Wellenfunktion und Schrödinger–Gleichung

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Kapitel 2
Wellenfunktion und
Schrödinger–Gleichung
Das Ziel ist es, die Begriffe Wellenfunktion, Schrödinger–Gleichung und Hamilton–
Operator anhand von Beispielen einzuführen.
2.1
2.1.1
Wellenfunktion eines freien Teilchens
Doppelspalt–Experiment
Bisher hatten wir nur diskutiert, dass Licht, das klassisch durch (elektromagnetische)
Wellen beschrieben wird, auch Teilchencharakter hat. Interessanterweise gilt auch
umgekehrt, dass Elektronen, die man zunächst als Teilchen interpretiert, auch so etwas
wie einen Wellencharakter“ haben. Ein Schlüsselexperiment, das das verdeutlicht,
”
ist das Doppelspalt–Experiment (Abbildung 2.1). Hierbei werden Elektronenstrahlen
durch eine Blende mit zwei Spalten geschickt.
In dem Experiment werden die Elektronen auf einem Schirm hinter der Blende registriert. Man kann messen, wieviele Elektronen an einem gegebenen Ort aufschlagen.
Wenn man hinreichend viele Elektronen registriert, kann man eine Verteilung der Orte
ihres Auftreffens bestimmen.
Wenn man das Elektron als klassisches Punktteilchen interpretiert, ähnelt die Situation einer Art Torwand–Schiessen. Man würde dann annehmen, dass das Elektron
entweder den einen oder den anderen Spalt passieren kann. Das Muster der registrierten Elektronen wäre dann aus der Summe der einzelnen Prozesse ableitbar. Interessanterweise ist das nicht, was man beobachtet.
Betrachten wir zunächst die Situation, in der nur eine Spalt offen ist. Es entsteht
eine Situation, in der die Elektronen an Orten direkt hinter dem jeweiligen Spalt
akkumulieren. Die interessante Situation ist die, in der beide Spalten offen sind. Hier
entsteht ein Interferenzmuster (mit konstruktiver und destruktiver Interferenz), d.h.
die Verteilung hat lokale Minima und Maxima. Dieses Interferenzmuster erhält man,
indem man zwei Kugelwellen, die von den jeweiligen Spalten ausgehen, superponiert.
11
2.1. WELLENFUNKTION EINES FREIEN TEILCHENS
Quelle
a
Q
b
(a) Nur Spalt a offen.
Quelle
a
Q
b
(b) Nur Spalt b offen.
Quelle
a
Q
b
(c) Beide Spalte offen.
Abbildung 2.1: Doppelspalt–Experiment. Beugung (a) mit nur Spalt a, (b) mit nur Spalt a
und (c) mit beiden Spalten geöffnet.
12
2.1. WELLENFUNKTION EINES FREIEN TEILCHENS
Im Folgenden geht es darum, den Wellencharakter in die Beschreibung von Teilchen
(d.h. z.B. Elektronen) einzubauen.
2.1.2
Bewegung eines freien Teilchens in einer Dimension (1D)
Die kinetische Energie eines Teilchens, das sich in einer Dimension bewegt, ist
E =
p2
,
2m
(2.1)
wobei
p = m · v = m · ẋ
(2.2)
der Impuls ist.
Wellenfunktion. Nun wollen wir den Wellencharakter des Teilchens berücksichtigen. Eine Welle hat eine Amplitude, die wir als die Wellenfunktion Ψ(x, t) des Teilchens bezeichnen wollen.
Die wesentliche Hypothese, die es uns ermöglichen wird, die Wellenfunktion zu
interpretieren, ist:
|Ψ(x, t)|2 bestimmt Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Teilchens am Ort x
und zur Zeit t.
|Ψ(x, t)|2
a
b
Abbildung 2.2: Beispiel für eine Wellenfunktion. Das Integral von a bis b über das Betrags–
Quadrats der Wellenfunktion liefert die Wahrscheinlichkeit dafür, das Teilchen zwischen a und
b zu finden.
Die Wahrscheinlichkeit dafür, zur Zeit t das Teilchen zwischen a und b in Abbildung 2.2 zu finden, ist
W =
�b
a
dx |Ψ(x, t)|2 .
(2.3)
13
2.1. WELLENFUNKTION EINES FREIEN TEILCHENS
Ebene Welle.
Nun setzen wir für Ψ eine ebene Welle an, d.h.
Ψ(x, t) = C ei (k x−ω t) .
(2.4)
Wir werden sehen, dass freie Teilchen durch solche ebene Wellen beschrieben werden
können.
Eine wesentliche Eigenschaft der Wellenfunktion ist die Normierung
�
dx |Ψ(x, t)|2 = 1 .
(2.5)
Für die Wellenfunktion eines freien Teilchens (2.4) hat man
|Ψ(x, t)|2 = |C|2 .
(2.6)
Um solche Wellenfunktionen normieren zu können, muss man sie in einem Volumen
V einsperren“; |C| hängt dann von dem betrachteten Volumen ab.
