MEMO/04/294 Brüssel, im Juni 2004 – letzte Änderung Dezember 2004 Die EU, der Mittelmeerraum und Nahost – eine Partnerschaft, die Tradition hat Die strategische Partnerschaft zwischen der EU, den Mittelmeerländern und den Ländern in Nahost1 wurde im Juni 2004 in Brüssel verabschiedet. Sie bietet den zwei Regionen einen strategischen Rahmen für die Durchführung der jeweils in den einzelnen betroffenen Gesellschaften konzipierten politischen, wirtschaftlichen und sozialen Reformen; darüber hinaus trägt diese strategische Partnerschaft zur sozialen und wirtschaftlichen Fortentwicklung der beteiligten Länder bei. Bereits seit ihren Anfängen in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts hat die Europäische Gemeinschaft dem Aufbau und der Pflege engerer besonderer Beziehungen zu ihren Nachbarn im Mittelmeerraum und in Nahost Vorrang eingeräumt. Diese Partnerschaft, die auf eine lange Tradition zurückblicken kann, beruht auf zwei gesonderten, aber einander ergänzenden Formen der Zusammenarbeit: 1. die Partnerschaft Europa-Mittelmeer, auch Prozess von Barcelona genannt, inzwischen ergänzt durch die neue Europäische Nachbarschaftspolitik und 2. die Beziehungen der EG zu den Staaten des Golfs und in Nahost. Die Mitwirkung der Europäischen Union im Nahostfriedensprozess, der sie selbst so große Bedeutung beimisst, ist für beide Formen der Zusammenarbeit von entscheidender Bedeutung. Die EG leistet allen arabischen Staaten außer den Golfstaaten und Libyen Finanzhilfe. I.1 Die Partnerschaft-Europa-Mittelmeer (Prozess von Barcelona)2 Nach mehr als 20 Jahren intensiver bilateraler politischer und handelspolitischer Zusammenarbeit haben die Mitgliedstaaten der EU und die zwölf Partner im Mittelmeerraum (Ägypten, Algerien, Israel, Jordanien, Libanon, Malta, Marokko, die Palästinensische Autonomiebehörde, Syrien, die Türkei, Tunesien und Zypern)3 das 1995 in Barcelona (deswegen „Prozess von Barcelona“) einen ambitionierten und weitreichenden Plan für eine Partnerschaft Europa-Mittelmeer in die Wege geleitet. Dies ist der erste Versuch der Neuzeit, zwischen dem nördlichen und dem südlichen Ufer des Mittelmeers solide und auf Dauer angelegte Beziehungen zu knüpfen. 1 http://europa.eu.int/comm/external_relations/euromed/publication/2004/euromed_report_7 8_en.pdf 2 http://europa.eu.int/comm/external_relations/euromed/index.htm 3 Zypern und Malta sind seit dem 1. Mai 2004 Mitglieder in der EU. Es geht dabei um folgende drei Ziele: Sicherung eines gemeinsamen Raums des Friedens und der Stabilität durch Verstärkung des politischen und sicherheitspolitischen Dialogs; Schaffung einer Zone des Wohlstands durch gemeinsamen Aufbau einer wirtschafts- und finanzpolitischen Partnerschaft und schrittweise Errichtung einer Freihandelszone; Annäherung der Völker durch den Aufbau einer Partnerschaft im sozialen, kulturellen und menschlichen Bereich im Dienste der kulturellen Verständigung und des Austauschs auf zivilgesellschaftlicher Ebene. Die Partnerschaft hat zwei sich ergänzende Aspekte: der bilaterale Aspekt: Die Europäische Union unterhält mit einem jeden der Mittelmeeranrainerstaaten erhebliche bilaterale Kooperationsaktivitäten, deren wichtigstes Instrument die Europa-Mittelmeer-Assoziationsabkommen sind; der regionale Aspekt: Dieser Aspekt der Partnerschaft ist im wahrsten