Kap. I/3: Akteure des Umweltvölkerrechts • III. Akteure des Umweltvölkerrechts • als Teilrechtsordnung des Völkerrechts unterliegt das Umweltvölkerrecht hinsichtlich seiner Akteure denselben Anforderungen wie das Völkerrecht insgesamt • primäre Akteure des Umweltvölkerrechts sind deshalb zunächst die Staaten (Völkerrecht ist bis heute in erheblichem Umfang „Zwischenstaatenrecht“) • nur die Staaten verfügen über umfassende Völkerrechtssubjektivität, d.h. sie sind – theoretisch – Träger sämtlicher völkerrechtlicher Rechte und Pflichten Vorlesung „Internationales und europäisches Umweltrecht“ Sommersemester 2014 / Prof. Dr. Alexander Proelß Kap. I/3: Akteure des Umweltvölkerrechts • Staaten sind sowohl die Rechtsschöpfer als auch die Rechtsunterworfenen; sie handeln Verträge aus bzw. binden sich an die in ihnen kodifizierten Rechte und Pflichten und nehmen mit ihrer Praxis auf den Stand des Völkergewohnheitsrechts Einfluss • eine große Rolle spielen im Bereich des Umweltvölkerrechts auch die internationalen Organisationen • sie haben diejenigen Rechte und Pflichten inne, die ihnen mittels des Gründungsvertrags, auf dem sie basieren, übertragen wurden • hohe Relevanz im Bereich des Meeresschutzes • beachte: es ist jeweils genau zu prüfen, ob im konkreten Fall wirklich eine internationale Organisation mit Rechtspersönlichkeit geschaffen wurde Vorlesung „Internationales und europäisches Umweltrecht“ Sommersemester 2014 / Prof. Dr. Alexander Proelß 1 Kap. I/3: Akteure des Umweltvölkerrechts • keine internationale Organisation mit eigener Rechtspersönlichkeit ist etwa das UNEP, obwohl es den institutionellen Rahmen für die Koordination der Umweltaktivitäten der UN bildet • es handelt sich um ein unmittelbar der UN-Generalversammlung unterstelltes Organ, das nicht über die Kompetenz verfügt, völkerrechtlich verbindliches Sekundärrecht zu erzeugen • alle vom UNEP geschaffenen „Normen“ sind insofern zunächst dem Bereich des soft law zuzuordnen; vgl. auch die Selbstdarstellung auf der Webpage des UNEP : „Mission: To provide leadership and encourage partnership in caring for the environment by inspiring, informing, and enabling nations and peoples to improve their quality of life without compromising that of future generations” Vorlesung „Internationales und europäisches Umweltrecht“ Sommersemester 2014 / Prof. Dr. Alexander Proelß Kap. I/3: Akteure des Umweltvölkerrechts • ebenfalls keine international Organisationen i.e.S. sind die sog. Conferences of the Parties (COPs), d.h. die in regelmäßigen Abständen stattfindenden Zusammenkünfte der Vertragsparteien, in deren Rahmen über die Implementierung und Fortentschicklung des zugrunde liegenden völkerrechtlichen Vertrags beraten wird • keine internationalen Organisationen i.e.S sind schließlich das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), das im Jahre 1988 vom UNEP und von der World Meteorological Organization (WMO) gegründet wurde, sowie die Inter-governmental SciencePolicy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services (IPBES), gegründet 2012 im Auftrag der UN-Generalversammlung • die IPBES ist ein von UNEP, FAO und UNESCO getragenes „unabhängiges intergouvernementales Forum“, die nach dem Motto „from knowledge to action“ wissenschaftliche Datensätze und Erkenntnisse für politische Entscheidungsträger zusammenträgt und aufbereitet Vorlesung „Internationales und europäisches Umweltrecht“ Sommersemester 2014 / Prof. Dr. Alexander Proelß 2 Kap. I/3: Akteure des Umweltvölkerrechts • Hauptaufgabe des IPCC ist es, Risiken der globalen Erwärmung zu beurteilen sowie Vermeidungs- und Anpassungsstrategien zusammenzutragen • beide Foren sind nicht aus einem formalen Übereinkommen hervorgegangen, sondern beruhen jeweils auf mehreren unverbindlichen Dokumenten; dies ändert nichts an der ganz erheblichen