Traumatisches Spiel

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Tübingen 27.09.2016: KomTra e.V.
„Traumatisierte Kinder und
Jugendliche“
Harald Requardt
©villa-lindenfels
Villa Lindenfels
Schwerpunkte:
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Hintergründe eines häufigen Nicht-Erkennens
Was ist ein Trauma?
Traumafolgen bei Erwachsenen
Traumafolgen bei Kindern
Warnhinweise bei Kindern
Therapeutische Behandlungsmöglichkeiten
Traumaberatung und -pädagogik
1. Folgen einer sich verändernden Welt
„Unser Gehirn ist, was wir tun.“ (Bruce Perry)
1. Fehlende soziale Interaktionen führen zu
fehlender Empathie(fähigkeit),
Affektregulationsstörungen und mangelnden
sozialen Fähigkeiten.
2. Flexibilisierung führt zum Auflösen sicherer
Bindungen.
3. Fehlende äußere Bindungen führen zu einem
fehlen innerer Bindungen.
4. Menschen werden entmenschlicht –
Gegenstände vermenschlicht.
Irrtümer über Trauma:
• Die Seele sei im Prinzip unendlich belastbar,
daher könnten Symptome lange Jahre nach
dem Geschehen nur durch andere Störungen
erklärt werden.
• Inzest komme nur einmal in 1,1 Mio Familien
vor – und sei für die Betroffenen
nicht schädlich
• Kinder würden frühe schmerzhafte
Erfahrungen vergessen, daher
könne man bei Operationen
mitunter auf Betäubung verzichten.
Lehre und Wirklichkeit:
• Rudolf Virchow:
• Tsokos & Guddat (2014):
(1821-1902)
• „Verletzungen bei Kindern
können nicht auf
elterliche
Gewaltanwendung
zurückzuführen sein.“
• 3600 krankenhausreif
geprügelte Kinder pro Jahr
• 160 getötete Kinder pro Jahr
(ohne Dunkelziffer!)
• In aller Regel sind Vater, Mutter
oder Lebenspartner eines
Elternteils die Täter!
Statistische Angaben:
• 160 Kinder sterben nachweislich pro Jahr an
Kindesmisshandlungen.
• 70 Kinder werden pro Woche aufgrund Misshandlungen
ärztlich behandelt.
• Untere Schätzung: 320 tote und 200 000 misshandelte Kinder
pro Jahr in Deutschland.
• Bundesweit erhielten 2010 mehr als 866 000 Kinder und
Jugendliche Familienhilfe und jedes Jahr werden es
ca. 30 000 mehr.
(aus Tsokos / Guddat: Deutschland misshandelt seine Kinder. 2014)
• Die größte Gefahr bei Misshandlungen geht von den Eltern
und deren Lebenspartnern aus!
• Die meiste Gewalt innerhalb von Familien geschieht durch
Geschwister!
MiKADO-Studie (2015)
1
(Missbrauch von Kindern, Aetiologie, Dunkelfeld, Opfer)
Universität Regensburg, Abteilung Forensische Psychiatrie und Psychotherapie
• 11,6% der Frauen und 5,1% der Männer
haben mindestens eine Erfahrung sexuellen
Kindesmissbrauchs gemacht.
• Durchschnittsalter 9,5 Jahre bei erster
Missbrauchserfahrung
• 6% der Mädchen und 2% der Jungen
berichten über eine belastende sexuelle
Onlineerfahrung im vergangen Jahr.
(Durchschnittliches Alter 9,4 Jahre)
MiKADO-Studie (2015)
2
(Missbrauch von Kindern, Aetiologie, Dunkelfeld, Opfer)
Universität Regensburg, Abteilung Forensische Psychiatrie und Psychotherapie
• Knapp ein Viertel aller Jugendlichen hat sich
bereits mit Personen getroffen, die sie nur
online kannten. In knapp 10% waren diese
Personen über 18, zu 4% über 21 Jahre alt.
• 2% dieser Jugendlichen erlebten das Treffen als
belastend. 11% der Treffen war sexueller Natur.
(2,6% aller Jugendlichen)
• Gelang es pädophilen Männern über das
Internet Kinder zu einem Treffen zu bewegen,
kam es in 100% der Fälle zu sexuellen
Handlungen!
