Grosser Rat - beim Kanton Aargau

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Art. 948-949
15. Dezember 1998
73. Sitzung
15. Dezember 1998, 10.00 Uhr
Vorsitzender:
Kurt Wernli, Windisch
Protokollführer:
Marc Pfirter, Staatsschreiber
Tonaufnahme/Redaktion:
Norbert Schüler
Präsenz:
Anwesend 181 Mitglieder
Abwesend mit Entschuldigung 18 Mitglieder
Entschuldigt abwesend: Böni Fredy, Möhlin; Bopp-Saxer Edith, Seengen; Fischer Patrick,
Bremgarten AG; Frunz Eugen, Möhlin; Guignard Marcel, Aarau; Hasler-Burato Esther,
Aarau; Hochuli-Rösti Hans-Rudolf, Reitnau; Kaufmann Rainer, Rupperswil; Leuthard
Doris, Merenschwand; Lüpold Thomas, Möriken AG; Märki Dieter, Mandach; Müller
Philipp, Reinach AG; Müller Urs, Schöftland; Piffaretti-Bopp Marianne, Wohlen AG;
Weiersmüller-Scheuzger Susanne, Rohr AG; Werthmüller Ernst, Holziken; Zollinger-Keller
Ursula, Untersiggenthal; Zubler Peter, Aarau
Vorsitzender: Ich begrüsse Sie herzlich zur 73. Ratssitzung
der laufenden Legislaturperiode.
948
Mitteilungen
Vorsitzender: Sie finden auf ihren Pulten eine Botschaft des
Regierungsrates betreffend Anpassung der aargauischen
Steuergesetze an das Steuerharmonisierungsgesetz. Es ist
unüblich, eine Botschaft auf diese Art zu überreichen. Der
Grund dafür liegt darin, dass wir an der letzten Sitzung
dringliche Behandlung beschlossen haben. Auf Wunsch des
Regierungsrates soll dieses Geschäft am nächsten Dienstag
behandelt werden. Damit Sie sich vorbereiten können, habe
ich mich entschlossen, Ihnen dies auf das Pult legen zu
lassen. Den Abwesenden wird es per Post zugestellt. Der
zweite Grund liegt darin, dass die nichtständige Kommission
Steuergesetzrevision dieses Geschäft heute beraten wird.
Damit Sie allfällige Eingaben an diese Kommission tätigen
können, müssen Sie im Besitz dieser Vorlage sein.
Zum Geburtstag darf ich unserem Hauswart, Herrn Robert
Uhlmann, ganz herzlich gratulieren. (Beifall)
Regierungsrätliche Vernehmlassungen an Bundesbehörden:
1. Vom 25. November 1998 an das Eidg. Volkswirtschaftsdepartement zum Bundesbeschluss über die Förderung der
schweizerischen Beteiligung an der Gemeinschaftsinitiative
für grenzübergreifende, transnationale und interregionale
Zusammenarbeit (INTERREG III) in den Jahren 2000 bis
2006 und für einen Finanzierungsbeschluss.
2. Vom 25. November 1998 an das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement zum Vorentwurf für eine Teilrevision des
Schweizerischen Strafgesetzbuches und des Militärstrafgesetzes betreffend die strafbaren Handlungen gegen die sexuelle Integrität.
3. Vom 25. November 1998 an das Eidg. Departement des
Innern zur 11. AHV-Revision und zur 1. BVG-Revision.
Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen Beschlüsse des
Grossen Rates; Rückzug: Das Verwaltungsgericht hat die
Beschwerde Vladimir Tomas Masarik, Mellingen, und
Walter Muff, Mellingen, gegen den Beschluss des Grossen
Rates vom 16. September 1997 betreffend Nutzungsplanung
der Gemeinde Brunegg infolge Rückzug von der Geschäftskontrolle abgeschrieben.
949
Neueingänge
1. Kreisspital für das Freiamt, Muri; Projektgenehmigung
und Kreditbewilligung für die Sanierung mit Um- und Anbauten. Vorlage des Regierungsrates vom 18. November
1998. - Geht an die Gesundheitskommission.
2. Gemeinde Mägenwil; Änderung Bauzonen- und Kulturlandplan "Lettenstrasse". Vorlage des Regierungsrates vom
18. November 1998. - Geht an die Bau- und Planungskommission.
3. Stadt Aarau; Bauzonenplanänderungen "Electrolux Systemtechnik", "Kern"- / "Militär"-Parkplatz, Schachen; "Areal Gasthof zum Schützen", Schachen. Vorlage des Regierungsrates vom 18. November 1998. - Geht an die Bau- und
Planungskommission.
4. Ersatzwahl eines Mitgliedes des Regierungsrates für den
Rest der laufenden Amtsperiode 1997/2001(1. Wahlgang:
27. September 1998; 2. Wahlgang: 29. November 1998);
Genehmigung der Wahlprotokolle. Vorlage des Regierungsrates vom 2. Dezember 1998. - Geht an die nichtständige
Wahlaktenprüfungskommission.
1461
15. Dezember 1998
950 Motion der SP-Fraktion betreffend Neuregelung
der Arbeitszeiten für Assistenz- und Oberärztinnen und
-ärzte an den aargauischen Krankenanstalten; Einreichung und schriftliche Begründung
Von der SP-Fraktion wird folgende Motion eingereicht:
Text:
Der Regierungsrat wird aufgefordert, die gesetzlichen,
personellen und finanziellen Grundlagen zu schaffen für
eine verantwortbare Höchstarbeitszeit (exklusive Pikettdienst, aber inklusive Fort- und Weiterbildung) von 50
Stunden pro einzelne Kalenderwoche für Assistenz- und
Oberärztinnen und -ärzte an den Krankenhäusern des Kantons. Die ununterbrochene Arbeitszeit darf nicht mehr als 12
Stunden dauern. Überstunden müssen 1:1 kompensiert
werden. Die Regionalspitäler sind gemäss den gegebenen
rechtlichen Möglichkeiten in die Neuregelungen einzubeziehen.
Begründung:
Die Arbeitszeit der Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzte
ist auch im Kanton Aargau unverantwortlich hoch. Schon in
einer Studie des Gesundheitsdepartements von 1995 (vor
Einführung des KVG) (Atag Ernst & Young Consulting:
Arbeits- und Präsenzzeit-Analyse der Assistenzärztinnen
und -ärzte des Kantons Aargau, Projekt 1995. 29. Februar
1996) wurde über alle Krankenhäuser des Kantons inklusive
die Regionalspitäler eine Abweichung von durchschnittlich
+ 2.81 Stunden gemessen (=57.81 h/Woche) - mit Spitzen
von durchschnittlich + 13.91 Stunden (Chirurgie Baden), +
11.99 (Neurologie Aarau), + 10.34 (Neurochirurgie Aarau)
oder + 8.18 (Medizin Baden). Heute, nach Einführung des
KVG, werden durchschnittlich 60 bis 80 Stunden pro Woche gearbeitet. Unter diesen Bedingungen leiden nicht nur
die Ärztinnen und Ärzte und ihre Familien, vor allem leidet
die Qualität der ärztlichen Arbeit. Es können "Kunstfehler"
passieren, die Patientinnen und Patienten können (in Wort
und Tat) nicht mehr genügend betreut werden, und bei der
angewendeten Kunst wird aus Zeitmangel oft die teurere
Methode gewählt. (s. Bericht der Arbeitsgruppe "Arbeitszeitverbesserung Assistenzärzte" (Gruppe "Merki") des
Aargauer Gesundheitsdepartements vom Juni 1989, S. 21)
Auch die eigentliche Weiterbildung der Ärztinnen und Ärzte
kommt zu kurz. (Den aktuellsten und umfassendsten Überblick bietet die im Auftrag der Gesundheits- und Fürsorgedirektion des Kantons Bern verfasste Studie des Büros BASS:
Arbeitszeiten von Assistenzärztinnen und -ärzte und Oberärztinnen und -ärzte im Kanton Bern. 143 Seiten mit Anhängen. Bern, 3. November 1998) Eine von über 11'000
Personen unterzeichnete Petition der Aargauer Sektion des
Verbandes Schweizerischer Assistenz- und Oberärztinnen
und -ärzte (VSAO) verlangte im Spätsommer 1998 die
Einführung einer Höchstarbeitszeit von 50 Stunden, von
maximal 12 Stunden ununterbrochener Arbeitszeit pro Tag
und eine Kompensation der Überstunden im Verhältnis eins
zu eins.
Nach der Arbeitszeitregelung für Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzte gelten im Moment 55 Stunden Höchstarbeitszeit und 24 Stunden ununterbrochene Arbeitszeit pro Tag.
Diese nun seit zehn Jahren bestehende Regelung (zufolge
RRB vom 14. August 1989) ist aber bis heute nie durchgesetzt worden. Gemäss neustem Verhandlungsstand sollen
1462
Art. 950-951
mindestens diese Regelungen bis Ende Dezember (KSA)
bzw. bis Ende Januar (KSB) vollzogen werden. Sie genügen
aber nicht. In einem beruflichen Umfeld, das sich nicht
zuletzt aus wirtschaftlichen und Kostengründen massiv
zuungunsten auch der Ärztinnen und Ärzte gewandelt hat,
sind diese ultimativ nicht mehr bereit, viele Jahre unter
unzumutbaren arbeitszeitlichen Bedingungen auszuharren.
Es sind aber diese Ärztinnen und Ärzte, die den Betrieb in
den Kantons- und Regionalspitälern aufrechterhalten.
Eine Neuregelung der Arbeitszeit wird mit einer Aufstockung des Stellenplans im ärztlichen und im administrativen
Bereich und kurzfristig mit Mehrkosten verbunden sein. Die
genauen Beträge, um die die Globalbudgets der beiden
Kantonsspitäler bzw. das Budget der Psychiatrischen Klinik
Königsfelden erhöht werden sollen, müssen vom Gesundheitsdepartement in Zusammenarbeit mit den Spitälern noch
definiert werden. Mit effizienteren Arbeitsabläufen und
einer gewissen administrativen Entlastung der Ärztinnen
und Ärzte wird auch ein Teil der ärztlichen Arbeitzeit "gespart" werden können. Auf keinen Fall dürfen die Ressourcen nur verschoben werden, etwa vom pflegerischen in den
ärztlichen Etat. Denn auch dem pflegerischen wie auch dem
übrigen Personal werden momentan sehr hohe teilweise zu
hohe, Leistungen abverlangt. Im Interesse eines qualitativ
konkurrenzfähigen aargauischen Krankenhauswesens werden die Neuregelungen mit den damit verbundenen Kosten
aber nicht zu umgehen sein.
951 Motion Max Chopard-Acklin, Untersiggenthal,
betreffend politische Rechte von Initiativ- und Referendumskomitees in staatlichen Abstimmungsbroschüren;
Einreichung und schriftliche Begründung
Von Max Chopard-Acklin, Untersiggenthal, und 49 mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird folgende Motion eingereicht:
Text:
Der Regierungsrat wird beauftragt, das Gesetz über die
politischen Rechte dahingehend zu ändern, dass bei Abstimmungen über kantonale Volksinitiativen und Referenden den Initianten in der Abstimmungsbroschüre das Recht
eingeräumt wird, ihre Argumente und Standpunkte darzulegen.
Begründung:
Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger haben unbestrittenermassen das Recht, dass bei Volksabstimmungen ausgewogen und umfassend informiert wird. Dies trifft in der
Regel im Aargau auch zu. Ein Schwachpunkt der heutigen
Praxis liegt bei Volksabstimmungen über kantonale Initiativen und Referenden vor. Bei der Gestaltung des Gesetzes
über die politischen Rechte wurde die Chance für eine zeitgemässe Regelung klar verpasst. Dies führt zu einer grotesken Situation. Denn wenn - wie es bisher im Aargau der Fall
war - nun von der Regierungsseite aus versucht wird, beide
Standpunkte ausgewogen darzustellen (obwohl man ja nur
einen wirklich vertritt), wird verständlicherweise der Standpunkt der Initiativ- und Referendumskomitees nicht mit der
nötigen Unabhängigkeit und Klarheit berücksichtigt.
Art.952-954
Diese Motion bezweckt deshalb, dass im Aargau die bewährte Praxis des Bundes übernommen wird. Den Aargauischen Initiativ- und Referendumskomitees soll künftig
analog dem Bund in den Abstimmungsbroschüren Platz
eingeräumt werden. Dies im Sinne der wirklich ausgewogenen Information, der Rechtsgleichheit und einer positiv
gelebten direkten Demokratie, die das Volk im ungefilterten
Wissen über allenfalls unterschiedliche Argumente und
Standpunkte entscheiden lässt.
15. Dezember 1998
Der Regierungsrat wird beauftragt, die nötigen Massnahmen
zu treffen, damit im Kanton Aargau so lange keine gentechnisch veränderten Pflanzen angebaut werden dürfen, bis
deren langfristige ökologische und ökonomische Unbedenklichkeit zweifelsfrei bewiesen ist.
Begründung:
952 Postulat Hans Bösch, Sins, betreffend vierteljährliche Meldepflicht der Gemeinden an das Statistische Amt
des Kantons Aargau über den Verlust von erntefähigen
Landflächen a. durch Verstrassung, b. durch allgemeine
Überbauung; Einreichung und schriftliche Begründung
Der Trend in Europa läuft zurzeit klar gegen die Gentechnologie in der Landwirtschaft. Zum Beispiel: Der Umweltausschuss des Europaparlamentes beantragte im Oktober dieses
Jahres, ab sofort seien in der EU keine weiteren gentechnisch veränderten Produkte mehr zuzulassen. Begründung:
die wissenschaftlichen Grundlagen über die Risiken der
Gentechprodukte seien ungenügend. Österreich und Luxemburg haben einen Importstopp für gentechnisch veränderte
Produkte verfügt und lassen keinen Anbau zu. Grossbritannien und Frankreich haben ein Moratorium erlassen.
Von Hans Bösch, Sins, und 41 mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird folgendes Postulat eingereicht:
Die Schweiz weiss es offenbar besser: bei Plüss-Staufer
Oftringen soll nächstes Jahr Gentech-Mais wachsen.
Text :
Zur Ökologie: Die eingebauten Resistenzgene gelangen mit
den Pflanzen in die Umwelt und befruchten auch NichtGentech-Sorten in der Umgebung. Dies trifft besonders auf
den Fremdbefruchter Mais zu, dessen Pollen vom Wind über
viele Kilometer übertragen.
Der Regierungsrat wird ersucht, in Anbetracht der enormen,
der Landwirtschaft entzogenen erntefähigen Grünlandflächen, die Situation zu prüfen sowie die Gemeinden zu verpflichten, z.H. des Statistischen Amtes die entsprechenden
Veränderungen allvierteljährlich zu melden.
