Asyl in RheinlandPfalz Infodienst des Arbeitskreis Asyl Rheinland-Pfalz Juni 2005, Nr.62 Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Juni 2005 Impressum Herausgeber Arbeitskreis Asyl Rheinland-Pfalz Postfach 28 51 55516 Bad Kreuznach Tel: 0671 / 8459152 Fax: 0671 / 8459154 E-Mail: [email protected] Internet: www.asyl-rlp.org Anschrift: Kurhausstraße 8 55543 Bad Kreuznach Koordinierungsgruppe Malteser Hilfsdienst Mainz Behrouz Asadi Dagobertstraße 1c 55116 Mainz Tel. 06131 / 226042 Mobil: 0171 / 2279232 Fax: 06131 / 230413 E-Mail: [email protected] Zentrum für selbstbestimmtes Leben Behinderter Ismael Sackan Rheinstr. 43-45 55116 Mainz Tel. 06131 / 14674535 E-Mail: [email protected] Pfarramt für Ausländerarbeit Siegfried Pick Postfach 2851 55543 Bad Kreuznach Tel. 0671 / 8459152 Fax. 0671 / 8459154 E-Mail: [email protected] „Asyl in Rheinland-Pfalz“ wird als Projekt vom Europäischen Flüchtlingsfonds (EFF) finanziell gefördert. Der Arbeitskreis Asyl Rheinland-Pfalz wird finanziell gefördert von der Landesbeauftragten für Ausländerfragen bei der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz, Frau Maria Weber und der bundesweiten Arbeitsgemeinschaft PRO ASYL. Humanitäre Hilfe für Asylbewerber Ingelheim Ingrid Meyer und Karin Mehandru Im Schneckenbangert 19 55263 Wackenheim Tel. 06132 / 440360 Fax: 06132 / 440360 E-Mail: [email protected] Diakonisches Werk Pfalz Manfred Asel Karmeliterstraße 20 67346 Speyer Tel. 06232 / 664262 Fax: 06232 / 6642422 E-Mail: [email protected] Ev. Dekanat Mainz, Flüchtlings- und Migrationshilfe Gisela Apitzsch Kaiserstrasse 37 55116 Mainz Tel : 06131/9600426 Mail: [email protected] Mainzer Flüchtlingsrat Bernd Drücke E-Mail: [email protected] Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Juni 2005 Inhalt: Das Wichtigste in Kürze 4 AK Asyl RLP: Protokoll des Plenums am 10.6.2005 Brief an Innenminister Bruch (7.6.2005) - ethnische Minderheiten in das Kosovo „Speyerer Morgenpost“ (11.6.2005) – „AK Asyl kritisiert politische Taktik“ Brief an Innenminister Bruch (28.6.2005) - Nach dem Scheitern der Innenministerkonferenz Innenministerkonferenz: PRO ASYL - Forderungen und Hintergrundinformationen zur IMK Brief von Heiko Müller (ai) an Innenminister Bruch zum Thema IMK IMK – Presseerklärung (24.6.2005) Presseerklärung (28.6.2005) - Bleiberecht für lange hier lebende Flüchtlinge PRO ASYL – 2 Presseerklärungen (24.6.2005) BMI – Otto Schilly – Bleiberechtsregelung für Kinder und Jugendliche SPD-Bundestagsfraktion zur IMK Schulpflicht für Flüchtlingskinder: tdh - „Wir bleiben draußen“ Bildungsministerium RLP - Schulbesuch von Kindern von Asylbewerbern Landtagsfraktion FDP RLP - Schulpflicht und Schulrecht von Flüchtlingen in Deutschland Schreiben aus Innenministerium IM – Erlass vom 31.5.2005 IM – Brief an Café Asyl IM- „Landesinitiative Rückkehr 2005“ Rhein-Zeitung - Geld für Rückkehr von Asylbewerbern Zuwanderungsgesetz BM für Wirtschaft und Arbeit - Anwendung der §§ 8 und 9 Besch VerfV PRO ASYL PRO ASYL Presseerklärung vom 6. Juni 2005 PRO ASYL Presseerklärung vom 16. Juni 2005 Und was gibt’s sonst noch UNHCR zu Beendigungsklauseln bei irakischen und afghanischen Flüchtlingen Komitee für Grundrechte und Demokratie e. V. – Aufruf (Lagerkampagne) Aufruf zur Demo in Ingelheim 5 7 8 Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Juni 2005 Das Wichtigste in Kürze Schulpflicht für Flüchtlingskinder Manchmal dauert es ein bisschen länger. Seit nunmehr 18 Jahren fordert der AK Asyl RheinlandPfalz die Landesregierung auf, endlich die Schulpflicht für Flüchtlingskinder im laufenden Verfahren und mit Duldung einzuführen. Das wurde bisher mit für uns nicht überzeugenden Gründen abgelehnt. Es ging faktisch darum, dass Flüchtlinge nicht integriert werden sollen. Nun hat Frau Ahnen auf die Initiative von Terre des Hommes geantwortet, dass man in RheinlandPfalz demnächst definiere, dass die von der Zentralen Aufnahmestelle in Trier auf die Kommunen verteilten Asylsuchenden dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und damit eine Schulpflicht für die Kinder besteht (siehe unten). Immerhin, „und sie bewegt sich doch“, die Landesregierung. Hier geblieben! Die IMK hat kein Bleiberecht beschlossen, stattdessen angeregt, eine Regelung in ein Änderungsgesetz zum Aufenthaltsgesetz (irgendwann einmal) einzubringen. Bruch will in den Kosovo In einem SWR1-Beitrag, ausgestrahlt am 23, 6., erklärte Innenminister Bruch, dass er sich ein Bild von der Lage der Minderheiten im Kosovo machen wolle und evtl. nach den Sommerferien dort hin reisen möchte. Gegen Abschiebehaft - Demo in Ingelheim Am 16. Juli wird in Ingelheim gegen Abschiebehaft demonstriert (siehe Aufruf). Es gibt ein breites Spektrum von aufrufenden Gruppen aus Rheinland-Pfalz, dem Saarland und dem Rhein-MainGebiet. Der AK Asyl Rheinland-Pfalz ist mit dabei und bittet alle Flüchtlingsfreundinnen und – freunde um Teilnahme an der Demo. Für den 9. Dezember planen wir eine Tagung zum Thema Abschiebungshaft. Termine: 16.7. 13 Uhr Demo gegen Abschiebungshaft in Ingelheim 23.9. 10-16 Uhr Plenum des AK Asyl in Mainz, Schwerpunkt: Erste Erfahrungen aus der Arbeit der Härtefallkommission 30.9. 05 Bundesweit Tag des Flüchtlings Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Juni 2005 AK Asyl Rheinland-Pfalz Arbeitskreis Asyl Rheinland-Pfalz Protokoll – Plenum des AK-Asyl RLP am 10.6.2005 in Mainz Anwesende: Siggi Pick, Sedat Bunjaku, Hannes Greven, Tobias Gerth (alle Pfarramt für Ausländerarbeit Bad Kreuznach), Elke Käfler (Caritas Zentrum Migrationserstberatungsstelle, Pirmasens), Susanne Döhlemann, Alice Herzhauser, Susanne Döhlemann (alle drei Caritas Zentrum- allg. Lebensberatung), Gabi Kercher (Sozialarbeiterin Verbandsgemeinde Mutterstadt), Markus Kercher (Praktikant), Bernd Drücke, Ingrid Meyer, Karin Mehandru, Behrouz Asadi (alle KO- Gruppe des AK Asyl RLP), Christof Kinader (Caritas-Verband Mainz), Ines ReichHilweg (Mitarbeiterin Landtagsfraktion B90 Die Grünen), Ina Fischer (Ökumenische Flüchtlingshilfe, Bad Neuenaht), Wolfgang Jungheim (Pax Christi, Rhein-Lahn), Jürgen Pirrong (KV Rhein- Lahn), Nicole Schmidt (KV Rhein-Lahn), Irene Schmoldt, (DW MainzBingen), Ute Mewes (Diakonisches Werk Altenkirchen), Manfred Asel (DW Speyer), Marion Schmidt, Reinhold Wendl (Rechtsanwalt), Hans Schuh (Mannheim), Yildiz, Dr. Wiegräbe (AK Asyl Neustadt), Hannah Amann (DCV Mainz), Peret Onangolo (AWO Mainz), Peter Kallusek (Initiative für deutsch ausländische Begegnung), Fr. Prem-Schwind (Multikulturelles Zentrum Trier) Austausch und Diskussion über aktuelle Fragen in der Arbeit: Wolfgang Jungheim wirft den Fall einer Migrantin auf, die ein Bleiberecht aufgrund geschlechtsspezifischer Verfolgung bekommt. Nicole Schmidt: Die Ausländerbehörde RheinLahn erteilt zügig Arbeitserlaubnisse. Es gibt Probleme der psychischen Verfassung von Kindern (viele Verhaltensstörungen), doch es gibt kaum Anspruch auf professionelle Hilfe. Siggi Pick erhielt eine E-mail über Flüchtlingskinder in Schweden, die in die Apathie verfallen, wahrscheinlich durch Traumas, die sie erlitten haben. Gibt es solche Fälle auch in Deutschland? R. Wendl: kennt Fälle, das gelangt aber nicht an die Öffentlichkeit Dr. Wiegräbe: Eine Askhali-Familie soll in den Kosovo abgeschoben werden, es gibt keine Aufenthaltserlaubnis, wenn freiwillige Ausreise möglich ist. Ist eine illegale Abschiebung bei Verweigerung der freiwillige Ausreise möglich? R. Wendl: Jeder kann freiwillig zurück, es besteht nur die Frage nach der Zumutbarkeit, die Situation des Einzelnen muss hierfür geprüft werden. Der §25 wird von Ausländerbehörden falsch ausgelegt, Jürgen Pirrong: Ein Iraner hat keine Zustimmung für Pass bekommen (wegen Mangel an iranischen Papieren), deshalb bekam er weniger Sozialleistungen mit der Begründung der mangelnden Mitwirkung. Ina Fischer: ABH Bad Neuenahr schickt keine Ashkali in den Kosovo, weil sie gefährdet wären. Dr. Wiegräbe: Die Ausländerbehörde in Neustadt wendet sich gegen eine Härtefallkommission. Siggi Pick: Bei der Umsetzung des ZuwanderungsG gab es Fälle von Arbeitsverboten durch Ausländerbehörden wegen Nicht-Vorlage des Passes Frage an R. Wendl: was dürfen die Behörden? R. Wendl: AB darf Arbeitsverbote erteilen bei Geduldeten, wenn kein Pass vorhanden ist (Beschäftigungsverfahrensverordnung) - §10: Arbeitserlaubnis bei einem Jahr Duldung; §11: Versagung der Erlaubnis es darf jedoch kein Arbeitsverbot für Leute geben, die nicht abgeschoben werden dürfen (z.B. Iraker) auch wenn sie an der Passbeschaffung nicht mitwirken Gegen Ein Arbeitsverbot kann Widerspruch gemacht werden. Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Ina Fischer: Die Ausländerbehörde benötigt bis zu 5 Arbeitsgänge für Arbeitserlaubnis bzw. verlängerung Behrouz Asadi: Wegen dieser langen Dauer verlieren die Leute ihre Arbeitsplätze, sie werden ersetzt, da ihre Arbeitserlaubnis zu lange auf der Kippe steht. Jürgen Pirrong: Es gibt stark unterschiedlich lange Bearbeitungszeiten für die Arbeitserlaubnis bei verschiedenen Ausländerbehörden. Tarife machen Probleme- Viele Ausländer werden unter Tarif bezahlt und dürfen deshalb nicht mehr in der jeweiligen Arbeit tätig sein Bernd Drüke: Kampagne gegen Abschiebeknast: Es gibt ein internationalen Fest am 1. Juli, um die Ingelheimer Bevölkerung zu informieren, am 16. 7. ist die Demo (siehe Aufruf) Ingrid Meyer zur Situation im Abschiebeknast Ingelheim: Es sind derzeit ca. 90 Personen im Knast. Mitarbeiter des Abschiebeknastes geben Informationen über Beratungsmöglichkeiten an die Inhaftierten nur selten oder gar nicht weiter, demnach wissen viele Inhaftierte gar nicht, dass sie ein Recht auf Beratung haben. Die Ärztliche Betreuung im Knast ist absolut unbefriedigend; Härtefallkommission Da die HFK erst am 30. 6. zusammen tritt und am 13. Juli erstmals berät, gibt es noch keine Informationen aus dem Innenministerium Auch die bestimmten Mitglieder wissen nichts Neues. Nach den uns vorliegenden Informationen sind in der Härtefallkommission drin Vorsitz: Harald Wolters, IMS -Herr Muth für das Innenministerium, Frau Blessing-Zwiebelberg für die LBA (beratend), ein Protokoll: Hannes Greven, Tobias Gerth Juni 2005 Vertreter des Bürgerbeauftragten, Heiko Müller für ai (Vertreterin: Marie Weber), Pfr. Friedrich Vetter für die Evangelischen Kirchen (V: Reimhard Schott), für die Karholischen Kirchen Herr Bertholt Tapp, (V:Prälat Theis), Liga der Wohlfahrtspflege: Herr Scholz, (V: Frau Dr. Samadi), je ein Vertreter von Landkreistag und Städtetag. Bei Entscheidungen der HK ist faktisch eine 3/4-Mehrheit notwendig, von acht müssen also sechs zustimmen, bei drei Enthaltungen oder Gegenstimmen ist ein Härtefall abgelehnt. Bisher erreichte die HK 34 Anträge, da viele Antragsteller noch warten, bis sich die Kriterien geklärt haben. Die Antragssteller müssen ihre Gründe darlegen, die HK wird nicht selbst ermitteln. Als Ausschlussgrund gilt, wenn der Flüchtling die aufgeschobene Ausreise selbst zu verschulden hat. Das ist problematisch, da es Interpretationssache ist, was Verschulden ist. Ines: Für jeden der Fälle bräuchte man einen kleinen Unterstützerkreis (Schule, Freunde, etc.), die das Gremium beeindrucken würde. Siggi Pick: Jetzt können auch schon Anträge gestellt werden, aber die Mitglieder der Kommission müssen ihre Anträge selbst mitbringen, daher muss überlegt werden, wer die „Vertrauensperson“ im Gremium ist. Es ist unklar, ob es einen schriftlichen Kriterienkatalog geben wird, wann ein Fall als Härtefall gilt. Es gibt u. U. eine Regelung für Aufschiebung der Abschiebung bei Eingang eines Antrages bei der HK (kein Gesetz, eher eine Regel, um „Missbrauch“ zu vermeiden) Die HK muss Ablehnungen nicht begründen. Ihre Mitglieder haben Schweigepflicht. Die Entscheidung der HK wird vom Minister umgesetzt und ist in Rheinland- Pfalz rechtlich bindend. In NRW hingegen „bittet“ die HK die Ausländerbehörde. neu zu entscheiden, sie macht also nur einen Vorschlag. Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Juni 2005 Arbeitskreis Asyl Rheinland-Pfalz 7.6.2005 An Herrn Minister Karl Peter Bruch Ministerium des Innern und für Sport Rückführungen von Angehörigen ethnischer Minderheiten in das Kosovo Rundschreiben vom 11.5.2005 (siehe Infodienst 61) Sehr geehrter Herr Minister Bruch, leider sind nun auch in Rheinland-Pfalz Abschiebungen von Angehörigen von Minderheiten aus dem Kosovo begonnen worden. Nach unseren Informationen wurde am 19.5.05 eine Ashkali-Familie aus der Pfalz abgeschoben. Wir protestieren gegen diese und weitere geplante Abschiebungen von Angehörigen der Minderheiten. Diese Abschiebemaßnahmen sowie der Erlass vom 11. Mai stehen im Widerspruch zu Ihrer Erklärung am selben Tag bei der Veranstaltung in Neustadt, wo Sie erklärten, dass sich Rheinland-Pfalz für ein Bleiberecht für die Flüchtlinge aus dem Kosovo einsetzen werde. Wenn dies zutrifft, dann sollten Sie sicherstellen, dass bis zu einer Entscheidung über einen Abschiebestopp zwischenzeitlich in Rheinland-Pfalz keine Minderheiten-Flüchtlinge abgeschoben werden. Auch wenn wir den Erlass in seiner Zielsetzung grundsätzlich ablehnen, wollen wir trotzdem auf Widersprüche hinweisen: Der Erlass stimmt in zentralen Punkten nicht mit Vorgaben der Vereinbarung mit der UNMIK überein. Bei dem Rundschreiben finden wir erstaunlich, dass hier auch Albaner in die Abschiebungen einbezogen worden sind. Diese Gruppe ist bei der „Abgestimmten Niederschrift“ vom Ende April 05 überhaupt nicht einbezogen. Die Vereinbarung bezieht sich ausschließlich auf die Angehörigen der Minderheiten-Gruppen. Im Übrigen wird mit dem Rundschreiben der Eindruck erweckt, auch alle bereits früher angemeldeten Personen könnten ohne erneute Anmeldung jetzt abgeschoben werden. Die Vereinbarung enthält eine abschließende Regelung darüber, wie mit Ashkali und Ägyptern umzugehen ist, die bisher nicht abgeschoben werden konnte: hier ist ein zumindest beschleunigtes Verfahren, ansonsten ein Prüfverfahren nach Ziffer 3 durchzuführen. Ziffer 5 der „Abgestimmten Niederschrift“ bezieht sich nur auf Ashkali und Ägypter, die künftig nach einem noch durchzuführenden Prüfverfahren zunächst noch nicht abgeschoben werden können. Hier müsste bei jeder neuen Anmeldung ein weiteres Prüfverfahren mit dem entsprechenden Vorlauf gemacht werden. Der Erlass steht hier im Widerspruch zur „Abgestimmten Niederschrift“. Angehörige der Minderheiten in Rheinland-Pfalz sind in Angst und voller Panik, dass ihnen nun unmittelbar die Abschiebung droht. Die Wirkung auch eines zahlenmäßig begrenzten Kontingents von Abzuschiebenden ist ein massiver Druck, freiwillig auszureisen. Diese „freiwillige Abschiebung“ führt die Flüchtlinge genauso in eine ausweglose Lage im Kosovo. Wir bitten Sie eindringlich darum, dass das Rundschreiben vom 11. Mai außer Kraft gesetzt wird. Mit freundlichen Grüßen Ihr S. Pick im Auftrag der Koordinierungsgruppe des Arbeitskreises Asyl Rheinland-Pfalz Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Juni 2005 Arbeitskreis Asyl kritisiert politische Taktik Gegen Abschiebung angehen Bad Kreuznach/Ludwigshafen (epd) - Der rheinland-pfälzische Arbeitskreis Asyl hat Innenminister Karl Peter Bruch (SPD) wegen der Abschiebung von Kosovo-Flüchtlingen scharf kritisiert. Die jüngste Abschiebung einer vierköpfigen Flüchtlingsfamilie aus Ludwigshafen stehe Im Widerspruch zu Bruchs öffentlicher Zusage vom 11. Mai, bei der Innenministerkonferenz eine Bleiberechtsregelung für Balkan-Flüchtlinge anzustreben, kritisierte der Sprecher des Arbeitskreises und Bad Kreuznacher Ausländerpfarrer Siegfried Pick in einem Schreiben. Rheinland-Pfalz weitere Abschiebungen bisher geduldeter ausreisepflichtiger Kosovo-Flüchtlinge. Aufforderung zur verbindlichen Regelung Der Arbeitsreis Asyl forderte Bruch auf, eine verbindliche Bleiberechtsregelung für KosovoFlüchtlinge aus humanitären Gründen bei der Innenministerkonferenz am 23. und 24. Juni zu erwirken. Bis zu einer Entscheidung über einen Abschiebestopp dürften keine Minderheiten-Flüchtlinge mehr aus Rheinland-Pfalz abgeschoben werden. Angehörige von bisher geduldeten Minderheiten lebten inzwischen in Angst und voller Panik, ebenfalls abgeschoben zu werden, erklärte der Arbeitskreis weiter. Nach seinen Angaben werden in Rheinland-Pfalz derzeit fast 2800 ausreisepflichtige Serben, Roma und Ashkali sowie etwa 1180 Albaner aus dem Kosovo geduldet. Weitere Abschiebungen Die betroffene Flüchtlingsfamilie aus der Pfalz habe zur Minderheit der Ashkali gehört und sei am 19. Mai mit anderen Flüchtlingen aus Nordrhein-Westfalen von Düsseldorf aus abgeschoben worden, ergänzte Pick. Nach einem Rundschreiben vom 11. Mai plane das Land „Speyerer Morgenpost“, 11.6.2005 ÷ Arbeitskreis Asyl Rheinland-Pfalz 28.6.2005 An Herrn Minister Karl Peter Bruch Ministerium des Innern und für Sport Nach dem Scheitern der Innenministerkonferenz Sehr geehrter Herr Minister Bruch, obwohl die Innenministerkonferenz in „konstruktiven Gesprächen konstruktive Lösungen gefunden“ haben will (so Innenminister Rech), sehen wir nur ein Versagen auf der ganzen Linie. Die Beton-Fraktion der CDU-Innenminister hat die sogar von Otto Schily unterstützte Bleiberechts-Initiative aus Berlin verhindert. Was die Minister als konstruktiv empfinden mögen ,ist für uns ein Scheitern eines Mindestmasses an humanitärer Politik gegenüber Flüchtlingen, von denen die meisten auch von CDU-Ministern in Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz den nächsten Jahren nicht in dem intendierten Masse abgeschoben werden können. Die geplanten Abschiebungen von Afghanen und von Minderheiten aus dem Kosovo sind in unseren Augen eine Beihilfe bei Menschenrechtsverletzungen. In Afghanistan herrscht weiter ein instabiler Noch-Kriegs-Zustand: „Die OMF- opposing militant forces, also Reste des Taliban-Regimes und ihre neuen Verbündeten, zum Beispiel Hekmatyar und seine Hizb-e-Eslami – bedrohen nicht nur den Südwesten, sondern auch den Osten des Landes. Dazu Massenaufruhr in zahlreichen Städten und Provinzen mit vielen Toten und Verletzten – wegen eines Artikels in Newsweek über angebliche Koranschändung in Guantanamo. ... Regionale afghanische Militärmachthaber haben nur schweres, untauglich gewordenes Militärgerät abgeliefert. Was für den zähen Bürgerkrieg benötigt werden sollte, haben sie behalten ... Solange US-Militär Afghanistan sichern muss, gibt es gerade deswegen keine Stabilität“. Unter der Überschrift „Gestrandet im Elend: Was droht Abgeschobenen in Afghanistan?“ hat Pro Asyl die Gefährdung für Rückkehrer nach Afghanistan analysiert. Jede Abschiebung nach Afghanistan sehen wir als Menschenrechtsverletzung an. Auch die Lage im Kosovo verbietet die Abschiebung von Angehörigen der Minderheiten, vor allem der nun bedrohten Ashkali und Ägypter und Roma. Die Innenminister bilanzieren, dass sich die Lage soweit normalisiert habe, dass einer Rückkehr von Minderheiten nichts mehr im Wege steht, so deren grandiose Fehleinschätzung. Die Sicherheit der Abgeschobenen wird nur in von der KFOR bewachten Lagern gewährleistet sein. Von verbleiben wir mit freundlichen Grüßen S. Pick für den Arbeitskreis Asyl Rheinland-Pfalz Juni 2005 einer sicheren Zukunft und dem Aufbau einer sozialen Existenz kann keine Rede sein. Die Abschiebung der Minderheiten hat wohl eher was mit den kommenden Statusverhandlungen im Kosovo zu tun als mit der aktuellen Lage. Wir bitten Sie eindringlich, dass die 2.800 in Rheinland-Pfalz lebenden Angehörigen der Minderheiten hier ein Bleiberecht bekommen. Sehr geehrter Herr Minister Bruch, wir appellieren an Sie: Machen Sie nicht mit bei dieser bundesweiten Abschiebepolitik. Wir wissen, dass Rheinland-Pfalz sich für ein Bleiberecht nicht nur für die Minderheiten aus dem Kosovo und die Flüchtlinge aus Afghanistan, sondern auch für hier integrierte Familien einsetzt. Wir bitten Sie eindringlich darum, dass die Landesregierung nach Lösungen sucht für die ca. 4500 langjährig in Rheinland-Pfalz geduldeten Flüchtlinge. Wir und mit uns viele Flüchtlinge - setzen unsere Hoffnung auf die Härtefall-Kommission, die in dieser Woche am 30.6.05 erstmals zusammenkommt. Nach unserer Auffassung erfüllen Flüchtlinge, insbesondere Familien mit Kindern, die sich jahrelang hier aufhalten und integriert sind, die Kriterien eines sozialen Härtefalls. In den weitaus meisten Fällen würde eine Rückkehr neben der allgemeinen Gefährdung in eine sozial schwierige bis auswegslose Lage führen. In der Hoffnung, dass es für langjährig geduldete Flüchtlinge in Rheinland-Pfalz konstruktivere Lösungen gibt als die in Stuttgart bei der IMK erarbeiteten. Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Juni 2005 Innenministerkonferenz 23./24.6.2005 - Stuttgart PRO ASYL Forderungen und Hintergrundinformationen zur Innenministerkonferenz am 23./24. Juni in Stuttgart übereinstimmenden Medienmeldungen in den PRO ASYL hat der Innenministerkonferenz in Stuttgart unsere Anliegen bezüglich der Situation der Flüchtlingsgruppen aus Afghanistan, Kosovo, Tschetschenien, Togo und dem Irak vortragen. Wir halten es in allen diesen Fällen für erforderlich, dass von zwangsweisen Rückführungen abgesehen wird und sinnvolle Aufenthaltsregelungen für die hier lebenden Flüchtlinge getroffen werden. Da die Praxis inzwischen gezeigt hat, dass das Zuwanderungsgesetz in der großen Mehrzahl der Fälle nicht zu einer Abschaffung von Kettenduldungen führt, haben wir die IMK erneut zu einer konstruktiven Befassung mit einer allgemeinen Bleiberechtsregelung aufgefordert. Nachdem mehrere EU-Staaten in den vergangenen Jahren Bleiberechtsregelungen für verschiedene Personengruppen erlassen haben und Spanien sich anschickt über 700.000 statuslosen Menschen ein Aufenthaltsrecht zu gewähren, halten wir es für schwer nachvollziehbar, dass die vergleichsweise sehr viel kleinere Gruppe der in Deutschland über viele Jahre hinweg Geduldeten hierzulande keine Zukunftsperspektive erhält. PRO ASYL begrüßt die Ankündigung verschiedener Innenminister, sich bei der kommenden Innenministerkonferenz für eine Bleiberechtsregelung einzusetzen. Gleichzeitig haben wir die IMK aufgefordert, die Bedingungen einer solchen Regelung so auszugestalten, dass sie von den Menschen erfüllbar sind. Schwer erfüllbar angesichts der derzeitigen Arbeitsmarktsituation und der Folgewirkungen der Beschäftigungsverordnung ist insbesondere das Erfordernis der selbstständigen Lebensunterhaltssicherung aus Erwerbstätigkeit. Flüchtlinge aus Afghanistan Die Sicherheitslage in Afghanistan hat sich nach letzten Wochen verschlechtert. Betroffen sind nicht nur etliche Provinzen, in denen es weiterhin zu ethnischen Auseinandersetzungen kommt, sondern auch Kabul. Mehrfach gab es dort in letzter Zeit Anschläge mit einer Vielzahl von Todesopfern (vgl. u.a. „Helfer in Afghanistan leben gefährlich“, Frankfurter Rundschau vom 18.5.2005). Eine neue Eskalationsstufe wurde Mitte Mai erreicht, als antiamerikanische Proteste sich auf 10 von 34 Provinzen ausgeweitet haben, in der Stadt Jalalabad Büros der Vereinten Nationen angegriffen wurden und ausländisches Personal evakuiert werden musste. Im Süden und besonders im Südosten entlang der Grenze zu Pakistan nehmen die Kämpfe zwischen den Streitkräften der Enduring Freedom Koalition und einsickernden Taliban zu, die in einigen Regionen zunehmend Unterstützung erhalten. Im April hielt sich eine Delegation der Rechtsberaterkonferenz der Wohlfahrtsverbände und von PRO ASYL in Afghanistan auf. Sie bestand aus der Vizepräsidentin des Verwaltungsgerichtes Frankfurt/M., Buchberger, Rechtsanwältin Arendt-Rojahn, Berlin, Rechtsanwalt Freckmann, Hannover, und Rechtsanwalt Pfaff, Frankfurt /M. Die Delegation führte in verschiedenen Landesteilen Gespräche mit Ministern der afghanischen Regierung, regionalen Gouverneuren, UNHCR, der deutschen Botschaft, ISAF und afghanischen Staatsangehörigen ohne offizielle Funktion, darunter auch Rückkehrer aus anderen Staaten. Der Reisebericht der Delegation wird in Kürze vorliegen. Einer der Reiseteilnehmer, Rechtsanwalt Victor Pfaff, hat für PRO ASYL seine Eindrücke zusammengefasst (s. Anlage). Er berichtet über Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz einige der Probleme, von denen Rückkehrer betroffen sind. Auch der afghanische Minister für Repatriierung und Flüchtlinge, Dadfar, hält – anders als der hamburgische Innensenator Nagel, der sich ebenfalls im April in Afghanistan aufgehalten hat - die Lage für „hochexplosiv“. Offiziere der ISAF halten sie für „äußerst fragil“. Die letzten Wochen haben eine Antwort darauf gegeben, wie die Realitäten sich entwickeln und welche Gefahrenprognose zu stellen ist: Die OMF (Opposing militant forces), Reste des Talibanregimes samt ihrer Verbündeten, bedrohen nicht mehr nur den Südwesten, sondern auch den Osten des Landes. Hinzu kommt der Massenaufruhr in zahlreichen Städten und Provinzen mit vielen Toten und Verletzten wegen eines Artikels in der Zeitschrift Newsweek über angebliche Koranschändungen in Guantanamo. Die Angriffe der letzten Zeit haben sich auch gegen UN-Einrichtungen und Nichtregierungsorganisationen gerichtet. Im Norden wurden vor kurzem drei UNMitarbeiterinnen getötet. Eine italienische Mitarbeiterin einer Hilfsorganisation wurde entführt. Angesichts des jüngsten Anschlags auf ein Internetcafé mit Toten, angesichts von Entführungsversuchen und Entführungen in Kabul ist die Sichtweise des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Kabul sei eine zumutbare Zufluchtsalternative ebenso wenig akzeptabel wie die Behauptung einer ausreichenden Stabilität, die es rechtfertigen könne, mit Zwangsrückführungen zu beginnen. Zur instabilen Gesamtsituation kommt die zunehmende Kriminalität, gegen die Polizei und Justiz keinen Schutz bieten. Sogar die Regierung räumt ein, dass Polizeikräfte in die organisierte Kriminalität involviert sind. Eine handlungsfähige Justiz gibt es nach wie vor nicht, was ein Grund dafür ist, dass die gerade im Zusammenhang mit Rückkehrern wichtigen Eigentumsansprüche entweder nicht realisiert werden können oder zum Teil zu gewalttätigen Auseinandersetzungen führen. Bereits jetzt sind viele Menschen, darunter gerade auch Binnenvertriebene und Rückkehrer obdachlos oder leben in illegal errichteten, gegen das Wetter nicht Schutz bietenden Behelfsbehausungen – ohne Zugang zu sauberem Wasser, der lebensnotwendigen Grundversorgung mit Nahrungsmitteln oder medizinischer Versorgung. Der Zugang zu medizinischer Grundversorgung ist nicht gewährleistet. Juni 2005 Angesichts dieser Tatsachen ist die Durchführung von Zwangsrückführungen nach Afghanistan nicht zu verantworten. Die Lage hat sich gegenüber der Situation im Herbst 2004, die Hintergrund des Beschlusses in der 175. Sitzung der Innenministerkonferenz war, noch verschlechtert. Flüchtlinge aus dem Kosovo Die blutigen Unruhen im Kosovo und die Pogrome gegen Minderheiten liegen erst ein Jahr zurück. Die schweren Vorfälle vom März 2004 haben zu einer Eskalation ethnisch motivierter Gewalt im ganzen Kosovo geführt und die Region an den Rand eines bewaffneten Konflikts gebracht. Weder KFOR noch UNMIK waren in der Lage, den Gewalttaten Einhalt zu gebieten. Das Resultat: außer Toten und Verletzten die Vertreibung von mehr als 4.000 Kosovo-Serben, Ashkali, Roma sowie Angehörigen anderer Minderheiten. UNHCR hat in einem Positionspapier vom März 2005 darauf hingewiesen, dass die Sicherheitslage im Kosovo weiterhin zerbrechlich und unberechenbar bleibe und ein erneutes Umkippen der Sicherheitslage sowie der Ausbruch neuerlicher Gewalttätigkeiten in diesem Jahr nicht ausgeschlossen werden könnten. Dies könnte zu einem Dominoeffekt führen und sich binnen kurzer Zeit auf das gesamte Gebiet des Kosovo ausweiten. Für uns nicht nachvollziehbar ist, dass UNHCR hinsichtlich von Angehörigen der Volksgruppe der Ashkali und der „Ägypter“ nur noch in Einzelfällen ein Bedürfnis nach internationalem Schutz sieht, das in einem umfassenden individuellen Verfahren geprüft werden soll. Gerade Ashkali und „Ägypter“ waren Opfer der Pogrome des Jahres 2004. Die veränderte Lageeinschätzung ist zu sehen vor dem Hintergrund anstehender Verhandlungen über den Status des Kosovo. Offenbar besteht erheblicher Druck insbesondere auf UNMIK, die Lage der Menschen- und Minderheitenrechte zumindest so zu beschreiben, dass von einer Verbesserung gegenüber der Vergangenheit gesprochen werden kann. Mit den Realitäten hat dies wenig zu tun. PRO ASYL hält Abschiebungen von Ashkali und „Ägyptern“ wie auch von Serben und Roma nicht für vertretbar. Bereits zur letzten Innenministerkonferenz hatten mehrere Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Bundesländer vorgeschlagen, abweichend von der bisherigen Beschlusslage der Innenministerkonferenz ein Bleiberecht zu ermöglichen. Nach Ansicht von PRO ASYL hat diese Initiative nichts von ihrer Aktualität verloren. Juni 2005 Entführungen, sexuelle Gewalt, Ehrenmorde, Zwangsheirat und politische Aktivität). Separate Hintergrundinformationen liegen von Seiten des UNHCR zu religiösen Minderheiten und Frauen vor. Flüchtlinge aus Tschetschenien Flüchtlinge aus dem Irak Die Lage im Irak ist weiterhin von Instabilität und einer Vielzahl von Anschlägen gekennzeichnet, gegen die die alliierten Militärs und die Übergangsregierung keinen Schutz bieten können. Die in den Lageberichten des Auswärtigen Amtes benannten Rückkehrund Rückführungshindernisse bestehen weiterhin. PRO ASYL erwartet deshalb, dass die Innenministerkonferenz keine Beschlüsse zur Rückführung irakischer Staatsangehöriger fassen wird. Bereits in einem Schreiben vom 8. November 2004 hatte PRO ASYL anlässlich der letzten Sitzung der Innenministerkonferenz auf die fragwürdigen Widerrufsverfahren des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge gegen irakische Flüchtlinge hingewiesen. Die Praxis der Massenwiderrufe ist ein Verstoß gegen die Genfer Flüchtlingskonvention und hält bislang unvermindert an, während die Lage im Irak eine Rückführung irakischer Flüchtlinge auf längere Zeit hinaus nicht möglich macht. Deshalb erneuert PRO ASYL die Forderung, irakischen Flüchtlingen einen sicheren Aufenthaltsstatus einzuräumen, sie nicht im Zustand der Duldung zu belassen oder Widerrufsverfahren einzuleiten. UNHCR hat im April 2005 Materialien zum Schutzbedürfnis irakischer Flüchtlinge und Asylsuchender im aktuellen Kontext und zur Rückkehr in den Irak vorgelegt. Die lange Liste besonders schutzbedürftiger Gruppen ist ein deutlicher Beleg für die Sicherheitslage im Irak. Unter Verweis auf konkrete Anschläge und Tötungen nennt UNHCR: irakische Zivilisten, die für die Koalition, die Vereinten Nationen, NGOs oder ausländische Firmen arbeiten, Angehörige der irakischen Übergangsregierung, Angehörige lokaler Behörden, Mitglieder irakischer Parteien, Medienschaffende, Akademiker, Mitglieder der früheren Baath-Partei und sonstige Angehörige des früheren Regimes, Angehörige religiöser Minderheiten, insbesondere Christen, religiöse Würdenträger, Angehörige ethnischer Minderheiten, Frauen (unter Hinweis auf PRO ASYL fordert die Innenministerkonferenz auf, sich mit der Schutzbedürftigkeit tschetschenischer Flüchtlinge endlich auseinander zu setzen. Es liegen neue Berichte vor, dass eine sichere Aufenthaltsmöglichkeit für tschetschenische Flüchtlinge in der Russischen Föderation nicht gegeben ist. Trotz einer bereits seit Mitte 2004 verbesserten Entscheidungspraxis des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge erhalten viele schutzbedürftige Tschetschenen keinen adäquaten Schutz in Deutschland. Die Menschenrechtslage ist weiterhin katastrophal. Human Rights Watch schildert in einem Bericht vom 21. März 2005 die inzwischen weit verbreitete Praxis des Verschwindenlassens, das inzwischen den Charakter eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit angenommen habe. Das Menschenrechtszentrum Memorial hat sich in einem Bulletin vom 17. März 2005 insbesondere mit neuen Methoden des Anti-Terrorkrieges beschäftigt und u.a. auf verstärkte Repressionen gegen Familienmitglieder tschetschenischer Kombattanten hingewiesen, ebenso auf Fälle von Kidnapping, Mord, Geiselnahme, illegaler Inhaftierung, Gewaltanwendung und Zerstörung von Eigentum, die über den engeren Begriff der Sippenhaft weit hinausgehen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg hat Russland wegen schwerwiegender Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien am 24. Februar 2005 in mehreren Fällen zu hohen Geldstrafen verurteilt. Unter den tschetschenischen Flüchtlingen sind viele Menschen, die als Opfer oder Zeugen schwerster Menschenrechtsverletzungen psychische Schädigungen davongetragen haben und zum Teil behandlungsbedürftig sind. PRO ASYL beobachtet mit Sorge, dass in großem Maße tschetschenische Flüchtlinge in osteuropäische Staaten, insbesondere nach Polen im Rahmen der Dublin II-Verordnung zurücküberstellt werden. Mangels geeigneter therapeutischer Einrichtungen für Folteropfer unterbleibt in vielen Fällen die notwendige Behandlung. Dies ist kein originäres Thema der Innenministerkonferenz, wirft jedoch ein Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Schlaglicht auf den problematischen Zustand der Schutzgewährung für tschetschenische Flüchtlinge in ganz Europa. PRO ASYL fordert die IMK auf, sich dafür einzusetzen, dass Abschiebungen tschetschenischer Flüchtlinge ausgesetzt werden und eine bundeseinheitliche und rechtsverbindliche Schutzregelung beschlossen wird. Togoische Flüchtlinge Mit Unverständnis hat PRO ASYL die Nachricht aufgenommen, dass eine Konsultation der Innenminister zu den Konsequenzen der Lage in Togo zu dem Ergebnis kam, man sehe keine Notwendigkeit für einen Abschiebungsstopp. Damit werden bei einer Fortführung von Abschiebungen in diem immer noch unübersichtliche Situation in Togo Menschen großen Risiken ausgesetzt, insbesondere solche, die exilpolitisch aktiv sind. Die aktuelle Krise hat Aspekte, die eine Neubewertung des Rückkehrrisikos durch das Auswärtige Amt nötig machen, bis zur Erstellung des entsprechenden ad Der katholische Nachrichtendienst „Fides Dienst“ berichtet am 14. Mai 2005 darüber, dass Todesschwadronen trotz der augenscheinlichen Ruhe die Bevölkerung terrorisieren. Menschen, die in der Politik, in der Gesellschaft oder der Kirche Verantwortung tragen, müssten sich verstecken, weil sie Morddrohungen erhalten hätten, so ein Beobachter. Mit Unterstützung der Gendarmerie und der Armee sollen Milizen mit Waffen versorgt werden, deren Aufgabe es ist, Bevölkerungsteile zu terrorisieren, die der Opposition nahe stehen. Allein in der Stadt Atakpame sollen bei den Übergriffen einer solchen Miliz innerhalb von drei Tagen dreißig Menschen umgekommen sein. Bleiberechtsregelung Die ersten Erfahrungen mit der Umsetzung des Zuwanderungsgesetzes zeigen, dass die angekündigte Abschaffung der Kettenduldungen so nicht erreicht wird. Zahlreiche Menschen mit langjährigem Aufenthalt, die einen Antrag nach § 25 Absatz 5 Aufenthaltsgesetz stellen, sehen sich mit der Behauptung konfrontiert, sie könnten freiwillig ausreisen – auch in Staaten bzw. Regionen, deren angespannte Sicherheitslage weiter oben geschildert wurde. Hinzu kommt eine Juni 2005 hoc Lageberichtes aber einen Abschiebungsstopp nahe legen. Die Zerstörung des Goethe-Instituts in Lomé und die Hetzkampagne gegen Deutsche in Togo haben deutlich gemacht, dass die illegitime Regierung Togos Deutschland verantwortlich macht für die Unterstützung oppositioneller Kräfte. Dass sich der bisherige Innenminister zunächst unter den Schutz der deutschen Botschaft gestellt hat, bevor er im Drittstaat offenbar einen Flüchtlingsstatus erhielt, dürfte den Verdacht des Regimes Gnassingbé nähren. Damit liegt es auf der Hand, dass Flüchtlinge aus Togo, die sich nach Deutschland geflüchtet haben und jetzt vor der Abschiebung stehen, in Gefahr stehen, als oppositionell und illoyal eingestuft zu werden. Spekulationen, die Lage werde sich relativ kurzfristig beruhigen, hält PRO ASYL vor dem Hintergrund widersprüchlicher Meldungen für unangebracht. Vertreter der Welthungerhilfe haben sich besorgt über die Sicherheitslage im Grenzgebiet zwischen Togo und Benin geäußert. Es kämen weiterhin Flüchtlinge über die Grenze nach Benin, von denen viele Schussverletzungen aufwiesen. Vielzahl zu Unrecht eingeleiteter Widerrufsverfahren beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, die neue Kettengeduldete produzieren, wenn dem nicht Einhalt geboten wird. Überdies haben zahlreiche Geduldete in Folge des neuen Arbeitserlaubnisrechts ihren Arbeitsplatz und damit die selbstständige Existenzsicherung verloren. Zwar hat das Bundesinnenministerium über ein Rundschreiben im März 2005 noch versucht, die Situation zu korrigieren, dennoch bleibt in der Praxis das Problem vielerorts bestehen. Dabei sind die Stellen, die zumeist im Niedriglohnsektor angesiedelt sind, nicht ohne Weiteres mit anderen Menschen zu besetzen. Über die politischen Lager hinweg wurde die Abschaffung der Kettenduldungen befürwortet und angestrebt. Wenn aber das Zuwanderungsgesetz dies nicht einlöst, dann ist es an der Zeit, sich erneut mit einer Bleiberechtsregelung zu beschäftigen, wie PRO ASYL sie gemeinsam mit Kirchen, Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbänden und anderen gesellschaftlichen Gruppen fordert. Selbst wenn die Innenminister die Auffassung von PRO ASYL nicht teilen und verstärkten Abschiebungsdruck auch in die beschriebenen Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Juni 2005 Krisengebiete entfalten sollten, ist realistischerweise nicht zu erwarten, dass man fast 200.000 Menschen innerhalb weniger Jahre in diese Länder transportieren kann. Das Problem wird so weiter verschoben, zu Lasten der Betroffenen und der Gesellschaft. Bleiberechtsregelung bietet also die Chance, zu einer konstruktiven und für alle Beteiligten befriedigenden Lösung in der Kettenduldungsfrage zu kommen. Zusatzprotokoll zur Anti-Folter-Konvention der Vereinten Nationen Angesichts der zahlreichen Arbeitsplatzverluste seit Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes müsste eine Bleiberechtsregelung, die tatsächlich wirksam werden soll, zwingend von dem strikten Erfordernis der eigenständigen Lebensunterhaltssicherung absehen. Altfallregelungen früherer Jahre haben diesbezüglich die Möglichkeit einer so genannten „Schnupperbefugnis“ vorgesehen. Erst ein Bleiberecht eröffnet vielen Geduldeten die Chance, sich aussichtsreich um Arbeit zu bemühen oder eine alte Stelle wieder zu besetzen und damit Sozialhilfeabhängigkeit zu vermeiden. Gerade eine diesbezüglich weitgefasste PRO ASYL begrüßt, dass sich Bund und Länder in dieser Frage verständigt haben und offenbar zu einer völkerrechtsfreundlichen Lösung kommen wollen. Die Ausgestaltung des unabhängigen Überwachungsmechanismus sollte allerdings so beschaffen sein, dass dieser auch wirklich effizient arbeiten kann. Was bisher über die geplante Ausstattung des Präventionsmechanismus bekannt geworden ist, wäre ein im internationalen Vergleich peinliches Zurückbleiben hinter vergleichbaren demokratischen Staaten. ÷ amnesty international Landesbeauftragter für Asylfragen Rheinland-Pfalz Heiko P. Müller 8. Juni 2005 An Herrn Staatsminister Karl Peter Bruch - persönlich Ministerium des Innern und für Sport Sitzung der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (IMK) am 23./24. Juni 2005 in Stuttgart Sehr geehrter Herr Staatsminister, lieber Karl Peter, anläßlich der nächsten Innenministerkonferenz am 23./24. Juni 2005 in Stuttgart wendet sich unsere Organisation an Dich, um über die Anliegen von amnesty international zu informieren. Dies betrifft Themen, die auf der Tagesordnung der Innenministerkonferenz stehen oder Themen, die nach der Ansicht von amnesty international auf ihr behandelt werden sollten. Unsere Anliegen betreffen die Umsetzung des Zusatzprotokolls der Antifolterkonvention der Vereinten Nationen und den Abschiebungsschutz von verschiedenen Flüchtlingsgruppen. Bei einer Rückkehr wären Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz nach unserer Ansicht insbesondere togoische, afghanische, irakische, tschetschenische Flüchtlinge und Flüchtlinge, die einer Minderheit im Kosovo angehören, gefährdet. 