Umsetzung und Konflikte des Biotopverbundsystems in der Kulturlandschaft und Auswirkung auf die Landnutzung Marc Helmer Biotopverbundsystem - Kulturlandschaft - Landnutzung 1. Einleitung 2. Gesetzliche Grundlagen (BNatSchG) 3. Warum überhaupt Biotopverbundsystem? • Theorie der Biotopverbundsysteme • Probleme bei der Erstellung des Biotopverbundes • Biotopverbund und Kulturlandschaft • Biotopverbund und öffentliche vs. private Landnutzung 3. Ziele und Hypothesen 4. Methoden 5. Zusammenfassung und Perspektiven 01.07.02 Marc Helmer, Institut für Agrarpolitik und Marktforschung 2 Biotopverbundsystem - Kulturlandschaft - Landnutzung 1. Einleitung Thema Naturschutz und Landwirtschaft viele Konfliktfelder Erhalt der Kulturlandschaft ist eines dieser Konfliktfelder Eingrenzung auf Biotopverbundsystem 01.07.02 Marc Helmer, Institut für Agrarpolitik und Marktforschung 3 Biotopverbundsystem - Kulturlandschaft - Landnutzung Definition Biotopverbund Biotop: Lebensstätten und Lebensräume wild lebender Tiere und Pflanzen Verbund: meint einen räumlichen Kontakt zwischen Lebensräumen, der jedoch nicht unbedingt durch ein unmittelbares Nebeneinander gewährleistet sein muss; die zwischen gleichartigen Lebensräumen liegende Fläche muss für Organismen überwindbar sein, so dass ein Austausch von Individuen möglich ist. 01.07.02 Marc Helmer, Institut für Agrarpolitik und Marktforschung 4 Biotopverbundsystem - Kulturlandschaft - Landnutzung 2. Gesetzliche Grundlagen (BNatSchG v. 04.04.2002) § 3 Biotopverbund (1) Die Länder schaffen ein Netz verbundener Biotope (Biotopverbund), das mindestens 10% der Landesfläche umfassen soll. Der Biotopverbund soll länderübergreifend erfolgen. Die Länder stimmen sich hierzu untereinander ab. (2) Der Biotopverbund dient der nachhaltigen Sicherung von heimischen Tier- und Pflanzenarten und deren Populationen einschließlich ihrer Lebensräume und Lebensgemeinschaften, sowie die Bewahrung, Wiederherstellung und Entwicklung funktionsfähiger ökologischer Wechselbeziehungen. Biotopverbund ist bezogen auf 100% der Landesfläche und muss, soweit nicht vorhanden, wiederhergestellt oder entwickelt werden. 01.07.02 Marc Helmer, Institut für Agrarpolitik und Marktforschung 5 Biotopverbundsystem - Kulturlandschaft - Landnutzung (3) Der Biotopverbund besteht aus Kernflächen, Verbindungsflächen und Verbindungselementen. Bestandteile des Biotopverbunds sind: 1. Festgesetzte Nationalparks, 2. Im Rahmen des § 30 gesetzlich geschützte Biotope, 3. Naturschutzgebiete, Gebiete im Sinne des § 32 und Biosphärenreservate oder Teile dieser Gebiete, 4. Weitere Flächen und Elemente, einschließlich Teile von Landschaftsschutzgebieten und Naturparken, wenn sie zur Erreichung des in Absatz 2 genannten Zieles geeignet sind. Bedeutet, dass nicht automatisch alle Schutzgebiete aufgenommen werden können und damit das Biotopverbundsystem schon so gut wie fertig ist. 01.07.02 Marc Helmer, Institut für Agrarpolitik und Marktforschung 6 Biotopverbundsystem - Kulturlandschaft - Landnutzung § 5 Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft (3) Die Länder setzen eine regionale Mindestdichte von zur Vernetzung von Biotopen erforderlichen linearen und punktförmigen Elementen (Saumstrukturen, insbesondere Hecken und Feldraine sowie Trittsteinbiotope) fest und ergreifen geeignete Maßnahmen (planungsrechtliche Vorgaben, langfristige Vereinbarungen, Förderprogramme oder andere Maßnahmen), falls diese Mindestdichte unterschritten ist und solche Elemente neu einzurichten sind. Dieser Absatz von § 5 bekräftigt noch einmal, dass mit dem Biotopverbundsystem auch die Wirtschaftsflächen inbegriffen sind. 01.07.02 Marc Helmer, Institut für Agrarpolitik und