Begründung:
Die ungebremste Inanspruchnahme von erntefähigen Kulturlandflächen durch Bauaktivitäten aller Art führt dazu, dass
der Landwirtschaft und damit der landeseigenen Produktion
lebensnotwendiger Güter die Substanz kontinuierlich weggenommen wird. Dies geschieht mit einer Selbstverständlichkeit, die zu grosser Sorge Anlass sein muss. Im Kanton
Aargau hat sich die Vernichtung von landwirtschaftlich
nutzbarer Fläche auf schätzungweise eine Hektare täglich
"eingespielt". Jahresverlust demnach ca. 350 Hektaren. In
zehn Jahren das zehnfache usw.
Den kommenden Generationen darf m.E. die Lebensmittelproduktion nicht durch bauwirtschaftliche Kurzsichtigkeiten
entzogen werden. Durch eine vierteljährliche Meldepflicht
der Gemeindeverwaltungen über die Zweckentfemdung
landwirtschaftlich nutzbarer Flächen in Quadratmeter oder
Aren z.H. der Statistischen Informationen liesse sich das
Problem offenlegen und vor allem die Lektüre dieser Infos
etwas nachdenklicher gestalten. Die kleingedruckten Ergebnisse im Statistischen Jahrbuch sind in dieser Hinsicht ungenügend.
953 Postulat Martin Bossard, Kölliken, betreffend
Moratorium für Freisetzungsversuche mit gentechnisch
veränderten Pflanzen im Kanton Aargau; Einreichung
und schriftliche Begründung
Von Martin Bossard, Kölliken, wird folgendes Postulat
eingereicht:
Text:
Text und Begründung:
Die meisten fraglichen Sorten enthalten zusätzlich ein Antibiotika-Resistenz-Gen, welches beim Wachstum und danach
beim biologischen Abbau im Boden freigesetzt und u.U. in
Mikroorganismen eingebaut wird.
Zur Ökonomie: Die Landwirte sollen dazu gebracht werden,
Saatgut und dazugehöriges Spritzmittel im Multipack zu
kaufen. Im Falle von Plüss-Staufer stammen sowohl der
Mais T25 ("LibertyLink") als auch das Herbizid "Liberty"
vom gleichen Hersteller Hoechst-Schering-Agrevo, deren
Schweizer Generalvertretung Plüss-Staufer innehat.
Die Abhängigkeit von der Chemie steigt damit, anstatt - wie
vom Bund mit mehreren 100 Millionen Franken jährlich
vorgespurt und von den meisten Konsumentinnen und Konsumenten verlangt - zu sinken.
Die Landwirte dürfen den Mais nicht selber weiter vermehren. Dies ist die Abschaffung des internationalen "Rechtes
der Landwirte" (Farmer's Right). Im Falle der Firma
Monsanto kontrollieren firmeneigene Polizisten die Einhaltung des entsprechenden Vertrages zwischen Monsanto und
Landwirt.
Zum guten Ton: Weder der Oftringer Gemeinderat noch der
Kanton wurden von Plüss-Staufer vorgängig über das Gentechexperiment informiert. Schade!
954 Interpellation Elisabeth Heuberger, Gontenschwil,
betreffend bürgerwehrähnliche Patrouillen in Dörfern
des Kantons Aargau; Einreichung und schriftliche Begründung
Von Elisabeth Heuberger, Gontenschwil, und 36 mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird folgende Interpellation
eingereicht:
Mit Sorge habe ich davon Kenntnis genommen, dass in
verschiedenen Dörfern des Kantons Aargau in den Abend1463
15. Dezember 1998
stunden Patrouillen unterwegs sind, welche die Bevölkerung
schützen sollen, namentlich vor Einbrüchen. Scheinbar
handelt es sich vor allem um Feuerwehrleute und Mitglieder
des Zivilschutzes, zum Teil begleitet von Schutzhunden. Ich
befürchte, dass solche Patrouillen unter Umständen mehr
Schaden als Nutzen anrichten könnten und dass die Ängste
in der Bevölkerung noch geschürt werden. Es ist meiner
Meinung nach nicht ausgeschlossen, dass sich unvernünftige
Personen diesen Patrouillen anschliessen könnten und
dadurch die Sache ausser Kontrolle geriete. Ich bitte den
Regierungsrat um die Beantwortung folgender Fragen:
1. Ist der Regierungsrat der Meinung, dass es notwendig ist,
die Bevölkerung durch privat organisierte Patrouillen zu
schützen?
Art. 955
In diesem Gesetzesartikel wurden aber keine Grenzen gesetzt, z.B. Vermittelbarkeit, prinzipielle Arbeitsbereitschaft
oder dass die Frau jemals zuvor eine beitragspflichtige
Beschäftigung ausgeübt hätte. Prompt wurde diese Gesetzeslücke missbraucht, indem auch Frauen, die normalerweise keine Chance haben, je eine Arbeit zu erhalten (z.B.
mangelhafte bis gar keine Deutschkenntnisse, noch zu versorgende Kleinkinder usw.) bei den Arbeitsämtern solche
"Erziehungsgutschriften" forderten. Den Zeitungsberichten
zufolge sollen die Gesuchstellerinnen überwiegend Ausländerinnen (vor allem aus Ex-Jugoslawien, dem Kosovo und
der Türkei) sein und zwar im Verhältnis von etwa 5:1.
Ich bitte deshalb den Regierungsrat um die Beantwortung
folgender Fragen:
2. Ist dem Regierungsrat bekannt, in wie vielen Gemeinden
schon solche Patrouillen gebildet wurden?
1. Wie viele solche Fälle sind in den Jahren 1997 bzw. 1998
zu verzeichnen gewesen?
3. Wer erteilt die Bewilligung zur Bildung von solchen
Gruppen und wer kontrolliert sie?
2. Wie viele davon betrafen Ausländerinnen, wieviele
Schweizerinnen?
4. Wer bildet diese Patrouillen aus und wer übernimmt die
Verantwortung, wenn ein Mitglied einer Patrouille verletzt
oder getötet wird oder selbst einem Menschen Schaden
zufügt?
3. Kommt es vor, dass auf solche Art Bezugsberechtigte
eine zumutbare Arbeit ablehnten mit der Begründung, sie
müssten zu Hause Kinder betreuen? Wenn ja, wie oft kam
das in den Jahren 1997 bzw. 1998 vor?
5. Teilt der Regierungsrat meine Meinung, dass durch solche
bürgerwehrähnliche Gruppierungen die Angst in der Bevölkerung nur unnötig geschürt wird und dass Bewegungen
entstehen könnten, welche nicht mehr kontrollierbar sind
und der Bevölkerung mehr schaden als nützen?
4. Wie viele dieser unter Frage 3 gestellten Frauen waren
Ausländerinnen, wie viele Schweizerinnen?
Ich danke dem Regierungsrat für die Beantwortung meiner
Fragen.
955 Interpellation Dr. Dragan Najman, Baden, betreffend Missbrauch des AVIG; Einreichung und schriftliche Begründung
Von Dr. Dragan Najman, Baden, und 10 mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird folgende Interpellation eingereicht:
Text und Begründung:
In der Presse (u.a. einer Zürcher Tageszeitung - nicht Blick sowie in den Limmattaler-Nachrichten) konnte man kürzlich
folgendes lesen: Bei der Revision des AVIG (Bundesgesetz
über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und Insolvenzentschädigung) wurde Art. 13 Abs. 2bis eingefügt. Dieser Artikel sollte es Frauen ermöglichen, Arbeitslosenunterstützung zu erhalten, auch wenn sie die notwendigen Voraussetzungen (keine oder nicht genügend beitragspflichtige
Arbeitstage) nicht erfüllen. Dies wurde grundsätzlich deshalb vorgesehen, weil es Frauen gibt, die (wieder) arbeiten
wollen oder müssen, aber wegen der Erziehung von Kindern
aufgrund verloren gegangener oder nie erworbener Kenntnisse keine Möglichkeit haben, eine Arbeit zu finden. Dieser
Art. 13 Abs. 2bis sollte also eine Art "Erziehungsgutschrift"
sein (je nach Ausbildungsstand sind das zwischen 700 und
2'650 Franken pro Monat).
956 Martin Bossard, Kölliken; Abgabe einer Erklärung für die Fraktion der Grünen
1464
5. Stimmt es, dass caritative Organisationen oder sogenannte
Hilfswerke wie Caritas, HEKS, Arbeiter/-innenhilfswerk
usw. und sogar Sozialämter die Frauen auf diese Bezugsmöglichkeit aufmerksam machen, obwohl diese oft kein
einziges Wort Deutsch können?
6. Welche Möglichkeiten sieht der Regierungsrat, diesem
offensichtlichen Gesetzesmissbrauch einen Riegel zu schieben, z.B. sieht er die Möglichkeit einer entsprechenden
Standesinitiative oder besteht die Möglichkeit, beim Bundesrat direkt zu intervenieren, um eine entsprechende Gesetzesänderung zu verlangen?
7. Wenn ja, wie rasch beabsichtigt der Regierungsrat etwas
Konkretes zu unternehmen?
In den eingangs erwähnten Zeitungsartikeln stand zu lesen,
dass ein grosser Teil der diese finanziellen Leistungen beanspruchenden Frauen Ausländerinnen sind, die über nicht die
geringsten Deutschkenntnisse verfügen. Zum einen ist es in
solchen Fällen praktisch unmöglich, eine Arbeit zu vermitteln. Zum andern ist es schon sehr merkwürdig, dass solche
Frauen, die nur schon für die Antragstellung eines Dolmetschers bedürfen, offenbar in der Lage sind, den sicher nicht
einfachen Gesetzestext zu verstehen. Es liegt auf der Hand,
dass da offenbar "von aussen" gütigst Hilfe geleistet wird.
Sollte dieses "Buschtelephon" nicht nur via Landsleute
funktionieren, sondern wie erwähnt auch von "Hilfswerken"
oder gar Sozialämtern verwendet werden, wäre das ein
Skandal, insbesondere da diese letzteren genau wissen müssen, dass für Personen ohne jede Deutschkenntnisse praktisch keine Vermittlungsmöglichkeiten bestehen, eine
Grundbedingung zum Bezug von Arbeitslosenunterstützung.
Solchem Treiben muss nach meiner Ansicht möglichst rasch
ein Riegel geschoben werden.
Martin Bossard, Kölliken: Ich gebe eine Fraktionserklärung
zu einem Vorfall ab, der eigentlich nicht passieren dürfte,
wenn sich alle in diesem Saal an das hielten, was sie als
Art.956-958
Grossräte geloben. Es geht um die Sondermülldeponie und
darum, was eine Fraktion und im besonderen eine Person
aus dieser Fraktion sich leistet. Im letzten "Beobachter" war
zu lesen, dass jemand aus diesem Rat im Besitz von schriftlichen und offenbar vertraulichen Informationen sei, die
besagten, dass sich in der Sondermülldeponie Sachen befänden, die wesentlich schlimmer seien, als was man bis anhin
befürchten musste. Ich zitiere: "Eines dieser Aktenstücke
besagt, dass die in Kölliken vergrabenen Abfälle polychlorierte Dibenzo-p-Dioxine und Dibenzofurane enthalten. Es
sind Stoffe, die als unerwünschte Begleiter in industriellen
Chemikalien oder als Folge von Unglücksfällen wie Seveso
in die Umwelt gelangen." Der betreffende Grossrat präsentierte diese Dokumente offenbar dem Beobachter, deckte
aber verschiedene Namen mit schwarzem Filzstift ab. Es ist
offenbar klar, dass derartige Analysen von eidgenössischen
Forschungsanstalten gemacht wurden. Der betreffende
Grossrat hält diese Informationen aber zurück: "...will ihn so
lange unter Verschluss halten, bis der Zeitpunkt für seine
politische Strategie stimmt." Der betreffende Grossrat ist
Mitglied der Schweizer Demokraten. Ich möchte hier als
Bürger von Kölliken, der von diesen Giften, die in die Umwelt und bereits ins Grundwasser austreten, betroffen ist, auf
das Schärfste dagegen protestieren, dass Leute in diesem
Saal, die gelobten, dass sie sich für das Wohl des Volkes
einsetzen werden, Informationen zurückhalten, die lebenswichtig sein können. Der betreffende Grossrat verlangt eine
PUK, die jedoch nicht gewährt wurde, da er seine Informationen nicht auf den Tisch legen wollte. Wenn dies wahr ist,
dann möchte ich dagegen protestieren, dass das Baudepartement offenbar das angekündigte Gerichtsverfahren gegen
den betreffenden Grossrat nicht eingeleitet hat. Ich verlange
im Namen meiner Fraktion, dass gegen die betreffende
Person vorgegangen wird und dass die Akten auf den Tisch
gelegt werden. Wir können nicht tolerieren, dass man von
derartigen Giften in dieser Deponie weiss, diese Informationen aber zurückgehalten werden.
957 Kommissionswahlen in nichtständige Kommission;
Kenntnisnahme
Vorsitzender: Gemäss schriftlicher Mitteilung hat das Büro
an seiner Sitzung vom 1. Dezember 1998 gestützt auf § 12
Abs. 1 des Geschäftsverkehrsgesetzes folgende Wahlen in
eigener Kompetenz (unter Vorbehalt von § 12 Abs. 4 des
Geschäftsverkehrsgesetzes) vorgenommen:
Nichtständige Kommission Nr. 0: Wahlaktenprüfungskommission: Urech Rolf, Hallwil, Präsident; Haller Christine,
Reinach; Jakober Kurt, Zuzgen; Kalt Rudolf, Spreitenbach;
Killer Hans, Untersiggenthal; Lanz Werner, Wettingen;
Magon Rosi, Windisch; Mathys Hans Ulrich, Holziken;
Müller Geri, Baden; Richner Sämi, Auenstein; Suhner Heidi, Dr., Unterbözberg.
15. Dezember 1998
Dazu liegen keine Wortmeldungen vor.
Kenntnisnahme.
958 Steuergesetz (StG); Totalrevision; zweite Beratung; Fortsetzung der Detailberatung
(vgl. Art. 947 hievor)
Detailberatung (Fortsetzung)
§ 75
Dr. Rudolf Rohr, Würenlos, Präsident der nichtständigen
Kommission Nr. 7: Die Einfügung von § 75a bedingt eine
Anpassung der Marginalie und der Absätze 4 und 5. Im
übrigen bleibt § 75 gegenüber der ersten Lesung unverändert.