1. Zusatzprotokoll zur Antifolterkonvention der Vereinten Nationen amnesty international beobachtet die derzeitigen Überlegungen zur Umsetzung des Zusatzprotokolls der UN-Antifolterkonvention (OPCAT) in Deutschland aufmerksam und kritisch. Wir begrüßen, daß nunmehr von fast allen Bundesländern die notwendige Zustimmung für die Zeichnung und Ratifikation dieses internationalen Abkommens vorliegt und hoffen, daß auch die letzten noch ausstehenden Erklärungen von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen in unmittelbarer Zukunft abgegeben werden. Nicht akzeptabel ist jedoch das Modell des nationalen Präventionsmechanismus in der zur Zeit diskutierten Form. Nach uns vorliegenden Informationen sieht das auf Druck der Länder ausgehandeltes Kompromißmodell vor, daß sich das in Deutschland als Länderkommission bezeichnete Gremium aus nur vier ehrenamtlich tätigen Experten zusammensetzen soll und von einem sehr kleinen Sekretariat, bestehend lediglich aus einem Oberregierungsrat, in seiner Arbeit unterstützt werden wird. Mit dieser geringen Ausstattung aber ist die Länderkommission, die das zentrale Element des OPCAT bildet, nicht in der Lage, die mehreren hundert ihrer Zuständigkeit unterliegenden Einrichtungen wie unter anderem Gefängnisse, Polizeistationen, Psychiatrien und Alteneinrichtungen flächendeckend aufzusuchen und nachhaltige Empfehlungen abzugeben. Zum Vergleich sei hier auf die weitaus kleinere Schweiz verwiesen, deren Kommission voraussichtlich mit 12 bis 20 Experten besetzt werden wird. Das geplante Besuchsmodell wird dem OPCAT zugrundeliegenden Gedanken der Prävention von Menschenrechtsverletzungen in der besonders gefährlichen Situationen des Freiheitsentzugs nicht gerecht. Insbesondere vor dem Hintergrund des starken internationalen Engagements Deutschlands für dieses Protokoll und im Sinne einer konsequenten und glaubwürdigen Antifolterpolitik besteht aber die Verpflichtung, mit gutem Beispiel voranzugehen. amnesty international fordert die Innenminister und – Juni 2005 senatoren der Länder daher auf, sich für eine wirkungsvolle Umsetzung des OPCAT einzusetzen und ein Modell einer Länderkommission zu entwickeln, dessen personelle und finanzielle Ausstattung eine effektive Präventionsarbeit gegen Folter gewährleistet. 2. Afghanistan Die Ständige Konferenz der Innenminister und – senatoren der Länder hat sich am 18./19.11.2004 darauf verständigt, mit der afghanischen Regierung ein Memorandum of Understanding zur Rücknahme von Flüchtlingen auszuhandeln und auf dieser Grundlage zwangsweise Rückführungen afghanischer Flüchtlinge in größerem Umfang durchzuführen. Diese Entscheidung stößt bei amnesty international auf Unverständnis, da sich die Sicherheits- und Menschenrechtslage in Afghanistan über das gesamte letzte Jahr nicht verbessert, in mancher Hinsicht sogar verschlechtert hat. Wir wiederholen daher die Forderung, von zwangsweisen Rückführungen nach Afghanistan abzusehen und kritisieren insbesondere den Alleingang Hamburgs, das als erstes Bundesland und ohne ein bestehendes Rückübernahmeabkommen mit Abschiebungen beginnt. Nach Erkenntnissen von amnesty international ist die Sicherheit der nach Afghanistan zurückkehrenden Flüchtlinge nicht gewährleistet. Diese Einschätzung wird durch die Ergebnisse einer Delegationsreise von Rechtsanwälten und einer Verwaltungsrichterin im April 2005 bestätigt. Eine Stabilisierung der Lage in absehbarer Zukunft ist auch nicht zu erwarten, vielmehr muß von einer weiteren Verschärfung der Situation im Vorfeld der für September angekündigten Parlamentswahlen ausgegangen werden. Auch Human Rights Watch verzeichnet einen deutlichen Anstieg von gewaltsamen Auseinandersetzungen mit Toten und Verletzten, Entführungen und politisch motivierten Morden. Am 11. Mai 2005 wurde ein Parlamentskandidat erschossen. Verschiedene Hilfsorganisationen erwägen aufgrund der katastrophalen Sicherheitslage mittlerweile den Abzug ihrer Mitarbeiter oder eine Einschränkung ihres Tätigkeitsfelds. Die Kämpfe zwischen regionalen Warlords und den verschiedensten politischen und ethnischen Fraktionen in weiten Teilen des Landes dauern an und eine Entwaffnung der Milizen erfolgt sehr langsam. Nach wie vor herrscht eine Atmosphäre der Rechtlosigkeit des Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Einzelnen bei gleichzeitiger Straflosigkeit der Menschenrechtsverletzer. Es ist bisher nicht gelungen, ein funktionierendes Justiz- und Polizeisystem aufzubauen. Unter diesen Umständen müssen vor allem ethnische und religiöse Minderheiten weiterhin mit Verfolgung, Repression und Binnenvertreibung rechnen. Besonders besorgniserregend bleibt die Situation von Frauen und Mädchen, die unter der prekären Sicherheitslage leiden und in erschreckendem Maße Opfer von Diskriminierung, Bedrohung und Gewalttaten werden. Erst vor wenigen Wochen wurden eine 29-jährige Frau wegen Ehebruchs gesteinigt und drei für Hilfsorganisationen tätige Afghaninnen brutal ermordet. Auch eine zwangsweise Rückkehr in die vom Hamburger Innensenator Nagel als sicher eingestufte Hauptstadt Kabul hält amnesty international nicht für vertretbar. Die vom Bürgerkrieg immer noch schwer zerstörte Stadt ist in den letzten Jahren explosionsartig von 1,5 Mio. auf über 4 Mio. Einwohner gewachsen und mit der Aufnahme der vor allem aus Pakistan und Iran zurückkehrenden Flüchtlingen völlig überfordert. Es gibt fast keinen Wohnraum, immer mehr Menschen errichten am Stadtrand illegale Slumhütten, die Arbeitslosigkeit ist hoch und eine medizinische Grundversorgung kann nicht gewährleistet werden. Die Sicherheitslage in Kabul hat sich vor diesem Hintergrund verschlechtert, Raubüberfälle und Schießereien nehmen zu. Anläßlich eines Selbstmordattentats auf ein Internetcafé in der Hauptstadt am 7.05.05 hat sich auch UN-Generalsekretär Kofi Annan sehr besorgt über die in letzter Zeit zunehmende Gewalt gegen afghanische Zivilisten geäußert. Angesichts dieser desolaten Situation fordert amnesty international eindringlich, keine Abschiebungen nach Afghanistan durchzuführen. Vielmehr appellieren wir an die Innenministerkonferenz, insbesondere vor dem Hintergrund einer über lange Zeit unangemessenen Entscheidungspraxis sowohl des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge als auch der Verwaltungsgerichte endlich eine großzügig bemessene Bleiberechtslösung für die in Deutschland lebenden afghanischen Flüchtlinge zu finden. 3. Togo amnesty international beobachtet mit großer Sorge die jüngste Entwicklung der Menschenrechtslage in Togo, die auch Auswirkungen auf die Einschätzung der Gefährdungslage für Juni 2005 Rückkehrer hat. Nach uns vorliegenden Erkenntnissen ist es in Togo seit dem Tod des Präsidenten Eyadéma, dem sich daran anschließenden Staatsstreich und gefälschten Wahlen im Februar diesen Jahres zu gravierenden und systematischen Menschenrechtsverletzungen gekommen. In den letzten Monaten verzeichnete amnesty international einen extremen Anstieg exzessiver Gewaltanwendung durch Sicherheitskräfte und bewaffnete Banden; vergleichbare Gewaltausbrüche in den letzten Jahren hat es in Togo nicht gegeben. Auch nach der offiziellen Bekanntgabe der Wahlergebnisse durch das Verfassungsgericht halten die Repressionen gegen die Bevölkerung an. Zahlreiche Personen wurden durch Schüsse und Schläge getötet und verletzt. Oppositionelle und mutmaßliche Oppositionelle wurden inhaftiert und gefoltert. Der Regierung nahestehende Milizen drangen wahllos in Häuser ein, die Bewohner wurden geschlagen und beraubt und die Häuser verwüstet. Viele Frauen wurden Opfer von Vergewaltigungen. Es gab zahlreiche extralegale Hinrichtungen durch die Sicherheitskräfte und Morde durch bewaffnete Milizen. Die Bevölkerung ist systematischen Mißhandlungen auf den Straßen, bei den Hausdurchsuchungen und in den Haftanstalten ausgesetzt. amnesty international ist die genaue Anzahl der Opfer - Tote und Verletzte - nicht bekannt. Ärzte im Land, die Verletzte betreuen, sind angewiesen worden, nicht mit Medienvertretern zu sprechen. Familien, die Opfer zu beklagen haben, melden diese aus Angst vor weiteren Verfolgungen nicht. Berichte aus unterschiedlichen Quellen geben Anlaß zu der Befürchtung, daß Dutzende, wenn nicht Hunderte von Personen getötet, mehrere Tausend verletzt wurden. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes sind inzwischen mehr als 31.000 Togoer nach Benin und Ghana geflohen, auch zahlreiche Ausländer haben das Land verlassen. Die Sicherheitslage in den Flüchtlingscamps ist prekär; Übergriffe durch das togoische Militär werden befürchtet, wie die vor Ort tätige Deutsche Welthungerhilfe unserer Organisation berichtete. Auch häufen sich Berichte über Übergriffe gegen Personen, die aus Benin und Ghana wieder nach Togo zurückgekehrt sind. Mit einer Beruhigung der Lage und einer Beendigung der massiven Menschenrechtsverletzungen ist in unmittelbarer Zukunft nicht zu rechnen. amnesty international bedauert es sehr, daß bei der Konsultation der Innenminister und –senatoren der Länder zu der Lage in Togo und den etwaigen Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Auswirkungen auf den Aufenthalt der Togoer in Deutschland dieser Situation nicht Rechnung getragen wurde. amnesty international ist der Auffassung, daß die instabile Sicherheits- und Menschenrechtslage zur Zeit keine Abschiebungen nach Togo zuläßt. 4. Irak Wir begrüßen die Entscheidung der Ständigen Konferenz der Innenminister und –senatoren der Länder vom 18./19. November 2004, auch weiterhin von der zwangsweisen Rückführung irakischer Flüchtlinge Abstand zu nehmen. Diese Entscheidung stimmt mit der Position unserer Organisation überein. Darüber hinaus ist amnesty international jedoch entgegen der gegenwärtigen Verwaltungspraxis unverändert der Auffassung, daß keine Widerrufsverfahren gegen in der Bundesrepublik lebende irakische Flüchtlinge eingeleitet werden sollten. Nach den Erkenntnissen von amnesty international sind die Voraussetzungen für die Einleitung von Widerrufsverfahren im Irak nach wie vor nicht gegeben, da sich die Lage im Irak nicht dauerhaft und stabil geändert hat und die irakischen staatlichen Institutionen der Zivilbevölkerung und gefährdeten Personengruppen keinen wirksamen Schutz bieten können. Die häufig geäußerte Hoffnung, daß sich mit der Durchführung von Wahlen Ende Januar 2005 und der Bildung einer irakischen Übergangsregierung die Sicherheitslage im Land verbessern würde, hat sich leider nicht erfüllt: die alltägliche Gewalt ist stattdessen in den vergangenen Wochen und Monaten weiter angestiegen. Nach jüngsten Meldungen sind allein in den drei Wochen seit Vereidigung des irakischen Kabinetts 550 Menschen getötet worden, darunter zahlreiche Zivilisten. Die Zahl der Verletzten liegt um ein Vielfaches höher. Nach US-Angaben sind seit Ende Februar allein in Bagdad 126 Autobomben explodiert oder entdeckt worden. Ende April mußte der US-General Richard Myers einräumen, daß täglich 50 bis 60 gewaltsame Angriffe im Irak zu verzeichnen sind. Von einer Verbesserung oder Stabilisierung der Sicherheitslage im Irak kann seit dem Sturz der Baath-Regierung unter Saddam Hussein vor zwei Jahren daher nicht die Rede sein. Darüber hinaus kommt es im Zuge von Kampfhandlungen zwischen den US-geführten Truppen und der irakischen Armee einerseits und den bewaffneten Gruppen andererseits immer wieder zu neuen Fluchtbewegungen der irakischen Zivilbevölkerung. So haben die Juni 2005 andauernden Kämpfe in und um die Stadt Falludschah im Zeitraum von November 2004 bis Januar 2005 Schätzungen zufolge zur Vertreibung von 200.000 Bewohnern der Stadt geführt. Auch die jüngste Militäroperation von Anfang Mai im Westen der Provinz Anbar hatte allein in der Stadt Qaim die Flucht von 100 Familien zur Folge. Nach Angaben des UNHCR vom April 2005 wird die Zahl der Binnenflüchtlinge im Irak auf 1.2 Mio. beziffert. Die humanitäre Situation und die Lebensbedingungen der irakischen Bevölkerung haben sich zwei Jahre nach dem Sturz der Regierung unter Saddam Hussein nicht spürbar verbessert. Einer aktuellen Studie, die gemeinsam vom UNDP und dem irakischen Planungsministerium Mitte Mai veröffentlicht wurde, sind alarmierende Fakten zu entnehmen: 57% der ländlichen Bevölkerung haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser, die Elektrizitätsversorgung ist für rund 80% der Bevölkerung unregelmäßig, fast 25% der Kinder bis fünf Jahren leiden unter Mangelernährung. Vor dem Hintergrund dieser Fakten und der sich auf einem hohen Niveau unverändert schlecht darstellenden Sicherheitslage im gesamten Land wiederholt amnesty international die dringende Forderung an die Ständige Konferenz der Innenminister und –senatoren der Länder, irakischen Flüchtlingen einen sicheren Aufenthaltsstatus zu erteilen. Weiterhin kritisiert amnesty international erneut die Einleitung von Widerrufsverfahren durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, da sich aus der seit nunmehr zwei Jahren andauernden Situation im Irak ergibt, daß die Voraussetzungen für die Beendigung der Flüchtlingseigenschaft nicht erfüllt sind. 5. Kosovo Am 26. April 2005 hat Deutschland mit der UNVerwaltung im Kosovo (UNMIK) eine „Agreed Note“ unterzeichnet, nach der nunmehr in begrenztem Umfang die zwangsweise Rückführung von Minderheitenangehörigen der Ashkali und Ägypter sowie von straffällig gewordenen Roma in den Kosovo möglich ist. In dieser Vereinbarung wird von einer sich fortsetzenden Stabilisierung der Sicherheitslage im Kosovo ausgegangen. amnesty international verurteilt diese Vereinbarung und die nun folgenden Abschiebungen dieser Personengruppen aufs Schärfste. Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Das Ausbleiben von gewaltsamen Ausschreitungen gegen ethnische Minderheiten, die denen im März 2004 vergleichbar wären, ist kein Hinweis auf eine dauerhafte Stabilisierung der Sicherheitslage in der Provinz. Es mag nach den März-Ereignissen nicht in großer Zahl zu gewaltsamen Übergriffen auf Angehörige ethnischer Minderheiten wie die der Roma, Ashkali und Ägypter gekommen sein. Die Tatsache, daß die Mehrheit der Minderheitenangehörigen in Enklaven lebt und in ihrer Bewegungsfreiheit unverändert auf den Schutz von Kfor und Polizeikräften angewiesen ist und daß Häuser, die für die Rückkehr von Flüchtlingen wieder aufgebaut werden, immer wieder geplündert werden, zeigt jedoch unmißverständlich, wie prekär die Sicherheitsund Menschenrechtslage weiterhin ist. Das gilt insbesondere für Angehörige der Serben, Roma, Ashkali und Ägypter. Zwangsweise Rückführungen in den Kosovo wären nur dann zulässig, wenn von einer dauerhaften Stabilisierung der Sicherheitslage ausgegangen werden kann, was gegenwärtig jedoch nicht der Fall ist. Vielmehr ist wegen der im September anstehenden Verhandlungen über den Status des Kosovo eine Verschärfung der Gefährdungslage gerade für ethnische Minderheiten nicht auszuschließen. Sollte dies der Fall sein, ist von einer erneuten Zunahme ethnisch motivierter Gewalt auszugehen. Gerade für September von einer weiteren Verbesserung der Situation auszugehen, ist vor diesem Hintergrund abwegig. Die Schutzbedürftigkeit insbesondere von Serben, Roma, Ashkali und Ägyptern steht somit weiterhin nicht in Frage. Die Politik des Bundes und der Länder sollte dies endlich in Rechnung stellen. Die zwangsweise Rückführung straffällig gewordener Roma darf kein erster Schritt sein bei dem Versuch, Angehörige der Roma in größerer Zahl in den Kosovo zurückzuführen. Roma sind dort keinesfalls sicher. Daher fordert amnesty international, daß sich die Innenminister und senatoren auf ihrer bevorstehenden Konferenz endlich auf eine Bleiberechtsregelung für Roma und andere Minderheitenangehörige aus dem Kosovo einigen. Zu unserem Bedauern konnte zwischen der deutschen Seite und UNMIK in den Verhandlungen am 25. und 26. April 2005 keine Einigung über die Frage erzielt werden, in welcher Ausführlichkeit die deutschen Behörden Daten über den gesundheitlichen Zustand der Rückzuführenden an UNMIK übermitteln müssen. Juni 2005 Ich möchte Dich eindringlich daran erinnern, daß es UNMIK im Vorfeld von geplanten Rückführungen traumatisierter und schwer kranker Menschen nicht möglich ist, eine Bewertung des Gesundheitszustandes vorzunehmen, wenn UNMIK nicht ausführliche Informationen, einschließlich ärztlicher Atteste, übermittelt werden. UNMIK ist darin beizupflichten, daß eine zwangsweise Rückführung traumatisierter Menschen in Kosovo zu unterlassen ist. Ich halte dies auch im Lichte des Menschenwürdegebotes unseres Grundgesetzes für unverantwortbar. Weder Traumatisierung noch andere schwere psychische Erkrankungen sind im Kosovo behandelbar. Darauf weist auch eine Stellungnahme der UNMIK vom Januar 2005 in aller Deutlichkeit hin. Ursächlich für ein Trauma bei Kosovo-Albanern und Angehörigen ethnischer Minderheiten aus dem Kosovo sind in den meisten Fällen schwere Menschenrechtsverletzungen. Durch eine Abschiebung besteht für die Betroffenen eine ernstzunehmende Gefahr für Leib und Leben. 6. Tschetschenien amnesty international hat kein Verständnis dafür, daß die Schutzbedürftigkeit tschetschenischer Flüchtlinge aus der Russischen Föderation auch auf der letzten Innenministerkonferenz im November 2004 zum wiederholten Male nicht Gegenstand der Erörterungen war. Nach Beendigung der Asylverfahren bleibt nach wie vor die Mehrheit tschetschenischer Flüchtlinge in Deutschland schutzlos und muß jederzeit ihre Abschiebung in die Russische Föderation befürchten. Dies erfüllt unsere Organisation anhaltend mit großer Besorgnis, denn tschetschenische Flüchtlinge sind nach den Erkenntnissen von amnesty international in der übergroßen Mehrheit unverändert schutzbedürftig. Auch in den letzten Monaten hat sich die Lage für tschetschenische Flüchtlinge in Rußland nicht verbessert. Um Wiederholungen zu vermeiden, möchte ich Dich gern auf unsere vorangegangenen Schreiben an die Innenminister und –senatoren verweisen, denen Du Details zu unserer Lageeinschätzung entnehmen kannst. Für manche Personengruppen hat sich die Situation in der letzten Zeit sogar verschärft, wie zum Beispiel für Angehörige von Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen in das Visier russischer Sicherheitskräfte oder „Moskau-treuer“ tschetschenischer Milizen geraten sind. Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Da tschetschenische Volkszugehörige keinen dauerhaft sicheren Aufenthalt in der Russischen Föderation finden können, fordert amnesty international für diese Flüchtlingsgruppe einen Abschiebungsstopp. Angesichts der drohenden Gefahr für diese Gruppe im Falle einer zwangsweisen Rückführung ist es politisch geboten, daß sich die Innenminister und – senatoren auf ihrer bevorstehenden Konferenz im Juni mit dieser Thematik auseinandersetzen. Juni 2005 Ich möchte Dich hiermit eindringlich bitten, die angesprochenen Themen auf der Konferenz in diesem Sinne zu thematisieren und würde mich freuen, wenn wir uns nach der Konferenz darüber und über die anderen - hoffentlich erfreulichen Ergebnisse der Konferenz unterhalten könnten. Herzliche Grüße Heiko Bundesministerium des Innern Pressemitteilung Berlin, 23.6.2005 Bundesminister Otto Schily schlägt eine Bleiberechtsregelung für Kinder und Jugendliche vor Bundesinnenminister Otto Schily wird auf der heute beginnenden Innenministerkonferenz in Stuttgart eine Regelung vorschlagen, mit der ausländischen Kindern und Jugendlichen, die seit langem in Deutschland leben und integriert sind, ein Bleiberecht im Sinne einer generellen Härtefallregelung gegeben wird. Mit einer solchen humanitären Lösung soll berücksichtigt werden, dass diese Minderjährigen hier im Lande aufgewachsen und heimisch geworden sind, und dass sie meist weder einen sprachlichen noch einen kulturellen Bezug zum Heimatland ihrer nach Deutschland eingereisten Eltern haben. Das Schicksal der Kinder und Jugendlichen soll bei dieser Regelung im Vordergrund stehen, ungeachtet des Verhaltens der Eltern. Selbst wenn die Eltern nach dieser Regelung dann mit ihren Kindern in Deutschland bleiben dürfen, ändert dies nichts daran, dass sie ursprünglich ausreisepflichtig waren, und dass ihr Aufenthalt in Deutschland rechtlich nicht hinzunehmen wäre, wenn ihre Kinder nicht hier lebten. Dies gilt umso mehr, als sie häufig durch Ausnutzen aller Verfahrensmöglichkeiten ihren Aufenthalt verlängert haben, um ein Bleiberecht in der Bundesrepublik Deutschland zu erhalten. Die Kinder sollen aber nicht dafür büßen, dass ihre Eltern ihren Pflichten nicht nachgekommen sind. Die Kinder und Jugendlichen, die sich in die hiesigen sozialen Lebensverhältnisse integriert haben, die einerseits hier Kindergarten und Schule besucht haben und gut Deutsch sprechen, die andererseits meist weder die Sprache ihrer Eltern beherrschen noch Bindungen an deren Heimatland besitzen, haben im Herkunftsland ihrer Eltern keine Zukunftsperspektive, werden aber in absehbarer Zukunft - wie auch Vertreter der Gemeinden und der Wirtschaft immer wieder bestätigen - in Deutschland als Fachkräfte benötigt. Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Juni 2005 Viele Initiativen und Einzelpersonen sowie die Kirchen haben sich immer wieder dafür eingesetzt, dass diesen Kindern und Jugendlichen ein Bleiberecht in Deutschland gewährt wird. Eine solche Regelung findet also eine breite Unterstützung in der Gesellschaft. Die Einzelheiten der Regelung werden Gegenstand der Beratung in der IMK sein. Ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder Der Vorsitzende Innenminister Heribert Rech Pressemitteilung vom 24. Juni 2005 (gekürzte Fassung) Die 178. Konferenz der Innenminister und -senatoren hat unter dem Motto „Mit SICHERHEIT was los“ in Stuttgart getagt Innenminister Heribert Rech: „In konstruktiven Gesprächen haben wir konsensfähige Lösu ngen gefunden“ Die Innenminister und -senatoren der Länder haben unter Vorsitz des badenwürttembergischen Innenministers Heribert Rech mit Bundesinnenminister Otto Schily in Stuttgart getagt. „Wir haben trotz mancher unterschiedlicher Auffassungen in allen Punkten konsensfähige Lösungen gefunden“, sagte der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Minister Heribert Rech, am Freitag, 24. Juni 2005, in Stuttgart. Nach der Erörterung der Sicherheitslage, der Bekämpfung des internationalen Terrorismus und ausländerpolitischer Fragen seien folgende Beschlüsse gefasst worden: […] Rückführung von Minderheiten in das Kosovo Die Innenminister und - senatoren der Länder hätten den Bundesminister des Innern gebeten, mit der Verwaltungsmission der Vereinten Nationen im Kosovo (UNMIK) rechtzeitig über die Ausweitung der Rückführungsmöglichkeiten von Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz ausreisepflichtigen Minderheiten in den Kosovo zu verhandeln. Der Bürgerkrieg im Kosovo sei seit längerem beendet und die Flüchtlinge könnten auf Grund der Sicherheitslage und unter dem Schutz der internationalen Friedenstruppen wieder in ihre Heimat zurückkehren. Trotzdem hielten sich noch sehr viele Kosovaren, vor allem Angehörige der ethnischen Minderheiten, in der Bundesrepublik auf. Zwar habe die Rückführung von Minderheiten wegen der Unruhen im Kosovo Mitte März 2004 unterbrochen werden müssen, aber schon ab April des gleichen Jahres habe sich die Lage wieder entspannt und die Rückführung von Albanern sei fortgesetzt worden. Ab Juni 2004 sei die Rückführung von Minderheiten der Bosniaken, Gorani, Torbesh und Türken wieder möglich gewesen. Seit Mai 2005 sei die Rückführung von Minderheitenangehörigen der Ashkali und Ägypter wieder möglich sowie ab Juni 2005 die Rückführung straffälliger Roma. Rech: „Allein in Baden-Württemberg halten sich zurzeit noch circa 7.600 Angehörige von Minderheiten auf, davon rund 4.200 ausreisepflichtige Roma. Jetzt haben sich die Verhältnisse im Kosovo soweit normalisiert, dass einer Rückkehr von Minderheiten nichts mehr im Wege steht.“ Ein Bleiberecht wäre ein falsches Signal und könnte den gesamten Rückführungsprozess zum Stillstand bringen. Befürworter einer Bleiberechtsregelung sollten bedenken, dass diese die ethnischen Vertreibungen im Kosovo zementieren würden und so das Völkerrecht unterliefen. Rückführung von Flüchtlingen nach Afghanistan Die Innenministerkonferenz sei sich einig, dass jetzt die Vorraussetzungen für den Beginn der Rückführung nach Afghanistan gegeben seien. (Siehe Anlage „Grundsätze zur Rückführung und weiteren Behandlung der afghanischen Flüchtlinge“). „Damit machen wir deutlich, welche afghanischen Staatsangehörigen in Deutschland bleiben können beziehungsweise das Bundesgebiet verlassen müssen“, so Heribert Rech. „Ich hoffe, dass dadurch auch die Bereitschaft zur freiwilligen Rückkehr wächst.“ Wer nicht unter die Bleiberechtsregelung falle, müsse ausreisen - sei es freiwillig oder im Wege der Abschiebung. Die Innenminister und - Juni 2005 senatoren bekräftigten erneut, dass die freiwillige Rückkehr auch weiterhin Vorrang vor der zwangsweisen Rückführung genieße und unterstützt werde. Rückkehr irakischer Staatsangehöriger Die Innenministerkonferenz sei der Auffassung, dass eine Rückführung von Personen in den Irak, die schwere Straftaten begangen haben und die Innere Sicherheit gefährden, so bald wie möglich begonnen werden sollte. Obwohl bisher die Sicherheitslage im Irak einer Rückführung entgegengestanden hätte, müsse man sich mit dieser Thematik rechtzeitig befassen. Vor dem Hintergrund der Terrorismusbekämpfung stehe die Beendigung des Aufenthaltes von islamischen Extremisten im Vordergrund. „Personen die schwere Straftaten begangen haben, verstoßen gegen unser Gastrecht und müssen die Konsequenzen spüren“, so der IMK-Vorsitzende Rech. Sobald es die Sicherheitslage im Irak zulasse, müsse deshalb mit der Rückkehr begonnen werden. Nachzug ausländischer Ehegatten Die Innenministerkonferenz habe den Bundesminister des Innern um die Aufnahme einer Regelung in das 2. Gesetz zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes gebeten, das derzeit vorbereitet werde. Damit soll der Familiennachzug eines ausländischen Ehegatten in der Regel davon abhängig gemacht werden, dass beide Partner das 21. Lebensjahr vollendet haben und der nachziehende Ehegatte über Grundkenntnisse der deutschen Sprache verfügt. Durch ein Mindestalter beider Partner von 21 Jahren sowie den Nachweis zumindest von Grundkenntnissen der deutschen Sprache beim nachziehenden Ehegatten könnten Zwangsehen verhindert werden. Rech: „Zwangsehen sind ein Verstoß gegen die Menschenwürde, gegen die Gleichberechtigung von Mann und Frau und sind daher nicht mit unserer freiheitlichdemokratischen Grundordnung vereinbar.“ Familienmitglieder im Herkunftsland würden häufig erwarten, das ihre im Ausland lebenden Angehörigen durch arrangierte Eheschließungen die Einreise weiterer Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Angehöriger der Großfamilie ermöglichten. Nicht selten seien darunter sehr junge Mädchen, die bei freier Wahl niemals einer solchen Verbindung zustimmen würden. Ähnlich stark sei der Druck auf junge in Deutschland lebende Männer, ein Mädchen aus der Heimat zu heiraten. So käme es oft zu einer verhängnisvollen Entwicklung. Es werde eine nicht gewollte Ehe eingegangen und es reisten gezwungenermaßen junge Menschen nach Deutschland ein, die sich wegen ihres Alters nicht gegen den auf sie ausgeübten Druck wehren könnten. Mangels Juni 2005 jeglicher Kenntnis der deutschen Sprache und des sozialen und kulturellen Umfeldes hätten sie zudem sehr geringe Chancen, in einer gleichberechtigten Partnerschaft eigene Ziele und Interessen zu verwirklichen. „ Zum Schutz dieser jungen Menschen muss nun der Gesetzgeber aktiv werden“, betonte Rech. „Um menschliche Dramen auszuschließen, sollten in Härtefällen Ausnahmen möglich sein.“ […] Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Juni 2005 Anlage: Grundsätze zur Rückführung und weiteren Behandlung der afghanischen Flüchtlinge (Anlage zur Presseerklärung des IMK-Vorsitzenden, Herrn Minister Rech, anlässlich der Innenministerkonferenz am 24. Juni 2005 in Stuttgart) 1. In Abhängigkeit von den Rückführungsmöglichkeiten sollen mit Vorrang zurückgeführt werden: - Afghanische Staatsangehörige, die wegen einer im Bundesgebiet begangenen Straftat verurteilt wurden, wobei Geldstrafen von bis zu 50 Tagessätzen (additiv) außer Betracht bleiben können - Afghanische Staatsangehörige, gegen die Ausweisungsgründe nach den §§ 53, 54, 55 Abs.2 Nr. 1-5, 8 AufenthG vorliegen, Personen, bei denen sonstige Hinweise für eine die Innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdende Betätigung bestehen, wenn die Sicherheitsbedenken nicht innerhalb einer gesetzten angemessenen Frist vom Betroffenen ausgeräumt werden. - Von einem Klärungsbedarf ist insbesondere auszugehen, wenn es Anhaltspunkte für Kontakte zu extremistischen Organisationen gibt, insb. solche, die in den Verfassungsschutzberichten ausgeführt sind. Insoweit kann auf das Vorbringen im Asylverfahren abgestellt werden. 2. Ebenfalls mit Vorrang zurückzuführen sind volljährige, allein stehende männliche afghanische Staatsangehörige, die sich zum Zeitpunkt der Beschlussfassung noch keine sechs Jahre im Bundesgebiet aufhalten. 3. Im Übrigen können die Ausländerbehörden bei den Entscheidungen über Rückführungen folgende Gesichtspunkte berücksichtigen: Die Dauer des bisherigen Aufenthaltes dahingehend, dass die Personen, die zuletzt eingereist sind, wegen der im Vergleich zu anderen geringeren Eingliederung und Verfestigung des Aufenthaltes auch zuerst wieder zurückgeführt werden. - Der Familienstand mit der Maßgabe, dass allein stehende Erwachsene, Ehepaare ohne Kinder und Erwachsene, deren Kinder und/oder Ehepartner in Afghanistan leben, grundsätzlich vor Familien mit Kindern zurückgeführt werden. - - Arbeitslose und Empfänger von Sozialleistungen sollen grundsätzlich vor Personen, die in einem Beschäftigungsverhältnis stehen zurückgeführt werden. Zukünftig beabsichtigte Beschäftigungsverhältnisse führen nicht zu einer Zurückstellung von Rückführungsmaßnahmen. Bei Schülern und Auszubildenden kann im Einzelfall nach Ermessen die Durchsetzung der Ausreiseverpflichtung vorübergehend ausgesetzt werden, sofern sich der Schüler oder Auszubildende bereits im letzen Schul- bzw. Ausbildungsjahr befindet, oder wenn ein sonstiges Schuljahr nur noch wenige Wochen dauert. Bei den Ermessenserwägungen ist zu berücksichtigen, ob der Lebensunterhalt des Ausländers im Sinne des § 2 Abs. 3 AufenthG gesichert ist. Ein Anspruch anderer Familienmitglieder auf die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung) kann hieraus nicht abgeleitet werden. - 4. Die Innenminister und –senatoren der Länder und der Bundesminister des Innern stellen fest, dass afghanische Staatsangehörige in bestimmten Fällen aus humanitären Gründen und zur Vermeidung außergewöhnlicher Härten auf der Grundlage des § 23 AufenthG dauerhaft von der Durchsetzung der Rückkehrverpflichtung ausgenommen werden können. 5. Der weitere Aufenthalt von afghanischen Staatsangehörigen kann zugelassen werden, wenn 5.1. sie am 24.06.05 das 65. Lebensjahr vollendet haben, sie in Afghanistan keine Familie, dafür aber im Bundesgebiet Angehörige (Kinder oder Enkel) mit dauerhaftem Aufenthalt bzw. deutscher Staatsangehörigkeit haben und soweit sichergestellt ist, dass für diesen Personenkreis keine Sozialleistungen mit Ausnahme von Leistungen für die Versorgung im Krankheitsfalle und bei Pflegebedürftigkeit in Anspruch genommen werden, oder 5.2. sie sich am 24.06.05 seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufhalten, Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Juni 2005 5.2.1 seit mehr als zwei Jahren in einem dauerhaften Beschäftigungsverhältnis stehen. Kurzfristige Unterbrechungen des Arbeitsverhältnisses sind unschädlich, sofern eine Beschäftigung auf Dauer möglich ist. Die Dauer der Kurzzeitigkeit der Unterbrechung bestimmt sich nach dem Gesamtbeschäftigungszeitraum. 5.3 Ausreichend Wohnraum muss vorhanden sein. 5.2.2 Der Lebensunterhalt muss am 24.06.05 durch eigene legale Erwerbstätigkeit ohne zusätzliche Mittel der Sozialhilfe gesichert sein. 5.5 Die Einbeziehung einer Person in diese Regelung scheidet aus, wenn: 5.5.1 behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung vorsätzlich hinausgezögert oder behindert wurden oder die Ausländerbehörde über aufenthaltsrechtlich relevante Umstände getäuscht wurde; Ausnahmen können in besonderen Härtefällen gemacht werden: - bei Auszubildenden in anerkannten Lehrberufen, - bei Familien mit Kindern, die vorübergehend auf ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt angewiesen sind, - bei Alleinerziehenden mit Kindern, soweit ihnen nach § 18 Abs. 3 BSHG eine Arbeitsaufnahme nicht zumutbar ist, - bei erwerbsunfähigen Personen, deren Lebensunterhalt einschließlich einer erforderlichen Betreuung und Pflege in sonstiger Weise ohne Leistungen der öffentlichen Hand dauerhaft gesichert ist, es sei denn, die Leistungen beruhen auf Beitragszahlungen. Die Anordnung der Länder kann vorsehen, eine Aufenthaltsgewährung in ZweifelsHärtefällen nur erfolgt, wenn Verpflichtungserklärung nach §§ 23 Abs. 1 2, 68 AufenthG vorliegt. dass und eine Satz 5.2.3 Einbezogen sind der Ehegatte und die minderjährigen Kinder. Ebenfalls einbezogen sind die bei ihrer Einreise minderjährig gewesenen, unverheirateten Kinder, sofern es gewährleistet erscheint, dass sie sich auf Grund ihrer bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse dauerhaft integrieren werden. Im Bundesgebiet lebende Ehegatten und einbezogene Kinder können eine Aufenthaltserlaubnis auch dann erhalten, wenn ihr Aufenthalt weniger als sechs Jahre beträgt. 5.4 Der tatsächliche Schulbesuch aller Kinder für den gesamten Zeitraum zwischen dem Beginn und dem Ende des schulfähigen Alters muss durch Zeugnisvorlage nachgewiesen werden. 5.5.2 Ausweisungsgründe nach §§ 53, 54, 55 Abs. 2 Nr. 1-5, 8 AufenthG vorliegen; 5.5.3 wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat eine Verurteilung erfolgt ist; Geldstrafen von bis zu 50 Tagessätzen (additiv) bleiben außer Betracht. 5.6 Ein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis kann innerhalb von drei Monaten nach dem (Tag nach Ziff. 5.1) gestellt werden. 5.7 Rechtsmittel und sonstige auf den weiteren Verbleib im Bundesgebiet gerichtete Anträge müssen innerhalb der vorstehenden Antragsfrist zum Abschluss gebracht werden. 5.8 Die Aufenthaltserlaubnis wird befristet auf zwei Jahre erteilt. Die Verlängerung erfolgt, sofern die für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind. 5.9 Die Länder entscheiden abschließend innerhalb von neun Monaten über die Anträge. 5.10 Die Länder unterrichten das Bundesministerium des Innern vierteljährlich über die freiwilligen Ausreisen, Rückführungen und erteilten Aufenthaltstitel nach dieser Regelung. Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Juni 2005 Arbeitskreis Asyl Rheinland-Pfalz Presseerklärung vom 28.6.2005 Hier geblieben! Rheinland-Pfalz muss Bleiberecht für lange hier lebende Flüchtlinge gewähren Innenminister Bruch muss dafür Sorge tragen, dass lange in Rheinland-Pfalz lebende Flüchtlinge hier bleiben können, nachdem eine Bleiberechts-Lösung bei der Innenministerkonferenz am 23./24. Juni in Stuttgart gescheitert ist. Insgesamt 4500 Flüchtlinge hoffen auf eine Lösung und damit auf eine Zukunft in Rheinland-Pfalz. Obwohl die Innenministerkonferenz in „konstruktiven Gesprächen konstruktive Lösungen gefunden“ haben will (so der Vorsitzende, Innenminister Rech), sieht der Arbeitskreis Asyl Rheinland-Pfalz ein Versagen auf der ganzen Linie. Die Beton-Fraktion der CDU-Innenminister hat die sogar von Otto Schily unterstützte BleiberechtsInitiative aus Berlin verhindert. Was die Minister als konstruktiv empfinden mögen ist ein Scheitern eines Mindestmasses an humanitärer Politik gegenüber Flüchtlingen. Die weitaus meisten können auch von CDU-Ministern in den nächsten Jahren nicht in dem intendierten Masse abgeschoben werden. Die geplanten Abschiebungen von Flüchtlingen nach Afghanistan und von Minderheiten aus dem Kosovo sind in unseren Augen eine Beihilfe bei Menschenrechtsverletzungen. Hintergrund: In Afghanistan herrscht weiter ein instabiler NochKriegs-Zustand: „Die OMF - opposing militant forces - also Reste des Taliban-Regimes und ihre neuen Verbündeten, zum Beispiel Hekmatyar und seine Hizb-e-Eslami – bedrohen nicht nur den Südwesten, sondern auch den Osten des Landes. Dazu Massenaufruhr in zahlreichen Städten und Provinzen mit vielen Toten und Verletzten – wegen eines Artikels in Newsweek über angebliche Koranschändung in Guantanamo. ... Regionale afghanische Militärmachthaber haben nur schweres, untauglich gewordenes Militärgerät abgeliefert. Was für den zähen Bürgerkrieg benötigt werden sollte, haben sie behalten ... Solange US-Militär Afhganistan sichern muss, gibt es gerade deswegen keine Stabilität“. Unter der Überschrift „Gestrandet im Elend: Was droht Abgeschobenen in Afghanistan?“ hat Pro Asyl im Mai 2005 die Gefährdung für Rückkehrer nach Afghanistan analysiert. Gez. S. Pick für den Arbeitskreis Asyl Rheinland-Pfalz Jede Abschiebung nach Afghanistan sehen wir als Menschenrechtsverletzung an. Minderheiten aus dem Kosovo: Auch die Lage im Kosovo verbietet die Abschiebung von Angehörigen der Minderheiten, vor allem der nun bedrohten Ashkali und Ägypter und Roma. Die Innenminister bilanzieren, dass sich die Lage soweit normalisiert habe, dass einer Rückkehr von Minderheiten nichts mehr im Wege steht, so deren grandiose Fehleinschätzung. Die Sicherheit der Abgeschobenen wird nur in von der KFOR bewachten Lagern gewährleistet sein. Von einer sicheren Zukunft und dem Aufbau einer sozialen Existenz kann keine Rede sein. Die Abschiebung der Minderheiten hat wohl eher was mit den kommenden Statusverhandlungen im Kosovo zu tun als mit der aktuellen Lage. Für die 2.800 in Rheinland-Pfalz lebenden Angehörigen der Minderheiten fordert der Arbeitskreis Asyl ein Bleiberecht. An Innenminister Bruch appelliert der AK Asyl: „Machen Sie nicht mit bei dieser bundesweiten Abschiebepolitik. Rheinland-Pfalz muss sich für ein Bleiberecht nicht nur für die Minderheiten aus dem Kosovo und die Flüchtlinge aus Afghanistan, sondern auch für hier integrierte Familien einsetzen“. Hoffnung für Härtefallkommission 4500 Geduldete: Flüchtlinge und die sie unterstützenden Initiativen setzen die Hoffnung auf die Härtefall-Kommission, die in dieser Woche am 30. 6. 05 erstmals zusammenkommt. „Nach unserer Auffassung erfüllen Flüchtlinge, insbesondere Familien mit Kindern, die sich jahrelang hier aufhalten und integriert sind, die Kriterien eines sozialen Härtefalls. In den weitaus meisten Fällen würde eine Rückkehr neben der allgemeinen Gefährdung in eine sozial schwierige bis auswegs- lose Lage führen“, so Siegfried Pick für den AK Asyl. Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Juni 2005 PRO ASYL Presseerklärung vom 24. Juni 2005 Ergebnisse der Innenministerkonferenz in Stuttgart: Kein Bleiberecht für in Deutschland aufgewachsene Kinder und Jugendliche sowie ihre Familien Abschiebungen von Afghanen und Kosovo-Minderheiten gehen weiter PRO ASYL: Die Betonköpfe bestimmen die Richtung Als enttäuschend wertet die bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL die Ergebnisse der heute zu Ende gegangenen Innenministerkonferenz in Stuttgart. Das von Bundesinnenminister Otto Schily vorgeschlagene Bleiberecht für seit langen Jahren hier lebende Kinder und ihre Familien, unterstützt von den Innenministern mehrerer Bundesländer, hat keine Mehrheit gefunden. Maßgeblich verantwortlich dafür sind die Innenminister der unionsregierten Bundesländer, die dafür gesorgt haben, dass auch künftig statt menschlichen Augenmaßes und christlicher Werte das Prinzip gilt: Kinder haften für ihre Eltern. Die Folge: Es wird weiterhin Abschiebungen von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien geben, die seit fünf, zehn oder mehr Jahren in Deutschland leben. Mit den längst integrierten Kindern und Jugendlichen werden Menschen abgeschoben, die Bestandteil von Deutschlands Zukunft sein könnten. Die Betonköpfe haben die Richtung bestimmt. Abschiebungen nach Afghanistan, mit denen einige Bundesländer bereits begonnen haben, gehen verstärkt weiter. Die Sicherheitslage in Afghanistan, nach aktuellen Medienmeldungen geprägt von den heftigsten Kampfhandlungen seit Monaten und prekärer denn je, sowie Berichte über das erbärmliche Leben von Binnenvertriebenen und Rückkehrern aus dem Ausland haben die Innenminister nicht zu besserer gez. Bernd Mesovic Referent Einsicht und menschlichem Handeln bewegen können. Die Minderheiten der Ashkali und der sog. Ägypter aus dem Kosovo werden auf dem Altar der beginnenden Statusverhandlungen im Kosovo geopfert. Obwohl sie erst vor einem Jahr Opfer massiver Pogrome geworden sind und immer noch massiver Diskriminierung und Anfeindungen ausgeliefert sind, müssen sie als Beleg dafür herhalten, dass die Voraussetzungen für ein multi-ethnisches Kosovo gegeben sind. Nach den Vorstellungen der Innenministerkonferenz sind die hier Lebenden „abschiebungsreif“. Diese Innenministerkonferenz hatte die Chance, sich von ihrer Politik der andauernden Realitätsverweigerung und des Sträubens gegen alle humanitären Regelungen zu verabschieden. Kirchen, Gewerkschaften, Flüchtlingsorganisationen und gerade auch die betroffenen Kinder und Jugendlichen hatten sich dafür eingesetzt. Sie werden auch künftig die Innenminister – ungeachtet ihrer parteipolitischen Couleur – nicht aus der Verantwortung entlassen. Schüler und Schülerinnen werden den Innenministern auch zwischen den Sitzungen der Innenministerkonferenz weiterhin klar machen: Wir wollen nicht, dass morgens jemand in der Schule fehlt – weil er gerade abgeschoben worden ist. Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Juni 2005 PRO ASYL Presseerklärung vom 24.6. 2005 2. Meldung vom Tage Enttäuscht, erbittert und entschlossen reagieren betroffene Kinder und Jugendliche auf den Beschluss der Innenministerkonferenz – Das Aktionsbündnis „Hier geblieben!“ macht weiter Enttäuscht zeigt sich das Aktionsbündnis „Hier geblieben!“ über den Entschluss der Innenminister, das Bleiberecht für Kinder, Jugendliche und deren Familien abzulehnen. Mit diesem Beschluss haben die Innenminister leider die Chance verpasst, dem Vorstoß des Berliner Innensenators Dr. Körting und des Bundesinnenministers Schily in die richtige Richtung zu folgen. gezeigt, dass sie ein gestörtes Verhältnis haben zu den Kinderrechten, wie sie in der UN-Kinderrechtskonvention verankert sind. Erbittert sind die Bündnisorganisationen darüber, dass Innenminister, die meist selber Kinder und Familie haben, nicht bereit sind, ein so leicht nachvollziehbares Anliegen aufzugreifen. Die Innenminister haben Am 14. August 2005 wird ein SchülerInnenbündnis in Frankfurt am Main unter dem Motto „Hier geblieben!“ erneut für das Bleiberecht eintreten. Entschlossen ist das Aktionsbündnis, weiter für das Bleiberecht von Kindern, Jugendlichen und deren Familien und die vollständige Umsetzung der UNKinderrechte einzutreten. Ansprechpartner: Meike Herminghausen (GRIPS Theater + Aktionsprogramm) 0163/6431147 Kerstin Böffgen (PRO ASYL) 069/230688 Jens Uwe Thomas (Flüchtlingsrat Berlin) 030/243445762 ÷ Flüchtlingsrat Niedersachsen Nachfolgend ein Brief von Herrn Weißflog, der im Namen der SPD-Bundestagsfraktion und im Namen von Herrn Müntefering versichert, dass die SPD sich "weiterhin für eine Bleiberechtsregelung einsetzen" werde... Kommentar überflüssig. gez. Kai Weber SPD-Bundestagsfraktion 20. Juni 2005 - Internationaler Tag der Flüchtlinge Sehr geehrte Frau Eggers, vielen Dank für Ihr Schreiben an den Vorsitzenden den SPD, Franz Müntefering, in dem Sie sich für eine Bleiberechtsregelung einsetzen. Wie Sie vielleicht der Presse entnehmen konnten, ist unterdessen auch Bundesinnenminister Schily für dieses Thema sensibilisiert worden. Im Rahmen der Innenministerkonferenz hat er sich für eine Bleiberechtsregelung, insbesondere für Kinder und Jugendliche, eingesetzt. Die SPD-Fraktion unterstützt eine derartige Regelung ebenfalls. Da nach ersten Erfahrungen aus der Anwendungspraxis seit Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes keine Erstarkung der rechtlichen Situation von Geduldeten in Sicht ist, bleibt dieses Thema für uns aktuell. Leider ist die vorgeschlagene Bleiberechtsregelung am Widerstand der Union gescheitert, so dass die IMK nicht als Forum für eine derartige Regelung genutzt werden konnte. Die SPD-Fraktion wird sich jedoch weiterhin für eine Bleiberechtsregelung einsetzen. Im Hinblick auf die Rücknahme der Vorbehalte zur Kinderrechtskonvention haben sich die Regierungskoalitionen in einem Antrag im Bundestag ausdrücklich dafür ausgesprochen. Problem ist hier allerdings, dass die Zustimmung der Länder (im Rahmen des Lindauer Übereinkommens) erforderlich ist. Insoweit können wir als Regierungsfraktion lediglich an die unionsgeführten Länder appellieren, die bisherige Verweigerungshaltung aufzugeben. Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Mit freundlichen Grüßen i.A. Weißflog Juni 2005 Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Juni 2005 Schulpflicht für Flüchtlingskinder Terre des hommes „Wir bleiben draußen“ – Schulpflicht und Schulrecht von Flüchtlingskindern in Deutschland Rheinland-Pfalz Rechtsgrundlage für die Schulpflicht in Rheinland Pfalz ist das Schulgesetz (SchlG) vom 30.03.2004. Beginn der Schulpflicht: Der Beginn der allgemeinen Schulpflicht bestimmt sich nach § 57 SchlG. Alle Kinder, die bis zum 30.Juni das sechste Lebensjahr vollenden, besuchen die Schule mit dem Anfang des Schuljahrs. Auf Antrag der Erziehungsberechtigten können Kinder, die noch nicht schulpflichtig sind, in die Schule aufgenommen werden, wenn auf Grund ihrer Entwicklung zu erwarten ist, dass sie mit Erfolg am Unterricht teilnehmen werden (vgl. § 58 I 1 SchlG). Schulleiter und Schularzt treffen die Entscheidung. Des Weiteren besteht die Möglichkeit, dass Kinder auf Antrag der Eltern aus wichtigem Grund für die Dauer eines Schuljahres zurückgestellt werden. Eine Zurückstellung soll in der Regel nur vorgenommen werden, wenn dies aus gesundheitlichen Gründen erforderlich ist (vgl. § 58 II SchlG). Diese Kinder können im Schulkindergarten oder in der Kindertagesstätte gefördert werden. Das Schuljahr beginnt am 01. August und endet am 31. Juli des folgenden Kalenderjahres (§ 8 SchlG). Die Schulpflicht beginnt damit grundsätzlich im Alter von sechs Jahren. Dauer der Schulpflicht: Grundsätzlich beträgt die Dauer der Schulpflicht in Rheinland-Pfalz 12 Schuljahre (vgl. § 7 SchlG). Besteht nach Ablauf der 12 Schuljahre noch ein Berufsausbildungsverhältnis, so muss der Auszubildende bis zum Abschluss der Ausbildung in die Berufsschule gehen (vgl. § 61 I SchlG). Auszubildende, bei denen erst nach Beendigung der Pflicht zum Besuch der Schule, also nach 12 Schuljahren, ein Berufsausbildungsverhältnis eingegangen wird, haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres das Recht, die Berufsschule zu besuchen (vgl. § 61 III SchlG). Gemäß Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Weiterbildung vom 28.08.2000 »Unterricht von Schülerinnen und Schülern, deren Muttersprache oder Herkunftssprache nicht Deutsch ist« besuchen diese Schüler grundsätzlich die ihrem Alter und ihrer Vorbildung entsprechenden Regelklassen (vgl. Ziffer 2). Das Nähere regelt die Schulordnung. Dabei kann auf Grund der bestehenden Leistungsfähigkeit des Schülers mit besonderer Begründung eine Klassenrückstufung vorgenommen werden. Eine Zurückstellung vom Schulbesuch wegen mangelnder Sprachkenntnisse ist unzulässig. Schulpflicht in Rheinland-Pfalz: Gemäß Art. 24 I 1 der Verfassung des Landes Rheinland-Pfalz hat jedes Kind ein Recht auf Entwicklung und Entfaltung. Nach § 3 I SchlG nehmen die Schüler in der Schule ihr Recht auf Bildung und Erziehung wahr. Das SchlG von Rheinland Pfalz manifestiert somit ein Recht auf Bildung und Erziehung für alle Schüler, sofern sie Schüler im Sinne des SchlG sind.133 Die allgemeine Pflicht zum Besuch der Schule wird in § 56 I SchlG kodifiziert. »Der Besuch einer Schule ist Pflicht für alle Kinder, Jugendlichen und Heranwachsenden, die in Rheinland Pfalz ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben;...« Kinder, Jugendliche und Heranwachsende: Kinder im Sinne des § 56 I SchlG sind diejenigen Personen, die zwischen 6 und 13 Jahre alt sind; Jugendliche sind zwischen 14 und 17 Jahre alte Schüler und Heranwachsende sind zwischen 18 und 20 Jahre alt (vgl. § 1 II JGG). Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt: Der Wohnsitz bestimmt sich nach § 7 I BGB. Wer sich an einem Ort ständig niederlässt, begründet an diesem Ort seinen Wohnsitz. Dabei richtet sich der Wohnsitz von Minderjährigen nach dem Wohnsitz der Erziehungsberechtigten, bzw. derjenigen Personen, die das Sorgerecht haben (§ 11 BGB). Für die Situation von Flüchtlingen wird dies regelmäßig für Deutschland nicht zutreffen, da ihr Aufenthalt grundsätzlich nur vorübergehender Natur ist. Dennoch kann es bei einer Betrachtung des Einzelfalls zu anderen Ergebnissen kommen. Voraussetzung für den »gewöhnlichen Aufenthalt« im Schulgesetz von Rheinland-Pfalz ist, dass es sich um einen längeren Aufenthalt handelt (z. B. keine kurzen Verwandtenbesuche o.ä.). Der »gewöhnliche Aufenthalt« ist nicht abhängig vom Willen des Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Juni 2005 Betroffenen, sondern wird vielmehr tatsächlich begründet.134 Bezüglich der Definition des unbestimmten Rechtsbegriffs des »gewöhnlichen Aufenthalts« wird auf die Herleitung auf den Seiten 17-19 verwiesen. Erziehungsberechtigten oder bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen von dem Sorgeberechtigten ab. Nach Aussage des Ministeriums sind die Schulen in der Regel nicht berechtigt, einen Antragsteller abzuweisen. Definitionsvorschlag: Entscheidend ist für den unbestimmten Rechtsbegriff des »gewöhnlichen Aufenthalts« im schulrechtlichen Sinne, ob der Lebens- und Daseinsmittelpunkt eines Menschen sich im jeweiligen Bundesland befindet und, ob unter besonderer Berücksichtigung des Kindeswohls und des Rechts auf Bildung und Erziehung, eine Beschulung für einen sinnvollen Zeitraum möglich erscheint. Einschränkung durch das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Weiterbildung Rheinland-Pfalz: In Stellungnahmen vom 09.04.2001 und 19.12. 2003 erklärte das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Weiterbildung, dass • Kinder von anerkannten Asylberechtigten • Kinder von Ausländern, die im Rahmen einer humanitären Hilfsaktion aufgenommen worden sind (§§ 32, 32 a, 33, 35 AuslG; § 1 I HumHiG etc.) • und Kinder von Asylbewerbern, deren Antrag abgelehnt worden ist, deren Aufenthalt aber längerfristig geduldet wird, schulpflichtig im Sinne von § 56 I SchlG sind und somit ihren »gewöhnlichen Aufenthalt« in RheinlandPfalz haben. Damit werden im Umkehrschluss die Flüchtlinge nicht schulpflichtig, bei denen der eigene Asylantrag oder der Asylantrag eines Erziehungsberechtigten rechtskräftig abgelehnt worden ist oder nur eine kurzfristige Duldung für Rheinland-Pfalz erteilt worden ist. Diesbezüglich stellt sich die Frage, was unter einer kurzfristigen Duldung zu verstehen ist. Grundsätzlich wird eine Duldung gem. §§ 55, 56 AuslG (zukünftig 60a AufenthG) nur befristet erteilt und soll ein Jahr nicht übersteigen. Nach Ablauf der Frist kann die Duldung erneut erteilt werden (vgl. § 56 II AuslG). Unter Berücksichtigung dieser »Soll-Frist« von einem Jahr ist wohl unter einer kurzfristigen Duldung eine Frist von weniger als sechs Monaten zu verstehen, so dass diese Personen nicht schulpflichtig i. S. v. § 56 I SchlG werden. Des weiteren kann im Erst-Recht-Schluss davon ausgegangen werden, dass alle ausländischen Kinder und Jugendlichen, die eine Aufenthaltsgenehmigung im Sinne des Ausländerrechts (zukünftig § 7 oder § 9 AufenthG) erteilt bekommen haben, schulpflichtig sind. Dies deswegen, weil eine Aufenthaltsgenehmigung ein stärkeres Recht darstellt als eine Duldung und grundsätzlich auch nur für eine längere Zeit (im oben genannten Sinne), also nicht für einen kurzen Zeitraum, erteilt wird. Sonstige Gesetze, Rechtsund Verwaltungsvorschriften zur Konkretisierung der Schulpflicht von Ausländern in Rheinland-Pfalz: In einer Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Weiterbildung vom 28.08.2000 »Unterricht von Schülerinnen und Schülern, deren Muttersprache oder Herkunftssprache nicht Deutsch ist« (VV) wird die allgemeine Schulpflicht von ausländischen Schülern teilweise konkretisiert. Ziel der Verwaltungsvorschrift ist es, eine möglichst gute Integration und das Erreichen schulischer Abschlüsse für ausländische Schüler zu ermöglichen, sowie einen Beitrag zur Persönlichkeitsbildung der betroffnen Schüler zu leisten (vgl. Ziffer 1 II VV). Des Weiteren wird festgestellt, dass Schülerinnen und Schüler, deren Muttersprache oder Herkunftssprache nicht Deutsch ist, grundsätzlich alle Rechte und Pflichten haben, die in den schulrechtlichen Bestimmungen festgelegt sind. Umfassend wird auf die Aufnahme in die Schule, besondere Förderung, Leistungsanforderungen und Leistungsbeurteilung, muttersprachlichen Unterricht oder Unterricht in der Herkunftssprache, besondere Sprachprüfungen etc. eingegangen. Bezüglich der allgemeinen Schulpflicht wird in Ziffer 2 S. 4 VV ausdrücklich festgestellt, dass Asylbewerber und Kinder von Asylbewerbern nicht schulbesuchspflichtig sind. Während eines laufenden Asylverfahrens sind diese Personen demnach nicht schulpflichtig; sie »sollen« aber die Schule besuchen. Dieses »sollen« bedeutet, dass Personen, die sich im laufenden Asylverfahren befinden, bzw. deren Kinder ein Schulantragsrecht besitzen. Ob dieses wahrgenommen wird, hängt von den Zahlen: In Rheinland-Pfalz hielten sich nach Angaben des Ausländerzentralregisters am 31.12.2004 ca. 7.348 Flüchtlinge im Alter zwischen 6 und 17 Jahren auf. Davon befanden sich 577 im Asylerstverfahren. 1.873 waren ausländerrechtlich geduldet.135 Ergebnis: In Rheinland Pfalz besteht grundsätzlich Schulpflicht für Ausländer im schulpflichtigen Alter. Wichtige Ausnahme ist, dass innerhalb des gesamten Asylverfahrens keine Schulpflicht besteht. Ferner besteht keine Schulpflicht, wenn nur eine kurzfristige Duldung erteilt worden ist (ca. sechs Monate). Für diese Personen besteht nur ein Schulantragsrecht. Für die Auswirkungen des Schulantragsrechts in Rheinland-Pfalz wird auf das Kapitel »Schulantragsrecht (Schulbesuchsrecht)« auf den Seiten 19-23 verwiesen. Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Juni 2005 Aus: terre des hommes „Wir bleiben draußen – Schulpflicht und Schulrecht von Flüchtlingskindern in Deutschland“ (S. 56-58) – www.tdh.de Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Juni 2005 Rheinland-Pfalz Ministerium für Bildung, Frauen und Jugend 18.5.2005 An terre des hommes Deutschland e.V. Bundesgeschäftsstelle Schulbesuch von Kindern von Asylbewerbern Ihr Schreiben vom 11.04.2005; Schreiben meines Hauses vom 01.04.2005, Aktenzeichen 941 B Tgb.-Nr. 2601/05 Sehr gewehrter Herr Harmening, mit Interesse habe ich Ihre Expertise zu Schulbesuchspflicht und -recht von Flüchtlingskindern in Deutschland zur Kenntnis genommen. Die Ihnen bekannte Rechtslage In RheinlandPfalz, wonach Kinder von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern ein Schulbesuchsrecht haben, hat aus meiner Sicht den Vorteil, dass Menschen, die sich ohnehin in einer schwierigen persönlichen Situation befinden, nicht durch eine weitere Pflicht zusätzlich belastet werden, sondern sich freiwillig für einen Schulbesuch entscheiden können. Man muss frei Asylbegehrenden unterscheiden zwischen der Zeit in einer Erstaufnahmeeinrichtung, die auf längstens drei Monate begrenzt ist, und der Zeit nach der Aufnahme und Unterbringung durch eine Kommune. Die erstgenannte Zeit ist geprägt durch das Asylantragstellungsverfahren; die Asylbegehrenden sollen dabei in dem ihnen unbekannten Land zunächst zur Ruhe kommen. Während der Zeit in der Erstaufnahmeeinrichtung wird daher in Rheinland-Pfalz den Kindern eine dieser Situation entsprechende schulpädagogische Betreuung vor Ort geboten, die gerade auch die Fluchtsituation und deren Folgen für die Kinder berücksichtigen kann. Kinder von Asylsuchenden können allerdings bereits zu dieser Zeit auf eigenen Wunsch die der Aufnahmeeinrichtung Mit freundlichen Grüßen Doris Ahnen nächstgelegene Schule besuchen. Nach Verteilung auf eine Kommune kann sich dann ein weiterer Schulbesuch anschließen. Trotz dieser im Grunde positiven Situation habe ich vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussionen und Entwicklungen in anderen Bundesländern nochmals die Rechtslage durch mein Haus und das Ministerium des Innern und für Sport überprüfen lassen. Diese Prüfung hat ergeben, dass auch bei Asylbegehrenden, die eine Aufenthaltsgestattung erhalten, sobald eine Zuweisung von der Erstaufnahmeeinrichtung in eine Gemeinde stattgefunden hat, ein „gewöhnlicher Aufenthalt“ im Sinne von § 56 Abs.1 SchuIG angenommen werden kann. Gleiches gilt insbesondere unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung bei Aufenthaltsduldungen von auch nur kurzer Dauer. . Somit gehen wir zukünftig davon aus, dass Kinder von Asylbewerberinnen und -bewerbern schulbesuchspflichtig sind, sobald sie einer Gemeinde zugewiesen sind. Bei einer ohnehin in nächster Zeit anstehenden Überarbeitung unserer Verwaltungsvorschrift „Unterricht von Schülerinnen und Schülern, deren Mutter- oder Herkunftssprache nicht Deutsch ist“ werden wir die Hinweise auf Schulbesuchsrecht und -pflicht entsprechend anpassen. Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Juni 2005 Landtagsfraktion FDP – Rheinland-Pfalz Nicole Morsblech MdL Stellvertretende Fraktionsvorsitzende 23.5.2005 An terre des hommes Deutschland e.V. Hilfe für Kinder in Not Bundesgeschäftsstelle Schulpflicht und Schulrecht von Flüchtlingen in Deutschland Sehr geehrter Herr Harmening, für Ihr Schreiben vom 12. Mai 2005, in dem Sie mich über den aktuellen Stand der Rechtslage in anderen Bundesländern und die rechtliche Verankerung einer Schulpflicht für Kinder und Jugendliche von Asylbewerbern informieren, danke ich Ihnen sehr herzlich. Meine Rückfrage im zuständigen Ministerium für Bildung, Frauen und Jugend hat ergeben, dass die geltende Rechtslage vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussionen und Entwicklungen in anderen Bundesländern nochmals - auch durch das Ministerium des Innern und für Sport - überprüft wurde. Diese Prüfung hat ergeben, dass auch bei Asylbegehrenden, die eine Aufenthaltsgestattung erhalten, ein „gewöhnlicher Aufenthalt“ i.S. von § 56 Abs.1 SchulG angenommen werden kann, sobald eine Zuweisung von der Mit freundlichen Grüben Nicole Morsblech MdL Erstaufnahmeeinrichtung in eine Gemeinde stattgefunden hat; gleiches gelte insbesondere unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung bei Aufenthaltsduldungen von auch nur kurzer Dauer. Das Ministerium für Bildung, Frauen und Jugend wird daher künftig davon ausgehen, dass Kinder von Asylbewerbern schulbesuchspflichtig sind, sobald sie einer Gemeinde zugewiesen sind. Dies werde im Rahmen der in nächster Zeit anstehenden Überarbeitung der VV „Unterricht von Schülerinnen und Schülern, deren Mutteroder Herkunftssprache nicht Deutsch“ ist, entsprechend berücksichtigt und geändert werden. Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Juni 2005 Schreiben aus Innenministerium Rheinland-Pfalz Ministerium des Innern und für Sport 31.5.2005 Einbürgerung serbisch-montenegrinischer Staatsangehöriger aus dem Kosovo Nach den von ihnen auf Grund des Bezugsschreibens berichteten Erfahrungen sind Bemühungen von serbisch-montenegrinischen Staatsangehörigen aus dem Kosovo um die Entlassung aus der überkommenen Staatsangehörigkeit praktisch aussichtslos, wenn die Geburtsmatrikel der oder des Betroffenen vernichtet wurde; die Ausstellung eines serbisch-montenegrinischen (blauen jugoslawischen) Reisepasses, die von der Vorlage eines Staatsangehörigkeitsnachweis abhängig ist, nicht erreichbar war; die Entgegennahme des Entlassungsantrages oder seine positive Bescheidung von der vorherigen Regelung der Wehrdienstangelegenheit abhängig gemacht wird. Nach vorliegenden Erkenntnissen hat das serbisch-montenegrinische Generalkonsulat in Frankfurt/Main in der Vergangenheit Bescheinigungen erteilt, mit denen das Vorliegen der vorgenannten „Entlassungshindernisse“ bestätigt wurde. Ist im Einzelfall belegt oder glaubhaft gemacht, dass ein solches Hindernis besteht, kann die Einbürgerung der betroffenen Person auf der Grundlage des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit erfolgen. Hinsichtlich der Wehrdienstproblematik verweise ich ergänzend auf den letzten Absatz Im Auftrag Dr. Alois Steffens meines Schreibens vom 13.01.2005. Die Einschaltung eines Vertrauensanwaltes vor Ort hat sich - bis auf wenige Ausnahmen - in der Praxis nicht bewährt. Bei den von Anwälten übermittelten Entlassungnachweisen handelte es sich oftmals um Fälschungen. Einbürgerungsbewerberinnen und -bewerbern soll daher die Beauftragung eines Anwalts nicht mehr empfohlen werden. Nach einer Mitteilung der Bundesbehörden liegen Erkenntnisse vor, dass ethnisch albanische Personen serbisch-montenegrinischer Staatsangehörigkeit ungeachtet der bestehenden Rechtslage in Serbien und Montenegro von der Gewährung konsularischer Dienstleistungen seitens der serbisch-montenegrinischen Auslandsvertretungen teilweise ausgeschlossen sind. Auch in diesen Fällen ist davon auszugehen, dass Betroffene nicht in der Lage sind, den für die Einleitung eines förmlichen Verfahrens zur Entlassung aus der serbisch-montenegrinischen Staatsangehörigkeit zu erfüllenden Erfordernissen nachzukommen. Ich bitte Sie, die anhängigen Einbürgerungsverfahren des betroffenen Personenkreises von Amts wegen aufzugreifen und zu prüfen, ob im Hinblick auf die vorgenannten Verfahrenserleichterungen ein Einbürgerungsvollzug in Betracht kommt. Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Juni 2005 Rheinland-Pfalz Ministerium des Innern und für Sport Der Minister 7. Juni 2005 An Café Asyl Frau Lisa Blumentrath-Eschweiler Einbürgerung von Menschen aus dem Kosovo Sehr geehrte Frau Blumentrath-Eschweiler, vielen Dank für Ihr Schreiben vom 05.05.2005, mit dem Sie mich auf die Situation von Einbürgerungsbewerberinnen und Einbürgerungsbewerbern aus dem Kosovo hinsichtlich der Aufgabe der serbischmontenegrinischen Staatsangehörigkeit ansprechen. Hinweise über Probleme des von Ihnen angesprochenen Personenkreises bei Entlassungsverfahren aus der serbischmontenegrinischen Staatsangehörigkeit insbesondere auch bei der Beschaffung der in solchen Verfahren vorzulegenden Personenstandsurkunden wurden seit geraumer Zeit an das Ministerium des Innern und für Sport herangetragen. Andererseits hatten serbischmontenegrinische Stellen darauf hingewiesen, dass die in Entlassungsverfahren Betroffener beobachteten administrativen Schwierigkeiten ihre Ursache in den in den letzten Jahren erfolgten Umwälzungen in Jugoslawien hätten und es wurden Verbesserungen für die betroffenen Personen in Aussicht gestellt. Um ein Gesamtbild über die Entlassungspraxis von Serbien und Montenegro bei Personen aus dem Kosovo zu gewinnen, sind die in RheinlandPfalz für Einbürgerungen zuständigen Kreisverwaltungen und Stadtverwaltungen der kreisfreien Städte sowie die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion in Trier gebeten worden, das Ministerium des Innern und für Sport umfassend über ihre Erfahrungen aus den anhängigen Einbürgerungsverfahren des besagten Personenkreises zu unterrichten. Eine Auswertung dieser Berichte ergab, dass in einer Vielzahl von Fällen trotz langfristiger Bemühungen der Betroffenen eine Entlassung aus der serbischmontenegrinischen Staatsangehörigkeit nicht erreicht werden konnte. Angesichts dieses Befundes hat das Ministerium des Innern und für Sport mit Blick auf die bundesweite Relevanz der Problematik eine Erörterung der Fragen auf Bund-Länder-Ebene angestoßen. Zwischenzeitlich haben sich mehrere Bundestender auf eine einheitlich Vorgehensweise bei einzubürgernden Personen aus dem Kosovo verständigt. In Rheinland-Pfalz wurde die Neuregelung mit Schreiben des Ministeriums des Innern und für Sport vom 31.05.2005 umgesetzt. Danach können die Einbürgerungsbehörden künftig davon ausgehen, dass eine Entlassung aus der serbisch-montenegrinischen Staatsangehörigkeit bei einzubürgernden Personen aus dem Kosovo praktisch aussichtslos ist, wenn die Geburtsmatrikel der oder des Betroffenen im Kosovo vernichtet wurde, wenn die Ausstellung eines serbisch-montenegrinischen Reisepasses, die von der Vorlage eines Staatsangehörigkeitsnachweises abhängig ist, nicht erreichbar war oder wenn die Entgegennahme des Entlassungsantrages oder seine positive Bescheidung von der vorherigen Regelung der Wehrdienstangelegenheit abhängig gemacht wird. Ist im Einzelfall belegt oder glaubhaft gemacht, dass ein solches Hindernis besteht, kann die Einbürgerung auf der Grundlage des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 des Staatsangehörigkeitsgesetzes unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit erfolgen. Nach einer Mitteilung der Bundesbehörden liegen Erkenntnisse vor, wonach ethnisch albanische Personen serbisch-montenegrinischer Staatsangehörigkeit ungeachtet der bestehenden Rechtslage in Serbien und Montenegro von der Gewährung konsularischer Dienstleistungen seitens der serbisch-montenegrinischen Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Juni 2005 Auslandsvertretungen teilweise ausgeschlossen sind. Auch in diesen Fällen ist davon auszugehen, dass Betroffene nicht in der Lage sind, den für die serbisch-montenegrinischen Staatsangehörigkeit zu erfüllenden Erfordernissen nachzukommen. Einleitung eines förmlichen Verfahrens zur Entlassung aus der Bewerberinnen und Bewerbern aus dem Kosovo gebührend Rechnung tragen können, Soweit Sie in Ihrem Schreiben konkrete Einzelfälle angesprochen haben, empfehle ich den Betroffenen zu raten, zur Beschleunigung ihrer Angelegenheit von sich aus auf die Einbürgerungsbehörde zuzugehen und um Prüfung zu bitten, ob auf der Grundlage der Neuregelung die Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit ohne den Nachweis der Entlassung aus der serbisch-montenegrinischen Staatsangehörigkeit möglich ist. Das Ministerium des Innern und für Sport hat die rheinland-pfälzischen Einbürgerungsbehörden gebeten, die anhängigen Einbürgerungsverfahren des betroffenen Personenkreises von Amts wegen aufzugreifen und zu prüfen, ob im Hinblick auf die eingeführten Erleichterungen nunmehr ein Einbürgerungsvollzug in Betracht kommt. Die vorgenannten Festlegungen sind nach meiner Auffassung geeignet, dass die Behörden den Besonderheiten bei der Einbürgerung von Mit freundlichen Grüßen Karl Peter Bruch ÷ Rheinland-Pfalz Ministerium des Innern und für Sport 08.06.2005 Zuwanderung/Kommunen „Landesinitiative Rückkehr 2005“ 5 Millionen Euro für die freiwillige Rückkehr Das rheinland-pfälzische Kabinett hat in seiner jüngsten Sitzung ein Änderungsgesetz zum Landesaufnahmegesetz beschlossen, wie Innenminister Karl Peter Bruch mitteilte. Mit diesem Gesetz setze die Landesregierung die Regelungen des Zuwanderungsgesetzes auf Landesebene um. Gleichzeitig habe das Kabinett eine „Landesinitiative Rückkehr 2005“ beschlossen. „Mit dieser Initiative soll die Rückkehrförderung – insbesondere für abgelehnte Asylbegehrende – verstärkt werden. Hierfür stellt das Land, neben den bisherigen Leistungen an die Rückkehrer, den Kommunen zusätzlich 5 Millionen Euro sowie weitere Hilfen zur Verfügung“, so Bruch. Im Einzelnen sieht die Initiative vor: Finanzielle Hilfen für die Kommunen: Den Kommunen werden im Rahmen der „Landesinitiative Rückkehr 2005“ zusätzlich 5 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Damit wird ihnen die Möglichkeit eröffnet, eigene Rückkehrmaßnahmen oder konkrete Einzelfalllösungen zu entwickeln und zu finanzieren. Hierbei können beispielsweise die Mittel als Geld- oder Sachleistungen an den Betroffenen ausgezahlt, für Aufbauhilfen oder Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen im Heimatland und für Transportkosten des Betroffenen verwendet oder zur Beseitigung von Abschiebungshindernissen genutzt werden. Die Gesamtsumme von 5 Millionen Euro wird entsprechend einem an der Einwohnerzahl orientierten Schlüssel, nach dem auch die Flüchtlinge auf die Landkreise und kreisfreien Städte verteilt werden, an die Kommunen zugewiesen. Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Beratungsunterstützung beim Rückkehrmanagement: Das Land stellt Mittel zur Finanzierung einer Beratungsstelle für die Kommunen zur Verfügung. Diese Stelle soll Beratungshilfe bieten, die von den Kommunen zur Entwicklung von Einzelhilfeplänen und Rückkehrkonzepten genutzt werden kann, um so vor Ort Rückkehrförderung ganz individuell auf die Bedürfnisse des jeweiligen Falles zuschneiden zu können. Juni 2005 Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Juni 2005 Geld für Rückkehr von Asylbewerbern Die Rückkehr abgelehnter Asylbewerber ist Ziel der „Landesinitiative Rückkehr 2005", die von der Landesregierung mit zusätzlichen fünf Millionen Euro verstärkt werden soll. Dieses Geld wird laut einem Kabinettsbeschluss in die kommunalen Haushalte fließen, wie Innenminister Karl Peter Bruch (SPD) erklärte. Die fünf Millionen Euro sollen den Kommunen die Möglichkeit eröffnen, eigene Rückkehrmaßnahmen oder konkrete Einzelfalllösungen zu entwickeln und zu finanzieren. Nach Angaben des Ministers könn- ten die Mittel als Geld- oder Sachleistungen an die Betroffenen gezahlt, für Aufbauhilfen oder Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen im Heimatland oder auch für Transportkosten der Betroffenen verwendet werden. Auch Abschiebungshindernisse könnten mit diesem Geld beseitigt werden. Die Gesamtsumme wird entsprechend einem an der Einwohnerzahl orientierten Schlüssel zugewiesen, nach dem auch die Flüchtlinge auf die Landkreise und kreisfreien Städte verteilt werden. Außerdem soll eine Beratungsstelle für die Kommunen entstehen. „Rhein-Zeitung“ - Bad Kreuznach: 9.6.2005 Zuwanderungsgesetz Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit 10.11.2004 Beschäftigungsverfahrenverordnung - Anwendung der §§ 8 und 9 Besch VerfV Bezug: Ihr Schreiben vom 10. September 2004 Sehr geehrte Frau Röseler, nachdem das Bundeskabinett die Beschäftigungsverfahrensverordnung - Besch VerfV - am 3. November 2004 zustimmend zur Kenntnis genommen hat, bestätige ich Ihnen, dass bei als minderjährig eingereisten Jugendlichen oder jungen Erwachsenen, die trotz einer über 18 Monaten hinausbestehenden Unmöglichkeit der Abschiebung und einer im konkreten Fall nicht bestehenden zumutbaren Möglichkeit der freiwilligen Ausreise keine Aufenthaltserlaubnis bekommen, das Ministerium für Wirtschaft und Arbeit ggf. im Wege der Weisung dafür sorgt, dass die Dienststellen der Bundesagentur für Mit freundlichen Grüßen Bettina Schaltat Arbeit im Rahmen der Härtefallregelung des § 7 Besch VerfV eine Zustimmung zur Ausübung einer Beschäftigung oder Berufsausbildung erteilen können. In der Ausländerreferentenbesprechung Ende September 2004 haben die Vertreter des BMWA wie zugesagt, die Notwendigkeit dargestellt, dass ein Leerlaufen des § 25 Abs. 5 AufenthG vermieden werden soll, um damit das von der Bundesregierung verfolgte Ziel der Beendigung der Praxis der Kettenduldungen zu erreichen. Ein Protokoll über diese Sitzung liegt bisher nicht vor. Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Juni 2005 PRO ASYL PRO ASYL Presseerklärung vom 6. Juni 2005 Abschiebungen nach Afghanistan: Die Bundesländer überbieten sich gegenseitig beim Abschiebungsdruck Hessen hat bereits allein stehende Frauen und alte Menschen im Visier PRO ASYL: Hessen vorn mit den brutalstmöglichen Planungen Nachdem Hamburg mit Abschiebungen nach Afghanistan begonnen hat, wetteifern verschiedene Bundesländer noch vor der Innenministerkonferenz in Ländererlassen um die gnadenloseste Abschiebungspraxis. In einem Erlass vom 17. Mai 2005 nimmt das Hessische Ministerium des Innern und für Sport bereits die Abschiebung von allein stehenden Frauen in den Blick. Ausgenommen werden von Rückführungen sollen alte Menschen, die am 19. November 1998 das 65. Lebensjahr vollendet haben – also jetzt mindestens 71 Jahre alt sind. Auch wenn diese „Rentnerabschiebungsregelung“, nach der sogar 65- bis 71-jährige abgeschoben werden könnten, sich als Redaktionsversehen im Innenministerium erweist – die Mentalität, mit der zwischen Gedankenlosigkeit und Vorsatz die Existenzvernichtung von Menschen geplant wird, ist deutlich: Die brutalstmögliche Variante ist der Planungshorizont. Die Abschiebung alter Menschen, die keine Familie in Afghanistan haben, in ein Land, in dem nicht einmal rudimentäre Strukturen der Existenzsicherung vorhanden sind, kann im Ernstfall eine Art Todesurteil darstellen. Entsprechende Planungen stehen in eklatantem Widerspruch zu Berichten von Menschenrechtsorganisationen und dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes. „Die Lebenserwartung der afghanischen Bevölkerung liegt bei etwa 45 Jahren“ (Lagebericht S. 26). Die Idee, über kurz oder lang allein stehende Frauen nach Afghanistan abschieben zu wollen, beurteilt der Frankfurter Rechtsanwalt Victor Pfaff, Mitglied von PRO ASYL, der sich vor einigen Wochen in Afghanistan auch über die Lage der Frauen informiert hat, so: „Hat eine Frau keinen familiären Rückhalt oder ist sie von ihrer Familie fallen gelassen worden, dann ist sie Freiwild – trotz ihrer formalen Gleichstellung durch die Verfassung. Es ist undenkbar, dass sich eine allein stehende Frau – mit oder ohne Kinder – Wohnraum mietet, auch wenn sie Geld hätte.“ Eine Witwe z.B. könne nicht alleine leben. Wer sich nicht in die patriarchalische Gesellschaft Afghanistans einordnen wolle oder könne, laufe Gefahr, Gewalttätigkeit und Willkür ausgesetzt zu sein – nicht nur von einzelnen Fanatikern, sondern auch von Seiten des Staates. Von 16 Frauen, die sich im April in der Kabuler Übergangshaftanstalt befunden hätten, seien allein 14 der Unzucht beschuldigt. Unzucht sei in Afghanistan bereits: mit einem Mann, der nicht der Ehemann ist, auf der Straße zu sprechen. Der hessische Erlass spiegelt wider, wie das Bundesinnenministerium den Länderinnenministern den Verlauf der Verhandlungen mit einer afghanischen Regierungsdelegation im Februar 2005 in Kabul geschildert hat – als den Versuch einer Durchsetzung deutscher Interessen im Kolonialstil. Der Druck wird deutlich: „Die afghanische Delegation erklärte weiterhin, dass sie einseitig von Deutschland vorgenommene Rückführungsmaßnahmen hinnehmen werde“, so die Darstellung im Erlass. Warum es nicht zum Abschluss eines formellen Rückübernahmeabkommens gekommen ist, steht nicht im Erlass, ist aber bekannt. Die deutsche Seite wollte anders als andere Staaten kein Dreiparteienabkommen unter Beteiligung des Hohen Flüchtlingskommissariats der Vereinten Nationen (UNHCR). In einem solchen Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Juni 2005 „Rückkehr Abkommen hätten auch die internationalen Kriterien, die auf die Freiwilligkeit einer len, eine Rolle spielen müssen. Deutsche Abschiebungspolitik aber bedeutet: Solche Maßstäbe und die sie vertretenden Institutionen möglichst zu umgehen. in Würde“ abstel Rand der afghanischen Städte gestrandeter Menschen unverantwortlich sind. Afghanistan braucht weiter deutsche Unterstützung. Dazu gehört es auch, dass man das nach 23 Jahren Krieg mit fast unlösbaren Problemen konfrontierte Land nicht auch noch mit einem weiteren belastet: der unmöglichen Versorgung von Landsleuten, die deutsche Innenminister systematisch aus Deutschland vertreiben wollen. PRO ASYL vertritt die Auffassung, dass Abschiebungen nach Afghanistan vor dem Hintergrund der aktuellen Sicherheitslage und des Massenelendes von Hunderttausenden bereits am gez. Bernd Mesovic Referent ÷ PRO ASYL Presseerklärung vom 16. Juni 2005 Memorandum zur derzeitigen Situation des deutschen Asylverfahrens „Umgang mit Asylbegehren widerspricht Verfassungs- und Völkerrecht“ Ein breites Bündnis aus Wohlfahrtsorganisationen, Richterund Anwaltsvereinigungen sowie Menschenrechtsorganisationen hat heute in Berlin ein gemeinsames „Memorandum zur derzeitigen Situation des deutschen Asylverfahrens“ vorgestellt. Zu diesem Bündnis gehören amnesty international (ai), der Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt, die Arbeitsgemeinschaft Ausländer- und Asylrecht im Deutschen Anwaltverein, der Deutsche Caritasverband, der Paritätische Wohlfahrtsverband, das Diakonische Werk der EKD, die Neue Richtervereinigung, PRO ASYL, der Republikanische AnwältInnenverein und die Rechtsberaterkonferenz der mit den Wohlfahrtsverbänden und UNHCR zusammenarbeitenden Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte. Sie kritisieren dass die deutsche Praxis, Asylbegehren zu behandeln, verfassungsund völkerrechtlichen Vorgaben widerspricht. Das Asylverfahren befindet sich in einem beständigen Prozess des Verfalls. Sorge bereitet den Unterzeichnern des Memorandums insbesondere die Qualität von Anhörungen und Entscheidungen in Asylverfahren. Ziel der Bündnisorganisationen ist eine öffentliche Debatte sowie ein Kurswechsel der Politik. Asylantragsteller müssen fair behandelt und ihre Fluchtschilderungen ohne Vorbehalte mit kritischem Wohlwollen geprüft werden. Im Einzelnen wird kritisiert: - Die meisten Asylbewerber der vergangenen fünf Jahre stammen aus Herkunftsländern, in denen es zu massiven Menschenrechtsverletzungen kommt (Türkei, Irak, Syrien, Russische Föderation, Afghanistan). Dennoch betrug die Anerkennungsquote im Verwaltungsverfahren für Asylberechtigte im Jahr 2004 lediglich 1,5 Prozent und für Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention 1,8 Prozent. Diese Anerkennungsquoten vermitteln den Eindruck, als Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Juni 2005 kämen kaum noch schutzbedürftige Personen nach Deutschland. Dies entspricht nicht der Realität. - Die Politik der westeuropäischen Staaten ist von einer Abdrängungshaltung geprägt. Die Verantwortung für Flüchtlinge soll auf andere Staaten und letztlich auf die Staaten der Herkunftsregionen der Flüchtlinge abgewälzt werden. Gleichzeitig ist in Deutschland ein Verfahrensklima entstanden, das nicht flüchtlingsfreundlich ist. Es ist stattdessen von polizeirechtlichen Grundsätzen und einer insgesamt verhärteten Grundhaltung geprägt. - Diese abwehrende Grundhaltung zeigt sich unter anderem bei der unzureichenden und lediglich widerwilligen Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention seitens Politik, Asylbehörden und Gerichten. Das wichtigste internationale Schutzinstrument für Flüchtlinge ist in den vergangenen 25 Jahren aus dem deutschen Asylverfahren gedrängt worden. Nicht einmal der Begriff Flüchtling existierte in dieser Zeit im deutschen Asyl- und Ausländerrecht. - Das Asylverfahren ist zum „Ort eines verdichteten Misstrauens“ geworden. Das staatliche Interesse an einer Abschiebung der Flüchtlinge überlagert das Prüfungsverfahren bis in die in der Anhörung gestellten Fragen hinein. - Die persönliche Anhörung ist das Herzstück des Asylverfahrens. Das Bundesamt erweckt den Eindruck, dass es kein wirkliches Interesse an einer gerechten Entscheidung hat, weil in der Praxis die persönliche Anhörung und die Abfassung des