1 WOYZECK Begleitmaterialien für den Unterricht 2 WOYZECK Ballett von Christian Spuck nach dem Dramenfragment von Georg Büchner Musik von Alfred Schnittke, György Kurtag, Philip Glass und Martin Donner Zürcher Première: 12. Oktober 2013 Uraufführung: 24. Sept. 2011, Najonalballetten, Den Norske Opera & Ballett Oslo Dauer: ca. 90 Minuten Besetzung Choreografie Dirigent Bühnenbild und Kostüme Lichtgestaltung Dramaturgie Christian Spuck Vello Pähn Emma Ryott Reinhard Traub Michael Küster, Bibbi Moslet Ballett Zürich / Junior Ballett Zürich Philharmonia Zürich Woyzeck Marie Christian, deren Sohn Andres Margret Tambourmajor Hauptmann Professor Doktor 5 Soldaten 5 Trommler 1. Besetzung: 2. Besetzung: Jan Casier Olaf Kollmannsperger Katja Wünsche Juliette Brunner Ludwig Hoefs Ty Gurfein Andrei Cozlac Galina Mihaylova Irmina Kopazcynska William Moore Cristian Assis Cristian Assis Arman Grigoryan Filipe Portugal Daniel Mulligan Manuel Renard Ty Gurfein Eric Christison Andrei Cozlac Benoît Favre Nathan Chaney Ty Gurfein Matthew Knight Christopher Parker Aeden Pittendreigh Tars Vandenbaek Tigran Mkrtychan Hans-Peter Achberger, Luca Borioli, Michael Guntern, Mario von Holten, Ramon Kündig Einstudierung Ballettmeister Korrepetitoren Jahn Magnus Johansen Jean-François Boisnon, Chris Jensen, François Petit Christophe Barwinek, Luigi Largo 3 1 Vorbemerkungen Nach dem grossen Erfolg des Balletts Leonce und Lena in der letzten Spielzeit, präsentiert das Ballett Zürich nun eine weitere Ballettadaption eines Theaterstücks von Georg Büchner. Das von Christian Spuck 2011 für das Norwegische Nationalballett geschaffene Ballett Woyzeck. Büchners Fragment gebliebenes Drama Woyzeck beschreibt schlaglichtartig das Schicksal eines einfachen Soldaten. Woyzeck liebt Marie, mit der er ein uneheliches Kind hat. Er bessert seinen kargen Sold auf indem er den Hauptmann rasiert und dem Doktor für fragwürdige wissenschaftliche Experimente zur Verfügung steht und wird gedemütigt und ausgenutzt. Als Marie ihn mit dem Tambourmajor betrügt, nimmt die Katastrophe ihren Lauf. Christian Spucks übersetzt die metaphernreiche prägnante Sprache Büchners in eindringliche choreografische Bilder, deren Faszination man sich schwer entziehen kann. Die vorliegenden Begleitmaterialien zum Ballett Woyzeck richten sich an Lehrpersonen der Oberstufe, die mit ihren Schülerinnen und Schülern eine Vorstellung des Balletts besuchen und diese vor- oder nachbereiten möchten. In diesen Materialien finden Sie Informationen über den Stoff sowie Hintergrundinformationen zum Ballett Woyzeck. Ausserdem erhalten Sie Anregungen für den Unterricht. Wenn Sie Fragen zu diesen Materialien oder zum Ballett Woyzeck haben oder wenn Sie uns Ihre Kritik und Anmerkungen mitteilen möchten, können Sie sich gerne mit uns in Verbindung setzen. Wir freuen uns auf Ihre Rückmeldungen und wünschen Ihnen und Ihren Schülerinnen und Schülern einen anregenden Besuch im Opernhaus Zürich! Kontakt: Bettina Holzhausen Vermittlung|Tanzpädagogik Ballett Zürich Mail: [email protected] Tel. 044 259 58 26 Roger Lämmli Leiter Musik|Theater|Pädagogik Mail: [email protected] Tel. 044 268 64 35 Opernhaus Zürich Falkenstrasse 1 CH - 8008 Zürich www.opernhaus.ch 4 Seite Inhalt 2 Besetzung Woyzeck 3 Vorbemerkungen 4 Inhaltsverzeichnis 5 Portrait Ballett Zürich 6 Einführung 7 Inhaltsangabe 8 Georg Büchners Dramenfragment Woyzeck 9 Woyzeck - eine wahre Geschichte 10Georg Büchner (1813-1837) 12 Unsterbliche Experimente Essay von Herman Kurzke 16 Musik 17 Die Komponisten 19 Von einem der abirrt Interview mit Christian Spuck 22 Lebenslauf von Christian Spuck 23 Glückskind aus Belgien Portrait Jan Casier 26 Der Mann für alle Fälle Portrait Inspizient Felix Bierich 28 Bühnenbild und Kostüme von Emma Ryott 31 Besuch in den Werkstätten Die Hutmacherei 34 Ideen für den Unterricht 34 - «Einen Woyzeck von Büchner gibt es nicht» 38 - Beobachtungen 39 - Ermittlungen im Mordfall Woyzeck 40 Kleines Tanzlexikon 45 Merkblatt zum Vorstellungsbesuch im Opernhaus Zürich 46 Quellenangaben, Links, Literatur- und Filmhinweise 5 2 Portrait ballett zürich Die grösste professionelle Ballettkompanie der Schweiz wird seit der Saison 2012/13 von Christian Spuck geleitet. Beheimatet am Opernhaus Zürich, bestreitet das 36 Tänzerinnen und Tänzer umfassende Ensemble mit seinen Produktionen nicht nur einen wesentlichen Teil des Opernhaus-Spielplans, sondern wird regelmässig auch auf internationalen Gastspielen gefeiert. Hervorgegangen aus dem einstigen Ballett des Stadttheaters Zürich, wurde die Kompanie von ihren Direktoren Nicholas Beriozoff, Patricia Neary, Uwe Scholz und Bernd Bienert geprägt. Der Schweizer Choreograf Heinz Spoerli, Ballettdirektor von 1996 bis 2012, etablierte die Kompanie innerhalb weniger Jahre zu einer der führenden europäischen Ballettformationen. Unter Leitung des deutschen Choreografen Christian Spuck pflegt das Ballett Zürich die gewachsenen Traditionen des Ensembles und setzt neue künstlerische Akzente. Mit neuen choreografischen Mitteln wird die traditionsreiche Form des Handlungsballetts weiterentwickelt. Ausserdem widmen sich die Tänzerinnen und Tänzer dem zeitgenössisch-abstrakten Tanz. International renommierte Choreografen wie William Forsythe, Paul Lightfoot, Sol León, Douglas Lee, Stephan Thoss und Edward Clug arbeiten in Zü- rich und garantieren eine stilistische Vielfalt des choreografischen Repertoires. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Pflege des choreografischen Erbes von Heinz Spoerli, dessen Ballette weiterhin zum Repertoire des Balletts Zürich gehören. Künstlerische Eigenverantwortung übernehmen die Mitglieder des Ensembles in der Reihe «Junge Choreografen». Als Einrichtung zur Förderung des tänzerischen Nachwuchses wurde 2001 das Junior Ballett ins Leben gerufen. Vierzehn junge Tänzerinnen und Tänzer aus aller Welt erhalten hier die Möglichkeit des betreuten Übergangs vom Ende ihrer Berufsausbildung bis zum Eintritt ins volle Berufsleben. Im Rahmen eines nicht länger als zwei Jahre währenden Engagements trainieren sie gemeinsam mit den Mitgliedern des Balletts Zürich, tanzen mit ihnen in ausgewählten Vorstellungen des Repertoires sowie jede Saison in einem eigens für sie zusammengestellten Ballettabend. So sammeln sie die für eine Tänzerlaufbahn nötige Bühnenerfahrung. Begleitet werden die Vorstellungen des Balletts Zürich von einem umfassenden Rahmenprogramm mit Matineen vor den Ballettpremieren, Stück-Einführungen vor den Vorstellungen, regelmässig stattfindenden Ballettgesprächen und einer Vielzahl spezieller Kinder-, Jugend- und Schulprojekte. 6 3 einführung «Ich verachte Niemanden, am wenigsten wegen seines Verstandes oder seiner Bildung, weil es in niemands Gewalt liegt, kein Dummkopf oder kein Verbrecher zu werden – weil wir durch gleiche Umstände wohl alle gleich würden und weil die Umstände ausser uns liegen.» (Georg Büchner, Brief an die Eltern, Februar 1834) Schon seit langem ist Christian Spuck von den Werken des deutschen Dramatikers Georg Büchner fasziniert. Mit sezierendem Blick hat der Dichter gleichsam Autopsien der menschlichen Seele vorgenommen und, wie es der Lyriker Durs Grünbein formulierte, «die Risse, die durch den Einzelnen gingen, früh und keineswegs kalt registriert.» Ab 1836 wirkte Georg Büchner in Zürich als Privatdozent für Medizin und ist hier 1837 im Alter von nur 23 Jahren gestorben. Das Drama Woyzeck wurde von Georg Büchner als Fragment hinterlassen und erschien erst nach seinem Tod 1879. in einer überarbeiteten Fassung. Woyzeck beschreibt schlaglichtartig das Schicksal eines einfachen Soldaten. «Ich hoffe noch immer, dass ich leidenden, gedrückten Gestalten mehr mitleidige Blicke zugeworfen als kalten, vornehmen Herzen bittere Worte gesagt habe», schreibt Büchner in einem Brief an seine Eltern. Dabei ist ihm das Mitgefühl zu den Entbehren- den und Leidenden so selbstverständlich wie sein Hass gegen jene, «die (...) die grosse Masse ihrer Brüder ihrem verachtenden Egoismus opfern». Büchner hat in wenigen Werken die Grenzen und Abgründe des Menschen erkundet: Melancholie, Wahnsinn, Verbrechen, Sexualität. Heute gilt er als einer der grössten deutschen Autoren des 19. Jahrhunderts und als Bahnbrecher der Moderne. 2011 schuf Christian Spuck das abendfüllende Handlungsballett Woyzeck, das nur fünf Tage vor Büchners 200. Geburtstag mit dem Ballett Zürich zur schweizerischen Erstaufführung gelangte. Christian Spuck übersetzt die metaphernreiche prägnante Sprache Büchners in eindringliche choreografische Bilder. In reizvoller Kombination mit Spucks Ballett Leonce und Lena, eine Adaption von Georg Büchners gleichnamigem Lustspiel fürs Ballett, wirft das Ballett Zürich mit zwei sehr unterschiedlichen Stücken, einen neuen, ungewöhnlichen Blick auf einen bis heute modernen Dichter. 7 4 INHALTSANGABE Woyzeck ist ein einfacher Soldat. Er liebt Marie, mit der er ein uneheliches Kind hat. Sein karger Sold reicht für die drei kaum zum Überleben. Um sich etwas hinzuzuverdienen, übernimmt Woyzeck verschiedene Gelegenheitsarbeiten. Allmorgendlich rasiert er den Hauptmann der Garnison. Einem Doktor stellt er sich für dubiose medizinische Experimente zur Verfügung. Drei Monate lang darf Woyzeck nur Erbsen essen. Der Doktor untersucht regelmässig die physischen und psychischen Auswirkungen dieser absurden Diät. Ausserdem dient Woyzeck einem Professor als Studienobjekt. Von ihm und seinen Studenten muss er alle erdenklichen Demütigungen einstecken. Einen Vertrauten hat Woyzeck in seinem Kameraden Andres, doch Ruhe findet Woyzeck nur, wenn er mit Marie und seinem Sohn zusammen ist. Immer wieder wird er jedoch von unheilvollen Stimmen heimgesucht. Marie ist fasziniert vom stolzen Tambourmajor der Militärkapelle und lässt sich von seinen Geschenken und Umwerbungen verführen. Als er an Marie ein Paar neue Ohrringe entdeckt, realisiert Woyzeck, dass sie ihn mit dem Tambourmajor betrügt. Doch diesem Nebenbuhler ist er nicht gewachsen. In seiner ausweglosen Verzweiflung ersticht er Marie. 8 5 GEORG BÜCHNERS DRAMENFRAGMENT WOYZECK «Sehn Sie, wir gemeine Leut, das hat keine Tugend, es kommt einem nur so die Natur, aber wenn ich ein Herr wäre und hätte einen Hut und eine Uhr und eine Anglaise und könnt vornehm reden, ich wollt schon tugendhaft sein. Es muss was Schönes sein um die Tugend, Herr Hauptmann, aber ich bin ein armer Kerl..» (Georg Büchner, Woyzeck) Mit Woyzeck schrieb Büchner ein Drama, das erst viele Jahrzehnte nach seinem Tod Beachtung finden sollte. Dann aber beriefen sich von den Naturalisten bis zu den Expressionisten viele nachfolgende Dramatikergenerationen auf das Werk. Nicht nur formal scheint Büchners Woyzeck das erste moderne Drama zu sein. Sein schonungsloser Blick auf die Welt ist zeitlos geblieben. Büchner zeichnet eine zerrissene, moderne Welt, in der Religion ebenso wie die Naturwissenschaften, in der die Werte und die Moral ebenso wie die Triebhaftigkeit des Menschen, in der Gott und die Welt in Frage gestellt wird. Wie in allen seinen Dramen bohren auch in Woyzeck schier unlösbare Zweifel in den Figuren. Mehrfach im Stück wird in unterschiedlichen Zusammenhängen die Frage gestellt: Was ist der Mensch? Der Doktor sucht die Natur in Menschenexperimenten zu erforschen. Der Hauptmann verweist auf Religion und Moral, die den Menschen bändigen sollen. Der Marktschreier erzählt vom Tierischen im Menschen und vom Menschlichen im Tier. Woyzeck selbst sieht Zeichen in der Natur, hinter denen er tiefere Bedeutungen ahnt. Alle blicken sie aus unterschiedlichen Perspektiven auf die Welt und den Menschen. Aber keiner findet Antworten, die die Natur des Menschen wirklich fassen könnten. Als Vorlage für das Stück gelten Publikationenn und Gutachten zum historischen Mordfall. Büchner nimmt die historische Geschichte auf und nimmt sie zum Anlass einen Blick in die Abgründe der menschlischen Seele zu werfen: Franz Woyzeck tötet seine Geliebte, nachdem sie ihn betrogen hat. Was aber macht ihn zum Mörder? - Sind es die erniedrigenden Umstände? Ist es die Eifersucht? Sind es die Folgen der Fehlernährung durch die wissenschaftlichen Experimente des Doktors? Oder gar Woyzecks Geistesverwirrungen? Büchner geht der Frage nach den Mordmotiven und Bedingungen nach. Beantworten aber will und kann er sie nicht, diese zeitlose Frage, die Büchner Danton in Dantons Tod in den Mund legt: Was ist das, was in uns hurt, lügt, stiehlt und mordet? 9 6 WOYZECK EINE WAHRE GESCHICHTE Am 21. Juni 1821 erstach der 41jährige Friseur Johann Christian Woyzeck in Leipzig aus Eifersucht seine 46jährige Geliebte, die Woostin. Als Mordwaffe diente eine abgebrochene Degenklinge, für die sich Woyzeck einen Griff hatte machen lassen. Die Woostin hatte Woyzeck seit längerer Zeit abgewiesen, er war ihr zu abgerissen und heruntergekommen und trank ihr auch zu oft. Woyzeck war eine unstete Natur. Zwölf Jahre war er in sächsischen Kriegsdiensten gewesen. 1810 wollte er die Wienbergerin heiraten, mit der er ein Kind hatte. Seine Offiziere wollten ihm auch den Trauschein beschaffen. Da erfuhr Woyzeck, dass sie sich mit anderen Soldaten eingelassen hatte, liess sie sitzen und begann ein ruheloses Wanderleben. 1819 lernte er in Leipzig die Witwe Woost kennen. Aber es gab Streit. Woyzeck verfolgte die Frau. Er versuchte sich ihr immer wieder zu nähern, wurde von Nebenbuhlern verprügelt und wegen seiner Armut verspottet, bis er schliesslich die Frau im Streit erstach. Ohne grosse Mühe wurde er festgenommen. Hofrat Clarus musste ein psychologisches Gutachten anfertigen. Er kam zu dem Ergebnis, dass Woyzeck „viel moralische Verwilderung, Abstumpfung gegen natürliche Gefühle und wahre Gleichgültigkeit in Rücksicht auf Gegenwart und Zukunft, auch Mangel an äusserer und innerer Haltung“ zeige, aber „voll zurechnungsfähig“ sei. Für jene Zeit ist diese typische Reduktion aller Werte auf die bürgerliche Weltordnung charakteristisch. Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass Woyzeck an Sinnestäuschungen und Zwangsvorstellungen litt. Das wurde auch schon damals teilweise erkannt. Ein Gelehrtenstreit um den Fall Woyzeck brach aus, der jahrelang in Fachzeitschriften ausgetragen wurde. Schliesslich siegte wieder die Besorgnis um die bürgerliche Sicherheit. Clarus verlangte die Verurteilung Woyzecks zur Abschreckung, um zu zeigen wohin „Arbeitsscheu, Spiel, Trunksucht, ungesetzmässige Betätigung der Geschlechtslust und schlechte Gesellschaft“ führen müssten. Am 27. August 1824 wurde Woyzeck öffentlich hingerichtet Der Leipziger Pöbel liess sich die 30 Jahre entbehrte Sensation einer Hinrichtung nicht entgehen, er machte eine Art Volksfest daraus. Die Gutachten und Gegengutachten zum Fall Woyzeck wurden in der „Zeitschrift für Staatsarzneikunde“ veröffentlicht. Büchners Vater war selbst Mitarbeiter dieser Zeitschrift, so war sie Georg Büchner sicherlich leicht zugänglich. 10 7 GEORG BÜCHNER (1813-1837) «Ich glaube, man muss die abgelebte moderne Gesellschaft zum Teufel gehen lassen. Zu was soll ein Ding, wie diese, zwischen Himmel und Erde herumlaufen. Das ganze Leben derselben besteht nur in Versuchen, sich die entsetzlichste Langeweile zu vertreiben. Sie mag aussterben, das ist das einzig Neue, was sie noch erleben kann.» Georg Büchner an Karl Gutzkow, Anfang Juni 1836 Georg Büchner wird am 17. Oktober 1813 in einem kleinen Dorf im Grossherzogtum Hessen-Darmstadt in Deutschland geboren und wächst in der Enge eines der typischen Kleinstaaten des Deutschen Bundes auf (die Residenzstadt Darmstadt hat nicht mehr als 20‘000 Einwohner, die Staatsfläche des Herzogtums wird durch etliche Nachbarstaaten zerschnitten). Er ist das erste von fünf Kindern des Arztes Ernst Büchner und seiner Frau Caroline. Bevor er in die Schule kommt, übersiedelt die Familie in die Stadt Darmstadt, wo er in eine neu gegründete Schule, die «Privat-Erziehungs- und Unterrichtsanstalt» ‚ des Theo- logen Dr. Weitershausen eingeschult wird. Bereits mit acht Jahren wird er in Geometrie, Geschichte, Physik, Latein, Griechisch und Französisch unterrichtet. Als er auf ein humanistisches Gymnasium wechselt, trainiert er den Umgang in klassischer Rhetorik, die maßgeblich sein Schreiben beeinflussen wird. Auf Wunsch seines Vaters nimmt Georg Büchner in Strassburg das Studium der Medizin auf. Strassburg ist zu dieser Zeit ein wichtiger Zufluchtsort für Kritiker und politisch Verfolgte, die sich gegen die Machtverhältnisse im Deutschen Bund auflehnten und durch den misslungenen sogenannten «Frankfurter Putschversuch» (1833) eine schwere Niederlage erlitten. 1833 kehrt Büchner aus Strassburg zurück, er verbringt den Sommer in Darmstadt, zieht dann nach Giessen, um dort sein Studium fortzusetzen. Er leidet immer wieder an Depressionen. Die kleinbürgerliche Enge der herzoglichen Universitätsstadt, die soziale Not der hessischen Bauern und die Starre und Ungerechtigkeit der feudalistischen Gesellschaftsstrukturen erbittern ihn, lassen ihn aber auch zum Revolutionär werden, der für die Freiheit und Gleichheit aller und gegen die materielle und politische Unter- 11 drückung der niederen Stände kämpft. Der hessische Landbote und Dantons Tod entstehen, Büch- ner wird politisch tätig und schreibt in der ständigen Angst, verhaftet zu werden. Schliesslich flüchtet er 1835 vor polizeilichen Ermittlungen nach Strassburg. Dort entstehen Lenz, Leonce und Lena und Woyzeck. Zeitgleich arbeitet er an seiner Doktorarbeit über das Nervensystem der Flussbarbe. Im Oktober 1836 zieht Georg Büchner nach Zürich und wird nach einer Probevorlesung in die philosophische Fakultät aufgenommen. Während der Vorbereitung auf seine Lehrtätigkeit erkrankt er im Januar 1837 an Typhus. Georg Büchner erliegt am 19. Februar 1837 im Alter von 23 Jahren seiner Krankheit und wird in Zürich beigesetzt. 8 «Wenn in unserer Zeit etwas helfen soll, so ist es Gewalt. Wir wissen, was wir von unseren Fürsten zu erwarten haben. Alles, was sie bewilligten, wurde ihnen durch die Notwendigkeit abgezwungen. (…) Man wirft den jungen Leuten den Gebrauch der Gewalt vor. Sind wir denn aber nicht in einem ewigen Gewaltzustand? Weil wir im Kerker geboren und grossgezogen sind, merken wir nicht mehr, dass wir im Loch stecken mit angeschmiedeten Händen und Füßen und einem Knebel im Munde. Was nennt ihr den gesetzlichen Zustand? Ein Gesetz, das die große Masse der Staatsbürger zum frohnenden Vieh macht, um die unnatürlichen Bedürfnisse einer unbedeutenden und verdorbenen Minderzahl zu befriedigen?» Georg Büchner, aus einem Brief an die Familie. In: „Werke und Briefe“, 1998 12 9 UNSTERBLICHE EXPERIMENTE Ein Essay von Hermann Kurzke Das Proletarier-Elend des 19. Jahrhunderts in Büchners Woyzeck zu entdecken und sich darüber pflichtschuldig zu empören – das ist moralisch korrekt, aber zum Gähnen. Das Theater vom armen Mann, den unmenschliche Gesellschaftsmächte – der Hauptmann, der Doktor – zum Mord an seiner Geliebten treiben, ist heruntergekommen zur Phrasendreschmaschine für Schreibtischempörungen. Wir brauchen einen Woyzeck, der uns anders packt, und zwar unmittelbar körperlich, nicht auf dem Umweg über den Kopf. Ballett ist Körpertheater, hat Büchner etwas dafür zu bieten? Welche Körper begegnen uns in seinen Szenenentwürfen? Es ist ein groteskes Panoptikum. Es gibt Dünne und Dicke, Kurze und Lange, Krumme und Gerade, Babys und Greise, Schmiegsame und Steife, Rapide und Apathische, Taumelnde und Standsichere, Potente und Impotente, Menschliche und Viehische, Geistige und Fleischige. Es treten auf: ein Kind, ein Idiot, ein Narr, ein Soldat, ein Marktschreier, ein alter Mann, ein gelehrtes Pferd, betrunkene Handwerker, eine Grossmutter und mehr noch. «Ich bin ein lebendiges Skelett», so stellt sich ein ausgezehrter Barbier vor, «die ganze Menschheit studiert an mir». Für einen halben Gulden in der Woche zeigt er den Studenten seinen verkrümmten Rücken. Er hat sich so heruntergehungert, dass man alles prächtig sehen kann, die Knochen, die Muskeln, die Bänder, Sehnen und Gefässe. Er ist ein bezahltes Objekt. Die Medizinerwelt ist kalt, sie verzehrt Körper und legt sie in Spiritus. Eine Frau hat Gesichtskrebs, cancer aquaticus, sagt der Doktor, sie ist in vier Wochen tot, das Schöne daran ist: «sie gibt ein interessantes Präparat». Der Doktor ist kurzbeinig, dürr und zuckelig. Er kräht «Kikeriki», bewegt sich wie ein Blitz, hetzt «hinter dem Tod drein». Der Hauptmann nennt ihn «Sargnagel». Der Körper des Doktors hat wie ein Dämon kaum Materie. Er ist so schnell, dass er immer schon fort ist von dem Ort, an dem man ihn gerade noch gesehen hat – eine gespenstische Figur. Büchner selbst war Anatom, im Zerschneiden und Präparieren von toten Körpern geübt. Er kannte diese Welt, er satirisierte sich selbst in ihr und bannte so seine eigene Urangst, ein Unmensch zu sein. Marie, Woyzecks Geliebte, hat «einen so roten Mund als die grossen Madamen». Sie ist selbstbewusst und traut sich was. Sie ist ein scharfes Weib. «Zum Fortpflanzen von Kürassierregimentern und zur Zucht von Tambourmajors», trompetet der Tambourmajor. «Wie sie den Kopf trägt, man meint das schwarze Haar müsse ihn abwärts ziehen», sagt der Unteroffizier. «Als ob man in einen Ziehbrunnen oder zu einem Schornstein hinunter guckt», sekundiert der Tambourmajor. «Ein köstlich Weibsbild! die hat Schenkel und Alles so fest!» sagen sie zueinander. Woyzeck aber ist lang und dünn wie der Schatten von einem Spinnenbein, beinahe körperlos, das kann nicht gut gehen. Sie verweigert sich ihm, das Geisthafte ekelt 13 sie. «Ich hätt lieber ein Messer in den Leib, als deine Hand auf meiner», sagt sie zu ihm. Er ist ein guter Mensch, aber reicht das? Marie begehrt etwas Elementareres, einen Mann, vital und brutal. Der Tambourmajor ist ein «Stier», ein «Löw», ein «Baum» – also ein echter Mann, wenn auch ein Tier. «Ich bin stolz vor allen Weibern», sagt Marie verblendet, als sie ihn ansieht. Es ist nur der Körper und nichts als der Körper, dessen Hitze alle anderen Gesichtspunkte verbrennt. Alle Personen in diesem Stück hängen an den Seilen des Triebs. Marie ist nicht die unschuldig Verführte, sondern eine Begehrende – «sie guckt siebe Paar lederne Hose durch». Ihre Lippen sind heiss, «die Wespen setzen sich gern drauf». In der frühesten Fassung ist Marie nur eine Soldatenhure. Erst in der letzten Fassung hat Büchner sie ein bisschen veredelt, so dass sie Fausts Gretchen zu ähneln beginnt. Der Tambourmajor ist zwar ein dummes Schwein, aber er hat Courage wie ein Hengst, deshalb bekommt er die heisse Marie. Sein Hauptmann hat keine Courage. «Hm, aufgedunsen, fett, dicker Hals, apoplectische Constitution», lautet die Diagnose des Doktors. Der Hauptmann ist massig und ungesund, sein Körper ist hässlich, er schnauft wie ein Ochse. Er ist kein schneidiger Offizier, sondern ein alter Sack. Er verdrängt seine Sexualität und schwadroniert von der Tugend. Er schaut von seinem Fenster aus den 10 Mädchen unter die Röcke, wenn sie sie schürzen, um bei Regenwetter über die Pfützen zu springen. Wenn er Glück hat, sieht er ein Bein bis zum Knie. Er verzichtet, weil er feig ist und sich selbst nicht achtet – nicht weil er die Würde der Mädchen achtete. Auch er hat Marie gesehen, sah sogar auf ihren Lippen die des Tambourmajors, auch er begehrt sie – «Woyzeck, ich habe wieder die Liebe gefühlt» – schwermütig und chancenlos. Woyzecks Körper ist steif und verspannt. Er läuft gehetzt wie ein offenes Rasiermesser durch die Welt, er stakst erst breitbeinig und wird dann immer schneller. «Gesichtsmuskeln starr, gespannt, zuweilen hüpfend, Haltung aufgerichtet gespannt.» Er «tastet mit seinen Füssen herum wie mit Spinnenfüssen», pisst an die Wand, «steht ganz grad», «kracht mit den Fingern». Er bekommt nur Erbsen zu essen, sein Haar ist ganz dünn geworden, sein Puls ist ungleich, die Studenten betasten ihm Schläfe, Puls und Busen. Er ist nicht ganz von dieser Welt, ein Seher, ein Prophet, ein Philosoph, «so vergeistert», ein Intellektueller, auch wenn er nichts studiert hat ausser der Bibel. «Er schnappt noch über mit den Gedanken.» Von der Körperlichkeit her gesehen, bringt es gar nichts, das Personal soziologisch in Täter und Opfer aufzuspalten. Sklaven sind sie vielmehr alle – Sklaven 11 14 ihrer Körper. Sie sind alle grotesk, im strengen Sinne von karikaturistisch überzeichneten Mischformen von Menschheit und Tierheit. Das meiste am Menschen ist noch Tier. Büchner hat schon die Evolution gesehen. «Der Aff’ ist schon ein Soldat, s’ist noch nit viel, unterst Stuf von menschliche Geschlecht.» Alle verfolgen das Interesse ihres Geschlechts. Sie sind grotesk, wenn sie sich etwas Geistiges herausnehmen und so tun, als seien sie mehr als Tiere – der Doktor, wenn er faselt von der Revolution in der Wissenschaft, die er bewirken werde, der Barbier, wenn er den dogmatischen Atheismus verkündet, der Hauptmann, wenn er Moral predigt, der Tambourmajor, wenn er sich etwas auf seinen Federbusch einbildet, Marie, wenn sie stolz ist auf einen Mann, der doch nur ein Baum ist, Woyzeck, wenn er die Freimaurer unter dem Boden wühlen hört. Alle sind komisch und elend. Alle sind tragisch und lächerlich. Darin liegt die unverwüstliche Modernität. Büchner hatte nicht die Absicht, ein Theaterreformer zu sein. Das hat sich eher nebenbei ergeben. Er hatte auch nicht die Absicht, eine Pauperismusstudie vorzulegen. Das Thema Armut interessierte ihn zwar, aber es ist nur ein Teilaspekt, der im ersten WoyzeckEntwurf noch gar nicht vorkommt. Die Armut gehört zu den Mächten, die Woyzeck in die Enge treiben, aber seine Marie fällt nicht für Geld, sie fällt, weil der Tambourmajor ein Stier ist. Die unbeherrschbare Triebhaftigkeit der Menschen ist das Herzstück, nicht die soziale Not. Auf seine biografischen Voraussetzungen befragt, erweist Woyzeck sich als Spiegel zahlreicher Konflikte, die Büchner mit sich herumtrug und in sein Drama hineintrug. Es spielt in den Tiefen und Abgründen seiner Seele. Es spielt nicht dort, wo es bürgerlich und aufgeräumt zugeht und das Verdrängte unter strenger Kontrolle steht, sondern dort, wo die Gefühle lagern, die nicht sein sollen und für die er keinen anderen Platz hat als die Dichtung. Die biografischen Beziehungen zu seinem Dramenpersonal sind eng. Das lebende Skelett hatte er als Strassburger Medizinstudent gesehen; ein Grausen war ihm davon übrig geblieben. Er kannte auch Ernährungsexperimente, Sektionen, Präparate und die wissenschaftliche Medizin, die Menschen aufspiesste wie Käfer und, damals wie heute, im Patienten hauptsächlich Material für Forschungen sah. «Wenn Gott will, dass Ihre Zunge zum Teil gelähmt wird, so machen wir die unsterblichsten Experimente.» Diesem Typus entsprach auch Büchners Vater, der eine selbstmordwil- lige Patientin markierte Stecknadeln verschiedener Länge schlucken liess, um herauszufinden, wie lange diese brauchen, um den Darm zu durchwandern. Die Figur des Doktors ist insoweit eine höchst persönliche Angelegenheit des jungen Georg Büchner, der dem, was er kritisiert, gefährlich nahe war. Auch dem Hauptmann ist er nicht fern. Der Hauptmann ist ja kein zackiger Militär, sondern ein Melancholiker, hamletisch unfähig, seinem Begehren Handlungsgestalt zu geben. Büchner hatte sich allzufrüh verlobt, als Neunzehnjähriger, und fühlte sich nun gefesselt. Er träumte von vielen Frauen, wie seine Dichtungen zeigen, die voll von grossartigen Frauenfiguren sind, die meisten davon erotisch sehr anziehend. Bestimmt sah auch er den Mädchen unter die Röcke. Aber wie der Hauptmann war er gefesselt durch die Tugend. Er wäre zwar manchmal gern ein Tambourmajor gewesen, der sich die Frauen einfach nimmt, aber zugleich verachtete er diesen Typus, er war zu anständig und ein Intellektueller mit einem Kopf voller Bedenken. Seine Verlobte durfte ausserdem nicht wissen, dass er noch eine heimliche Geliebte hatte, die er zur Tugend führen wollte. Dem Tagebuch des Freundes Alexis Muston verdanken wir eine sensationelle Nachricht: Büchner habe sich «in einer Art mystischen Anbetung in ein gefallenes Mädchen verliebt, das er auf die Stufe von Engeln zu erheben träumte.» Ausser seiner Verlobten hatte der junge Büchner also noch diese «fille perdue», wie sie im französischen Original heisst, zu verkraften, und wollte sie «relever au niveau des anges». Vielleicht war sie eine Prostituierte, was Büchners erstaunlich gute Kenntnisse des Hurentons erklären würde. Vielleicht wollte Büchner sie auf den bürgerlichen Pfad