Zustimmung
§ 75a
Dr. Rudolf Rohr, Würenlos, Präsident der nichtständigen
Kommission Nr. 7: Entgegen den Ergebnissen der ersten
Lesung soll nun doch ein fakultatives Element der auf Bundesebene beschlossenen Reform der Unternehmensbesteuerung für den Aargau übernommen werden: die Ausdehnung
des Beteiligungsabzuges auf Kapitalgewinne. Nachdem sich
gezeigt hat, dass die meisten Kantone dieses in Art. 28 Abs.
1bis vorgesehene Instrument in das kantonale Recht überführen, will auch der Aargau nicht zurückstehen. Die daraus
resultierenden, auf 5 Millionen Franken bezifferten Mindererträge wurden durch neu beantragte Vorkehren (Vorverlegung der Fälligkeit, Einführung einer Mindeststeuer auf
Grundstücken) kompensiert. Wenn sie § 75a nun zugunsten
der Steuerpflichten annehmen, dann bedingt dies nach Ansicht der Steuerverwaltung eine leichte Anpassung von § 70
Abs. 4 lit. c, den wir bereits behandelt haben. Es müsste
dort, in Übereinstimmung mit den Materialien vorgesehen
werden, dass nur die Übertragung von Aktiven und Passiven
und Abspaltung von in sich geschlossener Betriebsteile als
steuerfreie Umstrukturierung anerkannt wird, nicht aber die
Übertragung von einzelnen Aktiven an die Tochtergesellschaft. Entsprechend müssten in § 70 Abs. 4 drei Worte
gestrichen werden. Ich möchte es dem Herrn Grossratspräsidenten anheimstellen, ob er hierfür einen Rückkommensantrag verlangt oder ob er es mit Ihrer Einwilligung gestattet,
dass wir § 70 an den neuen § 75a anpassen.
Vorsitzender: Wir stimmen über die Neuformulierung von
§ 70 Abs. 4 lit. c ab. Ich stelle den Antrag auf Rückkommen.
Das ist unbestritten.
§ 70 Abs. 4 lit. c
Vorsitzender: Der Kommissionspräsident stellt den Antrag,
§ 70 Abs. 4 lit. c wie folgt zu fassen: "Aufteilung eines
Unternehmens durch Übertragung von Aktiven und Passiven.. ." Der Regierungsrat signalisiert Zustimmung zu dieser
Änderung. Es liegen dazu keine Wortmeldungen vor. Ich
erkläre sie somit als beschlossen.
§§ 76 und 77
Zustimmung
1465
15. Dezember 1998
§ 78
Dr. Rudolf Rohr, Würenlos, Präsident der nichtständigen
Kommission Nr. 7: Zur Herstellung der sprachlichen Einheitlichkeit mit § 75 soll in Marginalie und Abs. 2 der Begriff der Aufwertungsgewinne entfallen.
Zustimmung
§ 79
Dr. Rudolf Rohr, Würenlos, Präsident der nichtständigen
Kommission Nr. 7: Die Besteuerung der Vereine wird vom
Steuergesetz grundsätzlich neu geregelt. Gegenüber der
ersten Lesung erfolgt nur insofern eine Änderung, als im
Gegensatz zu den gewinnstrebigen "übrigen juristischen
Personen" nur gerade die Vereine und Stiftungen einen
Anspruch auf einen Freibetrag haben sollen. Die Höhe des
Freibetrages, nämlich Fr. 20'000.--, blieb unbestritten.
Zustimmung
§§ 80 - 83
Zustimmung
§ 84
Dr. Rudolf Rohr, Würenlos, Präsident der nichtständigen
Kommission Nr. 7: Im Unterschied zu den Begehren der
einschlägigen Initiative soll den Vereinen und Stiftungen
nur ein Freibetrag von 50'000 Franken gewährt werden.
Auch so resultiert gegenüber dem geltenden Recht eine
spürbare Entlastung. Sie wird - zusammen mit der Verbesserung bei der Gewinnsteuer - auf 0,3 Millionen Franken oder
rund 60 % der heutigen Steuern beziffert. Die Kommission
stimmt der beantragten Regelung mit 16:0 Stimmen, bei 1
Enthaltung, zu.
Art. 958
Kommission eingeschlossen, denn die Vereine sind ein
wichtiger Bestandteil des öffentlichen Lebens. Wir sind
daher mit der Botschaft des Regierungsrates und mit dem
Antrag von Regierung und Kommission, den Initianten sehr
weit entgegengekommen. Bei der Einkommenssteuer sind
wir der Initiative in allen Punkten entgegengekommen. Bei
der Vermögenssteuer sind wir der Initiative auch sehr weit
entgegengekommen, indem wir die Freigrenze von Fr.
20'000.-- auf Fr. 50’000.-- erhöhen und zudem diese Freigrenze in dem Sinne zu einem echten Freibetrag gemacht
haben, indem diese Fr. 50'000.-- wirklich in allen Fällen
abgezogen werden konnten. Die Fr. 20'000.-- vorher waren
nur ein unechter Freibetrag, der von denjenigen ab Fr.
21'000.-- Vermögen nicht abgezogen werden konnte. Es ist
also nur noch eine sehr kleine Differenz zur Initiative. In
vielen Punkten haben wir jetzt Lösungen, die sogar besser
sind, als diejenigen, die die Initiative verlangt. Es ist also
nur noch dieser eine Punkt, bei dem wir uns übrigens auch
an das StGB zu halten haben, das eine Besteuerung der
Vereine vorsieht.
Ich bitte Sie also, die saubere und gute Linie, die Regierung
und Kommission eingeschlagen haben, nun nicht wegen
dieser letzten Differenz zu verlassen und bitte Sie, dem
Antrag von Regierung und Kommission zuzustimmen und
den Antrag von Herrn Birri abzulehnen.
Vorsitzender: Zu Absatz 3 stehen sich zwei Anträge gegenüber: Der Antrag von Regierung und Kommission von Fr.
50'000.-- und der Antrag Birri von Fr. 100'000.--.
Abstimmung:
Für den Antrag von Regierung und Kommission: 110 Stimmen.
Für den Antrag Birri: 27 Stimmen.
Zustimmung zu den Absätzen 1 und 2.
§ 85
René Birri, Stein: Ich stelle zu Absatz 3 folgenden Antrag:
"Das Eigenkapital der Vereine und Stiftungen wird besteuert, soweit es Fr. 100'000.-- übersteigt." Ich spreche im
Namen der grossmehrheitlichen FDP-Fraktion und im Namen des Initiativkomitees für die erleichterte Besteuerung
der Vereine. Ich brauche wohl nicht zu erläutern, welch
wichtige Stellung die Vereine in unserer Gesellschaft übernehmen. Als zusätzliches Argument möchte ich hinzufügen,
dass Einzelpersonen und Ehepaare wesentlich grössere
Abzüge machen können. Das letzte Mal wurde ein Abzug in
der Höhe von Fr. 180'000.-- bei der Besteuerung des Eigentums von Ehepaaren beschlossen. Sie wissen, dass Vereine
und Stiftungen sich oftmals in freiwilliger Arbeit und mit
grossem Einsatz für verschiedene Vereinshütten eingesetzt
haben. Ich denke, dass wir durch die Erhöhung des Abzugs
auf Fr. 100'000.-- einen Ausgleich zur Erhöhung des Abzugs
für Privatpersonen schaffen. Ich bitte Sie, den Antrag zu
unterstützen.
Dr. Rudolf Rohr, Würenlos, Präsident der nichtständigen
Kommission Nr. 7: Die Kommission hat sich nach eingehender Diskussion für eine Senkung des Kapitalsteuersatzes
bei Holding- und Verwaltungsgesellschaften entschieden.
Mit 11:4 Stimmen, bei 1 Enthaltung, beschloss sie eine
Halbierung des Steuersatzes auf 0,15 %o. Die Mindererträge
belaufen sich auf 1,2 Millionen Franken. Die Kommission
erwartet, dass sich durch die verbesserte Attraktivität sowohl
auf kantonaler Ebene als auch insbesondere aus Rückflüssen
aus der direkten Bundessteuer per Saldo rasch Mehrerträge
einstellen. Entgegen früheren Annahmen käme der Aargau
selbst mit dem halbierten Satz nicht an die nationale Spitze.
Thurgau, St.Gallen und auch Schaffhausen lägen weiterhin
tiefer. Um wirklich an die Spitze zu gelangen, müsste der
Satz nochmals, auf 0,075 %o, halbiert werden. Ein Rückkommensantrag auf Beibehaltung von 0,3 %o wurde mit
10:6 Stimmen bei 1 Enthaltung abgelehnt.
Noch eine Bemerkung zur Initiative: Die Steuergesetzrevision ist den Begehren des Initiativkomitees zu grossen Teilen
entgegengekommen. Es bleibt eigentlich nur noch diese
Differenz. Ich bitte Sie darum, diesen Ausgleich von Fr.
50'000.-- auf Fr. 100'000.-- zu machen.
Landammann Dr. Ulrich Siegrist: Wir stehen bei diesem
Thema unter dem Eindruck einer Volksinitiative, die eine
Erleichterung der Besteuerung von Vereinen will. Dieser
Eindruck ist auf uns alle stark, den Regierungsrat und die
1466
Dr. Andreas Binder, Baden: Ich möchte am Votum des
Kommissionspräsidenten anknüpfen und Ihnen im Namen
der CVP-Fraktion einen Antrag stellen, den ich, zusammen
mit meinem Votum unter das Motto "Go for Gold" stellen.
Mein Antrag lautet wie folgt: "Holding- und Verwaltungsgesellschaften entrichten eine Steuer von 0,05 %o des steuerbaren Eigenkapitals." Ich begründe diesen Antrag wie
folgt: Bei der Besteuerung von Holdinggesellschaften kann
man sich praktisch nur noch durch den Steuersatz von den
andern Kantonen und Wirtschaftsstandorten abheben. Dies
Art.958
hat die Kommission auch erkannt, und daher hat sie beschlossen, diesen Steuersatz gegenüber dem geltenden Steuergesetz zu halbieren und auf 0,15 %o zu gehen. Das ursprüngliche Ziel der Kommission war es, an die Spitze zu
gelangen. Vorher haben wir vom Herrn Kommissionspräsidenten gehört, dass dieses Ziel mit dem vorgeschlagenen
Steuersatz noch nicht erreicht ist. St. Gallen, Schaffhausen
und Thurgau liegen vor uns. Wir müssen aber daran denken,
dass andere Kantone auch daran sind, ihr Steuergesetz zu
revidieren und dass - wenn wir nun auf Platz 4 sind - wir
schlussendlich in etwa auf Platz 8 landen werden. Mir ist
klar, dass wir nicht überall an der Spitze sein können und
müssen. Hier haben wir aber eine geradezu einmalige Chance, an die Spitze zu gelangen. Sie ist deshalb einmalig, weil
es uns fast nichts kostet. Wir kommen in einem Bereich an
die Spitze, der für die Wirtschaft und die Ausstrahlung
dieses Kantons sehr bedeutsam ist. An jedem dritten Steuerrechtsseminar würde der Kanton Aargau als Vorbild erwähnt. Jedermann würde hören, dass die Holdingbesteuerung im Kanton Aargau die günstigste ist. Es ist für uns
daher attraktiv, diesen Rang 1 einzunehmen, weil wir praktisch nichts verlieren. Wir haben heute fast keine Holdinggesellschaften, weil wir ein schlechter Holdingstandort sind.
Wir können höchstens eine Millionen Franken verlieren und
das wird durch Zuzüge mehr als kompensiert werden.
Zum Mechanismus: Bei den Holdingsteuern geht es nicht
um die Steuereinnahmen der Holdinggesellschaft, sondern
es geht um die Steuereinnahmen des Umfeldes, das mit
dieser Holdinggesellschaft in den Kanton Aargau kommt.
Dieses Umfeld besteht nicht zuletzt aus natürlichen Personen, die hohe Einkommen haben und diese im Kanton Aargau versteuern werden. Helfen Sie mit, diese Chance zu
packen. Wir dürfen uns diesmal nicht mit Silber oder Bronze
zufriedengeben. Wir wollen Gold. Es wäre schön, wenn der
Herr Regierungsrat hier ein Signal senden könnte, dass
dieser Steuerausfall marginal ist und dass er sich diesem
Antrag anschliessen kann.
Patrizia Leoff, Hägglingen: Die SP-Fraktion beantragt
Ihnen, die Kapitalsteuer von Holding- und Verwaltungsgesellschaften auf 0,3 %o des steuerbaren Eigenkapitals festzusetzen. Für die SP-Fraktion gibt es keinen Zweifel daran,
dass jeder, der das Angebot und die Dienstleistungen unseres Staates benutzen will, seinen Obolus gemäss seiner
eigenen wirtschaftlichen Möglichkeiten leisten soll, um
diese zu finanzieren. Für uns ist es unverständlich, wie man
die Steuerschraube für unnatürliche Personen im interkantonalen Wettbewerb immer mehr nach unten dreht. Geschieht
dies vielleicht in der Hoffnung, dass es sich schon bald nicht
mehr lohnt, eine Steuer für diese zu erheben? Das kann nicht
der Weisheit letzter Schluss sein. Neue Holdinggesellschaften sollen in den Kanton Aargau gelockt werden. Wenn
man aber ehrlich ist, dann weiss jeder, dass bei der Beurteilung eines Wirtschaftsstandortes verschiedene Faktoren eine
weit wichtigere Rolle spielen als ein moderater Steuerfuss.
Es sind dies hochqualifizierte Arbeitskräfte, Zugang zu
Technologien, Verkehrserschliessung, Infrastruktur und vor
allem Standortimage. Mit der von der Kommission beantragten Steuersatzsenkung profitieren von den heute 170
Holdinggesellschaften lediglich drei in einem beachtlichen
Ausmass. Die Holdingbesteuerung insgesamt wird bereits
auf allen Ebenen privilegiert behandelt. Lassen wir uns nicht
vom Sog des ruinösen, interkantonalen Steuerwettbewerbs
mitreissen, bis es sich fast nicht mehr lohnt, eine solche
15. Dezember 1998
überhaupt noch zu erheben. Die SP-Fraktion beantragt Ihnen
deshalb, einem moderaten Steuersatz von 0,3 %o des steuerbaren Eigenkapitals für Holdings- und Verwaltungsgesellschaften zuzustimmen.
Rudolf Hug, Oberrohrdorf: In der ersten Lesung stellte ich
den Prüfungsantrag, der Satz sei soweit zu senken, dass ein
Spitzenplatz erreicht werden könne. Das Ziel wurde nicht
ganz erreicht. Zudem sind uns einige Kantone dicht auf den
Fersen. In Anbetracht dessen, dass die Kapitalsteuern sowieso überholt sind, dass sie auf Bundesebene abgeschafft
wurden, dass das StHG auf Kantonsebene aber immer noch
eine solche verlangt, gibt es nur die Lösung, den Satz soweit
als nur möglich zu senken, das heisst auf praktisch Null.