Bescheides häufig von zwei verschiedenen Beamten vorgenommen werden. Standardisierte Handlungsanleitungen der Amtsleitung führen zu Abstumpfung und Gleichgültigkeit bei den Einzelentscheidern. - Die Qualität der Entscheidungsfindung beim Bundesamt ist mangelhaft. Statt sich mit individuellen Fluchtgründen auseinander zu setzen, werden zunehmend Textbausteine verwendet. Die persönliche Anhörung des Asylsuchenden wird darauf zugeschnitten. - Eine Qualitätskontrolle der Bundesamtsentscheidungen innerhalb des Amtes findet nicht statt. Im Zuge der Günter Burkhardt PRO ASYL Wolfgang Grenz amnesty international Aufgabenerweiterung des Bundesamtes – nun auch zuständig für Migration – ist der bisherige Kernbereich der Arbeit vernachlässigt worden, so dass sich die strukturellen Defizite im Asylverfahren ohne Gegenmaßnahmen verfestigt haben. - Die Asylbehörde ist durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes gehalten, dem Asylantragsteller mögliche Widersprüche und Unklarheiten vorzuhalten und von Amts wegen aufzuklären. In der Praxis geschieht dies oft nicht. - Asylsuchende sind in Deutschland in vieler Hinsicht bloßes Objekt des Verwaltungshandelns. Verfahrensgerechtigkeit hieße, sie fair in den Prozess der Tatsachenfeststellung einzubeziehen. Bislang wird ihnen aber nicht einmal der Zugang zu unabhängigen Beratungssystemen ermöglicht. - Die aktuelle Praxis der in großer Zahl eingeleiteten Widerrufsverfahren gegen einmal gewährtes Asyl widerspricht den flüchtlingsrechtlichen Grundsätzen der Genfer Flüchtlingskonvention. Die Widerrufspraxis des Bundesamtes blendet die Sicherheitsbedingungen in den jeweiligen Herkunftsländern aus. Mit dem Widerruf werden aus Flüchtlingen in vielen Fällen lediglich noch Geduldete. Diese Statusverschlechterung geschieht, obwohl die Betroffenen auf absehbare Zeit nicht abgeschoben werden können. - Die Verwaltungsgerichte sind oft nicht gewillt, fehlerhafte Bescheide durch vorbehaltlose neue Ermittlungen zu korrigieren. Sie haben es in den letzten Jahren versäumt, die zu beachtenden verfahrens- rechtlichen Garantien zugunsten der Asylsuchenden und Flüchtlinge zu stärken. So fallen sie als effektives Kontrollsystem weitgehend aus. Das Memorandumsbündnis schlägt konkrete und großenteils kurzfristig umsetzbare Maßnahmen vor, um zu gewährleisten, dass Schutzbedürftige ihren Schutzanspruch in einem fairen Verfahren geltend machen können. Voraussetzung für die Umsetzung wäre allerdings der erklärte Wille der politisch Verantwortlichen, durch eine adäquate Ausgestaltung des Verfahrens ihrer Verantwortung beim internationalen Flüchtlingsschutz Rechnung zu tragen. Dr. Reinhard Marx Rechtsanwalt Barbara Stolterfoht Paritätischer Wohlfahrtsverband Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Juni 2005 Und was gibt’s noch? UNHCR Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen Vertretung in Deutschland 20.4.2005 An den Präsidenten des Verwaltungsgerichts Wiesbaden Herrn Hans Peter Faber Anmerkung zur Anwendung der Beendigungsklauseln auf irakische und afghanische Flüchtlinge Sehr geehrter Herr Präsident, seit Ende 2003 hat das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (nunmehr Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) seine Praxis, im Rahmen von Widerrufsverfahren den Fortbestand der Schutzbedürftigkeit anerkannter Flüchtlinge zu überprüfen, erheblich ausgeweitet. Mit nahezu 9.000 Widerrufsentscheidungen sind hiervon - neben Flüchtlingen aus dem ehemaligen Jugoslawien - irakische Flüchtlinge in besonderem Maße betroffen. Im Hinblick auf die durch das Zuwanderungsgesetz eingeführte Regelüberprüfung der Flüchtlingsanerkennung spätestens nach Ablauf von drei Jahren seit Rechtskraft der Anerkennungsentscheidung werden Widerrufsverfahren künftig auch für weitere Flüchtlingsgruppen zunehmend an Bedeutung gewinnen. UNHCR hat diese Entwicklung in den vergangenen Monaten aufmerksam beobachtet und dabei mit Sorge zur Kenntnis genommen, dass die Prüfung der Widerrufsvoraussetzungen durch die zuständigen deutschen Behörden und Gerichte häufig nicht unter hinreichender Beachtung der in Art. 1 C (5) der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) geregelten Kriterien für die Beendigung der Flüchtlingseigenschaft erfolgt. Insbesondere setzt sich das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht ausreichend mit der Frage der Dauerhaftigkeit und Stabilität der im Herkunftsstaat stattgefundenen politischen Veränderungen sowie der Erreichbarkeit effektiven Schutzes im Herkunftsstaat auseinander. Es besteht deshalb die akute Gefahr, dass Flüchtlinge als Folge der Entscheidungen des Bundesamtes grundlegende Konventionsrechte vorzeitig verlieren, obwohl die in Art. 1 C (5) S. 1 GFK geregelten Voraussetzungen für eine Beendigung der Flüchtlingseigenschaft in den Mit freundlichen Grüßen betroffenen Herkunftsländern noch nicht vorliegen. Nachdem sich viele der vom Widerruf ihrer Flüchtlingsanerkennung betroffenen Personen auf der Suche nach Rechtsschutz an die für die Überprüfung der Widerrufsbescheide des Bundesamtes zuständigen Verwaltungsgerichte gewandt haben, sieht sich UNHCR in Wahrnehmung seines Mandates veranlasst, Ihnen mit den beiliegenden Stellungnahmen nochmals die Position des Amtes zur Auslegung und Anwendung der Beendigungsklauseln auf irakische und afghanische Flüchtlinge nahe zu bringen. Gemäß Art. 35 GFK haben sich die Signatarstaaten der Genfer Flüchtlingskonvention zur umfassenden Zusammenarbeit mit UNHCR bei der Auslegung und Umsetzung der Bestimmungen der Genfer Flüchtlingskonvention verpflichtet. Im Beschluss Nr. 69 (XLIII) (1992) des UNHCR-Exekutivkomitees haben die Vertragsstaaten darüber hinaus ihren ausdrücklichen Willen erklärt, UNHCR bei der Feststellung der tatsächlichen Voraussetzungen für die Anwendung der Beendigungsklausel angemessen zu beteiligen.1 Wir möchten Sie vor diesem Hintergrund bitten, die in den Stellungnahmen enthaltenen rechtlichen und tatsächlichen Beurteilungen des UNHCR im Rahmen Ihrer Entscheidungen über die Rechtmäßigkeit von Widerrufsbescheiden zu berücksichtigen. 1 Beschluss Nr.69 (XLIII) (1992) des UNHCRExekutivkomitees zur Beendigung des Flüchtlingsstatus, Artikel (b). Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Juni 2005 Stefan Berglund - Vertreter in der Bundesrepublik Deutschland Anlage: UNHCR-Hinweise zur Anwendung des Art. 1 C (5) der Genfer Flüchtlingskonvention 1 („Wegfall der Umstände" - Klausel) auf afghanische Flüchtlinge 1. Vorbemerkung Der auf Grundlage der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) gewährte Flüchtlingsstatus ist grundsätzlich temporärer Natur. Er endet nach Maßgabe des Art. 1 C GFK, wenn der Betroffene des hiermit verbundenen internationalen Schutzes nicht länger bedarf. Gründe hierfür können gemäß Art. 1 C (1) - (4) GFK entweder ein bestimmtes Verhalten des Flüchtlings - beispielsweise die erneute Niederlassung in seinem Herkunftsstaat - oder (unabhängig vom Verhalten des Flüchtlings) eine objektive Veränderungen der Umstände im Herkunftsland des Betroffenen sein, aufgrund deren er es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz seines Herkunftsstaates wieder in Anspruch zu nehmen, Art. 1 C (5) GFK2. Die zuletzt genannte Regelung wird üblicherweise als „Wegfall der Umstände" - Klausel oder „Allgemeine Beendigungsklausel“ bezeichnet. Zur Beurteilung der Voraussetzungen der Beendigung der Flüchtlingseigenschaft gemäß Art. 1 C (5) GFK sind das UNHCR-Handbuch Ober Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft3, die Richtlinie zur Beendigung der Flüchtlingseigenschaft4 sowie der Beschluss des UNHCR-Exekutivkomitees über den Wegfall der Flüchtlingseigenschaft5 als maßgebende Auslegungshilfe heranzuziehen. Die nachfolgenden Ausführungen basieren auf diesen Dokumenten und fassen deren zentrale Aspekte zusammen. Grundsätzlich bleibt die einer Person zuerkannte Flüchtlingseigenschaft so lange bestehen, bis die Voraussetzungen einer der Beendigungsklauseln erfüllt sind. Diese konsequente Haltung ergibt sich aus der Erwägung, dass Flüchtlinge die Sicherheit haben müssen, dass ihr Status nicht ständig aufgrund vorübergehender Veränderungen der in ihrem Heimatland herrschenden Verhältnisse überprüft wird.6 Der internationale Flüchtlingsschutz hat neben dem unmittelbaren Schutz vor erlittener oder drohender Verfolgung die Schaffung dauerhafter Lösungen für Flüchtlinge zum Ziel.7 Auch die Anwendung der Beendigungsvorschriften sollte sich an dieser Zielsetzung orientieren. Die Beendigung der Flüchtlingseigenschaft sollte daher nicht dazu führen, dass Personen mit unsicherem Aufenthaltsstatus im Aufenthaltsstaat verbleiben müssen. Sie sollte ebenso wenig dazu führen, dass Personen zur Rückkehr in instabile Verhältnisse gezwungen sind. Dies könnte die Gefahr der Entstehung neuer Flüchtlingsströme erhöhen und zur Destabilisierung und Verzögerung des Wiederaufbauprozesses im Herkunftsland führen und damit letztlich Bemühungen um die Schaffung dauerhafter Lösungen für Flüchtlinge entgegenstehen. Die Anwendung der Beendigungsklauseln setzt folglich nicht nur den Wegfall der konkreten Verfolgungsgefahren voraus, sondern erfordert auch die dauerhafte Beseitigung anderer gravierender Menschenrechtsgefährdungen. Die Beendigung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des Art. 1 C (5) 1 GFK kommt deshalb erst dann in Betracht, wenn sich die Verhältnisse im Herkunftsland a) grundlegend und b) dauerhaft verändert haben und aufgrund dieser Veränderungen sichergestellt ist, dass c) der Betroffene im Herkunftsstaat effektiven Schutz erlangen kann. Im Hinblick auf das Kriterium der grundlegenden Änderung der Umstände im Herkunftsland ist zu untersuchen, in welchem Umfang die politischen Veränderungen im Herkunftsstaat die Flucht auslösenden Umstände beseitigt haben. Dabei sind neben den ursprünglichen auch neu entstandene Verfolgungsrisiken zu berücksichtigen.8 Eine dauerhafte Veränderung der politischen Situation im Herkunftsstaat kann erst dann festgestellt werden, wenn nach einer Phase der Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Konsolidierung vernünftigerweise nicht mehr mit dem Wiederaufleben der ursprünglichen Fluchtgründe oder der Entstehung neuer Fluchtgründe gerechnet werden muss.9 Im Falle gewaltsam herbeigeführter Veränderungen der politischen Situation im Herkunftsstaat, beispielsweise durch einen Umsturz des bisherigen politischen Regimes oder den militärischen Sieg einer Bürgerkriegspartei, bedarf die Feststellung des dauerhaften Charakters hingegen einer längeren sorgfältigen Beobachtung der Entwicklungen vor Ort.10 Einerseits besteht in diesen Fällen in besonderem Maße die Gefahr der Entstehung neuer Verfolgungs- und Fluchtgründe, wenn sich beispielsweise die gewaltsam an die Macht gelangte Gruppierung nicht eindeutig zur Einhaltung grundlegender Menschenrechte verpflichtet oder diese nicht wirksam durchsetzt. Zum anderen besteht in solchen Situationen auch ein erhöhtes Risiko einer Umkehr der eingeleiteten Veränderungen. Im Mittelpunkt der Prüfung der Beendigungsvoraussetzungen steht jedoch die Frage, ob der Flüchtling aufgrund der Veränderungen in seinem Herkunftsstaat effektiven nationalen Schutz erlangen kann. Erforderlich hierfür ist das Vorhandensein einer funktionsfähigen Regierung und grundlegender Verwaltungsstrukturen, wie sie z.B. in einem funktionierenden Rechtsstaat vorliegen, sowie das Vorhandensein einer angemessenen Infrastruktur, innerhalb derer die Einwohner ihre Rechte ausüben können, einschließlich des Rechts auf eine Existenzgrundlage. Eine rein physische Sicherheit für Leib und Leben ist nicht ausreichend.11 Wichtiges Indiz für die Wiederherstellung effektiven staatlichen Schutzes stellt dabei dir allgemeine Menschenrechtslage dar, bei deren Beurteilung den folgenden Kriterien eine besondere Bedeutung zukommt: - Stand der demokratischen Entwicklung im Land einschließlich der Durchführung freie und gerechter Wahlen, - Beitritt zu Menschenrechtsabkommen, - Zulassung unabhängiger nationaler und internationaler Beobachter.12 Eine lückenlose Beachtung der Menschenrechte ist zwar nicht erforderlich. Mindestvoraussetzungen sind jedoch die Beachtung des Rechts auf Leben und Freiheit, da: Verbot der Folter, bedeutende Fortschritte beim Aufbau einer unabhängigen Justiz, faire Gerichtsverfahren und Zugang zu den Gerichten Juni 2005 sowie der Schutz fundamentaler Grundrechte wie der Vereinigungs-, Meinungsund Religionsfreiheit.13 Gemäß Art. 36 GFK haben sich die Vertragsstaaten der GFK und des Protokolls von 1967 zur innerstaatlichen Umsetzung der Bestimmungen der GFK verpflichtet. Im Hinblick auf die in Art. 1 C (5) 1 GFK geregelte allgemeine Beendigungsklausel wird diese Verpflichtung nach dem Willen des deutschen Gesetzgebers in § 73 (1) 1 AsyIVfG umgesetzt.14 Hiernach Ist die Entscheidung über die Asylgewährung bzw. die Flüchtlingsanerkennung unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen hierfür nicht mehr vorliegen. Wenngleich der Wortlaut der Vorschrift die in Art. 1 C (5) 1 GFK genannten Kriterien für die Beendigung der Flüchtlingseigenschaft nicht ausdrücklich aufnimmt, gebietet der Grundsatz der völkerrechtskonformen Auslegung nationaler Normen die Vorschrift im Sinne des Art. 1 C (5) GFK zu interpretieren.15 Hierbei sollten auch die von UNHCR entwickelten Auslegungs- und Anwendungshinweise berücksichtigt werden. 2. Voraussetzungen für die Beendigung der Flüchtlingseigenschaft im Hinblick auf die gegenwärtige Situation in Afghanistan Fundamentaler Charakter der politischen Veränderungen. Der mit dem Fall der TalibanHerrschaft und der Bonner Afghanistan Konferenz Ende 2001 begonnene Überleitungsprozess in Afghanistan markiert den Beginn umfassender politischer Veränderungen, die in erheblichem Umfang auch die Gründe für Flucht und Vertreibung der afghanischen Bevölkerung betreffen. Bevor jedoch auf der Grundlage dieser Veränderungen die Anwendung der Allgemeinen Beendigungsklausel in Erwägung gezogen werden kann, muss nach Auffassung von UNHCR zunächst der erfolgreiche Abschluss des Überleitungsprozesses abgewartet werden. Hierbei kommt der Abhaltung von Parlamentswahlen, die eine umfassende Beteiligung von Repräsentanten unterschiedlichster Herkunft an der Regierung eines derzeit politisch noch immer stark zersplitterten Landes gewährleisten, entscheidende Bedeutung zu. Die Abhaltung freier und geheimer Parlamentswahlen ist eines der Schlüsselkriterien für die Stabilität des Landes und Grundvoraussetzung für den erfolgreichen Abschluss des Überleitungsprozesses. Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Verbunden mit dem Wegfall der Hauptfluchtursachen und dem Ende der Feindseligkeiten stellen die Wiederherstellung von Frieden und Stabilität sowie der vollständige Abschluss de; Überleitungsprozesses wichtige Merkmale einer grundlegenden, fundamentalen Veränderung der politischen Situation und damit Voraussetzungen für die Anwendung der Allgemeiner Beendigungsklauseln dar. Angesichts der fortdauernden Notwendigkeit des Einsatzes militärischer Gewalt zur Bekämpfung regierungsfeindlicher Aktivitäten in zahlreichen Provinzen des Landes, von denen einige noch immer nicht unter vollständiger Kontrolle der afghanischer Regierung und seiner Sicherheitskräfte sind, kann derzeit nicht von einem Ende militärische Auseinandersetzungen ausgegangen werden. Obwohl diesbezüglich bereits Fortschritte erziel wurden, haben in vielen Landesteilen noch immer weder die afghanischen Polizei noch die afghanischen Streitkräfte die ausschließliche Gebietsgewalt errungen. Eine durchgreifende Wiederherstellung des Gewaltmonopols der afghanischen Regierung kann bei realistischer Betrachtung auch nicht vor dem Jahr 2007 oder 2008 erwartet werden, wenn die volle Stärke der afghanischen Armee und Polizeikräfte erreicht sein soll. Fortschritte sind auch bei der Durchführung des Entwaffnungs-, Demobilisierungs- und Reintegrationsprogramms der afghanischen Regierung16 zu verzeichnen. Das Programm ist jedoch noch nicht abgeschlossen und insbesondere der Umgang mit so genannten inoffiziellen Milizen bereitet nach wie vor erhebliche Probleme. Von einer Wiederherstellung stabiler Verhältnisse kann daher in Afghanistan noch nicht gesprochen werden. Dauerhafter Charakter der Veränderungen. UNHCR weist darauf hin, dass Entwicklungen, die auf wesentliche und tief greifende Veränderungen der politischen Verhältnisse hindeuten, zunächst eine gewisse Phase der Konsolidierung benötigen. Dies gilt insbesondere in Situationen, in denen der politische Wandel durch einen gewaltsamen Sturz des vorherigen Regimes eingeleitet wurde. Vor dem Hintergrund der Schwierigkeiten bei der nachhaltigen Befriedung von Konflikten, in denen verschiedene ethnische und politische Gruppierungen involviert sind, erfordert gerade eine solche Situation eine besonders genaue Beobachtung der Einhaltung von Friedensvereinbarungen sowie der Bei Entscheidungen über den Widerruf der Juni 2005 grundlegenden Menschenrechtssituation. Wie bereits erläutert, stellt in Afghanistan die Abhaltung von Wahlen zum Ober- und Unterhaus einen entscheidenden Aspekt bei der Feststellung einer Beendigungssituation dar, da nur durch eine angemessene parlamentarische Vertretung der verschiedenen landesweit und lokal agierenden politischen Institutionen eine repräsentative Beteiligung unterschiedlicher Strömungen der zersplitterten und ethnisch vielgestaltigen afghanischen Gesellschaft an einem friedlichen politischen Dialog ermöglicht wird. Weitere Voraussetzungen für dauerhafte und stabile Veränderungen der Situation in Afghanistan sind ein spürbarer Rückgang von Menschenrechtsverletzungen durch örtliche Kommandeure und andere bewaffnete Kräfte sowie ein Ende der Diskriminierung ethnischer Minderheiten. Wiederherstellung nationalen Schutzes. Ausschlaggebendes Kriterium für die Feststellung einer grundlegenden und dauerhaften Veränderung im Herkunftsstaat, die die Beendigung der Flüchtlingseigenschaft auf der Grundlage des Art. 1 C (5) GFK zu rechtfertigen vermag, ist die Frage, ob ein Flüchtling im Herkunftsstaat effektiven Schutz in Anspruch nehmen kann. Indizien für die Wiederherstellung nationalen Schutzes sind die prinzipielle Verpflichtung zur Beachtung der Menschenrechte, insbesondere aber die Wiederherstellung funktionsfähiger Regierungs- und grundlegender Verwaltungsstrukturen einschließlich eines effektiven Justizsystems, zu dem der Betroffene diskriminierungsfreien Zugang hat. Mit Blick auf die in Afghanistan herrschenden besonderen sozialen und ethnischen Strukturen ist dabei der Aufbau funktionsfähiger Institutionen auf der Ebene unterhalb der Zentralregierung von besonderer Bedeutung. Nach Feststellung von UNHCR arbeiten lokale Regierungen und Verwaltungsbehörden gegenwärtig noch nicht zuverlässig genug. Insbesondere ist derzeit eine hinreichende Unabhängigkeit lokaler Institutionen von militärisch oder wirtschaftlich dominierenden Kräften noch nicht gewährleistet. Auch ist der Zugang zu Gerichten nur in eingeschränktem Umfang gegeben bzw. gänzlich ausgeschlossen. Nach wie vor können insbesondere einflussreiche Personen weitgehend ohne jede Furcht vor rechtlicher Verfolgung agieren. 3. Humanitäre Gesichtspunkte. Flüchtlingsanerkennung und die Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Aufenthaltsbeendigung afghanischer Flüchtlinge sollte überdies die nach wie vor Besorgnis erregende humanitäre Situation in Afghanistan Berücksichtigung finden. In diesem Zusammenhang Ist insbesondere auf fehlende Beschäftigungsmöglichkeiten, den Mangel an Wohnraum, die schwierige Ernährungslage und gravierende Mängel des Gesundheits- und Bildungswesens sowie der gesamten öffentlichen Verwaltung in Afghanistan Juni 2005 hinzuweisen.17 Nach Angaben des UNEntwicklungshilfeprogramms (UNDP) zählte Afghanistan im Jahre 2004 mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 43 Jahren und einer Kindersterblichkeit (bis zum fünften Lebensjahr) von knapp 26 Prozent zu den am wenigsten entwickelten Staaten der Welt; weniger als 13 Prozent der afghanischen Bevölkerung hatten Zugang zu sauberem Trinkwasser und etwa 70 Prozent der Bevölkerung leidet an Unterernährung.18 UNHCR Deutschland, April 2005 1 Abkommen von 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge. Eine entsprechende Regelung für staatenlose Flüchtlinge findet sich in Art. 1 C (6) 1 GFK. 3 Handbock an Procedures and Criteria for Determining Refugee Status, UNHCR Genf, September 1979 (Re-edited 1992), nicht-amtliche Übersetzung: Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, Neuauflage UNHCR Österreich, Dezember 2003. 