Demokratiedefiziten in Frankreich und Brasilien im Rahmen der horizontalen Gewaltenteilung Ausfertigung des Referates Datum: 12.05.2006 Ort: Osnabrück/ Deutschland Studentin: Anna Sotolova (Austauschstudent aus der Universität Pardubice) E-mail: [email protected] Student: Emre Er (Austauschstudent aus der Yeditepe-Universität) E-mail: [email protected] Dozentin: Prof. Dr.rer.pol. Ralf Kleinfeld Seminar: Modul Vergleichende Politikwissenschaft I: Einführung in die Vergleichende Regierungslehre Veranstaltungsnummer: 1.106 Semester: SS 2006 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung: Demokratie 2. Weitgehende Trennung von Legislative und Exekutive 3. Initiativrecht der Exekutive 4. Vetorecht der Exekutive 5. Verordnungsbefugnis der Exekutive 6. Befugnis der Exekutive bei der Bestimmung der Tagesordnung 7. Zusammenfassung 1. Einleitung: Demokratie In einer Demokratie hat nicht eine Person alle Macht. Um Demokratie wahrzunehmen, braucht man die Gewaltenteilungsmechanismen. Es gibt drei verschiedene Gewaltenteilungen um die Monopolisierung der Macht in der Hand eines Tyrannen zu verhindern. Die Gewaltenteilung auf der Bundesebene zwischen den Bundesinstitutionen nennt man die horizontale Gewaltenteilung. Darauf zielt man auf die Teilung zwischen die Legislative, Judikative und Exekutive, oder die Konkurrenz zwischen disziplinierten Parteien ab. (Hartmann, 1997: S. 28, 29) Entweder die Institutionen im präsidentiellen System oder die Parteien im parlamentarischen System kontrollieren sich gegenseitig. Die Vertikale Gewaltenteilung ermöglicht die Autonomie der Kommunalinstitutionen sowie der Ländern und Gemeinden die über ihnen unterstellte Entscheidungszuständigkeiten verfügen. (Hartmann, 1997: S. 28, 29) Somit können die sämtlichen Kommunen in der Verwaltung von der ersten Hand vertreten werden und die Beschlüsse des Bundes können nach den Bedürfnissen der einzelnen Kommunen adaptiert werden. Infolgedessen müssen die staatlichen und kommunalen Akteure bei den Entscheidungen, die die einzelnen Regionen interessieren, zusammenarbeiten. Dritter Mechanismus, die Beschränkung der Amtszeit – die sog. Temporale Gewaltenteilung – existiert in allen Demokratien. (Hartmann, 1997: S. 28, 29) Damit ist das bezweckt, die erfolglosen Verantwortlichen zu eliminieren. Diese Arbeit beschäftigt sich mit der horizontalen Gewaltenteilung. In diesem Kontext werden die politischen Systeme Brasiliens und Frankreichs aufgeführt. Ihre Demokratiedefizite werden anhand der Gewaltenteilungslogik des präsidentiellen Systems untersucht. Somit ist das bezweckt, dass die Ähnlichkeit der Demokratiedefizite beider Länder besser beobachtet wird. Die Monopolisierung der Macht in den Händen der Präsidenten wird mit den Beispielen festgestellt. Die Merkmale des präsidentiellen Systems sind die Kriterien dieser Arbeit, denn beide Länder fassen das Hauptunterscheidungsmerkmal der präsidentiellen Demokratie um: In den beiden Systeme werden die Präsidenten direkt gewählt, dadurch sie ihre Legitimation vom Volk fordern. Darüber hinaus ist das vorgesehen, dass dieses System eine weitgehende Trennung von Legislative und Exekutive erfordert. 