”
In der Einleitung hatten wir gesehen, dass (zumindest für Photonen) die Energie des
Teilchens proportional zur Frequenz (vgl. (1.6)) und der Impuls proportional zur Wellenzahl (vgl. (1.11)) sind. Wir fordern, dass sich diese Beziehungen auf das Elektron
übertragen, also
E = �ω
und
p = �k .
(2.7)
Damit kann die Wellenfunktion umgeschrieben werden,
�
�
� �
��
i
i
p2
Ψ(x, t) = C · exp
(p x − E t) = C · exp
t
.
px −
�
�
2m
2.1.3
(2.8)
Bewegung eines freien Teilchens in drei Dimensionen (3D)
Wir bezeichnen, wie üblich,
 
x
�rT = (x, y, z)
�r =  y  ,
z
(2.9a)
und
|�r| =
�
√
�r · �r =
x2 + y 2 + z 2 .
(2.9b)
Die Wellenfunktion eines freien Teilchens verallgemeinert sich in 3 Dimensionen zu
�
Ψ(�r, t) = C ei (k·�r−ω t) .
(2.10)
14
2.2. SCHRÖDINGER–GLEICHUNG DES FREIEN TEILCHENS
Der Impuls ist


px
p� =  py  = � · �k
pz
(2.11)
und die Energie ergibt sich zu
E = �ω =
1 p� 2
�2 �k 2
=
.
2m
2m
(2.12)
Durch Einsetzen in die Wellenfunktion erhält man die Form
��
� �
i
p� 2
p� · �r −
t
.
Ψ(�r, t) = C exp
�
2m
2.2
(2.13)
Schrödinger–Gleichung des freien Teilchens
Wir suchen nun eine Differentialgleichung (DGL), zu der Ψ(�r, t) eine Lösung ist, und
fordern die übliche (nicht–relativistische) Energie–Impuls–Beziehung eines freien Teilchens. Wir werden dann argumentieren, wie man die Differentialgleichung modifizieren
muss, um Teilchen in einem Potential zu beschreiben.
2.2.1
Freies Teilchen in 1 Dimension
Ausgangspunkt ist (2.8),
�
i
Ψ(x, t) = C · exp
(p x − E t)
�
�
� �
��
p2
i
= C · exp
px −
t
.
�
2m
Wir sehen, dass jedes Anwenden von ∂/∂t auf Ψ ein ω bzw. p� 2 /(2m) liefert und jedes
∂/∂x ein p. Um die nicht–relativistische Energie–Impuls–Beziehung E = p� 2 /(2m) zu
reproduzieren, brauchen wir also eine DGL, in der ∂/∂x mit der doppelten Potenz
wie ∂/∂t auftritt; das führt auf den Ansatz
∂
∂2
Ψ(x, t) = γ 2 Ψ(x, t) .
∂t
∂x
(2.14)
Einsetzen der Wellenfunktion (2.8) liefert
−i ω C ei (k x−ω t) = γ (−k 2 ) C ei (k x−ω t)
(2.15)
mit
γ =
i�E
iω
=
.
k2
p2
(2.16)
D.h. die gesuchte DGL ist
15
2.3. DARSTELLUNG VON ENERGIE UND IMPULS DURCH
(DIFFERENTIAL-)OPERATOREN
i�
�2 ∂ 2
∂
Ψ(x, t) .
Ψ(x, t) = −
∂t
2m ∂x2
(2.17)
Dies ist die Schrödinger–Gleichung für ein freies Teilchen in einer Dimension.
2.2.2
Freies Teilchen in 3 Dimensionen
Aus den Überlegungen in den Abschnitten 2.1.2 und 2.1.3 kann man sofort die Verallgemeinerung auf 3 Raumdimensionen erschließen,
i�
∂
�2
�2 � 2
Ψ(�r, t) = −
∇ Ψ(�r, t) = −
Δ Ψ(�r, t) .
∂t
2m
2m
(2.18)
Dies ist die Schrödinger–Gleichung für ein freies Teilchen in 3 Dimensionen.
Notation.
In (2.18) verwenden wir den Gradienten (in kartesischen Koordinaten)
 ∂ 
� = 
∇

∂x
∂
∂y
∂
∂z


und den Laplace–Operator
� ·∇
� = ∇
� 2 =
Δ = ∇
2.3
∂2
∂2
∂2
+
+
.
∂x2 ∂y 2 ∂z 2
Darstellung von Energie und Impuls
durch (Differential-)Operatoren
Offenbar können wir die Energie und den Impuls mit Operatoren identifizieren,
∂
,
∂t
� .
Impuls p� ↔ −i �∇
Energie E ↔ i �
(2.19a)
(2.19b)
Wir werden später sehen, dass in der Quantenmechanik physikalisch beobachtbare
Größen (Observablen) durch Operatoren dargestellt werden.
16
2.4. HAMILTON–OPERATOR
2.4
Hamilton–Operator
2.4.1
Hamilton–Operator für ein freies Teilchens
Hamilton–Funktion in der klassischen Mechanik. In der klassischen Mechanik kann man ein System durch die Hamilton–Funktion H(qi , pi , t) beschreiben; die
pi bzw. qi bezeichnen dabei die (verallgemeinerten) Impulse bzw. Koordinaten. Die
Dynamik des Systems wird dann bestimmt durch die Differentialgleichung
ṗj = −
∂H(qi , pi , t)
∂qj
und
q̇j =
∂H(qi , pi , t)
.