MiKADO-Studie (2015)
3
(Missbrauch von Kindern, Aetiologie, Dunkelfeld, Opfer)
Universität Regensburg, Abteilung Forensische Psychiatrie und Psychotherapie
• Nur 14% der Jugendlichen mit
Onlineerfahrungen brachen den Onlinekontakt
ab, als ein sexuelles Thema aufkam oder eine
sexuelle Handlung gefordert wurde.
• 46% der betroffenen Jungen / Männer berichten
von Missbrauchserfahrungen von Frauen.
Mädchen berichten zu 10% von
Missbrauchserfahrungen von Frauen.
• Ein Drittel der Betroffenen berichten von
intrafamiliären Tätern und Täterinnen.
MiKADO-Studie (2015)
4
(Missbrauch von Kindern, Aetiologie, Dunkelfeld, Opfer)
Universität Regensburg, Abteilung Forensische Psychiatrie und Psychotherapie
• 62% der betroffenen Studienteilnehmer hatte
ihre Erlebnisse zuvor noch keinem anvertraut.
• Nur bei 1% der Taten erfolgt gegenüber Polizei
oder Jugendämtern eine Offenbarung!
• Scham ist in 52% die häufigste
Offenbarungsbarriere.
• 26% schwiegen nach Drohungen des Täters.
• Die Mehrheit der behandlungsbedürftigen
Kinder und Jugendlichen war ohne Therapie,
insbesondere traumaspezifische Symptome
werden kaum behandelt.
Die Realität in Europa 2016:
Alle 2 Minuten
verschwindet in
Europa ein Kind
– jedes Jahr
250.000!
Zeit heilt alle Wunden?
Nicht bei Traumata!
2. Trauma:
(„Verletzung“)
• Traumatische Erfahrungen zeichnen sich
dadurch aus, dass der auftretende Stress unsere
Verarbeitungsfähigkeit übersteigt. Wenn
Todesangst, Panik, Entsetzen oder Schmerz
empfunden wird, wir weder fliehen noch
kämpfen können, dann erleben wir ein Ausmaß
an Hilflosigkeit und Ohnmacht, das Folgen hat
für die Verarbeitung des Erlebten.
Was ist ein „Trauma“ ?
Ein Ereignis (oder mehrere Ereignisse), das soviel Stress erzeugt,
dass die Anpassungsfähigkeit des Organismus überschritten
wird – mit der Folge, dass das traumatische Material
aufgespalten werden muss – eine Integration misslingt.
Äußere Anforderungen:
Bewältigung
Anpassungsleistung:
Scheitern
Fragmentierung
Was wirkt traumatisierend?
• Nicht nur tatsächliche Lebensgefahr.
• Ohnmacht, Hilflosigkeit, Alleinsein.
John Bowlby (1907-1990):
Kinder, die während der Bombenangriffe im 2. Weltkrieg
außerhalb von London getrennt von ihren Eltern in Sicherheit
gebracht wurden, zeigten stärkere Störungen als Kinder, die
zusammen mit ihren Eltern in London blieben und gemeinsam
den Gefahren ausgesetzt waren.
Jennifer Freyd:
„Das Trauma
des Verrats“
Was passiert im Gehirn?
• Flucht – Angriff – Erstarrung – Unterwerfung
• Ausschüttung körpereigener Opiate:
veränderte Wahrnehmung
• Broca-Areal wird weniger durchblutet:
Sprachlosigkeit bei intensivem Erleben
• „kurze Schaltung“ durch Amygdala (reagiert in
0,15 sec, vollständiges Realisieren: 0,8-2,0 sec.)
• Einspeichern vieler Details in Amygdala
• Fragmentierung der Information
Pierre Janet:
(1859 -1947)
Dissoziation
als Scheitern
der Integration
Das BASK-Modell:
1.
Horizontale Trennung zwischen Erleben und Beobachten, bzw.
einzelner Komponenten der Erfahrung:
B
= beobachtbares Verhalten
A = Affekt
S
= Sinneserfahrung
K
= Kognition und Wissen
©villa-lindenfels
Dissoziation:
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Amnesien
Flashbacks
Hören innerer Stimmen
Derealisation
Depersonalisation
Freezing
Dissoziative Bewegungsstörungen
Dissoziative Krampfanfälle
Konversionsstörungen
Dissoziative Identitätsstörung
Marilyn Van Derbur:
„Tagkind – Nachtkind“
Dissoziation
Eine erfolgreiche,
glückliche Frau mit
einer Vielzahl
unerklärlicher
Symptome
Die „glücklichste Frau der Welt“
und ihre Symptome:
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Schmerzen
Lähmungszustände
Angst vor Nähe
kann Tochter nicht lieben, als diese 5 J alt ist.
