Einführung in die moderne Logik

Werbung
Sitzung 1 – 1
Sitzung 1
Einführung in die
moderne Logik
1.1 Beginn: Was heißt „Einführung in die moderne Logik“?
• Titel der Veranstaltung:
„Einführung in die moderne
(3)
Einführungskurs Mainz
Wintersemester 2011/12
(2)
Logik“
(1)
• Fragen:
(1) Was heißt „Logik“?
Ralf Busse
(2) Was heißt „moderne Logik“?
(3) Was heißt „Einführung“?
2
Sitzung 1 – 2
Sitzung 1 – 3
Zu (1): Was heißt „Logik“?
• Wichtig: Genau zu klären, was logische Tatsachen sind
und wie man sie erforschen kann, ist letztlich nicht
Aufgabe der Logik, sondern der Philosophie der Logik.
• Eine Frage: Was ist überhaupt Logik?
Vgl. „Was ist Physik“?
2
Vgl.: „Was sind überhaupt Naturgesetze?“ und „Wie
erforscht man Naturgesetze“ sind Fragen der
Wissenschaftsphilosophie, nicht der Physik.
Antwort: Die Physik ist diejenige wissenschaftliche
Disziplin, welche die physikalischen Tatsachen erforscht
(insb.: welche Naturgesetze tatsächlich bestehen).
• Erste Annäherung:
• Entsprechend unbefriedigende vorläufige Antwort:
Logische Tatsachen sind Tatsachen dahingehend, dass
Schlüsse logisch gültig oder logisch ungültig sind.
Die Logik ist diejenige wissenschaftliche Disziplin,
welche die logischen Tatsachen erforscht
(Logische Gesetzmäßigkeit: „Aus Prämissen dieser Form
kann man logisch gültig auf eine Konklusion jener Form
schließen“.)
(in etwa: welche logischen Gesetzmäßigkeiten tatsächlich
bestehen).
3
4
Sitzung 1 – 4
Sitzung 1 – 5
Zu (2): Was heißt „moderne Logik“?
Bertrand Russell (1872-1970)
• Gemeint ist diejenige Logik, die insbesondere von zwei
Männern etwa um 1900 begründet worden ist:
Russell/Whitehead, Principia Mathematica 1910/12/13
Gottlob Frege
(1848-1925)
Begriffsschrift
1879
5
6
Sitzung 1 – 6
Sitzung 1 – 7
Zu (3): Was heißt „Einführung“?
• Prädikatenlogik enthält Aussagenlogik als Teil:
• Wir lernen nur einen Ausschnitt der modernen Logik:
(klassische)
Aussagenlogik
- (klassische) Aussagenlogik
Z.B. Sätze „Es regnet und es hagelt“, „Wenn es
regnet, dann schneit es nicht“
(klassische)
Prädikatenlogik erster Stufe
- (klassische) Prädikatenlogik erster Stufe (ohne Identität
und ohne Funktionsausdrücke):
• Nur Ausschnitt der modernen Logik, aber:
Es handelt sich um den vollen Kernbestand der
modernen Logik.
Z.B. Sätze „Arista fliegt“ (Prädikation), „Alle Katzen
fliegen oder schwimmen“, „Es gibt fliegende Katzen“
Es handelt sich um einen für philosophische Zwecke
bereits äußerst leistungsfähigen Ausschnitt.
7
8
Sitzung 1 – 8
Sitzung 1 – 9
• Vorgehen am Anfang:
• Text 1:
- Vorbegriff von Gültigkeit, dann zügiger Beginn mit
Aussagenlogik, erste logische Techniken
(Wahrheitstafeln).
- Anschließend zurück zur Grundsatzfrage „Was ist
logische Gültigkeit?“.
• Annäherung: Was heißt Gültigkeit/Ungültigkeit von
Schlüssen?
• Zunächst: Was ist überhaupt ein Schluss?
Vergleiche zwei Texte:
9
Für alle endlichen Dinge ist es unmöglich, immer zu
existieren: Etwas, dessen Nichtexistenz möglich ist,
existiert auch zu irgendeiner Zeit nicht. Wenn es aber auf
schlechthin alles zutreffen soll, dass seine Nichtexistenz
möglich ist, dann muss es eine Zeit gegeben haben, zu der
tatsächlich nichts existierte. Wenn das aber der Fall wäre,
dann würde auch heute nichts existieren; denn etwas, das
nicht existiert, beginnt nur zu existieren durch etwas, das
existiert. Da aber offenkundig heute etwas existiert, muss
es etwas geben, dessen Existenz notwendig ist, und das ist
Gott. (aus: W. Salmon, Logik (Reclam))
10
Sitzung 1 – 10
Sitzung 1 – 11
• Text 2:
• Unterschied: Nur Text 1 enthält eine Argumentation.
