DIELEKTRIKA - Fakult at f ur Physik

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Kapitel 6
DIELEKTRIKA
6.1
Dielektrika im elektrischen Feld
Ein Leiter ist dadurch ausgezeichnet, dass sich in ihm Ladungen frei bewegen, deshalb herrscht im Inneren eines Leiter kein Feld (jedenfalls solange kein
Strom fließt). Dielektrika hingegen sind Isolatoren, Ladungsträger sind nicht
frei verschiebbar. Möglich ist aber eine Polarisation mikroskopischer Einheiten
des Materials. Mit Polarisation bezeichnet man die Verschiebung der Ladungsschwerpunkte in einem Atom oder Molekül, typischerweise um einen Bruchteil
der atomaren Abmessungen.
Im Folgenden besprechen wir eine Beobachtung von Faraday: Die an einem
Kondensator anliegende Spannung sinkt, wenn ein Isolator in den Kondensator
eingebracht wird. Diese Beobachtung macht man auch, wenn ein Leiter eingebracht wird (ohne dass die Kondensatorplatten dabei kurzgeschlossen werden).
Für die Kapazität eines Plattenkondensators (Abstand d, Plattenfläche A) gilt
C = ✏0
A
d
(6.1)
Die Ladung an jeder Kondensatorplatte ist
Q=CU.
(6.2)
Wenn sich die Ladung auf den Platten beim Einbringen des Isolators nicht
verändert hat,1 dann muss die Kapazität steigen, wenn die Spannung sinkt. Da
die Spannung sinkt, muss das Wegintegral des elektrischen Feldes
U=
Z
~ · d~s
E
(6.3)
zwischen den Platten kleiner geworden sein.
1 Wir gehen davon aus, dass keine Ladungsträger von den Kondensatorplatten auf den
eingebrachten Gegenstand springen.
49
50
KAPITEL 6. DIELEKTRIKA
Im Vakuum gilt für den Kondensator
---------------------
Q
1 Q
U=
=
d.
C
✏0 A
(6.4)
Jetzt bringen wir eine metallische Platte
der Dicke b in das Kondensatorvolumen ein.
Da die Leiteroberfläche eine Äquipotentialfläche ist gilt
U=
1 Q
(d
✏0 A
b) .
U
+
+++++++++++++++++++++
(6.5)
---------------------
Die Kapazität dieser Anordnung ist größer,
+++++++++++++++++++++
d
1
A
C = ✏0
.
d 1 b/d
-
d
-
b
U
+
---------------------
(6.6)
+++++++++++++++++++++
b/d ist der Bruchteil des Kondensatorvolumens, der durch den Leiter ausgefüllt wird.
Füllt ein Isolator das Kondensatorvolumen
gänzlich aus gilt
+ + + + + + + + + +
+ + + + + + + + + +
(6.7)
---------+ + + + + + + + + +
---------+ + + + + + + + + +
----------
Dielektrikum
---------Elektroden
A
C = ✏ ✏0 .
d
---------------------
-
U
+
+ + + + + + + + + +
----------
✏ ist eine charakteristische Größe des Isolators.
Im allgemeinen gilt ✏ > 1 .
+++++++++++++++++++++
Wie wird die Kapazität erhöht?
Modellvorstellung dazu : Der Isolator
besteht aus kleinen, polarisierbaren Kugeln. Damit entstehen unkompensierte
Polarisationsladungen an der Oberfläche des Dielektrikums und ein Feld das
dem äußeren Feld entgegengesetzt ist.
Die Polarisationsladungen kompensieren einen
Teil der Ladung auf den Kondensatorplatten
und die feste Spannungsquelle U kann mehr
Ladungen auf den Elektroden unterbringen.