∂pj
(2.20)
Für ein konservatives“ System ist H(qi , pi , t) = H(qi , pi ), d.h. H ist nicht explizit
”
”
von der Zeit abhängig“. Die Hamilton–Funktion H(pi , qi ) beschreibt dann die erhaltene Energie des Systems.
Beispiel: Freies Teilchen in 3 Dimensionen.
H = H(�
p) =
p� 2
≡ E.
2m
Hamilton–Operator in der Quantenmechanik. Nachdem wir gesehen haben,
dass wir die Energie mit einem (Differential-)Operator identifizieren können, und dass
die Energie eines klassischen Systems durch die Hamilton–Funktion gegeben ist, ist
es naheliegend, einen Hamilton–Operator zu erklären durch
H = −
�2 � 2
�2
∇ = −
Δ.
2m
2m
(2.21)
Dies ist der Hamilton–Operator für ein freies Teilchen in 3 Dimensionen. Später
werden wir Hamilton–Operatoren für andere Systeme erklären, die, durch Anwenden
auf die entsprechende Wellenfunktion, ebenfalls die Energie des Teilchens liefern.
Notation. Operatoren werden in diesen Notizen stets fett gesetzt. In der Literatur
wird oftmals von der Konvention Gebrauch gemacht, Operatoren durch Hüte kenntlich
zu machen.
Mit dieser Definition kann man die Schrödinger–Gleichung schreiben als
i�
∂
Ψ(�r, t) = H Ψ(�r, t) .
∂t
(2.22)
17
2.4. HAMILTON–OPERATOR
2.4.2
Hamilton–Operator für ein Teilchen im Potential V
Klassische Hamilton–Funktion für ein Teilchen im Potential V . Zur Beschreibung eines klassischen Systems, in dem sich ein Teilchen im Potential V bewegt,
verwendet man die Hamilton–Funktion
H(q, p) =
p2
+ V (q) .
2m
(2.23)
Die Dynamik des Teilchens ist dann ebenfalls durch (2.20) gegeben.
Hamilton–Operator für die quantenmechanische Beschreibung eines Teilchens im Potential V . Damit ist es naheliegend, für den Hamilton–Operator in
der quantenmechanischen Beschreibung des Systems anzusetzen
H = −
�2
Δ+V
2m
(2.24)
Hierbei ist V eine Funktion vom Ort; später werden wir zulassen, dass V ein Operator
ist.
Schrödinger–Gleichung für ein Teilchen im Potential V .
Operator (2.24) lautet die Schrödinger–Gleichung
�
�
∂
�2
Δ + V Ψ(�r, t) = i �
Ψ(�r, t) .
H Ψ(�r, t) =
−
2m
∂t
Mit dem Hamilton–
(2.25)
Der Hamilton–Operator bestimmt also die zeitliche Entwicklung der Wellenfunktion.
Stationäre Systeme. Falls V nicht explizit von der Zeit t abhängt, kann die Lösung
der Schrödinger–Gleichung (2.25) durch einen Separationsansatz bestimmt werden,
�
�
iE t
Ψ(�r, t) = ψ(�r) exp −
.
(2.26)
�
Einsetzen liefert
∂
i � Ψ(�r, t) = i �
∂t
�
�
�
�
iE t
iE
ψ(�r) exp −
= E Ψ(�r, t) .
−
�
�
(2.27)
Damit ergibt sich die stationäre Schrödinger–Gleichung
H Ψ(�r, t) = E Ψ(�r, t) .
(2.28)
Die zeitliche Entwicklung ist durch (2.26) festgelegt; es genügt also,
18
2.5. WELLENPAKETE
H ψ(�r) = E ψ(�r)
(2.29)
zu lösen. Diese Gleichung ist eine Eigenwertgleichung, wobei E dem Eigenwert bzgl.
des Hamilton–Operators H und Ψ der Eigenfunktion entsprechen.
Bemerkung: Gleichung (2.29) beschreibt ein Eigenwertproblem, wie es aus der
linearen Algebra geläufig ist. Dort hat man es oft mit Matrixgleichungen der Form
Av = λv
0
zu tun, wo A eine Matrix bezeichnet und λ ∈ ist. Durch Lösen dieser Gleichung kann
man die Matrix A, die eine lineare Abbildung zwischen Vektorräumen repräsentiert,
diagonalisieren.
2.5
Wellenpakete
2.5.1
Eindimensionale Wellenpakete
Erinnern wir uns zunächst an die Wellenfunktion für ein freies Teilchen in 1D,
�
�
� p · x�
Ep · t
p2
exp −i
.
(2.30)
Ψp (x, t) = Cp exp i
mit Ep =
�
�
2m
Diese löst die Schrödinger–Gleichung für ein freies Teilchen (2.17).
i�
∂
�2 ∂ 2
Ψ(x, t) .
