1.Übungsblatt zur Algebra Anne Henke, Sam Thelin, SS 2017 1. (Zum Selbststudium.) Im folgenden haben alle Matrizen Einträge in den reellen Zahlen. Welche der folgenden Mengen sind Gruppen, welche davon sind abelsch: (a) die Menge N0 mit der Verknüpfung m ∗ n = max{m, n}? Lösung: Nein, dies ist keine Gruppe. Für ein neutrales Element e muss gelten, dass 0 = e ∗ 0 = max{e, 0} = e, und deswegen ist e = 0 der einzige Kandidat für ein neutrales Element. Dann gilt aber, für jede n > 0 und m ∈ N0 , dass m ∗ n = max{m, n} ≥ n > 0 = e, und deswegen hat n kein inverses Element. (b) die Menge Z mit der Verknüpfung m ∗ n = m + n + 1? Lösung: Ja, dies ist eine abelsche Gruppe. Der Verknüpfung ∗ ist eine wohldefinierte Funktion ∗ : Z × Z → Z. Zum Beispiel ist m ∗ n = m + n + 1 = n ∗ m + 1 = n ∗ m, für alle m, n ∈ N, da Addition in N kommutativ ist. Genauso ist ist nachzurechnen, dass ∗ assoziativ ist, das neutrale Element e = −1 ist, und für jedes n ∈ Z gilt n−1 = n − 2. (c) die Menge M aller 2 × 2-Matrizen der Form a b b c mit ac 6= b2 mit Matrixmultip- likation? Lösung: Nein, dies ist keine Gruppe. Zum Beispiel ist 0 1 −1 0 0 1 ∈ / M, = −1 0 0 1 1 0 also ist Matrixmultiplikation keine Funktion von M × M → M . (d) die Menge B2 (R) aller 2 × 2-Matrizen der Form a b 0 c mit ac 6= 0 mit Matrixmulti- plikation? Lösung: Ja, dies ist eine Gruppe. Weil 0 0 0 a b a b aa ab0 + bc0 = 0 c 0 c0 0 cc0 und aa0 cc0 = (ac)(a0 c0 ) 6= 0 ist, ist Matrixmultiplikation eine wohldefinierte Funktion von B2 (R) × B2 (R) → B2 (R). Außerdem ist Matrixmultiplikation assoziativ. Das neutrale −1 −1 1 0 a b a −a−1 bc−1 Element ist , und es gilt = . Weil z.B. 0 1 0 c 0 c−1 1 1 1 0 1 −1 1 1 1 0 1 1 = 6= = 0 1 0 −1 0 −1 0 −1 0 −1 0 1 gilt, ist B2 (R) keine abelsche Gruppe. (e) die Menge {1, 3, 5} mit Multiplikation modulo 14? Lösung: Nein, dies ist keine Gruppe. Es gilt 3 · 3 = 9 ∈ / {1, 3, 5} modulo 14, und deswegen ist Multiplikation modulo 14 keine Funktion von {1, 3, 5}×{1, 3, 5} → {1, 3, 5}. (f) die Menge {1, 7, 13} mit Multiplikation modulo 14? Lösung: Nein, dies ist keine Gruppe. Das neutrale Element müsste 1 sein; aber 1 · 7 ≡ 7 6≡ 1 mod 14, 7 · 7 ≡ 49 6≡ 1 mod 14, 7 · 13 ≡ 7 · (−1) ≡ −7 6≡ 1 mod 14, also hat das Element 7 kein inverses Element. 