Der Fluß des Feldes ist proportional zur einge~ ·E
~ = ⇢/✏0 ). Dazu beschlossenen Ladung (r
trachten wir die Oberfläche S:
Ohne feste Spannungsquelle U , kommt es zu
~ wenn wir das Dielekeiner Reduktion von E
trikum einbringen, denn die Nettoladung im
Inneren von S ist in Anwesenheit des Isolators kleiner als im Vakuumfall. Da wir die
Ladungen auf der Elektrode nicht verändert
haben, müssen entgegengesetzte Ladungen an
der Oberfläche des Dielektrikums vorliegen.
!
"# $ %$
) * + , - .
!
"#$ %
!
& ' (
!
"#$ %
!
/0 ' (* 1' #
"# $ %$
) * + , - .
6.2. DIELEKTRISCHE POLARISATION
6.2
51
Dielektrische Polarisation
Damit bezeichnen wir die Trennung der Ladungen q in den Atomen (Molekülen) eines Isolators
um eine Distanz z. Liegen N Atome pro Volumseinheit vor, dann ist das Dipolmoment pro Volumseinheit
P~ = N q ~z = N p~
[
"
!
C
].
m2
" #$ #! #%#&
!
Wir beachten, dass der Dipolvektor in Richtung
der positiven Ladung zeigt, siehe (5.3). Im Inneren des Isolators schirmen sich die Ladungen der
Dipole gegenseitig ab.
Damit verbleibt eine Flächenladungsdichte
auf jeder Endfläche
pol
!
" #$ #! #%#&
pol
Qpol
N qzA
=
= N q z = N · |~
p| = |P~ |
A
A
=
[
C
].
m2
(6.8)
wobei P~ die vom äußeren Feld induzierte Polarisation angibt. Diese Polarisationsladung ist unabhängig vom Volumen des Dielektrikums. Die Richtung des
Polarisationsvektors ist durch p~ festgelegt, der Betrag |P~ | ist gleich der Ladungsdichte an der Oberfläche pol . Bei kleinen Feldstärken reicht der lineare Ansatz,
~ ist und die induzierte Polarisation in
dass die Auslenkung ~z proportional zu E
2
~
die Richtung von E zeigt:
C
].
m2
Die dielektrische Suszeptibilität
P~ =
~d
✏0 E
=N↵
1
✏0
[
(6.9)
(allgemeiner ist
ein Tensor) ist
[dimensionslos] ,
(6.10)
~
wobei ↵ die Polarisierbarkeit eines Atoms (Moleküls) angibt, p~ = ↵ E.
In einem Leiter in einem homogenen Feld verschiebt sich die Ladung, bis das
Gegenfeld das äußere Feld vollständig kompensiert ist (Influenz). Für einen Isolator kompensieren die Oberflächenladungen nur teilweise das äußere Feld (die
Ladungen sind nicht beliebig verschiebbar). Im Inneren des Isolators hingegen
kompensieren sich in einem homogenen Feld die Polarisationsladungen.
Im Dielektrikum verringert sich
Im leeren Kondensator
die Feldstärke
gilt für die Feldstärke
Ev =
frei
✏0
Ed =
Damit haben wir für das Feld im Dielektrikum
~
~d = E
~v P = E
~v
~d .
E
E
✏0
frei
+
✏0
pol
=
frei
✏0
|P |
(6.11)
2 Abweichungen zu diesem linearen Ansatz werden in starken Laserfeldern leicht beobachtet
und sind Gegenstand der sogenannten Nichtlinearen Optik.
52
KAPITEL 6. DIELEKTRIKA
Für die Feldstärke im Vakuum erhalten wir
~ v = (1 + ) E
~d = ✏ E
~d .
E
(6.12)
wobei ✏ = 1 + , die materialspezifische Dielektrizitätskonstante ist.
Die Größe ✏ ist dimensionslos und wird auch als relative Permittivität bezeichnet. Manchmal wird diese Zahl als ✏r geschrieben, mit Namen relative
Dielektrizitätskonstante.3
Beim Einbringen eines Isolators in einen Kondensator verringert sich (bei konstanter Ladung auf den Kondensatorplatten) die Potentialdi↵erenz am Kondensator um den Faktor ✏ und es gilt
Cmit
Eohne
=
= ✏.