Ψ(x, t) = −
∂t
2m ∂x2
Wenn man zwei Lösungen der Schrödinger–Gleichung gefunden hat,
�
�
∂
�2 ∂ 2
i�
+
(i = 1, 2) ,
Ψ(i) (x, t) = 0
∂t 2m ∂x2
dann löst offensichtlich auch die Summe dieser Ψi die Schrödinger–Gleichung,
��
�
�
�2 ∂ 2
∂
(1)
(2)
(x,
t)
+
Ψ
(x,
t)
= 0.
Ψ
+
i�
∂t 2m ∂x2
M.a.W. für Lösungen der (freien) Schrödinger–Gleichung gilt — ebenso wie für Lösungen der Wellengleichung in der Elektrodynamik — das Superpositionsprinzip. Das
impliziert, dass die kontinuierliche Superposition“
”
��
� �
�∞
p2
i
px −
t
(2.31)
Ψ(x, t) =
dp Cp exp
�
2m
−∞
19
2.6. WAHRSCHEINLICHKEITSINTERPRETATION
ebenfalls Lösung der Schrödinger–Gleichung ist. Wir fordern, dass die Koeffizientenfuktion Cp die Bedingung der Quadrat–Integrabilität erfüllt, d.h.
�∞
dp |Cp |2 < ∞ .
−∞
Für Wellenfunktionen, die physikalische Zustände beschreiben, werden wir eine Normierung auf 1 fordern, die durch Reskalieren erreicht werden kann, solange obiges
Integral endlich ist.
2.5.2
Dreidimensionale Wellenpakete
Die Verallgemeinerung auf drei Raumrichtungen ist offensichtlich. Aus dem Superpositionsprinzip ergibt sich auch hier wieder eine Lösung der Schrödinger–Gleichung
Ψ(�r, t) =
�
�
�∞
wobei
3
d p :=
�
i
d p Cp� exp
�
−∞
3
dpx
−∞
dpy
�∞
p� 2
p� · �r −
t
2m
��
,
(2.32)
dpz
−∞
�
und wir fordern, dass d3 p |Cp� |2 < ∞ bzw. nach geeigneter Reskalierung d3 p |Cp� |2 =
1.
2.6
�
�∞
�
Wahrscheinlichkeitsinterpretation
Bisher haben wir uns Wellenfunktionen Ψ(�x, t) angesehen und Differentialgleichungen hergeleitet“. Nun wollen wir die physikalische Interpretation der Wellenfunktion
”
klären.
2.6.1
Wahrscheinlichkeitsdichte
Die Hypothesen für die Interpretation der Wellenfunktionen Ψ(�x, t) sind
I. Ψ(�r, t) ist die Wahrscheinlichkeits–Amplitude einer Welle, welche die Bewegung
in Raum und Zeit beschreibt,
Ψ(�r, t) ↔ Teilchen .
II. ρ(�r, t) = |Ψ(�r, t)|2 = Ψ∗ (�r, t) · Ψ(�r, t) ist die Wahrscheinlichkeitsdichte dafür,
dass sich das Teilchen zur Zeit t am Ort �r aufhält.
20
2.6. WAHRSCHEINLICHKEITSINTERPRETATION
Räumliche Wahrscheinlichkeitsverteilung.
Volumenelement
Mit dem
�r
d3 r = dx dy dz
dz
dx dy
wird die Wahrscheinlichkeit dafür, dass das Teilchen sich
zur Zeit t am Ort �r im Volumenelement d3 r befindet, zu
w(�r, t) = ρ(�r, t) · d3 r = |Ψ(�r, t)|2 · d3 r .
Normierung. Die Wellenfunktion muss normiert sein, das heißt, es muss zu jeder
Zeit t gelten, dass
�
�
�
!
d3 r |Ψ(�r, t)|2 =
d3 r Ψ∗ (�r, t) Ψ(�r, t) = 1 .
(2.33)
d3 r ρ(�r, t) =
D.h. wir fordern, dass zu jeder Zeit t sich das Teilchen irgendwo aufhält. Dies impliziert insbesondere Wahrscheinlichkeitserhaltung. Wir werden später in Abschnitt 2.6.4
sehen, dass, wenn man die Normierung (2.33) für eine Zeit t0 fordert, Lösungen der
Schrödinger–Gleichung auch zu allen anderen Zeiten t normiert sind.
Beispiel: Freies Teilchen in kubischer Box mit Volumen V .
Wellenfunktion für festes p�,
�
�
�
i �
p� · �r − Ep� t
Ψp� (�r, t) = Cp� exp
�
Betrachte die
mit Ep� = p� 2 /(2m). Aus der Forderung, dass das Teilchen irgendwo zu finden sein
muss, folgt
�
�
!
1 =
d3 r ρ(�r, t) =
d3 r |Cp� |2 = V · |Cp� |2 .
V
V
Das bedeutet, dass
ei α
Cp� = √
V
ist, wobei α eine beliebige reelle Zahl ist. Insbesondere ist die Wahrscheinlichkeit für
den Aufenthalt des Teilchens überall gleich groß.
21
2.6. WAHRSCHEINLICHKEITSINTERPRETATION
2.6.2
Beispiel: Gaußsche Wellenpakete in 1D
Betrachten wir nun die Wellenfunktion
��
� �
�∞
p2
i
t
,
px −
Ψ(x, t) =
dp Φ(p) exp
�
2m
(2.34)
−∞
wobei wir für die Koeffizienten–Funktion Φ(p) eine Gauß–Verteilung (Abbildung 2.3)
ansetzen, d.h.