zurückführen, vielleicht war er daran gescheitert, vielleicht war sie mit irgendeinem Tambourmajor von dannen gezogen, vielleicht rührte daher eine tiefe Kränkung, die er seinem Woyzeck mitgibt, dem es auch nicht gelingt, die heisse Marie zu zähmen. Büchner gehörte eher zu den Langen und Dünnen als zu den Breitbrüstigen und Standsicheren. Er treibt seinen Woyzeck so in die Enge, dass dieser im Mord den einzigen Ausweg sieht. Der Tod auf dem Schafott wird die Folge sein. Büchner kannte die Todesangst. Er hatte eine Grundangst vor Enge. Sein dichterisches Werk ist voll von klaustrophobischen Bildern. Er erlebte die Welt wie einen Sarg, der sich gerade schliesst. Die Grundangst, die vielleicht schon aus 15 der Kindheit kam, hatte sich verschärft durch die sehr konkrete Angst, verhaftet zu werden. Er wurde ja in Deutschland wegen seiner aufrührerischen Flugschrift Der Hessische Landbote steckbrieflich gesucht. Die Anklage hätte auf Hochverrat gelautet. Freunde von ihm sassen im Knast; er wusste, wie schrecklich das war. Er konnte zwar noch rechtzeitig fliehen, aber die Angst blieb, auch Strassburg war ja nicht besonders sicher. Alle Figuren in Woyzeck sitzen in diesem klaustrophobieerzeugten Gefängnis, vor allem Woyzeck selbst, aber auch seine Marie. In ihrer Ausweglosigkeit beten sie. Aber nicht einmal im Himmel ist der Raum offen. «Ich glaub’ wenn wir in Himmel kämen, so müssten wir donnern helfen», sagt Woyzeck. Die Rückbindung an die Biografie soll das Werk nicht privatisieren, es nicht verkleinern und erniedrigen zum Resultat nur der Psychopathologie seines Autors, sondern es erweitern und reicher machen. Das ergreifende junge Leben, das im Februar 1837 in Zürich so jäh endete, soll immer präsent sein und dem Kunstwerk eine tiefe Saite hinzufügen, die im Theatererleben mitschwingt. Die Trauer um ihn darf sich mischen mit der Trauer um Woyzeck und Marie. Das Grosse an Büchner ist ja nicht allein, dass er uns die Trieb- und Interessengebundenheit allen Lebens zeigt. Das Grosse ist die Trauer, mit der er das tut. Er triumphiert ja nicht, als hätte er endlich Aufklärung gebracht, als hätte er den Geist und die Seele und die Menschlichkeit aus purer Wahrheitsliebe entlarvt. Er trauert um die Menschen, die er zeigt, weil sie sich nicht losmachen können aus ihren Ställen und Käfigen, weil sie keine Adler sind, sondern Stiere, Gockel, Ochsen und Schweine, Affen, Spinnen, Zuchtstuten und Ziehbrunnen. Oder bewusstlos vegetieren wie Kinder, Narren und Betrunkene. Er sähe gern Erlöste, findet aber nur Gefangene. Früher und genauer als andere sah er, was aus den vermeintlich aufgeklärten Bürgern des modernen Staates geworden war: Leute wie der Doktor, der Hauptmann, der Tambourmajor, die sich Menschen wie Woyzeck und Marie gefügig machen, anstatt sie als Freie und Gleiche zu behandeln. Im Woyzeck-Drama gibt es keine revolutionäre Perspektive, niemand tritt auf, der die Verhältnisse verbessern könnte. Gerade weil niemand wirklich etwas ändern kann, wirkt das Soziale in seiner Fatalität so empörend, so sehr als Gefängnis. Daran hat sich im Prinzip wenig geändert seitdem. Die Bürgerrechte gehören faktisch nur wenigen. Dem einzelnen Sozialfall wird oft nicht geholfen, oder man kann ihm nicht helfen. Das soziale Netz hätte den Mörder Woyzeck nicht gehalten. Der Fall Woyzeck ist aktuell wie eh und je. Büchner ist ein ausgezeichneter Seismograph, der Erschütterungen wahrnahm, von denen noch heute die Erde zittert. Hermann Kurzke ist Professor emeritus für Neuere Deutsche Literaturgeschichte an der Universität Mainz. In diesem Jahr ist seine vielbeachtete Biografie über Georg Büchner im H.C. Beck-Verlag erschienen 12 16 MUSIK PROLOG Maries Ohrringe Philip Glass: Music Box György Kurtág: Hommage à Mihaly András – 12 Microludes Martin Donner: Intro für Streichquartett op. 13, daraus: 2. Quasi allegretto György Kurtág: Aus der Ferne III für Streichquartett (1991) Stadtszene Alfred Schnittke: The Ascent Suite, daraus: 3. Remorse Johann Sebastian Bach / György Kurtág: Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit, WIRTSHAUS Sonatine, BWV 106 (aus «Játékok») Alfred Schnittke: Adventures of a Dentist-Suite, Alfred Schnittke: The Glass Harmonica Suite, daraus: 3. Der Park. Tempo di valse daraus: 1. The Musician and the Carillon Martin Donner: Tavern Interlude Alfred Schnittke: Adventures of a Dentist-Suite, Woyzeck und Andres daraus: 7. Walzer: Moderato Martin Donner: Woyzeck + Andres György Kurtág: Hommage à Mihaly András – 12 Microludes Woyzeck für Streichquartett op. 13, daraus: 10. Molto agitato Alfred Schnittke: The Glass Harmonica Suite, daraus: 3. The Faces – The Flights – Pyramids Woyzeck und Hauptmann Alfred Schnittke: Rikki-Tikki-Tavi, daraus: Nacht Woyzeck tötet Marie Alfred Schnittke: The Ascent Suite, Tambourmajor und Soldaten daraus: 2. On the Sleigh Martin Donner: Tambourmajor Alfred Schnittke: The Ascent Suite, daraus: 3. Remorse Marie und Woyzeck Wirtshaus II Alfred Schnittke: Die Kommissarin, daraus: Regen Alfred Schnittke: The Waltz Suite, daraus: 3. Factory Philip Glass: Music Box EPILOG Woyzeck und Doktor Johann Sebastian Bach / György Kurtág: Gottes Zeit ist Alfred Schnittke: The Glass Harmonica Suite, die allerbeste Zeit, daraus: 4. The Musician – Awakening Sonatine, BWV 106 (aus «Játékok») Marie und Tambourmajor Alfred Schnittke: Die Kommissarin, daraus: Einzug in die Stadt Martin Donner: Marie + Tambourmajor Woyzeck und Professor Alfred Schnittke: Rikki-Tikki-Tavi, daraus: Kampf 17 DIE KOMPONISTEN Christian Spuck ist ein Meister der klug arrangierten Musikcollagen - eine Eigenschaft, für die der Choreograf inzwischen weithin bekannt geworden ist. Auch für Woyzeck bedient er sich verschiedener musikalischer Werke, die er zu einem stimmigen Ganzen zusammen setzt und der tänzerischen Komposition an die Seite stellt. Die musikalische Auswahl spricht eine eigene Sprache, verweist auf die unterschiedlichen Epochen und Entstehungszusammenhänge der Werke und erschafft Stimmungen, welche gemeinsam mit Tanz und Bühnenbild die Geschichte erzählen. Für Woyzeck hat Martin Donner perkussive Teile komponiert, die sich nahtlos in den Musikteppich aus Kompositionen von György Kurtag, Philipp Glass und vor allem Filmmusik von Alfred Schnittke einfügen. 13 Alfred Schnittke Der deutsch-russische Komponist Alfred Schnittke zählt ohne Frage zu den bedeutendsten Komponisten der Gegenwart. Man hat ihn als «Gratwanderer zwischen Ost und West» bezeichnet – und das spiegelt sich auch in seiner Musik wider. Geboren wurde er 1934 in Engels, der damaligen Hauptstadt der Autonomen Wolgadeutschen Sowjetrepublik. Sein Vater war Journalist, lettischer Jude. Seine Mutter war eine wolgadeutsche Katholikin. Von 1946 bis 1948 lebte die Familie in Wien. Sein Leben zwischen der deutschen und russischen Kultur bestimmte auch zeitlebens sein Wirken und findet sich in seinem kompositorischen Schaffen wieder. Erste Kompositionsversuche unternahm der zwölfjährige Schnittke in Wien, doch der Grundstein für sein reiches Wirken wurde 1948 in Moskau gelegt. Dort besuchte er fünf Jahre lang eine Musikfachschule und liess sich zum Chorleiter ausbilden. 1953 begann er dann am Moskauer Konservatorium sein Studium der Komposition und Kontrapunktik. Ab 1962 lehrte Schnittke dort selbst und arbeitete freischaffend als Komponist. Berühmt machten ihn zunächst seine vielen Kompositionen für den Film. Schnittke widmete sich aber längst nicht nur der Filmmusik, so begründete er die mit seinem Namen eng verbundene sogenannte Polystilistik. Als beispielhaft dafür gilt seine Erste Sinfonie (1969-1972), die er mit Zitaten aus Barock-, Tanz- und Jahrmarktmusik durchsetzt hat. Seine Violinsonate Nr. 2 von 1968 war der Durchbruch auf diesem Gebiet. Genauso wie er die verschiedenen musikalischen Genres aufnahm, zerlegte und neu zusammensetzte, zitierte er in seinem Schaffen auch häufig seine musikalischen Vorbilder (u.a. Bach, Mahler, Bruckner, Ives und Schostakowitsch). Dass sich Schnittkes Musik schon früh im Westen durchsetzte, verdankte er vor allem dem Geiger Gidon Kremer und dem Dirigenten Gennadi Rozhdestvensky. Sie führten bei Konzerten seine Werke auf, und so dauerte es nicht lange, bis Schnittke bei Musikfestivals in Graz, Paris, London, Berlin und Wien gespielt wurde. 1990 siedelte Schnittke nach Hamburg über. Er nahm eine Professur an der Musikhochschule an. Er starb am 3. August 1998 in Hamburg. 18 9 bei Kurtág mit einem hohen Grad an Selbstzweifel und einer überaus selbstkritischen Haltung einher gehen. Bemerkenswert sind diverse, mehr oder weniger versteckte und verschlüsselte Verweise in seinen Werken, so etwa mit den Opuszahlen oder Titeln, beispielsweise mit op. 27 …quasi una fantasia … an Beethoven oder mit op. 28 Officium breve an Weberns Streichquartett. Zudem gibt es kompositorische Anspielungen in den zahllosen Widmungsstücken des Work in progress, Játékok. 14 György Kurtág György Kurtág wurde 1926 in Lugoj im Bánát geboren, einer Region, die seit 1918 zu Rumänien gehört. Er gilt als der bedeutendste zeitgenössische ungarische Komponist – nahm 1948 die ungarische Staatsbürgerschaft an. Kurtág kam 1946 nach Budapest, um Musik zu studieren. Er graduierte zunächst in den Fächern Klavier und Kammermusik, um anschliessend sein Kompositionsstudium abzuschliessen. 1957 ging er für ein Jahr nach Paris, wo er in Kompositionskursen bei Darius Milhaud und Olivier Messiaen nachhaltige Eindrücke sammelte. 1971 verbrachte er als Stipendiat des DAAD ein Jahr in Berlin. Bis zu seinem Ruhestand 1986 war er Professor an der Budapester Musikakademie. Bis zu seinem 1993/95 entstanden Opus 33 und dem Claudio Abbado und den Berliner Philharmonikern gewidmeten Orchesterwerk Stele, komponierte Kurtág – ausser einigen Chorwerken – Kammermusik. Die Botschaften des verstorbenen Fräuleins R.V. Troussova, op. 17 (1981) für Sopran und Kammerensemble machten seinen Namen international bekannt. Die Musik Kurtágs ist geprägt von einer Verdichtung musikalischer Texturen. Kurtágs Sprache ist dabei spielerisch und assoziativ. Dennoch ist sie in ihrer oftmals radikalen Beschränkung und Konzentration durchdrungen von Erkenntnis und Vergeistigung, die 15 Martin Donner Jahrgang 1974, ist seit Mitte der neunziger Jahre als Komponist, Produzent und Musiker tätig. Musikalisch vielseitig interessiert, arbeitet er seit 2000 als freischaffender Künstler in verschiedenen Projekten und Formationen. Dabei setzte er sich intensiv mit der Ästhetik und Produktion elektronischer Musik auseinander. In Kooperation mit der Agentur Publikmacher baute er ein digitales Klangarchiv für das Internet auf und war von 2001-2003 Dozent für Audioproduktion an der Medienwerkstatt Stuttgart. Seit 2002 komponierte er regelmässig Musik für verschiedene internationale Theater und Tanzkompanien. Dabei arbeitete er mit Christian Spuck, René Pollesch und Hans Kresnik zusammen. An der Berliner Humboldt-Universität absolvierte er ein fortbildendes Studium der Kultur- und Medienwissenschaften. In der Folge entstanden neben seiner Musik auch theoretische Texte und Klanginstallationen. 19 16 VON EINEM DER ABIRRT Im Tanz geht es um Eleganz und Leichtigkeit. Ballettdirektor Christian Spuck aber bringt mit Büchners gedemütigtem Soldaten Woyzeck eine Figur auf die Ballettbühne, die diesen Schönheitsidealen radikal widerspricht Herr Spuck, waren Sie schon einmal am Grab von Georg Büchner hier in Zürich? Selbstverständlich war ich schon da. Es tritt einem dort sofort wieder vor Augen, wie jung Büchner war, als er starb. Was hätte er noch alles schreiben können, wenn er nicht mit 23 Jahren gestorben wäre. Die Grösse seines Werks ist ja auch so schon unfassbar. Allein die Formen, die er in seinen Dramen geprägt hat und die völlig unüblich waren für seine Zeit. In vielerlei Hinsicht kann man sagen, Georg Büchner habe das moderne Theater vorweggenommen. Denken Sie an die enorme Szenenverdichtung und Sprachverknappung in Woyzeck. Oder Leonce und Lena – diese Komödie ist fast schon absurdes Theater. All das hat er geschaffen, ohne seine Stücke je gesehen zu haben. Wenn man Büchner auf die Bühne bringt, hat man immer das Gefühl, einfach nicht heranzureichen an das, was er mit seiner Sprache ausdrücken konnte. Man fühlt sich klein, weil sein Werk so gross ist. Nach «Leonce und Lena» in der vergangenen Spielzeit choreografieren Sie nun mit «Woyzeck» das zweite Büchner-Schauspiel als Ballett am Zürcher Opernhaus. Ist es nicht eine ziemlich abwegige Idee, ausgerechenet «Woyzeck» in Tanz zu verwandeln? Das mag sein, aber es ist eine sehr verlockende Heraus­forderung. Die Hauptfigur Woyzeck hat eine Haltung, die dem Tanz eigentlich völlig widerspricht. Er bewegt sich geduckt, mit hängenden Schultern, eingezogenem Kopf und flüchtigen Blicken – während es im Tanz immer darum geht, möglichst aufrecht zu sein, den Raum auszufüllen. Der Schönheitsbegriff wird gross geschrieben, es geht um die Darstellung von Eleganz im Spiel der Körper. Im 19. Jahrhundert war die Sehnsucht nach Leichtigkeit und Überwindung der Schwerkraft etwas sehr Wichtiges. Und das alles passt gar nicht zu Woyzeck. Das macht die Figur spannend. Woyzeck ist unstet und rennt die ganze Zeit wie in einem Hamsterrad. Er ist ein Ge- 20 triebener, will es allen recht machen, muss sein Geld verdienen, um zu überleben. Und wie lösen Sie diesen Widerspruch auf? Gar nicht. Wir spielen mit ihm. Wir haben den Tänzern schwere Schuhe angezogen und versuchen so etwas wie eine «Eleganz der klobigen Absätze» zu kreieren. Wir wollen das Kantige in Woyzeck zeigen, aber die Basis unserer Choreografie bleibt dennoch eine genau umgesetzte Musikalität. So entstehen Spannungsfelder, und die sind mir wichtig. Die Beziehung zwischen Marie und Woyzeck beispielsweise ist alles andere als harmonisch, es liegt etwas Widerstrebendes in den Momenten, in denen sie sich nahe kommen. Man spürt, dass sie eigentlich nicht miteinander zurechtkommen. Sie müssen zusammen leben, weil sie gemeinsam dieses uneheliche Kind haben. Und trotzdem haben wir organische, fliessende Bewegungen für ihre Pas de Deux choreografiert. Denn würden sie sich nur voneinander weg bewegen, gerieten diese schnell plakativ und banal. Man muss