Cohne
Emit
(6.13)
Typische Größen für ✏ sind in der Tabelle angegeben. Die Kapazität eines Kondensators lässt sich
durch Einbringen eines geeigneten Dielektrikums
in den Kondensatorspalt gewaltig steigern.
Luft
H2 O
SrTiO3
✏⇡1
✏ ⇡ 80
✏ ⇡ 12000
Liegt die Grenzfläche zwischen Dielektrikum und Vakuum senkrecht zum
äußeren Feld, dann macht die elektrische Feldstärke einen Sprung von Ev zu
Ed = Ev /✏. Dieser Sprung entspricht gerade der an der Grenzfläche vorliegenden Flächenladungsdichte
Ev
Ed = Ev
Ev
pol
=
.
✏
✏0
In einem homogenen Feld kompensieren sich die positiven und negativen Polarisationsladungen im Inneren des Isolators. Nur an der Oberfläche des Isolators
treten unkompensierte Polarisationsladungen auf.
6.3
Felder an Grenzflächen
Eine Grenzfläche trennt Vakuum (✏ = 1) von
einem Dielektrikum (✏ > 1). Wir werten das Linienintegral entlang des Weges ABCDA aus,
wobei wir die Wege BC und DA gegen Null
gehen lassen,
I
H
~ · d~s =
E
Z
B
A
E||v dsAB +
Z
D
C
E||d dsCD .
% !&
! !" !#
.
% !*
/
0
& 1
~ · d~s = 0 da im statischen Fall r
~ ⇥E
~ = 0 ist. Weil d~sAB =
E
E||v = E||d .
- '( )
& 1
-
! !$ !#
'( )
2 + ,
+ ,
d~sCD gilt
(6.14)
Da im Dielektrikum das elektrische Feld um den Betrag ✏ geschwächt ist, gilt
v
d
E?
= ✏ E?
.
3 In
(6.15)
diesem Fall wird ✏ als Abkürzung für das Produkt ✏r ✏0 = ✏ verwendet. Dann hat ✏ die
Dimension von [✏0 ] = [As/Vm].
6.4. ELEKTRISCHE VERSCHIEBUNG
53
Brechungsgesetz:
Ein elektrisches Feld tri↵t unter dem Winkel ↵ auf die Grenzfläche vom Vakuum
kommend auf das Dielektrikum. Im Dielektrikum beträgt der Winkel mit der
Grenzflächennormalen . Aus den Beziehungen
tan↵
=
tan
=
v
E||v /E?
d
E||d /E?
ergibt sich mit den Gleichungen 6.14 und 6.15
als Gesetzmäßigkeit zwischen Einfallswinkel
und Ausfallswinkel
tan = ✏ tan↵ .
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
6.4
-
-
+
-
+
-
-
+
+
-
+
-
+
+
!.
,
! !" !#
(6.16)
-
-
&' (
% &' (
"
,
!-*
+
,
#
$ ,
! !$ !#
,
!
! . &' (
!-*+
) * +
- * +
Das Bild zeigt Feld- (rot) und Äquipotentiallinien (schwarz) um und an einem leitenden Zylinder, der in ein homogenes
äusseres Feld gebracht wird. Im leitenden
Zylinder verschieben sich die freien Ladungen solange bis das Feld im Inneren
verschwindet. Die Feldlinien münden senkrecht auf die Leiteroberfläche.
Im Vergleich dazu ein Dielektrikum. Hier
entstehen an der Oberfläche Polarisationsladungen. Das E-Feld im Inneren wird geschwächt, aber wegen der begrenzten Polarisierbarkeit des Materials (hier ✏ = 1.6)
wird es nicht Null. Die Feldlinien müssen
nicht senkrecht zur Oberfläche liegen.4
Elektrische Verschiebung
Im allgemeinen Fall sind das äußere Feld und damit die Polarisation im Dielektrikum nicht räumlich homogen. Für ein inhomogenes Feld ändert sich die
Polarisation P~ im Inneren des Dielektrikums. In diesem Fall verbleibt in einem
Volumen V (über das sich die Polarisation ändert) eine Überschussladung
Qpol . Diese Überschussladung beschreiben wir durch eine räumliche Dichte
von Polarisationsladungen ⇢pol .