Hypervigilanz
Unterwürfigkeit gegenüber Autoritäten
wenig Selbstvertrauen trotz Erfolg
kann 10 Jahre praktisch nicht „funktionieren“
Eine „gute“ Beziehung:
Die erwachsene
Frau redet über
die Erlebnisse des
inneren Kindes
und erklärt der
Öffentlichkeit
die Ursache ihrer
Symptome:
Inzest vom 5.-18. Lj
Dissoziation als Schutz:
Wenn der Schutzmechanismus
aufgehoben ist:
Ellert Nijenhuis:
Strukturelle Dissoziation:
(Nijenhuis, Van der Hart & Steele)
primäre:
sekundäre:
ANP
EP2
EP
ANP
EP3
EP1
tertiäre:
ANP
Beziehung
EP1
EP2
ANP
Beruf
ANP
Energie
EP5
EP3
EP4
©villa-lindenfels
PTBS nach DSM V: (darf erst ab 7. Lj. vergeben werden!)
sonst: F 94.1: reaktive Bindungsstörung
oder: F 94.2: Beziehungsstörung mit Enthemmung
A:
B:
C:
D:
E:
Konfrontation mit einem traumatischen Ereignis
(direktes oder persönliches Erleben, persönliche / (wiederholte berufl.)
Erfahrung)
Wiedererleben des traumatischen Ereignis
(Wiederkehrende Erinnerungen, Alpträume, Flashbacks , intensive
psychische Belastung, körperliche Reaktionen, traumatische Spiele)
Anhaltende Vermeidung von Reizen, die in einem Zusammenhang
mit dem Trauma sind.
(Vermeidung von Gedanken, Gefühlen, Gesprächen, bewusstes
Vermeiden von Orten, Aktivitäten)
Negative Veränderung von Kognitionen und Stimmungen
(Amnesie, negative Überzeugungen, irratonale Schuldgedanken,
andauernde neg. emotionale Zustände (Scham, Angst,..), vermindertes
Interesse an wichtigen Aktivitäten, Gefühl der Entfremdung, Abgetrenntheit,
anhaltende Unfähigkeit, positive Gefühle zu empfinden)
Deutliche Veränderung des Erregungsniveaus
(Ein- oder Durchschlafstörungen, Reizbarkeit, riskantes oder
selbstzerstörerisches Verhalten, Konzentrationsschwierigkeiten,
übermäßige Wachsamkeit, übermäßige Schreckreaktion)
Komplexe PTBS:
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•
•
Probleme der Affektregulation
Ängste und Verfolgungsgefühle
Veränderung der Persönlichkeit
Sexuelle Störungen
Risikoverhalten
Traumatisierung Anderer
Suizidalität
Misstrauen in Beziehungen / Rückzug aus
Beziehungen
• Zukunftspessimismus und Hoffnungslosigkeit
Diagnosen nach (sexueller) Gewalt bei
204 Kindern, die Opfer verurteilter Täter
waren (Ackermann et al 1997):
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Rückzug / Ängstlichkeit
(59%)
Oppositionelles Verhalten (36%)
Phobien
(36%)
PTBS
(34%)
ADHS
(29%)
Weitere Störungen:
Essstörungen, Persönlichkeitsstörungen
(Borderline-Störung), Depression,
Suchterkrankungen, dissoziative Störungen
Warum haben Kinder angeblich
seltener eine Traumafolgestörung?
Kinder ziehen sich eher in sich zurück
Kinder waren zu klein, das Geschehen konnte
nur somatoform gespeichert werden. Es
erinnert sich der Körper, nicht das Großhirn.
Kinder zeigen instinktiv eine Täuschung, um die
für sie wichtigsten Bezugspersonen zu schützen
Eine für Kinder passende Diagnostik wird im
DSM V verhindert.
PTBS darf nur für Kinder verwendet werden,
die älter als 6 Jahre sind!
Folge: 82% der traumatisierten Kinder
bekommen keine Diagnose PTBS!
