Historische und ideengeschichtliche Entwicklungslinien des Krieges Der Wandel des Kriegsbildes vom klassischen Krieg zwischen Staaten (Staatenkrieg) zu den Neuen Kriegen # eine Schnellübersicht # Krieg Krimkrieg… Darstellungen des Jahres 1854 Weltkrieg I… Hiroshima & Nagasaki Vietnam… Vietnam (2)… My Lai, 16.3.68 …und ff. Konfliktforschung Prämisse: Ziel: Krieg als Teilmenge der Gesamtmenge sozialer Konflikte Vergleichend-kontrastierende Untersuchungen der Entstehungsmomente und –ursachen Verlaufsformen Verhaltensweisen der Konfliktparteien Ergebnisse Wirkungen von gesellschaftlich-kollektiven Konflikten Konzept- Eskalationsleiter • • • • • • • 1 Latenter Konflikt Eine Positionsdifferenz um definierbare Werte von nationaler Bedeutung ist dann ein latenter Konflikt, wenn darauf bezogene Forderungen von einer Partei artikuliert und von der anderen Seite wahrgenommen werden. 2 Manifester Konflikt Ein manifester Konflikt beinhaltet den Einsatz von Mitteln, welche im Vorfeld gewaltsamer Handlungen liegen. Dies umfasst beispielsweise verbalen Druck, die öffentliche Androhung von Gewalt oder das Verhängen von ökonomischen Zwangsmaßnahmen. 3 Krise Eine Krise ist ein Spannungszustand, in dem mindestens eine der Parteien vereinzelt Gewalt anwendet. 4 Ernste Krise Als ernste Krise wird ein Konflikt dann bezeichnet, wenn wiederholt und organisiert Gewalt eingesetzt wird. 5 Krieg Kriege sind Formen gewaltsamen Konfliktaustrags, in denen mit einer gewissen Kontinuität organisiert und systematisch Gewalt eingesetzt wird. Die Konfliktparteien setzen, gemessen an der Situation, Mittel in großem Umfang ein. Das Ausmaß der Zerstörung ist nachhaltig. FRIEDENS- UND KONFLIKTZYKLUS ZUSTAND EINGESETZTE MITTEL KRIEG Intervention (intervention) Friedenserzwingung (peace enforcement) Militärische Mittel KRISE Krisenmanagement (crisis management) INSTABILE ORDNUNG STABILE ORDNUNG Friedenserhaltung (peace keeping) Präventivdiplomatie (preventive diplomacy) Reguläre Beziehungen Friedensaufbau (peace building) Zivile Mittel Konfliktbearbeitung : Ansatzpunkte Intensität i MANAGEMENT Gewaltschwelle Zeitablauf t Nachhaltiger Friede • Gewaltfreiheit • Selbsterhaltung • Innere/Äussere Legitimation • Konstruktive Konflikttransformation Mediation, Verhandlung, Schlichtung, • politische Demokratisierung Änderung des moralischpolitischen Klimas • Wirtschaftl. Wiederaufbau • Wiederherstellung des Rechtsstaats Verheilung der Wunden der Vergangenheit • Erziehung und Ausbildung, Gesundheitswesen/-vorsorge Ökologisches Gleichgewicht Streitbegleitung Versöhnung Wiederaufbau PRÄVENTION (Reconstruction) Engagement für die Zukunft Versöhnung der Werte Entwicklung eines WirGefühls und multipler Loyalitäten Versöhnung (Reconciliation) Friedensschaffung (Peace Building) Sicherheit Rüstungskontrolle Abrüstung Friedenswahrung (robustes) Peace Keeping KRIEG a) Akt der Gewalt, um den Gegner zur Erfüllung unseres Willens zu zwingen b) Erweiterter Zweikampf mit dem Zweck [durch Gewalt], den Gegner niederzuwerfen und dadurch zu jedem ferneren Widerstand unfähig zu machen. Carl von Clausewitz : Hinterlassenes Werk vom Kriege, S. 191ff Versuch von Staaten oder gesellschaftlichen Großgruppen, machtpolitische, wirtschaftliche oder weltanschauliche Ziele mittels organisierter bewaffneter Gewalt durchzusetzen Seit der Ausbildung des souveränen (Territorial-) Staats und des internationalen Systems (17. Jh.) gilt eine gewaltsame Auseinandersetzung nur dann als Krieg, • wenn daran geschlossene Gruppen regulärer Streitkräfte beteiligt sind • wenn die Tätigkeit dieser Gruppen sich in organisierter, zentral gelenkter Form entfaltet • wenn diese Tätigkeit über einen längeren Zeitraum hinweg