~ sei ein Oberflächenelement innerhalb des
! "
dS
Dielektrikums. Wieviel Polarisationsladung
#
~ (wie viel Polarisationsladung
tritt durch dS
~ verschoben)? Diese Ladung ist
wird durch dS
~
gleich der Normalkomponente, P~ · dS.
H
~
Aus einem geschlossenen Volumen V entkommt so die Ladungsmenge P~ · dS.
4 Berechnung mit dem Formalismus, den M. Zahn in seinem Buch angibt, Electromagnetic
Field Theory: A Problem Solving Approach, MIT OpenCourseWare, Seite 273-297.
54
KAPITEL 6. DIELEKTRIKA
Die aus diesem Volumen verschobene Ladungsmenge bewirkt im Volumen einen
Ladungsüberschuss entgegengesetzten Vorzeichens:
Z
I
~
Qpol =
⇢pol · dV =
P~ · dS
(6.17)
V
Neben diesen Polarisationsladungen gibt es aber grundsätzlich auch die Möglichkeit, dass im Dielektrikum freie Ladungen existieren. Diese Ladungsdichte charakterisieren wir mit ⇢frei . Insgesamt gibt es also die Ladungsdichte
⇢ = ⇢frei + ⇢pol
(6.18)
Für diese Dichte aller Ladungen beschreibt die 1. Maxwell Gleichung die elektrische Feldstärke im Dielektrikum als
~ ·E
~ d = ⇢ = 1 (⇢frei + ⇢pol ) .
(6.19)
r
✏0
✏0
Mit dem Gauß’schen Satz beschreiben wir die Feldstärke als
I
Z
Z
1
1
~
~
Ed · d S =
⇢frei dV +
⇢pol dV
✏0 V
✏0 V
Z
I
1
1
~
=
⇢frei dV
P~ · dS
✏0 V
✏0
Wir multiplizieren mit ✏0 und bringen den Polarisationsterm auf die linke Seite
I ⇣
Z
⌘
~
~
~
✏ 0 Ed + P · d S =
⇢frei dV
(6.20)
V
~
Mit der Definition einer neuen Größe, der elektrischen Verschiebung D
~ = ✏0 E
~ d + P~ = (1 + ) ✏0 E
~d
D
~d
= ✏ ✏0 E
(6.21)
erhalten wir einen Zusammenhang zwischen der Verschiebung und der freien
Ladungsträgerdichte als
I
Z
~ · dS
~=
D
⇢frei dV
(6.22)
V
bzw. die 1. Maxwell Gleichung in allgemeiner Form5
~ ·D
~ = ⇢frei
r
(6.23)
Zuzüglich gilt in der Elektrostatik für jede geschlossene Kurve C die Wirbelfreiheit der elektrischen Feldstärke (sowohl im Dielektrikum als auch im Vakuum)
~ ⇥E
~ =0
r
(6.24)
~ und D
~ nicht parallel, da
In Materie sind im Allgemeinen die Richtungen von E
~ ist gleich der
die Suszeptibilität Tensorcharakter hat. Die Dimension von D
einer Ladungsdichte
D = ✏✏0 E
[
As V
As
C
] = [ 2] = [ 2].
Vm m
m
m
5 Die elektrische Verschiebung D wird in manchen Lehrbüchern als elektrische Flussdichte, elektrische Erregung oder Verschiebungsdichte bezeichnet, im Englischen electric displacement field.
