Botschaft des Regierungsrats des Kantons Aargau an den Grossen Rat vom 30. August 2006 06.170 Gesetz über die Umsetzung der neuen Bundesgesetzgebung im Strafrecht und Strafprozessrecht Bericht und Entwurf zur 1. Beratung -2- Inhaltsverzeichnis Seite Zusammenfassung 4 1. Grundlage 7 2. Handlungsbedarf 8 3. Wichtige Neuerungen und die daraus abgeleiteten Leitsätze 9 3.1 3.2 3.2.1 3.2.2 3.3 Kompetenzen der Gerichte im Bereich des Erwachsenenvollzugs ...................... 9 Neue Sanktionssysteme.....................................................................................10 Neues Sanktionssystem im Erwachsenenstrafrecht ...........................................10 Neues Sanktionssystem im Jugendstrafrecht .....................................................12 Auswirkungen der Sanktionssysteme auf die Zuständigkeiten der strafrichterlichen Behörden ................................................................................13 3.3.1 Auswirkungen der Sanktionssysteme auf die Zuständigkeiten der Strafbefehlsrichter und Strafbefehlsrichterinnen im Erwachsenenstrafrecht .......14 3.3.2 Auswirkungen der Sanktionssysteme auf die Zuständigkeiten der Gerichtspräsidien im Erwachsenenstrafrecht .....................................................15 3.3.3 Auswirkungen der Sanktionssysteme auf die Zuständigkeiten der Jugendanwaltschaft ...........................................................................................16 4. Vernehmlassung 4.1 4.2 5. Beibehaltung der Schulpflegen...........................................................................17 Erhöhung der strafrichterlichen Kompetenzen ....................................................18 Zu den einzelnen Bestimmungen 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 5.6 5.7 5.8 5.9 5.10 5.11 5.12 5.13 5.14 5.15 5.16 5.17 16 18 Gesetz über die Strafrechtspflege (Strafprozessordnung, StPO)........................18 Gesetz über die politischen Rechte (GPR) .........................................................35 Gerichtsorganisationsgesetz (Gesetz über die Organisation der ordentlichen richterlichen Behörden) ......................................................................................35 Gesetz über die Einwohnergemeinden (Gemeindegesetz) .................................35 Zivilrechtspflegegesetz (Zivilprozessordnung, ZPO) ...........................................36 Gesundheitsgesetz (GesG) ................................................................................36 Gesetz über die Bekämpfung der Tuberkulose (Tuberkulosegesetz) .................36 Schulgesetz .......................................................................................................36 Aargauisches Fachhochschulgesetz (AFHG) .....................................................37 Brandschutzgesetz (Gesetz über den vorbeugenden Brandschutz) ...................37 Steuergesetz (StG) ............................................................................................37 Gesetz über die Gebäudeversicherung (Gebäudeversicherungsgesetz, GebVG) ..............................................................................................................37 Gesetz über Raumplanung, Umweltschutz und Bauwesen (Baugesetz, BauG) .37 Einführungsgesetz zum eidgenössischen Gewässerschutzgesetz (EG GSchG) 38 Energiegesetz des Kantons Aargau (EnergieG) .................................................38 Gesetz über Kinderzulagen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ...............38 Einführungsgesetz zum Bundesgesetz über die Krankenversicherung (EG KVG) ...........................................................................................................38 -3- 5.18 Gesetz über die öffentliche Sozialhilfe und die soziale Prävention (Sozialhilfeund Präventionsgesetz, SPG) ............................................................................38 5.19 Waldgesetz des Kantons Aargau (AWaG)..........................................................39 5.20 Gesetz über die Ausübung der Fischerei............................................................39 5.21 Gesetz über die Feier der Sonn- und Festtage ...................................................39 5.22 Gesetz über den Vollzug des Strassenverkehrsrechtes .....................................39 6. Finanzielle und personelle Auswirkungen 6.1 6.2 39 Personell ............................................................................................................40 Finanziell ............................................................................................................43 Antrag: 44 -4- Sehr geehrte Frau Präsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen die Botschaft zu den Gesetzesänderungen für die Umsetzung der Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches (StGB), des Bundesgesetzes über das Jugendstrafrecht (Jugendstrafgesetz, JStG), des Bundesgesetzes über die Verwendung von DNA-Profilen im Strafverfahren und zur Identifizierung von unbekannten oder vermissten Personen (DNA-Profil-Gesetz) und des Bundesgesetzes über die Teilung eingezogener Vermögenswerte (TEVG) vom 19. März 2004. Zusammenfassung 1. Die Bundesversammlung hat am 13. Dezember 2002 die Änderung des Allgemeinen Teils des Schweizerischen Strafgesetzbuches (StGB) und des Militärstrafgesetzbuches (MStG) sowie am 20. Juni 2003 das neue Bundesgesetz über das Jugendstrafrecht (Jugendstrafgesetz, JStG) verabschiedet. Auch wenn der Bundesrat beschlossen hat, das revidierte Strafgesetzbuch nochmals zu überarbeiten, indem insbesondere auch der am 8. Februar 2004 vom Souverän angenommene Art. 123a der Bundesverfassung (Verwahrungsinitiative) umgesetzt wird, steht dennoch fest, dass das bereits verabschiedete neue Bundesrecht neben reinen Anpassungen an die Rechtsprechung und Lehre viele Neuerungen betreffend Verfahren und Zuständigkeiten bringt, die erhebliche Anpassungen des kantonalen Rechts erfordern. Eine erste Nachbesserung wurde vom Bundesparlament am 24. März 2006 verabschiedet. Die Referendumsfrist ist am 13. Juli 2006 abgelaufen. Insbesondere die Änderungen im Verwahrungsrecht haben zu verschiedenen kleinen Anpassungen (§ 200 StPO) gegenüber dem Anhörungsentwurf geführt. Am 5. Juli 2006 hat der Bundesrat beschlossen, das Jugendstrafgesetz und die Änderung des Bundesstrafrechts für Erwachsene per 1. Januar 2007 in Kraft zu setzen. Bis zu diesem Datum können die erforderlichen Anpassungen im kantonalen Gesetzesrecht nicht rechtzeitig abgeschlossen werden. Die zwingenden Gesetzesänderungen werden deshalb vorerst mittels Übergangsverordnung gemäss § 91 Abs. 2bis lit. b Kantonsverfassung (KV) ins kantonale Recht überführt werden. 2. Wichtige Änderungen des StGB sind insbesondere: Das bisherige Sanktionssystem wird vollkommen neu und flexibler geordnet. Einerseits sollen Erleichterungen im Bereich der Bagatelldelikte und der "gewöhnlichen" Kriminalität geschaffen werden, indem die kurzen Freiheitsstrafen weitgehend durch Geldstrafen und durch gemeinnützige Arbeit ersetzt werden. Zudem werden die Möglichkeit der Gewährung des bedingten Strafvollzugs sowie der Anwendungsbereich der erleichterten Vollzugsformen, wie tageweiser Vollzug und Halbgefangenschaft, stark ausgeweitet. Andererseits werden die Sanktionsinstrumente bei schwerer Kriminalität und gemeingefährlichen Tätern und Täterinnen erheblich verschärft, so dass die Verwahrung -5- einerseits früher, andererseits aber auch erst nachträglich greifen kann und nur noch eine bedingte Entlassung aus dem Massnahmenvollzug möglich ist. Bei Letzterem sind zudem im Fall der gemeingefährlichen Straftäter und Straftäterinnen zusätzliche Sicherheiten eingebaut worden, indem ein ärztliches Gutachten und die Empfehlung einer speziellen Fachkommission eingeholt werden müssen. Die Vollzugsmodalitäten werden vermehrt durch die Gerichte festgelegt. Diese entscheiden bereits im Urteil über die Strafverbüssung in der Form der gemeinnützigen Arbeit. Bisher wurde diese Sanktionsform von den Vollzugsbehörden bewilligt. Die Rechte und Pflichten der Personen im Straf- und Massnahmenvollzug werden neu auf Bundesebene detailliert geregelt. Der Geltungsbereich des schweizerischen Strafrechts wird territorial erweitert. 3. Wichtige Änderungen des JStG sind insbesondere: Das Strafmündigkeitsalter wird vom 7. auf das 10. Altersjahr angehoben und die bisherige Unterscheidung zwischen Kindern und Jugendlichen aufgehoben. Konsequenterweise wird nur noch von "Jugendlichen" gesprochen. Bei Straftaten von nicht strafmündigen Kindern sind nur noch die Eltern und bei Bedarf die Vormundschaftsbehörde zu informieren. Das Strafverfahren kann zugunsten eines Mediationsverfahrens vorläufig eingestellt werden. Das bisher geltende Sanktionssystem, wonach nur Strafe oder Massnahme angeordnet werden konnte, wird durch das bereits im Erwachsenenstrafrecht geltende System, bei dem sowohl Strafe als auch Massnahme angeordnet und der Vollzug der Ersteren zugunsten Letzterer aufgeschoben werden kann, ersetzt. Das Sanktionssystem ist differenzierter und flexibler gestaltet. Bei besonders schweren Straftaten können Jugendliche, die das 16. Altersjahr vollendet haben, mit Freiheitsentzug bis zu vier Jahren (bisher höchstens ein Jahr) bestraft werden. Bei diesen Jugendlichen ist vor einem Entscheid über die bedingte Entlassung zudem eine Fachkommission anzuhören. Die Verteidigungsrechte werden in zwei Richtungen ausgebaut. Zum einen kann eine freiwillige Verteidigung bereits im Untersuchungsverfahren gewählt werden. Zum anderen wird die notwendige Verteidigung eingeführt. 4. Vor allem die Flexibilisierung des Sanktionswesens im Erwachsenenstrafrecht führt zu einer erheblichen Mehrbelastung der strafrichterlichen Behörden im Bereich der Bagatelldelikte. Zur Abfederung des Mehraufwands werden verschiedene Änderungen der Zuständigkeiten vorgeschlagen, die zu einer Rationalisierung der Verfahren führen werden: Erhöhung der Strafbefehlskompetenz von drei auf sechs Monate im Bereich der Freiheitsstrafen. Erhöhung der Kompetenz der Einzelrichter und -richterinnen in Strafsachen von sechs Monaten auf ein Jahr im Bereich der Freiheitsstrafen. Einführung der Strafbefehlskompetenz für die kantonalen Untersuchungsrichter und -richterinnen. -6- Weitgehende Zentralisierung des Vollzugs von Freiheitsstrafen und Massnahmen. Neben diesen wichtigen Änderungen der Strafprozessordnung müssen zahlreiche kleine, zum Teil auch bloss formelle Anpassungen an das neue Bundesrecht vorgenommen werden. Ebenfalls umzusetzen sind das per 1. Januar 2005 in Kraft getretene Bundesgesetz über die Verwendung von DNA-Profilen im Strafverfahren und zur Identifizierung von unbekannten oder vermissten Personen (DNA-Profil-Gesetz) und das per 1. August 2004 in Kraft getretene Bundesgesetz über die Teilung eingezogener Vermögenswerte (TEVG). 5. Im Weiteren werden auch Anpassungen vorgenommen, die sich aufgrund der praktischen Erfahrungen zur Beseitigung komplizierter Regelungen oder Verfahrensabläufe aufdrängen. So soll die Bussenkompetenz der Gemeinderäte weitestgehend einheitlich festgelegt und das Abwesenheitsverfahren im Privatstrafverfahren vereinfacht werden. 6. Trotz der vorgeschlagenen Rationalisierungsmassnahmen ist eine personelle Aufstockung der Strafverfolgungs- und Strafvollzugsbehörden unumgänglich. -7- 1. Grundlage Nach Art. 123 Abs. 1 Bundesverfassung ist der Bund zur Gesetzgebung auf dem Gebiet des Strafrechts befugt. Gemäss Absatz 3 der vorgenannten Verfassungsbestimmung sind die Kantone für die Regelung der Gerichtsorganisation, des gerichtlichen Verfahrens und der Rechtsprechung zuständig. Die Zuständigkeit der Kantone gilt aber nicht unbeschränkt. Der Bund kann Verfahrensbestimmungen erlassen, wenn dies zur einheitlichen und vollständigen Anwendung des materiellen Strafrechts erforderlich ist. Der Bund hat bereits in der Vergangenheit von dieser Kompetenz Gebrauch gemacht, so auch mit dem Bundesgesetz über die verdeckte Ermittlung (BVE), welches vorerst mit der Verordnung vom 24. November 2004 vorsorglich im kantonalen Recht umgesetzt worden ist, oder dem Bundesgesetz über die Teilung eingezogener Vermögenswerte (TEVG), und hat dies im revidierten Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuches (AT StGB) und im neuen Jugendstrafgesetz (JStG) nun noch vermehrt getan. Der Bundesgesetzgeber hat ausserdem eine Reihe von Bestimmungen über die Grundsätze des Straf- und Massnahmenvollzugs in den neuen AT StGB aufgenommen, die durch entsprechende Verweise (Art. 1 Abs. 2 lit. a, e–i JStG), auch für den Jugendstrafvollzug gelten. Auch wenn diesbezüglich die verfassungsrechtliche Grundlage für eine Bundeskompetenz nicht so eindeutig ist – der entsprechende neue Artikel der Bundesverfassung (Art. 123 Abs. 2) ist noch nicht in Kraft gesetzt worden –, sind die Kantone aufgrund des Vorranges des Bundesrechts dennoch gehalten, das geänderte Bundesrecht umzusetzen. Von der Gesetzesänderung sind die folgenden kantonalen Erlasse sachlich betroffen: Konkordat über die Rechtshilfe und die interkantonale Zusammenarbeit in Strafsachen vom 5. November 1992 (SAR 250.100) Gesetz über die Strafrechtspflege (Strafprozessordnung, StPO) vom 11. November 1958 (SAR 251.100) Dekret über die Organisation der Staatsanwaltschaft sowie des kantonalen Untersuchungsrichteramtes und die ergänzende Organisation des Strafuntersuchungswesens bei den Bezirksämtern (Organisationsdekret zur Strafprozessordnung) vom 11. Juni 1974 (SAR 