Symptome bei Kindern:
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Übererregung, Kontraktion, Dissoziation, Taubheit, Erstarren
Körperliche Beschwerden: Schmerzen, Ess- und Fütterstörungen
Rückzug, Regression
Schlechte Laune, Spuckanfälle, kneifen, treten, Tieren oder Kindern weh tun
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•
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Reizbarkeit, Impulsivität, Hyperaktivität (ADHS?)
Ängste, Befürchtungen, Kontrollzwänge, Katastrophisieren
Wiedererleben des Ereignisses, Alpträume
Schulphobie, Verhaltensauffälligkeiten
Häufige Reinszenierung traumtischer Aspekte
Traumatisches Spiel (bei jüngeren Kindern)
Maskieren, Clown spielen
magisches Denken, Vorzeichen erkennen
Probleme mit Ohnmachtserleben
Konzentrations- und Lernprobleme
Geschlechtsspezifische Unterschiede: Jungen eher nach außen gerichtete
Symptomatik, Mädchen häufig gegen sich selbst gerichtet
Die Entwicklungsbezogene Traumafolgestörung: (1)
•
A: Über längere Zeit schädigende Ereignisse erlebt oder beobachtet,
beginnend in Kindheit oder früher Adoleszenz
•
•
•
•
B: Affektive und physiologische Dysregulation:
Unfähigkeit, extrem affektive Zustände zu modulieren
Störung der Fähigkeit Körperfunktionen zu regulieren ( Schlafstörung, Essstörung,
Einnässen oder Einkoten, extreme Reaktionen auf Berührung oder Geräusche,
Desorganisation bei regelmäßig vorkommenden Situationen)
Verringertes Gewahrsein oder Dissoziation von Empfindungen, Emotionen und
Körperzuständen
Beeinträchtigung der Fähigkeit, Emotionen oder Körperzustände zu beschreiben
•
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C: Aufmerksamkeit- und Verhaltensdysregulation:
Ständige Beschäftigung mit Bedrohungen und Beeinträchtigung, Gefahren zu erkennen
Beeinträchtigung der Fähigkeit, sich selbst zu schützen
Dysfunktionale Versuche der Selbstberuhigung
Gewohnheitsmäßige Selbstschädigung
Unfähigkeit, zielgerichtetes Verhalten zu initiieren oder aufrechtzuerhalten
•
Die Entwicklungsbezogene Traumafolgestörung: (2)
•
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D: Dysregulation bezüglich der eigenen Person oder in Beziehungen:
Starke Fixierung auf die Sicherheit der primären Bezugsperson oder Schwierigkeiten,
nach einer Trennung das Wiederzusammensein mit ihnen zu ertragen.
Anhaltende negative Selbstsicht, Selbstekel, Hilflosigkeit, Wertlosigkeit,…
Extremes anhaltendes Misstrauen in engen Beziehungen
Aggressive körperliche oder verbale Reaktion gegenüber Gleichaltrigen,
Bezugspersonen oder anderen Erwachsenen
Inadäquate Versuche, intime Kontakte herzustellen
Beeinträchtigung der Fähigkeit zur Regulierung mitfühlenden Arousals (mangelnde
Empathie oder übertrieben starke Reaktionen)
•
E: Symptome der PTBS
•
F: Dauer der Störung: mind. 6 Monate
•
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G: Funktionelle Beeinträchtigungen in signifikanter Weise in mind. zwei Bereichen:
Schule, Familie, Peer-Group, Gesetz und Recht, Gesundheit, Beruf
(Die Aufnahme dieser Störung in das DSM V wurde
ohne Angabe von Gründen nicht durchgeführt!)