6.5. DIMENSIONSBETRACHUNGEN
6.5
55
Dimensionsbetrachungen
Das Dipolmoment pro Volumseinheit (die sogenannte Polarisation)
Cm
C
] = [ 2]
m3
m
ist dem Betrag nach gleich der Flächenladungsdichte
P~ = N q ~z = N p~
[
pol
Qpol
C
= N q z = N · |~
p|
[ 2]
A
m
und hat auch die gleiche Dimension wie die mit der allgemeinen Dielektrizittskonstante multiplizierten elektrischen Feldstärke
pol
=
~
✏0 E
[
As V
C
] = [ 2]
Vm m
m
wobei ✏0 die Dielektrizitätskonstante des Vakuums ist (auch Permittivität
des Vakuums genannt).
Das in einem einzelnen Atom (oder Molekül) durch ein äußeres elektrisches
Feld induzierte Dipolmoment p~ beschreibt man mit dem Ansatz
~
p~ = ↵E
[C m]
wobei ↵ die Polarisierbarkeit ist mit der Dimension
Cm2
]
V
Als Polarisierbarkeit bezeichnet man häufig auch die Größe
[↵] = [
[
↵
Vm Cm2
] = [
] = [m3 ]
✏0
As V
mit der Einheit eines Volumens. Typisch liegen Polarisierbarkeiten von Atomen
im Bereich von einigen Kubik-Angström, Å3 , (1 Å3 = 10 24 cm3 = 10 30 m3 ).
Als Einheit für das atomare Dipolment hat man früher (im CGS Masssystem)
die Einheit Debye geführt. Die Umrechnung ist
1 [Debye] = 3.33 ⇥ 10
30
[C m] .
Dies entspricht einem Dipol, gebildet aus zwei entgegengesetzten Elementarladungen ( q = 1.6 ⇥ 10 19 C ) im Abstand von 20 pm.
Multipliziert man die Polarisierbarkeit mit der Atomdichte erhält man die
dimensionslose Zahl , die Suszeptibilität genannt wird,
↵
=N
.
✏0
Die materialspezifische Dielektrizitätskonstante, ✏, auch unter dem Namen
relative Permittivität bekannt, ist
✏=1+
.
Die elektrische Verschiebung hat die Dimension von
~ oder ✏0 E,
~
pol , P
C
],
m2
~ =E
~ v bedeutet und für ✏ 6= 1 (Materie) E
~ =E
~ d.
wobei für ✏ = 1 (Vakuum) E
~ = ✏ ✏0 E
~
D
[
56
6.6
KAPITEL 6. DIELEKTRIKA
Elektrostatik in Natur und Technik
Kraftwirkung auf Papierschnitzel in der Nähe eines geladenen Stabes
Das Papierschnitzel ist vorher neutral und trägt keine Nettoladung. Eine Kraftwirkung ist nur beobachtbar, wenn das elektrische Feld inhomogen ist. Die induzierten Polarisationsladungen am Papier sind proportional zur lokalen Feldstärke.
Die lokale Kraftwirkung auf die Polarisationsladun!
gen ist proportional zu diesem Feld. Wenn sich das
Feld über die Größe des Objektes ändert, dann
folgt aus den unterschiedlichen Polarisationsladungen, dass eine Nettokraft in Richtung des geladenenen Stabes resultiert. Die elektrostatische Kraft ist
proportional zum Gradienten des elektrische Feldes.
Reibungselektrizität
Elektronen gehen bei Berührung von einem Matrial auf das andere über. Die
Richtung hängt von der relativen Elektronenaffinität ab. (Extremer Wert der
Elektronenaffinität: F 3.8 eV, extreme Werte der Austrittsarbeit: Cs 2.0 eV,
Pt 5.6 eV). Auch stark von Oberflächenbescha↵enheit und Reinheit abhängig.
Das positive Ende der triboelektrischen Reihe gibt an dass das Material bevorzugt Elektronen abgibt. Positives Ende der Reihe : Glas, Nylon, Wolle, Blei,
Alu, Papier, Gummi, Kupfer, Polyethylen, Teflon : negatives Ende der Reihe.
Zur Vermeidung elektrostatischer Aufladung verwendet man antistatische Verpackungen (schwach leitfähige Materialien).