Marktforschung 7 Biotopverbundsystem - Kulturlandschaft - Landnutzung 3. Warum überhaupt Biotopverbundsystem? Durch Besiedlung und Nutzbarmachung der Landschaft wurden Lebensräume zunehmend fragmentiert durch diese Zerschneidung der Landschaft entstehen einzelne „Inseln“ Folgen der „Verinselung“ sind (in Anlehnung an d. Inselbiogeografie): • Veränderung der Artenzahl • Veränderung der Artenzusammensetzung • Populationsdynamische Veränderungen • genetische Veränderungen • Verstärkung des Randeffektes 01.07.02 Marc Helmer, Institut für Agrarpolitik und Marktforschung 8 Biotopverbundsystem - Kulturlandschaft - Landnutzung Theorie der Biotopverbundsysteme Biotopverbund (reduzierter Ansatz) Biotop A A Biotop A A Biotop B Biotop B Linienhafte Verbindung Biotop B Biotop B Trittstein-Biotope Quelle: Eigene Darstellung 01.07.02 Marc Helmer, Institut für Agrarpolitik und Marktforschung 9 Biotopverbundsystem - Kulturlandschaft - Landnutzung Biotopverbund (erweiterter Ansatz) Größe, Breite, Länge von Lebensräumen Räumliche Kontakte zwischen Habitaten Randzonen naturbetonter Lebensräume 01.07.02 Marc Helmer, Institut für Agrarpolitik und Marktforschung 10 11 Biotopverbundsystem - Kulturlandschaft - Landnutzung Räumlich-Funktionale Aspekte in der Landschaft Barriere zw. Lebensräumen Direkter Kontakt Flächenanteil naturbetonter Lebensräume Nutzungskonflikt durch Stoffeinträge in empfindliche Lebensräume Zu große Distanz Isolierter Lebensraum Positiver Randeffekt Ausgeräumte Flur Erreichbarkeit zw. Lebensräumen Größe: Fläche, Länge, Breite Störung durch Straße Lebensräume mit Trittstein- und Korridorfunktion Nutzungsintensität d. landwirtschaftlichen Flächen Barriere in Gewässer Neg. Randeffekt durch Stoffeinträge in Gewässerlebensraum Quelle: Bay. Staatministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, 1994 01.07.02 Marc Helmer, Institut für Agrarpolitik und Marktforschung Biotopverbundsystem - Kulturlandschaft - Landnutzung Auswirkungen der Verinselung auf die Entwicklung eines Biotopverbundes • Inseltheorie • Minimum Viable Population • Metapopulation • Mosaik-Zyklus-Konzept • Mosaikkonzept 01.07.02 Marc Helmer, Institut für Agrarpolitik und Marktforschung 12 Biotopverbundsystem - Kulturlandschaft - Landnutzung Inseltheorie Je größer die Insel, desto höher die Artendiversität. Je näher die Inseln zueinander sind, desto höher die Artendiversität. Quelle: Jedicke, 1994 01.07.02 Marc Helmer, Institut für Agrarpolitik und Marktforschung 13 Biotopverbundsystem - Kulturlandschaft - Landnutzung Minimum Viable Population Versucht zu ermitteln wie groß eine Population mindestens sein muss, um langfristig mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit überleben zu können. Wird häufig auf sog. Zielarten angewendet, allerdings z. T. noch erhebliche Wissenslücken gewisse Unsicherheit 01.07.02 Marc Helmer, Institut für Agrarpolitik und Marktforschung 14 Biotopverbundsystem - Kulturlandschaft - Landnutzung Metapopulation Hauptzentrum Nebenzentrum Quelle: Bay. Staatministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, 1994 01.07.02 Nebenzentrum Marc Helmer, Institut für Agrarpolitik und Marktforschung 15 Biotopverbundsystem - Kulturlandschaft - Landnutzung Mosaik-Zyklus-Konzept Ökosysteme sind nicht im gleichen Stadium, sondern verschiedene Entwicklungsstadien existieren nebeneinander ähnlich eines Mosaiks. An die einzelnen Mosaike angepasste Arten können bei Veränderung ihres derzeitigen Habitats auf in der Nähe liegende Habitate ausweichen. 