Überleben vor Überlegen:
• 10 Mal so viele Faserverbindungen für
Bottom-Up als für Top-Down Prozesse
• Bindung = Bottom-Up
• Psychoedukation =
Top-Down
Hinweise auf eine Traumatisierung
bei Kindern:
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Traumatisches Spiel
Wenn Belohnung und Bestrafung nicht wirkt
Dissoziation
Unangemessene Sprache / Verhaltensweisen
Symptombezogene Hinweise
Reinszenierungen
Desorganisierte Bindung
Hinweise auf eine Traumatisierung
bei Kindern:
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Traumatisches Spiel
Wenn Belohnung und Bestrafung nicht wirkt
Dissoziation
Unangemessene Sprache / Verhaltensweisen
Symptombezogene Hinweise
Reinszenierungen
Desorganisierte Bindung
Hinweise auf eine Traumatisierung
bei Kindern:
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Traumatisches Spiel
Wenn Belohnung und Bestrafung nicht wirkt
Dissoziation
Unangemessene Sprache / Verhaltensweisen
Symptombezogene Hinweise
Reinszenierungen
Desorganisierte Bindung
Das Fenster der Toleranz (Pat Ogden)
• Arousal-Zonen:
•
Hyperarousal-Zone
•
Zone optimalen Arousals Toleranz
Überleben: Kampf / Flucht
EP
fenster
Leben: Lernen,
ANP
•
Hypoarousal-Zone
geringe Toleranz
EP
Reflektieren, Üben
Therapie
Überleben:
Einfrieren
hohe Toleranz
gute Präsentifikation:
Grad der Realität
Vergangenheit Gegenwart
Zukunft
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schlechte Präsentifikation:
Grad der Realität
Vergangenheit Gegenwart
Zukunft
©villa-lindenfels
Vereinfachung für Kinder:
(Stammhirn / Mittelhirn / Großhirn)
„Denker“
Alarmzentrale
Reptiliengehirn
Hinweise auf eine Traumatisierung
bei Kindern:
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Traumatisches Spiel
Wenn Belohnung und Bestrafung nicht wirkt
Dissoziation
Unangemessene Sprache / Verhaltensweisen
Symptombezogene Hinweise
Reinszenierungen
Desorganisierte Bindung
Dissoziation bei Kindern erkennen:
(v.a. bei Mangel an Trost, R. Kluft 1995)
• „seltsames (beharrliches) Lügen“
• Kind kann sich nicht an ein traumatisches Ereignis erinnern, von
dem bekannt ist, dass es passiert ist.
• Dämmer- und Trancezustände
• Starke Tagesschwankungen (Fertigkeiten, Wissen,
Lieblingsspeisen, sportliches Können, Handschrift …)
• plötzliches altersunangemessenes Verhalten
• reagiert nicht auf Strafen und Belohnungen
• Kind redet von sich in der Dritten Person oder möchte mit einem
anderen Namen gerufen werden. Behauptet, dass Dinge, die ihm
passiert sind, einer anderen Person passiert sind
• Ungewöhnlich frühreifes sexualisiertes Verhalten
• Unerklärliche (Selbst)verletzungen, kein Schmerzempfinden
• Mehrere Persönlichkeiten
• Kind ist nicht „da“
• Fehlende Erinnerung zu alltäglichen / wichtigen Gegebenheiten
Folgen dissoziativer Spaltung:
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Belohnung und Bestrafung bleibt wirkungslos
viele Psychopharmaka wirken nicht
Übende Verfahren helfen nicht
klassische Entspannung kann kontraindiziert
sein
• Empathie ist situativ kontraindiziert
• Konzentration auf positive Aspekte,
alleinige Ressourcenorientierung,
provoziert Rückschläge / Gefahr
Richard Kluft:
„Je langsamer
wir vorgehen,
desto schneller
kommen wir
voran!“
Hinweise auf eine Traumatisierung
bei Kindern:
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Traumatisches Spiel
Wenn Belohnung und Bestrafung nicht wirkt
Dissoziation
Unangemessene Sprache / Verhaltensweisen
Symptombezogene Hinweise
Reinszenierungen
Desorganisierte Bindung
Hinweise auf eine Traumatisierung
bei Kindern:
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Traumatisches Spiel
Wenn Belohnung und Bestrafung nicht wirkt
Dissoziation
Unangemessene Sprache / Verhaltensweisen
Symptombezogene Hinweise
Reinszenierungen
Desorganisierte Bindung
Hinweise auf eine Traumatisierung
bei Kindern:
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Traumatisches Spiel
Wenn Belohnung und Bestrafung nicht wirkt
Dissoziation
Unangemessene Sprache / Verhaltensweisen
Symptombezogene Hinweise
Reinszenierungen
Desorganisierte Bindung
Hinweise auf eine Traumatisierung
bei Kindern:
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Traumatisches Spiel
Wenn Belohnung und Bestrafung nicht wirkt
Dissoziation
Unangemessene Sprache / Verhaltensweisen
Symptombezogene Hinweise
Reinszenierungen
Desorganisierte Bindung
Bindungsmuster:
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Sichere Bindung
Vermeidende Bindung
Ambivalente Bindung
Desorganisierte und kontrollierende Bindung
(zeigen 15% der aller Kinder,
75% der misshandelten Kinder,
mehr als 70% der Jugendlichen in Heimerziehung,
nahezu alle schwer vernachlässigten Kinder)
(Alexander Trost, DGSF-Tagung 2016)
Desorganisierte und
kontrollierende Bindung:
• Es ist umstritten, ob eine desorganisierte Bindung
wirklich desorganisiert ist oder im Gegenteil eine
Struktur besitzt, die nur auf den ersten Blick nicht
erkennbar ist.