�
�
� �
1 p − p0 2
Φ(p) = A exp −
.
(2.35)
2
Δp
Δp ist ein Maß für die Breite der Gauß–Verteilung. Aus den beiden Gleichungen (2.34)
|Φ(p)|2
Δp
p0
p
Abbildung 2.3: Gauß–Verteilung.
und (2.35) erhält man dann zur Zeit t = 0 die Wellenfunktion
Ψ(x, t = 0) =
�∞
dp Φ(p) exp
−∞
Vektorraum
�∞
−∞
02 .
�
ipx
�
�
.
Sei f quadrat–integrabel, d.h.
dx |f (x)|2 = endlich .
(2.37)
Der Vektorraum der quadrat–integrablen Funktionen wird mit


�∞


2
=
→ ;
dx |f (x)|2 = endlich .
f :


�
(2.36)
�
0
−∞
22
�2 bezeichnet,
(2.38)
2.6. WAHRSCHEINLICHKEITSINTERPRETATION
�
Fourier–Transformation. Man erklärt die Fourier–Transformierte von f ∈ 2
durch
�∞
dx
√ e−i k·x f (x) .
(2.39)
f�(k) =
2π
−∞
Die Fourier–Rücktransformierte ist gegeben durch
f (x) =
�∞
−∞
dk
√ ei k·x f�(k) .
2π
(2.40)
√
Konvention. Die 2π–Faktoren sind eine Konvention. Wir benutzen die Konvention, die beispielsweise in [Griffiths] aber nicht in [Schwabl 1] verwendet wird.
Fourier–Transformierte einer Gauß–Verteilung. Die Fourier–Transformierte
einer Gauß–Verteilung ist wieder eine Gauß–Verteilung (vgl. Übungs–Blatt 1), d.h.
die Funktion
�
�
x2
1
(2.41a)
exp − 2
f (x) = �√
2λ
πλ
besitzt die Fourier–Transformierte
�∞
dx
�
√ f (x) e−i k x
f (k) =
2π
−∞
�
� 2 2�
λ
λ k
√ exp −
=
.
2
π
(2.41b)
Insbesondere ist Φ(p) bis auf Vorfaktoren die Fouriertransformierte von Ψ(x, t = 0).
Zeitliche Entwicklung des Gaußschen Wellenpakets. Nun betrachten wir die
zeitliche Entwicklung des Gaußschen Wellenpakets (2.34). Zur Auswertung der p–
Integrale schreibt man den Integranden in (2.34) in der Form
� �
��
exp − a p2 − 2b p + c .
Hier haben wir die Hilfsvariablen
a :=
1
it
+
,
2 (Δp)2 2m �
b :=
ix
p0
+
2(Δp)2 2�
und
c :=
1
2
�
p0
Δp
�2
definiert. Einsetzen dieser Hilfsvariablen in die Gleichungen (2.34) und (2.35) liefert
�
�
�
�
�∞
b 2 b2
−c
+
Ψ(x, t) = A
dp exp −a p −
a
a
−∞
23
2.6. WAHRSCHEINLICHKEITSINTERPRETATION
= A exp
= A
�
�
b2
−c
a
� �
�
b 2
dp exp −a p −
a
−∞
�
��
�
√π
�
� �∞
=
�
b2
π
exp
−c
a
a
�
=: A
�
a
π
exp [Z]
a
b2
mit Z = Re(Z) + i Im(Z) =
− c. Also ergibt sich
a
�
π
exp [Re(Z) + i Im(Z)] ,
Ψ(x, t) = A
a
�
π
∗
∗
Ψ (x, t) = A
exp [Re(Z) − i Im(Z)] ,
a∗
π
exp [2 · Re(Z)] .
Ψ∗ Ψ = |A|2
|a|
Nun machen wir die Nebenrechnungen
�
1� 2
Z =
b − ac
a�
�
t p20
x2
i p0 x
i
p20
p20
1
−
+
−
−
=
a 4 (Δp)4 4�2 2� (Δp)2 4 (Δp)4 4 m � (Δp)2
��
�
�
1
i
p20
x2
=
t
x
−
p
− 2+
0
a
4�
2� (Δp)2
2m
und
1
it
−
2
1
2 (Δp)
2m �
=
=
2
a
|a|
t2
1
+
4(Δp)4 4m2 �2
t (Δp)4
(Δp)2 − i
m� .
= 2
t2 (Δp)4
1+
m2 �2
Damit wird
� �
� �
� 2
�
�
�
1
1
Re b − a c − Im
Im b2 − a c
Re Z = Re
a
a
� 2�
��
�
�
��
−x
1
p20
2
t (Δp)4
2
−
p0 x −
=
(Δp)
t
4�2
2� (Δp)2
2m
m�
t2 (Δp)4
1+
2
2
m �
(Δp)2
�
� p �2 �
2
1
p0
0
2
�
= −
x − 2 tx +
t
.