2. (Zum Selbststudium.) Sei n eine natürliche Zahl. Eine Matrix A ∈ Mn (R) heisst orthogonal falls AAT = In = AT A. Sei A orthogonal. Zeigen Sie, dass det A = ±1. Ist jede Matrix A ∈ Mn (R) mit det A = ±1 orthogonal? Sei On (R) die Menge aller orthogonalen Matrizen in Mn (R). Zeigen Sie On (R) ist eine Gruppe. Lösung: Sei A eine orthogonale Matrix. Dann gilt (weil det A = det AT ist) 1 = det In = det AAT = det A det AT = (det A)2 , 1 1 = 1 aber und deswegen ist det A = ±1. Allerdings haben wir det 0 1 2 1 1 0 1 1 6= I2 , = 1 1 1 1 0 1 und deswegen ist nicht jede Matrix A ∈ Mn (R) mit det A = ±1 orthogonal. Seien jetzt A, B ∈ On (R). Dann gilt (AB)(AB)T = ABB T AT = AIn AT = AAT = In , und ähnlich zeigt man, dass (AB)T (AB) = In ist. Daher ist Matrixmultiplikation eine Funktion On (R) × On (R) → On (R), und sie ist auch assoziativ. Das neutrale Element ist In (liegt offensichtlich in On (R)) und A−1 = AT ∈ On (R), weil AT (AT )T = AT A = In = AAT = (AT )T AT . Also ist On (R) eine Gruppe. 3. (Zum Selbststudium.) Seien G1 und G2 Gruppen. Auf dem kartesischen Produkt G := G1 × G2 definieren wir eine Verknüpfung ∗ durch (g1 , g2 ) ∗ (h1 , h2 ) := (g1 h1 , g2 h2 ) mit gi , hi ∈ Gi für i = 1, 2. (Hierbei wird natürlich jeweils das Produkt gi hi mit der Verknüpfung in Gi gebildet.) Zeigen Sie, dass G mit dieser Verknüpfung eine Gruppe ist. Zeigen Sie, dass G genau dann abelsch ist, wenn alle Gi abelsch sind. Wieviele Elemente hat die Gruppe G? Lösung: Nach Definition ist die Verknüpfung ∗ eine Funktion von G × G → G. Seien gi , hi , ki ∈ Gi für i = 1, 2. Dann gilt ((g1 , g2 ) ∗ (h1 , h2 )) ∗ (k1 , k2 ) = (g1 h1 , g2 h2 ) ∗ (k1 , k2 ) (1) = ((g1 h1 )k1 , (g2 h2 )k2 ) (2) = (g1 (h1 k1 ), g2 (h2 k2 )) (3) = (g1 , g2 ) ∗ (h1 k1 , h2 k2 ) (4) = (g1 , g2 ) ∗ ((h1 , h2 ) ∗ (k1 , k2 )), (5) wobei Gleichung (3) aus der Assoziativität von G1 und G2 folgt. Daher ist ∗ assoziativ. Sei ei das neutrale Element von Gi . Es ist einfach zu sehen, dass e := (e1 , e2 ) das neutrale Element von G ist und, dass (g1 , g2 )−1 = (g1−1 , g2−1 ) gilt. Deshalb ist G eine Gruppe. Es gilt weiter, dass G ist abelsch ⇐⇒ (g1 , g2 ) ∗ (h1 , h2 ) = (h1 , h2 ) ∗ (g1 , g2 ) für alle g1 , h1 ∈ G1 und alle g2 , h2 ∈ G2 ⇐⇒ (g1 h1 , g2 h2 ) = (h1 g1 , h2 g2 ) für alle g1 , h1 ∈ G1 und alle g2 , h2 ∈ G2 ⇐⇒ g1 h1 = h1 g1 für alle g1 , h1 ∈ G1 und g2 h2 = h2 g2 für alle g2 , h2 ∈ G2 ⇐⇒ G1 abelsch und G2 abelsch sind. Schliesslich gilt |G| = |G1 × G2 | = |G1 | · |G2 |. 4. (Schriftlich.) Sei G eine multiplikative Gruppe. (a) Seien a, x, y ∈ G. Beweisen Sie mit Hilfe der Gruppenaxiome: i. (xy)−1 = y −1 x−1 ; ii. Falls ax = ay ist, dann gilt x = y; Gilt xa = ay impliziert x = y? Begründen Sie Ihre Antwort. (b) i. Es gelte g 2 = 1 für alle g ∈ G. Zeigen Sie, dass G abelsch ist. ii. Sei |G| gerade. Zeigen Sie, dass es ein Element 1 6= g ∈ G gibt mit g 2 = 1. 