Ambivalenzen stark machen und den Zwischentönen nachspüren. Im Tanz droht immer die Gefahr, dass der Ausdruck zu eindimensional wird, weil eine Bewegung zunächst einmal nur eine Bewegung ist. 17 Büchners Szenen sind reich an bildmächtigen Beschreibungen der Figuren und ihrer Physiognomie. Der Hauptmann sagt etwa zu Woyzeck: «Er läuft wie ein offenes Rasiermesser durch die Welt, man schneidet sich an ihm.» Hilft das beim Choreografieren? Büchners Sprache bringt alles unglaublich präzise auf den Punkt, und aus den Sätzen spricht starke Konkretion. Das lässt sich natürlich gut durch den Körper erzählen. In dieser Hinsicht ist Woyzeck leichter auf die Bühne zu bringen als etwa Leonce und Lena, wo man den feinen Humor und die Ironie des Stücks zu fassen kriegen muss. Woyzeck ist griffiger. Denken Sie nur an den Tambourmajor, von dem es heisst, er schreite daher wie ein Löwe. Der besteht nur aus Eitelkeit und Sex, und den interessiert auch nur Sex. In welcher Atmosphäre spielt «Woyzeck»? Ich empfinde das Stück als sehr dunkel. Der Umgang der Menschen untereinander ist extrem bedrohlich. Der Schriftsteller Martin Walser hat von der grossen Leere gesprochen, die einem aus den Dramen des Dichters entgegengähne, vom «Büchner-­ Horror». Empfinden Sie den auch? Über dem Stück liegt eine beklemmende Trostlosigkeit, das ist keine Frage. Trotzdem lebt es auch von einem bissigen Sarkasmus. Der Hauptmann hat in seiner Arroganz und Selbstverliebtheit doch auch etwas Überzeichnet-­Lächerliches. Allen Figuren wohnt dieser Holzschnittcharakter inne. Der Hauptmann, der Doktor, der Tambour­major, der Professor – das sind Typen, die im Stück noch nicht mal einen Namen haben. Es sind Karikaturen. In ihnen kann man auch erkennen, wie Büchner die Sozialkritik angelegt hat. Sie sind Täter, die Woyzeck demütigen, aber sie sind auch Opfer ihrer eigenen Sozialisation. Sie können nicht anders. Sie sind lächerlich und abgründig zugleich. Büchner ist ein Meister solcher Doppelbödigkeiten. Und wie kann man die in einem Ballettabend auf die Bühne bringen? Wir müssen es mit den Möglichkeiten des Tanzes versuchen, etwas anderes bleibt uns ja nicht. Ich liebe zum Beispiel die Jahrmarktatmosphäre, die in dem Stück angelegt ist. Die Figuren erinnern mich an Schiessbudenfiguren, die plötzlich hochklappen und wieder verschwinden, ihre Physiognomie hat etwas Mechanisches und Blechernes. Damit kann man ar- 21 beiten. Oder die Professorszene, die ich um fünf Studenten ergänzt habe: Das Bewegungs­material, das wir in dieser Szene verwenden, kommt wie aus einem schwarzen Musical. Die Studenten tragen Zylinder, mit denen sie spielen, und traktieren Woyzeck, als veranstalteten sie eine skurrile Show. Den Menschen­ experimenten verleihen sie so den Charakter eines düsteren Cabarets. Mit solcherart Ideen versuchen wir, Sarkasmus und ironische Schwärze ins Spiel zu bringen. Die Szenen bekommen einen sinistren Unterhaltungscharakter. Umso grösser ist der Schock, wenn alles in der Katastrophe endet. Spielt Ihr «Woyzeck» in einer konkreten Gesellschaft? Wir haben die Szenen in eine gottverlassene Dorfsituation eingebettet, die ist aber nur mit sparsamen Zeichen angedeutet. Es tauchen Paare auf, die sich immer nur als Dorfpaare bewegen – Mann und Frau immer eingehakt. Sie verkörpern eine demonstrative Dorfharmonie, während Marie und Woyzeck fremd zwischen ihnen wirken. Sie sind eben kein perfektes Paar, sie sind Aussenseiter. Man sieht die Bemühungen der beiden, das gleiche Schrittmaterial wie die Dorfgesellschaft zu verwenden. Nur klappt das nie, weil sich immer einer falschherum bewegt. Es ist ein ständiges Aneinandervorbei zwischen Aussenseitern und Gesellschaft. Woyzeck will unbedingt ein Teil dieser Gesellschaft sein, aber er schafft es nicht. Wir haben uns gefragt, was in diesem Stück Walzer und Polka bedeuten und dann versucht, mit den Mitteln des Tanzes provin­zielle Enge und das Aussenseitertum zu erzählen. Was muss ein Tänzer mitbringen, um Woyzeck tanzen zu können? Kraft! Es bedarf einer riesigen Energieleistung, denn Woyzeck ist in nahezu jeder Szene präsent auf der Bühne. Unser Woyzeck Jan Casier ist eigentlich noch sehr jung für die Figur, aber er bringt die notwendige Athletik und Ausstrahlung mit. Der Abend beginnt mit einem Solo für ihn. Es dauert drei Minuten und ist irrsinnig schnell. In diesem Solo wird Woyzecks Bewegungsrepertoire exponiert: Er spielt den folgsamen Soldaten, den Gedemütigten, den Wahnsinnigen usw. Das gesamte Vokabular der Hauptfigur ist da hinein gepackt und wird extrem verdichtet vorgestellt. Alles spinnt sich ausgehend von diesem Solo fort. Wenn du das getanzt hast, bist du schon fix und fertig, obwohl der Abend gerade erst begonnen hat. Woyzeck offenbart sehr viele Facetten, neben dem geschundenen Charakter auch das Irrlichternde und «Hirnwütige». Im Moment beschäftigen wir uns deshalb in den Proben gerade mit der Frage des Fokus bei Woyzeck. Was hört er? Wo guckt er hin? Wie reagiert er auf Menschen? Normalerweise ist der Fokus im Tanz streng definiert, zu einer anderen Figur, zum Publikum oder ganz grund­sätzlich diagonal. Woyzecks Fokus jedoch irrt immer ab. Er ist in seiner eigenen Gedankenwelt gefangen und hat Visionen. Das muss zum Ausdruck kommen. Kann «Woyzeck» als Ballettabend genauso tiefgründig auf die Bühne kommen wie als Schauspiel? Wenn ich mich als Choreograf dafür entscheide, Literatur oder ein Schauspiel für den Tanz zu adaptieren, weiss ich von vornherein, dass ich bestimmte Ansprüche nicht einlösen kann. Das muss ich in Kauf nehmen. Es kann immer nur eine Version werden, die «nach einem Stück von Georg Büchner» konzipiert ist. Aber ein Tanzabend, wenn er gelingt, berührt den Zuschauer vielleicht auf andere, ungeahnte Weise. Bei einem Gastspiel von Leonce und Lena bin ich vor einiger Zeit mit Koryphäen der deutschen Georg-­ Büchner-Gesellschaft zusammengetroffen. Eine Expertin sagte zu mir nach der Vorstellung, sie habe zunächst grosse Probleme gehabt, sich auf den Abend einzustellen, weil sie das Stück so gut kennt. Aber irgendwann habe sie ihr ganzes Wissen abtrennen können von dem, was auf der Bühne zu sehen war – und von diesem Moment an habe sie den Abend sehr genossen. Ich habe das als Kompliment empfunden. Man muss sich von der Vorlage lösen, der du als Choreograf nie gerecht werden kannst. Das Gespräch führte Claus Spahn 22 Lebenslauf von Christian Spuck Christian Spuck stammt aus Marburg und erhielt seine Ausbildung an der John Cranko Schule in Stutt­gart. Seine tänzerische Laufbahn begann er in Jan Lauwers’ Needcompany und Anne Teresa de Keersmaekers Ensemble ROSAS. 1995 wurde Christian Spuck Mitglied des Stuttgarter Balletts. Als erste Urauffühurng für die Compagnie entstand 1998 die Choreografie Passacaglia. 2001 wurde Christian Spuck zum Hauschoreografen des Stuttgarter Balletts ernannt. Seit 1998 hat er 15 Uraufführungen für die Compagnie choreografiert, darunter die drei abendfüllende Handlungsballette Lulu. Eine Monstretragödie nach dem Schauspiel von Frank Wedekind (2003), Der Sandmann nach der gleichnamigen Erzählung von E.T.A. Hoffmann (2006) und Das Fräulein von S. (2012), ebenfalls nach einer Vorlage von E.T.A. Hoffmann. Mit diesen Werken führte er die von John Cranko beim Stuttgarter Ballett begründete Tradition des neu geschaffenen Handlungsballetts innovativ und zeitgemäss weiter. Seine hohe Musikalität, sein souveräner Umgang mit dem Raum, seine stilsichere Inszenierungskunst und seine Fähigkeit, mit grossen Besetzungen zu arbeiten verlangen geradezu nach dem erzählenden, abendfüllenden Format. Sein erstes grosses Handlungsballett schuf Spuck ebenfalls für das Stuttgarter Ballett: uraufgeführt. Mit diesem Werk gelang es ihm, die grosse Tradition des neu geschaffenen Handlungsballetts innovativ und zeitgemäss fortzuschreiben. 2006 wurde Spuck für eine Spielzeit zum Resident Choreographer der Compagnie Hubbard Street Dance 2 Chicago ernannt und erhielt den Deutschen Tanzpreis «Zukunft» für Choreografie. Für das Aalto Ballett in Essen entstand 2004 das Ballett Die Kinder, das 2005 für den Prix Benois de la Danse nominiert wurde. 2007 folgte im Theaterhaus Stuttgart die Uraufführung von Don Q. Eine nicht immer getanzte Revue über den Verlust der Wirklichkeit. Seit 1999 hat der Choreograf Uraufführungen für eine Reihe renommierter Ballettcompagnien in Europa und den USA geschaffen: Morphing Games für das Aterballetto (1999), Adagio für 6 Tänzer des New York City Ballet (2000), this- für das Ballett der Staatsoper Berlin (2003), The Restless (2005) für Hubbard Street Dance 2 Chicago und The Return of Ulysses (2006) für The Royal Ballet of Flanders. Seit 2005 tritt Christian Spuck auch in den Bereichen Film und Musiktheater in Erscheinung: Am Theater Heidelberg inszenierte er 2005 erstmals eine Oper: Berenice von Johannes Maria Staud. Marcia Haydée als Penelope, ein 25-minütiger Tanzfilm mit Marcia Haydée und Robert Tewsley, wurde 2006 von ARTE ausgestrahlt. 2009 führte er bei Glucks Orphée et Euridice, einer Koproduktion der Staatsoper Stuttgart und des Stuttgarter Balletts, Regie und zeichnete auch für die Choreografie verantwortlich. 2010 inszenierte er Verdis Falstaff am Staatstheater Wiesbaden. Die 2008 beim Aalto Ballett Theater in Essen uraufgeführte Ballettproduktion Leonce und Lena nach Georg Büchner wurde auch ins Repertoire der Grands Ballets Canadiens de Montreal und des Stuttgarter Balletts übernommen. Seine Uraufführung von Poppea//Poppea für Gauthier Dance am Theaterhaus Stuttgart wurde von der Zeitschrift Dance Europe zu den zehn erfolgreichsten Tanzproduktionen weltweit im Jahr 2010 gewählt und gewann 2011 den deutschen Theaterpreis Der Faust. Jüngste Projekte waren Woyzeck für das Norwegische Nationalballett Oslo (2011) und die Uraufführung Das Fräulein von S. beim Stuttgarter Ballett (2012). Seit Beginn der Saison 2012/13 ist Christian Spuck Direktor des Balletts Zürich, für die er als erste Produktion Romeo und Julia choreografierte. 23 19 GLÜCKSKIND AUS BELGIEN Jan Casier tanzt den Woyzeck in Christian Spucks Choreografie des Büchner-Schauspiels. Für den Antwerpener ist es die grösste Herausforderung in seiner jungen Karriere Jan Casier kommt von der Ballettprobe. Er betritt das Restaurant im leichten Pullover und macht einen sehr unbekümmerten und frohen Eindruck. «Wir haben heute das erste Mal einen ganzen Durchlauf gemacht», sagt der junge Belgier mit grosser Zufriedenheit im Gesicht. «Es ist gut gelaufen, aber wir haben noch viel zu tun bis zur Premiere.» Wir, das sind der Ballettdirektor Christian Spuck und die 51 Tänzerinnen und Tänzer des Balletts Zürich, dem Jan Casier seit vergangener Saison als festes Mitglied angehört. Am 12. Oktober hat Spucks Produktion von Woyzeck Premiere, und Jan Casier wird die Titelfigur tanzen. Woyzeck, der Soldat aus einfachen Verhältnissen, der sich aus finanzieller Not für korrupte medizinische Experimente zur Verfügung stellt und schliesslich aus Eifersucht seine Freundin Marie ersticht. Wenn man Jan Casier so gegenübersitzt und ihm zuhört, fällt die Vorstellung nicht leicht, dass ausgerechnet er diese ambivalente Figur aus der Fe- der Georg Büchners verkörpern soll. Seine Stimme ist von jugendlichem Enthusiasmus erfüllt und gleichzeitig spricht er mit einer Besonnenheit, als könnte ihn nichts aus der Ruhe bringen. «Ich empfinde wirklich Mitleid mit diesem Mann. Das Leben meint es nicht gut mit ihm und er weiss nicht, wie er mit all den Sorgen umgehen soll. Ich persönlich führe ein vollkommen anderes Leben, und genau deshalb finde ich diese Figur so interessant.» Sein Leben sei nicht nur anders, sondern sehr glücklich, ergänzt der Tänzer mit einem ehrlichen Strahlen im Gesicht. Bevor er letztes Jahr in die Schweiz gekommen ist, hat Casier in Belgien gelebt. Das Land beherbergt eine der renommiertesten Schulen für zeitgenössischen Tanz, hat einige der einflussreichsten Choreografinnen und Choreografen hervorgebracht und verfügt zudem über eine hochkarätige Compagnie, das Royal Ballet of Flanders in Antwerpen, wo Jan 24 Casier getanzt hat, bis er vergangenes Jahr in die Schweiz gezogen ist. «Ich hätte mir nie träumen lassen, dass ich mal beim Ballett Zürich tanzen werde;» Aufgewachsen ist Casier in Antwerpen. Weder seine Eltern noch andere Verwandte hatten einen Bezug zum klassischen Tanz und trotzdem hat er im Alter von elf Jahren seine ersten Ballettschritte getan. Bereits ein Jahr später hatte er eines jener Schlüsselerlebnisse, über die wohl jeder Tänzer berichten kann. Im Falle Jan Casiers war es ein Sommerkurs an der Royal Ballet School in Antwerpen. Nach dem einwöchigen Kurs konnte er sich ein Leben ohne Ballett nicht mehr vorstellen. «Ich habe ja schon vor diesem Sommerkurs getanzt, aber in dieser einen Woche spürte ich, dass ich mich beim Tanzen vollkommen wohlfühle in meiner Haut.» Als er danach zu einer Audition an derselben Schule eingeladen wurde, bestand für den Zwölfjährigen kein Zweifel mehr, dass er sein Leben dem Tanz widmen wollte. Beim Vortanzen reüssierte er und was folgte, waren sechs Jahre Vollzeitausbildung an der Royal Ballet School in Antwerpen. «Diese sechs Jahre waren die bisher beste Zeit meines Lebens.» Die Ausbildung an der Royal Ballet School in Antwerpen gilt als sehr vielfältig und für junge wissbegierige Tänzer als ein ausgezeichneter Ort, um verschiedene Tanzstile kennenzulernen. Während seiner Zeit an dieser Schule ist bei Jan Casier das Interesse an zeitgenössischem Bühnentanz immer stärker geworden, was vor allem damit zu tun hat, dass er und seine Mitschüler mit einer Vielzahl bekannter Choreografen zusammenarbeiten konnten und die Gelegenheit hatten, deren Werke einzustudieren. «Ich empfand diese Chance als ein grosses Privileg und wünsche mir, dass ich in meiner Karriere als Tänzer noch mit vielen Choreografen zusammenarbeiten darf. Ich möchte als Tänzer nicht stehenbleiben.» Jan Casier ist wie die meisten Tänzer sehr selbstkritisch und gewohnt, jeden Tag das Beste aus sich herauszuholen. Wie viele andere trägt er auch viel Optimismus und Ehrgeiz in sich, jeden Tag ein bisschen besser zu werden. «Als Woyzeck kommen so einige Pas de Deux auf mich zu», sagt er lachend. Und man glaubt sofort, dass