Hier kann mit wenig Aufwand ein Spitzenplatz erreicht
werden, der Signalwirkung haben wird. Wir von der FDPFraktion unterstützen den Antrag der CVP-Fraktion.
Dr. Jan Kocher, Baden: Wie auch immer diese Abstimmung
ausgehen wird: wichtiger als der Spitzenplatz sind für eine
Holdinggesellschaft die Punkte, die von Frau Leoff genannt
wurden: Gute Verkehrslage, rasche Gewährung von Ausländerbewilligungen für qualifiziertes Personal und ein positives Gesamtumfeld. Nebst der Senkung des Holdingsteuersatzes muss der Kanton Aargau unbedingt die Betreuung der
Interessenten verbessern, den Wirtschaftsbeauftragten mit
PR-Arbeit und Koordination der Fremdenpolizei und Steuerbehörden beauftragen, damit die Entscheide rasch und
kundenfreundlich getroffen werden. Unsere Fraktion hat
sich mit grosser Mehrheit für den Antrag von Herrn Binder
ausgesprochen. Die Begleitmassnahmen müssen aber ebenfalls getroffen werden, sonst nützt der beste Steuersatz
nichts.
Landammann Dr. Ulrich Siegrist: Herr Kocher hat nun kurz
und sehr gut zusammengefasst, worauf es ankommt und was
die andern Faktoren ausmacht: Verkehrsverbindungen,
Ausbildungsmöglichkeiten sowie Betreuung und PR als
zusätzliche Staatsaufgabe. Das sind aber alles Aufgaben und
Rahmenbedingungen, die etwas kosten. Daher ist es schwierig, verständlich zu machen, dass gerade diejenigen, die auf
Rahmenbedingungen angewiesen sind, die etwas kosten,
steuerlich noch weiter privilegiert werden sollen, als Regierung und Kommission dies bereits beantragen. Der Ablauf
und die Rechnung sehen wie folgt aus: Die erste Rechnung
haben wir mit 0,3 %o bestritten - dies war unbestritten. Der
Grosse Rat wollte diesen 0,3 %o zunächst aber nur teilweise
zustimmen. In der zweiten Lesung liegen nun diese 0,15 %o
vor. Das ist eine Reduktion von 2,4 Millionen Franken auf
1,2 Millionen Franken.
Wenn wir nun auf 0,05 %o reduzieren, würden wir damit
etwas rein Symbolisches machen. Wir hätten dann noch Fr.
400'000.--, die von den ca. 160 Holdinggesellschaften im
Kanton Aargau noch aufgebracht werden müssten. Bei allen
guten Argumenten, die hier vorgetragen werden: Wie wollen
Sie das denn der Öffentlichkeit in einem Abstimmungskampf plausibel machen, dass nun diese Holdinggesellschaften vom ganzen Kuchen gerade noch Fr. 400'000.-- aufbringen würden. Ich kann dem Antrag von Herrn Binder, der in
der Kommission schon gestellt und abgelehnt wurde, daher
nie und nimmer zustimmen.
Ich möchte als neuen Antrag des Regierungsrates beantragen, auf 0,1 %o zu gehen, damit der Kanton Aargau hier
doch zeigt, dass er bei der vordersten Spitze mithalten will.
Das würde Steuererträgen von ca. 0,8 Millionen Franken
1467
15. Dezember 1998
entsprechen. Das wäre etwas, zu dem wir noch stehen können und das wir auch noch zeigen dürfen, das aber auf der
andern Seite der Forderung, ein Zeichen zu setzen, noch
gerecht würde. Ich bitte Sie, diesem Antrag von 0,1 %o
zuzustimmen.
Art. 958
Zustimmung
§§ 87 - 93
Zustimmung
§ 94
Dr. Andreas Binder, Baden: Ich danke dem Herrn Finanzdirektor für den Schritt in die richtige Richtung. Ich möchte
nun aber doch darum bitten, dass wir diesen Schritt ganz
machen. Wir sind nun noch Fr. 400'000.-- auseinander.
Wenn wir es mit dem Holdingstandort Aargau ernst meinen
und an die Spitze gehen, dann werden wir diese Fr.
400'000.-- garantiert mit mehr Holdinggesellschaften hereinholen. Wegen Fr. 400'000.-- dürfen wir es uns mit Platz 1
nicht verscherzen. Ich bitte Sie, fassen Sie sich ein Herz und
stimmen Sie unserem Antrag zu.
Dr. Rudolf Rohr, Würenlos, Präsident der nichtständigen
Kommission Nr. 7: In erster Lesung wurde die Prüfung der
Frage verlangt, ob der Begriff der gemischten Schenkung
nicht zu definieren wäre. Regierungsrat und Kommission
möchten von einer solchen Definition absehen, da der Begriff der gemischten Schenkung bereits vom geltenden
Steuergesetz (Art. 69) verwendet wird und die Handhabung
keinerlei Anstände verursacht hat.
Vorsitzender: Es liegen nun 4 Anträge vor: 1. der Antrag der
Kommission auf 0,15 %o; 2. der Antrag von Herrn Binder
auf 0,05 %o; 3. der Antrag von Frau Leoff auf 0,3 %o und 4.
Der Antrag des Regierungsrates auf 0,1 %o. Ich schlage vor,
den Antrag Binder gegen den Antrag Leoff auszumehren,
dann den obsiegenden Antrag demjenigen der Kommission
und schliesslich das daraus obsiegende Ergebnis dem Antrag
der Regierung gegenüberzustellen.
Die beantragte Umformulierung in Absatz 1 lit. e ist in
Verbindung mit der in § 13 Abs. 2 lit. b vorgenommenen
Änderung zu sehen. Sie bedeutet eine doppelte Erweiterung
des Aufschubstatbestandes.
In Absatz 1 lit. c ist die aargauische Formulierung bewusst
grosszügiger gehalten als im StHG. Daran soll festgehalten
werden.
Zustimmung
Eventualabstimmung:
§§ 95 - 105
Für den Antrag Dr. Binder: 107 Stimmen.
Für den Antrag Leoff: 49 Stimmen.
Zustimmung
Eventualabstimmung:
Für den Antrag der Kommission: 86 Stimmen.
Für den Antrag Dr. Binder: 67 Stimmen.
Hauptabstimmung:
Für den Antrag der Kommission: 57 Stimmen.
Für den Antrag der Regierung: 105 Stimmen.
Vorsitzender: Sie haben somit den Antrag des Regierungsrates von 0,1 %o beschlossen.
§ 86
Zustimmung
§ 86a
Dr. Rudolf Rohr, Würenlos, Präsident der nichtständigen
Kommission Nr. 7: Wie die Mehrheit der anderen Kantone
möchte auch der Kanton Aargau auf dem Liegenschaftenbesitz von Kapitalgesellschaften und Genossenschaften eine
Mindeststeuer einführen. Die neue Bestimmung betrifft
insbesondere ausserkantonale Gesellschaften, die im Aargau
über Liegenschaften verfügen. Aus rechtlichen Gründen
unterstehen ihr aber auch Unternehmungen mit Sitz im
Kanton. Bestimmte Kategorien von Gesellschaften sind von
der Steuer ausgenommen. Der Steuersatz soll unter Berücksichtigung der Bundesgerichtspraxis 1,5 %o betragen - und
damit noch immer weniger als bei den steuerbefreiten juristischen Personen, die nach § 13 2 %o auf den Steuerwerten
zu entrichten haben. Die neue Mindeststeuer soll - trotz dem
gegenüber dem regierungsrätlichen Antrag reduzierten
Ansatz - unverändert 2,5 Millionen Franken einbringen, wie
eine Nachrechnung wegen Einbezuges innerkantonaler
Gesellschaften ergeben hat. Die Kommission stimmt mit
13:0 Stimmen bei 2 Enthaltungen der Kommissionsfassung
zu.
1468
§ 106
Dr. Rudolf Rohr, Würenlos, Präsident der nichtständigen
Kommission Nr. 7: Der Regierungsrat beantragt einen
Grundstückgewinnsteuertarif, der nach einer Besitzesdauer
von 6 Jahren höher ausfällt, als die Kommission in erster
Lesung beschlossen hat, und der ab 25 Jahren einen Endtarif
von 10 % vorsieht.
Die Kommission hat in einer ersten Abstimmung mit 11:6
Stimmen am Beschluss des Grossen Rates festgehalten und
bleibt bei einem Endtarif von 5 %. Mit dem gleichen
Stimmenverhältnis hat sie diesen Entscheid gegenüber
einem Rückkommensantrag bestätigt. Sie teilt die Ansicht
nicht, dass die von ihr beschlossene Regelung gegen das
StHG verstösst. In Anbetracht der anderweitig dem Grundeigentum zugemuteten Mehrbelastungen, möchte sie bei
dem ihr aufgezwungenen Endtarif moderat bleiben. Der
Regierungsrat hält an seinem Antrag fest.
Werner Häfliger, Wettingen: Die FDP-Fraktion bleibt beim
Ergebnis der ersten Beratung und lehnt die Anträge der
Regierung und allenfalls anderer Fraktionen ab. Auch ein
Endlostarif von 5 % nach 25 Besitzesjahren stellt für den
Grundbesitzer, der sich vom Eigenheim oder von einer
Immobilienanlage trennen muss, eine erhebliche Belastung
dar. Die FDP-Fraktion lehnt es ab, diesen Satz zu erhöhen.
Die Grundeigentümer dürfen durch die Steuergesetzrevision
nicht noch weiter belastet werden.
Martin Troller, Münchwilen: Gestatten Sie mir ein kleines
Rechenbeispiel: Wir schreiben das Jahr 2001. Das Steuergesetz, das wir zurzeit beraten, ist seit dem 1. Januar in Kraft.
Herr X ist bereit, an schönster Lage am Hallwilersee 10
Aaren Bauland zu einem Preis von 1 Millionen Franken zu
verkaufen. Herr X hat das Grundstück 1974 zu einem Preis
von 200 Franken/Quadratmeter erworben, also zu einem
Kaufpreis von Fr. 200'000.--. Dass der Preis in den Jahren
Art.958
1990/91 einmal auf Fr. 1'000.--/ Quadratmeter kletterte,
spielt in dieser Abrechnung keine Rolle mehr. Nachdem das
Grundstück nun seit mehr als 25 Jahren im Besitz von Herrn
X war, gilt nach dem vorstehenden Paragraphen 102 "der
kleinst mögliche Pauschalierungssatz für die Anlagekosten".
Das heisst, der Erlös von einer Millionen Franken ergibt
Anlagekosten von 600'000 Franken. Im Klartext heisst das:
Damaliger Kaufpreis Fr. 200'000.--, Verkaufspreis eine
Millionen Franken, Erlös Fr. 800'000.--, durch die Pauschalisierung der Anlagekosten von 60 % reduziert sich der
steuerbare Gewinn von Fr. 800'000.-- auf Fr. 400'000.--.
Diese Fr. 400'000.-- Gewinn ergeben mit der Variante Regierungsrat eine Steuer von Fr. 40'000.-- auf Fr. 800'000.-Grundstücksverkaufsgewinn. Dies ist der ungünstigste Fall.
Sollten die Anlagekosten durch Investitionen höher sein als
60 %, so wird der Gewinn noch kleiner. Diese 10 % Minimalsteuern gelten als minimalste Steuerbelastung, die dem
Steuerharmonisierungsgesetz noch standhalten. Die 5 %, die
im Beschluss der Kommission vorgeschlagen werden, halten
gemäss Expertenberichten, die der Kommission vorlagen,
dem Steuerharmonisierungsgesetz nicht stand. Die SPFraktion beantragt Ihnen, der Fassung der Regierung zuzustimmen.
Jakob Peterhans, Sins: Der Frontalangriff von Regierung
und Verwaltung auf das Grundeigentum konnte in der ersten
Lesung erfolgreich abgewendet werden. Die CVP-Fraktion
befindet es für unnötig, hier Änderungen vorzunehmen. Wir
stehen hinter dem Kommissionsantrag. An Herrn Troller
möchte ich die Frage stellen, wer denn der ominöse Herr X
ist. Zumindest ich bin es nicht und ich spreche auch nicht
aus Eigeninteresse, da ich keine Grundstücksgewinnsteuern
bezahle. Die einzigen, die noch Grundstücksgewinnsteuern
bezahlen sind doch die Einfamilienhausbesitzer, die vielleicht bei Generationenwechseln eine Liegenschaft verkaufen müssen, weil sie sie in der Familie nicht weitergeben
können. Diejenigen, die aber auf diesem Gebiet erwerbstätig
sind, sämtliche Aktiengesellschaften und Liegenschaftshändler bezahlen aber keine Grundstücksgewinnsteuern.
Diese liefern ihre Gewinne über die ordentlichen Steuererklärungen ab. Die Rechnung von Herrn Troller ist weitgehend Wunschdenken. Vielleicht kann ab und zu einer ein
goldenes Ei dieser Art finden aber in der heutigen Zeit ist
das Gegenteil sicherlich eher der Fall. Ich bitte Sie im Namen der CVP-Fraktion, dem Antrag der Kommission zuzustimmen.
Ernst Frey, Kaiseraugst: Für unsere Partei ist das Grundeigentum noch immer von zentraler Bedeutung, im Gegensatz
zu andern Parteien, die dazu ein anderes Verhältnis zu haben
scheinen. Wir sagten bereits im Eintreten, dass wir uns mit
Händen und Füssen gegen allfällige Anträge zu einer Verschärfung der Grundstücksgewinnsteuer wehren werden.
Wir sind schon beim Endlostarif nur mit Knurren dazu
bereit, dies zu akzeptieren und das auch nur, weil das Steuerharmonisierungsgesetz dies erfordert. Mit dem Kommissionsvorschlag von 5 % ist es aber genug. Das mag vor dem
Steuerharmonisierungsgesetz noch gehen. Wir sind Ihnen
auch bei Dingen entgegengekommen, Herr Troller, die dem
Steuerharmonisierungsgesetz auch nicht unbedingt standhalten würden. In dieser Sache, so denken wir nach langer
Diskussion in der Kommission, hält der Entscheid dem
Steuerharmonisierungsgesetz aber stand. Wir lehnen den
Antrag von Herrn Troller klar ab und bitten Sie, das auch zu
tun.
15. Dezember 1998
Martin Troller, Münchwilen: Meine beiden Vorredner sangen soeben das Hohelied der Liegenschaftseigentümer. Hier
geht es aber nicht mehr um diese. Die Leute, die verkaufen,
sind dazu bereit, sich von ihrem Eigentum zu trennen. In
diesem Fall sollte die jahrelang bevorzugte Behandlung
etwas korrigiert werden. Das ist nur gerecht. Ich danke
Ihnen für die Zustimmung zum Antrag des Regierungsrates.