2
4
2
m
m
t (Δp)
1+
m2 �2
a∗
24
2.6. WAHRSCHEINLICHKEITSINTERPRETATION
Somit können wir den Realteil von Z schreiben als
�
�
x − v0 t 2
,
2 Re(Z) = −
Δx(t)
wobei
v0
p0
=
m
Damit ist
|Ψ(x, t)|2
�
Δx(t) =
Δp
und
�
�
�
(Δp)2 2
1+ t
.
m�
� �
�2 �
x
−
v
t
π
0
.
exp −
= |A|2
|a|
Δx(t)
Der Vorfaktor A ist durch die Normierung
�
!
dx |Ψ(x, t)|2 = 1
festgelegt. Das Endergebnis für die Aufenthaltswahrscheinlichkeit ist
� �
�2 �
t
x
−
v
1
0
.
exp −
ρ(x, t) = |Ψ(x, t)|2 = √
Δx(t)
π Δx(t)
(2.42)
Die Interpretation des Ergebnisses ist in Abbildung 2.4 dargestellt: Das Wellenpaket
wandert“ und zerfließt“. Die Gruppengeschwindigkeit eines Wellenpakets ist gege”
”
|Ψ(x, t = 0)|2
|Ψ(x, t > 0)|2
x
x
Abbildung 2.4: Zerfließen eines Wellenpakets.
ben durch
v0 =
�
dE(p)
dp
�
=
p=p0
d(� ω)
.
d(� k)
(2.43)
25
2.6. WAHRSCHEINLICHKEITSINTERPRETATION
Mit der Energie–Impuls–Beziehung ( Dispersionsrelation“) für ein nicht–relativistisches
”
Teilchen
E(p) =
p2
2m
bekommt man
p0
.
v0 =
m
Dies ist die sog. Gruppengeschwindigkeit, die mit der klassischen Geschwindigkeit
des Teilchens übereinstimmt. Diese sollte nicht mit Phasengeschwindigkeit E(p)/p =
p/(2m) verwechselt werden.
Zur Zeit t = 0 gilt
Δx · Δp = � .
Allgemein lässt sich zeigen, dass
Δx · Δp ≥
�
2
(2.44)
gilt. Dies ist die Heisenbergsche Unschärferelation, die wir später in Abschnitt 4.4
herleiten werden.
2.6.3
Exkurs : δ–Funktion“
”
Im Folgenden soll die sog. δ–Funktion diskutiert werden. Diese ist keine Funktion im
eigentlichen Sinne, sondern eine Distribution.
Definition der δ– Funktion“. Sei f (x) stetig. Dann ist die δ–Funktion (eigent”
lich: δ–Distribution) definiert durch
�∞
−∞
dx f (x) δ(x − a) = f (a) .
(2.45)
�
Ist f (�r) stetig, so gilt im 3
�
d3 r f (�r) δ (3) (�r − �a) = f (�a) .
(2.46)
In kartesischen Koordinaten setzt man dabei
δ (3) (�r − �a) = δ(x − ax ) · δ(y − ay ) · δ(z − az ) .
Bemerkung: Gleichung (2.45) impliziert sofort, dass
�∞
−∞
dx δ(x − a) = 1 .
26
(2.47)
2.6. WAHRSCHEINLICHKEITSINTERPRETATION
Darstellung der δ– Funktion“ durch Grenzwerte. Es gibt verschiedene Möglich”
keiten, δ als Limes von regulären Funktionen zu verstehen. Drei dieser Möglichkeiten
sind
�
��
�
1
(x − a)2
1
(Gauß–Funktion),
i) δ(x − a) = √ lim √ exp −
ε
π ε�0
ε
�
�
1
ε
ii) δ(x − a) =
(Lorentz–Funktion),
lim
π ε�0 ε2 + (x − a)2
�
�
sin (� · (x − a))
1
iii) δ(x − a) =
lim
.
π �→∞
x−a
Die letzten beiden Funktionen sind in Abbildung 2.5 dargestellt. Durch Nachrechnen
bestätigt man, dass diese Funktionen unabhängig von ε bzw. � auf 1 normiert sind,
d.h.
�
�
��
�∞
1
(x − a)2
1
√ exp −
dx √
1 =
ε
π
ε
=
=
−∞
�∞
−∞
�∞
−∞
1
dx
π
�
ε
2
ε + (x − a)2
�
�
�
1 sin (� · (x − a))
dx
.
π
x−a
|
a
|
a
(a) Lorentz–Funktion.
(b) Sinus.
Abbildung 2.5: δ als Limes einer Folge regulärer Funktionen.
27
2.6. WAHRSCHEINLICHKEITSINTERPRETATION
Fourier–Darstellung. Die δ–Funktion kann (bis auf
Transformierte der 1 geschrieben werden, denn
�∞
dx e
ikx
−∞
=
lim
�L
L→∞
−L
√
2π–Faktoren) als Fourier–
dx ei k x
�
1 � ikL
e
− e−i k L
L→∞ i k
sin k L
= 2 lim
L→∞
k
= 2π δ(k) .
=
lim
Damit hat man in einer Dimension
�∞
�
dx ei (k−k ) x = 2π δ(k − k � )
(2.48)
−∞
und in
�
�3
� � � )·�
r
d3 r ei (k−k
= (2π)3 δ (3) (�k − �k � ) .