Jede Welle transportiert Energie und Impuls. Die
Energiestromdichte der Welle, d.h. die Energie, die sie in
der Zeiteinheit durch eine Einheitsfläche senkrecht zu
ihrer Ausbreitungsrichtung transportiert, heißt auch
Intensität. Bei einer elastischen Welle steckt diese
Energie teils in der kinetischen Energie der schwingenden
Teilchen, teils in der potentiellen Deformationsenergie
der komprimierten, dilatierten oder gescherten Bereiche.
(aus: Gertsen/Kneser/Vogel, Physik, 16. Aufl., S. 157)
• Charakteristisch: Eine bestimmte Aussage, hier „Es gibt
etwas, dessen Existenz notwendig ist, nämlich Gott“, soll
begründet werden.
• Zweifacher Anspruch beim Argumentieren:
(1) Die zur Begründung angeführten Aussagen sind
tatsächlich wahr sowie ihrerseits bereits begründet oder
unmittelbar einsichtig.
(2) Wenn man alle zur Begründung angeführten
Aussagen akzeptiert, dann ist es irrational, die
begründete Aussage nicht zu akzeptieren.
• Entscheidend: Für die Logik ist nur (2) relevant.
11
12
Sitzung 1 – 12
Sitzung 1 – 13
• „Schluss“: in Form gebrachte Argumentation, aber unter
Absehung von Anspruch (1).
• In der Logik interessiert uns ein besonders gut verstandener
Fall von Gültigkeit: logische Gültigkeit von Schlüssen.
• Definition:
• Grundgedanke:
Ein umgangssprachlicher Schluss in Standardform ist
eine Aufeinanderfolge von n deutschen Aussagen, den
Prämissen, und einer weiteren Aussage, der Konklusion,
vor der ein „Also:“ steht.
Ein solcher Schluss wird typischerweise mit dem Anspruch
vorgebracht, dass die Akzeptanz aller Prämissen die
Akzeptanz der Konklusion rational macht.
Ein Schluss ist logisch gültig genau dann, wenn es aus
logischen Gründen ausgeschlossen (unmöglich) ist, dass
alle Prämissen wahr sind und dennoch die Konklusion
falsch ist.
• Im Fall logischer Gültigkeit gilt: Die Kombination „alle
Prämissen wahr, aber Konklusion falsch“ logisch
ausgeschlossen ist. Und deshalb muss jemand, der die
Prämissen akzeptiert, rationalerweise auch die
Konklusion akzeptieren.
• Ein solcher Schluss ist gültig genau dann, wenn der
genannte Anspruch zu recht besteht.
13
14
Sitzung 1 – 14
Sitzung 1 – 15
• (I) Beispiel für einen logisch gültigen Schluss:
• Betrachte (II). Gehe über zu Schlussschema:
(P1)
Alle Frauen sind Menschen.
Schlussschema (S-II):
(P2)
Alle Menschen sind Lebewesen.
(P1)
Alle F sind G.
(K)
Also: Alle Frauen sind Lebewesen.
(P2)
Alle H sind G.
(K)
Also: Alle F sind H.
• (II) Beispiel für einen logisch ungültigen Schluss:
(P1)
Alle Draiser sind Rheinland-Pfälzer.
(P2)
Alle Mainzer sind Rheinland-Pfälzer.
(K)
Also: Alle Draiser sind Mainzer.
• Definition: Ein Schema ist Schlussschema eines
Schlusses genau dann, wenn man den Schluss aus dem
Schema erhält, indem man gleiche Schemabuchstaben
durch gleiche deutsche Ausdrücke ersetzt. Der Schluss ist
genau dann eine Instanz des Schlussschemas.
• In beiden Fällen sind alle drei Aussagen wahr!
Worin liegt dann der Unterschied?
• Hier: „F“ durch „ Philosophinnen“, „G“ durch Menschen, „H“
durch „Frauen“.
