Das Lehrerbildungsportfolio als Instrument der

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Das Lehrerbildungsportfolio als Instrument der professionellen
Entwicklung
Edwin Stiller, Landesinstitut für Schule / Qualitätsagentur Soest (NRW,
Germany)
Einleitung
Portfolio: Begriff, Typisierung und Funktionen
Portfolio: Medien.Lehrerbildung (LfS-NRW)
Digitales Video-Portfolio (EPHAIL-Projekt)
Portfolio für den Vorbereitungsdienst in NRW
Digitales Europäisches Lehrerportfolio (EDIPED)
ePortfolios, Weblogs und Online-Communities
Ausblick
Literatur
Einleitung
Das Projekt U-Teacher wird getragen von der E-Initiative der Europäischen
Kommission und hat sich zum Ziel gesetzt, die Medienkompetenz von
Lehrerinnen und Lehrern – besonders bezogen auf elektronische Medien der
Information und Kommunikation – in Ausbildung und Fortbildung besser zu
verankern. Zu diesem Zweck arbeiten 21 Vertreter aus europäischen
Ländern („National Investigators“) in einem Projektkontext, der von dem
Istitituto Tecnologie Didattiche Genua, den Universitäten Venedig und
Glasgow als Projektpartnern koordiniert wird. In einem ersten Schritt wurde
ein Vergleich der Aus- und Fortbildungssysteme der 21 beteiligten Länder
unter dem spezifischen Aspekt der Medienkompetenz erstellt (vgl. Midoro
2005). In einem zweiten Schritt wird zur Zeit ein Rahmenkonzept für die
Länder der Europäischen Union erstellt, welches Anregungen zur
kompetenzorientierten Reform der medienpädagogischen Aus- und
Fortbildung im Kontext der Lehrerbildung geben soll. Ein Strang in dieser
Rahmenkonzeption widmet sich der professionellen Entwicklung von
Lehrerinnen und Lehrern. In diesem Kontext geht der folgende Beitrag der
Frage nach, inwieweit der Portfolio-Ansatz in seinen vielfältigen Varianten
die professionelle Entwicklung von Lehrkräften nachhaltig fördern kann.
Der Beitrag konzentriert sich auf die Portfolio-Ansätze im
deutschsprachigen Raum, nutzt im Ansatz aber auch die Erfahrungen mit
digitalen Portfolios im englischsprachigen Bereich. Nicht zuletzt durch den
Bologna-Reformprozess im Bereich der Lehrerbildung gewinnt der
1
Portfolio-Gedanke als Reflexions-, Dokumentations- und
Präsentationsinstrument in individualisierten und flexibilisierten
Ausbildungsgängen an Bedeutung.1
1. Portfolio: Begriff, Typisierung und Funktionen
In der bildenden Künsten hat der Begriff Portfolio seine längste Tradition
(vgl. Brandl 2004). Seit der Renaissance präsentieren Künstler ausgewählte
Werke in portafoglios. In der Ökonomie bezeichnet der Begriff die
strategische Zusammenstellung von Wertpapieren.
Seit den 90er Jahren hat die Pädagogik, zunächst in den USA und Kanada,
dann auch im deutsprachigen Raum das Portfolio als Konzept entdeckt,
Lernwege und Leistungen zu begleiten, zu dokumentieren und metakognitiv
zu reflektieren. Die Leitideen der Individualisierung, der Selbststeuerung
und der Kompetenzorientierung haben hier eine vielversprechende
methodische Form gefunden.
Da es inzwischen eine Fülle von sehr unterschiedlichen Portfolio-Ansätzen
gibt (vgl. Winter 2004), ist es sehr wichtig, den jeweiligen Portfolio-Typ mit
seinen spezifischen Funktionen klar zu definieren und abzugrenzen.