Sinne des Wortes innovativ, denn er umfasst die Zusammenarbeit im politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Bereich. Die EG ist führend in der dem Mittelmeerraum und Nahost gewährten Hilfe (ausgenommen die Militärhilfe) und hat 2003 Zuschüsse in Höhe von rund 1 Mrd. € und Darlehen zu Vorzugsbedingungen in Höhe von 2 Mrd. € bereitgestellt. Diese Hilfe ergänzt die von den EU-Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer jeweils eigenen Programme geleisteten Hilfe. Das wichtigste Finanzierungsinstrument der EG für die Umsetzung der EuropaMittelmeer-Partnerschaft ist das so genannte MEDA-Programm4. Für die Jahre 1995-2004 entfallen 6,2 Mrd. € von den insgesamt 8,8 Mrd. € für die Zusammenarbeit zwischen der Gemeinschaft und ihren Partnern im Mittelmeerraum auf das Mittelmeerprogramm. Für die derzeitige zweite Programmierungsperiode (2000-2006) ist das Mittelmeerprogramm mit 5,3 Mrd. € dotiert. Die im Rahmen des MEDA-Programms aus EG-Haushaltsmitteln geleistete Finanzhilfe wird begleitet durch erhebliche Mittel der Europäischen Investitionsbank (EIB) und deren Fazilität für Investitionen und Partnerschaft im Rahmen der Zusammenarbeit Europa-Mittelmeer. Die von der EIB den Ländern des Mittelmeerraums gewährten Mittel finden in spezifischen Investitionsprojekten Verwendung und dienen namentlich der Förderung der mittelständischen Unternehmen; sie werden in enger Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission und gegebenenfalls mit anderen internationalen Finanzierungseinrichtungen vergeben. Das Ausleihmandat von Euromed5 (EIB) entspricht für die Jahre 2000-2007 einem Verfügungsrahmen von 6,4 Mrd. €. Die EIB hat sich zudem darauf verpflichtet, auf eigenes Risiko ebenfalls für den Zeitraum 2000-2007 zusätzlich 1 Mrd. € aus eigenen Mitteln für länderübergreifende Projekte bereitzustellen. Die EG-Mittel fließen über verschiedene Kanäle in die Region – so läuft die humanitäre Hilfe über das Amt für Humanitäre Hilfen (ECHO) und im Fall von Großkatastrophen über die Haushaltslinie "Wiederaufbau in Mittelmeeranrainerländern", über die beispielsweise der Türkei nach dem Erdbeben von August 1999 30 Mio. € bereitgestellt wurden. 4 5 http://europa.eu.int/comm/europeaid/projects/med/index_en.htm http://www.eib.org/lending/med/de/index.htm 2 Darüber hinaus nehmen die Mittelmeerländer an den Programmen der Gemeinschaft LIFE und TEMPUS teil, mit denen die Bereiche Umwelt bzw. Hochschulbildung unterstützt werden. I.2 Die Beziehungen zwischen der Europäischen Union, den Golfstaaten und den übrigen Staaten in Nahost6 Die Beziehungen der Gemeinschaft zu Saudi-Arabien, Bahrain, Kuwait, Oman, Qatar und den Vereinigten Arabischen Emiraten sind in dem zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Golfkooperationsrat 1989 unterzeichneten Kooperationsabkommen geregelt. Zu Iran, Irak und Jemen unterhält die Gemeinschaft bilaterale Beziehungen. Das 1989 zwischen der Europäischen Kommission und dem Golfkooperationsrat geschlossene Kooperationsabkommen sieht vor, dass die Außenminister der Gemeinschaft und des Golfkooperationsrats einmal jährlich zu einem Gemeinsamen Ratsund Ministertreffen, die leitenden Beamten im Gemischten Kooperationsausschuss und die politischen Direktoren der Region zu einem politischen Dialog zusammenkommen. Dieses Abkommen