dieser Tänzer seine persönliche Herausforderung mit Bravour meistern wird. 20 25 Jan Casier schiebt seinen leeren Teller zur Seite, füllt sein Wasserglas nach und schaut aus dem grossen Fenster auf die Quaianlagen. «Zürich ist wirklich eine fantastische Stadt. Ich bin unglaublich froh, hier tanzen und leben zu dürfen. Zudem sind die Zürcher ein wunderbares Publikum. Es ist eine Freude, ihnen auf der Bühne Geschichten zu erzählen.» Dabei ist das narrative Ballett vergleichsweise neu für ihn, denn als Tänzer beim Royal Ballet of Flanders hat er in erster Linie abstrakte Werke getanzt. Erst in seinem letzten Jahr bei der königlichen Compagnie sei das Stück Onegin von John Cranko in den Spielplan aufgenommen worden und von da an sei in ihm das Bedürfnis immer stärker geworden, auf der Bühne fiktive Rollen zu verkörpern. Mit diesem Wunsch ist Jan Casier in Zürich gut aufgehoben. Das narrative Talent Christian Spucks, der seine Ausbildung in Stuttgart gemacht hat und somit in der Tradition John Crankos steht, ist dem Zürcher Publikum seit Romeo und Julia und Leonce und Lena bestens bekannt. «Christian hat eine wundervolle Art Geschichten zu erzählen. Ich schätze ihn sehr als Künstler und kann noch eine Menge von ihm lernen, das ist grossartig.» Und was kommt nach Zürich? Und wie stellt er sich sein Leben nach der bekanntlich kurzen Tänzerkarriere vor? «Darüber mache ich mir jetzt noch nicht allzu viele Gedanken. Wer weiss schon, was bis dahin alles passiert. Ich möchte einfach meine Zeit im Ballett Zürich geniessen, mit allem was dazu gehört.» Casier ist kein Tänzer, der versucht, mit allen Mitteln aus dem Rahmen zu fallen. Er weiss um seine Fähigkeiten und schöpft daraus die tägliche Kraft, um den anstrengenden Alltag als Balletttänzer zu meistern. Die Kraft wird er brauchen, wenn er als Aussenseiter Woyzeck auf der Bühne steht. aus MAG 12, Text: Isabelle Jakob 21 26 22 DER MANN FÜR ALLE FÄLLE Wie Inspizient Felix Bierich dafür sorgt, dass die Aufführungen reibungslos ablaufen Schon fast alle im Saal haben ihre Plätze eingenommen. Ein gedämpftes Gemurmel füllt den Opernsaal. Unsichtbar für die Besucher sitzt Felix Bierich (48) in seinem schwarzen Kabäuschen, das sich direkt hinter den goldenen Stuckaturen des rechten Bühnenrands befindet. Er drückt auf einen der unzähligen Knöpfe seines Schaltpults und sagt mit sanfter Stimme: «Bitte Klingelton spielen.» Wenige Sekunden später ertönt im Saal ein lautes Klingeln, das die Opernbesucher daran erinnern soll, ihr Handy auszuschalten. Ein wenig später betätigt er einen anderen Knopf und gibt erneut eine Anweisung durch: «Und Saal dunkel» das Gemurmel verstummt. Felix Bierich ist Inspizient. Die Berufsbezeichnung leitet sich vom lateinischen Begriff «inspicere» für besichtigen oder untersuchen ab. Bierich ist dafür verantwortlich, dass während der Vorstellung alles so läuft, wie es soll. Via Headset und Schaltknöpfen kann er alle Kollegen kontaktieren, die einen Knopf im Ohr oder einen Lautsprecher in ihrer Nähe haben. Manchen gibt er nur per Lichtzeichen Anweisungen wie dem Schnürmeister, der für alles zuständig ist, was von oben auf die Bühne schwebt. Heute wird «Woyzeck» gespielt, ein Ballett nach dem Dramenfragment von Georg Büchner. Die Tänzer und die Trommler hat Bierich schon vor ein paar Minuten hinter die Bühne gerufen. Jetzt überprüft er via Monitor, ob Bühne und Orchestergraben bereit sind. Der Inspizient gibt dem Dirigenten grünes Licht. Ein Glockenspiel in Moll erklingt. Bierich blickt in die Noten, schon naht der zweitletzte Takt des Vorspiels. Er löscht das Lichtzeichen für den Schnürmeister. Der schwarze Samt, der den Blick auf die Bühne bisher verborgen hat, hebt sich. Das Opernhaus Zürich beschäftigt insgesamt vier Inspizienten, die pro Jahr 270 Vorstellungen und unzählige Proben betreuen. Sie haben alle einen unterschiedlichen Werdegang, denn im deutschsprachigen Raum gibt es keine Ausbildung für Bühnenwarte oder Stage Manager, wie die Inspizienten auch genannt werden. Felix Bierich kommt vom Sprechtheater, wo er in diversen Häusern in Deutschland als Schauspieler und Regieassistent gearbeitet hat. Dass er heute am Opernhaus tätig sein kann, hat er seinem Hobby, dem Klavierspielen, zu verdanken. Denn als Inspizient muss er Noten lesen können. 27 Auf der Bühne stehen fünf Trommler vor einem weissen Schleier. Woyzeck tanzt zu ihrem Wirbel, als ob er exerzieren würde. «Requisite bereitmachen zum Nebelstarten.» Bierich betätigt erneut den Schalter für den Schnürmeister. Der Schleier lüftet sich. Woyzeck zieht sich aus seinem Lichtkegel zurück. «Uuund Nebel Start.» Nebel wabert auf die Bühne. Beim «Woyzeck» arbeiten rund 200 Personen auf, hinter oder über der Bühne. Alle ihre Aufgaben werden von Felix Bierich koordiniert. Die Partitur, die offen auf dem Inspizientenpult liegt, gibt den Fahrplan vor. Deren Seiten sind voller Post -its, farbiger Markierungen und Bleistiftzeichnungen: «Mit der Zeit kenne ich den Ablauf wie im Schlaf, aber bis es so weit ist, muss ich mir Notizen machen.» Das Stück nimmt seinen Lauf. Schon xmal haben die Tänzer die bewegliche Wand auf der Bühne um 180 Grad gedreht, und x-mal schickte Felix Bierich die Möbler los, um Stühle und Tisch bereit- oder wegzustellen. Bald beginnt der Anfang vom Ende: Woyzecks Geliebte Marie wird sich vom Tambourmayor verführen lassen. Konzentration und die Fähigkeit, auf verschiedenen Ebenen zu denken, sind das Wichtigste in Bierichs Job. Je nach Kommunikationsmittel und je nach Adressat muss er mit Zeitverzögerungen rechnen, bis seine Anweisung durchgeführt wird. Und obwohl er ganz bei der Sache sein muss, sprechen ihn die Leute immer wieder an: «Wo sind wir?» Oder: «Darf ich ein Ricola?» Bierich ist allen ein Rettungsanker. Egal, ob es sich um Orientierungsprobleme oder einen Hustenreiz handelt. Auf der Bühne tanzen Woyzeck und Marie einen Kampf. «Druckaufbau für den Regen», sagt Bierich. Woyzeck hat die Untreue entdeckt. Bierich betätigt die Taste für den Schnürmeister. Wasserdampf nieselt herunter. Woyzeck bohrt Marie ein Messer in den Bauch. Alles läuft wie am Schnürchen. Das ist nicht immer so. Bei der Oper «Die Soldaten» musste Bierich kürzlich auf die Bühne, um einen verkeilten Wagen wieder in die Fahrspur zu rücken während der Aufführung. Woyzeck kniet neben Marie. Die Musik verklingt. Schwarz senkt sich von oben nieder. Das Publikum klatscht. Bierich ist nassgeschwitzt und geniesst den Applaus. aus Migros Magazin, 14.10.2013, Text: Andrea Freiermuth 23 & 24 28 25 BÜHNENBILD UND KOSTÜME von EMMA RYOTT Emma Ryott Emma Ryott schloss ihr Bühnen- und Kostümbildstudium in Nottingham Trent University mit dem Bachelor of Arts ab für Theatre Design ab. Emma Ryott arbeitete zunächst als Kostümassistentin beim English National Ballet und am Londoner Royal Ballet, später als Leiterin der Kostümproduktion der Royal Shakespeare Company. Sie stattete Opernproduktionen u.a. bei den Bregenzer Festspielen und an der New Yorker Metropolitan Opera aus und schuf das Kostümbild für eine Vielzahl von Bühnenproduktionen, u.a. an der English National Opera, der Oper Göteborg, am Piccadilly Theatre und des Savoy Theatre in London, an der Dresdner Semperoper und bei den Salzburger Festspielen. 2006 entwarf sie die Kostüme zu Tom Stoppards Theaterstück Rock ’n’ Roll, das am Londoner Westend sowie am Broadway große Erfolge feierte. Mit Christian Spuck hat Emma Ryott bereits mehrfach zusammen gearbeitet, u.a. für Falstaff am Hessischen Landestheater Wiesbaden, Leonce und Lena für Aalto Ballett Essen, Orphée und Euridice an der Staatsoper Stuttgart, Sleepers Chamber am Theater Augsburg, Le tableau perdu für Royal Swedish Ballet, Woyzeck für das Norwegische Nationalballett in Oslo, The Return of Ulysses für das Royal Flanders Ballet in Antwerpen sowie Don Q und Poppea/Poppea am Theaterhaus Stuttgart. Beim Stuttgarter Ballett zeichnete sie für die Ausstattung von Spucks Ballettproduktionen Das Fräulein von S., Der Sandmann, Lulu. Eine Monstertragödie und ...peau blanche... verantwortlich. 29 Bühnenbild Das Bühnenbild von Woyzeck besteht aus einer s-förmigen Wand, die von den Darstellern selbst bewegt wird. Die beiden Seiten sind unterschiedliche gestaltet mit einer gelblichen horizontalen Linie auf einer und dem Relief eines Dorfes auf der anderen Seite. Schwarze Stühle und Tische deuten je nach Szene unterschiedliche Räume an. Die Bühne ist schwarz ausgehängt. 26-29 30 Kostüme Woyzeck und Marie sind einfach und ärmlich in grau bzw. grün-braun gekleidet. Die vier Gegenspieler von Woyzeck (Tambourmajor, Hauptmann, Doktor und Professor) sind karikaturistisch als Typen herausgearbeitet. Der Hauptmann hat, sehr untypisch für einen Tänzer, einen dicken Bauch, der Professor eine Brille und die Rockschösse seines Fracks sind aufgezwirbelt, der Doktor trägt einen überdimensionalen Zylinder. Der Tambourmajor trägt Fragmente einer Uniform und den charakteristischen Tschako. Die Studenten und das Volk sind historisierend mit Anzügen, Zylindern, schlichten Trachtenröcken und Schnürschuhen angezogen. 30-33 Figurinen von links nach rechts: Doktor, Hauptmann, Professor und Tambourmajor 34 & 35 Figurinen von Woyzeck 31 Besuch in den Werkstätten Die Hutmacherei In der Hutmacherei werden nicht nur Hüte, sondern alle Arten von Kopfbedeckungen hergestellt: Mützen, Helme, Blumenkränzchen, Schleier und Verzierungen, die in eine Frisur gesteckt werden und andere Arten von Kopfschmuck. Ausgenommen sind Perücken (Maskenbildnerei) oder Masken (Kostümbearbeitung, Maskenbildnerei oder Theaterplastik). Die Hutmacherei ist eine Abteilung der Kostümdirektion. Im Ganzen hat die Kostümdirektion über 100 Mitarbeiter, die in verschiedenen Funktionen und Werkstätten für die Produktion, Anpassung und Pflege der Kostüme zuständig sind. Die Hutmacherei des Opernhauses Zürich hat 3 festangestellte Modistinnen. Die Anforderungen der Produktionen an die Hutmacherei sind sehr unterschiedlich. Es gibt Produktionen, die wie das Ballett Woyzeck, für die eine grössere Anzahl Hüte und Kopfbedeckungen hergestellt werden müssen und andere für die es nur wenig bis gar nichts braucht. 36 Beruf Modist/in (Hutmacher/in) Die gängige Berufsbezeichnung ist heute Modist/in und fasst die Berufe Hutmacher/in und Modist/in zusammen. Modist/innen stellen Kopfbedeckungen aus unterschiedlichsten Materialien in vielfältigen Formen von Hand her oder ändern und reparieren alle Arten von Kopfbedeckungen. Frühere Unterscheidung zwischen Hutmacher/in und Modist/in Hutmacher/innen stellen hauptsächlich Herrenhüte her, Modist/innen sind für die Produktion und das Schmücken von Damenhüten zuständig. Daneben stellt ein Modist/in auch Mützen, Kappen, Brautgestecke, etc. her. Das Herstellen von Hüten und Kopfbedeckungen für normale Kundschaft in einem Hutmacheratelier unterscheidet sich sehr von den Anforderungen, die im Theater gestellt werden. Ein Hut für den Alltag muss bequem sein und schön aussehen. Im Theater werden viele historische Kopfbedeckungen hergestellt und die Schauspieler, Sänger und insbesondere die Tänzer müssen sich mit dem Hut sehr gut bewegen können, ohne dass er dabei verrutscht oder herunterfällt. Massarbeit, Umgang mit unterschiedlichsten Materialien und handwerkliche Perfektion gehören selbstverständlich dazu. Ausbildung: 3 jährige Berufslehre als Bekleidungsgestalter/in Fachrichtung Modisterei Informationen: http://www.berufsverband-modistinnen.ch/ 32 Entstehung der Kopfbedeckungen und Hüte für eine Oper oder ein Ballett: Kostümpräsentation: Der Kostümbildner stellt ca. 6 Monate vor der Premiere der gesamten Kostümabteilung alle Figurinen vor und es wird besprochen, welche Anforderungen die Werkstätten der Kostümabteilung (Kostümschneiderei, Schuhmacherei, Hutmacherei, Kostümbearbeitung und Maskenbildnerei) für die Umsetzung der Entwürfe zu erfüllen haben › Einzelbesprechung: Jede Abteilung hat eine Besprechung mit dem Kostümbildner, an der die Details der Umsetzung jeder einzelnen Figur besprochen werden. Auf Grund dieser Besprechung wird im Fundus nach vorhandenen Kopfbedeckungen gesucht, die umgearbeitet werden können und es werden Versuche mit Materialien gemacht, evt. auch Mützen, Hüte etc. bestellt, die dann angepasst werden. Dann werden Materialien getestet und Prototypen hergestellt. › Herstellung: Materialbestellung und Herstellung von Hüten und Kopfbedeckungen. Je nachdem auch Umarbeitung von bestehenden Hüten oder in einem ersten Schritt Tests mit unterschiedlichen Materialien und Formen. › 1. Anprobe: Bei der ersten Anprobe des Kostüms mit dem Darsteller werden alle Teile des Kostüms, also auch Hüte und andere Kopfbedeckungen mit der Kostümbildnerin besprochen und in der Folge korrigiert und angepasst. › Bühnenproben: Für die Klavierhauptprobe muss alles fertig sein. Alle Kostüme kommen das erste Mal auf die Bühne. Ein Mitarbeiter/in jeder Werkstatt sitzt im Publikum und schaut von aussen, wie die Kostüme, Schuhe, Hüte und Maske im Licht aussehen und ob sie so wirken, wie vom Kostümbildner gewünscht. Meistens gibt es Änderungen, die dann in wenigen Tagen umgesetzt werden müssen. 37 38 33 Kopfbedeckungen für Woyzeck: Alle Rollen des Balletts sind dreifach besetzt und da die Kopfmasse der Tänzer sehr unterschiedlich sind, müssen für jeden Darsteller eigene Hüte hergestellt werden. Für das Ballett Woyzeck sind es folgende Hüte: Woyzeck: Soldatenbéret Tambourmajor: hoher Tschako Doktor: hoher Zylinder Gruppen: 5 Soldaten: Tschakos („Husarenhelm“: Kopfbedeckung der Fusstruppen der meisten Armeen am Anfang des 19. Jh.) 5 Studenten: Zylinder (Herrenhut 19. Jh.) 6 Männer auf der Strasse: Zylinder Die Zylinder sollen gebrauchte, historische Zylinder sein. Die Suche nach den passenden Zylindern ist schwierig, da die meisten alten Zylinder zu klein sind für heutige Köpfe. Ausserdem waren diese natürlich auf Mass des damaligen Trägers gemacht, als auch die Kopfform spielt eine Rolle. Zu grosse Hüte kann man eher noch mit Schaumstoff o.ä. zum Passen bringen, zu kleine Hüte kann man nicht anpassen. 