• Kontrollstrategien:
- Zwanghafte Fürsorglichkeit (Rollenumkehr)
- Zwanghafte Nachgiebigkeit
- Zwanghafte Selbstständigkeit
- Kontrollierend-bestrafende und zwingende
Strategie
Schädlich / Unwirksam:
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Übende Verfahren
Belohnung / Bestrafung (langer Schulausschluss)
Nur Positives betonen
Überraschungen / Unvorhergesehenes
Freies Spielen / offene Arbeitsformen
Über Details des traumatischen Erlebens reden
Versuch, das Verhalten des Kindes zu kontrollieren, bspw.
bei Selbstverletzungen
Vorwürfe, Drohungen, Verallgemeinerungen
Stress
Schnelles Sanktionieren, starke Gefühle zeigen / leben
Doppeldeutigkeiten (Ironie, Sarkasmus)
Von oben herab sprechen, kritisieren
Isoliertes Handeln Einzelner / Geheimhaltung
Behandlungsmöglichkeiten:
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Traumabezogene Spieltherapie (D. Weinberg)
EMDR (v.a. bei Monotrauma, Unfällen,…)
Traumazentrierte Psychotherapie
Psychotherapie auf der Grundlage der
strukturellen Dissoziation (IFS, Ego-StateTherapie, Schematherapie,…)
• Traumasensibles Yoga
• Theaterarbeit
• VORSICHT: Medikamente sind meist unwirksam
bis schädlich!
Traumatherapeuten finden:
• www.emdria.de (EMDR-Therapeuten)
• www.degpt.de
• Email: [email protected]
Liste von PITT-Therapeuten, die von
Frau Prof. Dr. Luise Reddemann
fortgebildet wurden.
Bei Überforderung:
• Es gibt meist eine Tendenz, Kinder mit
auffälligem (besser: herausfordernden)
Verhaltensweisen zu Experten in die
Behandlung zu schicken.
• Meist ist es wesentlich wirksamer, wenn die
gestressten, besorgten oder verängstigten
Bezugspersonen sich vernetzen und Experten
hinzuziehen, die ihnen helfen, die Bindung zu
erhalten und den Stress zu verringern!
Hilfen für Kinder und Jugendliche:
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Herstellen äußerer Sicherheit
Sichere Bindungsperson
Schulbesuch ermöglichen trotz Problemen
Psychoedukation
Hilfe bei der Regulierung starker Gefühle
Klarheit, Struktur: Halten und Aushalten
Empathische Konfrontation – Setzen von
Grenzen
• Aktives Ansprechen von Scham und
Schamvermeidung
6. Der Kompass der Scham:
(Donald Nathanson 1992: „Shame and Pride“)
Rückzug
Angriff des
anderen
Angriff des
Selbst
Vermeidung
Hilfreich (in Schule):
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Professionelle Bindung / Nähe anbieten (time intensive vs. out)
Wahlmöglichkeiten (Sitzposition in Klasse, Extratisch,…)
Rituale (Morgenrunde)
Aus dem Raum gehen lassen (zu jemanden)
Plötzlichen Veränderungen Kindern vorher mitteilen!