251.110) Verordnung über die Einführung des Bundesgesetzes über die verdeckte Ermittlung (EV BVE) vom 24. November 2004 (SAR 251.113) Dekret über die Jugendstrafrechtspflege vom 27. Oktober 1959 (SAR 251.130) Konkordat über den Vollzug von Strafen und Massnahmen nach dem Schweizerischen Strafgesetzbuch und dem Recht der Kantone der Nordwest- und Innerschweiz (Strafvollzugskonkordat) vom 4. März 1959 (SAR 253.010) Verordnung über den Vollzug von Strafen und Massnahmen (Strafvollzugsverordnung, SMV) vom 9. Juli 2003 (SAR 253.111) Verordnung über die Organisation der Strafanstalt Lenzburg vom 21. Januar 2004 (SAR 253.331) Verordnung über die Organisation des Jugendheims Aarburg vom 21. Januar 2004 (SAR 253.371) Dekret über die Begnadigung vom 17. März 1981 (SAR 253.710) Der Bundesrat hat am 5. Juli 2006 beschlossen, die Änderungen des AT StGB und das neue Jugendstrafgesetz auf den 1. Januar 2007 in Kraft zu setzen. Die am 24. März 2006 vom -8- Bundesparlament verabschiedeten Nachbesserungen an den Änderungen des AT StGB umfassen im Einzelnen folgende Aspekte und sind, soweit erforderlich, im Gesetzesentwurf bereits berücksichtigt: Verbindung bedingter Strafen mit unbedingten Geldstrafen oder Bussen Erweiterung des Anlasstatenkatalogs für die Verwahrung Möglichkeit der nachträglichen Verwahrung Reduktion der Prüfungsaufgaben der Fachkommissionen für die Beurteilung gemeingefährlicher Gefangener Ausdehnung des Wohn- und Arbeitsexternats auf den Massnahmenvollzug Busse als Disziplinarsanktion im Vollzug Anpassung der Vorschriften über die Entfernung von Urteilen mit Massnahmen aus dem Strafregister 2. Handlungsbedarf Das neue Bundesrecht bringt eine Vielzahl von zum Teil tief greifenden Änderungen, welche nicht nur das materielle sondern vor allem auch das formelle Recht betreffen: Anpassungen an die geänderte Rechtsprechung und Lehre Erweiterung und Flexibilisierung des Sanktionssystems im Erwachsenenstrafrecht Verstärkung der Kompetenzen der Gericht im Vollzugsbereich mit entsprechend neuen Schnittstellen im Bereich der Zusammenarbeit mit der Verwaltung im Erwachsenenstrafrecht Schaffung eines separaten Jugendstrafrechts mit geändertem, erweitertem und flexibilisiertem Sanktionssystem Einführung eines Mediationsverfahrens im Jugendstrafrecht Ausbau der Verteidigungsrechte im Jugendstrafrecht Das neue Bundesrecht bedingt eine Anpassung des kantonalen Rechts, insbesondere des Strafprozessrechts (StPO), des Jugendstrafverfahrensrechts (DJStP), der kantonalen Strafbestimmungen und des Strafvollzugsrechts (SMV). Zudem müssen alle Verweise in kantonalen Erlassen auf bestimmte Artikel des Strafgesetzbuches auf deren Übereinstimmung mit dem neuen Recht geprüft werden. Daneben gibt es auch viele Neuerungen im Bundesrecht, welche keine rechtsetzenden oder organisatorischen Massnahmen, sondern nur eine Umsetzung durch die rechtsanwendenden Behörden verlangen. Weiterer Anpassungsbedarf besteht noch bei einzelnen interkantonalen Vereinbarungen, weil in diesen die altrechtliche Terminologie des Sanktionssystems oder Verweise auf altrechtliche StGB-Artikel enthalten sind. Im Einzelnen betrifft dies: Konkordat über die Rechtshilfe und die interkantonale Zusammenarbeit in Strafsachen vom 5. November 1992 (SAR 250.100) Konkordat über den Vollzug von Strafen und Massnahmen nach dem Schweizerischen Strafgesetzbuch und dem Recht der Kantone der Nordwest- und Innerschweiz (Strafvollzugskonkordat) vom 4. März 1959 (SAR 253.010) Interkantonale Übereinkunft über den Viehhandel (SAR 396.100) -9- Interkantonale Vereinbarung über die Anerkennung von Ausbildungsabschlüssen (SAR 400.700) Das Strafvollzugskonkordat wird derzeit überarbeitet und dabei unter anderem auch an die neue Rechtsgrundlage im Bund angepasst und voraussichtlich auch auf Teile des Jugendstrafvollzugs ausgedehnt. Im Rechtshilfekonkordat ist lediglich ein Verweis auf einen bestimmten StGB-Artikel enthalten, was ohne Probleme in der praktischen Anwendung korrigiert werden kann. In den beiden anderen interkantonalen Übereinkünften sind hingegen altrechtliche Sanktionen (Haft) enthalten. Deren Anpassung wäre wünschenswert und könnte allenfalls über die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD) angeregt werden. Da die Kantone aber sehr unterschiedliche und teilweise sehr komplizierte Verfahren für die Änderung von interkantonalen Übereinkünften kennen, wird sich deren formelle Anpassung an das neue Bundesrecht schwerlich und sicherlich kaum rechtzeitig durchführen lassen. In der Praxis wird deshalb wohl hier noch längere Zeit mit den altrechtlichen Begriffen zu arbeiten sein. Dieses Ergebnis ist zwar unbefriedigend, aber ohne spürbare Folgen, weil bisher noch nie eine Strafe gestützt auf die fraglichen Konkordatsbestimmungen ausgesprochen worden ist und auch künftig mit deren Anwendbarkeit kaum zu rechnen sein wird. Dennoch wird sich der Kanton Aargau darum bemühen, auch in den interkantonalen Übereinkünften eine Harmonisierung mit den neuen Bundesrechtsbestimmungen herbeizuführen. 3. Wichtige Neuerungen und die daraus abgeleiteten Leitsätze 3.1 Kompetenzen der Gerichte im Bereich des Erwachsenenvollzugs Auf die Schaffung eines speziellen Vollzugsgerichts wird verzichtet. Die neu den Gerichten zugewiesenen Vollzugsaufgaben vor, während und nach einer Sanktionsvollstreckung werden durch die zuständigen Sachgerichte wahrgenommen. Entscheide der Vollzugsbehörde sind nicht auf dem Verwaltungsrechtsweg anfechtbar, wenn anschliessend von Gesetzes wegen oder auf Antrag ein Entscheid der strafrichterlichen Behörde nachfolgt. Das neue Bundesrecht bringt nicht nur ein vollkommen neues Sanktionssystem, bei dem die Vermeidung kurzer Freiheitsstrafen im Vordergrund steht, sondern weist neu auch viele Entscheide, die bisher von den Vollzugsbehörden getroffen worden sind, dem Zuständigkeitsbereich der Gerichte zu. Es stellt sich dabei die Frage, welche richterliche Instanz für diese Entscheide zuständig sein soll, wenn nicht bereits der Bundesgesetzgeber diese Aufgabe ausdrücklich dem für die Beurteilung einer neuen Straftat zuständigen Gericht zuweist (vgl. Art. 46 Abs. 3 und Art. 62a Abs. 1 StGB). Grundsätzlich sind zwei Varianten denkbar: Es kann ein spezielles Vollzugsgericht geschaffen oder das urteilende Sachgericht als zuständig erklärt werden. - 10 - Ein spezielles Vollzugsgericht hätte den Vorteil, dass es sich insbesondere bei den Vollzugsentscheiden betreffend gemeingefährlicher Straftäter beziehungsweise -täterinnen eine hohe Sachkompetenz aneignen könnte und für eine einheitliche Praxis im Kanton sorgen würde. Allerdings hätte die Schaffung einer neuen Instanz den Nachteil, dass sich diese für den blossen Vollzugsentscheid von Grund auf in den Fall einarbeiten müsste, was regelmässig sehr zeitaufwändig wäre. Demgegenüber hat die Zuweisung der nach dem Strafurteil zu fällenden Entscheide an das urteilende Sachgericht den Vorteil, dass dieses die Strafakten, aber auch die Motive des ursprünglichen Entscheids bereits kennt. Es kann somit rasch beurteilen, ob sich die Verhältnisse geändert haben und ein neuer, vom ursprünglichen Urteil abweichender Entscheid gefällt werden soll. Die Sicherstellung einer einheitlichen Praxis obliegt dem Obergericht, das als Rechtsmittelinstanz korrigierend eingreifen kann. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass das neue, viel komplexere Sanktionssystem grundsätzlich zu erheblich mehr Gerichtsentscheiden führen wird. Das wird, wie noch aufgezeigt wird (vgl. unten Ziffer 6), nicht ohne personelle Aufstockung der Justiz und damit auch nicht ohne höhere Kosten zu bewältigen sein. Einige dieser dem Sachgericht zustehenden neuen Entscheidkompetenzen fallen erst nach dem eigentlichen Strafurteil an und beziehen sich auf Vollzugsfragen, was jedenfalls eine Anpassung des § 200 StPO bedingt. Sofern es beim zu fällenden Entscheid um die Änderung einer Sanktion geht, ist die erstinstanzlich urteilende Gerichtsbehörde zuständig und somit § 200 Abs. 1 StPO anzupassen. In den übrigen Fällen kann der Entscheid dem Strafbefehlsrichter beziehungsweise der Strafbefehlsrichterin oder dem Gerichtspräsidium überlassen werden, was eine Anpassung von § 200 Abs. 2 StPO bedingt. Das Bundesgesetz sieht neu auch in verschiedenen Bestimmungen ein Antragsrecht der Vollzugsbehörde vor. Diese Fälle werden ebenfalls nach ihrer Bedeutung vom Gesamtgericht oder vom Gerichtspräsidium behandelt (§ 200 Abs. 4 und 5 StPO). Die Vollzugsbehörde ist jedoch trotz Antragsrecht nicht Partei im gerichtlichen Verfahren. Weiterhin reicht die Staatsanwaltschaft den Antrag der Vollzugsbehörde mit einem eigenen Antrag beim Gericht ein. Ihr allein steht die Vertretung des Staats vor dem Gericht zu und der Rechtsmittelweg offen. Als Entlastungsmassnahme zu verstehen ist die in § 241 Abs. 3 vorgesehene Möglichkeit, durch Verordnung Entscheide der Vollzugsbehörde als nicht auf dem Verwaltungsrechtsweg anfechtbar zu bezeichnen, wenn anschliessend von Gesetzes wegen oder auf Antrag der Vollzugsbehörde beziehungsweise der verurteilten Person ein Entscheid der strafrichterlichen Behörde nachfolgt. Damit werden Doppelspurigkeiten beim Rechtsmittelweg vermieden (vgl. § 102 SMV). 3.2 Neue Sanktionssysteme 3.2.1 Neues Sanktionssystem im Erwachsenenstrafrecht Die Terminologie des neuen Sanktionssystems wird in das kantonale Übertretungsstrafrecht übernommen, das heisst die Begriffe "Gefängnis-" oder "Haftstrafe" werden durch denjenigen der "Freiheitsstrafe" ersetzt beziehungsweise gestrichen. - 11 - Das geltende Strafrecht kennt drei verschiedene Kategorien von Sanktionen. Zunächst gibt es die Strafen, wozu die in Zuchthaus-, Gefängnis- und Haftstrafen unterteilten Freiheitsstrafen, die Busse und die Nebenstrafen, wie Amtsunfähigkeit, Entziehung der elterlichen Gewalt, Berufsverbot, Landesverweisung und Wirtshausverbot, zählen. Dann gibt es die sichernden Massnahmen, wozu die Verwahrung von Gewohnheitsverbrechern, die Massnahmen an geistig Abnormen sowie die Behandlung von Trunk- und Rauschgiftsüchtigen gehören. Als Sonderform einer Massnahme gegenüber jungen Erwachsenen besteht die Möglichkeit der Einweisung in eine Arbeitserziehungsanstalt. Schliesslich gibt es noch die so genannten anderen Massnahmen, wie Friedensbürgschaft, Einziehung, Urteilspublikation und das Strafregister. Auch im neuen Recht wird weiterhin zwischen drei verschiedenen Sanktionskategorien unterschieden, nämlich zwischen Strafen, Massnahmen und anderen Massnahmen. Die einzelnen Sanktionen unterscheiden sich aber teilweise erheblich von der geltenden Regelung. Einige Sanktionsformen werden abgeschafft (Landesverweisung, Entzug der elterlichen Gewalt und Wirtshausverbot), andere neu eingeführt (Geldstrafen, gemeinnützige Arbeit, Fahrverbot): Bei den Strafen sind folgende Formen vorgesehen: die Geldstrafe, welche in bis zu höchstens 360 Tagessätzen festzulegen ist die gemeinnützige Arbeit bis zu 180 Tagen die Freiheitsstrafe, ohne Unterscheidung nach Zuchthaus, Gefängnis oder Haft die Busse Zu den Massnahmen zählen folgende Sanktionen: die stationäre therapeutische Massnahme zur Behandlung von psychischen Störungen die stationäre therapeutische Massnahme zur Suchtbehandlung die Massnahmen für junge Erwachsene die ambulante Behandlung die Verwahrung Andere Massnahmen sind: die Friedensbürgschaft das Berufsverbot das Fahrverbot die Veröffentlichung des Urteils die Einziehung Das neue Sanktionssystem bedingt zunächst einmal eine terminologische Anpassung des kantonalen Rechts, wo dieses heute gestützt auf das Strafgesetzbuch zwischen Zuchthaus, Gefängnis oder Haft unterscheidet. In den kantonalen Übertretungsstrafbestimmungen ist in Anpassung an das Bundesstrafrecht der Begriff der "Haft" zu streichen (Art. 335 Abs. 1 StGB). Hingegen sind die Kantone frei, in ihrem Verwaltungs- oder Prozessstrafrecht weiterhin Haftstrafen vorzusehen (Art. 335 Abs. 2 StGB). Auch wenn somit die Anpassung dieser Strafbestimmungen des kantonalen Rechts nicht zwingend ist, soll sie dennoch vorgenommen werden, weil mit dem Begriff der "Freiheitsstrafe" eine einfache und - 12 - einheitliche Terminologie geschaffen werden kann und weil sonst eine Legaldefinition der Haftstrafe im kantonalen Recht geschaffen werden müsste, da diejenige im Bundesrecht entfällt. Bei der Anpassung des kantonalen Rechts wird auch hier der Begriff "Haft" nicht ersetzt durch "Freiheitsstrafe", sondern ersatzlos gestrichen. Zum einen wird damit vermieden, dass auf der kantonalen Ebene die vom Bundesrecht verpönten kurzen Freiheitsstrafen wieder eingeführt werden. Zum anderen werden zusammen mit der Busse zugleich Ersatzfreiheitsstrafen festgelegt. Zusätzlich ist der Begriff "Gefängnis" in den kantonalen Erlassen durch denjenigen der "Freiheitsstrafe" zu ersetzen. Die Anpassung der alten Strafbestimmungen in interkantonalen Vereinbarungen wäre wünschenswert. Sie ist aber kaum zu bewerkstelligen, da alle beteiligten Kantone dieser Änderung zustimmen müssen und die kantonalen Verfahren hierfür teilweise komplizierter sind als für die übrigen Anpassungen im kantonalen Recht. Der Kanton Aargau wird sich aber dafür einsetzen, dass die erforderlichen Anpassungen soweit und so schnell als möglich vorgenommen werden können. 