M e d i e n m i t t e i l u n g - Bern, 11. Mai 2006 Schlafapnoe – ein weitgehend unbekannter Risikofaktor für Hirnschlag Bewusster Lebensstil gegen nächtliche Atemaussetzer Der Hirnschlag wird in der Bevölkerung nach wie vor als ein fatales, schicksalhaftes Ereignis angesehen. Das Wissen und das Bewusstsein der Bevölkerung für bestimmte Risikofaktoren, die einen Hirnschlag auslösen können, ist noch ungenügend. Der wichtigste Faktor, der erhöhte Blutdruck, scheint relativ gut bekannt zu sein. Für die keineswegs harmlosen nächtlichen Atemaussetzer bei Schnarchern trifft dies nicht zu. In der Schweiz leiden rund 20 bis 25 Prozent der Menschen im AHV-Alter an einer Schlafapnoe, das heisst an wiederholten, mehr als zehn Sekunden dauernden Atemstillständen beim Schlafen. Männer sind häufiger betroffen als Frauen. Als belastende Faktoren gelten in erster Linie das Alter, das Übergewicht sowie ungünstige körperliche Gegebenheiten im Bereich der oberen Atemwege (insbesondere Mund und Rachen). Das Rauchen wird ebenfalls als ein Risiko angesehen, weil es langfristig die Rachenmuskulatur erschlaffen lässt und somit die Entstehung einer Schlafapnoe fördert. Bis zu 15 Atemstillstände pro Stunde Schlaf gelten als leichte, zwischen 15 und 30 Stillstände als mittelschwere und über 30 als schwere Schlafapnoe. Belastung für den Kreislauf Ein solcher «Aussetzer» dauert nur einige Sekunden, manchmal aber auch fast eine Minute. «Auf Dauer belastet dies Gefässe und Herz», sagt Dr. Andrea Rossetti, Oberarzt an der Neurologischen Klinik am CHUV in Lausanne. «Der Sauerstoffgehalt im Blut geht zurück, während das Kohlenmonoxid sich erhöht. Im Gehirn wird dadurch eine eigentliche Aufwachreaktion ausgelöst: Der Herzrhythmus beschleunigt sich, der Blutdruck steigt. Damit ist Schlafapnoe ein wichtiger Risikofaktor insbesondere für Herzinfarkt und Hirnschlag». Gemäss Schätzungen kann Schlafapnoe das Schlaganfall- und Sterberisiko beinahe verdoppeln. Die Betroffenen selber merken oft kaum etwas von ihrer Erkrankung. Anzeichen während des Tages können grosse Müdigkeit (mit stark eingeschränkter Fahrtauglichkeit wegen der Gefahr des Einschlafens am Steuer), weiter Konzentrationsschwäche, Kopfschmerzen und in der Nacht ein ausgetrockneter Mund und häufiger Harndrang sein. Oft sind es die Partner/innen, welche die Betroffenen auf ihr lautes Schnarchen und die Atemstillstände aufmerksam machen. Behandlung mit Maske, Tennisball... Wer grundsätzlich an seinem Schlaf als Ruhephase zweifelt, sollte den Gang zum Arzt nicht scheuen, empfiehlt Dr. Andrea Rossetti. Eine ausführliche Diagnose könne allerdings nur in spezialisierten Schlafzentren gestellt werden. Die medizinische Behandlung der Schlafapnoe erfolgt heute hauptsächlich mittels spezieller Masken, die einen regelmässigen Atemfluss unterstützen. «Mit Hilfe dieser so genannten CPAP-Therapie (Continuous Positive Airway Pressure) sind auch mittelschwere bis schwere Fälle von Schlafapnoe rasch korrigierbar», sagt Dr. Andrea Rossetti, «allerdings haben einige Betroffene Mühe damit, diese Geräte jede Nacht aufzusetzen.» Chirurgische Eingriffe, wie sie früher häufig erfolgten, werden heute nur noch selten vorgenommen, beispielsweise wenn bestimmte anatomische Probleme im Bereich der Atemwege vorliegen. Bei leichteren Fällen kann ein im Pyjama eingenähter Tennisball die Betroffenen von einer ungünstigen Rückenlage abhalten. Gute Erfolge durch das Training der Atemwege sind auch mit der jüngst am Universitätsspital Zürich untersuchten Therapie mit dem australischen Blasinstrument Didgeridoo erzielt worden. Dieses Instrument stärkt die Muskulatur der Atemwege und kann so der (leichten bis mittelschweren) Schlafapnoe entgegen wirken. ...und Lebensstilanpassungen Nicht zu unterschätzen sind die günstigen Auswirkungen bestimmter Lebensstiländerungen: Weil namentlich Übergewicht die Schlafapnoe fördert, sollten überflüssige Pfunde möglichst abgebaut werden. Am besten kann dies laut 2 den Empfehlungen der