ist gedacht als Beitrag zur Festigung der Stabilität dieser strategisch so wichtigen Region und zur Förderung der politischen und wirtschaftlichen Beziehungen. In dem Abkommen von 1989 verpflichten sich beide Parteien zudem auf die Aushandlung eines Freihandelsabkommens. Diese Verhandlungen wurden 1990 in die Wege geleitet, gerieten aber schnell in eine Sackgasse. Schließlich ließ der Golfkooperationsrat, als er in einer bedeutsamen Geste seinen Beschluss bekannt gab, bis März 2005 eine Zollunion zu errichten, seine Bereitschaft zur Wiederaufnahme der Verhandlungen erkennen. Die EG und der Golfkooperationsrat sind nach wie vor entschlossen, alles daran zu setzen, diese Verhandlungen in naher Zukunft zum Abschluss zu bringen. Die Zusammenarbeit der Europäischen Kommission mit dem Golfkooperationsrat hat ihren Schwerpunkt im Energie- und Wirtschaftsbereich. Der regelmäßige energiespezifische Expertendialog war bereits Anlass zur Veranstaltung von Seminaren, Werkstattgesprächen und internationalen Konferenzen; 2003 wurde zudem der Wirtschaftsdialog zwecks Förderung des Austauschs und der besseren Verständigung in Bereichen von gemeinsamem Interesse eingerichtet. Die Gemeinschaft und Jemen Die Europäische Kommission hat 1998 mit Jemen ein neues Kooperationsabkommen geschlossen, das eine Unterstützung im Wert von durchschnittlich 20 Mio. € jährlich für eine Vielfalt von Projekten im Bereich der wirtschafts- und entwicklungspolitischen Zusammenarbeit vorsieht. Der seit Juli 2004 angelaufene politische Dialog stellt eine Fortführung der Beziehungen EG-Jemen auf höherem Niveau dar. Die Parteien haben in einer mündlichen gemeinsamen Erklärung diesen Dialog institutionalisiert. Die EG hilft Jemen dabei, seine Strategie der Armutseindämmung umzusetzen und in den Bereichen Demokratisierung, Menschenrechte und Zivilgesellschaft voranzuschreiten; ferner leistet die EG technische Hilfe mit Blick auf die mit der WTO zu führenden Verhandlungen. Das Förderprogramm der EG für die Jahre 2005-2006 ist mit 26 Mio. € dotiert und hat als Tätigkeitsschwerpunkte die Eindämmung der Armut sowie die Stärkung der Meinungsvielfalt und der Bürgergesellschaft. 6 http://europa.eu.int/comm/external_relations/gr/index.htm 3 Die Gemeinschaft und Iran Im Juni 2002 hat sich die EG bereiterklärt, mit Iran Verhandlungen über politische Aspekte (MVW, Menschenrechte, Terrorismus, Nahostfriedensprozess) und über den Abschluss eines Handels- und Kooperationsabkommens aufzunehmen. Mit dem Abschluss der Verhandlungen über ein solches Abkommen würde eine vertragliche Basis für die Handels- und Kooperationsbeziehungen zwischen der Islamischen Republik Iran und der Europäischen Gemeinschaft geschaffen. Die im Dezember 2002 in Brüssel eingeleiteten Verhandlungen fanden allerdings im Juni 2003 ihr vorläufiges Ende. Im November 2004 haben das VK, Frankreich und Deutschland mit Iran die so genannte “Pariser Vereinbarung” geschlossen, in der mit Iran Einigung darüber erzielt wurde, dass Iran darin einwilligt, seine Urananreicherungsund Wiederaufbereitungsaktivitäten einzustellen und dies von der IAEA kontrollieren zu lassen. Nachdem nun das IAEA-Sekretariat in seiner Resolution vom 29. November die Aussetzung der inkriminierten Aktivitäten bestätigt hat, hält die Kommission sich bereit, die Verhandlungen