3.2.2 Neues Sanktionssystem im Jugendstrafrecht Die Terminologie des neuen Sanktionssystems wird in das kantonale Recht übernommen. Das geltende Strafrecht wendet bei Kindern und Jugendlichen das so genannte monistische Sanktionssystem an. Das heisst, die urteilende Behörde kann nur entweder eine Massnahme anordnen oder aber eine Strafe verhängen. Sie hat zu prüfen, ob die Kinder beziehungsweise die Jugendlichen einer Betreuung oder Behandlung bedürfen. Wenn dies bejaht wird, darf nur eine Massnahme angeordnet werden. Wird die Betreuungs- oder Behandlungsbedürftigkeit verneint, kann nur eine Strafe angeordnet werden. Heute stehen folgende Sanktionen zur Verfügung: Massnahmen gegenüber Kindern: – – Erziehungsmassnahmen (Erziehungshilfe, Unterbringung) Besondere Behandlung Zusätzliche Massnahmen gegenüber Jugendlichen: – – Einweisung in eine Arbeitserziehungsanstalt Einweisung in ein Therapieheim oder eine Anstalt für Nacherziehung Disziplinarstrafen gegenüber Kindern: – – – Verweis Arbeitsleistung Schularrest Strafen gegenüber Jugendlichen: – – Verweis Arbeitsleistung - 13 - – – Busse Einschliessung bis zu einem Jahr Das neue Jugendstrafrecht übernimmt nun das so genannte dualistisch-vikariierende Sanktionssystem aus dem Erwachsenenstrafrecht. Neu können somit Massnahmen und Strafen ausgesprochen und der Vollzug der Strafe zugunsten der Massnahme aufgeschoben werden. Zudem wird neu auch das System der Strafen flexibler, weil die Sanktionsform unter gewissen Voraussetzungen geändert werden kann. Es sind dabei folgende Sanktionen vorgesehen: Schutzmassnahmen: – – – – Aufsicht Persönliche Betreuung Ambulante Behandlung Unterbringung Strafen: – – – – Verweis Persönliche Leistung bis 10 Tage beziehungsweise 3 Monate, umwandelbar in Busse oder Freiheitsentzug Busse, umwandelbar in persönliche Leistung oder Freiheitsentzug bis 30 Tage Freiheitsentzug bis 1 beziehungsweise 4 Jahre, umwandelbar in persönliche Leistung Das bisherige Recht ist an die geänderten Bezeichnungen der Sanktionsformen und die Flexibilisierung anzupassen. 3.3 Auswirkungen der Sanktionssysteme auf die Zuständigkeiten der strafrichterlichen Behörden Strafrichterliche Behörden nach geltendem Recht sind im Erwachsenenstrafrecht die Gemeinderäte und andere Verwaltungsbehörden, die Strafbefehlsrichter, die Einzelrichter, die Bezirksgerichte und das Obergericht (§§ 4–10 StPO). Im Jugendstrafrecht üben nach geltendem Recht die Gemeinderäte, die Jugendanwaltschaft, die Schulpflegen, die Bezirksschulräte, die Jugendgerichte sowie das Obergericht strafrichterliche Funktionen aus (§§ 11–16 StPO und §§ 1–4 DJStP). Diese Behörden sollen – mit Ausnahme der Gemeinderäte und der Bezirksschulräte im Jugendstrafverfahren (vgl. unten zu § 13 StPO) – auch weiterhin ihre strafrichterlichen Aufgaben wahrnehmen. Allerdings wird aufgrund der systematischen Ordnung des neuen Sanktionsrechts und auch als Rationalisierungsmassnahme beziehungsweise als Gegengewicht zum beim Vollzug zu erwartenden erheblichen Mehraufwand für die richterlichen Behörden vorgeschlagen, die Kompetenzen des Strafbefehlsrichters beziehungsweise der Strafbefehlsrichterin, inklusive Jugendanwaltschaft, und der Einzelrichter beziehungsweise Einzelrichterinnen angemessen zu erhöhen. - 14 - 3.3.1 Auswirkungen der Sanktionssysteme auf die Zuständigkeiten der Strafbefehlsrichter und Strafbefehlsrichterinnen im Erwachsenenstrafrecht Die Strafbefehlskompetenz wird auf Geldstrafen bis 180 Tagessätze beziehungsweise sechs Monate Freiheitsstrafe oder gemeinnützige Arbeit angehoben. Bis auf die Friedensbürgschaft (Art. 66) und das Berufsverbot (Art. 67 StGB) können sämtliche "anderen Massnahmen" (Art. 67b–73 StGB) im Strafbefehlsverfahren angeordnet werden. Die kantonalen Untersuchungsrichter und Untersuchungsrichterinnen erhalten ebenfalls die Strafbefehlskompetenz. Nach geltendem Recht können die Strafbefehlsrichter und Strafbefehlsrichterinnen Freiheitsstrafen von höchstens 90 Tagen mit oder ohne Busse und Bussen allein aussprechen (§ 5 Abs. 1 StPO). Daneben können sie auch Nebenstrafen und Massnahmen gemäss Art. 56 aStGB (Wirtshausverbot) und Art. 58 aStGB (Einziehung) sowie Art. 59–61 aStGB (Einziehung und Urteilspublikation) anordnen (§ 5 Abs. 3 StPO). Die geltenden Kompetenzen müssen bezüglich der Nebenstrafen und Massnahmen zwingend angepasst werden, weil das neue Recht nur noch "andere Massnahmen" kennt (Art. 66–73 StGB). Zudem wird das Wirtshausverbot (Art. 56 aStGB) als Sanktion gestrichen und im Gegenzug die Auferlegung eines Fahrverbots (Art. 67b StGB) neu eingeführt. Es erscheint sinnvoll, die Anordnung dieser "anderen Massnahme" mittels Strafbefehl zu ermöglichen. Das Berufsverbot (Art. 67 f. StGB; altrechtliches Verbot, einen Beruf, ein Gewerbe oder ein Handelsgeschäft auszuüben, Art. 54 aStGB) wird aber weiterhin nur durch das Gerichtspräsidium beziehungsweise das Bezirksgericht ausgesprochen werden können, weil die erforderliche Hauptstrafe immer noch über sechs Monate Freiheitsstrafe betragen muss. Ebenso wird die Friedensbürgschaft (Art. 66 StGB; Art. 57 aStGB) weiterhin nur durch das Gerichtspräsidium beziehungsweise das Bezirksgericht angeordnet, weil darüber in einem kontradiktorischen Verfahren zu befinden ist. Die Strafkompetenz der Strafbefehlsrichter und Strafbefehlsrichterinnen muss ebenfalls zwingend an die neue Terminologie des Strafgesetzbuches (Freiheitsstrafe, Geldstrafe, gemeinnützige Arbeit) angepasst werden. Der Bundesgesetzgeber nimmt im neuen Sanktionssystem selber die grosse Zäsur innerhalb der Strafen bei der Grenze von sechs Monaten vor. Unter sechs Monaten soll es in der Regel keine Freiheitsstrafen mehr geben (Art. 40 f. StGB). Sechs Monate sind auch die Grenze für die Möglichkeit der Strafverbüssung in der Form der gemeinnützigen Arbeit (Art. 37 Abs. 1 StGB). Es soll deshalb die Strafkompetenz im Strafbefehlsverfahren von bisher drei auf sechs Monate angehoben werden. Dieser neue Strafrahmen für das Strafbefehlsverfahren entspricht auch der im Entwurf zur Schweizerischen Strafprozessordnung vorgesehenen Lösung (vgl. Art. 355 E- StPO). Von der Kompetenzerhöhung wird eine spürbare Entlastung der Bezirksgerichte erwartet, die ihrerseits aufgrund des flexibleren Sanktionssystems allerdings auch so noch einen erheblichen Mehraufwand gewärtigen müssen. - 15 - Ausserdem wird vorgeschlagen, den kantonalen Untersuchungsrichtern beziehungsweise -richterinnen ebenfalls eine Strafbefehlskompetenz einzuräumen. Damit ist es möglich, im Rahmen eines komplexen vom kantonalen Untersuchungsrichteramt geführten Strafverfahrens entdeckte geringfügigere Delikte (beispielsweise werden einfache Verkehrsregelverletzungen im Rahmen von Ermittlungen wegen mehrfachen Betrugs entdeckt) oder Strafverfahren, in deren Verlauf sich herausstellt, dass am Ende nur eine geringfügige Sanktion angemessen ist, oder denjenigen Teil eines Strafverfahrens, der nur eine Nebenfigur betrifft, die hierfür ebenfalls nur eine geringfügige Strafe zu erwarten hat, vor der Verjährung rasch abzuschliessen, ohne dass das Dossier deswegen bereits über die Staatsanwaltschaft an ein Bezirksamt überwiesen werden muss. In den 28 Strafverfahren, die vom kantonalen Untersuchungsrichteramt (URA) in den letzten drei Jahren abgeschlossen worden sind, hätten, gemessen am Strafantrag der Staatsanwaltschaft, bei einer Strafbefehlskompetenz von 90 Tagen zwei Verfahren und bei einer Strafbefehlskompetenz von 180 Tagen gar acht Verfahren vollständig vom URA mittels Strafbefehl abgeschlossen werden können. Angesichts der Tatsache, dass auch in diesen Fällen Akten in erheblichem Umfang anfallen, werden die Bezirksämter spürbar entlastet, wenn diese Verfahren vom zuständigen kantonalen Untersuchungsrichter beziehungsweise von der zuständigen kantonalen Untersuchungsrichterin direkt abgeschlossen werden können. Auch die Bezirksgerichte werden entlastet, wenn sie sich nur noch mit den Haupttätern und nicht auch noch mit sämtlichen Nebentätern befassen müssen. Demgegenüber scheint der beim URA zu erwartende Mehraufwand wegen der neuen Aufgaben im Vollzug analog den anderen strafrichterlichen Behörden (vgl. Ziffer 3.1) vertretbar zu sein. 3.3.2 Auswirkungen der Sanktionssysteme auf die Zuständigkeiten der Gerichtspräsidien im Erwachsenenstrafrecht Die Strafkompetenz der Gerichtspräsidien wird auf Geldstrafen bis 360 Tagessätze, gemeinnützige Arbeit und ein Jahr Freiheitsstrafe ausgeweitet. Nach geltendem Recht kann das Gerichtspräsidium Freiheitsstrafen bis zu sechs Monaten, mit oder ohne Bussen, oder Bussen allein aussprechen. Zudem kann es Nebenstrafen für die Dauer von höchstens fünf Jahren und andere Massnahmen anordnen (§ 5a StPO). Bezüglich der Anpassung der Kompetenzregelung an die neue Terminologie und das Wegfallen der Nebenstrafen kann auf das oben zum Strafbefehlsverfahren Ausgeführte (Ziffer 3.2.1) verwiesen werden. Auch hier gilt, dass das revidierte Strafgesetzbuch nicht zwingend eine Erhöhung der Strafkompetenzen des Gerichtspräsidiums erfordert. Wird aber die Strafbefehlskompetenz angehoben, muss auch diejenige des Gerichtspräsidiums entsprechend angepasst werden, weil es keinen Sinn macht, zwei Instanzen mit den gleichen Kompetenzen zu versehen. Unabhängig davon ist es aber aus grundsätzlichen Überlegungen angezeigt, die Kompetenzen des Gerichtspräsidiums zu erhöhen. Diese strafrichterliche Behörde soll auch künftig tatsächlich Freiheitsstrafen aussprechen können, was kaum mehr der Fall wäre, wenn sie weiterhin nur Strafen bis sechs Monate verhängen dürfte. - 16 - Die Kompetenz soll dabei auf ein Jahr angehoben werden. Das Gerichtspräsidium kann damit Geldstrafen bis zum maximalen Umfang von 360 Tagessätzen aussprechen. Zugleich ermöglicht die Kompetenzerhöhung in diesem Ausmass, dass es weiterhin genügend Fälle gibt, bei denen die Laienrichter mitwirken können, so dass diese über ausreichend Erfahrung verfügen. 3.3.3 Auswirkungen der Sanktionssysteme auf die Zuständigkeiten der Jugendanwaltschaft Die Jugendanwaltschaft kann Bussen und Einschliessungsstrafen bis zu drei Monaten verhängen sowie Aufsicht, persönliche Betreuung und ambulante Behandlung anordnen. Die Jugendanwaltschaft hat heute folgende Strafbefehlskompetenzen (§ 11 Abs. 2 StPO): – – – – Verweis, Arbeitsleistung, Busse oder Einschliessung bis zu 14 Tagen (Art. 87 Abs. 1, 95 Ziff. 1 und 96 Ziff. 1 und 2 aStGB) Erziehungshilfen (Art. 84 und 91 Ziff. 1 aStGB) Aufschub der Anordnung von Strafen und Massnahmen (Art. 97 Abs. 1 aStGB) Absehen von Strafen und Massnahmen (Art. 87 Abs. 2, 88 und 98 aStGB) Die Jugendanwaltschaft soll weiterhin Bussen und persönliche Leistungen (bisher: Arbeitsleistungen) verhängen dürfen. Da beide Sanktionsformen in Freiheitsentzug umgewandelt werden können, soll der Jugendanwaltschaft auch die Umwandlungskompetenz eingeräumt werden (vgl. § 200 Abs. 1 StPO). Dies bedingt aber auch eine Erhöhung der Kompetenz beim Freiheitsentzug auf den bei der Umwandlung möglichen Strafrahmen. Nach neuem Recht kann eine Busse in einen Freiheitsentzug von bis zu 30 Tagen (Art. 24 Abs. 5 JStG) und eine persönliche Leistung in einen Freiheitsentzug von bis zu drei Monaten (Art. 23 Abs. 3 und Abs. 6 lit. b JStG) beziehungsweise ein Freiheitsentzug von bis zu drei Monaten in eine persönliche Leistung (Art. 26 JStG) umgewandelt werden. Dementsprechend soll der Jugendanwaltschaft auch die Kompetenz eingeräumt werden, Freiheitsstrafen bis zu drei Monaten anzuordnen. Ausserdem soll die Jugendanwaltschaft neben der Aufsicht und persönlichen Betreuung auch ambulante Behandlungen (Art. 14 JStG) anordnen können. Letztere werden sehr oft zusammen mit anderen Schutzmassnahmen angeordnet und gehen klar weniger weit als der Freiheitsentzug. Es macht daher keinen Sinn, die ambulante Behandlung weiterhin ausschliesslich den Jugendgerichten vorzubehalten (vgl. § 14 Abs. 1 lit. b StPO, wonach nur das Jugendgericht besondere Behandlungen anordnen darf). 4. Vernehmlassung Der Vorentwurf des Gesetzes über die Umsetzung der Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches, des Bundesgesetzes über das Jugendstrafrecht und weitere Bundesgesetze im Bereich der Strafverfolgung wurde am 16. Dezember 2005 in das Anhörungsverfahren geschickt. Neben einer allgemeinen Stellungnahme zur Vorlage wurde vor allem um die Meinungsäusserungen zu den Fragen des Festhaltens an den Schulpflegen als jugendstrafrichterlicher Behörden und der Erhöhung der Kompetenzen der strafrichterlichen Behörden ersucht. - 17 - Es sind 22 teilweise sehr ausführliche Stellungnahmen eingegangen. Die Stellungnahmen sind grossmehrheitlich positiv ausgefallen. Kritik gab es am Zeitpunkt der Durchführung des Anhörungsverfahrens. Es wurde bemängelt, dass der Revisionsentwurf vorgelegt wurde, obwohl im Bundesparlament noch die Nachbesserung der bereits beschlossenen Gesetzesänderung beraten worden sei. Es hätte zugewartet werden müssen, bis der definitive Text des Bundesgesetzes vorliegen würde. Bei allem Verständnis für diese Kritik muss festgehalten werden, dass die beschlossenen Nachbesserungen nur geringfügige Auswirkungen auf das kantonale Recht haben werden. Zudem ist zu beachten, dass der Bund bereits im Jahr 2005 angekündigt hat, das neue Recht per 1. Januar 2007 in Kraft zu setzen. Bei einem Zuwarten mit dem Anhörungsverfahren bis zum Zeitpunkt, da der definitive Text des Bundesrechts vorliegt, hätten vor dem zwingenden Inkraftsetzen des kantonalen Rechts keine Stellungnahmen der Vernehmlassungsteilnehmer mehr eingeholt beziehungsweise berücksichtigt werden können. 