15
16
Sitzung 1 – 16
Sitzung 1 – 17
• Bei (II) fällt auf: Es gibt Instanzen von (S-II), deren
Prämissen allesamt wahr sind, während ihre Konklusion
falsch ist. Z.B:
• Die logische Struktur von (S-II) schließt demnach die
Kombination „alle Prämissen wahr, aber die Konklusion
falsch“ nicht aus.
Deshalb ist (S-II) logisch ungültig: Es ist nicht aus
logischen Gründen ausgeschlossen, dass seine
Prämissen wahr sind und die Konklusion falsch ist.
• Schluss (II*):
(P1)
Alle Männer sind Menschen.
(P2)
Alle Frauen sind Menschen.
(K)
Also: Alle Männer sind Frauen.
• Anders bei (I). Es gibt keine Instanz des entsprechenden
Schlussschemas mit wahren Prämissen und falscher
Konklusion. Schema (S-I):
• Was bedeutet das?
Das Schlussschema (S-II) enthält so etwas wie die logische
Struktur des Schlusses (II). Es gibt also einen Schluss mit
derselben logischen Struktur wie (S-II), dessen Prämissen
alle wahr sind und dessen Konklusion falsch ist.
(P1)
Alle F sind G.
(P2)
Alle G sind H.
(K)
Also: Alle F sind H.
17
18
Sitzung 1 – 18
Sitzung 1 – 19
• Dies legt Vorgehen zum Nachweis der Ungültigkeit eines
Schlusses nahe:
• Ganz wichtig:
Gegenbeispiel-Methode:
(i) Ermittle das Schlussschema des Schlusses, welches
am genauesten seine logische Struktur wiedergibt.
Logische Gültigkeit eines Schlusses hat mit der
tatsächlichen Wahrheit der Prämissen und der Konklusion
nichts zu tun. Sie betrifft allein den Zusammenhang
zwischen Prämissen und Konklusion.
• Beispiel für logisch gültigen Schluss aus falschen
Aussagen, Instanz von (S-I):
(ii) Gib einen Schluss an, der Instanz dieses
Schlussschemas ist und dessen Prämissen alle wahr
sind, während seine Konklusion falsch ist.
• Sogar Definition möglich:
Ein Schluss ist logisch gültig genau dann, wenn es ein
Schlussschema des Schlusses gibt, das keine Instanz mit
allesamt wahren Prämissen und falscher Konklusion hat.
(P1)
Alle Elefanten sind Primzahlen.
(P2)
Alle Primzahlen sind Himmelskörper.
(K)
Also: Alle Elefanten sind Himmelskörper.
• Entscheidend nur: Schlussschema lässt Kombination
„wahre Prämissen, falsche Konklusion“ nicht zu.
19
20
Sitzung 1 – 20
Sitzung 1 – 21
• Probleme mit Blick auf Logik als Wissenschaft:
(2) Semantisches (d.h. Bedeutung betreffendes) Problem:
(1) Syntaktisches (d.h. Zeichenaufbau betreffendes)
Problem:
Unter welchen Bedingungen gilt eine Aussage, die ein
bestimmtes Schema erfüllt, als wahr bzw. falsch?
Aufgrund der Komplexität, Mehrdeutigkeit und Vagheit der
natürlichen Sprache ist oft unklar, worin die logische
Struktur eines vorliegenden Schlusses besteht.
Z.B.: Unter welchen Bedingungen genau ist eine Aussage
des Schemas „A, es sei denn, dass B“ wahr bzw. falsch?
Z.B. einzelne Aussage:
„Wenn es regnet, wird man nass, es sei denn, man hat einen
Schirm.“
Entscheidend für Gegenbeispiel-Methode! Denn wir
suchen dabei nach Instanzen eines Schlussschemas mit
wahren Prämissen und falscher Konklusion.
Schema (a): (Wenn A, dann B), es sei denn dass C.
Schema (b): Wenn A, dann (B, es sei denn dass C).
21
Sitzung 1 – 22
Unsere Lösung:
Wir schaffen uns vereinfachte künstliche Sprachsysteme
AL (aussagenlogische Sprache) und PL
(prädikatenlogische Sprache).
Es soll gelten:
(i) Die logische Struktur von Aussagen und Schlüssen in
AL/PL ist syntaktisch eindeutig festgelegt.
(ii) Die Wahrheits- und Falschheitsbedingungen für
Aussagen von AL/PL sind explizit präzise festgelegt.
23
22
Herunterladen