Für den Bereich der Lehrerausbildung2 lassen sich folgende
Unterscheidungen treffen:
Adressat
Funktion
Ziel
Elemente
1
2
Entwicklungsportfolio Qualifizierungsportfolio Präsentationsportfolio
Die eigene Person
Ausbilder und
Abnehmende
Auszubildende
Institutionen
Selbstreflexive Arbeit
Standardorientierte
Aussagenkräftige
am professionellen
Dokumentation und
Präsentation des
Selbst
Steuerung der
individuellen
Kompetenzentwicklung
Kompetenzprofils
Erhöhung der
Dialogische Begleitung
Förderung der
Selbststeuerung in der
der
beruflichen Entwicklung
Lehrerausbildung
Kompetenzentwicklung
Abgleich Selbst- und
Fremdeinschätzung
Biografische Reflexion Standardbezogene
Formelle Dokumente
Persönliche
Einschätzungsbögen
Professionelles
Arbeitstheorien
Kompetenzbilanzen
Selbstkonzept
Persönliche Arbeitsziele Zertifizierung und
Individuelles
Kommentierung
Kompetenzprofil
Beispiele gelungener
Praxis
Vgl Uzerli 2004
Dies kann in der Lehrerfortbildung fortgeschrieben werden
2
Das europäische Sprachenportfolio3 als erfolgreichste Portfoliovariante im
europäischen Raum erfüllt mit den Elementen Sprachenpass,
Sprachenbiografie und Dossier alle drei o.g. Funktionen, legt den
Schwerpunkt aber auf die Präsentationsfunktion.
2. Portfolio: Medien.Lehrerbildung
Das „Portfolio Medien.Lehrerbildung“4 wurde vom Ministerium für Schule,
Wissenschaft und Forschung des Landes NRW in Zusammenarbeit mit dem
Landesinstitut für Schule5, dem Paderborner Lehrerausbildungszentrum
(PLAZ) sowie Vertretern der Studienseminare entwickelt. Es orientiert sich
am Rahmenkonzept „Zukunft des Lehrens – Lernen für die Zukunft“
(Ministerium 2000) und dient der Dokumentation, Reflexion und
Präsentation der medienpädagogischen Kompetenzentwicklung in der
Lehrerausbildung. Im „Log:Buch“ werden Veranstaltungen, Seminare und
Projekte aus der universitären Ausbildung sowie aus der Fortsetzung der
Ausbildung am Studienseminar dokumentiert, der Kompetenzstand in den
Zielfeldern des Rahmenkonzepts eingeschätzt und zertifiziert. Eine
„Mediabox“ dient der Sammlung der erstellten Produkte. Ein digitaler
Portfolioassistent ermöglicht die Führung des Portfolios in einer Datenbank.
Neben dem Lehrerbildungs-Medienportfolio gibt es Versionen für
Schülerinnen und Schüler6, die ebenfalls der Dokumentation, Reflexion und
Präsentation der Medienkompetenzentwicklung dienen.
3. Digitales Video-Portfolio (EPHAIL-Projekt)
Herzig und Grafe (vgl. Herzig/Grafe 2003,2004) haben an der Universität
Paderborn7 zur Förderung des reflexiven Lernens in der universitären
Lehrerausbildung ein digitales Portfolio entwickelt. In einer vorbereiten
Lernumgebung können Lehramtsstudenten Videosequenzen einstellen, die
aus ihren unterschiedlichen Praxisphasen und Simulationsübungen
stammen. An fremden und eigenen Videosequenzen können sie ihr
Reflexionsvermögen trainieren, es dokumentieren und präsentieren. Eine
webbasierte Variante ist in Vorbereitung. Diese Portfoliovariante bietet gute
Möglichkeiten des Anschlusslernens am Studienseminar. Für die zweite
3
http://www.learn-line.nrw.de/angebote/portfolio/info/links.html
http://www.learn-line.nrw.de/angebote/portfoliomedien/
5
siehe Hauf-Tulodziecki 2003, 2005
6
http://www.learn-line.nrw.de/angebote/portfoliomk/
7
http://dimel.uni-paderborn.de/dimel/forschung/ephail1.htm
4
3
Phase der Lehrerausbildung wird am Landesinstitut für Schule in Soest ein
videogestütztes Anschlussprojekt entwickelt.8
4. Portfolio für den Vorbereitungsdienst in NRW