4.1 Beibehaltung der Schulpflegen Befürwortet wurde die Beibehaltung der Schulpflegen als Organ der Jugendstrafrechtspflege von der FDP, der EVP, der EDU, der Gemeindeammänner-Vereinigung, dem Gemeindeschreiberverband sowie der Konferenz der Rektoren der Mittelschulen. Ablehnend geäussert haben sich die CVP, die Grüne Partei, der Anwaltsverband sowie die Jugendkommission. Die Ablehnung wurde unter anderem damit begründet, dass die Strafverfolgung nicht zu den Kernaufgaben gehören würde (CVP), die Schulpflege als Laienbehörde mit grossen personellen Wechseln beim neuen komplexen Sanktionssystem überfordert wäre und keine Kontinuität erreichen könne (CVP, Jugendkommission) sowie dass die Schulpflege keine richterliche Instanz wäre (Grüne Partei) und kein justizförmiges Verfahren führen könne (Anwaltsverband). Trotz dieser Kritik wird am Vorschlag festgehalten, die Schulpflegen weiterhin als Jugendstrafbehörde einzusetzen. Die Vorteile der dezentralen Organisation der Jugendstrafrechtspflege bei Bagatelldelikten schulpflichtiger Jugendlicher überwiegen die geäusserten Bedenken. Dabei ist auch zu beachten, dass die Schulpflegen diese Aufgabe bereits seit Jahrzehnten erfüllen und ihnen neu sogar noch strafrechtliche Funktionen gegenüber Eltern oder Pflegeeltern übertragen wurden (§ 37a Schulgesetz). Das Problem der hohen Fluktuationsrate bei den Mitgliedern der Schulpflegen wirkt sich auch hier, wie in allen anderen Aufgaben, aus und muss hingenommen werden. Eine Überforderung wegen des neuen Sanktionssystems im Jugendstrafrecht ist schon deswegen kaum zu erwarten, weil die Schulpflegen wie bisher nur geringfügige Sanktionen verhängen dürfen. Dem Umstand, dass es sich bei den Schulpflegen nicht um richterliche Instanzen handelt, wird mit der Änderung der Rechtsmittelinstanz (Jugendgericht statt Bezirksschulrat) Rechnung getragen (§ 13 Abs. 4 nStPO). Wie alle anderen Verwaltungsbehörden, die strafrichterliche Funktionen ausüben, führen auch die Schulpflegen die Jugendstrafverfahren selbstverständlich justizförmig; die betroffenen Jugendlichen haben sämtliche ihnen zustehenden Parteirechte. - 18 - 4.2 Erhöhung der strafrichterlichen Kompetenzen Die Erhöhung der Kompetenz der Strafbefehlsrichter beziehungsweise -richterinnen und Gerichtspräsidien wurde von der SVP, der FDP, der EVP, dem Anwaltsverband, der Gemeindeammänner-Vereinigung, dem Gemeindeschreiberverband sowie der Jugendkommission befürwortet. Die SVP wünscht sogar die Ausdehnung auf das von Bundesrechts wegen maximal zulässige Mass. Abgelehnt wurde die Erhöhung dagegen von der SP, der CVP, der Grünen Partei, der EDU, der Konferenz der Gerichtspräsidenten (bezüglich Strafbefehlskompetenz). Die Ablehnung wird vor allem damit begründet, dass die Erhöhung nicht eine zwingende Folge des neuen Bundesrechts sei (SP), bei einer Strafbefehlskompetenz von bis zu sechs Monaten nicht mehr von Bagatelldelikten die Rede sein könne (SP, Grüne Partei, Gerichtspräsidentenkonferenz), diese Delikte nicht mehr für das Massengeschäft geeignet seien (Gerichtspräsidentenkonferenz) und der Abbau des Rechtsschutzes deshalb hier nicht mehr sinnvoll sei (SP, Grüne Partei, Gerichtspräsidentenkonferenz). Zudem sollen zuerst das Resultat der Beratung der eidgenössischen Strafprozessordnung (SP, Gerichtspräsidentenkonferenz) beziehungsweise die Auswertung der erst vor kurzer Zeit in Kraft getretenen Erhöhung der Strafbefehlskompetenz und Einführung der Einzelgerichte abgewartet werden (CVP). An der vorgeschlagenen Erhöhung der Strafkompetenzen der Strafbefehlsrichter und -richterinnen sowie der Gerichtspräsidien wird festgehalten. Diese verfahrensvereinfachenden Änderungen ermöglichen es, den mit dem neuem Bundesrecht entstehenden Mehraufwand wesentlich zu reduzieren. Die Erhöhung der Strafbefehlskompetenz steht zudem im Einklang mit der im Entwurf zur Schweizerischen Strafprozessordnung vorgeschlagenen Regelung (Art. 355 E-StPO). Die Vernehmlassungsteilnehmer wiesen noch auf verschiedene Verbesserungsmöglichkeiten hin, welche weitgehend umgesetzt werden konnten. Hingegen konnte die vereinzelte Kritik an der Bundesrechtsregelung naturgemäss in der kantonalen Vorlage keine Berücksichtigung finden. 5. Zu den einzelnen Bestimmungen 5.1 Gesetz über die Strafrechtspflege (Strafprozessordnung, StPO) §4 Wird eine von Verwaltungsbehörden ausgesprochene Busse oder Geldstrafe nicht bezahlt und ist sie auf dem Betreibungsweg tatsächlich oder voraussichtlich im Sinne des Art. 35 Abs. 3 StGB uneinbringlich, muss der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe in einem neuen richterlichen Urteil angeordnet werden (Art. 36 Abs. 2 teilweise i.V.m. Art. 106 Abs. 5 StGB). Für diesen Fall ist im neuen Absatz 2 eine Überweisungspflicht an die Anklagebehörde vorgesehen. Da sich die Strafkompetenz der Verwaltungsbehörden im bisherigen Rahmen (höchstens Haftstrafen bis 3 Monate) bewegt, werden die allenfalls von ihnen verhängten Geldstrafen nicht höher als 90 Tagessätze ausfallen. Damit können die Ersatzfreiheitsstrafen im Strafbefehlsverfahren ausgesprochen werden. Der Strafbefehl kann mittels Einsprache angefochten werden. Über diese Einsprachen entscheidet das Gerichtspräsidium endgültig. - 19 - Damit wird erreicht, dass die betroffene Person für den blossen Umwandlungsentscheid nicht über einen weitergehenden Rechtsmittelweg verfügt, als für den ursprünglichen Strafentscheid (§ 112 Abs. 3 Gemeindegesetz). § 5 Abs. 1 und 3 Die kantonalen Untersuchungsrichter und Untersuchungsrichterinnen erhalten neu ebenfalls die Kompetenz, Verfahren mit einem Strafbefehl abzuschliessen. Zudem wird die Strafbefehlskompetenz auf sechs Monate angehoben (vgl. oben Ziffer 3.3.1) und es werden die Sanktionsmöglichkeiten an das neue Sanktionssystem des Bundesrechts (Geldstrafen, gemeinnützige Arbeit) angepasst. Zudem wird bereits die Formulierung des Entwurfs der eidgenössischen Strafprozessordnung (Art. 355) übernommen, wonach bei der Festlegung der Zuständigkeit auch allfällig zu widerrufende bedingte Vorstrafen oder bedingte Entlassungen zu berücksichtigen sind. Absatz 3 wird in Abs. 1 lit. e überführt und zugleich an die geänderte Terminologie des StGB angepasst, die nicht mehr zwischen "Nebenstrafen" und "anderen Massnahmen" unterscheidet, sondern nur noch "andere Massnahmen" kennt. Die Friedensbürgschaft wird weiterhin im Privatstrafverfahren oder allenfalls im Rahmen eines ordentlichen Strafverfahrens angeordnet, weil diese Verfahren im Gegensatz zum Strafbefehlsverfahren kontradiktorisch sind. Das Berufsverbot kann grundsätzlich nicht mittels Strafbefehl ausgesprochen werden, weil dies eine Grundstrafe von mehr als sechs Monaten Freiheitsentzug beziehungsweise eine Geldstrafe von über 180 Tagessätzen voraussetzt (Art. 67 Abs. 1 StGB). § 5a Abs. 1, 1bis und 3 Die Kompetenz der Gerichtspräsidien wird auf ein Jahr angehoben (vgl. oben Ziffer 3.3.2) und die Sanktionsmöglichkeiten werden an das neue Sanktionssystem des Bundesstrafrechts (Geldstrafen, gemeinnützige Arbeit) angepasst. Zudem wird klargestellt, dass die Zuständigkeit des Gerichtspräsidiums in erster Linie durch den gestellten Strafantrag bestimmt wird. Das Gerichtspräsidium darf folglich die Sache nur bei einem aus seiner Sicht zu tiefen Antrag an das Bezirksgericht überweisen, nicht jedoch umgekehrt (Absatz 1bis). Absatz 3 wird in den neuen Abs. 1 lit. g überführt und zugleich an die geänderte Terminologie des Bundesrechts angepasst, das nicht mehr zwischen "Nebenstrafen" und "anderen Massnahmen" unterscheidet, sondern nur noch "andere Massnahmen" kennt. § 10 Abs. 1 Die Umschreibung der Zuständigkeit des Obergerichts wird mit dem Hinweis präzisiert, dass die ausdrückliche gesetzliche Erklärung der Endgültigkeit eines vorinstanzlichen Entscheids (beispielsweise §§ 4 Abs. 2, 13 Abs. 4 oder 134) vorbehalten bleibt. § 11 Abs. 2 - 20 - Das Jugendstrafrecht führt für altrechtliche Sanktionen teilweise neue Begriffe ein. So wird aus der bisherigen "Erziehungshilfe" die "Aufsicht" beziehungsweise "persönliche Betreuung" und aus der "besonderen" die "ambulante" Behandlung oder aus der "Arbeitsleistung" wird die "persönliche Leistung" und aus der "Einschliessung" der "Freiheitsentzug". § 11 Abs. 2 StPO ist an diese geänderte Terminologie anzupassen. Zugleich bringt das Jugendstrafrecht eine flexiblere Handhabung des Sanktionsvollzugs. Einerseits können angeordnete Massnahmen geändert und Bussen herabgesetzt werden, wenn sich die Verhältnisse geändert haben (Art. 18 und Art. 24 Abs. 4 JStG). Andererseits können Strafen von Amts wegen oder auf Gesuch des oder der Jugendlichen umgewandelt werden (Art. 23 Abs. 6, Art. 24 Abs. 5 und Art. 26 JStG). Im Rahmen ihrer Strafbefehlskompetenz soll die Jugendanwaltschaft auch diese nachträglichen Sanktionsänderungen verfügen können (vgl. unten zu § 200 Abs. 1 StPO). Entsprechend ist ihre Kompetenz beim Freiheitsentzug auf drei Monate zu erhöhen (Litera c; vgl. oben Ziffer 3.3.3). Diese Erhöhung entspricht auch der im Entwurf zur Eidgenössischen Jugendstrafprozessordnung vorgesehenen Strafbefehlskompetenz (Art. 32 Abs. 1 i.V.m. Art. 33 Abs. 2 lit. c Entwurf JStPO). Bisher war das Jugendgericht zuständig für die Anordnung der besonderen Behandlung (§ 14 Abs. 1 lit. b StPO). Da die ambulante Behandlung aber in der Regel – zumindest im Vergleich zum Freiheitsentzug – kein sehr schwerwiegender Eingriff in die persönliche Freiheit der Jugendlichen darstellt, soll neu die Jugendanwaltschaft auch ambulante Massnahmen (Art. 14 JStG) mit Strafbefehl anordnen können (Litera a). Diese Schutzmassnahme wird zudem häufig zusammen mit der Aufsicht oder persönlichen Betreuung, die bereits nach geltendem Recht in die Zuständigkeit der Jugendanwaltschaft fallen, angeordnet werden. Es dient deshalb auch der Verfahrensökonomie, wenn hierfür nicht noch das Jugendgericht bemüht werden muss (vgl. oben Ziffer 3.3.3). Nicht im Strafbefehlsverfahren abgewickelt wird die Umwandlung einer Busse in persönliche Leistung, weil hierfür nicht die urteilende, sondern die vollziehende Behörde zuständig ist (Art. 24 Abs. 3 JStG). § 13 Die Bestimmung ist an die neue Terminologie des Jugendstrafrechts und an die neue gesetzliche Grundlage anzupassen. So ist der Begriff "Kinder" durch denjenigen der "Jugendlichen, die das 15. Altersjahr nicht vollendet haben", zu ersetzen. Der mögliche Sanktionskatalog ist ebenfalls anzupassen, indem "Arbeitsleistung" durch "persönliche Leistung" ersetzt und der im neuen Recht begrifflich nicht mehr vorgesehene "Schularrest" gestrichen wird. Weiterhin soll die Schulpflege aber auch bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen (Art. 21 JStG) von einer Bestrafung absehen können. Die Regelung betreffend die Überweisung der Akten an die Jugendanwaltschaft (§ 13 Abs. 3 StPO) soll übernommen werden. Sie wird aber ergänzt mit der Pflicht der Schulpflegen, die Überweisung der Akten schriftlich, inklusive einer kurzen Schilderung des bisherigen Verfahrenslaufs, zu begründen. Nur so ist der Handlungsbedarf für die Jugendanwaltschaft innert nützlicher Frist zu beurteilen. Ebenfalls neu sollen die Akten der Jugendanwaltschaft überwiesen werden, wenn die betroffenen Jugendlichen nicht eine Volksschule, sondern eine Privatschule besuchen, weil es diesfalls keine sachlich zuständige Schulpflege gibt. Der Entscheid der Schulpflege, die Akten der Jugendanwaltschaft zu überweisen, soll nicht anfechtbar sein, weil damit die Rechtsposition des betroffenen Jugendlichen nicht verschlechtert wird. Im Gegenteil steht ihm dann sogar der Rechtsmittelweg bis ans Obergericht offen. - 21 - Das Jugendstrafgesetz verpflichtet die Kantone, den Weiterzug der gestützt auf dieses Gesetz ergangenen Beschlüsse, Entscheide und Verfügungen an eine gerichtliche Instanz zu ermöglichen (Art. 41 Abs. 1 JStG). Die Bezirkschulräte sind jedoch – trotz der Volkswahl – keine richterlichen Instanzen. Sie sind, wie sich aus der Systematik des Schulgesetzes klar ergibt, hierarchisch in die Schulverwaltung eingebunden (Titel: G. Behörden, §§ 69–89 Schulgesetz). So kann mit Ausnahme der Entscheide über Rechtsmittel gegen Jugendstrafentscheide der Schulpflegen gegen alle Beschlüsse und Entscheide der Bezirksschulräte Beschwerde beim Erziehungsrat erhoben werden, welcher seinerseits eindeutig eine Verwaltungsbehörde ist (§ 78 Schulgesetz). Im Übrigen sind die Bezirksschulräte auch in der Kantonsverfassung nicht als strafrichterliche Behörde aufgeführt (§ 99 KV). Um die bundesgesetzlichen Vorschriften, welche ihrerseits nur die Vorgaben der EMRK konkretisieren, im kantonalen Recht umzusetzen, sind an Stelle der Bezirksschulräte die Jugendgerichte als einzige Rechtsmittelinstanz gegen Strafentscheide der Schulpflegen einzusetzen. § 14 Abs. 1 Die möglichen Sanktionen der Jugendgerichte sind begrifflich an die neue Terminologie anzupassen. Ebenso sind die geänderten gesetzlichen Grundlagen aufzunehmen. Zu streichen ist die bisherige Kompetenz, Friedensbürgschaften anzuordnen (§ 14 Abs. 1 lit. e StPO). Mangels ausdrücklichem Verweis in Art. 1 Abs. 2 JStG sind andere Massnahmen des Erwachsenenstrafrechts (Art. 66 ff. StGB) mit Ausnahme der Einziehung (Art. 69–73 StGB) gegenüber Jugendlichen nicht anwendbar. Ebenfalls gestrichen wird die Kompetenz, ambulante Massnahmen anordnen zu können. Diese Zuständigkeit liegt neu bei der Jugendanwaltschaft (vgl. oben § 11 StPO). Die Kompetenz, Massnahmen zu ändern, wird neu systematisch korrekt in § 200 Abs. 1 lit. h StPO geregelt. Neu aufgenommen wird die Funktion als einzige kantonale Rechtsmittelinstanz gegen Entscheide der Schulpflegen und die Möglichkeit der Strafbefreiung gemäss Art. 21 