bio2_4-teil2

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Biologische Psychologie II
Peter Walla
Fetale Hormone und die Entwicklung der Fortpflanzungsorgane:
Noch 6 Wochen nach der Befruchtung liegen im Fetus unabhängig vom
genetischen Geschlecht dieselben beiden gonadalen Strukturen vor!
Diese Strukturen nennen wir „Primordialgonaden“!
Jede Primordialgonade hat eine Hülle (Cortex),
die sich potentiell zu einem Eierstock weiterentwickelt
und einen Kern (Medulla),
der sich potentiell zu einem Hoden weiterentwickelt.
Gleich danach (nach den 6 Wochen!) induziert das Y-Chromosom des männlichen
Geschlechts die Synthese des H-Y-Antigens!
Das H-Y-Antigen ist ein Protein, welches bewirkt, dass der Kern zu einem Hoden
weiterwächst!
es gibt kein weibliches Gegenstück!
Allein die Abwesenheit des H-Y-Antigens führt zum Weiterwachsen der
Primordialgonadenhülle zu Eierstöcken!
Biologische Psychologie II
Peter Walla
Es ist möglich, durch Injektion des
H-Y-Antigens bei einem genetisch
weiblichen Fetus die Entwicklung von
Hoden zu induzieren!
Genauso ist es möglich, durch Injektion
einer Substanz, die die Wirkung des
H-Y-Antigens hemmt, bei einem
genetisch männlichen Fetus die
Entwicklung von Eierstöcken auszulösen!
Biologische Psychologie II
Peter Walla
Innere Genitalwege:
6 Wochen nach der Befruchtung sind
bei beiden Geschlechtern zwei vollständige
Paare von Genitalwegen vorhanden!
Beide Geschlechter besitzen Wolff-Gänge
(können sich zu männlichen Genitalwegen
entwickeln) und weibliche Müller-Gänge
(können sich zu weiblichen Genitalwegen
entwickeln)!
Im 3ten Monat der männlichen Entwicklung
setzen die Hoden Testosteron und
Anti-Müller-Hormon frei!
Das Testosteron bewirkt die Entwicklung der
Wolff-Gänge und das Anti-Müller-Hormon
bewirkt, dass die Müller-Gänge degenerieren
und die Hoden in das Scrotum absinken!
Biologische Psychologie II
Peter Walla
Die Entwicklung der Sexualorgane wird also nicht direkt von den
Geschlechtschromosomen angestossen, sondern hängt von der Anbzw. Abwesenheit (während einer kritischen Phase) von Testosteron ab !
Die Eierstöcke sind während der Fetalentwicklung fast vollkommen inaktiv!
Die Müllerschen Gänge entwickeln sich immer dann weiter, wenn in der
kritischen Phase keine von den Hoden gebildete Hormone freigesetzt
wurden!
Äußere Geschlechtsorgane (Genitalien):
Während Gonaden und Genitalwege aus geschlechtsspezifischen Vorläufern
gebildet werden, bilden sich die Genitalien aus demselben Vorläufer!
bipotenter Vorläufer!
Biologische Psychologie II
Peter Walla
Im 2ten Schwangerschaftsmonat besteht der bipotente Vorläufer aus 4 Teilen:
Glans,
Urethrafalten,
Lateralkörper
und labioscrotale Schwellung
danach beginnt die Differenzierung!
Aus der Glans entwickelt sich die Eichel beim
männlichen Geschlecht und die Klitoris beim
weiblichen Geschlecht!
Die Urethrafalten verschmelzen beim Mann und
werden bei der Frau zu den kleinen Schamlippen!
Die Lateralkörper bilden beim Mann den
Penisschaft und bei der Frau die Klitorisvorhaut!
Die labioscrotalen Schwellungen bilden den
Hoden beim Mann und die großen Schamlippen bei der Frau!
Biologische Psychologie II
Peter Walla
Die Entwicklung der äußeren Geschlechtsorgane wird wieder „nur“ durch die Anbzw. Abwesenheit von Testosteron kontrolliert!
Geschlechtsunterschiede im Gehirn:
Männergehirne sind ungefähr 15% größer als Frauengehirne!
Es wurden auch zahlreiche Volumsunterschiede im Zusammenhang mit
verschiedensten Kernen und Fasertrakten beschrieben!
Es gibt auch Hinweise, dass Frauen eher beide Gehirnhälften in gleicher
Intensität einsetzen, während bei Männern vermehrt Lateralisationen
vorkommen!
Es wurde bereits erwähnt, dass Frauen sprachlich begabter sind als Männer,
dafür aber Männer leistungsfähiger sind in der räumlichen Vorstellung!
Meine eigene Meinung: Angesichts der wohl offensichtlichen Tatsache, dass
Frauen und Männer verschieden denken, gibt es eigentlich recht wenig
Handfestes!
Biologische Psychologie II
Peter Walla
Eigene Daten zum Thema „Geschlechtsunterschiede“!
ein anderer Weg zum gleichen Ziel!