01.07.02 Marc Helmer, Institut für Agrarpolitik und Marktforschung 16 Biotopverbundsystem - Kulturlandschaft - Landnutzung Mosaikkonzept Artenzahl pro Gesamtfläche Pro Mosaikstein Faunenaustausch Habitatvielfalt Quelle: Jedicke, 1994 01.07.02 Marc Helmer, Institut für Agrarpolitik und Marktforschung 17 18 Biotopverbundsystem - Kulturlandschaft - Landnutzung Probleme bei der Entwicklung eines Biotopverbundes Aktionsradius und Rekolonisationsdistanz Normale Bewegungsdistanz Aktionsraum „Höchstleistung“ „Höchstleistung“ Rekolonisationsdistanz Neu geschaffener Lebensraum Quelle: verändert nach Bay. Staatministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, 1994 01.07.02 Marc Helmer, Institut für Agrarpolitik und Marktforschung Biotopverbundsystem - Kulturlandschaft - Landnutzung 19 Mögliche Konflikte und Spielräume innerhalb eines Biotopverbundes Biotop A A Biotoptyp Biotoptyp B Biotoptyp B Biotoptyp A Biotop B Quelle: Eigene Darstellung 01.07.02 Marc Helmer, Institut für Agrarpolitik und Marktforschung 20 Biotopverbundsystem - Kulturlandschaft - Landnutzung Biotopverbund auf verschiedenen Ebenen 1. Ebene: International/National 2. Ebene: Regional Durchgehende Verbindung Trittsteinbiotope Kritische Distanzen Beliebige Distanzen 01.07.02 3. Ebene: Lokal Marc Helmer, Institut für Agrarpolitik und Marktforschung Quelle: verändert nach Jedicke, 1994 Biotopverbundsystem - Kulturlandschaft - Landnutzung Biotopverbund und Kulturlandschaft Kulturlandschaften sind unterschiedlich ausgestattet mit Schutzgebieten (NSG, LSG, ...), die für ein Biotopverbundsystem geeignet sein könnten und in Abhängigkeit hiervon muss unterschiedlich viel „sonstige“ Fläche für das Biotopverbundsystem bereitgestellt werden. es muss unter Umständen mit verschiedenen Modelllandschaften und Beispielregionen gearbeitet werden 01.07.02 Marc Helmer, Institut für Agrarpolitik und Marktforschung 21 22 Biotopverbundsystem - Kulturlandschaft - Landnutzung Biotopverbund und Kulturlandschaft Was wird vornehmlich angebaut? Landnutzung Naturraum Was ist „landschaftstypisch“? Planungsebene „Landschaft“ Ansprüche von Zielarten Pflanzen- und Tierarten Quelle: verändert nach Bay. Staatministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, 1994 01.07.02 Marc Helmer, Institut für Agrarpolitik und Marktforschung Biotopverbundsystem - Kulturlandschaft - Landnutzung Biotopverbund und öffentliche vs. private Landnutzung Umsetzungsmöglichkeiten • Vertragsnaturschutz • Hoheitlicher Schutz Wichtige Faktoren • Standortbeschaffenheit (Gunststandort, Grenzstandort) • Budget (Landankauf, Ausgleichszahlungen) • Akzeptanz bzw. Kooperationsbereitschaft aller Beteiligten (Landwirte, Naturschutz, Politik, Bürger) 01.07.02 Marc Helmer, Institut für Agrarpolitik und Marktforschung 23 Biotopverbundsystem - Kulturlandschaft - Landnutzung 3. Ziele und Hypothesen Ziele • Bedingungen (z. B. Strukturelemente, Flächengröße etc.) für ein wirksames Biotopverbundsystem in der Kulturlandschaft ermitteln. • Parallel dazu Ermöglichung einer Landnutzung unterstützt durch Kompensationszahlungen für Einkommensausfälle oder leistungsbezogene Zahlungen. • Effizienter Einsatz der staatlichen Gelder. • Möglichst geringer Einfluss auf die Grundrente der Landwirte. • Erreichung eines möglichst hohen ökologischen Zielgrades. 01.07.02 Marc Helmer, Institut für Agrarpolitik und Marktforschung 24 Biotopverbundsystem - Kulturlandschaft - Landnutzung • Räumliche Darstellung der Auswirkung des Biotopverbundes auf die Landnutzung Quelle: Eigene Darstellung 01.07.02 Marc Helmer, Institut für Agrarpolitik und Marktforschung 25 26 Biotopverbundsystem - Kulturlandschaft - Landnutzung Hypothesen Hypothese I Artenzahl pro Flächeneinheit in Abhängigkeit von der Habitatheterogenität Artenzahl pro Flächeneinheit Inseltheorie Mosaikkonzept Mosaiksteingröße Quelle: Jedicke, 1994 01.07.02 Marc Helmer, Institut für