über das zu schließende Handels- und Kooperationsabkommen wieder aufzunehmen. Die EU hat mit Iran zudem einen Menschenrechtsdialog eingerichtet und führt einen informellen umfassenden Dialog über Probleme wie Konfliktvermeidung und Umgang mit Krisen, Terrorismusbekämpfung und Verhinderung der Weitergabe von MVW. Auf die durch das Erdbeben von Bam an Weihnachten 2003 ausgelöste humanitäre Katastrophe hin hat die Kommission Nothilfe im Wert von 8,5 Mio. € geleistet. Die Gemeinschaft und Irak Während der 24-jährigen Regierungszeit von Saddam Hussein unterhielt die Europäische Union keine vertraglichen Beziehungen zu Irak, und die politischen Kontakte waren sehr begrenzt. Nach 1991 hat sich die Kommission darauf beschränkt, die Weltsicherheitssanktionen einzuhalten und humanitäre Hilfe zu leisten. Das hat zur Folge, dass zwischen der EG und Irak keinerlei institutionalisierte Zusammenarbeit besteht. Am 9. Juni 2004 hat die Kommission dann eine Mitteilung zu den Beziehungen EG-Irak verabschiedet, die Vorschläge für eine Kontaktaufnahme mit der irakischen Übergangsregierung und der irakischen Bürgergesellschaft enthält.7 Die EG hat ihre Entschlossenheit zu erkennen gegeben, beim Wiederaufbau des Landes mit dabei zu sein. Anlässlich der für Irak veranstalteten Geberkonferenz in Madrid vom Oktober 2003 haben die EU (die Europäische Kommission und die EUMitgliedstaaten) und die damaligen Anwärterstaaten insgesamt mehr als 1,25 Mrd. € zugesagt. Für die Jahre 2003/4 wird sich der Beitrag der Europäischen Kommission einschließlich humanitärerer Hilfe auf annähernd 320 Mio. € belaufen. Die Europäische Kommission hat am 4. März 2004 ein Programm verabschiedet, das die Prioritäten für die Unterstützung des Wiederaufbaus in Irak im Jahr 2004 nennt. Die drei Prioritäten lauten: Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit der wichtigen öffentlichen Versorgungsdienste, Aufschwung im Beschäftigungsbereich und Eindämmung der Armut sowie Stärkung des verantwortlichen Regierens, der Bürgergesellschaft und der Menschenrechte. 7 http://europa.eu.int/comm/external_relations/iraq/doc/com04_417_de.pdf 4 Die Mittel werden weitgehend über den Kanal der für Irak eingerichteten und von den Vereinten Nationen und der Weltbank verwalteten Fazilität des internationalen Wiederaufbaufonds fließen. 2004 wurde bereits ein Paket von 31,5 Mio. € zur Unterstützung der Wahlen bereitgestellt; darunter fallen die Bereitstellung von europäischen Wahlsachverständigen, die mit der unabhängigen Wahlkommission in Irak und den Vereinten Nationen in Bagdad zusammenarbeiten werden sowie die Ausbildung von irakischen Wahlbeobachtern. Die Kommission bereitet zurzeit ein neues Hilfeprogramm für 2005 vor, für das zusätzlich ein Beitrag von 200 Mio. € bereitzustellen sein wird. II. Der Nahostfriedensprozess8 Durch ihren Beitrag in den Bereichen Wirtschaft, Diplomatie und humanitäre Hilfe ist die EG eine der Hauptstützen des Nahostfriedensprozesses. Sie nimmt mit der Russischen Föderation, den USA und den Vereinten Nationen am so genannten Quartett teil und tritt für eine umfassende, gerechte und auf Dauer angelegte Friedenslösung und für ein Leben der Region in Wohlstand ein. Die EG hat eine führende Stellung in der internationalen Geberkonferenz im Rahmen des Friedensprozesses (Ad-Hoc-Verbindungsausschuss) und