4 Guidelines on lntemational Profection: Cessation of Refugee Status under Article 1C(5) and (6) of fhe 1951 Convention relating to the Status of Refugees (the „Ceased Grcumstances“ Clauses), Deutsche Fassung: Richtlinien zum Internationalen Schutz: Beendigung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des Artikels 1 C (5) des Abkommens von 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge („Wegfall der Umstände“ – Klausel), UNHCR, Genf (HCR/GIP/03/03), 10. Februar 2003. 5 ExCom Conclusion No. 69 (XLIII), 43d session (1992). 6 Handbock an Procedures and Criteria for Determin(ng Refugee Status, UNHCR Genf, September 1979 (Re-edited 1992), nicht-amtliche Übersetzung: Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, Neuauflage UNHCR Osterreich, Dezember 2003, Rn.112. 7 Vgl. die Beschlüsse Nr. 29 (XXXIV) (1983), Nr. 50 (XXXIX) (1988), Nr. 58 (XL) (1989), Nr. 79 (XLVII) (1996), Nr. 81 (XLVIII) (1997), Nr. 85 (XLIX) (1998), Nr. 87 (L) (1999), Nr. 98 (L) (2000) und Nr. 90 (LII) (2001) des UNHCRExekutivkomitees. 8 Richtlinien zum Internationalen Schutz Beendigung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des Artikels 1 C (5) des Abkommens von 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge („Wegfall der Umstände“ - Klausel), Ziffern 10ff.. 9 Richtlinien zum Internationalen Schutz: Beendigung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des Artikels 1 C (5) des Abkommens von 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge („Wegfall der Umstände“ - Klausel), UNHCR, Genf (HCRIGIP/03/03),10. Februar 2003, Ziffer 13. 10 Richtlinien zum internationalen Schutz: Beendigung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des Artikels 1 C (5) und (6) des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge („Wegfall der Umstände“ - Klauseln), UNHCR Genf, 10. Februar 2003 (Deutsche Fassung: UNHCR Berlin), Ziffer 14. 11 Richtlinien zum Internationalen Schulz: Beendigung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des Artikels 1 C (5) und (6) des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge („Wegfall der Umstände“ - Klauseln), UNHCR Genf, 10. Februar 2003 (Deutsche Fassung: UNHCR Berlin), Ziffer 15. 12 Richtlinien zum internationalen Schutz Beendigung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des Artikels 1 C (5) und (6) des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge („Wegfall der Umstände“ - Klauseln), UNHCR Genf, 10. Februar 2003 (Deutsche Fassung: UNHCR Berlin), Ziffer 16. 13 Ibid. 14 Vgl. BT-Drs.9/875, S.18. Die genannte Gesetzesbegründung bezieht sich auf den Entwurf des geplanten § 11 AsyIVfG von 1982 dessen Vorbild die Regelung des Art. 1 C GK war, Auf diese Tatsache verweist auch das grundlegende Urteil des BVerwG vom 19.9.2000 (EZAR 214 Nr. 13) sowie der Beschluss des VGH Mannheim vom 16. April 2004, A 6 S 219/04, S. 4: „[kann] ohne weiteres davon ausgegangen werden ..., dass die Anlehnung [des § 73 Abs. 1 AsylVfG) an die Verlustregeln der Genfer Flüchtlingskonvention [trotz zwischenzeitlicher weiterer Gesetzesänderungen] Bestand haben sollte“. 15 Vgl. BVerwGE 2000, 9 C 12.00 vom 9.9.2000 = EZAR 214 Nr. 13, S.3. 16 Demilitarisation, Demobilisation and Reintegration Programme. 17 Vgl. Report of the Secretary-General on the Situation in Afghanistan and its implications for international peace and security: Emergency international assistance for peace, normalcy and reconstruction of war-stricken Afghanistan (18 March 2005), A/59/744 - S/2005/183. 18 UNDP, Human Development Report 2004. 2 Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Juni 2005 Komitee für Grundrechte und Demokratie e. V. Köln Mai 2005 Aufruf Wider der Errichtung von Lagern in der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union – Für einen Umgang mit Asyl Suchenden, Flüchtlingen und MigrantInnen, der unseren menschenrechtlichen Ansprüchen entspricht! In der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union erlauben Gesetze und auf ihnen gründende Institutionen und Maßnahmen, mit Asyl Suchenden, Flüchtlingen und MigrantInnen ihrer und unserer unwürdig umzugehen: • Von der Bevölkerung getrennt, werden sie in krank machende Behausungen gepfercht und in lagerähnliche Masseneinrichtungen gezwungen. Diese werden euphemistisch „Gemeinschaftsunterkünfte“ genannt. • In „Ausreiseeinrichtungen“, so verharmlosend dem neuen Zuwanderungsgesetz nach benannt, als handele es sich um Tourismusunternehmen, werden sie mit Hilfe zermürbender Verfahren – wie Verhöre, Kontrollen und Durchsuchungen persönlicher Sachen und Räume und andere an Folter grenzende Methoden – unter massiven Druck gesetzt, um „freiwillig“ auszureisen. • Abschiebeknäste berauben sie ihrer Freiheit allein zu dem Zweck, sie bei erstmöglicher Gelegenheit ins ungewisse Schicksal abschieben zu können. Diese Einrichtungen und Handhabungen der Flüchtlingsverwaltung kennzeichnen Lager. Das sind Orte, an denen Menschen wie nackt und bloß behandelt werden. Es sind Orte struktureller und aktueller Gewalt. • Freiheit und Selbstbestimmung werden systematisch eingeschränkt. Freiheit beginnt mit der Chance, sich bewegen zu können, selbst zu entscheiden, wie man sich ernährt, mit anderen Menschen, die man schätzt, verkehren zu können. All diese Freiheiten, die den Grund des Menschen bilden, werden im Lager und durch ergänzende gesetzliche Bestimmungen wie die „Residenzpflicht“ versagt. • Die eigene Wohnung ist das soziale Kleid des Menschen. Darum ist Art. 13 GG so wesentlich. Ihm entsprechen die ältesten menschenrechtlichen Ausdrücke. Im Lager ist der eigene Raum unmäßig eng. Die Privat- oder Intimsphäre, im März 2004 vom Bundesverfassungsgericht als absolute Norm bestätigt, wird beseitigt. Die sanitären Anlagen in einem überfüllten Raum müssen mit anderen Menschen benutzt werden. Das Grau in Grau der schäbigen Wohnbedingungen bedrückt, traumatisiert. • In Lagern leben heißt, sich an einem dichten, starren Regelnetz andauernd zu stoßen, zu verletzen. Dauernde Kontrollen inmitten der Sorge um die nahe, aber gänzlich dunkle Zukunft reiben die Menschen physisch und psychisch auf. • In Lagern leben heißt vegetieren. Von der Außenwelt abgeschnitten, als handele es sich um eine gefährliche Rasse, werden die im Lager internierten Menschen mit fremden Anderen auf engstem Raum zwangsweise vergemeinschaftet. Zynisch werden Konflikte, die daraus erwachsen, zum Anlass genommen, Restriktionen und Kontrollen zu verschärfen. Es gibt unterschiedliche Lager. Aber es gibt keine akzeptablen Lager. Denn sie zielen darauf, Menschen sozial zu desintegrieren und ihnen jegliche Perspektive zu nehmen. Mit den Lagern wird nach außen offen signalisiert, dass es sich bei den Eingezäunten und nur notdürftig Behausten um Menschen handelt, die nicht erwünscht sind und die keiner menschenwürdigen Unterbringung und Behandlung bedürfen. Wer Menschen in Lager presst, verlagert die Menschenrechte. Darum verstößt die Einrichtung von MenschenLagern, deren zwangsweise Insassen als Lager Menschen zu Menschen dritter Klasse gemacht werden, gegen alle Grund - und Menschenrechte. Lager sind grundsätzlich verfassungswidrig. Kein aktuell irgendwo in der Bundesrepublik Deutschland oder in Europa gegebener Notstand kann Lager auch nur vorübergehend, geschweige denn ihre neue Einrichtung rechtfertigen. In Lagern werden Menschen wie Objekte behandelt. Lager verstoßen systematisch gegen den kategorischen Imperativ Kants, der allen Grundund Menschenrechten, allem humanen Umgang von Menschen mit Menschen zugrunde liegt: die andere und den anderen nie primär als Objekt zu behandeln und als Instrument zu missbrauchen. Wir, Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Deutschland, schämen uns, einem Land zuzugehören, das die wichtigste Botschaft seiner schlimmen nationalsozialistischen Vergangenheit vergessen hat. Darüber können all die aktuellen Feierinszenierungen nicht hinwegtäuschen. Sich verantwortlich deutscher Vergangenheit zu erinnern heißt, • gegenwärtige Folgen zu ziehen; • Grund- und Menschenrechte nicht nur im Munde zu führen, sondern ihren Normen praktisch zu entsprechen, selbst und gerade dann, wenn es zuweilen schwer fallen sollte; • in dieser Bundesrepublik Deutschland, der Rechtsnachfolgerin nicht nur des Nationalsozialistischen Deutschlands, nicht zu dulden, dass Menschen erneut in Lager gepfercht und als Menschen degradiert werden. Darum rufen wir uns und alle ähnlich denkenden Bürgerinnen und Bürger auf, sich bei jeder sich bietenden Gelegenheit gegen die bestehenden und die Einrichtung neuer Lager auszusprechen, den politischen Kampf in den Lagern zu unterstützen und Kontakte zu den staatlich ausgesonderten Menschen aufzunehmen. Gegenwärtig werden mit bundesdeutscher Hilfe Lager auch außerhalb der EU geplant und betrieben, um Menschen in einem Juni 2005 Meer von Armut von den europäischen Wohlstandsinseln fernzuhalten. Dies ist ein in Lagern sich ausdrückender repressiver Rassismus, auch wenn er nur „ökonomisch“ und zum Zwecke der eigenen Wohlstandssicherung ausgeübt wird. Darum wollen wir, und so hoffen wir mit der Unterstützung vieler, die Unterbringung und Internierung von Menschen in Lager immer erneut skandalisieren und öffentlich zu Widerspruch und gewaltfreiem Widerstand aufrufen. Wir wollen sie auch, wenigstens exemplarisch und gewaltfrei, aber unfürsorglich unsererseits belagern. Nur wenn wir Bürgerinnen und Bürger zukunftgerichtet, der Vergangenheit eingedenk, mehr für die Grund- und Menschenrechte tun, gegen Lager aller Art an erster Stelle, können wir die Welt, in der wir leben, demokratisierend ein Stückweit mitbestimmen. Nur dann können wir auch die Repräsentanten etablierter Politik vielstimmig dazu bringen, eine Politik der Verlagerung von Demokratie und Menschenrechten zu beenden und alle Lagereinrichtungen aufzulösen. Denn diese Politik beruht auf Vorurteilen und sie erneuert beständig Gewalt hervorrufende Vorurteile. Ich unterstütze und verbreite / wir unterstützen und verbreiten den Aufruf: Ich / wir möchten über Aktionsvorbereitungen und Protesttage informiert werden. Name, Vorname Anschrift: Straße, PLZ, Ort, eMail Unterschrift Unterschriftenlisten bitte bis zum 1. September 2005 einsenden an: Komitee für Grundrechte und Demokratie, Aquinostr. 7 -11, 50670 Köln Auch um finanzielle Unterstützung wird gebeten Spendenkonto: Volksbank Odenwald, 64734 Beerfelden, Konto-Nr.: 8 024 618, BLZ 508 635 13 Dieser Aufruf ist Teil einer vom Komitee zusammen mit anderen Organisationen getragenen Initiative gegen die Errichtung von Lagern. Zum Widerstand gegen Lager siehe: http://idash.org/~nolager/index.html Wir wollen am 24. September diesen Jahres dazu einen Aktionstag gestalten, über den wir noch weiter informieren werden. Ein Appell gegen die Einrichtung exterritorialer Lager der EU in Nordafrika befindet sich auf der homepage des Komitees unter: www.grundrechtekomitee.de/ub_showarticle.php?articleID=151 Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz V.i.S.d.P.: Thomas Hohlfeld / Dirk Vogelskamp, Köln Juni 2005 Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Juni 2005 Arbeitskreis Asyl Rheinland-Pfalz 29 Juni 2005 An Herrn Minister Karl Peter Bruch Ministerium des Innern und für Sport Drohende Abschiebung des türkischen Staatsbürgers Taylan Sarigül Sehr geehrter Herr Minister Bruch, Wir wenden uns an Sie in der Sorge der unmittelbar bevorstehenden Abschiebung des türkischen Staatsbürgers Taylan Sarigül aus der Abschiebehaftanstalt Ingelheim. Nach den uns vorliegenden Informationen müssen wir davon ausgehen, dass Herrn Sarigül nach seiner Rückkehr in die Türkei Misshandlung und Folter sowie langjährige Inhaftierung droht. Taylan Sarigül wurde am 16. Juni 2005 vom OLG Koblenz wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung (§129 StGB) zu einer Freiheitsstrafe vom 2 Jahren verurteilt wegen seiner Aktivitäten für die PKK und die damit verbundenen Straftaten. Als Angehöriger des „Funktionärskörpers der PKK“ habe er zwischen September 2003 und Juni 2004 die PKK-Gebiete Darmstadt und Mannheim geleitet. Es wurde ihm auch vorgeworfen, für das „Heimatbüro Europa“ verantwortlich gewesen zu sein, was im Verfahren aber von der Bundesanwaltschaft nicht bewiesen werden konnte. Die Verurteilung wird von uns nicht in Frage gestellt. Die Bundesanwaltschaft betrieb nach der Verurteilung über die zuständige Ausländerbehörde in BadenWürttemberg die Abschiebung, hier ist in Amtshilfe die Kreisverwaltung Alzey-Worms tätig. Nach der Verurteilung wurde Taylan Sarigül von der JVA Koblenz nach Ingelheim verbracht. Am 23. 6. wurde er zur Ausstellung der Rückreisedokumente zum Generalkonsulat der Türkei in Mainz verbracht. Derzeit läuft ein Asylfolgeverfahren. Daneben ist vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe ein Eilverfahren anhängig, dass das Regierungspräsidium Karlsruhe als Ausländerbehörde den Rechtsanwalt von Herrn Sarigül einen Arbeitstag vor einer geplanten Abschiebung benachrichtigen soll. Es steht zu befürchten, dass dieser Antrag abgelehnt wird, damit der Anwalt keinen Rechtsschutz gegen die Abschiebung einlegen kann. Nach unseren Informationen steht eine mögliche Abschiebung unmittelbar bevor. Herr Sarigül ist der konkreten Gefahr ausgesetzt, als PKK-Funktionär und wegen seiner Verurteilung in Deutschland in der Türkei menschenrechtswidrig behandelt zu werden. Amnesty International und UNHCR sind eingeschaltet worden und prüfen derzeit, welche Schritte möglich sind, um die Abschiebung zu verhindern. Wir sind der Auffassung, dass es keinen Grund gibt, die Abschiebung unmittelbar zu vollziehen. Es wäre angemessen, wenn Taylan Sarigül die gegen ihn verhängte Strafe hier in Deutschland verbüßen müsste. Es ist uns bewusst, dass das Regierungspräsidium Karlsruhe die Abschiebung betreibt. Wir sind aber der Auffassung, dass auch das Land Rheinland-Pfalz dafür Sorge tragen muss, dass Herr Sarigül nicht in Gefahren für Leib und Leben ausgeliefert wird. Wir bitten Sie, das Ihnen mögliche zu tun, damit die Abschiebung nicht vollzogen wird. Mit freundlichen Grüßen S. Pick für den Arbeitskreis Asyl Rheinland-Pfalz Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Juni 2005 Demonstration in Ingelheim Abschiebehaft abschaffen - In Ingelheim und überall Am Samstag, 16.7.2005 ab 13.00Uhr Treffpunkt: Bahnhof Ingelheim -Auftakt am Bahnhof -Zwischenkundgebung an der Kreisverwaltung -Kundgebung vor´m Knast Aufruf zur Demo: Der Abschiebeknast in Ingelheim Wo sich ehemals eine Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende befand, existiert seit dem 17.04.01 ein Hochsicherheitsknast für bis zu 150 Abschiebehäftlinge. Der alleinige Zweck ist es, die Abschiebung durchzusetzen, denn die Behörden gehen davon aus, dass sich diese Menschen sich dieser entziehen würden. Bis zu achtzehn Monate können sie aus diesem Grund inhaftiert werden, und nicht etwa, weil sie eine Straftat begangen haben. Seit April 2005 sind in Ingelheim auch Frauen inhaftiert, die bislang in der "Gewahrsamseinrichtung für Ausreisepflichtige" in Zweibrücken-Birkhausen untergebracht waren, die zum 30.06.05 geschlossen wird. Auch schwangere Frauen und solche, die kurz vor einer Heirat standen und so einen legalen Aufenthaltsstatus erhalten hätten, sowie akut suizidgefährdete Frauen, wurden nach Ingelheim verlegt, um abgeschoben zu werden, bevor sich ihr Rechtsstatus verbessert. Die Haftbedingungen in Ingelheim sind durch den Hochsicherheitsknast massiv geprägt: Die Häftlinge sind 23 Stunden am Tag in den verschlossenen Zellen isoliert. Ein einstündiger Hofgang findet in zwei kleinen, hoch umzäunten Käfigen statt, die zusätzlich von Wachleuten mit scharfen Hunden im Auge behalten werden. Fünf Meter hohe Betonmauern mit dreifachem Nato-Stacheldraht, zusätzlich gesicherte Metallzäune, Kameraüberwachung, Einschluss allein in Angst und Unsicherheit: das ist eine Realität für die Menschen, die krank macht. Die hohen Mauern suggerieren auf der anderen Seite der Bevölkerung dort säßen "Schwerkriminelle" ein. Abschiebehaft ist Zermürbetaktik! Sie ist nicht nur unmenschlich, sondern verstößt häufig auch gegen geltendes Recht. In 200 Fällen, in denen ein Rechtsbeistand eingeschaltet wurde, wurden 90 der Einsitzenden entlassen. Während des häufig monatelangen Abschiebegewahrsams bleiben die Eingesperrten oft im Unklaren über den Stand ihres Verfahrens. Die Angst vor der Abschiebung und die unerträgliche Situation in einem Hochsicherheitsknast führen zu Suizidversuchen und Selbstverstümmlungen. In der Abschiebehaft, mit der Flüchtlinge in der BRD konfrontiert werden, finden aft,einen sehr deutlichen und menschenrechtswidrigen Ausdruck des repressiven Systems der BRD. Etwa 50.000 Menschen werden jährlich von deutschen Behörden abgeschoben. Am 16. Juli wollen wir daher in Ingelheim gegen Abschiebehaft und Abschiebeknäste demonstrieren. Abschiebeknäste und Ausreisezentren abschaffen Residenzpflicht und rassistische Sondergesetze abschaffen Bleiberecht durchsetzen – jetzt! Die andere Seite : "Humankapital" als wichtiger Rohstoff Während Abschiebehaft und Illegalisierung von Unerwünschten die eine Seite bilden, wurden mit dem "Zuwanderungsgesetz" Zugänge für die Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Nützlichen, den nach kapitalistischen Gesichtspunkten Verwertbaren geschaffen. Zur Erhaltung der Konkurrenzfähigkeit im kontrollieren und zu steuern, so dass nur Menschen, die ökonomischen Kriterien im Sinne der Standortlogik entsprechen, der Zugang nach Europa ermöglicht wird. Die Festung Europa Nicht willkommen im grenzenlosen Europa sind diejenigen, die vor Verfolgung, Krieg oder Perspektivlosigkeit in der Hoffnung auf ein besseres Lebens geflohen sind. Ihrer Existenzgrundlage oft durch den kapitalistischen Weltmarkt beraubt, von dem die reichen Industrieländer wie die BRD profitieren. Juni 2005 internationalen Wettbewerb wird versucht, Flucht und Migration zu kontrollieren und zu steuern, so dass nur Men Durch die immer besser abgeschotteten Grenzen kommen nur noch Menschen mit ausreichend Geld auf gefährlichen Fluchtwegen nach Europa. Auf diesen verlieren in den Wüsten Afrikas, dem Mittelmeer oder an den als Bollwerk genutzten Ostgrenzen Europas jährlich Hunderte von Flüchtlingen das Leben. Gelingt es ihnen, die BRD zu erreichen, sehen sie sich mit einem repressiven System konfrontiert, das durch soziale Ausgrenzung, eine Vielzahl von rassistischen Sondergesetzen, Lagern und Knäste geprägt ist. Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Platz für Notizen Juni 2005 Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Juni 2005 Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Juni 2005 Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Juni 2005 Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Juni 2005 Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Juni 2005 Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Juni 2005 Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Juni 2005 Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Juni 2005 Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Juni 2005 Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Juni 2005 Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Juni 2005 Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Juni 2005 Infodienst Asyl in Rheinland-Pfalz Juni 2005