Abs. 1 und 2 JStG. § 17 Abs. 2 und 3 Art. 39 Abs. 2 JStG hält am Grundsatz fest, dass Verfahren gegen Jugendliche nicht öffentlich sind. Diese Bestimmung lässt allerdings Ausnahmen zu, wenn die Jugendlichen es verlangen und keine höherwertigen Interessen entgegenstehen oder wenn es das öffentliche Interesse erfordert. Dieser differenzierteren Regelung ist mit einer Änderung des § 17 Abs. 2 letzter Satz StPO Rechnung zu tragen. Da gegen Kinder keine Strafverfahren mehr geführt werden, ist Absatz 3 begrifflich zu bereinigen. § 18 Abs. 2, 3 und 4 Mit der Änderung der Strafprozessordnung vom 2. Juli 2002, die per 1. Januar 2003 in Kraft getreten ist, wurde dem Regierungsrat die umfassende Regelungskompetenz im Bereich des Straf- und Massnahmenvollzugsrechts übertragen (§§ 241, 241b Abs. 2 und 242 Abs. 3 StPO). Der Regierungsrat hat mit Erlass der Verordnung über den Vollzug von Strafen und Massnahmen (Strafvollzugsverordnung, SMV) vom 9. Juli 2003 von dieser Kompetenz - 22 - Gebrauch gemacht. In der Folge hat der Grosse Rat das durch diese Verordnung ersetzte Dekret über den Vollzug von Strafen und Massnahmen (Strafvollzugsdekret) mit Beschluss vom 23. März 2004 aufgehoben. § 18 Abs. 2 StPO wird nun ebenfalls formell noch an die geänderte Erlassgrundlage angepasst. Absatz 3 wird insofern präzisiert, als im Hinblick auf das straffere Rechtsmittelverfahren im neuen Verwaltungsrechtspflegegesetz, wonach es in der Regel nur noch eine verwaltungsinterne Beschwerdeinstanz geben soll, Beschwerdeentscheide des Departements Volkswirtschaft und Inneres nicht mehr beim Regierungsrat angefochten werden. In Absatz 4 soll ebenfalls im Hinblick auf das neue Verwaltungsrechtspflegegesetz, das einen Regelrechtsmittelweg aufstellt und Ausnahmen nur bei ausdrücklicher gesetzlicher Regelung zulässt, die gesetzliche Grundlage geschaffen werden für die in § 102 Abs. 6 SMV vorgesehene Aufzählung derjenigen Entscheide der Vollzugsbehörde, die nicht auf dem Verwaltungsrechtspflegeweg angefochten werden können, weil ihnen von Amts wegen oder auf Antrag ein strafrichterlicher Entscheid nachfolgt. Diese Ausnahmeregelung ist zur Verfahrensbeschleunigung zwingend erforderlich, damit nicht ein doppelter Instanzenweg offen steht, indem die Betroffenen zuerst das gesamte Verwaltungsverfahren und anschliessend für die selben materiellen Fragen nochmals das gesamte strafgerichtliche Verfahren durchlaufen können. § 19 Abs. 1bis Es handelt sich um Anpassungen an die neuen Sanktionsformen, Terminologien und Artikelnummern des Bundesrechts. Zudem wird die Bezeichnung "Begnadigungskommission" durch "Kommission für Justiz" ersetzt, da diese im Rahmen der Parlamentsreform neu für die Behandlung von Gnadengesuchen zuständig erklärt wird (§ 20 Abs. 1 Ziff. 1 GO). § 20 Marginalie und Abs. 3 Eine inhaltliche Anpassung an den neuen Art. 379 Abs. 1 StGB und eine formelle Anpassung an die geänderte Artikelnummer im StGB. § 29 Abs. 3 Anpassung an die geänderte strafgesetzliche Definition des Kindes (Art. 4 JStG beziehungsweise Art. 82 aStGB). § 31 Abs. 1 Eine formelle Anpassung an die geänderten Artikelnummern im StGB. § 32 Abs. 2 Eine formelle Anpassung an die geänderten Artikelnummern im StGB. - 23 - § 36 Abs. 1 Eine formelle Anpassung an die geänderte Artikelnummer im StGB. § 40 Abs. 1 und Abs. 3 lit. c und f Formelle Anpassungen an die geänderten Artikelnummern im StGB. § 56 Abs. 3 Das von einem Strafverfahren betroffene Unternehmen hat aus der Mitte der zu seiner uneingeschränkten zivilrechtlichen Vertretung befugten Personen jemanden zu bestimmen, der das Unternehmen im Strafverfahren vertritt (Art. 102a Abs. 1 StGB). Dieser Vertretung stehen die gleichen Rechte und Pflichten wie jeder anderen beschuldigten oder angeklagten Person zu. Das wird in § 56 Abs. 3 StPO klargestellt. § 58 Abs. 1 lit. a und c Bisher wurde für die Bestellung eines amtlichen Verteidigers oder einer amtlichen Verteidigerin auf Gesuch der beschuldigten Person hin unter anderem auf die Höhe der Strafdrohung für die ihr zur Last gelegte Tat abgestellt. Diese musste mindestens sechs Monate Gefängnis betragen. Diese Grenze soll beibehalten werden. Allerdings kennt das neue Recht keine Strafdrohung von mindestens sechs Monaten Freiheitsstrafe mehr. Freiheitsstrafen sollten grundsätzlich nicht für weniger als sechs Monate ausgesprochen werden (Art. 40 f. StGB). Deshalb wird für die Bestellung einer amtlichen Verteidigung auf die neu im Bundesrecht vorgesehene Mindeststrafdrohung der Geldstrafen von nicht unter 180 Tagessätzen oder die ausschliessliche Strafdrohung einer Freiheitsstrafe abgestellt. Nach geltendem Recht hat jede beschuldigte Person Anrecht auf die Beigabe einer amtlichen Verteidigung, sobald das gegen sie geführte Strafverfahren von einem ausserordentlichen Untersuchungsrichter beziehungsweise einer ausserordentlichen Untersuchungsrichterin geleitet wird (Litera c). Das führt dazu, dass allen Beschuldigten in einer vom Untersuchungsrichteramt geführten Untersuchung unabhängig von der Schwere des sie betreffenden Tatvorwurfs die amtliche Verteidigung gewährt werden muss. Damit können auch Beteiligte, die nur in einem geringfügigen Mass beispielsweise nur in einem einzigen von dutzenden Betrugsfällen oder nur als Gehilfe beschuldigt werden, die amtliche Verteidigung verlangen. Diese weite Regelung ist nicht sachgerecht und soll deshalb aufgehoben werden. Damit werden die Verteidigungsrechte der Hauptbeschuldigten nicht berührt, da diese allein wegen der Schwere der Tatvorwürfe und der schwierigen Sach- und Rechtslage (vgl. § 2 Abs. 3 StPO) jedenfalls Anspruch auf eine amtliche Verteidigung haben. Die amtliche Verteidigung als Folge der Schwere des Tatvorwurfs ergibt sich aus Litera a, diejenige als Folge der schwierigen Sach- und Rechtslage ergibt sich aus der neuen Formulierung von Litera c, die sich an den Entwurf der Eidgenössischen Strafprozessordnung (Art. 130 Abs. 2 lit. b) anlehnt. § 59 Abs. 1 - 24 - Eine formelle Anpassung an den Wegfall der Nebenstrafen und an die geänderten Artikelnummern im StGB. § 60a Bezeichnet das Unternehmen, gegen das ein Strafverfahren eingeleitet wurde, nicht innert angemessener Frist eine zur Vertretung befugte Person oder wird gegen die bezeichnete Person in derselben oder in einer ähnlichen Sache ebenfalls ein Strafverfahren eröffnet, ohne dass das Unternehmen eine andere Person als Vertretung bezeichnet, bestellt der Untersuchungsrichter beziehungsweise die Untersuchungsrichterin oder das Präsidium des zuständigen Gerichts einen Vertreter oder eine Vertreterin. Steht keine im StGB vorgesehene Vertretung zur Verfügung, wird eine geeignete Drittperson bestellt (Art. 102a Abs. 3 StGB). Diese neue Kompetenz wird in die Strafprozessordnung übernommen. Zudem wird festgelegt, dass das Unternehmen zur Bestellung einer Drittperson anzuhören ist und die Drittperson nach den Ansätzen der amtlichen Verteidigung (vgl. § 61 Abs. 3 StPO) entschädigt wird. § 61 Marginalie, Abs. 1 Die Nummerierung der Marginalie wird an den neu eingefügten § 60a angepasst. Zudem werden in Absatz 1 die Geschwister wieder als zur Vertretung berechtigte Personen bezeichnet. Sie wurden versehentlich im Rahmen des Einführungsgesetzes zum Bundesgesetz über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte (EG BGFA) vom 2. November 2004 gestrichen. Zugleich wird eine Anpassung an die Vorschriften des neuen Anwaltsgesetzes des Bundes vorgenommen. § 62 Marginalie, Abs. 2 Mit der Revision der Strafprozessordnung vom 2. Juli 2002 wurden in § 62 neu die von der Verfassung vorgegebenen Verteidigungsrechte (so genannte "Miranda Warning") eingeführt. Dabei wurde die Marginalie versehentlich nicht entsprechend angepasst. Zur Bestimmung des Tagessatzes der Geldstrafe müssen die wirtschaftlichen Verhältnisse abgeklärt werden. Das soll bereits im Vorverfahren geschehen. Entsprechend ist Absatz 2 zu ergänzen. Die von der Polizei erhobenen Daten sind allerdings vom Gericht nochmals zu verifizieren, da für die Festlegung der Tagessätze die Verhältnisse im Zeitpunkt des Urteils massgebend sind (Art. 34 Abs. 2 StGB). § 95 Abs. 1 Zum einen wird die Bestimmung an die modernen Kommunikationsmittel und an den § 88 Abs. 6 StPO angepasst, indem nicht mehr nur die Überwachung des Telegramm- oder Telefonverkehrs, sondern des Fernmeldeverkehrs allgemein vom Erfordernis der Bewilligung des Präsidenten der Beschwerdekammer erfasst ist. Zum anderen wird klargestellt, dass der Präsident der Beschwerdekammer die zuständige richterliche Behörde gemäss Art. 7 Abs. 3 DNA-Profil-Gesetz ist. Ihm obliegt damit der Entscheid über die Durchführung von - 25 - Massenuntersuchungen und die invasive Probenahme. Der entsprechende Antrag ist von der zuständigen Untersuchungsbehörde beziehungsweise der Staatsanwaltschaft zu stellen. § 98 Abs. 1 Ziff. 2 und 3 und Abs. 3 Wird ein Strafverfahren gegen ein Unternehmen geführt, steht allen Personen, die zur uneingeschränkten zivilrechtlichen Vertretung des Unternehmens befugt sind, ein Aussageverweigerungsrecht zu (Art. 102a Abs. 2 StGB). Entsprechend ist die Kategorie der zur Zeugnisverweigerung berechtigten Personen zu erweitern. In Absatz 3 erfolgt zudem eine formelle Anpassung an die geänderte Artikelnummer im StGB. § 107 Marginalie, Abs. 1 und 3 Nach geltendem Strafrecht wird als Kind bezeichnet, wer das 15. Altersjahr noch nicht zurückgelegt hat (Art. 82 Abs. 2 aStGB). Nach neuem Recht gilt als Kind nur noch, wer unter zehn Jahre alt ist (Art. 4 JStG). Da aber, wer jünger als 15 Jahre ist, weiterhin nur als Auskunftsperson befragt werden soll, sind die Marginalie und Absatz 1 des § 107 StPO entsprechend zu ergänzen. In Absatz 3 ist zudem eine formelle Anpassung an das geänderte Zivilrecht vorzunehmen, das nicht mehr von der "elterlichen Gewalt", sondern von der "elterlichen Sorge" spricht (Art. 296 ff. ZGB). § 110 Anpassung an die Änderung des Strafgesetzbuches im Bereich des Schwangerschaftsabbruchs (Art. 118 ff. StGB). § 119 Abs. 3bis Das neue Strafgesetzbuch sieht neu bestimmte Fälle vor, in denen bereits auf die Einleitung eines Strafverfahrens verzichtet werden kann (Art. 52–54 StGB). Die in Absatz 3bis vorgesehenen Fälle solcher Nichteintretensentscheide sind entsprechend zu ergänzen. § 136 Abs. 1 und 3 Absatz 1 wird an den neu eingeführten vierten Abschnitt "Strafbefreiung" (Art. 52–54 StGB) angepasst. Der bisher vorgesehene Strafbefreiungsgrund der schweren Betroffenheit des Täters gemäss Art. 66bis StGB ist neu in den Art. 52–54 StGB geregelt, weshalb ein Verweis auf diese Bestimmungen genügt. Der Verweis auf den Strafbefreiungsgrund des geringfügigen Verschuldens oder der geringfügigen Tatfolgen wird beibehalten, da er nicht nur im Bundesrecht (Art. 52 StGB), sondern auch ausdrücklich in § 24 Abs. 2 StPO genannt wird. In Absatz 3 erfolgt eine formelle Anpassung an die geänderten Artikelnummern im StGB. - 26 - § 137 Abs. 2 Eine formelle Anpassung an die geänderten Artikelnummern im StGB. § 138 Abs. 3 Neu können auch Einstellungsverfügungen der Strafverfolgungsbehörden von Amts wegen oder auf Antrag der betroffenen Person durch das Gericht veröffentlicht werden (Art. 68 Abs. 2 und 3 StGB). Diese neue Möglichkeit wird in die Strafprozessordnung übernommen. Dabei wird auch das Antragsrecht der Staatsanwaltschaft aufgenommen. Sie erlässt die Einstellungsverfügung und hat deshalb im Gegensatz zur richterlichen Behörde, die sich bis dahin überhaupt nicht mit dem Fall befassen musste, Kenntnis von einem allenfalls bestehenden öffentlichen Interesse an deren Veröffentlichung. Als zuständige richterliche Behörde wird der Strafbefehlsrichter beziehungsweise die Strafbefehlsrichterin vorgesehen, weil die Einstellung das Vorverfahren, genau wie der Strafbefehl, abschliesst und damit vor der Überweisung an das Gericht verfügt wird. - 27 - § 149 Abs. 2 Einerseits wird die Umschreibung "Zuchthaus- oder Gefängnisstrafe" durch den neuen Begriff der "Freiheitsstrafe" ersetzt. Zum anderen soll auch die massgebliche Strafantragsgrenze für das obligatorische Auftreten der Staatsanwaltschaft vor Gericht von bisher 18 Monaten auf zwei Jahre angehoben werden, weil im Bundesrecht die Grenze für die Gewährung des bedingten Strafvollzugs ebenfalls entsprechend angehoben wird. § 166 Art. 40 StGB bestimmt, dass die Freiheitsstrafen in der Regel mindestens sechs Monate betragen müssen. Die strafrichterliche Behörde kann nur unter sehr einschränkenden Voraussetzungen auf eine vollziehbare Freiheitsstrafe von weniger als sechs Monaten erkennen (Art. 41 Abs. 1 StGB) und muss diese Strafform näher begründen (Art. 41 Abs. 2). Diese Begründungspflicht wird ausdrücklich in § 166 StPO aufgenommen. Ebenso ist die Begründungspflicht betreffend Bewährungshilfe und Weisungen aufzunehmen (Art. 95 Abs. 2 StGB). § 167 Abs. 1 und Abs. 2 Ziff. 4, Abs. 2bis Heute müssen die Urteilsdispositive innert fünf Tagen zugestellt werden. In der Praxis kann diese Ordnungsfrist von den Gerichten häufig, vor allem wenn noch Wochenenden oder Feiertage in diese Frist fallen, nicht eingehalten werden. Auch wenn eine Verletzung einer solchen blossen Ordnungsfrist keine rechtlichen Folgen nach sich zieht, sollte die Frist doch soweit angepasst werden, dass sie tatsächlich auch eingehalten werden kann. Es wird deshalb vorgeschlagen die Frist dadurch zu verlängern, dass nur Werktage massgebend sind. Abs. 2 Ziff. 4 enthält eine formelle Anpassung an den Wegfall der Nebenstrafen im neuen StGB. In Absatz 2bis wird