Landammann Dr. Ulrich Siegrist: Im Gegensatz zu dem,
was vorhin gesagt wurde, war der Antrag von Regierung
und Verwaltung bei weitem kein Angriff gegen das Grundeigentum. Erinnern wir uns an das Umfeld, in dem die Diskussion damals stattfand. Es ging darum, ob gewisse Privilegien, die die Grundeigentümer im Kanton Aargau haben,
teilweise zugunsten einer gerechten Lösung, korrigiert werden müssten. Zugegebenerweise hat sich das Umfeld in der
Zwischenzeit ein wenig gewandelt, in dem vor allem im
Zusammenhang mit der Neuschätzung von Liegenschaften
eine etwas andere Ausgangslage vorhanden ist. Insofern ist
es verständlich, dass ein Teil des Grossen Rates nun der
Meinung ist, dass wenn der Grosse Rat nun gleich entscheide wie in der ersten Lesung, dann sei es diesmal weniger
sündhaft als damals. Trotzdem gibt es für den Regierungsrat
drei Gründe, an seinem Antrag festzuhalten: 1. Weil der
Regierungsrat ihn als Minimalantrag betrachtet. Sie erinnern
sich, wir haben seinerzeit im Endlostarif 15 % beantragt und
2. den Entscheid des Grossen Rates insofern akzeptiert, als
wir darauf verzichteten, an dieser Position festzuhalten und
mit den 10 % bereits einen Kompromiss vorgeschlagen
haben, der den Kanton immerhin 5,5 Millionen Franken
kostet. Zudem bringt diese Angelegenheit für den Wirtschaftsstandort Aargau an und für sich nichts, sie trägt aber
zur Steuergerechtigkeit bei. 3. Ein rechtlicher Grund: Im
Verlaufe der ersten Lesung, als diese Frage umstritten war,
haben wir zur Frage, wo nach richtiger Auslegung des Steuerharmonisierungsgesetzes in etwa die Limite liegen könnte,
ein Gutachten anfertigen lassen. Dieses Gutachten kam zum
Ergebnis, dass diese Limite etwa bei 10 % liegt. Das heisst,
ich muss Sie darauf aufmerksam machen, dass, wenn wir
tiefer gehen, keine Sicherheit dafür besteht, ob diese Lösung
noch vor einem Gerichtsverfahren sicher ist, ob sie dem
Steuerharmonisierungsgesetz standhält. Wir müssen damit
rechnen, dass eine Lösung mit 5 % nicht mehr rechtmässig
wäre. Aus diesen Gründen ersucht Sie der Regierungsrat,
der Lösung mit 10 % zuzustimmen.
Vorsitzender: Es liegen zwei Anträge, nämlich derjenige der
Kommission und derjenige des Regierungsrates vor.
Abstimmung:
Für den Antrag der Kommission: 92 Stimmen.
Für den Antrag der Regierung: 56 Stimmen.
§§ 107 - 125
Zustimmung
§ 126
Dr. Rudolf Rohr, Würenlos, Präsident der nichtständigen
Kommission Nr. 7: In Übereinstimmung mit dem StHG
muss die Haftungsbeschränkung fallen gelassen werden. Die
Kommission stimmt zu.
Zustimmung
1469
15. Dezember 1998
§§ 127 - 133
Zustimmung
§ 134
Dr. Rudolf Rohr, Würenlos, Präsident der nichtständigen
Kommission Nr. 7: Auf Ersuchen eines Kommissionsmitglieds wurde geprüft, ob nicht auch Quellensteuerpflichtige
einen Unterstützungsabzug geltend machen können. Die
Abklärung ergab, dass die Kontrolle solcher Unterstützungszahlungen von ausländischen Arbeitnehmern an deren
Verwandte im Ausland problematisch wäre, und dass deshalb vorzuziehen ist, diesen Abzug in den Tarif zu integrieren. Sollte auf Bundesebene eine Verpflichtung zur Rückerstattung statuiert werden, kann der Regierungsrat dies in
Anwendung von § 134 Abs. 1 auf Verordnungsstufe berücksichtigen. Eine Änderung des in erster Lesung beschlossenen Gesetzestextes ist mithin nicht erforderlich.
Zustimmung
§ 135 - 139
Zustimmung
§ 140
Dr. Rudolf Rohr, Würenlos, Präsident der nichtständigen
Kommission Nr. 7: Zur Befreiung der Nachkommen von der
Erbschafts- und Schenkungssteuer wurde erneut ein Ablehnungsantrag gestellt. Die Kommission hat mit 10:6 Stimmen
eine Beibehaltung der Steuerpflicht für Nachkommen abgelehnt. Ebenso hat sie die Gleichstellung von Personen in
langjährigen Wohngemeinschaften mit Ehegatten verworfen. Hingegen hat sie die Belastungen für solche Wohngemeinschaften gemildert, worauf bei § 146 einzugehen sein
wird.
Von einem Ratsmitglied wurde die Frage aufgeworfen, ob
die Dauer eines Pflegeverhältnisses von 2 Jahren als Voraussetzung für steuerfreie Vermögensanfälle an Pflegekinder nicht zu kurz ist. Es wurde indessen betont, dass ein
solches Pflegeverhältnis mit rechtlichen Verpflichtungen
verbunden ist und deshalb nicht mit Formen des Konkubinates verglichen werden kann.
Zustimmung zu den Abs. 1 - 3.
Dr. Urs Hofmann, Aarau: Die SP-Fraktion stellt Ihnen zu
Absatz 4 den Antrag, die Schenkungs- und Erbschaftssteuerpflicht für Nachkommen beizubehalten. Wir sind uns
bewusst, dass in weiten Bevölkerungskreisen bei den Leuten, die einmal das Glück haben, beschenkt zu werden oder
erben zu können, die Steuerpflicht nicht auf Gegenliebe
stösst. Doch: Wer zahlt schon gerne Einkommenssteuern.
Für uns stellt sich jedoch die Grundsatzfrage, woher der
Staat sein Geld nehmen soll, das er braucht. Soll er es dort
nehmen, wo jemand arbeitet oder dort, wo jemand das
Glück hat, beschenkt zu werden? Wir sind der Überzeugung,
dass es eine grundsätzliche Fehlentscheidung ist, wenn die
Erbschaftssteuern für Nachkommen gänzlich abgeschafft
werden und umgekehrt als Konsequenz davon, damit das
gleiche Steuersubstrat generiert werden kann, bei den Einkommenssteuern oder den Vermögenssteuern bei den noch
lebenden Personen mehr verlangt werden muss.
Die CVP-Fraktion stellte den Antrag, der Mittelstand soll
bei den Einkommenssteuern entlastet werden. Wir wären
1470
Art. 958
damit einverstanden gewesen, wenn die Steuerausfälle
beispielsweise bei den Erbschaftssteuern hätten aufgefangen
werden können. Die Schweiz geht hier - auch im internationalen Vergleich - den falschen Weg. Wenn Sie vor einigen
Wochen die Sonntagszeitung gelesen haben, dann war es
schon ausgesprochen auffällig, dass unter den reichsten
Schweizerinnen und Schweizern vor allem Leute sind, die
ihr Vermögen nicht selbst erarbeitet haben, sondern das
Glück haben, in einer wohlhabenden Familie geboren zu
sein. In den USA sieht das anders aus. Dort ist es so, dass
derjenige, der etwas leistet, auch die Möglichkeit hat, ein
Vermögen zu erarbeiten und nicht einfach auf seiner Erbschaft sitzen bleiben kann. Die Grundsatzfrage, die sich
stellt, lautet wie folgt: Will der Staat Aargau die Arbeit mehr
besteuern oder will er arbeitsloses Vermögen mehr besteuern. Wir sind aus Überzeugung der Ansicht, dass ein Steuergesetz nicht so geändert werden darf, dass mehr Einkommens- und Vermögenssteuern bezahlt werden müssen und
gleichzeitig eine Entlastung bei der Erbschaftssteuer eintritt.
Wir beantragen Ihnen, dass die Minderheitsanträge gemäss
der Synopse zum Beschluss erhoben werden. Dies ist eine
zukunftsgerichtete Steuergesetzgebung und nicht der Irrweg
der Abschaffung der Erbschafts- und Schenkungssteuer.
Dr. Erich Stieger, Baden: Wenn der Kanton Aargau zu den
steuergünstigeren Kantonen gehören will, so drängt es sich
auf, die Nachkommen von den Erbschafts- und Schenkungssteuern zu befreien. Die CVP-Fraktion ist für diesen Antrag.
Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass immer mehr Kantone diese Steuerbefreiung einführen - zuletzt der Kanton
Appenzell-Ausserhoden im September. Der Kanton Aargau
benachteiligt sich selbst, wenn er diesem Trend nicht folgt.
Herr Hofmann sagte, man solle das Geld dort nehmen, wo es
ohne Arbeit vorhanden ist. Die SP-Fraktion macht hier die
Rechnung im eigentlichen Sinne ohne den Wirt, denn diejenigen Personen, die sich an den Erbschaftssteuern der Nachkommen stören, die werden den Wohnsitz aus dem Kanton
Aargau verlegen und dadurch werden wir Steuern verlieren.
Die Steuerbefreiung ist aber nicht nur aus Gründen des
Standortwettbewerbes gerechtfertigt, sondern auch aus
anderen Gründen. Die nächsten Angehörigen sollen Vermögen, das bereits mehrfach versteuert wurde, nicht nochmals
versteuern. Die Steuerbefreiung steigert auch die Attraktivität des Unternehmenssteuerrechts, da die Erbschaftssteuer
bei der Unternehmensnachfolge entfällt. Die CVP-Fraktion
empfiehlt Ihnen, an der Fassung der ersten Lesung festzuhalten.
Werner Häfliger, Wettingen: Die Steuergesetzrevision verfolgt das Ziel, den Kanton Aargau steuerlich attraktiv zu
machen, nicht nur für Unternehmer, vielköpfige Familien
und Leute mit tiefem Einkommen, sondern auch für die
schwereren Leute, die etwas zu verschenken oder zu vererben haben. Vergessen wir für einmal die rein statistischen
Betrachtungen bei der Ermittlung der mutmasslichen Steuerausfälle. Wir müssen beurteilen, wieviele Leute wir davon
abhalten, ihr Domizil in den Kanton ihres Zweitwohnsitzes
zu verlegen und wieviele Leute wir allenfalls mit einer
attraktiven Erbschaftssteuer dazu bewegen, sich in unserm
schönen Kanton niederzulassen. Zudem wurde der Tarif für
die zweite Lesung so angesetzt, dass die übrigen Erbberechtigten um einiges mehr belastet werden und damit die Ausfälle bei den direkten Nachkommen teilweise kompensiert
werden. Vererbtes Vermögen wurde zu Lebzeiten X-fach
besteuert. Es muss daher möglich sein, bis zum Tod zusam-
Art.958
mengehaltene Vermögen ungeschmälert an Töchter und
Söhne weiterzugeben. Die FDP-Fraktion setzt sich daher
dafür ein, dass die Erbschafts- und Schenkungssteuer für
direkte Nachkommen inskünftig entfällt.
Ernst Frey, Kaiseraugst: Unsere Fraktion hält daran fest,
dass gemäss dem Antrag der Kommission bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer eine Entlastung stattfinden
soll. Ich möchte die Argumente der Vorredner nicht wiederholen. Wenn das Vermögen infolge einer Erbschaft anfällt,
so wurde es vorher bereits mehrfach versteuert. Es bleibt in
der Familie und wenn man Familienpolitik in den Mittelpunkt stellen möchte, dann muss man die Besteuerung der
direkten Nachkommen fallenlassen.
Zudem hilft eine Abschaffung der Erbschafts- und Schenkungssteuern mit, den Standort Aargau attraktiver zu gestalten. Wir befürchten, ohne dies würde ein vermehrter Erbschaftstourismus stattfinden. Ich bitte Sie, dem Antrag der
Kommission zuzustimmen und den Antrag der SP-Fraktion
abzulehnen.
Landammann Dr. Ulrich Siegrist: Ich legte Ihnen bereits in
der ersten Lesung dar, dass die Einführung der Erbschaftssteuern eine Errungenschaft der liberalen Bewegung war.
Das lässt sich historisch belegen. Es waren in der Schweiz
vor allem liberale Kantone, die die Erbschaftssteuern eingeführt haben. Grundsätzlich empfinde ich den Weg, der nun
gesamtschweizerisch immer stärker um sich greift, die
Erbschaftssteuern teilweise abzuschaffen, als falsch, unliberal und ungerecht. Er ist auch sachlich falsch, weil diese
Besteuerung an und für sich die wirtschaftlich bessere Besteuerung ist als die der Arbeit. Es gilt hier aber den andern
Kontext zu berücksichtigen. Es hat sich in den 20 Jahren
etwas geändert, nämlich die interkantonalen Querbeziehungen, das Hineinwachsen in grössere Räume und auch die
grössere Mobilität des Wohnsitzes. In diesem interkantonalen Kontext Gerechtigkeit zu schaffen ist sehr schwierig
geworden. Heute ist das eigentlich Ungerechte, dass man
sich dieser Erbschaftssteuer durch einen Wohnsitzwechsel
relativ leicht entziehen kann. Gerade bei grossem vererbbarem Vermögen ist diese Mobilität gegeben. An diesem
Unrecht ändern wir nichts, indem wir diese Erbschaftssteuer
im Kanton Aargau aufrechterhalten. Damit würden wir zwar
ein gerechtes Gesetz machen, dessen Wirkung dann aber
umso ungerechter sein würde, weil das Unrecht um so stärker empfunden würde, wenn man sich diesem Gesetz gestützt auf das Territorialprinzip entziehen kann, wenn immer
mehr Kantone ihr System ändern. Es ist schwierig, diese
Gerechtigkeit im grösseren Raum herzustellen. Von bürgerlichen Aargauern lag seinerzeit ein Antrag vor, man solle
dies im Steuerharmonisierungsgesetz regeln. Dieser Antrag
wurde abgelehnt. Es wird nicht leicht sein, dies wieder zu
ändern. Wir lösen damit das Problem aber effektiv nicht.
