Asklepios Westklinikum Hamburg Therapeutische Strategien beim Burn-Out-Syndrom F.-Michael Sadre-Chirazi – Stark Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie, Asklepios Westklinikum Hamburg Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg Burnout Von der Begeisterung zur Erschöpfung (Schürges, 2007) 1. Gibt es ein Burnout-Syndrom ? 2. Was ist ein Burnout-Syndrom ? 3. Wer hat ein Burnout-Syndrom? 4. Warum hat jemand ein BurnoutSyndrom? 5. Welche Lösungswege gibt es für den Betroffenen? Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg 1. Gibt es ein Burnout-Syndrom ? SPIEGEL ONLINE - 03. September 2006, 12:28 URL: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,434906,00.html Umfrage Immer mehr Manager mit Erschöpfungssyndrom Immer mehr Führungskräfte leiden nach einer neuen Untersuchung am sogenannten Burn-out-Syndrom. Fast jeder zweite leitende Mitarbeiter ist davon betroffen. Das ist deutlich mehr als in den neunziger Jahren. 45 Prozent der Manager weisen nach eigenen Angaben Zeichen von Erschöpfung auf. Das geht aus 10.000 Interviews hervor, die die Freiburger Unternehmensberatung Saaman in den vergangenen fünf Jahren mit Managern durchgeführt hat. Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg 1. Gibt es ein Burnout-Syndrom (2)? • • • • Begriffe wie „Burnout-Syndrom“ haben eine hohe suggestive Kraft und haben ein „ansteckendes“ Potential! Alleine die Tatsache ihrer sprachlichen Existenz schafft schon Betroffene! Begriffe schaffen Wirklichkeiten. Dies gilt besonders für „Erkrankungen“, die kaum anhand „harter biologischer Kriterien“ diagnostiziert werden können. Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg 2. Definition: Burnout Der deutschstämmige Psychoanalytiker Herbert Freudenberger prägte 1974 in einem Aufsatz einen Begriff, der in den USA in kürzester Zeit populär wurde: "Burnout" Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg 2. Definition Burnout (2) Phasen eines Burnout-Prozesses 1. Überaktivität 2. Reduziertes Engagement 3. Abbau der Leistungsfähigkeit 4. Verzweiflung Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg 1. Phase: Überaktivität • • • • „übertriebenes“ Engagement / Hyperaktivität Gefühl der Unentbehrlichkeit Verleugnung eigener Bedürfnisse (Aronson et al. gehen davon aus, dass ein Mensch einmal entflammt gewesen sein muss, um ausbrennen zu können.) Das gesteigerte Engagement wird von Erschöpfungssymptomen wie chronische Müdigkeit und Energiemangel begleitet. Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg 2. Phase: Reduziertes Engagement • • • • • • • • • Der Phase des Überaktivität folgt ein emotionaler, geistiger und verhaltensmäßiger Rückzug von der Arbeit und von der sozialen Umwelt allgemein. Verlust positiver Gefühlen, emotionale Distanzierung Stereotypisierung anderer Personen Schuldzuweisung auf andere Allgemeines Gefühl abzustumpfen und härter zu werden Kontaktverlust Verlust von Idealismus Negative Einstellung zur Arbeit Erhöhte Ansprüche, als Folge der "inneren Kündigung" Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg 3. Phase: Abbau der Leistungsfähigkeit • Es kommt zu einem Abbau der geistigen Leistungsfähigkeit, der Motivation und der Kreativität. • Konzentrationsschwäche bei der Arbeit • Desorganisation: Unsystematische Arbeitsplanung • Entscheidungsunfähigkeit • Verringerte Initiative • Fehlen von Erneuerungsvorschlägen • Verringerte Flexibilität • Rigides Schwarz-Weiß-Denken • Dienst nach Vorschrift • Widerstand gegen Veränderungen aller Art Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg 4. Phase: Verzweiflung • • • • • verstärkte Hilflosigkeitsgefühle existentielle Verzweiflung allgemeine Hoffnungslosigkeit Sinnlosigkeit des Lebens Dieser Zustand gleicht einer Depression. Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg Zeitlicher Verlauf des Burnout Bergner, 2008 Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg Symptomatik • Emotionalität • Psychosomatische Reaktion • Soziale Folgen Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg Emotionalität • • • • • Gefühle der Hilflosigkeit Insuffizienzgefühle Verringertes Selbstwertgefühl starke Stimmungsschwankungen, häufige Depressivität, Pessimismus, Fatalismus • Gefühl von innerer Leere, Apathie • Bitterkeit, Ärger und Aggressivität • Ungeduld, Reizbarkeit und Nervosität Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg Psychosomatische Reaktionen • • • • • • Unfähigkeit zur Entspannung in der Freizeit Schlafstörungen Muskelverspannungen Kopfschmerzen Magen-Darm-Beschwerden Vegetative Folgen (Herzklopfen, erhöhter Blutdruck) • Engegefühl in der Brust • Reduzierte Immunabwehr Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg Soziale Folgen • Verflachen der Freizeitbeschäftigungen: Fernsehapparat • Alkohol- und Zigarettenkonsum • Missbrauch von Beruhigungsmitteln • gestörtes Essverhalten • Ehe- und Familienprobleme • häufiger Arbeitsplatzwechsel oder Ausstieg aus dem Beruf Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg ICD 10 Diagnostik Naheliegende diagnostische Einteilungen: • F 32.0 leichte depressive Episode • F 32.1 mittelgradige depressive Episode • F 32.8 sonstige depressive Episode • F 43.2 Anpassungsstörungen Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg 3. Wer hat ein Burnout-Syndrom? Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg 3. Wer ist betroffen? Da die Kriterien für die Diagnose nicht einheitlich festgelegt sind, ist eine Angabe zur Häufigkeit des Burnout-Syndroms wissenschaftlich schwer möglich. Aus der Literatur: • Fast immer Personen mit Mehrfachbelastungen • Tätigkeiten mit hohem Zeit-, Kosten- und Termindruck bei gleichzeitig „schlechtem Arbeitsklima“ • Berufe mit relativ geringer sozialer Anerkennung z.B. Soziale und pflegerische Berufe • Berufe, die in der gesellschaftlichen Kritik stehen z.B. Pädagogische Berufe Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg Von Burnout Betroffene Altenpfleger Zahnärzte Ärzte Sanitäter Pfarrer und Priester Psychotherapeuten Krankenschwestern Sozialarbeiter Hebammen Richter Erzieher Gefängnispersonal Polizisten Lehrer Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg Von Burnout Betroffene (2) Stewardessen Sekretärinnen Kundendienstmitarbeiter Bankangestellte Journalisten Steuerberater darstellende Künstler Sportler Trainer EDV-Fachleute Manager Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg 3. Wer ist gefährdet? • • • Scheint typisch für professionelle Helfer mit hohem persönlichen Engagement zu sein. Aus pflichtbewussten und engagierten Helfern wurden häufig Mitarbeiter, die leicht reizbar waren, eine zynische Einstellung gegenüber den Klienten entwickelten und Symptome einer körperlichen, emotionalen und geistigen Erschöpfung zeigten. Es handelt sich nicht um eine gewöhnliche Arbeitsmüdigkeit, sondern um einen Zustand, der mit wechselhaften Gefühlen der Erschöpfung und Anspannung verbunden ist. Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg 4. Warum hat jemand ein Burnout-Syndrom? Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg Burnout-Typologie Quantitatives Burnout: Zu viel Arbeit, zu viel Stress, keine Erholungspausen!! Qualitatives Burnout: Überforderung, Unterforderung Kontextbezogenes Burnout: Betriebliches Klima Familiäres Klima Kommunikationsstil Konflikte Gratifikationssysteme Keine Trennung Privat-Beruf Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg Burnout-Typologie Personenbezogenes Burnout: • Arbeitsplatzunabhängige persönliche Thematik „Neurotisches“ Burnout: • Keiner sieht, wie toll ich bin! • Sehnsucht nach Großartigkeit • und Anerkennung! Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg Ursachen des Burnout Persönliche Ursachen • ungünstiges Stressmanagement • hohe Erwartungen und Ansprüche an sich selbst • starke Emotionalität • labiles Selbstwertgefühl • ausgeprägter Wunsch nach Anerkennung • unrealistische Situationswahrnehmung Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg Soziale und organisationspsychologische Ursachen • Unklare Erfolgskriterien • Fehlendes Feedback • wenig Anerkennung • Mangel an Autonomie und Handlungsspielraum • wenig Entfaltungsspielraum • Überforderung und Zeitdruck • negatives betriebliches Klima • Allgemeine Unzufriedenheit • gleichförmige Routine • wenig soziale Unterstützung Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg Neue ökonomische Bedingungen • Die zukünftige Rolle Europas – rechtshirnige Leistungen im Technikbereich, – Innovationen und Kreativität, – Dienstleistungen, – das produzierende Gewerbe hat keine Chance mehr gegenüber Billiglohnländern Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg Die ökonomischen Bedingungen verschärfen sich Forderungen an den „modernen“ Arbeitnehmer – Höchstmass an Mobilität – Höchstmass an Flexibilität: • bzgl. Arbeitsfeld • bzgl. Zeitmanagement – Höchstmass an Weiterbildungsanforderungen Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg Die Haltefunktionen brechen weg – Verläßlichkeit des Arbeitsplatzes - keine Zukunft – Familie - nur noch am Wochenende – Soziales Netz, Freunde, Hobbies - keine Zeit – Gesundheitsfürsorge wie Sport - keine Zeit Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg Hartz IV und die Folgen • Arbeitslos mit 40 ? – Geringe Chancen auf Wiedereinstellung unabhängig von der Qualifikation • massive Kränkung im psycho-sozialen Rahmen • Sinnkrise – Finanzielle Basis nach zwei Jahren auf Sozialhilfeniveau • Existentielle Bedrohung • Zerstörung von Lebensvisionen im Alter Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg Der Wandel der Rahmenbedingungen • • • • Arbeitsverdichtung Erosion des Normalarbeitsverhältnisses Wandel zur Dienstleistungsgesellschaft Entgrenzung und Subjektivierung (Expertenurteil DAK Report 2005) Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg Was sind die neuen Arbeitsbelastungen? • Überhöhte Anforderungen • Geringe Beeinflußbarkeit • Geringe Berechenbarkeit (Expertenurteil DAK Report 2005) Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg Was sind die neuen Arbeitsbelastungen? • Überhöhte Anforderungen – Überforderung und zeitliche Belastung mit Konsequenzen für die Gesamtlebensgestaltung – erhöhte Konzentrationsanforderungen – verstärkte Emotionsarbeit – häufiger Wechsel von Aufgaben und Zuständigkeiten – zunehmender Leistungsdruck und Anforderungen, die viele vor allem ältere Arbeitnehmer nicht mehr erfüllen können oder wollen Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg Was sind die neuen Arbeitsbelastungen? • Überhöhte Anforderungen – durch erhöhte psychomentale Anforderungen sowie Anforderungen an höhere Flexibilität und „soft skills“ entsteht ein höheres Konfliktpotential im psychosozialen Bereich – gestiegene Qualitätsanforderungen, Zurückverfolgbarkeit von Fehlern, hohe Informationsdichte, Druck zu lebenslangem Lernen, Erwartung schneller Reaktionszeiten – in manchen Bereichen Arbeit in virtuellen Teams über Zeitzonen und kulturelle Grenzen hinweg Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg Was sind die neuen Arbeitsbelastungen? • Geringe Beeinflußbarkeit – fehlende Handlungs- und Entscheidungs-/ Zeitspielräume – Zunahme von Kontrollverlust und Erlebnis geringer persönlicher Einflussmöglichkeiten: Arbeitsumwelt birgt immer mehr Unsicherheiten (Arbeitslosigkeit, Jobwechsel, Qualitätsanforderungen) und immer weniger Zukunftsperspektiven – auch nur leichter psychisch Erkrankte haben keine Chance mehr auf dem Arbeitsmarkt – Die Stimmung in der Öffentlichkeit wird schlechter, es entsteht ein Ohnmachtsgefühl für den Einzelnen Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg Was sind die neuen Arbeitsbelastungen? • Geringe Berechenbarkeit – Angst, unter steigendem Leistungsdruck zu versagen – Angst, krank zu werden – befristete Arbeitsverhältnisse, Schwinden des Kündigungsschutzes – Ängste vor Outsourcing, Arbeitsplatzverlust – Unsicherheit in Verantwortung und Aufgabenstellung – Unternehmensentscheidungen haben immer kürzere Bestandsdauer und Verläßlichkeit. Das vergrößert das Unsicherheitsempfinden Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg Die Botschaft der neuen ökonomischen Rahmenbedingungen – keine Sicherheit mehr, im Ausbildungsberuf zu bleiben – keine Sicherheit mehr, am Lebensort berufstätig sein zu können – keine Sicherheit mehr, seinen Lebensunterhalt bis ins Alter erwirtschaften zu können Konsequenz: Keine sicheren Lebensziele, keine planbaren Visionen mehr formulierbar Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg Die Folgen: Gesellschaftliche Dimension • BRD – Rückgang des Krankenstandes bei gleichzeitiger Zunahme von psychischen Erkrankungen (Dtsch. Ärzteblatt 4/2005) – vierthäufigste Ursache für Fehltage – Angst- und Depressionen die häufigsten Krankheitsbilder (DAK Bericht 2005) – Krankschreibungen aus psychischen Gründen um 20 % gestiegen in den letzten 5 Jahren Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg Die Folgen: Gesellschaftliche Dimension • BRD – Diagnose Depression stieg auf Rang 3 der wichtigsten Einzeldiagnosen für Arbeitsunfähigkeit, nur noch übertroffen von Rückenschmerzen und Atemwegserkrankungen – bedeutsamsten Zuwächse 2001-2004 entfallen vollständig auf Diagnosen aus dem Bereich „Psychische Störungen“ – überproportionaler Anstieg bei Arbeitslosen um 13,5 %, bei Berufstätigen „nur“ um 2,7% Quellen: DAK Report 2005, Gesundheitsreport TK 2005 Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg Die Folgen: Gesellschaftliche Dimension • Großbritannien: – Arbeitsmediziner berichten über Abnahme der Krankschreibungen von Rückenschmerzen von 42% seit 1994 bei gleichzeitiger Zunahme der psychischen Erkrankungen • USA: – 16 % der Amerikaner sind einmal im Leben depressiv, die Krankheit Depression kostet den Haushalt jährlich 44 Milliarden $ Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg Die Folgen: Gesellschaftliche Dimension • WHO Prognose Global Burden durch depressive Erkrankungen: 1990 an 4. Stelle 2020 an 1. Stelle Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg Die Folgen: Individuelle Dimension – Der Leistungsdruck wird größer; subjektiv und objektiv – Der individuelle Erwartungsdruck an sich selbst wird größer – Es fehlt das Gegenregulativ • Familie • Soziales Netz • Gesundheitsfürsorge Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg 5. Welche Lösungswege gibt es für die Betroffenen? Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg Das Energiefass Kraftspender Lebensfelder 1 Arbeit 2 Familie 3 Freizeit 4 Gesundheit Krafträuber Quelle: Stark & Sandmeyer, Wenn die Seele SOS funkt, Rowohlt, 1999 Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg Die Haltefunktionen brechen weg – Verläßlichkeit des Arbeitsplatzes - keine Zukunft – Familie - nur noch am Wochenende – Soziales Netz, Freunde, Hobbies - keine Zeit – Gesundheitsfürsorge wie Sport - keine Zeit Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg Fehlende Gegenregulation Die gesellschaftlich transportierten Gegenmechanismen: • Konsum aller Art: mein Haus, mein Auto, mein Boot • außergewöhnliche und damit kostspielige Urlaube sind in direktem Maße kontraproduktiv. Keine Kompensation oder Erholung, sondern Beschleunigung der psychischen wie physischen Erschöpfung. Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg Therapeutische Ansätze Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg Thema Stress • Stressmanagement entwickeln • Überlastungszeichen erkennen • Balancen zwischen Spannung und Entspannung herstellen • Hobby pflegen Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg Thema Persönlichkeit • Mentale Einstellungen zu Arbeit und Leistung klären • Motive für persönliches Engagement analysieren • Kränkbarkeiten bearbeiten • Anerkennung auch außerhalb des Berufs suchen Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg Thema Arbeitsplatz • Kreative und herausfordernde Arbeitsmilieus suchen • Verantwortung übernehmen • Begeisterung herstellen • Solidarisierung • Überprüfung des eigenen Marktwertes Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg Die Weisheitspsychologie Therapeutische Ansätze (Schippan, Baumann, Linden, 2004) 1. Perspektivwechsel: Fähigkeit zum Erkennen der verschiedenen Perspektiven der an einem Problem beteiligten Personen. 