Elektrischer Durchbruch (Breakdown)
Eine Oberfläche mit einem spitzen Ende führt
nach Aufladung bevorzugt zur Funkenentladung.
Näherung: Eine große Kugel (Radius R) und eine
kleine(Radius r) werden mit einem Draht verbunden. Damit liegen beide Kugeln auf gleichem Potential, tragen aber unterschiedlich große Ladungen (Q
und q). Die Potentiale sind
r
= fc
q
r
und
R
= fc
! " #$" %
Q
R
Wegen r = R ist Q/q = R/r. Das Feld ist in der Umgebung der Kugeloberfläche ist proportional zur lokalen Oberflächenladungsdichte
E/
✏0
.
Damit sind die Felder invers proportional zu den Radien der Kugeln
Er
R
q/4⇡r2
/
=
ER
Q/4⇡R2
r
Überschreitet die Feldstärke einen kritischen Wert, dann werden lokal in der
Luft vorhandene Ladungsträger beschleunigt und bilden über Stoßionisation
N2 + e ! N2+ + 2e
6.6. ELEKTROSTATIK IN NATUR UND TECHNIK
57
Elektronenlawinen. Die Leuchterscheinung erfolgt, da neben der Ionisation auch
elektronische Anregung stattfindet, die in Folge zur Photonenemission führt
N2 + e
!
N2⇤ + e
,! N2 + h⌫
Feldemissionsmikroskop
6 2$ * 4 ( - 7 ( . - &
Eine negativ geladene metallische Spitze mit
- + , 84 %
100 nm Radius erzeugt bei 1 kV ein lokales
Feld von 108 V/cm. Elektronen werden aus
der Spitze heraus gesaugt (Tunnele↵ekt) und
bilden das Emissionsvermögen der Spitze am
3 45 (
Phosphorschirm ab. Die Abbildung der kleinen Spitze (Radius r) auf den großen Phos1 2" phorschirm (Radius R = 5 cm) führt zu einer Vergrösserung um den Faktor G = R/r =
! " # $ $ % &
' $ % ' (
5 ⇥ 105 . Damit entspricht einem Abstand von
1 mm am Bildschirm eine Größe von 2 nm auf
0& ) * + , - ' " . . $ . /
der Spitze.
Wegen Beugung und der breiten Verteilung der Startgeschwindigkeit der Elektronen wird aber keine atomare Aufösung erreicht. Dies erreicht man nach Umpolen und einer Füllung mit Helium:
Ein He Atom kommt zufällig in die Nähe der Spitze, die Spitze zieht dem
He Atom ein Elektron heraus. He+ fliegt auf den Phosphorschirm. Beugungseffekte und Verschmierung durch die Anfangsverteilung sind beim vergleichsweise
schweren He-Atom kleiner als bei Elektronen. Man erreicht atomare Auflösung.
Das Bild am Phosphorschirm zeigt die räumliche Verteilung der Wahrscheinlichkeit, mit der dem Heliumatom in der Umgebung der Spitze ein Elektron
entrissen wird. Aufgedampfte Ba-Atomen sind einzeln sichtbar, ebenso deren
thermische Bewegung.
Rastertunnelmikroskop
Wie im Feldemissionsmikroskop spielt auch hier der quantenmechanische Tunnele↵ekt die wesentliche Rolle.
Bei genügender Annäherung zwischen einer
Metallspitze und einer leitenden Oberfläche
kommt im Falle einer Potentialdi↵erenz zwischen beiden ein Stromfluss zustande, ohne
dass sich die Leiter berühren. Der Strom steigt
bei Annäherung exponentiell an und ist ein
Maß für den Abstand von der Oberfläche. Rastern der Tunnelspitze parallel zur Oberfläche
führt je nach Oberflächenbescha↵eneheit zu
einer Änderung des Tunnelstroms. Fährt man
piezomechanisch den Abstand nach um konstanten Strom zu einzustellen, erhält man aus
dem Piezosignal ein Abbild der Oberfläche.
Damit ist atomare Ortsauflösung erreichbar.