Visualisierung (Stundenplan, Lehrer,…)
Einfach da sein dürfen (schützt vor Isolation)
Bei Sanktionierung Zeit lassen, erklären, was das Kind gemacht hat
Körperübungen, die Koordination rechter und linker Gehirnhälfte
fördern
Dreigliedrigen Aufbau des Gehirns erklären
Übungen zum Erkennen von Gefühlen
Rollenspiele zu Gewalt: bspw. zu Bann (www.gewaltakademie.de)
In Kunst auch freien Raum lassen zu Entdeckung, Experimentieren
Nachteilsausgleich für dissoziative Kinder nutzen
Kreative Angebote für (schwache) Schüler
Vernetzungen anbieten mit Institutionen der Gemeinde
Stärke statt Macht:
(Haim Omer / Arist von Schlippe)
• Konzept, sich in der heutigen Zeit gegenüber
(gewaltbereiten) Kindern durchzusetzen: mit
Beharrlichkeit, statt schnelle emotionale Reaktion
• Präsenz als wachsame Sorge
• Beruhigung, Entschleunigung
• Herstellen einer Öffentlichkeit
• Aufbau eines Netzes von Verantwortlichen, die
sich unterstützen und gemeinsam um das Kind
kümmern: Eltern, Jugendamt, Beratungsstellen,..
Erregungsverlauf des Kindes:
Gewaltausbruch
Erregungsverlauf
Übererregung
Oppositionelles Verhalten
a
b
Existenzielles Verlassenheitsgefühl
Untererregung
Zeit
c
d
Verhalten der Bezugsperson:
a Anweisung, Kritik, Trigger
b …beruhigt / --- schimpft
c Gespräch nach Beruhigungstechniken
d Gespräch erst nach sehr langer
Wartefrist sinnvoll
Erregungsverlauf des Kindes abhängig von der Bezugsperson.
(aus: Gahleitner et al: Traumapädagogik in psychosozialen Handlungsfeldern. 2014)
Sechs-Stufen-Plan:
(nach Kinder- und Jugendlichenkomitee der ISSTD, 2009)
1. Stabilisierung (Reorientierung: vorsichtig auf das Kind
zugehen und mitteilen, wo es ist und wer Sie sind.)
2. Beruhigung (Vermitteln, dass es in Sicherheit ist und
ihm nichts Schlimmes passiert.)
3. Rückversicherung (fragen, ob es dem Kind gut geht.
Weiß es, wo es ist und wer der Lehrer ist? Schluck
Wasser anbieten,…)
4. Beschreiben, was passiert ist. In Worte fassen.
5. Schuldzuweisungen / Konsequenzen aufschieben,
bis sich das Kind beruhigt hat.
6. Die Sicherheit aller gewährleisten.
Falls notwendig: Hilfe holen.
Hilfreiche Nähe-Distanz-Regulation:
Behandlungsstruktur:
(nach Karl-Heinz Brisch)
Integration
Traumakonfrontation
Stabilisierung
Sichere Bindung
„Bindungs-Explorations-Wippe“:
(nach Karl-Heinz Brisch)
Erkundung
aktiviert
Bindung
de-aktiviert
Schüler mit sicherer Bindung
Bindung
aktiviert
Schüler ohne sichere Bindung
Erkundung
de-aktiviert
Weiterführende Literatur:
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Gahleitner, S.B., Hensel, T, Baierl, M., Kühn, M. & Schmid, M. (2014): Traumapädagogik in
psychosozialen Handlungsfeldern. Ein Handbuch für Jugendhilfe, Schule und Klinik. Göttingen
(Vandenhoeck & Ruprecht)
Marks, S. (2010): Die Würde des Menschen oder: Der blinde Fleck in unserer Gesellschaft. Gütersloh
(Gütersloher Verlagshaus).
Marks, S. (2011). Scham – die tabuisierte Emotion. Ostfildern (Patmos)
Omer. H. & von Schlippe, A. (2010): Stärke statt Macht. Neue Autorität in Familie, Schule und Gemeinde.
Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht)
Scherwath, C. & Friedrich, S. (2012): Soziale und Pädagogische Arbeit bei Traumatisierung. München
(Ernst Reinhardt)
Tsokos, M. & Guddat, S. (2014). Deutschland misshandelt seine Kinder. München (Droemer).
Von Schlippe, A. & Grabbe, M. (Hg.)(2007): Werkstattbuch Elterncoaching. Elterliche Präsenz und
gewaltloser Widerstand in der Praxis. Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht)
Weiß, W., Friedrich, E.K., Picard, E. & Ding, U. (2014): „Als wär ich ein Geist, der auf mich runter schaut“.
Dissoziation und Traumapädagogik. Weinheim (Beltz Juventa)
Wieland, S. (Hrsg). (2014): Dissoziation bei traumatisierten Kindern und Jugendlichen. Grundlagen,
klinische Fälle und Strategien. Stuttgart (Klett-Cotta)
Literatur von Villa Lindenfels:
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