in der internationalen Arbeitsgruppe eingenommen, die sich mit den Reformen in den Palästinensischen Autonomiegebieten befasst. Mit dem von ihr aufgelegten Programm ‚Partnerschaft für den Frieden’ (ungefähr 10 Mio. € im Jahr) fördert die EG direkte Kontakte und den Dialog der Parteien vor Ort und trägt zur Neubelebung des Friedensprozesses bei. Die EU (die Europäische Kommission und die EU-Mitgliedstaaten) ist für die Palästinensische Autonomiebehörde der wichtigste Geber finanzieller und technischer Hilfe: sie steuert in der Tat seit Beginn des Friedensprozesses mehr als 50 % der internationalen Gelder zur Unterstützung von Westjordanland und dem Gazastreifen bei. Seit 1994 hat die Europäische Gemeinschaft den Palästinensern mehr als zwei Milliarden Euro bereitgestellt, von denen der überwiegende Teil für den Institutionenaufbau sowie die Förderung von Reformen, verantwortlichem Regieren, Toleranz und Wahrung der Menschenrechte aufgewendet werden; ECHO hat 187 Mio. € humanitäre Hilfe geleistet und das Hilfswerk der Vereinten Nationen für die palästinensischen Flüchtlinge hat humanitäre Hilfe, Flüchtlingshilfe und Nahrungsmittelhilfe im Wert von 581 Mio. € bereitgestellt. Der Einfluss, den die EG mit ihren an die Gewährung finanzieller Unterstützung geknüpften Bedingungen bei der Förderung der Reformen innerhalb der Palästinensischen Autonomiebehörde ausgeübt hat (erklärtes Ziel ist die Schaffung des Fundaments für den nach dem Friedensplan vorgesehenen lebensfähigen palästinensischen Staat) hat im Ad-Hoc-Verbindungsausschuss der Geber internationale Anerkennung gefunden; dieser Ausschuss hat anlässlich seiner Tagung vom Dezember 2004 die Palästinensische Autonomiebehörde für ihre kontinuierlichen Anstrengungen zur Reformierung des öffentlichen Finanzsektors belobigt – dank der Reformen ist die Palästinensische Autonomiebehörde inzwischen in die vorderste Reihe der regionalen Akteure aufgerückt. 8 http://europa.eu.int/comm/external_relations/mepp/index.htm 5 Die EU trägt außerdem ausgiebig zum Wahlprozess bei. Inzwischen wurden 14 Mio. € und eine mitgliederstarke Wahlbeobachtermission (mehr als 260 Personen) für die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen mobilisiert; die EU unterstreicht damit und mit ihrem fortgesetzten Engagement für die Fortsetzung des Demokratisierungsprozesses die Bedeutung, die sie diesen Wahlen beimisst. Gleichzeitig ist die EG der wichtigste Partner Israels im Bereich Handel, Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung und ein wichtiger sowohl politischer als auch wirtschaftlicher Partner für Libanon, Syrien, Jordanien und Ägypten. III. Die EU-Beziehungen zum Mittelmeerraum und Nahost – eine Bilanz Regional Dialog: Als echter Erfolg der Partnerschaft Europa-Mittelmeer ist zu werten, dass sie ein Forum zustande gebracht hat, in dem in den Nahostfriedensprozess involvierte Mittelmeerpartner miteinander dialogieren. Diese Partnerschaft Europa-Mittelmeer ist neben den Vereinten Nationen das einzige multilaterale Forum, in dem sämtliche vom Nahostkonflikt betroffene Parteien miteinander in Berührung kommen. Die Palästinensische Autonomiebehörde ist als gleichberechtigtes Vollmitglied der Mittelmeerpartnerschaft anerkannt. Was Libyen anbelangt, so steht ihm die Mitwirkung am Prozess von Barcelona