58
KAPITEL 6. DIELEKTRIKA
Flüssig-Metallionenquelle
Ein kleiner flüssiger Metalltropfen wird einem Feld der Grössenorndung von
103 V /cm ausgesetzt. Das Gleichgewicht zwischen Oberflächenspannung und
elektrostatischer Anziehung führt zur Bildung eines Konus auf der Tropfenoberfläche mit einem Krümmungsradius im Bereich von 100 Å.
Auf Grund der hohen lokalen Feldstärke
kommt es zur Feldemission von Ionen. Tech/ ) 0
nische Anwendung zur Feinsteuerung von Satelliten (gezielter elektrisch kontrollierbarer
Schub). Anwendung in der Ionenlithographie,
da dieser Ionenstrahl auf Grund der sehr klei!"# $ $ %
nen Fläche der Quelle sehr scharf fokussiert
& ' () ""
, - .
werden kann (Satz von Liouville: Das Volumen eines beliebigen Gebietes im Phasenraum
* ) + ' "
bleibt in der zeitlichen Entwicklung konstant)
Elektrisches Feld der Erde
An der Erdoberfläche ist das Feld typischerweise im Bereich von 100 V /m,
dabei ist die Erdoberfläche negativ geladen. Warum spüren wir das nicht?
Körperleitfähigkeit. Die Erde trägt eine mittlere Ladung von Q = 6 · 105 C.
Das Feld nimmt mit der Höhe ab, bei 50 km ist das Potential etwa 400000 V
relativ zur Erdoberfläche.
% & ' ' ()
% & ' ' ()
' ()
% * '
% * ' ' ()
! (, (+ ' ' () -.
' ()
% + '
% + ' ' ()
'
! "# $
! "# $
Zur Abnahme kommt es wegen eine Ladungsträgerüberschußes von positiven
Ladungsträgern in der unteren Atmosphäre. Die positiven Ionen werden auf die
Erde beschleunigt. Gewitter bewirken, daß sich die Erde nicht entläd, etwa 100
Blitze pro Sekunde bringen negative Ladungen auf die Erde.
Leitfähigkeit der Luft: In Erdnähe liegen typisch 10 Ionenpaare pro cm3
vor. In ⇡70 km Höhe (Ionosphäre) ist die Atmosphäre stark ionisiert durch die
Sonnen- und Höhenstrahlung (etwa 105 Ionenpaare pro cm3 ).
Erdradius: R = 6 · 105 m
Erdfeld: E = 130 V /m
Erdkapazität: C = 4⇡✏0 R = 700 µF
damit lässt sich die Erdladung bestimmen: E = fc Q/R2 ! Q = 6 · 105 C
Erdpotential: = Q/C = 7 · 108 V
6.6. ELEKTROSTATIK IN NATUR UND TECHNIK
59
Mechanismus der Ladungstrennung beim Gewitter: Wassertropfen fällt im
Feld von 100 V /m in Richtung Erde. Die Erde ist negativ geladen, die Unterseite des Tropfens ist positiv. Dieses Ende des Tropfens sammelt während des
Herunterfallens negative Ionen aus der Atmosphäre ein.
Elektrostatische Staubfilter
Negativ geladener Draht, Gasentladung, e wandern nach außen und bilden
durch Anlagerung (Attachment) negative Ionen. Diese polarisieren Staubteilchen und ziehen sie an. Die Staubteilchen lagern sich an den negativen Ionen
an und werden zur Wand abgeführt.
Xerokopie
Von einem lichtelektrischen Halbeiter (im Dunkeln ist es ein Nichtleiter) wird
eine etwa 5 µm dicke Schicht permanent auf eine Walze aufgebracht. Eine positive Koronaentladung 5 kV erzeugt positive Ionen. Die Ionen laden Schicht
auf etwa +1 kV auf. Durch Influenz baut sich im Metall der Walze eine gleich
große Gegenladung auf. Nach lokaler Belichtung entstehen Ladungsträgerpaare
im Halbleiter, die abgelenkt werden und die Oberflächenladung neutralisieren.