39 40 Herstellung neuer Zylinder: Die Herstellung des Zylinders für den Doktor, für den man nicht auf eine bestehende Form zurückgreifen konnte, braucht etwa 1.5 Wochen. Wenn eine Hutform vorhanden ist, geht es schneller, ca. 3 Tage. Spezielle Anforderungen von Kopfbedeckungen fürs Ballett: Die Kopfbedeckungen müssen genau passen und perfekt sitzen, so dass sie auch bei Drehungen und Sprüngen nicht verrutschen können. Gleichzeitig sollten sie so leicht wie möglich sein und aus einem Material sein, das sich nicht mit Schweiss vollsaugt. Je nach Aktion auf der Bühne kommen noch andere Anforderungen hinzu: Der Hut muss von einem anderen Darsteller auch getragen werden, was natürlich wegen der unterschiedlichen Kopfgrössen kaum geht. 34 Ideen für den Unterricht «Einen Woyzeck von Büchner gibt es nicht» Art Dauer Fach Anforderung Ziel Arbeitsgruppen & Plenum ca. 1 Lektion Deutsch Die Schüler/innen kennen die Szenentitel mit kurzen inhaltlichen Angaben (s. unten) Ein oder mehrere Exemplare des Texts von Woyzeck stehen zur Verfügung Erfahrungen mit der konzeptionellen Arbeit, Konstruktion eines Handlungsablaufs auf Grund des Dramenfragments von Büchner. «Einen Woyzeck von Büchner gibt es nicht» schreibt Herman Kurzke in seiner neuen Biografie über Georg Büchner. Kurz vor seinem Tod mit nur 23 Jahren hat Georg Büchner intensiv an Woyzeck gearbeitet und war gerade dabei den Text in einer 4. Fassung umzuarbeiten. Woyzeck existiert darum nur als Dramenfragment. Es ist nicht klar in welcher Reihenfolge die erhaltenen Szenen von Woyzeck erzählt werden sollent und ob Büchner evtl. noch weitere Szenen wie einen Prozess oder Verurteilung von Woyzeck hinzufügen wollte. Jeder Regisseur, der sich Woyzeck vornimmt, muss sich darum seine eigene Version von Woyzeck erarbeiten. Die Schüler/-innen werden anhand von Zusammenfassungen der Szenen ihre eigene Version des Handlungsablaufs von Woyzeck zusammenbauen. Gruppenarbeiten (3-4 Schüler/innen) Die Gruppen lesen die Szenenzusammenfassungen und versuchen eine eigene Variante der Woyzeck-Geschichte zusammen zu stellen (s. folgende Seite). Es kann hilfreich sein, die Szenen auszuschneiden, so dass man die Texte herumschieben kann, bis eine Reihenfolge gefunden ist, die den Vorstellungen der Gruppe entspricht. Hinweis: Die Geschichte muss nicht chronologisch erzählt werden, Vor- oder Rückblenden oder assoziative Verbindungen der Szenen sind erlaubt! Präsentationen der Gruppenarbeiten vor der ganzen Klasse - Die Gruppen präsentieren ihre Version von Woyzeck und kommentieren diese. - Vergleich der verschiedenen Varianten Erweiterung durch Inszenierung einer Szene: Jede Gruppe wählt eine Szene aus und versucht diese mit Blick auf ihre Version von Woyzeck zu inszenieren. Für die Inszenierung überlegen. (Ausgesuchte Szenen für die Gruppen aus dem Theaterstück kopieren) - Was wissen die einzelnen Figuren in diesem Moment? - In welcher emotionalen Verfassung sind sie? - Welche Gefühle oder Geschehnisse sind in der Szene zentral? Diese sichtbar und verständlich machen. Kopiervorlage 1 35 Szenen Dramenfragment Woyzeck Der Hauptmann. Woyzeck Der Offiziersbursche Woyzeck rasiert den Hauptmann. Dem geht es zu schnell, wie alles, was Woyzeck tut. Woyzeck bleibt einsilbig. Das macht den Hauptmann nervös. Er hänselt ihn wegen seiner Dummheit und kommt dann auf sein Lieblingsthema, die Moral: „Woyzeck Ist immer so verhetzt. Er ist ein guter Mensch, aber er hat keine Moral. Er hat ein Kind ohne Segen der Kirche.“ Woyzeck tröstet sich mit dem Wort des Heilands: „Lasset die Kleinen zu mir kommen! Wir armen Leute haben weder Geld noch Zeit für die Tugend, wenn diese sicher auch etwas Schönes ist.“ Freies Feld. Die Stadt in der Ferne Vor der Stadt in einem Gebüsch schneiden Woyzeck und sein Kamerad Andres Stecken für den Hauptmann. Woyzeck erzählt eine Spukgeschichte. Er bekennt Andres seine Angst vor den Freimaurern, die alles verzaubern. Andres wird von der Furcht angesteckt und will sie mit einem Lied vertreiben. Als aber Woyzeck Feuer am Himmel zu sehen glaubt und die Posaune des Gerichts hört, packt auch ihn die Angst, beide verstecken sich im Gebüsch. Doch alles bleibt ruhig. Die Trommel von der Stadt ruft sie heim. Marie mit ihrem Kind am Fenster. Margreth Marie sitzt am offenen Fenster und hält ihr Kind auf dem Schoss. Vor dem Fenster steht die Nachbarin Margret und plaudert mit ihr. Der Zapfenstreich zieht vorbei, die beiden unterhalten sich über den stattlichen Tambourmajor, dessen Gruss Marie nach Margrets Meinung allzu freundlich erwidert. Darüber geraten die beiden in Streit und Margret wirft Marie vor, versessen auf Männer zu sein. Beleidigt schlägt diese nun das Fenster zu. Dann aber redet sie ihrem Kind gut zu und singt ihm ein Schlummerlied. Woyzeck, der durch den Zapfenstreich zurückgerufen wurde, klopft ans Fenster. Marie fällt auf, dass er verstört ist. Geheimnisvoll berichtet Woyzeck nun von einem Gesicht, das er angeblich hatte, das auf wirren Vorstellungen von der Geheimen Offenbarung des Johannes beruht. Er lädt Marie auf den Abend zur Kirmes ein und eilt wieder fort. Marie ist von seiner Angst angesteckt, sie geht ins Freie, um Ruhe zu finden. Woyzeck. Der Doktor: Der Doktor benutzt Woyzeck als Faktotum und Versuchskaninchen. Zunächst muss er eine Strafpredigt einstecken, weil er die Vorschriften des Doktors nicht genau einhielt und ihm den Urin nicht für die Analyse aufgehoben hat. Seit längerer Zeit lebt er nur von Erbsen, weil der Doktor die Auswirkung einer solchen Ernährung erproben will Als der Doktor sich beruhigt erzählt ihm Woyzeck von seinen Visionen. Der Doktor, der alles natürlich Auswirkung einer solchen Ernährung erproben will Als der Doktor sich beruhigt erzählt ihm Woyzeck von seinen Visionen. Der Doktor stellt eine beginnende geistige Verwirrung fest. Sie macht Woyzeck zu einem noch interessanteren Objekt für ihn. Er bewilligt ihm eine Zulage. Dann beginnt er die Untersuchung. Buden, Lichter, Volk - Unteroffizier. Tambourmajor Das Innere der Bude Woyzeck hat Marie auf die Kirmes geführt. Ein Leierkastenmann singt von der Vergänglichkeit des Menschen. Woyzeck gibt dazu wirre Anmerkungen von den Leiden aller Menschen, die Marie nicht versteht und für Narrheit erklärt. Ein Marktschreier führt einen als Soldaten kostümierten Affen vor. Die Kreatur ist nichts, so verkündet er, Kunst ist alles: „Der Äff ist Soldat; ‚s ist noch nicht viel unterste Stufe von menschliche Geschlecht.“ Ein anderes Kostüm aber macht ihn zum Baron. Dann kündigt er das astronomische Pferd und die kleine „Kanaillevögel“ an. Marie möchte das sehen, sie gehen in die Bude. In diesem Augenblick beobachtet sie der Tambourmajor, der mit einem Unteroffizier kommt. Beide bewundern Marie höchst eindeutig und folgen ihnen. In der Bude staunt Marie über die vielen Lichter, die Woyzeck als schwarze Katzen mit feurigen Augen erklärt. Das dressierte Pferd wird vorgeführt, um seine „viehische Vernünftigkeit“ zu zeigen. In grotesken Wendungen und Verdrehungen werden Vieh und Mensch. Vernunft wird zur Verbildung der Natur, die Natur vor vernünftiger Verbildung nicht mehr gesehen. Schliesslich verlangt der Budenbesitzer eine Uhr, da das Pferd die Zeit ablesen soll. Der Unteroffizier leiht grossspurig seine Uhr her. Marie, die vor Neugier glüht, sucht in der vordersten Reihe Platz. Diese Gelegenheit benützen Tambourmajor und Unteroffizier, um sich ihr zu nähern. Marie. Tambourmajor Der Tambourmajor besucht Marie. Beide haben sich gefunden und sind stolz aufeinander. Der Tambourmajor prahlt mit seinem ganzen Glanz in der sonntäglichen Montur. Marie lockt ihn durch spöttische Zweifel an seinem Mannestum. Der Tambourmajor fasst zu, Marie reizt seine Begehrlichkeit noch mehr durch verstellten Widerstand bis sie endlich nachgibt: „Meinetwegen. Es ist alles eins.“ Der Hof des Professors Der Professor hält den Studenten, die im Hof stehen, eine Vorlesung über seine Naturphilosophie. Er will als Beweis der göttlicher Weltordnung die Schwerkraft vorführen, indem er eine Katze aus dem Dachfenster in den Hof wirft. Woyzeck verdirbt den Versuch, indem er die Katze auffängt. Der Professor ist ungehalten, wird aber gleich wieder vergnügt, als Woyzeck erklärt, er habe das Zittern und ihm werde dunkel vor den Augen. Er vergisst zunächst alles, als er auf der Katze Hasenläuse zu entdecken glaubt. Dann führt er sein Versuchsobjekt Woyzeck vor und zeigt die Folgen der einseitigen Ernährung durch Erbsen und die Funktion der Ohrmuskeln. Kopiervorlage 2 36 Marie Marie sitzt mit dem Kind auf dem Schoss und besieht ihr Bild in einem Stückchen Spiegel. Sie bewundert noch den Tambourmajor, der Woyzeck einfach weggeschickt hat. Sie ist stolz ist auf die glänzenden Ohrringe, die ihr der Tambourmajor geschenkt hat. Sie sieht im Spiegel, dass sie genau so schön ist wie die vornehmen Damen mit ihren großen Spiegeln und ihren Herren, die ihnen die Hände küssen. Sie ist aber arm. Das Kind wird unruhig, sie beschwichtigt es. Als Woyzeck unvermutet eintritt, erschrickt sie und verdeckt unwillkürlich die Ohrringe. Aber er hat sie gesehen und wird misstrauisch, kann sich auch nicht gleich zufrieden geben, als sie erzählt, sie habe sie gefunden. Dann aber wendet er sich in rührender Sorge dem Kind zu, gibt ihr Geld und geht wieder fort. Marie wird angesichts dieser Fürsorge von erster Reue über ihre Untreue gepackt. Aber das Liebeserleben ist noch zu stark, sie wirft die Bedenken hinter sich: „Geht doch alles zum Teufel, Mann und Weib!“ Hauptmann. Doktor Der Hauptmann trifft den Doktor auf der Strasse, hält ihn auf und erzählt ihm von seinen melancholischen Anwandlungen. Der Doktor stellt ihm eine höchst unerfreuliche Diagnose und kündigt ihm einen Schlaganfall an. Der Hauptmann aber tröstet sich mit dem Gedanken, dass man an seiner Bahre sagen wird „Er war ein guter Mensch“. Dann reissen die beiden einige fade Witze miteinander als der Hauptmann Woyzeck vorübereilen sieht. Aus Bosheit oder reiner Freude am Klatsch macht er ihn darauf aufmerksam, dass Marie ihn mit dem Tambourmajor betrügt. Die Wirkung ist erschreckend, der Doktor beobachtet sie ganz sachlich. Woyzeck erklärt, dass er sonst nichts auf der Welt habe. Er ist nicht sicher, ob der Hauptmann nicht bloss Spass mit ihm macht, aber die Eifersucht wühlt in ihm. Er stürmt davon, der Doktor eilt ihm nach, um das interessante Objekt weiter zu beobachten. Der Hauptmann aber findet, dass man sein Leben lieben müsse und nicht eilen dürfe. Marie. Woyzeck Woyzeck ist bei Marie. Er findet keine Anzeichen ihrer Untreue. Marie ist zuerst verschüchtert, aber als sie merkt, dass Woyzeck nichts Sicheres weiss, leugnet sie trotzig. Da wirft Woyzeck ein: „Ich hab ihn gesehn!“ Marie aber spottet: „Man kann viel sehn, wenn man zwei Augen hat und nicht blind ist und die Sonn scheint.“ Woyzeck fährt auf „Mensch!“ Marie aber erhebt sich gegen ihn und warnt ihn, sie anzurühren. Woyzeck hält sich zurück, aber die Zweifel bleiben. Die Wachstube Andres und Woyzeck sitzen in der Wachtstube, Andres singt gedankenlos vor sich hin. Sie unterhalten sich über das schöne Sonntagswetter und Andres erwähnt, dass es vor der Stadt Musik und Tanz gibt. Woyzeck lässt es keine Ruhe mehr. Er denkt daran, dass er vielleicht Marie und den Tambourmajor beim Tanz treffen könne. Voller Unruhe läuft er hinaus. Wirtshaus: Die Fenster offen, Bänke vor dem Haus Im Wirtshaus geht es hoch her. Zwei betrunkene Handwerksburschen prahlen mit ihrer Lust, sich zu schlagen und mit ihrem Branntweindurst, der die Welt erst schön macht. Andere singen. Woyzeck stellt sich ans Fenster und sieht Marie und den Tambourmajor vorbeitanzen. Sie tanzen mit Leidenschaft. Marie summt im Rhythmus der Musik: „Immer zu, immer zu!“ Der Griff, mit dem der Tambourmajor sie fasst, ist eindeutig genug. Nun ist Woyzeck klar, dass Marie ihm untreu geworden ist. Eine Welt bricht in ihm zusammen, alle armselige Ordnung, die er noch für sein Leben zu haben glaubte, gerät in Verwirrung. Während er zusammenbricht, hält der betrunkene Handwerksbursche eine parodierende Predigt. Freies Feld Woyzeck ist ins Freie geflüchtet, aber zum Rhythmus der herüber klingenden Tanzmusik hört er immer noch Maries aufpeitschendes „Immer zu!“. Aus dem Boden glaubt er plötzlich andere Stimmen zu hören, die rufen: „Stich, stich die Zickwolfin tot!“ Noch ist der Entschluss nicht gefasst, er zweifelt: „Soll ich? Muss ich?“ Die geheimnisvollen Stimmen aber klingen weiter. Wirtshaus: Woyzeck, Tambourmajor, Leute Woyzeck ist ins Wirtshaus zurückgekehrt und trifft den Tambourmajor, der offenbar eben mit seiner neuen Eroberung prahlte. Er warnt jeden davor, mit ihm anzubändeln. Dann fordert er Woyzeck zum Saufen auf. Als dieser nicht antwortet, wird er wütend, die beiden ringen miteinander und Woyzeck wird besiegt und verletzt. Nun prahlt der Tambourmajor erst recht, Woyzeck aber in seiner Beschämung wird in seinem noch vagen Entschluss gefestigt. Als er weiter verspottet wird, deutet er dunkel an: „Eins nach dem anderen.“ Nacht: ein Zimmer in der Kaserne Andres und Woyzeck liegen in einem Bett, Woyzeck rüttelt Andres wach. Er kann nicht schlafen. Immer, wenn er die Augen zumacht, hört er die Geigen, und dazu spricht es aus der Wand. Andres weist ihn ab. Woyzeck aber beharrt darauf, dass es aus der Wand tönt: „Stich, stich!“ Andres erklärt ihn für einen Narren und schläft wieder ein. Kasernenhof Woyzeck fragt Andres, ob er nichts über den Tambourmajor und Marie gehört habe. Ausweichend antwortet dieser, dass er mit einem Kameraden sei. Auf dringlichere Frage aber erklärt er, dass sich der Tambourmajor seines Erfolges bei Marie gerühmt habe. Woyzeck bleibt ganz kalt, aber er erinnert sich des nächtlichen Traumes von einem Messer. Unter dem Vorwand, für seinen Offizier Wein holen zu wollen, geht er weg. Im Abgehen aber sagt Kopiervorlage 3 37 er bedauernd: „Sie war doch ein einziges Mädel.“ Maries Kammer Marie sitzt mit dem Kinde und dem Narren in ihrer Kammer und blättert in der Bibel. Sie liest im Evangelium von der Ehebrecherin; sie grübelt über das Wort aus dem Petribrief: „Und ist kein Betrug in seinem Munde erfunden.“ Das Kind ist ihr quälende Mahnung an ihre Untreue. Der Narr erzählt sich selbst wirre Märchen, er verwechselt sie alle, Marie sinnt: „Der Franz ist nit kommen, gestern nit, heut nit.