(2.49)
Die Fourier–Transformierte einer ebenen Welle ist also die δ–Distribution. Anschaulich
bedeutet das, dass die Frequenz–Verteilung für eine monochromatische Welle überall
verschwindet außer bei der Frequenz eben dieser Welle.
Fourier–Transformation in 3D.
�
d3 r |f (�r)|2 = endlich .
Sei f quadrat–integrabel, d.h.
03
Dann erklärt man die Fourier–Transformierte von f durch
�
d3 r
�
�
�
e−i k·�r f (�r) .
f (k) =
3/2
(2π)
Die Fourier–Rücktransformierte ist gegeben durch
�
d3 k
�
ei k·�r f�(�k) .
f (�r) =
3/2
(2π)
(2.50)
(2.51)
Mit der Eigenschaft (2.49) von δ kann man sich leicht davon überzeugen, dass die
Rück–Transformation wieder auf die ursprüngliche Funktion führt,
�
�
d3 r� −i �k·�r �
d3 k
i �k·�
r
e
e
f (�r � )
f (�r) =
(2π)3/2
(2π)3/2
�
�
d3 r �
d3 k
�
�
�
=
f
(�
r
)
ei k·(�r−�r )
(2π)3/2
(2π)3/2
�
=
d3 r� f (�r � ) · δ (3) (�r − �r � )
= f (�r) .
28
2.6. WAHRSCHEINLICHKEITSINTERPRETATION
2.6.4
Kontinuitätsgleichung
Wir hatten ρ(�r, t) = |Ψ(�r, t)|2 als Wahrscheinlichkeitsdichte interpretiert. Für freie
Teilchen gilt die Schrödinger–Gleichung (2.18)
�2
∂Ψ(�r, t)
= −
Δ Ψ(�r, t) .
∂t
2m
Diese können wir verwenden, um die Zeitableitung von ρ zu berechnen,
∂Ψ∗
∂Ψ
ρ̇(�r, t) =
(�r, t) Ψ(�r, t) + Ψ∗ (�r, t)
(�r, t) .
∂t
∂t
Einsetzen der Schrödinger–Gleichung liefert
� 2�
�
1
[Ψ(�r, t) ΔΨ∗ (�r, t) − Ψ∗ (�r, t) ΔΨ(�r, t)]
ρ̇(�r, t) =
i � 2m
�
�
� � �� � ∗
� r, t) .
=
∇ ∇Ψ (�r, t) Ψ(�r, t) − Ψ∗ (�r, t) ∇Ψ(�
2m i
i�
Wahrscheinlichkeits–Stromdichte �
. Die Wahrscheinlichkeits–Stromdichte ist erklärt durch
�
�
�
� �
� � ∗
� r, t) − ∇Ψ
� ∗ (�r, t) Ψ(�r, t) .
Ψ (�r, t) ∇Ψ(�
(2.52)
�(�r, t) :=
2m i
Daraus folgt die Kontinuitätsgleichung
� · �(�r, t) = 0 .
ρ̇(�r, t) + ∇
(2.53)
Interpretation: Die Interpretation dieser Gleichung ist aus der Elektrodynamik
geläufig. Sie besagt, dass die lokale Änderung der Dichte Konsequenz eines Stromes
von � ist. Während in der Elektrodynamik Ladungsströme diskutiert werden und die
Kontinuitäts–Gleichung Ladungserhaltung impliziert, beschreibt (2.53) Wahrscheinlichkeitserhaltung.
Um das zu sehen, betrachten wir die Gesamtwahrscheinlichkeit
�
(2.54)
W =
d3 r ρ(�r, t) .
Diese besitzt die Zeitableitung
�
d
W =
d3 r ρ̇(�r, t)
dt
�
= − d3 r �(�r, t) = 0 ,
(2.55)
wobei wir den Gauß’schen Satz verwendet haben und annehmen, dass Ψ und somit
auch ρ im Unendlichen verschwinden. Das bedeutet insbesondere, dass, falls Ψ(�r, t)
zu einem Zeitpunkt t0 normiert ist und eine Lösung der Schrödinger–Gleichung ist,
für alle Zeiten t normiert bleibt.
29
2.6. WAHRSCHEINLICHKEITSINTERPRETATION
Beispiel (Stromdichte eines freien Teilchens):
Wir betrachten die ebene Welle
i
Ψ(�r, t) = C e � (�p·�r−E t) ,
so dass ρ = |C|2 . Für ein gegebenes Volumen kann man dann |C| bestimmen (vgl.
das Beispiel auf Seite 21); ausserhalb des Volumens verschwindet die Wellenfunktion.
Dann ist
� �
�
�
�
�
�
i p�
i p�
∗
∗
�(�r, t) =
Ψ (�r, t)
Ψ(�r, t) − −
Ψ (�r, t) Ψ(�r, t)
2m i
�
�
�
�
�
2i p� ∗
=
Ψ (�r, t) Ψ(�r, t)
2m i
�
p� ∗
Ψ (�r, t) Ψ(�r, t)
=
m
p�
=
ρ(�r, t)
m
= ρ(�r, t) · �v
mit der (Gruppen-)Geschwindigkeit (vgl. (2.43)) �v .