5. (Zum Selbststudium.) Sei x ∈ G und n, m ∈ Z. Wir definieren: n > 0; xxx | {z· · · x} n mal e n = 0; xn = −1 −1 −1 x {z· · · x } n < 0. x | −n mal Beweisen Sie mit Hilfe der Gruppenaxiome: (a) (xn )−1 = x−n ; Lösung: Nach Definition ist klar, dass xn x = xn+1 und x−1 x−n = x−(n+1) für alle n ≥ 0, und auch, dass x−n = (x−1 )n für alle n ≥ 0. Wir zeigen zuerst die Aussage für n ≥ 0 mithilfe Vollständiger Induktion. Für n = 0 gilt (x0 )−1 = e−1 = e = x−0 . Sei nun n ≥ 0 und (xn )−1 = x−n . Dann gilt (xn+1 )−1 = (xn x)−1 = x−1 (xn )−1 = x−1 x−n = x−(n+1) . Deswegen gilt (xn )−1 = x−n für alle n ≥ 0. Sei jetzt n < 0. Dann gilt (xn )−1 = ((x−1 )−n )−1 = (x−1 )−(−n) = (x−1 )n = ((x−1 )−1 )−n = x−n . (b) xm xn = xm+n ; Lösung: Wir zeigen zuerst dass xm xn = xm+n für alle m und alle n ≥ 0. Sei n = 0. Dann gilt xm x0 = xm e = xm = xm+0 . Weiter folgt aus der Definition, dass xm x = xm+1 ist. Jetzt benutzen wir vollständigen Induktion. Angenommen n ≥ 1 und xm xn = xm+n für alle m. Dann gilt xm xn+1 = xm (xn x) = (xm xn )x = xm+n x = xm+n+1 . Also gilt xm xn = xm+n für alle m und alle n ≥ 0. Seien schliesslich m beliebig und n < 0. Dann gilt xm xn = (x−1 )−m (x−1 )−n = (x−1 )−(m+n) = xm+n . (c) (xm )n = xmn . Lösung: Wir zeigen zuerst dass (xm )n = xmn für alle m und alle n ≥ 0. Sei n = 0. Dann gilt (xm )0 = e = x0 = xm·0 . Jetzt benutzen wir Vollständigen Induktion. Angenommen n ≥ 0 und (xm )n = xmn für alle m. Dann gilt (xm )n+1 = (xm )n xm = xmn xm = xmn+m = xm(n+1) . Also gilt (xm )n = xmn für alle m und alle n ≥ 0. Sei schliesslich m beliebig und n < 0. Dann gilt (xm )n = ((xm )−1 )−n = (x−m )−n = x(−m)(−n) = xmn . 6. (Zum Selbststudium.) Sei Q8 eine Menge mit acht Elementen, die mit ±e, ±i, ±j und ±k bezeichnet werden. Man kann auf Q8 eine Verknüpfung definieren (dies müssen Sie nicht zeigen), so dass Q8 eine Gruppe ist (genannt Quaternionengruppe) und folgende Regeln gelten: • e ist das Einselement; • es gelte i2 = j 2 = k 2 = i · j · k = −e; • es gelten die üblichen Vorzeichenregeln, also z.B. −(−i) = i oder j · (−i) = −j · i. Bestimmen Sie zu jedem Element das zugehörige Inverse. Was ist i · j, was ist (i · j)−1 ? Bestimmen Sie, unter Benutzung obiger Regeln, die Multiplikationstabelle von Q8 . Lösung: Es gilt e2 = (−e)2 = e, und deswegen ist