“ Sie sucht wieder Trost in der Bibel und liest das Kapitel von der großen Sünderin aus Lukas 7, 38. Mit ihr möchte sie die Füsse des Heilands salben. Aber sie bleibt allein, alles um sie herum ist tot. Woyzeck. der Jude Bei einem Juden will Woyzeck zuerst eine Pistole kaufen, aber sie ist ihm zu teuer. Da kauft er ein Messer und geht zur Tat entschlossen ab. Kaserne: Woyzeck kramt in seinen Sachen Besessen von seinem Plan ist Woyzeck in die Kaserne zurückgekehrt. Er macht eine Art Testament und schenkt seinen kümmerlichen Besitz seinem Freund Andres. Dann liest er seinen Militärpass. Sein Verhalten wird Andres unheimlich, er hält ihn für krank und möchte ihn ins Lazarett schaffen. Woyzeck antwortet nur mit geheimnisvollen Andeutungen vom nahen Sterben. Marie mit Mädchen vor der Haustür Marie ist unter spielenden Kindern auf der Strasse und wartet. Die Mädchen singen ein Lied, das einigen nicht gefällt. Marie soll singen, aber sie will nicht. Da erzählt die Grossmutter ein ebenso geheimnisvolles wie unheimliches Märchen von dem armen elternlosen Kind, das auszog und suchte. Weil auf der Erde niemand mehr war, wollte es in den Himmel gehen. Der Mond schien so freundlich, aber als es hinkam, war es ein Stück verfaultes Holz. Und als es zur Sonne kam, war sie eine verwelkte Sonnenblume, und die Sterne waren goldene Mücken, die wie vom Neuntöter auf Schlehen gesteckt waren. Und als es auf die Erde zurückwollte, war diese ein umgestürzter Hafen und es war ganz allein. Die letzte Isolierung, die tiefste Vereinsamung des Menschen ist in diesem Märchen gestaltet. Während Marie noch über den Sinn des Märchens Augenblick für die Tat gekommen. Woyzeck ersticht sie in einem rasenden Anfall. Dann läuft er kopflos davon. Idiot. Kind. Woyzeck Der Idiot hütet das Kind. Als er die feuchten Kleider des verstört hereinstürzenden Woyzeck sieht, lallt er ununterbrochen: „Der ist ins Wasser gefallen.“ Er und das Kind spüren, dass etwas Schauerliches geschehen ist. Das Kind, das Woyzeck liebkosen will, wendet sich schreiend von ihm ab. Er verspricht ihm einen Lebkuchenreiter und will dem Narren Geld geben, aber dieser reisst plötzlich das Kind an sich und flieht. Wirtshaus Woyzeck ist wieder in das Wirtshaus gegangen, in dem er den Mordplan gefasst hat. Er tanzt wild mit einem lockeren Mädchen, das derbe Scherze mit ihm macht. Ihm wird heiss, er zieht den Rock aus. Da entdeckt das Mädchen Blut an seinem Ellenbogen. Die Leute werden aufmerksam und stellen sich um ihn herum. Der Narr aber wiederholt sein Märchen: „Da hat der Ries gesagt: Ich rieche Menschenfleisch.“ Grauen und Angst packen Woyzeck, er fühlt sich als Mörder durchschaut, er rennt verwirrt hinaus. Woyzeck allein Woyzeck ist an die Stätte der Tat zurückgekehrt. Er sucht nach dem Messer, das ihn verraten könnte. Er findet es bei der Leiche und verliert sich in Wahnvorstellungen. Er glaubt sich als Vollstrecker einer höheren Gerechtigkeit, er glaubt, Marie entsühnt zu haben. Aber dann bricht die Angst wieder durch, er läuft zum Wasser und wirft das Messer weit hinein. Dann fürchtet er, dass es nicht weit und tief genug liegt. Er watet ins Wasser, will sich waschen und das Messer suchen, gerät dabei immer tiefer hinein. Leute kommen hinzu, die das Rufen gehört haben. Sie erkennen, dass jemand ertrunken ist oder ertrinkt und eilen ans Wasser. Kinder Kinder strömen hinaus zum Waldweiher, um noch etwas von dem Mord zu erspähen. Sie klären ein Kind, das noch nichts weiss, darüber auf, dass dort jemand ermordet wurde Sie drängen zur Eile, damit ihnen nur nichts von dem Schauspiel verloren geht. nachdenkt, kommt plötzlich Woyzeck und führt sie fort. Marie und Woyzeck Woyzeck hat Marie an eine einsame Waldstelle geführt. Marie glaubt, er habe sich verlaufen, und zeigt ihm, wo die Stadt liegt. Woyzeck aber beharrt darauf, dass sie bleiben muss. Plötzlich fragt er nach der Vergangenheit „Weißt du auch, wie lang es noch sein wird?“ fragt er weiter. Marie wird es unheimlich, sie drängt zum Heimweg, sie müsse das Nachtessen richten. Woyzeck spricht weiter von ihrer Liebe, macht aber erschreckende Andeutungen. Dann schweigen sie einen Augenblick, bis Marie plötzlich schaudernd den rot aufgehenden Mond sieht. Da ist der Gerichtsdiener, Barbier, Arzt. Richter Arzt, Gerichtsdiener und Richter sind am Tatort versammelt. Ein Polizist stellt beinahe vergnügt fest, dass es „ein guter Mord, ein echter Mord, ein schöner Mord“ sei, „wir haben schon lange so keinen gehabt“. 38 Ideen für den Unterricht Beobachtungen Art Klasse in Gruppen aufgeteilt Dauer ca. 30 Minuten Fach Turnen/Musik Raum Turnhalle oder Klassenzimmer (Bänke und Stühle wegräumen, so dass ein grösserer leerer Raum zu Verfügung steht.) HilfsmittelStoppuhr Ziel Erfahren von beobachten und beobachtet werden. Inszenierungsversuch Woyzeck lebt in einer kleinen Garnisonsstadt. Diese Enge drückt sich auch dadurch aus, dass alle alle kennen, beobachten und darüber sprechen. Die Wohnsituation armer Leute war prekär und eng, so dass es kaum Privatsphäre gab. Woyzeck steht durch die ständige Beobachtung und Bewertung seines Verhaltens unter enormem Druck. Improvisation 1 Klasse in zwei Gruppen aufteilen. Eine Gruppe bewegt sich im Raum, „die Beobachteten“, die Schüler/-innen der anderen Gruppe sind „Beobachter“. Jedem „Beobachteten“ wird ein „Beobachter“ zugeteilt. Nach einem Durchgang werden die Rollen gewechselt: - - - „Die Beobachteten“ können gehen, stehen bleiben, sich hinsetzen oder hinlegen. Sie dürfen jeder zeit ihren Ort oder ihre Stellung wechseln. Sie sollen sich natürlich bewegen und zu Beginn noch nichts Spezielles hineininterpretieren. „Die Beobachter“ beobachten ihren Partner genau. Sie versuchen verschiedene Möglichkeiten des Beobachtens aus: von nah, von fern, wohlwollend oder kritisch. Übertreiben!! Beide Gruppen versuchen ihre Rolle im Spiel immer mehr zu übertreiben und experimentieren, wohin es sie bringt. Nicht sprechen! Erfahrungsaustausch Vor dem Rollentausch: Kurzer Erfahrungsaustausch unter den Schüler/innen: Wie hat sich das angefühlt beobachtet zu werden? War ein Unterschied spürbar, wenn der „Beobachtende“ seine Intention verändert hat? Improvisation 2 Alle Schüler/-innen einer Gruppe beobachten nur einen „Beobachteten“. (Unbedingt einen Schüler/-in aussuchen, die mit den Blicken der ganzen Gruppe umgehen kann.) Die „Beobachter“ versuchen sich möglichst als Gruppe zu verhalten: alle umkreisen den „Beobachteten“ sehr eng, alle entfernen sich, alle machen ein aufmunterndes Gesicht etc. Mehrere Durchgänge mit unterschiedlichen „Beobachteten“. Nicht sprechen! Inszenierung: Die Klasse in 2-3 Gruppen aufteilen. Jede Gruppe erhält den Auftrag zu diesem Thema eine kurze Szene zu erfinden. Es kann hilfreichsein, den räumlichen Ablauf der Gruppe und des „Beobachteten“ aufzuzeichnen. Diesmal ist Sprache erlaubt. 39 Ideen für den Unterricht Ermittlungen im Mordfall Woyzeck Art Dauer Fach Raum Hilfsmittel Ziel Klasse in 5 Gruppen aufgeteilt 1 Lektion Deutsch Klassenzimmer Kopien von Texten aus dem Theaterstück Woyzeck Genau lesen, Informationen erfassen, die sich aus dem Text herauslesen lassen und in die Situation der Gerichtsverhandlung übersetzen. Woyzeck hatte vor seiner Tat mit unterschiedlichen Personen Kontakt. Diese Personen werden im Laufe der Ermittlungen durch die Polizei verhört, um den Tathergang und das Mordmotiv genau nachvollziehen zu können. Aufgabe: Die Klasse wird in 5 Gruppen aufgeteilt. Jede Gruppe erhält zwei Szenen aus dem Theaterstück Woyzeck. In beiden Szenen begegnet Woyzeck jeweils der gleichen Person. Personen und Angaben zu den betreffenden Szenen aus dem Stück: Andres: Margreth/Käthe Hauptmann Doktor Tambourmajor - Freies Feld. Die Stadt in der Ferne (Woyzeck und Andres) - Kaserne: Woyzeck schenkt Andres seine Sachen (Woyzeck und Andres) - Marie mit ihrem Kind am Fenster (Marie, Margreth, später Woyzeck) - Wirtshaus: Woyzeck tanzt mit Käthe (Woyzeck, Käthe und Leute) - Hauptmann wird von Woyzeck rasiert (Woyzeck und Hauptmann) - Hauptmann und Doktor unterhalten sich auf der Strasse (Hauptmann, Doktor und Woyzeck) - Doktor untersucht Woyzeck (Doktor und Woyzeck) - Hauptmann und Doktor unterhalten sich auf der Strasse (Hauptmann, Doktor und Woyzeck) - Kirmes: Tambourmajor beobachtet Marie und Woyzeck (Tambourmajor, Unter offizier) - Wirtshaus: Tambourmajor trifft Woyzeck (Tambourmajor, Woyzeck, Leute) Auf Grund des Textes sucht jede Gruppe Antworten auf folgende drei Fragen: - In welchem Verhältnis stehst du/stehen Sie zu Franz Woyzeck? - Wann hast du/haben Sie ihn zuletzt gesehen und was passierte da? - Welchen Eindruck hattest du / Sie von ihm? Die Gruppen können die Situation des Verhörs als Szene spielen und so alle ihre Antworten theatralisch umsetzen. 40 Kleines Tanzlexikon Erklärungen zu Fachausdrücken aus dem Bereich Bühnentanz, Musik und Bühne Abstrakter Tanz / Ballett Tanz, der keine Geschichte erzählt. Beispiele: George Balanchine: Seine Werke sind nach eigener Aussage «sichtbar gemachte Musik», Merce Cunningham u.a.m. Akademischer Tanz siehe klassisches Ballett Aufwärmen Vor einem Einsatz in Proben oder Aufführungen benötigen die Muskeln und Bänder des tanzenden Körpers eine gute Durchblutung und Erwärmung. Ohne Aufwärmtraining besteht für den Tänzer Verletzungsgefahr. Ausdruckstanz auch freier bzw. expressionistischer Tanz, entstand als Gegenbewegung zum klassischen Ballett mit dem beginnenden 20. Jh. Er dient dem individuellen und künstlerischen Darstellen von Gefühlen der tanzenden Personen. Ballerina / (ital. Tänzerin) ist eine Solotänzerin. Eine Primaballerina ist die Primaballerinabeste und erfahrenste Ballerina einer Kompanie. BallettDrei Bedeutungen: 1. der in künstlerisch stilisierter Form dargebrachte Bühnentanz des abendländischen Kulturkreises. 2. das in der oben genannten Form dargebotene Werk. 3. eine Kompanie, die solche Werke präsentiert. Heute versteht man unter Ballett sehr unterschiedliche Erscheinungsformen des Bühnentanzes, wobei der akademische Ursprung weiterhin durchscheint. Das Wort kommt von italienisch «balletto»: Diminutiv von «ballo», das bedeutet «Tanz»; «ballar» bedeutet «tanzen». An den Höfen Italiens wurden in der Renaissance festliche Aufzüge präsentiert, in denen Zwischenspiele («intermezzi») vorgesehen waren, zumeist als Tanzeinlagen. Ab ca. 1550 bezeichnete man diese Einlagen als «balletti». Aus diesen «balletti» entwickelten sich später die französischen «ballets de cour» (Hofballette). Ballettdirektor leitet eine Ballettkompanie. Er trifft alle künstlerischen Entscheidungen und wählt die Tänzer und weitere Mitarbeiter der Kompanie aus. Ballettmeister leitet das tägliche Training der Tänzer und assistiert den Choreografen bei der Erarbeitung einer Choreografie. Er übt die Tanzstücke mit den Tänzern und studiert bestehende Choreografien neu ein. Barre (franz. Stange) Der erste Teil des Ballett-Trainings findet an der Stange statt. Die Tänzer halten sich mit einer Hand an der Stange, während sie Übungen ausführen. Dadurch werden sie beim Halten des Gleichgewichts unterstützt. Der zweite Teil des Trainings findet dann «au milieu» statt; freistehend in der Mitte des Raumes. 41 Beleuchtung Die Beleuchtung, also das «Licht», macht sichtbar, was auf der Bühne vor sich geht. Das «Licht» unterstreicht die Kulissen, den Tanz und die Musik, also die dargestellten Stimmungen und Situationen auf der Bühne, es hebt bestimmte Dinge hervor und lässt andere wiederum in den Hintergrund treten. Besetzung Alle mitwirkenden Tänzer einer Choreografie und ihre Rollenzuteilung. Bewegungsmaterial Alle Tanzschritte und -kombinationen, die in einem Tanzstück vorkommen. Viele Choreograf/innen sind an der Art ihres Bewegungsmaterials zu erkennen. Bühne In einem Theater besteht die Bühne meistens aus verschiedenen Bereichen: Seitenbühne (rechts und links), Vorderbühne, Hinterbühne, Unterbühne und Hauptbühne. Meistens wird nur die Hauptbühne genutzt. Der Zuschauer sieht bei einer Guckkastenbühne (wie im Opernhaus Zürich) nur den relativ kleinen Ausschnitt der gesamten Bühne, der durch die Proszeniumsöffnung einsehbar ist. Die Hauptbühne befindet sich direkt in der Mitte. Die Seitenund Hinterbühne wird zur Bereitstellung von Dekorationsteilen benutzt. Die Vorderbühne befindet sich vor dem Bühnenportal. Bühnenbild Gesamtheit aller Bühnenbauten und Kulissen, auch Dekor genannt. Bühnenbildner überlegt sich, wie die Kulisse, Dekorationen und Requisiten für ein Stück aussehen sollen. Dabei richtet er sich nach den Ideen der anderen Künstler, das Bühnenbild entsteht gemeinsam mit dem Choreografen oder dem Regisseur. Bühnentanz Tanzvorstellungen mit einer künstlerischen Vision, die vor Zuschauern präsentiert werden. Choreograf ist der kreative Gestalter einer Choreografie. Er ist gleichzeitig Erfinder und Regisseur des Stückes und repräsentiert somit im Vergleich zum Schauspiel gleichermaßen die Rolle von Autor und Regisseur. Choreografie(altgr. χορός «Tanz» und γράφειν «schreiben») bezeichnet das Erfinden und Einstudieren von Bewegungen, meist in Zusammenhang mit Tanz. Eine Choreografie wird ebenso wie eine musikalische Komposition als Kunstwerk betrachtet und reicht vom kurzen Solo- oder Showtanz bis zur mehrstündigen Inszenierung eines Tanztheaterstückes mit vielen Personen und komplexer Handlung. Corps de ballet (frz. Körper/Korpus des Balletts) sind die Mitglieder des Ballettensembles, die im Gegensatz zu den Solotänzern in der Regel als große Gruppe auftreten. Dirigent Musikalischer Verantwortlicher einer Ballettaufführung mit Orchesterbegleitung. Er interpretiert die Partitur und koordiniert das Orchester (und den Chor). 