2. Selbstdistanz: Fähigkeit, sich selbst aus der Sicht einer anderen Person wahrzunehmen. 3. Empathie: Fähigkeit zum Erkennen und Nachempfinden von Gefühlen anderer. 4. Emotionswahrnehmung und Emotionsakzeptanz: Fähigkeit zur Wahrnehmung und Akzeptanz eigener Gefühle. 5. Emotionale Serenität und Humor: Fähigkeit zur emotionalen Ausgeglichenheit bei der Vertretung eigener Überzeugungen und Standpunkte sowie die Fähigkeit, sich selbst und die eigenen Schwierigkeiten mit Humor zu betrachten. Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg Die Weisheitspsychologie (2) (Schippan, Baumann, Linden, 2004) 6. Fakten- und Problemlösewissen: Generelles und spezifisches Wissen um Probleme und Möglichkeiten der Problemlösung. 7. Kontextualismus: Wissen um die zeitliche und situative Einbettung von Problemen und die zahlreichen Umstände, in die ein Leben eingebunden ist. 8. Wertrelativismus: Wissen um die Vielfalt von Werten und Lebenszielen und die Notwendigkeit, jede Person innerhalb ihres Wertesystems zu betrachten, ohne dabei eine kleine Anzahl universeller Werte aus dem Auge zu verlieren. 9. Selbstrelativierung: Fähigkeit zu akzeptieren, dass in der Welt vieles nicht nach dem eigenen Willen läuft und man selbst nicht immer am wichtigsten ist. Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg Die Weisheitspsychologie (3) 10. Ungewissheitstoleranz: Wissen um die dem Leben inhärente Ungewissheit bezüglich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. 11. Nachhaltigkeit: Wissen um negative und positive Aspekte jedes Geschehens und Verhaltens sowie kurzund langfristige Konsequenzen, die sich auch widersprechen können. 12. Problem- und Anspruchsrelativierung: Fähigkeit, die eigenen Probleme durch einen Vergleich mit den Problemen anderer Personen zu relativieren. Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg Konsequenzen für Therapie und Prophylaxe – Exkurs Neurobiologie: • Formierung des neuronalen Netzwerks fördern: adäquate Balance zwischen Angst- und Genußzentren bedeutet Prophylaxe vor vorschneller ängstlich- depressiver Reaktionsbereitschaft – Erziehung: • Anleitung zur Frustrationstoleranz und sozialem Lernen: sich auseinandersetzen lernen, nicht sich durchsetzen Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg Konsequenzen für Therapie und Prophylaxe (2) – Beratung / Öffentlichkeitsarbeit: Psychoedukation über psychosomatische Zusammenhänge von Dauerüberlastung (z.B. Energiefaßmodell) und Wissen über adäquate Rekreation = Erholung Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg Konsequenzen für Therapie und Prophylaxe (3) – Psychotherapie: – Gesamtgesellschaftliche Veränderungsprozeße, die auch der Einzelne spürt, rufen Unbehagen, Unsicherheit und Ängste hervor. – Konsequenz: Focus neben den individuellen Bestimmungsstücken auch auf die derzeitigen gesellschaftlichen Gesamtzusammenhänge richten. Rolle des abhängigen Arbeitnehmers: die Gratifikation des sicheren Arbeitsplatzes und damit langfristig planbaren Einkommens ist dahin. Individuelle Quellen für Gratifikation und Sinnfindung müssen gefunden und entwickelt werden. Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg Konsequenzen für Therapie und Prophylaxe • Hauptherausforderung an eine Therapie in diesen Zeiten: Nicht nur Aufarbeitung pathologischer Strukturen, sondern (auch) Anleitung zur Achtsamkeit Anleitung zum Genießen Lernen Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark Asklepios Westklinikum Hamburg Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Weitere Informationen: http://www.prof-stark.de http://www.burnon.de (Prof. Schürges) Prof. Dr. M. Sadre-Chirazi-Stark