In NRW werden im Kontext einer standardorientierten Reform der
Lehrerausbildung an unterschiedlichen Standorten Portfoliokonzepte
erprobt. Am Landesinstitut für Schule wurde in Zusammenarbeit mit
der Universität Paderborn und dem Studienseminar Detmold ein
Portfolio-Typ entwickelt, in den die o.g. Portfolios integriert werden
können. In dieser ersten Erprobungsfassung wurden die Erfahrungen
aus anderen Bundesländern genutzt9 und die oben skizzierte Typologie
umgesetzt.10
5. Digitales Europäisches Lehrerportfolio (EDIPED)
Das Studienseminar Neuss11 ist in einem europäischen Sokrates-Projekt an
der Entwicklung eines digitalen Portfolios für die Lehrerausbildung
beteiligt. EDIPED (European Digital Portfolio for the Evaluation of
Educators)12 will die Selbstevaluation und persönliche Weiterentwicklung
von Personen in pädagogischen Bereichen unterstützen. Zu diesem Zweck
Wurde eine digitale Umgebung programmiert, die webgestützt aber auch
offline genutzt werden kann. Das Portfolio umfasst die Bereiche
„Allgemeines“ (Tätigkeiten, Evaluation, Persönliche Information,
Berufliche Qualifikation, Publikationen), „Leitbild“ (Berufliches Leitbild,
Eigene Beiträge zu Bildungsbereichen), „Kompetenzen“ (Administration,
Andere, Forschung, Unterricht), „Rückmeldungen“ (Formelle, Informelle),
„Reflexionen“ (SchülerInnen, Unterrichtsmethode, Statistische Daten,
Außerschulische Aktivitäten, Multimedia, Andere). Es ist in englischer,
holländischer, deutscher, griechischer und spanischer Sprache erhältlich.
6. ePortfolios, Weblogs und Online-Communities
“Objective 2010 – an ePortfolio for all.“ So die Zielsetzung des
europäischen Projekts ElfEL13. Für alle europäischen Bürger soll es in der
digitalen Wissensgesellschaft die Möglichkeit geben, ihre formell und
informell erworbenen Kompetenzen in elektronischer Form zu
8
vgl. Dorlöchter u.a. 2004, Info: http://www.learnline.nrw.de/angebote/labaktuell/pdf/projektinfouid.pdf
9
vgl. Meisner und Giess/Platzer
10
http://www.learnline.de/angebote/labveran/pdf/lfspfauszug.pdf
11
http://www.studienseminar-neuss.nrw.de/projekte/portfolio/
12
http://www.ediped.com.cy/
13
http://www.eife-l.org/eifel
4
dokumentieren und zu präsentieren. In den USA und in Kanada sind
ePortfolios im Bildungsbereich schon seit Jahren stark verbreitet.14 Digitale
Portfolios eröffnen neben der Unterstützung von Reflexion und
Dokumentation Chancen der webgestützten Kooperation.15 Neue
Möglichkeiten wie Weblogs (tagebuchartige, häufig aktualisierte und
datierte Webeinträge), die über „PermaLinks“ und „TrackBack“ mit anderen
Weblogs verknüpft sind, können einen virtuellen Diskussionskontext – neue
Formen von online-communities generieren.16 Inzwischen werden
Studiengänge17 entwickelt, die diese neuen Möglichkeiten systematisch für
Lehre und neue Prüfungsformen nutzen.
7. Ausblick
Es gibt inzwischen auch im deutschsprachigen Raum eine große Vielzahl
von Portfolio-Ansätzen, darunter auch solche, die den ursprünglich
zentralen Aspekt der Selbstreflexion in den Hintergrund drängen und
Präsentationsaspekte betonen. Inwieweit das Portfolio interaktive und
kommunikative Prozesse bis hin zu web-öffentlichen Darstellungsformen
unterstützen kann und dabei gleichzeitig individuelles Reflexionsinstrument
bleiben kann, muss die Entwicklung zeigen. Als geeignetes
Unterstützungsinstrument für die professionelle Entwicklung von
Lehrerinnen und Lehrern hat es sich bereits bewährt.