2. Weitgehende Trennung von Legislative und Exekutive Im präsidentiellen System sind die Regierung und das Parlament voneinander relativ unabhängig. Die Parlamentsmehrheit kann die Regierung aus politischen Gründen nicht absetzen und der Präsident kann das Parlament nicht auflösen. (Schmidt, 2000: S. 309, 310) Dazu darf der Präsident nicht Mitglied des Parlaments sein. Beide Akteure sind also dem Volk verantwortlich und deshalb sind sie voneinander unabhängig. Da der Präsident unparteilich und unbeeinflusst ist, hat er keine Chance das Parlament in der Folge seines Willens zu zwingen. In solchem System geht es um die Gleichgewichtkeit (Cheks und Balances) der Legislative und Exekutive. (Macridis, 1991: 45, 46) Trotz der getrennten Legitimierungsquelle der Exekutive und Legislative, werden die Übergleichgewicht der Präsidenten in Brasilien und Frankreich beobachtet. Präsidenten verfügen die Zuständigkeiten über das Parlament, die ihnen von der Verfassung unterstellt werden. 3. Initiativrecht der Exekutive Trotz ist der brasilianische Präsident nicht Mitglied des Parlaments (mein Vorschlag: Obwohl der bras. Präsident nicht Mitglied des Parlaments ist), führt er den Gesetzgebungsprozess ein. Von 1989 bis 1994 wurden 79% sämtlicher Gesetze durch die Gesetzesvorlagen des Präsidenten initiiert. Der Kongress konnte nur 14% der Gesetze mit seinen eigenen Gesetzesvorlagen abschließen. (Almond, Powell, Strom, Kaare, Dalton, 2004: S. 566) Solche Prozentzahlen kann man eigentlich in den parlamentarischen Demokratien beobachten, in denen die Regierung über die Mehrheit im Parlament verfügt. Zudem hat der Präsident mittels der Rechtsverordnungen weitgehende Zuständigkeiten im Bereich der Legislative. Nur kann er Gesetzesvorschläge in folgenden Bereichen machen: Die Größe der Armee, Umstrukturierung der Regierung, Löhne und Steigerung der Anzahl der Beamten. In Frankreich wird die Legislative nur zum Teil direkt vom Volk gewählt, so dass sie nicht so viele Kompetenzen wie die direkt gewählte Exekutive hat. Der französische Präsident bestimmt vor allem die Außen- und Sicherheitspolitik. Einige Kompetenzen kann der Präsident alleine ausüben, bei den anderen braucht er die Zustimmung von der Regierung. Er ernennt und entlässt den Prämierminister – nach Theorie kann er alleine über die Wahl des Prämierministers entscheiden, aber in der Praxis ernennt er den Kandidaten, den auch die Hälfe der Nationalversammlung wählen würde. Weiter kann er die Nationalversammlung auflösen, ein Referendum herbeiführen, er hat den Vorsitz in der Regierung, er ernennt drei der neun Mitglieder des Verfassungsrates (Abromeit, ??? S. 103) und den Vorsitzenden und er ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Falls es zum Notstandsfall kommt wird er praktisch all-zuständig (Abromeit, ??? S. 103). Da der Präsident über seine eigene Legitimation verfügt, darf er nicht Mitglied des Parlaments sein. Er hat da aber sozusagen einen Vertreter – und zwar den Regierungschef. Der Präsident und der Premierminister sind meistens Anhänger der gleichen Partei. Auch das Zusammenspiel der beiden Kammern wird maßgeblich von der Regierung beeinflusst, denn sie entscheidet, ob ein Vermittlungsverfahren zwischen beiden eingeleitet wird, und sie kann, nach mehrmaligem Hin und Her einer Vorlage zwischen beiden Kammern, von der Nationalversammlung die endgültige Beschlussfassung verlangen. (Abromeit, ???. S. 104) Trotzt den allen Demokratiedefiziten hat das französische System einen großen Vorteil. In Frankreich ist die Tradition der sog. Action Directe stark Falls eine politische Entscheidung