sichergestellt, dass die neu vom Bundesrecht verlangte obligatorische Urteilsbegründung auch dann erfolgt, wenn das Urteil ausnahmsweise nicht im Anschluss der Verhandlung mündlich eröffnet worden ist. § 170 lit. b und d In Litera b erfolgt eine formelle Anpassung an die geänderten Artikelnummern im StGB. In Litera d werden die altrechtlichen Begriffe "Haft" und "Gefängnis" durch diejenigen der "Freiheitsstrafe" und "Geldstrafe" ersetzt. Auch wenn es grundsätzlich keine Freiheitsstrafen von weniger als einem Monat geben soll (Art. 40 StGB), wird an dieser Obergrenze festgehalten, da Art. 41 Abs. 1 StGB ausdrücklich Ausnahmen zulässt. § 181 Abs. 1 Ziff. 8 und Abs. 2 Formelle Anpassungen an die geänderte Artikelnummer beziehungsweise geänderte Ziffernummer innerhalb eines Artikels im neuen StGB. - 28 - § 183 Abs. 2 Eine formelle Anpassung an die geänderte Artikelnummer im neuen StGB. § 187 Eine formelle Anpassung an die geänderte Artikelnummer im neuen StGB. § 188 Sinngemässe Ausdehnung der Geltung des Abwesenheitsverfahrens (vgl. § 190 Abs. 3) auf die Einvernahme der Parteien im Instruktionsverfahren. § 190 Abs. 3 Bei der letzten Revision der Strafprozessordnung, die am 1. Januar 2003 in Kraft getreten ist, wurde für die ordentlichen Strafverfahren in § 170 lit. a eine Vereinfachung des Abwesenheitsverfahrens eingeführt, indem bei kleineren Delikten die Beurteilung in Abwesenheit möglich ist, wenn die angeklagte Person die Annahme der Vorladung verweigert oder dieser nicht Folge leistet. Bei den Privatstrafverfahren wurde diese Erleichterung nicht vorgesehen. Seit 1998 müssen Übertretungen der allgemeinen Verbote gemäss Art. 309 ff. ZPO durch die Bezirksgerichte im Privatstrafverfahren abgeurteilt werden. Bei diesen Verboten handelt es sich um Massenbagatelldelikte. Zwar können die meisten dieser Anzeigen im vereinfachten Verfahren nach § 185a StPO abgehandelt werden. Dennoch bleibt eine erhebliche Anzahl Verfahren, die im ordentlichen Privatstrafverfahren behandelt werden muss. Gerade in diesen Fällen zeigen sich die Beklagten häufig wenig kooperativ, so dass hier im Instruktions- und im Hauptverfahren jeweils mehrere Vorladungen verschickt werden müssen. Diese Aufblähung der Verfahren ist der geringen Bedeutung der Sache nicht angemessen. Deshalb wird zur Verfahrensbeschleunigung die Einführung des vereinfachten Abwesenheitsverfahrens im Hauptprivatstrafverfahren vorgeschlagen. Diese Regelung gilt sinngemäss auch für das Instruktionsverfahren (vgl. § 188). § 195 Ziff. 5 Da es keine bedingte Bussenlöschung mehr geben wird, ist auch der entsprechende Hinweis in § 195 Ziff. 5 zu streichen. Die Strafbefehlsrichter können neu Freiheitsstrafen bis zu sechs Monate aussprechen (vgl. § 5 StPO). Werden derart kurze Strafen unbedingt ausgesprochen, so ist dies speziell zu begründen (Art. 41 Abs. 2 StGB). Auch die Anordnung der Bewährungshilfe und die Erteilung von Weisungen müssen begründet werden (Art. 95 Abs. 2 StGB). Diese Begründungpflicht wird deshalb ausdrücklich in § 195 Ziff. 5 festgehalten. Ebenso muss die Erklärung der Bedeutung des bedingten oder teilbedingten Strafvollzugs (Art. 44 Abs. 3 StGB) im Strafbefehl aufgenommen werden. Auf diese Art und Weise wird sichergestellt, dass das Strafbefehlsverfahren trotz der bundesrechtlichen Begründungs- und Erklärungspflicht schlank durchgeführt werden kann und nicht alle Betroffenen zur mündlichen Eröffnung des Strafbefehls vorgeladen werden müssen. - 29 - § 200 Einige der bisher von den Gerichten nach dem Urteil zu fällenden Entscheide (zum Beispiel Löschungen der Strafregistereinträge, Bussenumwandlungen, Wirtshausverbot oder Rehabilitation) fallen mit dem neuen StGB weg. Dafür kommen verschiedene neue Entscheide auf die Gerichte zu (zum Beispiel Änderung der Sanktionen oder Rückversetzung in den Straf- und Massnahmenvollzug). § 200 ist an diese Änderungen anzupassen. Beibehalten werden soll weiterhin die Unterscheidung der Zuständigkeiten zwischen den erstinstanzlich urteilenden Gerichten beziehungsweise Strafbefehlsrichterinnen und -richtern einerseits und den Präsidien beziehungsweise Strafbefehlsrichterinnen und -richtern andererseits. Erstere sind zuständig für einschneidende Entscheide, wie beispielsweise Änderung der Sanktionen. Neu eingeführt werden auch diejenigen Entscheide, die gestützt auf einen ursprünglichen Antrag der Vollzugsbehörde zu fällen sind. Auch hier wird zwischen der Zuständigkeit des Gesamtgerichts und des Präsidiums je nach Tragweite der Entscheide unterschieden (Abs. 4 und 5). Da im Strafbefehlsverfahren keine Massnahmen angeordnet werden können, werden in Absatz 4 nur die Bezirksgerichte und Gerichtspräsidien genannt. Demgegenüber wird Absatz 3 aufgehoben. Der Verweis auf die Zuständigkeit bei Löschungen von Strafen, die gestützt auf Vorschriften des Militärstrafgesetzes ausgefällt worden sind, ist unnötig. Analog zum neuen Art. 45 StGB sieht auch der neue Art. 39 MStG keine Löschung des Registereintrags bei Bewährung mehr vor. Ausserdem ist in Absatz 1 auch die flexiblere Handhabung des Sanktionsvollzugs im Jugendstrafgesetz anzupassen (vgl. oben zu § 11 Abs. 2 StPO). Einerseits können angeordnete Massnahmen geändert und Bussen herabgesetzt werden, wenn sich die Verhältnisse geändert haben (Art. 18 und Art. 24 Abs. 4 JStG). Andererseits können Strafen von Amts wegen oder auf Gesuch des oder der Jugendlichen umgewandelt werden (Art. 23 Abs. 6, Art. 24 Abs. 5 und Art. 26 JStG). Es handelt sich dabei um Entscheide nach der Urteilsfällung, mit welcher die ursprüngliche Sanktion verändert wird, und die deshalb vom selben Spruchkörper zu fällen sind, der das ursprüngliche Urteil gesprochen hat. Nicht zu diesen Entscheiden zu zählen sind die Änderung einer Massnahme, sofern sie nicht verschärft wird (Art. 18 Abs. 1 JStG), und die Umwandlung einer Busse in persönliche Leistung (Art. 24 Abs. 3 JStG), weil hierfür nicht die urteilende, sondern die vollziehende Behörde zuständig ist. § 201 Abs. 1 und 2 Absatz 1 erfährt eine rein sprachliche Verbesserung. Sowohl die Rehabilitation als auch das Wirtshausverbot kommen im neuen Strafgesetzbuch nicht mehr vor. Die entsprechenden kantonalen Ausführungsbestimmungen in Absatz 2 können aufgehoben werden. § 203 Abs. 2 Die Urteilslöschungen werden nicht mehr im Strafgesetzbuch geregelt und die Entfernung des Registereintrags erfolgt von Amtes wegen (Art. 369 StGB), so dass kein richterlicher Entscheid mehr nötig ist. Der entsprechende Verweis in der kantonalen Ausführungsbestimmung kann deshalb aufgehoben werden. Damit die übrigen richterlichen - 30 - Entscheide nach der Urteilsfällung nun nicht stets aufgrund einer mündlichen Verhandlung getroffen werden müssen, soll die mündliche Verhandlung nur noch die Regel sein. Insbesondere bei den nachträglichen Anpassungen der Geldstrafen und Bussen (Art. 36 Abs. 3 und Art. 106 Abs. 5 StGB), die aufgrund der von den Betroffenen eingereichten Unterlagen vorzunehmen sind, kann häufig aufgrund der Akten entschieden werden. Damit können die strafrichterlichen Behörden im Bereich des Massengeschäfts entlastet werden. § 204 Die Urteilslöschungen werden nicht mehr im Strafgesetzbuch geregelt und die Entfernung des Registereintrags erfolgt von Amtes wegen (Art. 369 StGB), so dass kein richterlicher Entscheid mehr nötig ist. Der entsprechende Verweis in der kantonalen Ausführungsbestimmung kann deshalb aufgehoben werden. § 213 Abs. 1 Das Geschworenengericht wurde bereits per 31. Dezember 1977 aufgehoben. Nun wird auch der letzte überflüssige Hinweis auf diese Instanz gestrichen. § 222 Abs. 1 Die massgebliche Grenze des erstinstanzlichen Strafmasses für die Durchführung einer Parteiverhandlung vor dem Obergericht im Berufungsverfahren soll von bisher 18 Monaten auf zwei Jahre angehoben werden, weil das neue Bundesrecht die Grenze für die Gewährung des bedingten Strafvollzugs ebenfalls entsprechend anhebt (Art. 42 Abs. 1 StGB). Zudem wird ein gesetzgeberisches Versehen korrigiert, indem die Behandlung eines Wiederaufnahmegesuchs nicht mehr automatisch in einer Parteiverhandlung beurteilt werden muss. Damit steht § 222 Abs. 1 nicht mehr im Widerspruch zu § 233 Abs. 2 StPO, der eine mündliche Verhandlung bei Wiederaufnahmegesuchen nur auf ausdrücklichen Antrag der Parteien vorsieht. § 237 Abs. 2 Anpassung an die Terminologie des neuen Strafgesetzbuches, das von stationären therapeutischen Massnahmen (Titel Zweites Kapitel, Erster Abschnitt StGB) und auch von Vollzugseinrichtungen (Art. 377 StGB) spricht. § 238 Abs. 1 lit. a Das neue Recht kennt den Begriff der "Geisteskrankheit" (vgl. Art. 10 aStGB) nicht mehr, sondern verwendet die Umschreibung "psychische Störungen" (Art. 59 StGB). § 239 Abs. 2 Das neue Recht kennt weder den Begriff der "sichernden Massnahme" noch setzt es weiterhin eine Mindestdauer für den Massnahmenvollzug fest. Es wird deshalb nur noch allgemein festgelegt, dass die Direktion der Anstalt oder Einrichtung, in der die verurteilte Person ihre Sanktion verbüsst, der Vollzugsbehörde rechtzeitig und unaufgefordert Bericht - 31 - und Antrag für die Prüfung der bedingten Entlassung unterbreitet. Diese Pflicht soll aber praxisgemäss nun beim Vollzug sämtlicher freiheitsentziehender Sanktionen gelten. § 240 Abs. 1 und 2bis Absatz 1 erfährt einerseits eine formelle Anpassung an die neu eingeführte Geldstrafe und die geänderten Artikelnummern im neuen StGB. Zudem wird auf den Vorrang des speziellen Bundesgesetzes über die Teilung von eingezogenen Vermögenswerten verwiesen (TEVG; vgl. Art. 381 Abs. 3 aStGB). Dieses neue Bundesgesetz, das die Teilung von eingezogenen Vermögenswerten regelt, wenn deren Bruttowert Fr. 100'000.– übersteigt und mehrere Gemeinwesen beteiligt sind, sieht für die kantonalen Behörden verschiedene Meldepflichten beziehungsweise Informationsansprüche vor. Zum einen müssen kantonale Einziehungsentscheide, die unter den Anwendungsbereich des Bundesgesetzes fallen, innert 10 Tagen nach Rechtskraft dem Bundesamt für Justiz gemeldet werden. Diese Meldung wird, wie bei den übrigen in Bundesgesetzen vorgesehenen Meldepflichten, direkt durch das urteilende Gericht vorgenommen. Die übrigen den kantonalen Behörden zugewiesenen Aufgaben sollen von der Staatsanwaltschaft übernommen werden, die bereits heute Aufgaben im Zusammenhang mit der Verwertung von eingezogenen Gegenständen wahrnimmt (§ 240 Abs. 2 StPO). Sie soll die Stellungnahmen zuhanden des Bundes abgeben (Art. 6 Abs. 4 TEVG), die Bundesbehörden auf mögliche internationale Bezüge hinweisen (Art. 12 TEVG), die Rückerstattung der verteilten Vermögenswerte nach einer Änderung der Einziehungsverfügung geltend machen (Art. 9 TEVG) und auch die den Kantonen zustehenden Rechtsmittel einlegen (Art. 7 TEVG). Auch wenn es sich bei Letzterem um ein Verwaltungsverfahren handelt, ist die Zuweisung der Rechtsmittelkompetenz an die Staatsanwaltschaft sachgerecht. Als von Beginn an involvierte Behörde kennt sie den Sachverhalt am besten und kann deshalb die Interessen des Kantons optimal vertreten. § 241 Abs. 1 Einleitungssatz, Ziff. 2 und 4 und Abs. 2 Abs. 1 Ziff. 2 ist an die neue Terminologie des Strafgesetzbuches, das nicht mehr von Verdienstanteil, sondern von Arbeitsentgelt spricht, sowie an die geänderte Artikelnummer anzupassen. Vorbehalten bleiben allfällige weitere Anpassungen an die noch vom Bundesrat zu erlassende Verordnung (Art. 387 Abs. 1 lit. e StGB). Der Einleitungssatz von Absatz 1 wird ferner durch den neuen Begriff "Einrichtungen" ergänzt. In Abs. 1 Ziff. 4 soll im Hinblick auf das neue Verwaltungsrechtspflegegesetz, das eine Regelrechtsmittelfrist aufstellt und Ausnahmen nur bei ausdrücklicher gesetzlicher Regelung zulässt, die gesetzliche Grundlage geschaffen werden für die in § 76 Abs. 2 SMV vorgesehene kürzere Beschwerdefrist von 3 Tagen betreffend Disziplinarentscheide. In Absatz 2 sind die exemplarisch aufgezählten besonderen Vollzugsformen zu streichen, weil diese neu als Regelvollzug auf Gesetzesstufe vorgesehen sind. Die Kompetenz des Regierungsrats, auf dem Verordnungsweg weitere durch Bundesverordnung zugelassene alternative Vollzugsformen einzuführen, wie beispielsweise das im Entwurf der Bundesverordnung vorgesehene Electronic Monitoring, wird beibehalten, um die nötige Flexibilität bei der Einführung neuer Vollzugsformen zu erhalten. - 32 - - 33 - § 241a Abs. 2 In Litera a erfolgt eine formelle Anpassung an die geänderten Artikelnummern im neuen StGB. In Litera b muss ein Formulierungsfehler korrigiert werden. Massgebend für die Zulässigkeit einer medizinischen Zwangsbehandlung ist nicht die vom Richter zu beurteilende Zurechnungsunfähigkeit, sondern die von der Ärztin oder dem Arzt festzustellende Urteilsunfähigkeit der betroffenen Person. § 241b Marginalie, Abs. 1 lit. a und Abs. 2 Eine formelle Anpassung an die geänderte Terminologie im neuen StGB (Art. 93 ff. StGB), mit der die "Schutzaufsicht" durch "Bewährungshilfe" ersetzt und neu die freiwillige soziale Betreuung vorgesehen wird. § 242 Abs. 2 und 3 Das neue StGB sieht vor, dass die Gefangenen ihren Beitrag an die Vollzugskosten durch Verrechnung mit ihrer Arbeitsleistung tragen (Art. 380 Abs. 2 lit. a StGB). Eine Festlegung der Gefangenenbeiträge anhand der Einkommens- und Vermögensverhältnisse ist im Normalvollzug nur noch möglich, wenn die Gefangenen eine zugewiesene und zumutbare Arbeit verweigern (Art. 380 Abs. 2 lit. b StGB). Dementsprechend ist § 242 Abs. 2 anzupassen. Da die Gefangenen nur noch bei eigenem