Schweizerischen Herzstiftung mit einer Ernährungsumstellung erfolgen (Vollwertkost, fettarm essen, Süsses und Alkohol nur in geringen Mengen geniessen). Zu den weiteren Massnahmen gehören: mit dem Rauchen aufhören und regelmässig Sport treiben. Körperliche Aktivität lohnt sich gleich mehrfach: Sie unterstützt das Abnehmen sowie die physische und psychische Leistungsfähigkeit und fördert abends das entspannte Einschlafen. In vielen Fällen führt das Zusammenspiel einer mechanischen Behandlung und Änderungen des Lebensstils zu einer Blutdrucksenkung. «Ziel jeder Behandlungsmassnahme ist es, Sicherheit und Wohlbefinden der Betroffenen zu fördern und gleichzeitig das Herzinfarkt- und Hirnschlagrisiko deutlich zu reduzieren», sagt Dr. Andrea Rossetti. «International Stroke Awareness Day» In der Schweiz erleiden schätzungsweise 12’500 Menschen jährlich einen Hirnschlag. Die Folgen davon sind meist einschneidend und langwierig. Um die Bevölkerung zur Prävention zu motivieren und für Hirnschlagsymptome zu sensibilisieren, wurde am 25. Mai vor einem Jahr - an der 14. European Stroke Conference in Bologna - der Internationale Tag des Hirnschlags ins Leben gerufen. Die Initiative ging von der International Stroke Society (ISS) aus. Der Tag fällt jeweils mit dem Beginn der European Stroke Conference zusammen, die dieses Jahr am 16. Mai anfängt. Fakten zum Hirnschlag Der Hirnschlag ist die dritthäufigste Todesursache der Schweizer Bevölkerung. Ein Drittel der Betroffenen sind nach dem Hirnschlag behindert und ständig auf fremde Hilfe angewiesen. Die Hälfte davon müssen in einem Pflegeheim untergebracht werden. In der Schweiz erreichen bei einem Hirnschlag nur 7 Prozent der Opfer rechtzeitig (innerhalb von 3 Stunden nach Symptombeginn) das Spital. Jeder zweite Hirnschlag liesse sich verhindern, wenn die Betroffenen die Risikofaktoren ausschalten und wenn nötig behandeln würden. 3 Weiterführende Informationen zu Vorbeugungsmassnahmen und zu den Symptomen und Warnsignalen sowie den Massnahmen nach einem Hirnschlag finden Sie in den beiden kostenlosen Broschüren der Schweizerischen Herzstiftung: Hirnschlag: Risiken kennen – Chancen wahrnehmen und Leben nach dem Hirnschlag. Bestelladresse: Schweizerische Herzstiftung Schwarztorstrasse 18 Postfach 368 3000 Bern 14. Bestelltelefon 0900 553 144 (Fr. 1.50 pro Minute) Telefax 031 388 80 88 E-Mail [email protected] www.swissheart.ch Informationen zum Hirnschlag im Internet unter: http://www.swissheart.ch/d/hirnschlag/hirnschlag/default.htm 4 Quellen: Klar Yaggi et al.: Obstructive Sleep Apnea as a Risk Factor for Stroke and Death. In: NEJM 2005; 353: 2034-2041. Douglas Bradley et al.: Continuous Positive Airway Pressure for Central Sleep Apnea and Heart Failure. In: NEJM 2005; 353: 2025-2033. Atemtherapie stärkt bei Schlafapnoe auch das Herz, in: Ärzte Zeitung, 24.1.2006. Herzinsuffizienz geht oft mit einer Schlafapnoe einher, in: Ärzte Zeitung, 16.3.2006. Hinweis für Medienschaffende: Dieser Text ist unter www.swissheart.ch/medien abrufbar und kann auch per E-Mail übermittelt werden. Kontakt- und Auskunftspersonen: Dr. med. Andrea Rossetti Oberarzt Service de Neurologie CHUV 1011 Lausanne Telefon 021 314 12 20 [email protected] Caroline Hobi, Projektleiterin Schweizerische Herzstiftung Schwarztorstrasse 18 Postfach 368 3000 Bern 14 Telefon 031 388 80 96, Fax 031 388 80 88 [email protected] www.swissheart.ch Die Schweizerische Herzstiftung – aktiv gegen Herzkrankheiten und Hirnschlag Wir setzen uns dafür ein, dass weniger Menschen an Herz-Kreislauf-Leiden erkranken oder dadurch behindert bleiben, Menschen nicht vorzeitig an Herzinfarkt oder Hirnschlag sterben und für Betroffene das Leben lebenswert bleibt. Zu diesem Zweck fördern wir Forschungsprojekte, leisten eine umfassende Aufklärungsarbeit zur besseren Prävention dieser Krankheiten und stehen Betroffenen beratend zur Seite. Die Schweizerische Herzstiftung ist eine unabhängige, von der Stiftung ZEWO anerkannte Organisation. 5