rechtspolitischen Bedeutung der insbesondere vom IPCC vorgelegten Berichte (im Oktober 2014 erscheint der fünfte Synthesis Report) • Ausdruck einer Tendenz zur „Entformalisierung“ des Umweltvölkerrechts Vorlesung „Internationales und europäisches Umweltrecht“ Sommersemester 2014 / Prof. Dr. Alexander Proelß Kap. I/3: Akteure des Umweltvölkerrechts • mehr als in anderen Bereichen des Völkerrechts wirkt sich der Einfluss der Non-Governmental Organizations (NGOs) (Bsp.: IUCN; WWF; Greenpeace; Friends of the Earth) auf Stand und Entwicklung des Umweltvölkerrechts aus • Einfluss ist grundsätzlich indirekt, da NGOs normalerweise nicht unmittelbar Träger völkerrechtlicher Rechte und Pflichten sind, sondern allenfalls über Beobachterstatus in den relevanten internationalen Organisationen verfügen • als Vertreter der Zivilgesellschaft können die NGOs erheblichen politischen Druck zur Durchsetzung von Gemeinwohlbelangen ausüben; sie betreiben Lobbyismus zugunsten des Schutzes der Umwelt Vorlesung „Internationales und europäisches Umweltrecht“ Sommersemester 2014 / Prof. Dr. Alexander Proelß 3 Kap. I/3: Akteure des Umweltvölkerrechts • das Individuum verfügt lediglich über partielle Völkerechtssubjektivität; sie ergibt sich mit Blick auf die Rechtsstellung vor allem aus den Menschenrechten, hinsichtlich der Pflichtenseite aus den Straftatbeständen des Völkerstrafrechts (die mit Blick auf den Umweltschutz nur geringe Bedeutung haben) • im Bereich des internationalen Umweltrechts ist insoweit die Aarhus Konvention von besonderer Bedeutung; sie ist der erste völkerrechtliche Vertrag, der jeder Person Beteiligungs- und Zugangsrechte zuschreibt • die Konvention setzt sich aus den drei Säulen (1) freier Zugang zu Umweltinformation, (2) Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und (3) Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten zusammen Vorlesung „Internationales und europäisches Umweltrecht“ Sommersemester 2014 / Prof. Dr. Alexander Proelß Kap. I/3: Akteure des Umweltvölkerrechts • seit langem wird überdies kontrovers diskutiert, ob es ein Menschenrecht auf eine saubere Umwelt gibt • auf universeller Ebene fehlt es an einer entsprechenden rechtsverbindlichen Gewährleistung; obwohl Prinzip 1 der Stockholm Declaration on the Human Environment darauf abgehoben hatte, dass „[m]an has the fundamental right to freedom, equality and adequate conditions of life, in an environment of a quality that permits a life of dignity and well-being, and he bears a solemn responsibility to protect and improve the environment for present and future generations”, entwickelte sich aus dieser Formulierung in der Folge kein allgemein anerkanntes Menschenrecht auf eine saubere Umwelt • nur im regionalen Kontext der African Charter on Human and Peoplesʼ Rights (ACHPR) konnte eine entsprechende Gewährleistung in Art. 24 verankert werden Vorlesung „Internationales und europäisches Umweltrecht“ Sommersemester 2014 / Prof. Dr. Alexander Proelß 4 Kap. I/3: Akteure des Umweltvölkerrechts • diese als Gruppenrecht formulierte Norm wurde von der Afrikanischen Menschenrechtskommission im Ogoniland-Fall wie folgt konkretisiert: “The right to a general satisfactory environment, as guaranteed under Article 24 of the African Charter or the right to a healthy environment, as it is widely known, therefore imposes clear obligations upon a government. It requires the State to take reasonable and other measures to prevent pollution and ecological degradation, to promote conservation, and to secure an ecologically sustainable development and use of natural resources.” • es handelt sich um die bislang weitreichendste Äußerung einer internationalen Menschenrechtsbehörde zum Verhältnis Umwelt / Menschenrechte Vorlesung „Internationales und europäisches Umweltrecht“ Sommersemester 2014 / Prof. Dr. Alexander Proelß 5