Agrarpolitik und Marktforschung Biotopverbundsystem - Kulturlandschaft - Landnutzung Hypothese II Unterschiedliche Möglichkeiten eines Verbundes Ausgangssituation (A) Rein ökologische Ausrichtung (BI) 01.07.02 Ökologische & Ökonomische Ausrichtung (CI) Marc Helmer, Institut für Agrarpolitik und Marktforschung 27 Ökologischer Nutzen Biotopverbundsystem - Kulturlandschaft - Landnutzung Kosten NLG Ausgangssituation (A) Ökologische Ausrichtung (B) Ökologische und Ökonomische Ausrichtung (C) Quelle: Wossink et al., 1998 01.07.02 Marc Helmer, Institut für Agrarpolitik und Marktforschung 28 Biotopverbundsystem - Kulturlandschaft - Landnutzung Hypothese III Die Lage der Lebensräume (Biotope) zueinander ist für die Funktionsfähigkeit eines Biotopverbundsystems entscheidend. Quelle: Bay. Staatministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, 1994 01.07.02 Marc Helmer, Institut für Agrarpolitik und Marktforschung 29 30 Biotopverbundsystem - Kulturlandschaft - Landnutzung Hypothese IV Je kleiner die Elemente des Biotopverbundsystems sind, desto notwendiger werden Pufferzonen, damit das Biotopverbundsystem erfolgreich ist. Verhältnis Kernzone zu Randzone in Abhängigkeit der Flächengröße Biotopverbundelemente unterschiedlicher Größe A (4:1) B (3:4) Pufferzone Element d. BVS Umland Quelle: verändert nach Bay. Staatministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, 1994 01.07.02 Umland Kernzone Kernzone Randzone Wirkung von Pufferzonen Randzone Quelle: Eigene Darstellung Marc Helmer, Institut für Agrarpolitik und Marktforschung Biotopverbundsystem - Kulturlandschaft - Landnutzung Quelle: Myra 01.07.02 Marc Helmer, Institut für Agrarpolitik und Marktforschung 31 Biotopverbundsystem - Kulturlandschaft - Landnutzung Hypothese V Die Barrierewirkung von landwirtschaftlichen Nutzflächen ist umso größer, je höher die Bewirtschaftungsintensität. Quelle: Wegener, 1998 01.07.02 Marc Helmer, Institut für Agrarpolitik und Marktforschung 32 Biotopverbundsystem - Kulturlandschaft - Landnutzung 4. Methoden • Entwicklung eines Verfahrens, um verschiedene Biotoptypen zu Biotoptypenklassen zusammenzufassen, um ein Biotopverbundsystem einfacher darstellen zu können. • An einer Modelllandschaft sollen die Auswirkungen der unterschiedlichen Biotopverbundsystemansätze auf die Landnutzung untersucht werden. • An einer oder mehreren Beispielregionen, die bereits ein Biotopverbundsystem (u. U. auch erst ansatzweise) in möglichst unterschiedlicher Ausprägung besitzen, soll geprüft werden, wie sich das vorhandene Biotopverbundsystem auf die Landnutzung auswirkt. • Übertragung der in der Modelllandschaft entwickelten Ansätze auf die Beispielregion und Vergleich mit den dort bereits vorhandenen Ansätze (Mithilfe von GIS). 01.07.02 Marc Helmer, Institut für Agrarpolitik und Marktforschung 33 Biotopverbundsystem - Kulturlandschaft - Landnutzung 5. Zusammenfassung und Perspektiven • Es soll ein Weg gefunden werden, ein effizientes Biotopverbundsystem zu planen und dabei die Einflüsse auf die Grundrente zu ermitteln und zu minimieren. • Die Darstellung soll räumlich explizit mit Hilfe eines Geografischen Informationssystem geschehen. • Die Ergebnisse sollen auf andere Regionen übertragen werden können. 01.07.02 Marc Helmer, Institut für Agrarpolitik und Marktforschung 34 Biotopverbundsystem - Kulturlandschaft - Landnutzung • Verschiedene Biotopverbundsystemansätze in die Modelllandschaft übertragen. • Ermittlung geeigneter Beispielregionen (u. U. Lich oder Grafschaft Bentheim) • Einarbeitung in GIS und Auswahl des richtigen GIS-Programms • Einarbeitung in Lineare Programmierung, GAMS u. ä. 01.07.02 Marc Helmer, Institut für Agrarpolitik und Marktforschung 35