Mit der potentiellen Erbschaft geht dann nicht nur die Erbschaftssteuer aus dem Kanton, sondern auch noch die Vermögenssteuer. Aus diesen Überlegungen heraus hat sich der
Regierungsrat letztlich dieser starken Mehrheit in der ersten
Lesung angeschlossen. Dies in der Meinung, diese Ausfälle
bei der Vermögens- und Einkommenssteuer wieder kompensieren zu können, was aber leider im Gesamtkontext
nicht ganz gelungen ist. In diesem Sinne möchte ich Sie
nicht eigentlich darum bitten, Regierung und Kommission
zuzustimmen. Mir war lediglich daran gelegen, nochmals
darzulegen, weshalb der Regierungsrat sich dieser Lösung
umgekehrt nicht mehr widersetzt. Er tut dies nicht mit we-
15. Dezember 1998
henden Fahnen, sondern wegen der Vernunft hinsichtlich
einer Gesamtbeurteilung.
Vorsitzender: Zu § 140 Abs. 4 liegen zwei Anträge vor: Der
Antrag von Regierung und Kommission sowie der Minderheitsantrag Dr. Hofmann.
Abstimmung:
Für den Antrag von Regierung und Kommission: 111 Stimmen.
Für den Antrag Dr. Hofmann: 51 Stimmen.
§ 141
Zustimmung
§ 142
Dr. Rudolf Rohr, Würenlos, Präsident der nichtständigen
Kommission Nr. 7: Überprüft wurde hier die Frage, ob nicht
auch die Schenkungen von juristischen Personen der Schenkungssteuer zu unterwerfen wären. Die Frage wurde verneint, zumal auch die anderen Kantone dies nicht vorsehen.
Allfällige Zahlungen von juristischen Personen an irgendwelche Dritte würden als geldwerte Leistungen von der
Einkommenssteuer erfasst.
Zustimmung
§§ 143 - 145
Dr. Rudolf Rohr, Würenlos, Präsident der nichtständigen
Kommission Nr. 7: Zu den §§ 143 und 144 sind keine Bemerkungen anzubringen. § 145 bleibt gestrichen.
Zustimmung
§ 146
Dr. Rudolf Rohr, Würenlos, Präsident der nichtständigen
Kommission Nr. 7: Gegenüber dem Ergebnis der 1. Lesung
beantragt der Regierungsrat, die Klassen 3 - 5 in eine einzige Klasse zusammenzufassen. Damit entfällt die Privilegierung von Nichten und Neffen sowie von Tanten und Onkeln.
Die Kommission stimmt mit 10:6 Stimmen zu.
Eine Besserstellung der Wohngemeinschaften hat die Kommission in einer ersten Abstimmung mit 11:5 Stimmen
abgelehnt. Als drittes konsensbildendes Element - ich erinnere hier an die Beiträge an Arbeitnehmerorganisationen
und an die Betreuungskostenabzüge - hat sie indessen diese
Besserstellung, nämlich Einreihung in die Klasse 1, am
Schlusstag doch noch gutgeheissen. Gleichzeitig hat sie, mit
9:7 Stimmen, bei 1 Enthaltung, auch die Voraussetzungen
für diese Besserstellung gemildert, indem sie die Frist von 7
Jahren auf 5 Jahre verkürzt hat. Aus diesem Entgegenkommen wird ein Minderertrag von 0,2 Millionen Franken erwartet. Über den in der Synopse aufgeführten Minderheitsantrag ist bereits mit § 140 entschieden worden. Er steht
nicht mehr zur Diskussion.
Zustimmung
§ 147
Zustimmung
§ 148
Dr. Rudolf Rohr, Würenlos, Präsident der nichtständigen
Kommission Nr. 7: Als Teilkompensation für die Ertrags-
1471
15. Dezember 1998
Art. 958
ausfälle zufolge der Steuerbefreiung der Nachkommen
beantragt der Regierungsrat eine Verschärfung des Tarifs für
einzelne Erbenkategorien. Die Verschärfung betrifft die
Klasse 2 (Geschwister und Grosseltern) und die ursprünglichen Klassen 3 und 4 (Nichten und Neffen, Onkeln und
Tanten). Damit sollten etwa 30 % der bei den Nachkommen
entstehenden Ausfälle wettgemacht werden.
in § 156 eingeführt werden. Die Kommission stimmt ohne
Gegenstimmen zu.
Die Kommission wollte diese Verschärfung, die für Geschwister zu Mehrbelastungen bis zu 40 % geführt hätte,
nicht voll mittragen. Sie hat deshalb für die untersten drei
Tarifstufen der Klasse 2 mildere Sätze beschlossen, so dass
die Mehrbelastung für bescheidene Vermögensanfälle an
Geschwister ganz entfällt und für mittlere und grössere
Vermögensanfälle in abnehmendem Masse gemildert wird.
Die von der Verschärfung erwarteten Mehrerträge reduzieren sich dadurch von 3,8 Millionen Franken um 0,6 Millionen Franken auf 3,2 Millionen Franken
§ 158
Nicht verändert wurde von der Kommission die Verschärfung für Nichten und Neffen, die bei Vermögensanfällen bis
zu Fr. 100'000.-- volle 50 % gegenüber der ersten Lesung
und gegenüber dem geltenden Recht ausmacht. Bei höheren
Summen reduziert sich die Mehrbelastung etwas, bleibt aber
immer noch im Bereich von 40 %. Der in der Synopse aufgeführte Minderheitsantrag gilt nur für den Fall, dass an der
Steuerpflicht der Nachkommen festgehalten worden wäre,
was nicht der Fall ist.
Zustimmung
§ 149
Dr. Rudolf Rohr, Würenlos, Präsident der nichtständigen
Kommission Nr. 7: Der Antrag eines Ratsmitgliedes, in
Wahrung der Organisationsautonomie der Gemeinden nicht
im Gesetz festzulegen, dass der Gemeinderat die Erbschaftsund Schenkungssteuer zu beziehen habe, wurde abgelehnt.
Die bisherige Regelung hat sich bewährt. Der Gemeinderat
kann den Vollzug trotzdem delegieren. Würde im Gesetz für
den Bezug einfach auf die Gemeinden verwiesen, müsste die
Zuständigkeit in den einzelnen Gemeindeordnungen jeweils
geregelt werden. Das ist nicht opportun.
Zustimmung
§ 150
Dr. Rudolf Rohr, Würenlos, Präsident der nichtständigen
Kommission Nr. 7: An der geltenden und auch für das neue
Gesetz vorgesehenen Aufteilung der Erträge zwischen Kanton und Gemeinden im Verhältnis 2:1 will die Kommissionsmehrheit festhalten. Die hälftige Aufteilung wurde mit
8:4 Stimmen, bei 3 Enthaltungen, abgelehnt.
Zustimmung
§§ 151 -155
Zustimmung
§ 156
Dr. Rudolf Rohr, Würenlos, Präsident der nichtständigen
Kommission Nr. 7: Die innerkantonale Steuerausscheidung
bei natürlichen Personen soll mit dem neuen Steuergesetz
vereinfacht werden. Unbestrittenermassen soll es dagegen
bei juristischen Personen bei den heutigen Steuerausscheidungsregeln bleiben. Die entsprechende Bestimmung muss
1472
Zustimmung
§ 157
Zustimmung
Dr. Rudolf Rohr, Würenlos, Präsident der nichtständigen
Kommission Nr. 7: § 158 soll aus Transparenzgründen und
zur Aufwandoptimierung gestrichen werden. Dieser Paragraph wäre eine Spezialbestimmung zu § 153 Abs. 3 Satz 2,
wonach für die Bemessung der Kirchensteuer die Wohnsitzund Familienverhältnisse am Ende der Steuerperiode oder
der Steuerpflicht massgebend sind. Im Falle des Austritts
aus der Landeskirche während des Kalenderjahres entfällt
mithin die Pflicht, eine pro-rata-Kirchensteuer zu entrichten.
Die Kommission hat dieser Streichung mit 10:2 Stimmen,
bei 3 Enthaltungen, zugestimmt.
Zustimmung
§§ 159 - 162
Zustimmung
§ 163
Dr. Rudolf Rohr, Würenlos, Präsident der nichtständigen
Kommission Nr. 7: Im Absatz 1 wird zunächst eine sprachliche Anpassung an Absatz 2 vorgeschlagen. Sodann hat der
Regierungsrat beantragt, das Verb "wählen" durch "bestimmen" zu ersetzen. Die Gemeinde wird damit in die Lage
versetzt, selber darüber zu entscheiden, ob sie den Vorsteher
bzw. die Vorsteherin des Steueramtes in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis oder aber im Beamtenstatus anstellen
will. Im Interesse der Organisationsautonomie der Gemeinden soll der Beamtenstatus nicht mehr vom Kanton vorgeschrieben werden. Die Kommission stimmt der vom Regierungsrat beantragten offeneren Formulierung mit 16:1
Stimmen zu. Die von der Kommission in Absatz 2 vorgenommene Veränderung hat lediglich redaktionellen Charakter.
Heinz Senn, Oftringen: Ich stelle mich zusammen mit der
SP-Fraktion gegen die offensichtliche Aufhebung des Beamtenstatus, der Steueramtsvorsteherin bzw. des -vorstehers im Wissen, dass die Aufhebung des Beamtenstatus voll im
Trend liegt. Es gilt aber zu unterscheiden, wo diese Regelung Sinn macht und wo sie auch kontraproduktiv sein
könnte. Der Gesetzgeber verfolgte eine bestimmte Absicht,
als er bestimmte Funktionäre des Staates mit dem Beamtenstatus ausstatten liess. Ich stelle folgenden Antrag zu § 163:
"Jede Gemeinde führt ein Gemeindesteueramt. Der Gemeinderat wählt einen Vorsteher bzw. eine Vorsteherin und einen
Stellvertreter bzw. eine Stellvertreterin. Diese sind Beamte
der Gemeinde." Bis anhin lautete die Regelung dahingehend, dass in jeder Gemeinde ein Steueramt besteht und der
Gemeinderat dessen Personal wählt. In der ersten Lesung
wurde dahingehend präzisiert, dass der Gemeinderat nicht
mehr das Personal, sondern einen Vorsteher bzw. eine Vorsteherin des Steueramtes wählt. In der vorliegenden Fassung
"wählt" der Gemeinderat nicht mehr, sondern er "bestimmt".
Durch diese Änderung wird der Beamtenstatus ausdrücklich
aus dem kantonalen Gesetz gekippt. Soweit zur Vorgeschichte.
Art.958
In einer Stellungnahme zum Thema der Beamtung äusserte
sich die Gemeindeabteilung am 3. April 1997 wie folgt:
"Grundsätzlich sind Funktionäre der kommunalen Verwaltung dann im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis als
Beamte, das heisst auf Amtszeit zu wählen, wenn das übergeordnete Recht die Wahl als Beamter, die Wahl auf Amtszeit oder die Inpflichtnahme als Beamter im Sinne von § 74
der Kantonsverfassung ausdrücklich vorschreibt. Im Sinne
dieser Regelung ist der Beamtenstatus für folgende Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer als erforderlich anzusehen:
Gemeindeschreiber, Finanzverwalter, Betreibungsbeamter,
Zivilstandesbeamter, Steueramtsvorsteher, Einwohnerkontrollführer, Stimmregisterführer und der Gemeindeförster."
Wenn wir nun den Beamtenstatus für diese Funktionen
aufheben, dann entstehen neue fragwürdige Voraussetzungen für die Steueramtsvorsteherin bzw. den Steueramtsvorsteher in arbeitsrechtlicher wie auch in arbeitspsychologischer Hinsicht. Diese Funktion stellt eine exponierte Vertrauensposition im Dienst der öffentlichen Hand dar. Es ist
eine Tatsache, dass Steuerbehörden als Veranlagungsbehörden Druckversuchen ausgesetzt sind und dass sie oft unbequeme Entscheide treffen müssen, die oft zu Repressionen
führen. Wenn es der Wille des Gesetzgebers sein sollte,
diesen Druck auf Veranlagungsbehörden, insbesondere auf
deren Chef, aufrecht zu erhalten und wirksam werden zu
lassen, dann ist die Abschaffung sicherlich ein taugliches
Mittel. Sollte der Steueramtsvorsteher den Rückhalt des
Staates, den er mit der Beamtung geniesst, wie nicht mehr in
Anspruch nehmen können, dann wird er sich in Zukunft
davor hüten, sich allzu sehr zu exponieren. Bis zur Stunde
schützt das StGB vor Gewalt und Drohung gegen Behörden
und Beamte, sowie vor Hinderung einer Amtshandlung und
Ungehorsam. Bei Aufhebung des Beamtenstatus würden
folgende Vorteile wegfallen: Die Unabhängigkeit des Steueramtsvorstehers im Veranlagungsverfahren, Schutz einer
exponierten Amtstätigkeit. Strafverfolgung bei Bedrohung,
Behinderung oder Ungehorsam durch den Staat und die
Gleichstellung mit dem Gemeindeschreiber. Die EU kennt
die Abschaffung des Beamtenverhältnisses im Steuer- und
Polizeibereich nicht. Sie hält explizit daran fest. Sie werden
nun sagen, dass es für die Gemeinden weiterhin möglich ist,
den Beamtenstatus für die Funktionäre aufrechtzuerhalten.
Tatsache wird aber sein, dass sich die Gemeinden in derart
grundsätzlichen Fragen kaum abseits von der kantonalen
Regelung bewegen werden. Sie werden im Zuge von Erneuerungen ihrer Personalreglemente die Abschaffung des
Beamtenstatus überall vornehmen. Ich bitte Sie, diesen
Antrag zu unterstützen, damit die Steueramtsvorsteher ihre
Aufgabe auch in Zukunft unabhängig und wirksam im Sinne
des Staates wahrnehmen können.
Katrin Kuhn, Wohlen: Ich habe das Gefühl, dass diese Frage
vernachlässigt wurde. Mir selber wurde in der ganzen
Kommissionsarbeit nicht klar, was dafür spricht, diesen
Beamtenstatus in diesem Bereich wegzunehmen. Ich verstehe, dass wir in diversen Bereichen etwas zu viele Beamtinnen und Beamte haben. Warum aber explizit an einer derart
heiklen Position auf den Beamtenstatus verzichtet werden
soll, das verstehe ich nicht. Ich wäre froh, wenn man mir
dies erklären könnte. Wer mit Steuerbeamtinnen und
-beamten in Kontakt steht weiss, in welch schwierige Situationen diese manchmal völlig unerwartet geraten. Das ist
zum Teil bereits heute schwer auszuhalten. Ich sehe keinen
Sinn darin, diesen die Situation noch zu erschweren.
15. Dezember 1998
Landammann Dr. Ulrich Siegrist: Es geht hier nicht um die
Frage, ob wir den Beamtenstatus auf Gemeindeebene abschaffen wollen oder nicht, sondern es geht um die Frage, ob
wir es den Gemeinden freistellen oder ob wir im Steuergesetz verbindlich vorschreiben wollen, in welchem rechtlichen Verhältnis die Steueramtsvorsteher stehen müssen.