Literatur:
Barrett, Helen C. (2005); White Paper. Researching Electronic Portfolios
and Learner Engegagement, online unter:
http://electronicportfolios.com/reflect/whitepaper.pdf
Baumgartner, Peter (2005); Eine neue Lernkultur entwickeln:
Kompetenzbasierte Ausbildung mit Blogs und ePortfolios, online unter:
http://www.peter.baumgartner.name/2005/04/23
Brandl, Werner(2004); Portfolio – Wandel in der Lernkultur und
Lehrerbildung? Paderborner
Schriften zur Ernährungs- und Verbraucherbildung, 5/2004, online
verfügbar unter:
http://www.ernaehrung-undverbraucherbildung.de/docs/PortfolioREVISGrundlagentext.pdf
14
vgl. Barrett 2005
einen Überblick gibt die Online-Dokumentation der ePortfolio-Tagung 2005 in Salzburg:
http://eportfolio.salzburgresearch.at/index.php?option=com_content&task=view&id=14&It
emid=42&lang=de
16
vgl. Baumgartner 2005 Downes 2004
17
http://www.fernuni-hagen.de/KSW/babw/
15
5
Dorlöchter, Heinz, Krüger, Ulrich, Stiller, Edwin, Wiebusch, Dieter (2004);
Unterricht im Diskurs, in: Seminar 4/2004, S. 127-142
Downes, Stephen; Educational Blogging, in: EDUCAUSE review
September/Oktober 2004, online verfügbar unter:
http://www.educause.edu/pub/er/erm04/erm0450.asp
Giess, Wolfgang, Platzer, Willi (2004) ; Portfolio in der Lehrerausbildung
im Studienseminar, in: http://www.tu-darmstadt.de/schulen/ssbsda/seminarentwicklung/portfolio-bs-seminar-da.pdf
Hauf-Tulodziecki, Annemarie; Funktionen von Portfolio-Arbeit, am
Beispiel des Portfolio:Medien.Lehrerbildung, Hannover 2003, online
verfügbar unter:
http://www.n-21.de/fachtagung/projektarbeit/Hannover_Portfolios.ppt
Hauf_Tulodziecki, Annemarie; Die Portfoliomethode: Evaluation von
Lernerfahrungen für SchülerInnen und LehrerInnen, Salzburag 2005, online
verfügbar unter:
http://eportfolio.salzburgresearch.at/images/stories/docs/05_Hauf_PMK_salzburg_version2
.pdf
Herzig, B. (2003): Reflexives Lernen mit Multimedia. Ein Beitrag zum
Verhältnis von erziehungswissenschaftlichem Wissen und
Unterrichtspraxis. In: Bachmair, B./ de Witt, C./ Diepold, P. (Hrsg.):
Jahrbuch Medienpädagogik 3. Opladen: Leske + Budrich , S. 203-229
Herzig, B./ Grafe, S. (2003): EPHAIL – Entwicklung professioneller
Handlungsmuster in der Lehreausbildung. Abschlussbericht. Paderborn:
Fakultät für Kulturwissenschaften
Herzig, B./ Grafe, S. (2004): Unterrichtsreflexion mit digitalem Video im
erziehungswissenschaftlichen (Lehramts-)Studium, in: Seminar 4/2004, S.
105-121 journal für lehrerInnenbildung; Themenheft Portfolios in der
Lehrerbildung, 4/2001
Meissner, Margit (2003); Das Portfolio in der II. Phase der
Lehrerausbildung. Zur Professionalität durch selbstgesteuertes Lernen, in:
Seminar 2/2003, S. 75ff.
Meissner, Margit (2004a); Das Portfolio in der II.Phase der
Lehrerausbildung: Erfahrungen des ersten Jahres in: Seminar 3/2004, S.
110ff.
6
Meissner, Margit (2004b); Das Portfolio in der hessischen
Lehrerausbildung, in: Schulverwaltung Hessen, Nr. 11/2004
Midoro, Vittorio (2005) (Hrsg.); European Teachers Towards the
Knowledge Society, Ortona: Menabo, online verfügbar unter:
http://ulearn.itd.ge.cnr.it/uteacher/
Ministerium für Schule, Wissenschaft und Forschung (2000) (Hrsg.);
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Lehrerausbildung, Frechen: Ritterbach
Reich, Kersten (2003) (Hrsg.); Methodenpool. Portfolio, in:
http://methodenpool.uni-koeln.de
Uzerli, Ursula (2004); Der Bologna-Prozess und die Lehrerbildung, in:
Schulverwaltung 9/2004, S. 250-253
Winter, Felix (2004); Rede zur 2. Portfoliotagung in Obermarchtal, in:
http://www.portfolio-schule.de/index.cfm?8A4586EAAFAF44E8B50415CAE749158B
7
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