Fehlverhalten zu zusätzlichen Kostenbeiträgen verpflichtet werden können, muss auf die im geltenden Recht vorgesehene Ersatzpflicht bei "günstigen" finanziellen Verhältnissen verzichtet werden. Erfahrungsgemäss erfüllen die Gefangenen aber ihre Arbeitspflicht praktisch immer, so dass es in der Praxis wohl sehr selten zur Festlegung der Kostenbeiträge an den Normalvollzug kommen wird. Sollte es ausnahmsweise zu einer Arbeitsverweigerung kommen, stellt sich allerdings das praktische Problem, dass die Gefangenen in der Regel über kein Einkommen und im überwiegenden Teil der Fälle auch über kein Vermögen verfügen, so dass eine Kostenbeteiligung ohnehin ausscheidet. Befindet sich der oder die Gefangene nicht im Normal- oder Massnahmenvollzug, so legt die Vollzugsbehörde den Kostenbeitrag fest durch einen Abzug eines Teils des Einkommens, das er oder sie an der externen Arbeitsstelle verdient (Art. 380 Abs. 2 lit. c StGB). In der Strafvollzugsverordnung sollen die Beiträge zur Vermeidung eines enormen Abklärungsaufwands weiterhin mit einer Pauschale festgelegt werden (§ 99 Abs. 2 SMV). § 242 Abs. 3 ist zudem mit den Begriffen Arbeitsexternat und Wohnexternat zu ergänzen. Entgegen dem reinen Wortlaut der Bundesbestimmung sollen weiterhin auch Beiträge für den tageweisen Vollzug erhoben werden. Die Betroffenen gehen auch bei dieser Vollzugsform einer auswärtigen Beschäftigung nach, und es ist folglich nicht einzusehen, weshalb sie, anders als etwa Personen in Halbgefangenschaft, keinen Kostenbeitrag leisten sollten. Eine solche Ausdehnung ist zulässig, weil die Kantone die Kostenbeteiligungen der Verurteilten näher regeln dürfen (Art. 380 Abs. 3 StGB). Sollte das Strafvollzugskonkordat in diesem Bereich eine einheitliche, von der aargauischen Lösung abweichende Regelung treffen, geht diese aber gestützt auf § 245 vor. - 34 - § 243 Marginalie, Abs. 1 Einleitungssatz und lit. b und Abs. 2 Die Marginalie und der Einleitungssatz des Absatzes 1 sind an die geänderten Artikelnummern im neuen StGB und im neuen Jugendstrafrecht anzupassen. Ebenso soll in Anpassung an die neue Terminologie im Jugendstrafrecht nicht mehr von Erziehungs-, sondern von Schutzmassnahmen gesprochen werden. Da der Bund in Art. 380 StGB die Kostentragung neu regelt und dabei die Beiträge der betroffenen Personen in erster Linie durch deren Arbeitsleistung als erbracht erachtet, ist Abs. 1 lit. b entsprechend anzupassen. Neu werden Beiträge nur noch erhoben, wenn die betroffenen Erwachsenen, die ihnen zugewiesene Arbeit verweigern. Jugendliche haben unabhängig von einer eigenen Arbeits- oder Ausbildungsleistung einen angemessenen Beitrag zu leisten, wenn sie über ein regelmässiges Erwerbseinkommen oder über Vermögen verfügen (Art. 43 Abs. 5 JStG). Dasselbe gilt für die Eltern der Jugendlichen, die wie bisher im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht einen Kostenbeitrag leisten müssen (Art. 43 Abs. 4 JStG). Liegen günstige finanzielle Verhältnisse vor, soll auch eine weitergehende Kostenbelastung möglich sein. Die Ausdehnung der Kostenhaftung ist zulässig, weil gemäss Art. 380 Abs. 3 StGB, der gemäss Verweis auch für das Jugendstrafrecht gilt (Art. 1 Abs. 2 lit. n), die Kantone nähere Vorschriften über die Kostenbeteiligung erlassen dürfen. Es ist davon auszugehen, dass nur noch in ganz wenigen Fällen Beiträge der betroffenen Personen erhoben werden können beziehungsweise müssen. Diese Beiträge haben sich an den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der betroffenen Personen zu orientieren. Folglich sollten die Personen grundsätzlich immer in der Lage sein, den festgelegten Beitrag zu bezahlen. Eine spätere Nachforderung, wenn die Person in günstigere wirtschaftliche Verhältnisse gelangen sollte, ist somit weder nötig noch zulässig. Absatz 2 ist deshalb aufzuheben. § 244 Eine formelle Anpassung an die geänderte Artikelnummer im neuen StGB. § 246 Die Marginalie muss an den mit der Revision vom 2. Juli 2002 geänderten Inhalt der Bestimmung angepasst werden. Zudem muss die geänderte Artikelnummer im neuen StGB berücksichtigt werden. § 247 Eine formelle Anpassung an die geänderte Artikelnummer im neuen StGB. § 248 Abs. 2 Da Bussen nicht mehr nachträglich in Haftstrafen umgewandelt werden müssen und im kantonalen Übertretungsstrafrecht auf die Beibehaltung der Haft als Sanktionsform verzichtet wird (vgl. oben Ziffer 3.2.1), kann auch die entsprechende Bestimmung in der Strafprozessordnung gestrichen werden. - 35 - § 248c (neu) Bei der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA) wird auch der Bereich des Straf- und Massnahmenvollzugs berührt. Unter anderem soll im Bereich der Bundesbeiträge an den Betrieb von Erziehungsheimen die Möglichkeit des Abschlusses von Leistungsvereinbarungen zwischen Bund und Kantonen geschaffen werden (Art. 7 Abs. 2bis LSMG). In diesen Vereinbarungen wird festgelegt, welche Heime zu welchen Bedingungen für welche Klientel vom Bund anerkannt werden und deshalb beitragsberechtigt sind. Im neuen § 248c wird der Regierungsrat entsprechend seiner grundsätzlichen Zuständigkeit im Bereich des Straf- und Massnahmenvollzugs als zuständige Behörde für den Abschluss der Leistungsvereinbarungen mit dem Bund bezeichnet. Vorbehalten bleibt selbstverständlich die finanzrechtliche Zuständigkeit des Grossen Rats. Der NFA soll auf den 1. Januar 2008 in Kraft treten. Davon ausgehend, dass die Änderung der StPO ebenfalls auf diesen Zeitpunkt möglich sein wird, wird die Kompetenznorm im Rahmen dieser Gesetzesänderung eingeführt. § 249 Diese Bestimmung betrifft einen vor über 20 Jahren aufgehobenen Erlass und kann deshalb als gegenstandslos aufgehoben werden. 5.2 Gesetz über die politischen Rechte (GPR) § 73 Abs. 1 Anpassung an die neue Terminologie im StGB (Wegfall der Haftstrafen). 5.3 Gerichtsorganisationsgesetz (Gesetz über die Organisation der ordentlichen richterlichen Behörden) § 14 Abs. 3 Anpassung an die neue Terminologie im StGB (Wegfall der Haftstrafen). 5.4 Gesetz über die Einwohnergemeinden (Gemeindegesetz) § 38 Abs. 1 Im Rahmen des ersten Pakets der Aufgabenteilung zwischen Kanton und Gemeinden (GAT I) wurde die Bussenkompetenz der Gemeinderäte von Fr. 200.– auf Fr. 500.– angehoben. Es wird vorgeschlagen, diese Kompetenz der Gemeinderäte generell nochmals auf neu Fr. 1'000.– zu erhöhen. § 112 Marginalie und Abs. 4 Bussen werden nicht mehr umgewandelt (Art. 106 StGB). Über die Ersatzfreiheitsstrafe hat der Strafbefehlsrichter beziehungsweise die Strafbefehlsrichterin zu entscheiden (Art. 36 - 36 - Abs. 2 i.V.m. Art. 106 Abs. 5 StGB). Mit dem Verweis auf die Geltung des Strafgesetzbuches und der Strafprozessordnung wird das korrekte Verfahren bei schuldhafter Nichtbezahlung der vom Gemeinderat auferlegten Bussen sichergestellt. 5.5 Zivilrechtspflegegesetz (Zivilprozessordnung, ZPO) § 74 Abs. 2 Das Zivilgerichtspräsidium kann im Rahmen seiner sitzungspolizeilichen Zuständigkeiten unter anderem auch Haft bis zum Verhandlungsabschluss anordnen. Auch wenn hier nicht die Haft als strafrechtliche Sanktion gemeint ist, sollte dennoch auch im Hinblick auf eine einheitliche Terminologie (vgl. §§ 46 f. StPO) neu der Begriff des Arrestes aus dem Disziplinarrecht verwendet werden. § 313 Abs. 2 Anpassung an die neue Terminologie im StGB (Wegfall der Haftstrafen). § 425 Abs. 1 Anpassung an die neue Terminologie im StGB (Wegfall der Haftstrafen) und, in Analogie zu Art. 106 Abs. 1 nStGB, zugleich Erhöhung der Bussenhöhe als Kompensation des Wegfalls der Haftdrohung. 5.6 Gesundheitsgesetz (GesG) § 66 Abs. 1 Anpassung an die neue Terminologie im StGB (Wegfall der Haftstrafen). 5.7 Gesetz über die Bekämpfung der Tuberkulose (Tuberkulosegesetz) § 20 Anpassung an die neue Terminologie im StGB (Wegfall der Haftstrafen). 5.8 Schulgesetz § 75 Formelle Anpassung an den geänderten Rechtsmittelweg bei Strafentscheiden der Schulpflegen (vgl. § 13 Abs. 4 StPO) sowie an den bereits neu eingeführten Rechtsmittelweg bei Strafverfahren gegen die Eltern beziehungsweise die Pflegeeltern gemäss § 37a SchulG. - 37 - § 77 Abs. 3 Formelle Anpassung an den geänderten Rechtsmittelweg bei Strafentscheiden der Schulpflegen (vgl. § 13 Abs. 4 StPO) sowie an den bereits neu eingeführten Rechtsmittelweg bei Strafverfahren gegen die Eltern beziehungsweise die Pflegeeltern gemäss § 37a SchulG. 5.9 Aargauisches Fachhochschulgesetz (AFHG) § 33 Abs. 1 und 2 Anpassung an die neue Terminologie im StGB (Wegfall der Haftstrafen). 5.10 Brandschutzgesetz (Gesetz über den vorbeugenden Brandschutz) § 26 Abs. 1 Anpassung an die neue Terminologie im StGB (Wegfall der Haftstrafen). 5.11 Steuergesetz (StG) § 235 Abs. 2 Anpassung an die neue Terminologie im StGB (Wegfall der Haftstrafen). § 255 Abs. 1 Anpassung an die neue Terminologie (Wegfall der Gefängnisstrafe) und die neue Sanktionsform der Geldstrafe im StGB. Gestützt auf die Einwände in der Anhörung wird der bisherige Bussenhöchstbetrag beibehalten. § 256 Abs. 1 Anpassung an die neue Terminologie (Wegfall der Gefängnisstrafe) und die neue Sanktionsform der Geldstrafe im StGB. Gestützt auf die Einwände in der Anhörung wird der bisherige Bussenhöchstbetrag beibehalten. 5.12 Gesetz über die Gebäudeversicherung (Gebäudeversicherungsgesetz, GebVG) § 77 Abs. 1 Anpassung an die neue Terminologie im StGB (Wegfall der Haftstrafen). 5.13 Gesetz über Raumplanung, Umweltschutz und Bauwesen (Baugesetz, BauG) § 160 Abs. 1 Anpassung an die neue Terminologie im StGB (Wegfall der Haftstrafen). Gestützt auf die Einwände in der Anhörung wird der bisherige Bussenhöchstbetrag beibehalten. - 38 - § 162 Abs. 2 Anpassung an die neue Terminologie im StGB (Wegfall der Haftstrafen). Zudem wird die Bussenhöchstgrenze an diejenige des EG GSchG und den neuen § 38 Abs. 1 Gemeindegesetz angepasst. 5.14 Einführungsgesetz zum eidgenössischen Gewässerschutzgesetz (EG GSchG) § 44 Abs. 3 Anpassung an die neue Terminologie im StGB (Wegfall der Haftstrafen). 5.15 Energiegesetz des Kantons Aargau (EnergieG) § 29 Abs. 1 Anpassung an die neue Terminologie im StGB (Wegfall der Haftstrafen). Gestützt auf die Einwände in der Anhörung wird der bisherige Bussenhöchstbetrag beibehalten. § 31 Abs. 2 Anpassung an die neue Terminologie im StGB (Wegfall der Haftstrafen). Zudem wird die Bussenhöchstgrenze an diejenige des EG GSchG und den neuen § 38 Abs. 1 Gemeindegesetz angepasst. 5.16 Gesetz über Kinderzulagen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer § 33 Abs. 1 Einleitungssatz Anpassung an die neue Terminologie (Wegfall der Gefängnisstrafe) und an die neue Sanktionsform der Geldstrafe im StGB. 5.17 Einführungsgesetz zum Bundesgesetz über die Krankenversicherung (EG KVG) § 33 Abs. 1 Einleitungssatz Anpassung an die neue Terminologie im StGB (Wegfall der Haftstrafen). Gestützt auf die Einwände in der Anhörung wird der bisherige Bussenhöchstbetrag beibehalten. 5.18 Gesetz über die öffentliche Sozialhilfe und die soziale Prävention (Sozialhilfeund Präventionsgesetz, SPG) § 59 Abs. 1 Anpassung an die neue Terminologie im StGB (Wegfall der Haftstrafen). - 39 - 5.19 Waldgesetz des Kantons Aargau (AWaG) § 36 Abs. 1 Einleitungssatz Anpassung an die neue Terminologie im StGB (Wegfall der Haftstrafen). Gestützt auf die Einwände in der Anhörung wird der bisherige Bussenhöchstbetrag beibehalten. § 38 Abs. 2 Anpassung an die neue Terminologie im StGB (Wegfall der Haftstrafen). Zudem wird die Bussenhöchstgrenze an diejenige des EG GSchG und den neuen § 38 Abs. 1 Gemeindegesetz angepasst. 5.20 Gesetz über die Ausübung der Fischerei § 12 Abs. 1 Anpassung an die neue Terminologie im StGB (Wegfall der Haftstrafen). § 13 Abs. 1 Einleitungssatz Anpassung an die neue Terminologie im StGB (Wegfall der Haftstrafen). 5.21 Gesetz über die Feier der Sonn- und Festtage § 8 Abs. 2 Anpassung an die neue Terminologie im StGB (Wegfall der Haftstrafen). § 10 Abs. 2 Anpassung an die neue Terminologie im StGB (Wegfall der Haftstrafen). 5.22 Gesetz über den Vollzug des Strassenverkehrsrechtes § 11 Anpassung an die neue Terminologie im StGB (Wegfall der Haftstrafen). 