Wenn es so wäre, dass man einen glaubwürdigen, sauberen,
druckresistenten und unabhängigen Vollzug des Steuerrechtes nur dann machen kann, wenn man im Beamtenstatus ist,
dann müssten wir dies tatsächlich, und zwar nebst der Gemeindeebene auch im Kanton, vorschreiben. Das ist im
Entwurf aber nicht vorgesehen. Im Entwurf steht nicht
geschrieben, ob wir Hans Zbinden und seine Mitarbeiter
übernächstes Jahr noch im Beamtenstatus haben wollen oder
ob wir ihn in einen öffentlich-rechtlichen Angestellten umfunktionieren werden. Wenn es so ist, dass dies für einen
sauberen Vollzug des Steuerrechts dringend nötig wäre,
dann müssten wir dies im Gesetz so vorsehen. Letztlich geht
es um die Frage, ob wir den Gemeinden diesbezüglich eine
Vorschrift machen wollen oder ob wir dies dem Gemeinderecht überlassen wollen. Bei andern hoheitlichen Funktionen, die auch manchmal unter Druck stehen wie beispielsweise ein Bauverwalter oder ein Gemeindeschreiber überlassen wir es auch dem Gemeinderecht, die angemessene
Dienst- und Besoldungsordnung festzulegen. Wir müssen
den Gemeinden auch die Möglichkeit geben, ihre wichtigsten Beamten etwa gleich behandeln zu können. Das heisst
den Steueramtsvorsteher etwa gleich wie den Bauamtsvorsteher. Um Missverständnisse zu vermeiden, ist zu präzisieren: Die Sonderbestimmungen für Beamte im StGB kommen auch für die öffentlich-rechtlichen Angestellten zur
Anwendung. Sie sind also nicht davon abhängig, ob es um
Beamte im engeren, formellen Sinne geht.
Der Beamtenstatus kann im formellen Sinne auch verschiedenartig umschrieben werden. Wenn man sagt, dass es
Beamte seien, dann ist noch nicht endgültig klar, wie die
einzelne Gemeinde den Beamtenstatus genau umschreibt. Es
stimmt aber, dass unsere Steueramtsvorsteher einem speziellen Druck ausgesetzt sind und dass sie in unserem Staatswesen Vertrauenspersonen sind. Sie müssen in ihren Entscheiden unabhängig sein. Das garantieren wir aber am besten,
indem wir den Rücken dieser Funktionäre als politische
Behörden stärken und hinter ihnen stehen. Wir müssen dafür
sorgen, dass wir Steueramtsvorsteher haben, die in der
Sache derart kompetent sind, dass sie diese Unabhängigkeit
auch haben. Solche Leute haben wir im Kanton Aargau und
daher können wir der neuen Fassung zustimmen, dass es den
Gemeinden und ihren Dienstreglementen zu überlassen ist,
in welchen Status sie die Steueramtsvorsteher versetzen
wollen. Es braucht dies kein privatrechtliches Anstellungsverhältnis zu sein, sondern es wird in vielen Fällen der
Status des öffentlich-rechtlichen Angestellten sein. Lassen
Sie den Gemeinden diesen Freiraum für ihre Besoldungsund Dienstreglemente.
Vorsitzender: Es liegen zwei Anträge zu Abs. 1 vor: Der
Antrag von Regierung und Kommission sowie der Antrag
Senn, der wie folgt lautet: "Jede Gemeinde führt ein Gemeindesteueramt. Der Gemeinderat wählt einen Vorsteher
bzw. eine Vorsteherin und einen Stellvertreter bzw. Stellvertreterin. Diese sind Beamte der Gemeinde."
1473
15. Dezember 1998
Abstimmung:
Für den Antrag von Regierung und Kommission: 108 Stimmen.
Für den Antrag Senn: 32 Stimmen.
Vorsitzender: Daraus ergibt sich auch Abs. 2 laut Fassung
von Regierung und Kommission vom 9. November 1998
sowie Abs. 3 gemäss Beschluss aus der ersten Lesung.
§ 164
Dr. Rudolf Rohr, Würenlos, Präsident der nichtständigen
Kommission Nr. 7: In der Kommission wurde die Frage
aufgeworfen, ob wirklich jede Gemeinde drei Ersatzmitglieder in die Steuerkommission abordnen müsse. Diese Frage
stellt sich vor allem auch dann, wenn mehrere Gemeinden
ein gemeinsames Steueramt führen. Benötigt wird eine
Vertretung in der Regel nur dann, wenn ein Kommissionsmitglied während mehreren Monaten ausfällt. Es genügt
deshalb, wenn jede Gemeinde 1 Ersatzmitglied wählt. Die
Kommission hat sich aus einer Reihe von Varianten einstimmig für diese Lösung entschieden.
Andere Anträge, so auf gänzlichen Verzicht auf Ersatzmitglieder oder auf Delegation des Entscheids über die Zahl der
Ersatzmitglieder an die Gemeinde, wurden zurückgezogen.
Nicht übernommen wurde auch die Idee, bei einem gemeinsamen Steueramt nur eine einzige Steuerkommission wählen
zu lassen.
Josef Winter, Kaisten: Ich stelle Ihnen den Antrag, die Möglichkeit zu schaffen, eine gemeinsame Veranlagungsbehörde
für mehrere Gemeinden zu bestellen. Im revidierten Steuergesetz soll damit die Möglichkeit geschaffen werden, dass
mehrere Gemeinden eine gemeinsame Steuerkommission
haben können. Das ist ein analoger Schritt zu einem gemeinsamen Steueramt. Weitere Gründe sprechen auch deshalb
für eine gemeinsame Steuerkommission, weil viele kleinere
Landgemeinden oft Mühe damit bekunden, geeignete Personen für die Kommission zu finden. Wir wissen alle, dass es
im Trend der Zeit liegt, in den Regionen vermehrt zusammenzuarbeiten. Wir tun dies vermehrt auch in andern Bereichen. Ich habe meinen Antrag daher analog zu § 163 formuliert, wo es um das gemeinsame Steueramt geht. Ich bitte
Sie, meinem Vorschlag, der zukunftsgerichtet ist und der es
ermöglicht, dass wirklich kompetente Leute in den Steuerkommissionen sitzen, zu unterstützen. Zudem ist der Antrag
kein Angriff auf die Gemeindeautonomie, da er offen formuliert ist.
Vorsitzender: Herr Winter stellt folgenden Antrag zu § 164:
Absatz 1 gemäss Beschluss 1. Beratung. Neuer Absatz 2:
"Mehrere Einwohnergemeinden können eine gemeinsame
Steuerkommission bestellen." Absatz 3: "Die Steuerkommission für eine Gemeinde besteht..." (gemäss Beschluss 1.
Beratung). Neuer Absatz 4: "Die Steuerkommission für
mehrere Gemeinden besteht aus einem kantonalen Steuerkommissär bzw. einer kantonalen Steuerkommissärin, dem
Vorsteher bzw. der Vorsteherin des zuständigen Gemeindesteueramtes und mindestens je einem gewählten Mitglied
aus jeder der beteiligten Gemeinden. Jede Einwohnergemeinde wählt zudem ein Ersatzmitglied." Absätze 5 und 6
gemäss Beschluss 1. Beratung Absätze 3 und 4.
Landammann Dr. Ulrich Siegrist: Ich möchte bei diesem
Antrag zunächst auf ein praktisches Problem aufmerksam
machen, das darin besteht, dass dann, wenn aus jeder Ge1474
Art. 958
meinde ein Mitglied in eine solche gemeinsame Kommission gewählt werden muss, das dann unter Umständen eine
recht grosse Steuerkommission werden kann. Diese müsste
sich in der praktischen Arbeit dann in Subkommissionen
aufgliedern und das wäre dann nicht mehr ganz der Sinn
einer Steuerkommission. Warum haben wir aber diese Möglichkeit bewusst nicht vorgesehen? Wir brauchen die Regionalisierung und die Zusammenlegung von Steuerämtern,
damit sie auch in Zukunft in einer schwierigeren Zeit hochprofessionell bleiben. Wir wollen die Steuerkommissionen
in den ländlichen Gegenden nicht deshalb, weil wir denken,
dass sie genügend professionell sind, sondern weil dem
Professionalismus der Steuerämter die örtliche Verankerung
der Kommission, das Laienelement, als Pendant gegenübergestellt wird. Deshalb haben wir uns auf das Vernehmlassungsverfahren dazu entschieden, die Steuerkommissionen
mit diesem neuen System aufrechtzuerhalten. Es soll und
muss in unserem Staat nicht immer alles professionell sein.
Die andern Kommission mit der örtlichen Verankerung
bringen dafür andere Qualitäten mit ins System hinein. Es
wäre also nicht folgerichtig, wenn wir die Argumente, die
wir für die Regionalisierung der Steuerämter geltend machen, auch für das Zusammenlegen der Kommission benutzen, weil dann gerade das entscheidende Element der Steuerkommissionen wegrationalisiert würde. Dann müsste man
sich effektiv die Frage stellen, ob es die Steuerkommission
noch braucht oder ob wir nicht besser zu einem voll rationalisierten professionellen System übergehen sollten. Vom
Grundsatz her sollten wir die Steuerkommissionen also
beibehalten und sie sollten jede für sich in ihrer Gemeinde
örtlich verankert sein. Zusammengelegte Steuerämter sind in
der Gemeinde nicht mehr so gut verankert. Dann sollten
zumindest noch die Steuerkommissionen gut in der Gemeinde verankert sein. Lieber etwas kleinere Kommissionen
und jede Gemeinde für sich, dann hat die Beibehaltung der
Kommissionen einen Sinn.
Abstimmung:
Für den Antrag von Regierung und Kommission: 84 Stimmen.
Für den Antrag Winter: 43 Stimmen.
§ 165
Dr. Rudolf Rohr, Würenlos, Präsident der nichtständigen
Kommission Nr. 7: In Absatz 3 wird analog zum Steueramt
auch für die Schätzungsbehörde der Entscheid über den
Status der Gemeindevertretung an die Gemeinde delegiert.
Zustimmung
§ 166
Zustimmung
§ 167
Dr. Rudolf Rohr, Würenlos, Präsident der nichtständigen
Kommission Nr. 7: In Absatz 1 soll klargestellt werden, dass
in bedeutenden Fällen das Gericht in einer Fünferbesetzung
tagt und nicht etwa unter Einbezug sämtlicher Ersatzrichter.
In Absatz 3 wird die von der Praxis erhärtete Unvereinbarkeitsregel im Gesetz ausdrücklich festgehalten. Die Kommission hat beiden Anträgen diskussionslos zugestimmt.
Vorsitzender: Dazu liegen keine Wortmeldungen vor. Es ist
somit beschlossen: Abs. 1 gemäss Antrag Regierungsrat
Art.958
vom 19. August (neu); die Absätze 3 und 4 gemäss erste
Beratung werden zu Abs. 4 und 5.
§§ 168 - 170
Zustimmung
§ 171
Dr. Rudolf Rohr, Würenlos, Präsident der nichtständigen
Kommission Nr. 7: Nach Auffassung des eidgenössischen
Datenschutzbeauftragten und der aargauischen Datenschutzkommission ist eine gesetzliche Grundlage für die vorgesehenen elektronischen Abrufverfahren erforderlich. Die
Kommission stimmt zu.
Vorsitzender: Abs. 1 ist gemäss 1. Beratung beschlossen,
Abs. 2 gemäss Fassung Regierungsrat vom 19. August 1998
und Abs. 3 gemäss Fassung 1. Beratung.
§ 171a
Dr. Rudolf Rohr, Würenlos, Präsident der nichtständigen
Kommission Nr. 7: In der ersten Lesung ist ein Antrag auf
Beibehaltung der Steuerbuchauflage mit 52:51 Stimmen
abgelehnt worden. In der Kommission wurde erneut ein
entsprechender Antrag gestellt. Dabei wurde geltend gemacht, dass sich die Gemeindeammänner des Bezirks Laufenburg vor kurzem klar für die Steuerbuchauflage ausgesprochen hätten. Ebenso wurde auf ein neueres Bundesgerichtsurteil hingewiesen, das ein öffentliches Interesse an
einer gewissen Transparenz über die Steuerverhältnisse
anerkennt und es dem Gesetzgeber erlaubt, ein entsprechendes Einsichtsrecht zu statuieren. Die Kommission folgte
dieser Argumentation und hiess den Antrag mit 8:7 Stimmen
bei 1 Enthaltung gut.
Hans Ulrich Mathys, Holziken: Die Kommission hat die
Steuerbuchauflage erstaunlicherweise wieder in das Gesetz
aufgenommen. Diese Auflage ist ein Instrument, das dazu
angetan ist, Unsicherheit und Unfrieden zu schüren. Wir
kennen dies in der Praxis zur Genüge. Es ist eine Minderheit, die von der Steuerbuchauflage Gebrauch macht, wohl
kaum mehr als 1 % der Steuerpflichtigen. Ich lehne eine
Steuerbuchauflage, wie sie im Gesetz vorgesehen ist, aus
folgenden Gründen ab: In der Steuerbuchauflage sind lediglich Name, Adresse, sowie zwei nackte Zahlen, nämlich das
steuerbare Einkommen und das steuerbare Vermögen ersichtlich. Der Bürger ist also nicht in der Lage die Zahlen zu
interpretieren. Es ist ebenfalls nicht ersichtlich, wie sich die
Faktoren steuerbares Einkommen und steuerbares Vermögen zusammensetzen. Die Steuerbuchauflage führt zu falschen Anschuldigungen. Es entstehen Unruhen und Unzufriedenheit. Vielfach ist die Steuerbuchauflage auch Ursache
für kreditschädigende Gerüchte. Nicht selten erheben Vorsorgeberater von Banken und Versicherungen Daten für
kommerzielle Zwecke. Die Steuerbuchauflage ist auch aus
Gründen des Datenschutzes problematisch. Sie ist ein unzeitgemässes, überholtes Instrument. In der Diskussion
wurde darüber diskutiert, ob ein Abschaffen der Auflage
zum Sargnagel für das gesamte Gesetz werden könnte. Ich
denke dass andere Argumente für oder gegen das neue
Steuergesetz ins Feld geführt werden müssen. Unser Fraktionssprecher sagte es bereits beim Eintreten: Die SVPFraktion ist grossmehrheitlich für die Abschaffung der
Steuerbuchauflage. Ich stelle Ihnen den Antrag, § 171a sei
zu streichen.