e−1 = e und (−e)−1 = −e. Weiter ist i2 = j 2 = k 2 = −e, und deshalb gilt i · (−i) = j · (−j) = k · (−k) = −(−e) = e. Es folgt, dass i−1 = −i, (−i)−1 = i, j −1 = −j, (−j)−1 = j, k −1 = (−k) und (−k)−1 = k. Außerdem ist i · j · k = k 2 ⇒ i · j · k · k −1 = k 2 · k −1 ⇒ i · j = k, und daraus folgt, dass (i · j)−1 = k −1 = −k ist. Durch ähnliche Berechnungen erhalten wir die Multiplikationstabelle von Q8 : · e −e i −i j −j k −k e e −e i −i j −j k −k −e −e e −i i −j j −k k i i −i −e e −k k j −j −i −i i e −e k −k −j j j j −j k −k −e e −i i −j −j j −k k e −e i −i k k −k −j j i −i −e e −k −k k j −j −i i e −e 7. (Zum Selbststudium.) (a) Bestimmen Sie die Multiplikationstafel der symmetrischen Gruppe S3 . Lösung: Die Multiplikationstabelle von S3 ist gegeben durch: · e (12) (13) (23) (123) (132) e e (12) (13) (23) (123) (132) (12) (12) e (123) (132) (13) (23) (13) (13) (132) e (123) (23) (12) (23) (23) (123) (132) e (12) (13) (123) (123) (23) (12) (13) (132) e (132) (132) (13) (23) (12) e (123) (b) Seien a, b, n, r natürliche Zahlen mit 1 ≤ a 6= b, r ≤ n. Berechnen Sie die folgenden Produkte in Sn : i. (1 a)(1 b)(1 a); ii. (a1 ar ) · · · (a1 a3 )(a1 a2 ); iii. (1 2 . . . n)k−1 (1 2)(1 2 . . . n)1−k für 2 ≤ k < n. Lösung: i. (1 a)(1 b)(1 a) = (a b) : ii. (a1 ar ) · · · (a1 a3 )(a1 a2 ) = (a1 a2 a3 · · · ar ); iii. (1 2 . . . n)k−1 (1 2)(1 2 . . . n)1−k = (k k + 1) für 2 ≤ k < n. (c) Seien n, r natürliche Zahlen mit 1 ≤ r ≤ n. Seien {a1 , . . . , ar } ⊆ {1, . . . , n} eine Teilmenge von r paarweise verschiedenen Zahlen. Sei π ∈ Sn . Zeigen Sie, dass gilt: π(a1 . . . ar )π −1 = (π(a1 ) . . . π(ar )). Lösung: Für 1 ≤ i < r gilt (π(a1 . . . ar )π −1 )(π(ai )) = (π(a1 . . . ar ))(ai ) = π(ai+1 ) und weiter haben wir (π(a1 . . . ar )π −1 )(π(ar )) = (π(a1 . . . ar ))(ar ) = π(a1 ). Außerdem, wenn j ∈ {1, . . . , n} aber j ∈ / {π(a1 ), . . . , π(ar )}, dann gilt, dass π −1 (j) ∈ / {a1 , . . . , ar } und deswegen ist (π(a1 . . . ar )π −1 )(j) = (π(a1 . . . ar ))(π −1 (j)) = π(π −1 (j)) = j. Daher gilt π(a1 . . . ar )π −1 = (π(a1 ) . . . π(ar )). Die Abgabe der schriftlichen Aufgaben des ersten Übungsblattes erfolgt am Dienstag 18.4 um 11:25 in V 57.06, also vor Beginn der Vorlesung. Zu diesem Übungsblatt findet aufgrund des Ostermontags keine Übungsgruppe statt. Lösungshinweise erhalten Sie auf der Webseite der Vorlesung Algebra. Die erste Übungsgruppe findet in der dritten Woche statt. Dort wird hauptsächlich Aufgabenblatt 2 behandelt.