offen, sobald es den „Besitzstand von Barcelona“ akzeptiert. Regional Integration: die EU hat die regionale Wirtschaftsintegration gefördert und den Freihandel in der Region vorangebracht. Zwischen der EU und den Mitgliedern der Partnerschaft Europa/Mittelmeer bestehen inzwischen bilaterale Assoziationsabkommen; Ausnahme ist bislang Syrien, doch die Verhandlungen sind bereits abgeschlossen, und es steht nur noch die Unterzeichnung des Abkommens aus. Diese Abkommen stärken die regionale Nord-Süd-Integration und den regionalen Handel. Das Assoziierungsabkommen mit der Türkei hatte bereits zum Ergebnis, dass die Zollunion mit der EU am 1. Januar 1996 in Kraft treten konnte. Zypern und Malta sind seit dem 1. Mai 2004 Mitglieder der Europäischen Union. Im Rahmen der Integration Süd-Süd haben Ägypten, Jordanien, Marokko und Tunesien, unterstützt von der EU, am 25. Februar 2004 ein regionales Freihandelsabkommen unterzeichnet (das so genannte Agadir-Abkommen). Förderung der Menschenrechte und der Demokratie: die EU arbeitet mit ihren Partnern in der Region auf eine Stärkung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte und Grundfreiheiten hin. Diesbezügliche Maßnahmen werden mit den jeweiligen Ländern im Rahmen der neuen europäischen Nachbarschaftspolitik (siehe unten) ausgehandelt; die Maßnahmen werden mit MEDA-Mitteln und zusätzlichen 50 Mio. € finanziert, die ab 2006 zur Förderung jener Mittelmeerpartner zur Verfügung stehen werden, die in diesen Bereichen Fortschritte aufweisen können. Die dem Mittelmeerprogramm MEDA angeschlossenen Länder erhalten zudem eine Förderung aus den Mitteln der Europäischen Initiative für Demokratie und Menschenrechte, die in der Region jedes Jahr eine Reihe von Projekten in den Bereichen Wahlhilfe und Wahlbeobachtungsmissionen, Gleichstellung, Rechte der Frauen, Medien usw. finanziert. Handel: die EG ist für jedes einzelne Land der Region ein wichtiger Handelspartner. Nahezu 50 % des Handels der Mittelmeerpartner entfällt auf die EG (Gesamtvolumen der Importe und Exporte im Jahr 2002: 141 Mrd. €), wohingegen auf die USA nur 13 Prozent (38 Mrd. €) entfallen. Der Handel mit Dienstleistungen, den die Partnerländer mit der EG im Jahr 2001 abgewickelt haben, erreichte ein Volumen von 32 Mrd. €. Der ADI-Zustrom aus dem EU-Raum in die Mittelmeerregion erreichte 2001 2 Mrd. €, und das gesamte ADI-Vermögen lag Ende 2001 bei 25 Mrd. €. 6 Aus den USA kamen 2001 3 Mrd. USD, und bis Ende 2001 hatten die Direktinvestitionen aus den USA in der Mittelmeer- und der Golfregion zusammengenommen einen Gesamtstand von 18 Mrd. USD erreicht. Unterstützung der Entwicklung in der Region: seit 1995 unterstützt die EG mit inzwischen nahezu einer Milliarde € im Jahr die Wirtschafts-, Sozial- und politischen Reformen in der Region und legt dazu jeweils maßgeschneiderte Hilfeprogramme auf; Israel ist als einziger Partner wegen seines für diese Art von Hilfe zu hohen Wohlstands davon ausgenommen. Darüber hinaus finanziert die EG mit regionalen Programmen die Förderung der intra-regionalen Kooperation der Partner in Bereichen wie Politik, Handel, Infrastrukturverbund, zukunftsfähige Entwicklung, Justiz und Inneres sowie Kultur und soziale Angelegenheiten. Seit der Reform der Drittlandshilfe der Kommission, genauer gesagt seit 1999, hat sich die Leistungsfähigkeit