42 Dramaturg Wirkt bei der Entstehung neuer Tanzstücke mit. Er sorgt für die Verständlichkeit des Handlungsablaufs und arbeitet durch Ideen und Vorschläge beratend mit. Er macht Recherchen zum Stoff des Stücks, verfasst Texte für das Programmheft und weitere Publikationen zu den Hintergründen und der Aufführungspraxis des Werkes. Duett Ein Tanzstück oder Teil eines Tanzstücks für zwei Tänzer. Wird auch Pas de deux genannt. Eiserner Vorhang (Schutzvorhang) ist eine bauliche Brandschutzeinrichtung in Theatern, die das Bühnenhaus vom Zuschauerraum in Form eines feuerundurchlässigen Schutzvorhangs trennt, um eine sichere Flucht der Zuschauer zu gewährleisten und den Übergriff des Feuers in andere Gebäudeteile zu verhindern. Ensemblestück Ein Tanzstück oder ein Teil eines Tanzstücks, das für eine Gruppe Tänzer bestimmt ist. Guckkastenbühne Bühnentyp, der durch den Portalrahmen eine klare Trennung zwischen Bühne und Zuschauerraum erzeugt. Sie hat drei Wände, die «vierte Wand» zum Publikum hin ist offen. Handlungsballett Ein Tanzstück, das eine Geschichte erzählt. Inszenierung Das gesamte Bühnengeschehen bei einer Tanz-, Theater- oder Opernaufführung. Interpretation Interpretation im Tanz, Darstellung einer Handlung oder eines Gefühlsausdrucks. In der Musik und im Tanz ist die Aufführung eines Werkes immer schon eine Interpretation (Tänzer und Musiker nennt man darum auch Interpreten). Isolationen Das unabhängige Bewegen einzelner Körperteile. klassisches Ballett / akademischer Tanz ist der seit dem 17. Jh. entwickelte und immer mehr perfektionierte Theatertanz, dessen Schritt- und Bewegungsfolgen in der Danse d‘école strikt kodifiziert sind und im Exercice zur Vervollkommnung der Technik des Tänzers täglich repetiert werden. Im 17. Jh. und 18. Jh. trugen Paris, im 19. Jh. Mailand und St. Petersburg entscheidend zur Weiterentwicklung des klassischen Balletts bei. Das Hauptmerkmal des klassischen Balletts ist das Ausdrehen der Hüften und Füsse. Alle Tanzschritte haben französische Namen. Klavierauszug Zusammenfassung einer Orchesterpartitur für Klavier; wird unter anderem zum Erarbeiten und Proben einer Choreografie verwendet. Kostümdesigner / Kostümbildner entwirft in Rücksprache mit dem Choreografen die Kleidung, die die Tänzer während der Vorstellung tragen. 43 Lichtdesigner entwirft und realisiert die Lichtstimmungen für das Stück. Markieren Ein Tänzer markiert einen Part, wenn er ihn in der Probe nicht voll austanzt, sondern nur andeutet. Moderner Tanz Modern Dance ist eine Variante des Bühnentanzes, die sich seit 1900 in den USA aus Erneuerungsbestrebungen des klassischen Balletts und verschiedener avantgardistischer Strömungen entwickelt hat. Motiv Kleinste Sinneinheit in einer tänzerischen oder musikalischen Komposition. Pantomime Pantomime ist eine szenische Darbietung durch wortlose Gestik, Mimik und Gebärdenspiel. Partitur Zusammenstellung aller Instrumental- und Singstimmen eines Bühnenwerks. In gedruckter Form die Grundlage für die Arbeit des Dirigenten. Pas (franz. Schritt). Bedeutet Tanzschritt, wobei immer die Bewegung des ganzen Körpers gemeint ist und nicht nur die Füsse. In der Fachsprache des Balletts wird Pas meist in Zusammenhang mit anderen Worten gebraucht. Als Bezeichnung für einen bestimmten Schritt wie in «Pas de bourrée», «Pas de chat» usw., aber auch als Bezeichnung für eine bestimmte Form - wie in «Pas d‘action» für eine dramatisch akzentuierte Szene oder um die Anzahl der mitwirkenden Tänzer zu definieren: «Pas de deux», «Pas de trois» etc. Tanzstück oder Teil für zwei, drei usw. Tänzer. Pas de deux Ein Tanzstück oder Teil eines Tanzstücks für zwei Tänzer, auch Duett genannt. Proszeniumstammt über das Lateinische (proscenium) vom altgriechischen πρό «pro» (vor) und σκήνη «skene» (Bühnenhaus). Im modernen Theater ist das Proszenium der vordere Teil der Bühne zwischen Vorhang / Portalöffnung und Orchester. In der Proszeniumsöffnung befindet sich im Allgemeinen der gesetzlich wegen des Brandschutzes vorgeschriebene «Eiserne Vorhang». Requisit Beweglicher Gegenstand, der zur Ausstattung von Szenen in Theater, Film und Oper dient. Repertoire Die verschiedenen Tanzstücke, die von einer Kompanie aufgeführt werden. Saison / Spielzeit Zeitraum, in dem ein Theater Aufführungen veranstaltet, meist vom Spätsommer bis zum Frühsommer des Folgejahres. Solo Ein Tanzstück oder Teil eines Tanzstücks für einen Tänzer oder Tänzerin. Spielplan Verzeichnis aller während einer Spielzeit an einen Theater aufgeführten Werke. 44 Spitzenschuhe Spezielle Tanzschuhe, mit denen die Tänzerin auf ihren Zehen stehen kann. Sie haben eine versteifte Schuhspitze (Box), deren Spitze als Standfläche abgeflacht ist, und einer aufrecht stehenden Ledersohle, auch ‚Wirbelsäule‘ genannt. Box und Sohle verleihen den nötigen Halt und sorgen dafür, dass die Belastung optimal verteilt wird. In einem Spitzenschuh steckt der Fuss vertikal wie ein Korken im Flaschenhals. Die Schuhe werden mit Bändern um den Knöchel befestigt. Synchron Bewegungen, die von mehreren Tänzern zeitgleich und auf exakt die gleiche Weise ausgeführt werden. Tanz Tanz ist ein Sammelbegriff für jede Art spielerisch-rhythmischer Körperbewegung, die Musik- oder Geräuschbegleitung interpretiert, begleitet oder auch Teil davon ist. Tanzen bezieht sich allgemein auf Bewegung als Ausdrucksform oder soziale Interaktion. Tanz kann in einem spirituellen Kontext vorkommen oder auf einer Bühne präsentiert werden Tanzstile Hip Hop, Breakdance, Jazztanz, Musicaltanz, Ballett, Volkstanz, Gesellschaftstänze, Afrikanischer Tanz, Flamenco, Tango, Salsa, Bauchtanz, Stepptanz, usw. Tutu (frz. «Ballettröckchen») ist ein kurzes, aus mehreren Stoff-Lagen (meist Gaze oder Tüll), gefertigtes, gelegentlich auch versteiftes Ballettkostüm. Knöchellang war es das Kostüm der Elfen- und Feengestalten des Romantischen Balletts (ab ca. 1832). Mit der Weiterentwicklung des klassischen Tanzes hat sich auch das Tutu in seiner Form verändert und ist nicht nur traditionelles Kostüm, sondern neben den Spitzenschuhen Symbol der klassischen Tänzerin geworden. Heute unterscheidet man dem choreografischen Stil entsprechend im Wesentlichen zwei Formen: das lange oder so genannte romantische Tutu und das kurze so genannte akademische Tutu. Wiederaufnahme Neueinstudierung einer bereits früher erarbeiteten Inszenierung / Choreografie. Zeitgenössischer Tanz Unter dem Sammelbegriff zeitgenössischer Tanz versteht man die choreografische Bühnentanzkunst der Gegenwart. Dabei steht der individuelle Stil des Choreografen im Vordergrund. 45 Merkblatt zum Vorstellungsbesuch im Opernhaus Zürich Wir freuen uns, dass ihr eine Vorstellung im Opernhaus Zürich besucht und euch fürs Musiktheater interessiert. Alle Mitwirkenden werden ihr Bestes geben, um euch eine packende Vorstellung zu präsentieren. Die Oper und das Theater sind Orte der Begegnung zwischen Künstlern und Zuschauern. Die Darbietenden kreieren die Emotionen und die Stimmungen auf der Bühne jeden Abend neu. Die Zuschauer gestalten ihrerseits die Atmosphäre durch ihre aktive Anwesenheit mit und tragen wesentlich zu einer gelungenen Vorstellung bei. Ihr spielt also eine wichtige Rolle; erst durch eure Konzentration, euer Mitdenken und Mitfühlen entsteht eine spannende Aufführung. Damit sowohl ihr als auch die anderen Zuschauer und die Künstler eine gelungene Vorstellung erleben können, bitten wir euch folgende Regeln einzuhalten: Die Platzverhältnisse im Zuschauerraum sind eng. Jacken, Schirme, Rucksäcke und Sonstiges dürfen aus feuerpolizeilichen Gründen nicht in den Zuschauerraum mitgenommen werden. Mit der Eintrittskarte können die Garderoben kostenlos benutzt werden. Getränke und Esswaren dürfen nicht in den Zuschauerraum mit¬genommen werden. Mobiltelefone und sonstige elektronische Geräte bleiben in der Jackentasche und sind ausgeschaltet. Bei einem ersten Opernbesuch ist vieles neu, interessant und vielleicht auch ungewohnt. In der Pause und nach der Vorstellung könnt ihr euch darüber austauschen, was euch besonders gefallen oder missfallen hat. Gespräche während der Aufführung stören die anderen Zuschauerinnen und Zuschauer. psst! Die Sängerinnen und Sänger auf der Bühne singen ohne Mikrofon. Die Akustik im Haus ist so konzipiert, dass alles, was auf der Bühne gesungen und gespielt wird, überall im Zuschauerraum und auf der Bühne zu hören ist. Ebenso verhält es sich natürlich mit den Geräuschen, die im Zuschauerraum produziert werden. Bitte kommt früh genug ins Opernhaus, damit ihr das spezielle Ambiente im Haus erleben und rechtzeitig eure Plätze einnehmen könnt. Beachtet, dass nach Beginn der Vorstellung bis zur Pause kein Einlass mehr möglich ist. Natürlich könnt ihr euch kleiden, wie ihr wollt. Seid euch jedoch bewusst, dass ein Opernbesuch für viele Besucherinnen und Besucher ein besonderes Ereignis darstellt und sie dies dementsprechend auch mit ihrer Kleidung unterstreichen. Wir wünschen euch einen anregenden Abend und hoffen, dass euch die Vorstellung gut gefällt! 46 QUELLENANGABEN, LINKS, LITERATUR- UND FILMHINWEISE Literatur - Georg Büchern: Hessischer Landbote (Flugschrift), 1834 - Georg Büchner: Dantons Tod (Drama), 1835 - Georg Büchner: Lenz (Erzählung), 1835 - Georg Büchner: Leonce und Lena (Lustspiel), 1836 - Georg Büchner: Woyzeck (Dramenfragment), 1837 - Hans-Thies Lehmann: Woyzeckzeit, aus: Das politische Schreiben, Verlag Theater der Zeit, Recherchen 12, 2002 - Karl Pörnacher, Gerhard Schaub u.a. (hg.): Georg Büchner, Werke und Briefe, Hanser Verlag München, 1998 - Hermann Kurzke: Georg Büchner, Geschichte eines Genies, C.H. Beck Verlag München, 2013 Musik: - Martin Donner: Originalkomposition für Woyzeck (2011): Intro Score, Woyzeck + Andre, Major Score, Marie + Major, Taverninterludescore - Alfred Schnittke: aus Glass Harmonica Suite (1968): I. the Musician and the Carillon, III. Faces – Flights – Pyramides, IV. The Musician – the Awakening, - Alfred Schnittke: aus Die Kommissarin (Filmmusik) (1967): Regen, Einzug in die Stadt - Alfred Schnittke: aus Rikki-Tikki-Tavi (Filmmusik) (1975): Nacht, Kampf - Alfred Schnittke: aus The Ascent (Filmmusik) (1976): II. On the Sleight, III. Remorse - Alfred Schnittke: aus Adventures of a Dentist (Filmmusik) (1965): III. Der Park: Tempo di valse, VII. Walzer: Moderato - Alfred Schnittke: aus The Waltz Suite (Filmmusik) (1969): III. Factory - György Kurtag: aus Hommage à András Mihály. Op. 13 (1977/78): 2., 10. - György Kurtag: Aus der Ferne III, Streichquartett (1991) - Johann Sebastian Bach: Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit (Sonatina)BWV 106, bearbeitet von György Kurtag - Philip Glass: Music Box (2006) Film: Woyzeck (1979): Regie: Werner Herzog, mit Klaus Kinski und Eva Mattes Oper: Alban Berg: Wozzeck (1921) Inszenierungen (Auswahl): - 1913 (Uraufführung) – Münchner Residenztheater, Regie: Eugen Kilian, mit Albert Steinrück als Woyzeck - 1921 – Deutsches Theater Berlin, Regie: Max Reinhardt, mit Eugen Klöpfer als Woyzeck - 1996 – Hamburger Schauspielhaus, Regie: Franz Xaver Kroetz - 2003 – Salzburg, Regie: Michael Thalheimer Bis 1999/2000 sind 420 Inszenierungen in deutschsprachigen Theatern nachweisbar. Links über Georg Büchner: - Texte von Georg Büchner online: http://gutenberg.spiegel.de/autor/82 - Website der Georg Büchner Gesellschaft an der Universität Marburg, Herausgeber des Georg Büchner Jahrbuchs, viele Informationen zur Büchner-Forschung: http://www.uni-marburg.de/hosting/gbg - Neues aus Büchnerland – Peter Brunners Büchnerblog: Viele Informationen zum Umfeld und der Zeitgeschichte, die Georg Büchner geprägt haben: http://geschwisterbuechner.de/ - Ausführliche Informationen zu Leben und Werk Georg Büchners: http://www.xlibris.de/Autoren/Buechner - Sendung von BR-alpha über Georg Büchner (2.7.2010): http://www.br.de/fernsehen/br-alpha/sendungen/ klassiker-der-weltliteratur/georg-buechner-woyzeck-leonce-und-lena100.html - Radiosendung von Bayern 2: „Dann nehme ich den Schiessprügel“: Georg Büchner – ein Portrait“ (30.10.2007): http://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/radiowissen/deutsch-und-literatur/georg-buechner-dossier100.html - Sendung von Deutschlandradio Kultur zur neuen Biografie über Georg Büchner (21. April 2013): http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/kritik/2080707/ - Übersicht zum Kulturprogramm der Büchnergedenkjahre 2012/13: http://www.buechner1213.de/ 47 Link Christian Spuck: - Website von Christian Spuck mit Informationen zu seinen Werken und seinem Werdegang: http://www.christianspuck.com/ Textnachweis: - Georg Büchner – Text und Kommentar, Suhrkamp BasisBibliothek, 4. Auflage 2012 - Karl Pörnacher, Gerhard Schaub u.a. (hg.): Georg Büchner, Werke und Briefe, Hanser Verlag München, 1998 - MAG 12, Opernhaus Zürich und Programmheft Woyzeck - Migros Magazin, 14.10.2013 Bildnachweis: 1) Probenfoto Woyzeck: Filipe Portugal und Jan Casier © Danielle Liniger 2) Probenfoto Woyzeck © Danielle Liniger 3) Probenfoto Woyzeck: Jan Casier und Benoît Favre © Danielle Liniger 4) Woyzeck mit Jan Casier, Manuel Renard, Filipe Portugal, Cristian Assis und William Moore © Judith Schlosser 5) Woyzeck mit Jan Casier, Filipe Portugal und Manuel Renard © Judith Schlosser 6) Hinrichtung von Johann Christian Woyzeck am 27. August 1824 auf dem Marktplatz in Leipzig, Federlithographie von C.G.H. Geissler 7) Portraitzeichnung von Georg Büchner, Zentralbibliothek Zürich 8) Steckbrief von Georg Büchner in der Grossherzoglich Hessischen Zeitung vom 18. Juni 1835 9) Woyzeck © Judith Schlosser 10) Woyzeck, Jan Casier und Cristian Assis © Judith Schlosser 11) Jan Casier als Woyzeck © Judith Schlosser 12) Jan Casier als Woyzeck und Katja Wünsche als Marie © Judith Schlosser 13) Alfred Schnittke 14) György Kurtag 15) Martin Donner 16) Probenfoto Woyzeck: Christian Spuck und Jan Casier © Danielle Liniger 17) Probenfoto Woyzeck: Filipe Portugal und Jan Casier © Danielle Liniger 18) Portrait Christian Spuck © Stefan Deuber 19) Jan Casier © Danielle Liniger 20) Probenfoto Woyzeck: Katja Wünsche und Jan Casier © Danielle Liniger 21) Jan Casier als Woyzeck und Katja Wünsche als Marie © Judith Schlosser 22) Inspizient Felix Bierich © Suzanne Schwiertz 23) Inspizientenpult © Suzanne Schwiertz 24) Inspizientenpult © Suzanne Schwiertz 25) Probenfoto Woyzeck © Danielle Liniger 26)-29) Bühnenbildmodell von Emma Ryott 30) Figurine Doktor von Emma Ryott 31) Figurine Hauptmann von Emma Ryott 32) Figurine Professor von Emma Ryott 33) Figurine Tambourmajor von Emma Ryott 34) Figurine Woyzeck von Emma Ryott 35) Figurine Woyzeck von Emma Ryott 36) Woyzeck im Vordergrund Jan Casier © Judith Schlosser 37) William Moore als Tambourmajor © Judith Schlosser 38) Manuel Renard als Doktor © Judith Schlosser 39) Tschako der Nationalen Feldbatallone, Armeemuseum Ingoldstadt 40) Probenfoto Woyzeck © Danielle Liniger