auf Widerstand der Bevölkerung stößt und es zu Demonstrationen und Streiks kommt, nehmen die Politiker diese Ereignisse wahr und reagieren auf sie. 4. Vetorecht der Exekutive In Brasilen hat der Präsident das Vetorecht gegen die vom Parlament verabschiedeten Gesetze. Dieses Vetorecht kann das Parlament jedoch mit den absoluten Mehrheiten seiner beiden Kammern überwinden, aber das ist unmöglich wegen der undisziplinierten Parteien. (Almond, Powell, Strom, Kaare, Dalton, 2004: S. 564) Dazu muss der Präsident den Gesetzen nicht in einem Zeitraum zustimmen, sondern er kann sie warten lassen. Zwischen 1989 und 1998 wurden nur 17% der vom Parlament eingeführten Gesetze in demselben Jahr auch vom Präsidenten zugestimmt, während 86% der von der Exekutive eingeführten Gesetze im selben Jahr zugestimmt wurden. (Almond, Powell, Strom, Kaare, Dalton, 2004: S. 566) **************************************** In Frankreich kann der Premierminister den Senat von der Entscheidung ausschließen. Er kann dieses Recht erheben, wenn sich die beiden Kammern an einem Beschluss nicht einigen können (http://www.dbb.de/dbb-beamtenbund-2006/dbb-pdf/europathema_2006.pdf). Er kann nur von der Nationalversammlung eine endgültige Entscheidung verlangen. Dies ist ein gutes Mittel der Exekutive, mit dem sie das Gesetzgebungsverfahren beschleunigen kann. Der Präsident hat ein Vetorecht gegenüber der Nationalversammlung. Er kann fast gegen jedes vom Parlament abgeschlossenem Gesetz ein Referendum herbeiführen. Dafür bracht er aber entweder die Zustimmung der Regierung oder des Parlaments. Wenn die Nationalversammlung durch ein Mistrauensvotum die Regierung stürzt, kann der Präsident die Nationalversammlung sofort auflösen. 5. Verordnungsbefugnis der Exekutive In Brasilien sind die Verordnungsbefügnisse dem Präsidenten für die dringenden Fälle von der Verfassung zugeteilt. Die sog. „provisional measures“ oder „vorläufige Maßnahmen“ gelten für 30 Tagen. Inzwischen bedürfen sie der Entscheidung des Parlaments um weiter gültig zu bleiben. Sonst kann der Präsident dieselbe Verordnung wieder erlassen um das Parlament zu überwinden. Von Oktober 1988 bis Ende 1995 waren 862 der 1,249 von denen wenigstens zweites Mal widererlassene Verordnungen. Das Parlament konnte nur 15 von denen ablehnen (Almond, Powell, Strom, Kaare, Dalton, 2004: S. 566) Die Exekutive bestimmt den Legislativprozess wesentlich. Die Bereiche, in denen das Parlament alleine entscheiden kann, sind in der Verfassung unter dem Artikel 34 aufgeführt. Alle anderen Angelegenheiten kann die Regierung alleine ohne Parlament bestimmen. Bis zu 90% (hier weiß ich die Quelle leider nicht – du hast mir die Zahl bei dir gesagt – aus einem englischen Buch)der Gesetze werden von der Exekutive abgeschlossen. Der Präsident und die Regierung können dies nach der Verfassung durch Dekrete und Richtlinien ausüben. Darüber hinaus darf das Parlament keine Beschlüsse machen, die die staatlichen Ausgaben erhöhen oder wiederum die Einnahmen vermindern würden. 6. Die Befugnis der Exekutive bei der Bestimmung der Tagesordnung Die Verfassung Brasiliens erlaubt dem Präsident die Änderung der Tagesordnung des Parlaments in den dringenden Fällen. Wenn er seine Gesetzesvorlage dringend sieht, kann er das Parlament bitten, seine Vorlage vor den anderen besprechen zu werden. In diesem Fall muss das Parlament die Vorlage des Präsidenten vorher besprechen. Die Rechte und Kompetenzen des französischen Parlaments sind wesentlich beschränkt und zwar so sehr, dass es nicht einmal über seine Tagesordnung bestimmen kann. Das Parlament muss immer verfassungsmäßig die Regierungsvorlagen vor seinen Vorlagen bevorzugen. 