unter regelmäßiger, strategischer Leitung anhält Definitionen: Krieg In Anlehnung an den ungarischen Friedensforscher István Kende) definiert AKUF Krieg als einen gewaltsamen Massenkonflikt, der alle folgenden Merkmale aufweist: (a) an den Kämpfen sind zwei oder mehr bewaffnete Streitkräfte beteiligt, bei denen es sich mindestens auf einer Seite um reguläre Streitkräfte (Militär, paramilitärische Verbände, Polizeieinheiten) der Regierung handelt; Definitionen: Krieg (2) (b) die bewaffneten Operationen ereignen sich mit einer gewissen Kontinuierlichkeit und nicht nur als gelegentliche, spontane Zusammenstöße, d.h. beide Seiten operieren nach einer planmäßigen Strategie, gleichgültig ob die Kämpfe auf dem Gebiet einer oder mehrerer Gesellschaften stattfinden und wie lange sie dauern; Definitionen: Krieg (3) (c) auf beiden Seiten muß ein Mindestmaß an zentral gelenkter Organisation der Kriegführenden und des Kampfes gegeben sein, selbst wenn dies nicht mehr bedeutet als organisierte bewaffnete Verteidigung oder planmäßige Überfälle (Guerillaoperationen, Partisanenkrieg usw.) Definitionen: Krieg (4) Kriege werden als beendet angesehen, wenn die Kampfhandlungen dauerhaft, d.h. für den Zeitraum von mindestens einem Jahr, eingestellt bzw. nur unterhalb der AKUF-Kriegsdefinition fortgesetzt werden. Grundzüge des klassischen Kriegsbildes Krieg • Wendung des staatlichen Gewaltmonopols nach aussen • Fortsetzung des politischen (Staaten-) Verkehrs unter Einmischung anderer Mittel Primat der Politik Prinzip von Befehl und Gehorsam Zentrale politische Kontrolle durch legitimierte Entscheidungsträger Auseinandersetzung zwischen militärischen Grossverbänden Zentrale Gesamtleitung nach rationalen strategischen Prinzipien Definitionen: bewaffnete Konflikte • Als bewaffnete Konflikte werden gewaltsame Auseinandersetzungen bezeichnet, bei denen die Kriterien der Kriegsdefinition nicht in vollem Umfang erfüllt sind. In der Regel handelt es sich dabei um Fälle, in denen eine hinreichende Kontinuität der Kampfhandlungen nicht mehr oder auch noch nicht gegeben ist. Auflösung des klassischen Kriegsbildes • Wendung militärischer Gewaltanwendung in die Innensphäre zerfallender einzelstaatlicher Subjekte (Failing States als Katalysatoren militärischer Auseinandersetzungen) • Zweck: innergesellschaftlicher Machterhalt von Interessengruppen, Clans, Warlords, Sicherung von Beute , schnellem Profit und persönlichen Abhängigkeiten Primat der (ethnonationalen) Gruppeninteressen Aufhebung des Prinzips von Befehl und Gehorsam Aufhebung der zentralen politischen Kontrolle und rationalen strategischen Gesamtleitung Auseinandersetzung zwischen bewaffneten Volksgruppen, Milizen, Privatarmeen, Partisanenverbänden, marodierenden Gangs und Banden unabhängig operierender Heckenschützen usw. Weitere Informationen • HEIDELBERGER INSTITUT FÜR • INTERNATIONALE KONFLIKTFORSCHUNG e.V. • am Institut für Politische Wissenschaft der Universität Heidelberg • KONFLIKTBAROMETER 1992ff jährlich • Krisen . Kriege . Putsche • Verhandlungen . Vermittlungen . Friedensschlüsse • http://hiik.de/de/konfliktbarometer/index.html Literaturtip Edgar Wolfrum: Krieg und Frieden in der Neuzeit. Vom Westfälischen Frieden bis zum Zweiten Weltkrieg. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2003. Jeremy Black (Hrsg.): Die Kriege des 20. Jahrhunderts. Darmstadt: Wiss. Buchgesellschaft 2010 KRIEGE ZWISCHEN STAATEN Territorialansprüche Konkurrenz um Grenzen und Gebiete Machtkonkurrenz Kampf um Vormachtstellungen in der Region Herrschaftssicherung Furcht vor einer Bedrohung von aussen Rohstoffbedarf Konkurrenz um knappe Ressourcen Ablenkung Ablenkung von Konflikten innerhalb des Staates Herrschaftsinteressen Durchsetzung politischer und ökonomischer Interessen durch Eliten Ethnisch-kulturelle Heterogenität Kein Interessensausgleich angesichts unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen, die keine „ einheitliche Nation“ bilden WARUM KRIEG ? Interner Kolonialismus Ökonomische Ausbeutung und politische Unterdrückung von Bevölkerungsgruppen und Regionen Fehlwahrnehmung Falsche Beurteilung der Stärke und Absichten anderer Staaten Sozio-ökonomische Heterogenität Auf krasser sozialer Ungerechtigkeit beruhende Gesellschaftssysteme KRIEGE INNERHALB VON STAATEN Vom gerechten Krieg zum Gewaltverbot: Mittelalter – frühe Neuzeit: Lehre vom bellum justum (gerechten Krieg) • gerechter Grund (iusta causa) • rechte Absicht (intentio recta) • Machtbefugnis des Herrschers (auctoritas principis) Zeitalter des klassischen Völkerrechts (1648 – 1919): ius ad bellum • Souveräne Staaten besitzen das Recht zum Krieg • „Krieg als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln“ (Clausewitz) Nach 1919: ius contra bellum (Gewaltverbot) • Völkerbund: partielles Kriegsverbot, Bedingung der Ausschöpfung der vorgesehenen Mechanismen der Streitbeilegung • • Briand-Kellog-Pakt (1928): generelles Kriegsverbot, Sanktionsmechanismen fehlen, Beschränkung auf „erklärten“ Krieg Vereinte Nationen (1945): Art. 2 Ziff. 4 SVN normiert Gewaltverbot „Alle Mitglieder unterlassen in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt.“ Literaturtip • Dieter Ruloff: Wie Kriege beginnen. Ursachen und Folgen. München ³2004. • Bernd Wegner (Hrsg.): Wie Kriege entstehen. Zum historischen Hintergrund von Staatenkonflikten. Paderborn ²2003. • Thorsten Bonacker, Christoph Weller (Hrsg.): Konflikte der Weltgesellschaft. Akteure – Strukturen – Dynamiken. Frankfurt/Main 2006. Noch‘n Literaturtip • Geoffrey Parker (Hrsg.): The Cambridge Illustrated History of Warfare. Cambridge 1995 • Noble Frankland (Hrsg.): The Encyclopedia of 20th Century Warfare. London 1989. • Rüdiger Voigt (Hrsg.): Krieg – Instrument der Politik ? Bewaffnete Konflikte im Übergang vom 20. zum 21. Jahrhundert. Baden-Baden 2002. • Viel mehr Literatur in meinem Artikel: Krieg und Frieden, in: W. Woyke (Hrsg.): Handwörterbuch Internationale Politik. 12. Auflage Opladen 2011, S. 302 - 323 Die Struktur des Sicherheitsdilemma-Theorems Anarchisches internationales Selbsthilfesystem Unsicherheit des einzelnen Akteurs Sicherheit begriffen als militärische Überlegenheit Militärischer Schutz durch Rüstung A rüstet A fühlt sich bedroht A rüstet marginal stärker als B B fühlt sich bedroht B rüstet marginal stärker als A B fühlt sich bedroht usw. Was ist das Sicherheitsdilemma ? Definition nach Herz 1961 Das Sicherheits- oder Machtdilemma ist „…diejenige Sozialkonstellation, die sich ergibt, wenn (a) Machteinheiten (wie z.B. Staaten und Nationen in ihren außenpolitischen Beziehungen) nebeneinander bestehen, (b) ohne Normen unterworfen zu sein, (c) die von einer höheren Stelle gesetzt wären und sie hindern würden, sich gegenseitig anzugreifen. In einem derartigen Zustand treibt ein aus gegenseitiger Furcht und gegenseitigem Misstrauen geborenes Unsicherheitsgefühl die Einheiten in einem Wettstreit um Macht dazu, ihrer Sicherheit halber immer mehr Macht anzuhäufen, ein Streben, das unerfüllbar bleibt, weil sich vollkommene Sicherheit nie erreichen läßt.