder andere Energieträger (z.B. Kohle) gebunden. Der Grenzübergangspreis kann noch nicht einmal zur Plausibilisierung der Entwicklung der Gasbezugskosten der kommunalen Versorger herangezogen werden, da selbst der Teil der dem BAFA gemeldeten Importpreise, der HELabhängig ist, die Preisentwicklung in den Importverträgen nicht widerspiegelt. Zwar sind die Importpreise grundsätzlich vom Ölpreis abhängig; die dem BAFA gemeldeten Preise müssen aber nicht die Gegenleistung für das genau 21 22 Siehe Schriftsatz des Klägers vom 10. März 2005, S. 2 unten. Schweres Heizöl steht in bezug auf die Versorgung von Haushaltskunden nicht im Wettbewerb zu Erdgas, weil Haushaltskunden diesen Energieträger schon aus technischen Gründen nicht einsetzen können. DD663I74 24|26 in demselben Zeitraum gelieferte Gas darstellen. Nur beispielhaft sei auf Preisrevisionen für zurückliegende Zeiträume hingewiesen. Dem BAFA werden diese Preisänderungen im Zeitpunkt der Vereinbarung gemeldet; in den bereits gemeldeten Zahlen können solche Änderungen allerdings nicht mehr berücksichtigt werden. Beweis: Sachverständigenzeugnis des beim BAFA zuständigen Abteilungsleiters Gleichwohl sei darauf verwiesen, daß der Grenzübergangspreis zwischen Januar 2004 und Januar 2005 erheblich gestiegen ist, und zwar um etwa 25 %. Anlage BK 5 C. Zusammenfassung Das Urteil des AG Heilbronn ist aus zahlreichen Gründen aufzuheben. Das Begehren des Klägers ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt begründet. Das Amtsgericht löst sich mit seiner Auffassung, die entsprechende Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB sei auch zur Kontrolle von Gaspreisen gerechtfertigt, von der gefestigten obergerichtlichen Rechtsprechung, die § 315 Abs. 3 BGB auf die Kontrolle von Gaspreisen noch nie angewendet hat. Eine Abkehr von dieser Rechtsprechung liegt aber auch insoweit vor, als daß das Ausgangsgericht den bei der Billigkeitskontrolle anzulegenden Prüfungsmaßstab von den für die Preisbildung maßgeblichen Faktoren entkoppeln will. Schließlich dehnt das erstinstanzliche Gericht den bewußt beschränkten Streitgegenstand auf die Überprüfung des Gesamtpreises der Beklagten aus. Selbst wenn das Gericht schon zu Unrecht nach § 315 Abs. 3 BGB prüfen will, so muß es den Gaspreis an dem im Markt für vergleichbare Leistungen Üblichen messen, nicht aber unter Berufung auf ein Urteil, das sich mit den Besonderheiten der Strompreisbildung nach der BTOElt befaßt. Jeder einzelne dieser Punkte rechtfertigt bereits für sich die Aufhebung des angefochtenen Urteils. D. Hilfsweise: Zulassung der Revision Sollte das Berufungsgericht die Klage doch für begründet halten, so beantragen wir, DD663I74 25|26 die Revision zuzulassen. Gem. § 543 Abs. 2 ZPO hat dies dann zu geschehen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus Bedeutung für die Allgemeinheit hat23. Das kann insbesondere bei Musterprozessen und Verfahren, in denen die Auslegung typischer Vertragsbestimmungen, Tarife, Formularverträge oder allgemeiner Geschäftsbedingungen erforderlich wird, aber auch in sonstigen Fällen, in denen Leitentscheidungen des Revisionsgerichts notwendig erscheinen, der Fall sein24. Klärungsbedürftigkeit ist dabei immer dann gegeben, wenn die Rechtsfrage noch nicht höchstrichterlich entschieden ist25. Selbst wenn es sich nicht um eine Rechtsfrage handelt, die in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen auftreten kann, kann eine Rechtssache grundsätzliche Bedeutung haben, dann nämlich, wenn Auswirkungen des Rechtsstreits die Interessen der Allgemeinheit in besonderem Maße berühren und ein Tätigwerden des Revisionsgerichts erforderlich machen26. An diesen Maßstäben gemessen ist hier die grundsätzliche Bedeutung dieses Rechtsstreits zu bejahen. Die Rechtsfrage, um die es hier geht, ist diejenige, ob die entsprechende Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB auf die Kontrolle von Gaspreisen gerechtfertigt ist und bejahendenfalls, ob zum Nachweis der Billigkeit weitergehende Darlegungen als der Nachweis der Marktüblichkeit erforderlich sind. Hält das Gericht die Klage nicht bereits für unzulässig oder deshalb für unbegründet, weil die Beklagte nachgewiesen hat, daß die streitgegenständliche Preiserhöhung nur aufgestiegenen Bezugskosten beruht, so kommt es auf diese Rechtsfrage an. Zweifel an der Klärungsbedürftigkeit dieser Rechtsfrage dürften nicht bestehen, weil es - wie bereits mehrfach 23 24 25 26 BGH NJW 2003, 65, 67 mwN; BAG NJW 2005, 1531, 1532; Gummer, in: Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 543Rdnr. 11. BGH NJW 2003, 65, 67. BAG NJW 2005, 1531, 1532. BGH NJW 2003, 65, 67. DD663174 26|26 betont - bislang keine obergerichtliche Rechtsprechung gibt, die Gaspreise einer Billigkeitskontrolle gem. § 315 Abs. 3 BGB unterwirft. Nach alledem kann das angegriffene Urteil keinen Bestand haben. Auf unser gesamtes Vorbringen in diesem Rechtsstreit einschließlich der Beweisantritte wird ergänzend Bezug genommen und zum Gegenstand des Vortrages in dieser Instanz gemacht. (Prof. Dr. Kniep) Rechtsanwalt