7. Zusammenfassung Die politischen Systeme Frankreichs und Brasiliens sind unter Semi-Präsidentielle Demokratien einzuordnen. Einige Quellen bezeichnen Brasilien als Präsidentielle Demokratie, doch das brasilianische Regierungssystem weißt viele Merkmale des französischen Systems auf, welches typisch semipräsidentiell ist. Für das Semi-Präsidentielles System ist charakteristisch, dass die drei Mächte nicht gleichberechtigt sind. Die Exekutive (vor allem der Präsident) hat gegenüber der Legislative und Judikative eine dominante Stellung. Das Ziel dieser Arbeit war es die Demokratiedefizite beider Länder zu ermitteln und zu beschreiben. In beiden politischen Systemen bestimmt die Exekutive die Legislative, deren Rechte und Kompetenzen wesentlich limitiert sind. Die Parlamente können nicht immer über ihre Tagesordnung bestimmen, denn die Regierungsvorlagen haben Vorrang. Die zweite Kammer, die indirekt gewählt wird, hat nur sehr geringe Kompetenzen und ist fasst bedeutungslos (ich weiß nicht, ob dieses auch für Brasilien gilt – wenn nicht, dann diesen Satz weglassen.) Das Semi-Präsidentielles System ist auch durch doppelte Exekutive gekennzeichnet, wobei der Präsident direkt vom Volk gewählt wird. Dank dieser Legitimation verfügt das Staatsoberhaupt über weitgehende Befugnisse und Rechte, zu denen u.a. die Auflösung der Nationalversammlung gehört. Die Exekutive greift auch in den Legislativprozess markant ein. Jeweilige Verfassungen beider Länder ermöglichen dem Präsidenten und der Regierung Gesetze in Form von Rechtlinien abzuschließen. In beiden Systemen wird nicht einmal 1/3 der Gesetze vom Parlament beschlossen. Schließlich lässt sich zusammenfassen, dass in einem Semi-Präsidentiellen System kein Gleichgewicht zwischen den Mächten existiert – das Check and Balances System funktioniert hier nicht, was einige Demokratiedefizite mit sich bringt. Im Gegenteil dazu ist dieses Regierungssystem nicht "schwerfällig" und die politischen Entscheidungen können schnell getroffen werden. LITERATUR Macridis, R.C. (1991): Introduction to Comparative Politics. Newyork: R. R. Donnelley & Sons, Company. Schmidt, M. G. (2000): Demokratietheorien. Opladen: Leske Verlag + Budrich Gmbh. Hartmann, J. (1997): Vergleichenden Regierungslehre und Systemvergleich. In D. BergSchlosser, F. Müller-Rommel, (Hrsg.), Vergleichende Politikwissenschaft. Opladen: Leske Verlag + Budrich Gmbh. Almond, G. A., Powell, G. B., Strom, Kaare, Dalton, R. J. (2004): Comparative Politics Today: A World View. Newyork: Pearson / Longman. (Almond, Powell, Strom, Kaare, Dalton, 2004: S. 566) (Hartmann, 1997: S. 28, 29) (Schmidt, 2000: S. 309, 310) (Macridis, 1991: 45, 46) Abromeit, H. (???): Demokratien im Vergleich ???? http://www.frankreich-experte.de/modules.php?name=Pages&pa=showpage&pid=3 http://de.wikipedia.org/wiki/Politisches_System_Frankreichs http://www.frankreich-experte.de/modules.php?name=Pages&pa=list_pages_categories&cid =2 http://userpage.fu-berlin.de/~europe/lehre/2005ws/panked/Semipraesidentialismus.pdf http://www.dbb.de/dbb-beamtenbund-2006/dbb-pdf/europathema_2006.pdf