15. Dezember 1998
Damian Keller, Endingen: Ich spreche im Namen der CVPFraktion und bitte Sie, die in heutiger Form praktizierte
Steuerbuchauflage inskünftig abzuschaffen und den Antrag
des Vorredners zu unterstützen. Es wurden bereits zahlreiche Argumente für die Abschaffung genannt und ich möchte
hier noch drei Punkte anfügen: 1. Der Anteil der Bevölkerung, der von der Steuerbuchauflage Gebrauch macht, ist
nur noch sehr klein und das Interesse dementsprechend
gering. 2. Die bei der Steuerbuchauflage ersichtlichen Daten
sind von geringem Wert. Sie werden oftmals fehlinterpretiert.
3. Wir sind uns doch alle einig, dass die heutige Steuerbuchauflage ein alter Zopf ist. Was uns vielleicht daran hindert,
ist der referendumspolitische Aspekt, oder wir haben Angst
vor einer Abschaffung, weil ein paar wenige Leute sich sehr
lauthals dafür einsetzen. Dies allein rechtfertigt aber die
Beibehaltung der Steuerbuchauflage nicht. Unterstützen Sie
bitte den Antrag des Vorredners.
Kurt Stierli, Muri: Im Gegensatz zu den beiden Vorrednern
bin ich zusammen mit meiner Fraktion der Meinung, man
sollte die Steuerbuchauflage beibehalten. Sie ist die einzige
soziale Kontrolle, und die ist notwendig ist. Wir alle beklagen das mangelnde Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger
in den Staat. Wenn wir die Steuerbuchauflage nun abschaffen, dann besteht für den einzelnen Bürger keine Möglichkeit mehr, sie zu konsultieren. Es stimmt, dass das Steuerbuch nur wenige Daten enthält. Das heisst aber nicht, dass es
sinnlos ist. Auch dass nur wenige Leute von der Steuerbuchauflage Gebrauch machen, bedeutet noch nicht, dass man es
darum abschaffen muss. Wir sollten das Vertrauen des
Bürgers nicht untergraben. Er sollte die Möglichkeit haben,
dieses Steuerbuch konsultieren zu können, wenn er das will.
Ich bitte Sie, diese Steuerbuchauflage weiterhin aufrechtzuerhalten.
Annette Heuberger-Kellenberger, Menziken: Die Redner der
SVP-Fraktion und der CVP-Fraktion führten Argumente
gegen die Steuerbuchauflage an. Sie sagten, dass eine verschwindend kleine Anzahl der Mitbürgerinnen und Mitbürger überhaupt von diesem Recht Gebrauch machen würden.
Da verstehe ich erst recht nicht, warum man darauf verzichten soll. Wer nichts zu verbergen hat, der hat auch von
dieser Einsicht nichts zu befürchten. Ich bitte Sie, die Steuerbuchauflage weiterhin im Steuergesetz zu belassen.
Josef Bürge, Baden: Ich bin etwas von den Arbeiten in
finanzpolitischen Fragen während der letzten 12 Monate
geprägt. Was Kurt Stierli hier anführt, das sind keine Begründungen. Wir haben Wichtigeres zu tun, als den Gewunder, den Neid und die Missgunst und bei gewissen Interessensvertretern die Geschäftsvorbereitung zu forcieren. Ich
spreche hier von den Versicherungsvertretern. Schneiden
wir diesen alten Zopf endlich ab. Die Herren Mathys und
Keller begründeten dies, während die Votantin und der
Votant vorher ein altes Liedlein gesungen haben. Wir müssen dies endlich abschaffen.
Abstimmung:
Für den Antrag von Regierung und Kommission: 69 Stimmen.
Für den Antrag Mathys: 77 Stimmen.
1475
15. Dezember 1998
§ 172
Esther Egger-Wyss, Obersiggenthal: Ich möchte mich zu
§ 172 Abs. 2, zur Doppelunterschrift von Ehepaaren, äussern. Rund die Hälfte der eingehenden Steuererklärungen
enthalten nur eine Unterschrift. Diese sind meistens schlecht
bis überhaupt nicht lesbar. Es kann somit nicht festgestellt
werden, von welchem Teil der Ehegatten die Unterschrift
überhaupt stammt. Vom Steueramt muss jedoch diejenige
Person angeschrieben werden, die noch nicht unterzeichnet
hat. Oft sind ältere Menschen auch nicht mehr in der Lage
zu unterschreiben oder persönlich auf dem Amt vorbeizukommen. Gemäss Abs. 2 wird nach Ablauf der Frist zur
Doppelunterzeichnung die vertragliche Vertretung unter
Verheirateten angenommen. Hier besteht meiner Meinung
nach ein Widerspruch. Die Doppelunterzeichnung ist ein
reines Vollzugsproblem und kein Problem der Gleichstellung. Die alljährliche Aufforderung für die zweite Unterschrift müsste an ungefähr 66'000 Steuerpflichtige im Kanton Aargau erfolgen. Die Kosten für die Gemeinden werden
mit rund einer Millionen Franken beziffert. Allfällige Vertrauensprobleme zwischen Ehepaaren können wir sicher
nicht im Rahmen dieses Steuergesetzes lösen. Die vertragliche Vertretung tritt auch im neuen Gesetz in Kraft. Ich stelle
Ihnen daher folgenden Antrag, Abs. 2 wie folgt zu ändern:
"Sie unterschreiben die Steuererklärung gemeinsam. Ist die
Steuererklärung nur vom Ehegatten oder von der Ehegattin
unterzeichnet, so wird die vertragliche Vertretung angenommen." Ich bitte Sie, dieser Vereinfachung des Vollzuges
zuzustimmen.
Elisabeth Sailer-Albrecht, Widen: Aus diesem Antrag
spricht die Gemeinderätin, das entnehme ich nicht zuletzt
auch der Diskussion in der Fraktion. Ich habe Verständnis
für die Nöte, die einige Steueramtsvorsteher oder
-vorsteherinnen in den Gemeinden haben. Ich glaube gerne,
dass es nicht immer leicht ist, beide Unterschriften beizubringen. Rechtfertigt sich aber dieser Weg des allergeringsten Widerstandes, indem man die Bestimmung kurzerhand
wegstreicht? Wäre es nicht eher angebracht, dass die betreffenden Gemeinden ihre Information verbessern würden. Sie
können sich das Know-how bei denjenigen Gemeinden
holen, die seit der Einführung der Unterschrift beider Ehegatten damit keine Probleme haben, weil sie gross auf den
Umstand der Doppelunterschrift hinweisen. Ich wehre mich
darum gegen die Streichung, weil sich seit Einführung des
neuen Eherechtes und des Gleichstellungsgesetzes die Praxis
durchgesetzt hat, dass sich auch ein Ehepaar aus zwei Individuen zusammensetzt, Individuen mit Rechten und Pflichten. Aus diesem Grunde ist beispielsweise auch bei einer
Wohnungskündigung die Unterschrift beider Gatten verlangt
und muss ohne Ausnahme beigebracht werden. Der Staat
fährt da mit dem Zusatz im gleichen Abschnitt bereits ein
Sonderzüglein. Ich bitte Sie, bei § 21 nachzuschlagen. Da
steht unter Haftung: "Verheiratete, die in rechtlich und
tatsächlich in ungetrennter Ehe leben, haften solidarisch für
die Gesamtsteuern". Wir müssen diesen Zusammenhang
also dringend aufzeigen. Man kann doch nicht eine Solidarhaftung postulieren und zugleich riskieren, dass ein Partner
oder eine Partnerin nicht informiert ist. Zu diesem Schluss
kam auch der Bund. Er verlangt die Unterschrift beider
Gatten. Die Steuerämter werden also nach wie vor gezwungen sein, die Doppelunterschrift für den Bogen der direkten
Bundessteuer zu verlangen. Auch wenn der Antrag Egger
1476
Art. 958
verführerisch tönt, bitte ich Sie, ihn aus all diesen Gründen
abzulehnen.
Alexander Hürzeler, Oeschgen: Ich bitte Sie, dem Antrag
von Frau Egger zuzustimmen. Es ist klar, dass wir hier die
Möglichkeit hätten, eine deutliche Aufwandverminderung in
der Steueramtspraxis zu erreichen. Es ist nicht nur oft
schwierig, die Unterschriften zu erkennen, sondern es gibt
noch andere Gründe. Ältere Leute sind oftmals gar nicht
mehr in der Lage zu unterschreiben. Zudem weckt eine
Aufforderung seitens der Steuerverwaltung oftmals Emotionen, die unnötig wären. Es weckt schon genug Emotionen,
dass die Leute inskünftig alljährlich eine Steuererklärung
ausfüllen müssen. Die Statistik zeigt heute, dass 50 % aller
Steuererklärungen nur von einem Ehegatten ausgefüllt
werden. Wir würden künftig bei 50 % aller Ehegatten im
Nachhinein nochmals Emotionen wecken, wenn wir sie
ermahnen würden. Für mich ist es nicht nachvollziehbar,
dass wir diesen Passus hier unbedingt beibehalten sollten, da
allfällige Eheprobleme durch dieses Steuergesetz nicht
behoben werden könnten. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass wir dadurch eine Verbesserung des Steuerertrages
erreichen würden. Das Veranlagungsverfahren wird aber
unnötig erschwert und verteuert - denken Sie an die Gemeindesteuerämter, die in Zukunft sowieso mehr Arbeit
haben werden. Machen wir diesen Schritt und streichen wir
den unnötigen Satz in der Mitte von § 172.
Denise Widmer, Brugg: In diesem Paragraphen ist höchstens
der letzte Satz unnötig, Herr Hürzeler. Frau Sailer führte in
ihrem Votum bereits die wichtigsten Gründe an, warum man
auf diesen Satz verzichten sollte. Wir machen hier ausserdem ein neues Gesetz, das kompatibel zu den andern Gesetzen werden soll. Es gibt heute keine Wohnung mehr, bei der
nicht beide Partner den Vertrag unterschreiben. Es gibt
keine andern Verträge mehr, wo eine Solidarhaftung besteht,
die nicht von beiden Ehegatten unterzeichnet würden. Was
wäre es für ein Rückschritt, dies hier, wo es um Geld geht,
abzuschaffen. Ich verstehe daher nicht, warum man, nur um
einen administrativen Aufwand zu umgehen, den man auch
anders angehen könnte, bei einer Errungenschaft, für die wir
alle hier genügend gekämpft haben, einen Rückschritt machen will. Ich bitte Sie, diesen Satz unter keinen Umständen
zu streichen.
Landammann Dr. Ulrich Siegrist: Ich würde viel dazulernen, wenn mir jemand sagen würde, dass es irgendwo auf
der Welt ein Rechtssystem gibt, in dem eine Person mit ihrer
Unterschrift gleich auch noch eine andere Person mitverpflichten kann. Mit ein und derselben Steuerklärung werden
doch zwei Personen, zwei Rechtssubjekte, verpflichtet.
Dieses System der gemeinsamen Steuererklärung von Steuergatten ist gut, dazu haben wir Ja gesagt. Dazu gehören
aber folglich auch beide Unterschriften. Seit das DBG die
Doppelunterschrift eingeführt hat, haben wir im Kanton
Aargau ohne Rechtsgrundlage die Kästchen für die Doppelunterschrift bereits vorgesehen. Nun stelle ich fest, dass bis
heute in einigen Fällen offenbar nicht beide unterschrieben
haben. Ich dachte immer, dass das selbstverständlich sei.
Dazu kommt noch, dass die Möglichkeit der Einreichung
von Einsprachen oder von Rekursen gewahrt werden muss.
Nach heutigen Recht ist das so. Es ist doch wichtig, dass die
Abläufe schon in der ersten Instanz der Steuererklärung
richtig ablaufen. Es kommt noch dazu, dass es gerade bei
Leuten, die nicht mehr so gut unterschreiben können, wichtig ist, dass nicht irgend jemand für diese unterschreibt,
Art.958
15. Dezember 1998
sondern dass auch diese einbezogen werden und wissen
worum es geht. Zudem würde dies dem Steuerharmonisierungsgesetz, aber auch unserer allgemeinen Vernunft widersprechen, dass jemand mit seiner alleinigen Unterschrift
jemand anders verpflichten könnte. In diesem Sinne bitte
ich Sie, den Antrag von Frau Egger abzulehnen.
Alexander Hürzeler, Oeschgen: Ich muss nun aber zurückfragen, warum man denn dann den letzten Satz "Nach unbenutztem Ablauf wird die vertragliche Vertretung unter Verheirateten angenommen." stehen lässt. Hier gewähren wir
eine rechtliche Anhörung während einer bestimmten Frist,
haben Porto und Rechnungen in der Höhe von ca. einer
Millionen Franken bezahlt, ansonsten aber nichts erreicht.
Vielleicht kommen pro Gemeinde ein paar vorbei. Ich glaube nicht, dass ein Mahnschreiben diese Nicht-Unterschrift
aufhebt. Warum schreiben wir denn diesen Satz hinein?
Landammann Dr. Ulrich Siegrist: Wir sind übrigens nicht
die ersten, sondern das ist schon im Steuerharmonisierungsgesetz so festgelegt. Das ist so, weil bei allen Säumnisfolgen, die in unserem Staat geregelt werden müssen, irgendwann ein Fristablauf besteht. Die Folgen eines Säumnisses
müssen immer geregelt werden. Wenn Sie beim Friedensrichter nach der Nachfrist zum zweiten Mal auch nicht
erscheinen, dann läuft das Verfahren ohne Sie auch weiter.
Das ist eine Art von Säumnisfolgen, die wir in andern Be-
reichen der Rechtsordnung auch haben. Das ist für das
Fortführen von Verfahren notwendig. Die entsprechende
Person wurde aber durch die Nachfrist darauf aufmerksam
gemacht und sie hat noch einmal die Möglichkeit erhalten,
zu entscheiden, ob sie unterschreiben will oder nicht. Das ist
dann eine ähnliche Situation wie wenn schon die erste Person sich weigert, eine unterschriebene Steuererklärung
abzugeben. Das hat dann auch Säumnisfolgen.
Vorsitzender: Es liegen zwei Anträge vor: Der Antrag von
Regierung und Kommission gemäss Beschluss 1. Beratung,
sowie der Antrag von Frau Egger, der wie folgt lautet. "Sie
unterschreiben die Steuererklärung gemeinsam. Ist die Steuererklärung nur vom Ehegatten oder von der Ehegattin
unterzeichnet, so wird die vertragliche Vertretung angenommen."
Abstimmung:
Für den Antrag von Regierung und Kommission: 109 Stimmen.
Für den Antrag Egger: 34 Stimmen.
Im übrigen Zustimmung.
Vorsitzender: Damit schliesse ich die Morgensitzung und
wünsche Ihnen allen einen guten Appetit.
(Schluss der Sitzung um 12.40 Uhr.)
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