“ (Herz 1961: 130f.) Literaturtip John H.Herz: Weltpolitik im Atomzeitalter. Stuttgart 1961. John H.Herz: Staatenwelt und Weltpolitik. Aufsätze zur internationalen Politik im Nuklearzeitalter. Hamburg 1974. Veränderungen der Randbedingungen der Kriegführung Annahme I: Der klassische Krieg ist der Krieg zwischen Staaten – im Sinne des Generals v.Clausewitz die Fortsetzung des diplomatischen Verkehrs unter Einmischung anderer Mittel, geführt um der Durchsetzung staatlicher Territorial- und/oder Machtansprüche willen, gipfelnd in der Entscheidungsschlacht, gestützt durch eine Produzenten und Produktivkräfte mobilisierende, allumfassende Kriegswirtschaft. Der klassische Friede ist ein völkerrechtlich garantierter Zustand des Nicht-Kriegs; das Gewaltverbot des Art.2(4) Uno-Charta ist eine Fundamentalnorm des Völker- [oder präziser: des zwischenstaatlichen] Rechts. Krieg und Frieden sind Ergebnisse des politischen Handelns staatlicher Akteure in der Staatenwelt Annahme II: Die überkommenen staatenweltlichen Randbedingungen des Handelns nationaler Akteure in Sachen Krieg und Frieden werden verändert durch die Phänomene der • funktionalen Interdependenz staatlicher und nichtstaatlicher internationaler Akteure • transnationalen Vernetzung gesellschaftlicher Akteure in einer Vielzahl von Gesellschaften • Globalisierung der Ökonomie, Politik, Kommunikation, Kultur, materiellen Erwartungen ... Beeinträchtigung der Handlungsund Durchsetzungsfähigkeit nationaler Akteure in der Staatenwelt Infragestellung des durch den nationalen Akteur (typischerweise des modernen Wohlfahrts/Daseinsvorsorgestaats) seinen Bürgern gegebenen Schutzversprechens Allmählicher Wandel der Staatenwelt zur Gesellschaftswelt Reduzierung der Bedeutung des nationalen Akteur gegenüber einer kontinuierlich wachsenden Zahl von globalgovernance-Akteuren Legitimationsproblem des nationalen Akteurs Als alleiniger, auf das Gewaltanwendungsmonopol gestützter Führer von Krieg wie alleiniger Garant von Frieden dankt der nationale Akteur klassischer Prägung ab. Aber es entsteht ein gravierendes Problem: werden seine Schutz- und Ordnungsaufgaben teilweise durch andere Akteure übernommen, oder bildet sich in seiner alten Kompetenzsphäre ein Macht- und Handlungsvakuum, das andere gesellschaftliche Kräfte besetzen ? Sicherheitspolitische Trends in den 1990er Jahren Zerfall von Sowjetunion und WP 1. Friedensdividende: Abbau von Militärhaushalten (zeitweise) 2. Abrüstung: SALT, MBFR usw. (jetzt teilweise gestoppt) 3. Staatszerfall im Ostblock: Globalisierung Erweiterung des Sicherheitsbegriffs durch: 1. intensivierte/beschleunigte Austauschbeziehungen (Sieg der Zeit über den Raum) 1. Freisetzung von Waffen 2. Technologische Fähigkeits- 2. Ethno-nationalistische Konflikte revolution (weltumspannende 4. Failing/Failed States in anderen Teilen der Welt 1. Privatisierung des Gewaltmonopols 2. Ethno-nationalistische Konflikte Handlungsoptionen in Echtzeit) 3. Kommunikations(netz)revolution: Information overload im Global Village Konsequenz I: Aufhebung der klassischen Trennung von Innen und Außen (-Politik) Konsequenz II: Aufhebung des klassischen Interventionsverbots Subsystemische gesellschaftliche Akteure werden auf der systemaren Ebene unmittelbar handlungsrelevant, externe Konflikte/Konfliktgründe werden internalisiert, nationale gesellschaftliche Akteure externalisieren sich und/oder treten in Interessenkoalitionen mit vergleichbaren Akteuren in anderen Gesellschaften. Das überkommene stateas-gatekeeper-Prinzip wird ausgehebelt; der einzelstaatliche Rückfall in den Naturzustand unterfüttert und durchdringt die internationale Anarchie. Der Schutz der Souveränität der Akteure durch das Prinzip der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten war eine existenznotwendige Bedingung des naturzuständlichen Staatensystems; seine Ausserkraftsetzung durch das Prinzip der humanitären Intervention ebenso wie durch ethnopolitische Unterstützung von Volks- oder Glaubensgenossen bedeutet einen erheblichen Schritt vorwärts