Das Ladungsbild wird mit negativ geladenem Toner-Staub belegt und positiv
geladenes Papier zieht die Toner-Teilchen an.
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7 # . / + 0 2@ # # "
<. =
<9 =
Durchflusszytometrie, Zellen-Sortierer (cell sorter)
Eine Düse die einzelne Tropfen erzeugt, kann mit einer verdünnten Lösung von
Zellen oder Chromosomen beschickt werden, so dass im Durchschnitt maximal eine Zelle pro Tropfen auftritt. Die Tropfen fallen dann durch einen Laserstrahl. Sind bestimmte Zelleninhalte mit Farbsto↵molekülen (biomarker) markiert, dann kann ein Photomultiplier und Filter aus der Farbe des Fluoreszenzlichtes erkennen um welche Zelle es sich handelt. Dann kann ein mit dieser
Erkenntnis geschaltetes elektrisches Feld den Weg des fallenden Tropfens so
verändern, dass dieser in eine vorgeschriebene Küvette fällt. So lassen sich Zellen oder andere biologische Substanzen automatisch sortieren. Zur einfacheren
Ablenkung der Tropfen werden diese bei Austritt aus der Düse elektrisch aufgeladen.
60
KAPITEL 6. DIELEKTRIKA
Piezoelektrozität
Werden Piezoelektrika elastisch verformt dann bilden sich mikroskopische Dipole in den Elementarzellen des Materials. Diese Polarisation führt zu einer Potentialdi↵erenz zwischen den Körperoberflächen (direkter Piezoe↵ekt). Umgekehrt verformen sich piezoelektrische Materialien bei Anlegen einer elektrischen
Spannung (Elektrostriktion).
Die Kristallsymmetrie ein wesentliches Kriterium für das Auftreten der Piezoelektrizität. Die Elementarzelle darf kein Symmetriezentrum6 aufweisen. Die bekanntesten Materialen die Piezoe↵ekt zeigen sind Quartz (SiO2 ), Bariumtitanat
und Blei-Zirkonat-Titanat (PZT7 ). Viele biologische Materialien (darunter auch
DNS) zeigen Piezo-Aktivität.
Coulomb-Felder zwischen Elementarladungen in Festkörpern liegen im Bereich von 108 109 V/cm. In dieser Größendordnung liegt der inverse Wert des
piezoelektrischen Koeffizienten k, der eine Beziehung zwischen Verformung d
und Piezospannung U = E d herstellt. Dabei ist d ist die Dicke des Piezos,
d/d = k E
!
d = kU .
(6.25)
Für PCT ist k ⇡ 5 ⇥ 10 10 [C/N] = [m/V]. Eine Spannung von 1 Volt führt zu
einer Verformung d ⇡ ±5 Å. Das Vorzeichen der Spannung bestimmt ob sich
der Piezo ausdehnt oder verkürzt.
Wichtige Anwendungen sind
• elektrische Schallgeber im Hör- und Ultraschallbereich, akusto-optische
Modulatoren, Mikrophone und Tonabnehmer für akustische Instrumente,
• Schwingquarze zur Frequenzstabilisierung (z.B. Quarzuhren haben einen
elektronischen Quarzoszillator, dessen Frequenz relativ stabil ist),
• Beschleunigungs- oder Druck-Sensoren,
• Hochspannungsgenerator in Piezofeuerzeugen, Aufschlagzünder in Wa↵en
• Aktoren wie elektrisch gesteuerte Einspritzdüsen, Tropfengenerator beim
Tintenstrahldrucker, Mikro und Nanopositionierung, Piezomotoren
• Angedacht sind auch energieerzeugende Böden in Diskotheken.
Materialien mit permanenter Polarisation (in Domänen gleicher Polarisationsrichtung) nennt man Ferroelektrika.
6 Ein
7P
Punkt an dem eine Punktspiegelung den Kristall in sich selbst überführt.
steht für das lateinische Wort für Blei: plumbum, chemisch Pb.
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