6. Finanzielle und personelle Auswirkungen Wie bereits mehrfach erwähnt, haben der revidierte Allgemeine Teil des Strafgesetzbuches und das neue Jugendstrafgesetz, trotz möglichst schlanker Verfahren, Ausdehnung der Zuständigkeit der Strafbefehlsrichter und -richterinnen sowie der Gerichtspräsidien und Verzicht auf ein Vollstreckungsgericht, erhebliche Auswirkungen finanzieller und personeller Art. - 40 - 6.1 Personell Da die Gerichte im Erwachsenenstrafrecht neu vermehrt Entscheide betreffend den Vollzug der angeordneten Sanktion fällen müssen, wird ihre Belastung ansteigen. Insbesondere bei Strafverfahren, in denen die Strafe nicht höher als ein Jahr ausfällt und damit in der Regel Geldstrafen angeordnet werden, ist das Vollzugsverfahren mit den verschiedenen Anpassungsmöglichkeiten der ursprünglichen Sanktion sehr komplex ausgestaltet. Diese Verfahren machen aber rund 94 % aller Strafurteile mit unbedingten Sanktionen aus, so dass das komplizierte Vollzugsverfahren im Anschluss an das eigentliche Strafverfahren die Regel werden dürfte. Die Mehrzahl dieser Strafverfahren dürfte allerdings im Strafbefehlsverfahren erledigt werden können. Dennoch sind vor allem bei den Bezirksgerichten, die bisher nur ein vollamtliches Präsidium haben und die im Verhältnis zu den übrigen Gerichten am meisten belastet sind (Brugg und Rheinfelden) kurzfristig noch zwei Halbpensen für Gerichtspräsidien zu schaffen. Zugleich müssen bei den Bezirksgerichten weitere Stellen für Gerichtsschreiber beziehungsweise Gerichtsschreiberinnen geschaffen werden. Mit der steigenden Zahl neuer Verfahren auf der Stufe der Bezirksgerichte und wegen der mit dem neuen Recht verbundenen Rechtsunsicherheit wird auch die Belastung der Rechtsmittelinstanzen (Strafgericht und Verwaltungsgericht) anwachsen. Es müssen deshalb auch am Obergericht zusätzliche personelle Ressourcen geschaffen werden. Auch die Zahl der Mitarbeitenden in den Bezirksämtern ist aufzustocken. Einerseits nimmt deren Belastung mit Vollzugsentscheiden zu, weil rund 90 % der unbedingten Strafen in ihren Zuständigkeitsbereich fallen und das Vollzugsverfahren gerade auch, wie oben dargestellt, für derartige Strafen komplizierter wird. Andererseits haben sie wegen der Erhöhung ihrer Strafkompetenz nicht nur mehr Fälle zu behandeln, sondern müssen in diesen Fällen auch genauere Abklärungen (betreffend die finanziellen Verhältnisse zur Festlegung der Geldstrafen) vornehmen. Die Strafbefehlsrichter und -richterinnen (Bezirksamtmann und Stellvertreter) sollen durch die Unterstützung von zusätzlichen Untersuchungsrichtern und -richterinnen entlastet werden. Anders als im Anhörungsbericht vorgesehen, soll hingegen die Zahl der Strafbefehlsrichter beziehungsweise -richterinnen (Bezirksamtmann-Stellvertreter) nicht erhöht werden. Damit kann auch vermieden werden, dass weitere durch Volkswahl zu besetzende Stellen geschaffen werden, deren künftiger Einsatzbereich im Hinblick auf die bevorstehende Eidgenössische Strafprozessordnung unsicher ist. Die zu schaffenden Untersuchungsrichter- und Kanzleistellen werden nach Bedarf auf die einzelnen Bezirksämter verteilt, wobei in erster Linie die drei grössten Bezirke Baden (11'709 Strafbefehle im Jahr 2004), Zofingen (7'276) und Aarau (6'225) berücksichtigt werden. Wegen des Mehraufwands im Zusammenhang mit den komplizierteren Vollzugsverfahren und den im Hinblick auf die möglichen Änderungen der ursprünglichen Sanktion erforderlichen intensiveren Kontrolle des einzelnen Vollzugs sowie wegen der längeren Betreuungszeit beim Vollzug der gemeinnützigen Arbeit ist die Sektion Straf- und Massnahmenvollzug mit der Stelle eines Fachspezialisten beziehungsweise einer Fachspezialistin und einer halben Sekretariatsstelle aufzustocken. - 41 - Im Jugendstrafverfahren wird die Belastung der Jugendanwaltschaft ansteigen. In ihrer Funktion als Untersuchungsbehörde wird sie es häufiger mit Strafverteidigern und Strafverteidigerinnen zu tun haben, was insbesondere wegen der zu erwartenden steigenden Anzahl eingelegter Rechtsmittel zu aufwändigeren Verfahren führt. In ihrer Funktion als Vollzugsbehörde wird die Jugendanwaltschaft vor allem durch die regelmässigen Prüfungen der bedingten Entlassung aus dem Freiheitsentzug und durch die aufgrund der längeren Strafdauer zu erwartende Aufwandsteigerung bei der Betreuung während der Probezeit eine Mehrbelastung erfahren. Die Jugendanwaltschaft ist deshalb personell aufzustocken (vgl. auch separate Botschaft zum Dekret über die Jugendstrafrechtspflege). Die einzelnen Stellen sollen in zwei Etappen besetzt werden. Die Stellen der I. Etappe sind dabei bereits drei Monate vor Inkrafttreten der Gesetzesänderungen, das heisst ab Oktober 2006, schrittweise zu besetzen, damit das Personal genügend Einarbeitungszeit hat und der Übergang reibungslos funktioniert. Die II. Etappe soll voraussichtlich 2009/2010 umgesetzt werden. Im Einzelnen sieht der Stellenbedarf wie folgt aus: I. Etappe Justizbehörde (ab 2006/2007) Funktion Kosten 1 Obergerichtsschreiber/in 123'000 0.5 Sachbearbeiter/in Obergericht 37'000 1 Bezirksgerichtspräsident/in 186'000 5 Gerichtsschreiber/in Bezirksgericht 614'000 Total 7.5 Stellen Total Kosten 960'000 + 40 % Gemeinkosten 384'000 Total Kosten inklusive Gemeinkostenanteil 1'344'000 II. Etappe Justizbehörde (ab 2009/2010) Funktion Kosten 1 Obergerichtsschreiber/in 123'000 3 Gerichtsschreiber/in Bezirksgericht 368'000 Total 4 Stellen Total Kosten 491'000 + 40 % Gemeinkosten 196'000 Total Kosten inklusive Gemeinkostenanteil 687'000 - 42 - Total I. und II. Etappe Justizbehörde Kosten Total 11.5 Stellen Total Kosten + 40 % Gemeinkosten Total Kosten inklusive Gemeinkostenanteil 1'451'000 580'000 2'031'000 I. Etappe Departement Volkswirtschaft und Inneres (ab 2006/2007) Funktion Kosten 3 Untersuchungsrichter/in 357'000 1 Jugendanwalt/anwältin 140'000 1 Sozialarbeiter/in Jugendanwaltschaft 100'000 0.5 Sachbearbeiter/in Jugendanwaltschaft 1 Fachspezialist/in Straf- und Massnahmenvollzug 0.5 Sachbearbeiter/in Straf- und Massnahmenvollzug 45'000 115'000 35'000 Total 7 Stellen Total Kosten 792'000 + 40 % Gemeinkosten 317'000 Total Kosten inklusive Gemeinkostenanteil 1'109'000 II. Etappe Departement Volkswirtschaft und Inneres (ab 2009/2010) Funktion Kosten 4 Untersuchungsrichter/in 476'000 4 Sachbearbeiter/in Bezirksamt 334'000 Total 8 Stellen Total Kosten 810'000 + 40 % Gemeinkosten 324'000 Total Kosten inklusive Gemeinkostenanteil 1'134'000 Total I. und II. Etappe Departement Volkswirtschaft und Inneres Kosten Total 15 Stellen Total Kosten + 40 % Gemeinkosten Total Kosten inklusive Gemeinkostenanteil 1'602'000 641'000 2'243'000 - 43 - Total I. und II. Etappe Justizbehörde und Departement Volkswirtschaft und Inneres Kosten Total 26.5 Stellen Total Kosten 3'053'000 + 40 % Gemeinkosten 1'221'000 Total Kosten inklusive Gemeinkostenanteil 4'274'000 Die Gesetzesänderungen bedingen auch eine Anpassung des von den Strafverfolgungs- und Strafvollzugsbehörden genutzten EDV-Systems (JURIS). Für diese Anpassungsarbeiten und deren Funktionskontrolle ist vorübergehend im Departement Volkswirtschaft und Inneres und bei den Justizbehörden je eine Fachperson eingestellt worden. Mit der Pflicht, vermehrt forensische Gutachten einholen zu müssen, und mit den verschärften Unabhängigkeitsvorschriften für die eingesetzten Gutachter und Gutachterinnen steigt der Bedarf an entsprechenden Sachverständigen. Hier tut frühzeitiges Handeln Not, da Personal mit den erforderlichen Qualifikationen rar ist und sich dieselbe Problematik bei anderen Kantonen auch stellt. Mit der Umwandlung der Psychiatrischen Dienste des Kantons Aargau in die Psychiatrische Dienste Aargau AG können die erforderlichen personellen Ressourcen nicht mehr vom Kanton zur Verfügung gestellt werden, sondern sind von der Aktiengesellschaft nach Massgabe einer zeitgerechten und qualitativ einwandfreien Erfüllung des Leistungsauftrags einzustellen. 6.2 Finanziell Die voraussichtlichen Mehrkosten im Personalbereich belaufen sich nach den Berechnungen gemäss Ziffer 6.1 unter Berücksichtigung des gemäss Funktion und Lohnstufe möglichen Durchschnittsbruttolohns mit Einführung des neuen Bundesrechts ab 2007 auf ca. Fr. 2'500'000.– pro Jahr und ab ca. 2010 auf zusätzlich ca. Fr. 1'850'000.– pro Jahr (jeweils inklusive Arbeitgeberbeiträge und Gemeinkostenanteil). Zusätzlicher Finanzbedarf im Personalbereich: DVI Justizbehörde Budget 2006 Fr. 295'000.– Fr. 285'000.– Phase I ab 2007 Fr. 1'109'000.– (jährlich wiederkehrend) Fr. 1'344'000.– (jährlich wiederkehrend) Phase II ab 2009/2010 (zusätzlich zu Phase I) Fr. 1'134'000.– (jährlich wiederkehrend) Fr. 687'000.– (jährlich wiederkehrend) Die allfälligen Mehrkosten im Personalbereich der Psychiatrischen Dienste Aargau AG fallen zwar zunächst bei der Aktiengesellschaft an. Diese Kosten werden dann aber indirekt wieder von den Strafverfolgungs- und Strafvollzugsbehörden getragen, weil mit der steigenden Anzahl Gutachteraufträge auch die der Psychiatrischen Dienste Aargau AG ausbezahlten Vergütungen ansteigen. Das Departement Volkswirtschaft und Inneres hat mit der - 44 - Psychiatrischen Dienste Aargau AG eine Leistungsvereinbarung abgeschlossen. Die gutachterlichen Leistungen werden grundsätzlich nach dem TARMED-Tarifsystem verrechnet. Als Leistungskomponente ist der Taxpunktewert von der Bearbeitungsfrist für die Gutachten abhängig. Die aktuelle Leistungsvereinbarung gilt vorerst bis Ende 2006. Die Kosten pro Gutachten, das innert der Normalfrist abgeliefert wird, belaufen sich dabei abhängig vom Umfang des Auftrags auf ca. Fr. 2'500.– bis ca. Fr. 14'000.–. Der durch die erhöhte Anzahl einzuholender Gutachten verursachte finanzielle Mehraufwand für die Strafverfolgungs- und Strafvollzugsbehörden lässt sich nicht präzise ermitteln. Es ist mit jährlichen Mehrkosten von ca. Fr. 250'000.– zu rechnen. Davon werden ca. Fr. 150'000.– zulasten des Strafvollzugs und ca. Fr. 100'000.– zulasten des Strafverfahrens anfallen. Die neu durch das Bundesrecht vorgeschriebene Betreuung der Personen in Halbgefangenschaft und die neu zu stellende unabhängige Betreuung der Jugendlichen, die eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Monat zu verbüssen haben, sowie die Begleitung der Jugendlichen während der Probezeit soll zumindest teilweise beim Verein für Bewährungshilfe eingekauft werden. Die dabei anfallenden Kosten werden mit ca. Fr. 10'000.- pro Jahr veranschlagt. Davon ausgehend, dass ein grosser Teil der bisher unbedingt ausgesprochenen Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr tatsächlich durch Geldstrafen ersetzt werden und von diesen – vorsichtig geschätzt – 25 % tatsächlich bezahlt werden, würden ca. 7'000 Vollzugstage (von total 30'000 Vollzugstagen pro Jahr) entfallen und damit die Kosten des Strafvollzugs bei einem durchschnittlichen Kostgeld von ca. Fr. 150.– um ca. Fr. 1'000'000.– pro Jahr reduziert. Gleichzeitig würden zusätzliche Einnahmen aus Geldstrafen (bei geschätzten durchschnittlichen Tagessätzen von Fr. 50.–) von gesamthaft ca. Fr. 350'000.– anfallen. Zudem sollten noch Mehreinnahmen über die Beiträge der Verurteilten an den Vollzug der Halbgefangenschaft anfallen, da diese Vollzugsform auf Strafen bis zu einem Jahr ausgedehnt wird. Ausgehend von den im Schnitt in den vergangenen Jahren angefallenen ca. 12'000 Vollzugstagen im Bereich zwischen 181 und 365 Tagen, ist - abzüglich des durch die Geldstrafen wegfallenden Viertels - von ca. 9'000 zusätzlichen Vollzugstagen der Halbgefangenschaft auszugehen. Bei einem Tagesbeitragssatz von Fr. 30.- können somit zusätzlich Fr. 270'000.- Mehreinnahmen anfallen. Im Jugendstrafverfahren stellt die neu eingeführte notwendige Verteidigung, wenn die Untersuchungshaft länger als 24 Stunden dauert (Art. 40 Abs. 2 lit. c JStG), einen weiteren Kostenfaktor dar. Gestützt auf die Haftstatistiken 2003 - 2005 kann davon ausgegangen werden, dass es jährlich rund 80 Haftfälle geben wird, in denen die Haftdauer mehr als einen Tag aber weniger als 14 Tage dauert. Wobei die Tendenz eher steigend ist. Bei geschätzten durchschnittlichen Verteidigungskosten pro Fall von ca. Fr. 3'000.– sind somit jährliche Mehrkosten von ca. Fr. 250'000.– zu erwarten. Davon dürfte nur ein verschwindend kleiner Teil den Eltern oder den betroffenen Jugendlichen weiterbelastet werden können. Auch das neu eingeführte Mediationsverfahren im Jugendstrafverfahren wird Mehrkosten verursachen, die nur geringfügig durch den Wegfall eines gerichtlichen Verfahrens kompensiert werden. Schätzungsweise dürfte es ca. vier Fälle pro Jahr geben, in denen ein Mediationsverfahren durchgeführt werden kann. Geht man auch hier von durchschnittlichen - 45 - Kosten von Fr. 3'000.– pro Mediation aus, so entstehen Mehrkosten in der Grössenordnung von ca. Fr. 12'000.–. Inwiefern sich die Erhöhung der Dauer eines Freiheitsentzugs für von Jugendlichen begangene schwerwiegende Verbrechen von einem auf vier Jahre finanziell auswirkt, ist schwer abzuschätzen. Es wird vermutet, dass es gesamtschweizerisch ca. 20 bis 30 entsprechende Vollzugsplätze braucht. Angesichts der gemeinhin erwarteten geringen Fallzahl, lassen sich für die wegen des längeren Freiheitsentzugs allenfalls ansteigenden Vollzugskosten im Kanton Aargau keine verlässlichen Angaben machen. Zusammenfassend präsentiert sich die Berechnung der Kostenentwicklung (ohne Personalaufwand und vorbehältlich der noch nicht zu beziffernden Mehrkosten aufgrund der längeren Dauer des Freiheitsentzugs im Jugendstrafrecht) wie folgt (- = Verbesserung, + = Verschlechterung): Bereich Betrag Forensisch-psychiatrische Gutachten Fr. + 250'000.– Bewährungshilfe Fr. + 10'000.– Strafvollzugskosten Fr. - 1'000'000.– Kostenbeiträge Halbgefangenschaft Fr. - 270'000.– Einnahmen aus Geldstrafen Fr. - 350'000.– Verteidigungskosten im Jugendstrafverfahren Fr. + 250'000.– Kosten Mediation im Jugendstrafverfahren Fr. + 12'000.– Saldo (gerundet) Fr. - 1'100'000.– Gesamthaft (Personalaufwand und übrige Kosten) ergibt sich durch das neue Bundesrecht ab 2010 voraussichtlich die folgende Nettomehrbelastung pro Jahr: Bereich Betrag Personalaufwand Justizbehörde (inklusive Gemeinkosten) Fr. + 2'031'000.– Personalaufwand Departement Volkswirtschaft und Inneres (inklusive Gemeinkosten) Fr. + 2'243'000.– Minderaufwand Sachbereich Fr. - 1'100'000.– Nettomehraufwand (gerundet) Fr. + 3'200'000.– Die zusätzlichen Mittel sind im Aufgaben- und Finanzplan ab 2006 entsprechend dem schrittweisen personellen Aufbau in den Aufgabenbereichen 710 „Rechtsprechung“ und 220 „Strafverfolgung und Strafvollzug“ eingestellt. - 46 - Antrag: Der vorliegende Entwurf des Gesetzes über die Umsetzung der neuen Bundesgesetzgebung im Strafrecht und Strafprozessrecht wird in 1. Beratung zum Beschluss erhoben. Aarau, 30. August 2006 IM NAMEN DES REGIERUNGSRATS Landammann: Kurt Wernli Staatsschreiber: Dr. Peter Grünenfelder Beilage: – Synopse