in Richtung auf weltgesellschaftliche Organisationsformen Konsequenz III: Auflösung des klassischen Kriegsbildes Neue Kriege I • Entstaatlichte oder privatisierte Gewalt Die "Neuigkeit" der neuen Kriege besteht in ihrem entstaatlichten Charakter. Nicht mehr der Krieg zwischen Staaten, sondern die Proliferation von nicht-staatlichen Akteuren prägt das Gesicht der kriegerischen Gewalt in der Gegenwart. Aber: Neue Kriege II • Hybrider Charakter zeitgen. Gewaltkonflikte Das Paradoxon der „neuen“ Kriege besteht darin, dass wesentliche Merkmale ihrer „Neuheit“ aus einer Kombination von modernen und vor- modernen traditionalen Gewaltursachen, Motiven und Konfliktaustragungsformen resultieren. Neue Kriege III • Ökonomie des Neuen Krieges: • Nicht mehr politische Lehren oder Programme der gesellschaftlichen Umgestaltung bestimmen die Motive der Kriegsakteure, sondern diese sind vor allem vom Motiv der (Selbst-)Bereicherung und materiellen Besserstellung ihrer Klientel geleitet. • Ökonomisch beruhen neue Kriege nicht mehr, wie noch die alten Staatenkriege, auf der Mobilisierung der Produktion für den Krieg, • sondern auf der Plünderung produktiver Ressourcen und Bodenschätze (Deinvestitionsspirale) • und auf der Monopolisierung und Ausbeutung von Reichtumsquellen, wie etwa Exporteinkünften und Import- oder Exportabgaben (Rentenaneignung). Neue Kriege IV • Barbarisierung der Gewalt: In den Kriegen der Gegenwart lässt sich eine Entgrenzung der Gewalt beobachten. Nicht mehr die Unterstützung der Kriegsparteien durch die Zivilbevölkerung ist das Ziel der Gewaltstrategien, sondern der rücksichtslose Einsatz massiver Gewalt gegenüber Zivilisten ist das Kennzeichen der neuen Kriege. Neue Kriege V • Neue Kriege zersetzen und verändern die Regeln und Normen des Völkerrechts • Neue Kriege stellen das Souveränitätsprinzip als Fundament des internationalen Systems in Frage • Neue Kriege unterminieren die auf formaler Gleichheit der Staaten basierende Stabilität des internationalen Systems • Neue Kriege führen zu einer schwindenden politischen Legitimität des staatlichen Akteurs Fazit: Der Neue Krieg ist mit den herkömmlichen Kategorien einer dem zwischenstaatlichen Konflikt und seiner Bearbeitung verhafteten Sicherheitspolitik- und strategischen Analyse nicht zu fassen. Er zeigt sich aber auch resistent gegenüber all jenen Versuchen, die ihn unter dem Zeichen der Prävention, der Verregelung oder gar Verrechtlichung zu domestizieren suchen. Wir brauchen ein neues begriffliches Instrumentarium, das uns weiterhelfen kann, seine Phänomene zu klassifizieren, historischgenetisch zu verorten und wenigstens einer Erklärung zugänglich zu machen. Damit wird eine Anforderung an Wissenschaft formuliert, der sie bislang gern ausgewichen ist: die Entwicklung einer qualitativen Kriegsursachenforschung, die über die blosse Bildung von Zeitreihen und Formulierung statistikgestützter wenn-dann-Vermutungen weit hinausgeht. Literaturtip Mary Kaldor: Neue und alte Kriege. Organisierte Gewalt im Zeitalter der Globalisierung. Frankfurt/M. 2000. Herfried Münkler: Die neuen Kriege. Reinbek b. Hamburg 2002. Siegfried Frech/Peter I. Trummer (Hrsg.): Neue Kriege. Akteure, Gewaltmärkte, Ökonomie. Schwalbach/Ts. 2005. Sabine Kurtenbach/Peter Lock (Hrsg.): Kriege als (Über) Lebenswelten. Schattenglobalisierung, Kriegsökonomien und Inseln der Zivilität. Bonn 2004. Christopher Daase: Kleine Kriege – Große Wirkung. Wie unkonventionelle Kriegführung die internationale Politik verändert. Baden-Baden 1999 Die neuen Kriege. Der Bürger im Staat. Hg. Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg. 54.Jg., Heft 4 2004 http://www.buergerimstaat.de/4_04/neu_krieg.htm Gute Nacht