Walla et al., 2001: Physiological evidence of gender differences in word recognition: a MEG study. Cognitive Brain research, 12: 49-54.
Biologische Psychologie II
Peter Walla
Pubertät:
Die Pubertät zeichnet sich dadurch aus, dass sich die sekundären
Geschlechtsmerkmale entwickeln!
Die Freisetzung von Hormonen durch den Hypophysenvorderlappen nimmt zu:
Das Wachstumshormon Somatotropin wirkt direkt auf Knochen und Muskeln
(Wachstumsschub!)
Das gonadotrope Hormon und das Corticotropin veranlassen die Gonaden und
die Nebennierenrinde, Hormone freizusetzen, die die Entwicklung der sekundären
Geschlechtsmerkmale induzieren.
bei pubertierenden Jungen sind die Androgenspiegel höher als die
Östrogenspiegel!
bei pubertierenden Mädchen überwiegen die Östrogene!
Biologische Psychologie II
Peter Walla
Welches sind die sekundären Geschlechtsmerkmale?
Interessant:
Noch vor ca. 150 Jahren begann die Pubertät erst im Alter von 15 bis
16 Jahren (Nordamerika und Mitteleuropa!).
Heute beginnt die Pubertät bereits im Alter von 10 bis 11 Jahren!
Biologische Psychologie II
Ein interessanter Fall sexueller Entwicklung:
Peter Walla
Das Androgen-Insensitivitäts-Syndrom!
Als Folge einer Mutation des Androgenrezeptorgens kommt es zu defekten
Androgenrezeptoren mit folgender Symptomatik:
Ein Mensch mit einem männlichen Geschlechtschromosomenpaar (XY) und einer
solchen Mutation hat innen liegende Hoden und keine Eierstöcke! WARUM?
Während der Entwicklung setzen die Hoden Androgene frei, der entsprechende
Körper kann aber nicht darauf reagieren!
Ohne die Wirkung der Androgene, die normalerweise das weibliche Programm
außer Kraft gesetzt hätten, entwickelten sich die äußeren Genitalien und das
Verhalten einer Frau!
Die Hoden konnten nicht absteigen, da es kein Scrotum gibt!
Die inneren weiblichen Genitalwege konnten sich nicht entwickeln, da die Hoden
im frühen Stadium das Anti-Müller-Hormon freisetzten!
In der Pubertät setzen die Hoden genügend Östrogene frei, um den
entsprechenden Körper zu feminisieren (Gegeneffekt der Androgene fehlt!)
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Peter Walla
Genetische Männlichkeit führt bei fehlender Wirkung von Androgenen
zu Kindern, die wie Mädchen aussehen und wenn sie wie Mädchen erzogen
werden, auch wie Mädchen denken und handeln!
Strukturelle Unterschiede zwischen dem
männlichen und dem weiblichen Hypothalamus:
1978 entdeckten Gorski und Kollegen, dass ein
Kern in der präoptischen Region bei männlichen
Ratten um ein Vielfaches größer ist als bei
weiblichen Ratten!
sexuell dimorpher Kern!
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Peter Walla
Bei der Geburt sind die sexuell dimorphen Kerne noch gleich groß, aber bereits
nach wenigen Tagen wachsen sie bei Männchen bedeutend schneller an als bei
Weibchen!
die genaue Funktion dieses Kerns ist noch unklar!
Der Hypothalamus und männliches Sexualverhalten:
Eine vollständige Zerstörung der Area preoptica medialis löscht beim männlichen
Geschlecht das Sexualverhalten aus!
Im intakten Zustand wird männliches Sexualverhalten über eine Bahn zum
lateralen tegmentalen Areal gesteuert.
Der Hypothalamus und weibliches Sexualverhalten:
Zerstörung des Nucleus ventromedialis verursacht beim weiblichen Geschlecht
das Fehlen einer Lordose und sogar das Angreifen zu aufdringlicher Männchen!
Eine Bahn zum periaquäduktalen Grau steuert weibliches Sexualverhalten!
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Peter Walla
Bei Menschen gibt es ebenso Berichte über Unterschiede in präoptischen,
suprachiasmatischen und anterioren Bereichen des Hypothalamus!
Mesencephalon
Biologische Psychologie II
Peter Walla
Sexuelle Orientierung:
Sexuelle Anziehung beginnt im Alter von ungefähr 10 Jahren und wird somit
nicht durch die Pubertät ausgelöst! (eventuell durch Steroide der
Nebennierenrinde!)
Homosexuelle und Heterosexuelle unterscheiden sich nicht im Bezug auf ihre
im Blut zirkulierenden Hormone!
Eine Studie hat angeblich hervorgebracht, dass ein hypothalamischer Kern im
Bezug auf seine Größe bei homosexuellen Männern zwischen der von
heterosexuellen Frauen und heterosexuellen Männern liegt!
Interessant:
die körperliche Erscheinung, die sexuelle Orientierung und die
sexuelle Identität scheinen voneinander unabhängig zu sein
(Transsexualität!)
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