des MEDA-Programms deutlich gesteigert. Inzwischen ist es so, dass sämtliche in einem bestimmten Jahr für den Mittelmeerraum verfügbaren Mittel noch in demselben Jahr restlos gebunden werden, und auch die Auszahlungen aufgrund der geschlossenen Verträge erfolgen inzwischen rascher als früher.9 Investitionstätigkeit und Darlehen: die EIB hat 2003 die Fazilität für Investitionen im Rahmen der Partnerschaft EU-Mittelmeer eingerichtet, um die Modernisierung der Wirtschaft in den Partnerländern des Mittelmeerraums zu unterstützen und gleichzeitig den sozialen Zusammenhalt, Umweltschutz und die Kommunikationsinfrastruktur zu fördern. Diese Fazilität hat das stärkere Engagement der Mittelmeerpartner zur Grundlage, das sich in dem inzwischen eingerichteten Dialogforum (politischer Dialog und Koordinierungsausschuss) herausgebildet hat. Im Rahmen der Fazilität werden mittlerweile rund 2 Mrd. € im Jahr zur Verwendung in der Region ausgeliehen. IV. Die Nachbarschaftspolitik der Europäischen Union10 Für Länder, für die sich zurzeit die Frage einer Mitgliedschaft in der Europäischen Union nicht stellt, die jedoch an die Union angrenzen – südliche Mittelmeeranrainer, die Ukraine, Moldau und Belarus – hat die Europäische Union in letzter Zeit eine so genannte europäische Nachbarschaftspolitik (ENP) entwickelt. Mit ihrer neuen Nachbarschaftspolitik bietet die EU die Möglichkeit für eine Vertiefung des politischen Dialogs und erleichtert den Zugang zu EG-Programmen und Strategien, wozu auch der Zutritt zum EG-Binnenmarkt zählt; ferner ebnet sie damit den Weg zu verstärkter Zusammenarbeit im Bereich Justiz und Inneres, auf der Grundlage des allseitigen Bekenntnisses zu gemeinsamen ethischen Normen und Grundsätzen, namentlich in Bezug auf Rechtsstaatlichkeit, verantwortliches Regieren, Respektierung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Minderheiten, Förderung gut nachbarlicher Beziehungen sowie Anerkennung der Grundsätze der Marktwirtschaft und des Prinzips der zukunftsfähigen Entwicklung. Die Gemeinschaft moduliert ihre Ambitionen in Bezug auf das Verhältnis zu den Nachbarn danach, inwieweit die genannten ethischen Normen von den Nachbarländern tatsächlich bejaht werden. Die Nachbarschaftspolitik bedeutet eine Verstärkung des Prozesses von Barcelona und ist nun ein wichtiges Element für die Umsetzung der strategischen Partnerschaft der Gemeinschaft mit den Ländern des Mittelmeerraums. 9 MEMO/04/103 MEDA: Leistungssteigerung seit 1999. http://europa.eu.int/comm/world/enp/index_en.htm 10 7 Nach Verabschiedung eines Strategiepapiers durch die Kommission am 12. Mai 2004 waren Marokko, Tunesien, Jordanien, Israel und die Palästinensische Autonomiebehörde die ersten der Mittelmeernachbarn, die Aktionspläne verabschiedet haben11, in denen das mit der Nachbarschaftspolitik gemachte neue Angebot der Europäischen Gemeinschaft konkrete Form annehmen wird. Die ersten, am 9. Dezember 2004 verabschiedeten Aktionspläne sind das Ergebnis von Verhandlungen, die mit jedem einzelnen Land geführt wurden, und jeder einzelne Plan geht auf die besonderen Interessen des jeweiligen Landes ein. 11 vgl. europäische Nachbarschaftspolitik: Die ersten Aktionspläne http://europa.eu.int/rapid/pressReleasesAction.do?reference=IP/04/1453&format=HTML&a ged=0&language=DE&guiLanguage=en 8