2.6.5
Wellenfunktion im Impulsraum
Bisher haben wir Wellenfunktionen als Funktionen der Ortsvariablen aufgefasst. Man
kann jedoch ebensogut eine Wellenfunktion im Impulsraum erklären. Wir betrachten
eine kontinuierliche Superposition von ebenen Wellen,
�
i
i
(2.56)
Ψ(�r, t) =
d3 p C(�
p) e � p�·�r · e− � Ep ·t ,
wobei Ep =
p
�2
2m .
Damit erhält man die Darstellung
�
i
d3 p
Ψ(�r, t) =
Φ(�
p, t) · e � p�·�r .
3/2
(2π�)
(2.57)
Φ(�
p, t) bezeichnet die Impulsverteilung und kann als Wellenfunktion im Impulsraum
verstanden werden. Man erhält sie — bis auf �–Faktoren — als Fourier–Transformierte
der Wellenfunktion im Ortsraum,
�
d3 r
− �i p
�·�
r
Φ(�
p, t) =
e
Ψ(�r, t) .
(2.58)
(2π�)3/2
Es gilt
�
d3 r |Ψ(�r, t)|2
�
�
�
i
i
d3 p�
d3 p
�
3
Φ∗ (�
p, t) · e− � p�·�r Φ(�
=
d r
p � , t) · e � p� ·�r
3/2
3/2
(2π �)
(2π �)
�
�
�
3
d p
�
3 � ∗
�
p, t) · Φ(�
p , t) · d3 ρ e−i (�p−�p )·�ρ
d p Φ (�
=
3
(2π)
1 =
30
(2.59)
2.6. WAHRSCHEINLICHKEITSINTERPRETATION
mit ρ
� = �r/�, so dass �3 d3 ρ = d3 r. Nun verwenden wir Gleichung (2.49) und erhalten
�
�
d3 p
p, t) · Φ(�
p � , t) · (2π)3 δ (3) (�
p − p� � )
d3 p� Φ∗ (�
(2π)3
�
(2.59)
=
d3 p |Φ(�
p, t)|2 = 1 .
(2.60)
Interpretation:
Man kann
w(�
p, t) = |Φ(�
p, t)|2
als Wahrscheinlichkeitsdichte dafür auffassen, dass das Teilchen einen Impuls im Intervall [�
p, p� + Δ�
p] mit Δ�
p = (dpx , dpy , dpz ) besitzt. Entsprechend gibt
w(�
p, t) d3 p
die (infinitesimale) Wahrscheinlichkeit dafür an, ein Teilchen zur Zeit t mit Impuls p�
im (infinitesimalen) Impuls–Volumenelement d3 p zu finden.
Fazit: Die Funktion Φ(�
p, t) trägt die selbe Information wie die Wellenfunktion Ψ(�r, t);
Φ(�
p, t) und Ψ(�r, t) gehen durch Fourier–(Rück-)Transformation auseinander hervor,
Fourier–Transformation
Ψ(�r, t) ←
−−−−−−−−−−−−−−−−−→ Φ(�
p, t)
Fourier–Rücktransformation
bis auf �–Faktoren. Der abstrakte Zustand, in dem sich das entsprechende Teilchen
befindet, kann also sowohl durch Ψ(�r, t) als auch durch Φ(�
p, t) beschrieben werden.
Bemerkung (Sätze von Plancherel und Parseval). Für festes t kann Φ(�
p, t) als
Fourier–Transformierte von Ψ(�x, t) aufgefasst werden. Allgemein haben eine Funktion
und ihre Fouriertransformierte die gleiche Normierung, d.h. es gilt die Identität
�
d3 r |f (�r)|2 =
�
�
�2
�
�
d3 k �f�(�k)�
(2.61)
die auch als Satz von Plancherel bekannt ist. Es gilt sogar noch allgemeiner das sog.
Parsevalsche Theorem, das besagt, dass
�
3
∗
d r f (�r) g (�r) =
�
d3 k f�(�k) g�∗ (�k) .
Damit läßt sich zeigen, dass die Fourier–Transformation auch für
wohldefiniert ist.
31
(2.62)
�2–Funktionen
2.7. ERWARTUNGSWERTE UND SCHWANKUNGEN
2.7
Erwartungswerte und Schwankungen
2.7.1
Mittelwerte (Erwartungswerte) von Ort und Impuls
Ortserwartungswert in einer Dimension. Mit der Interpretation von ρ als
Wahrscheinlichkeitsdichte können wir Erwartungswerte erklären. Der Orts–Erwartungswert
ist für festes t erklärt durch
�x� =
�∞
−∞
dx ρ(x, t) x =
�∞
dx Ψ∗ (x, t) x Ψ(x, t) .
(2.63)
−∞
Dies ist der Erwartungswert für die Messung des Ortes eines Teilchens im Zustand,
der durch Ψ(x, t) beschrieben wird.
Warnung. �x� ist nicht, was man bekommt, wenn man ein Teilchen in den Zustand
Ψ(x, t) setzt, den Ort sehr oft misst und dann über die Ergebnisse mittelt. Vielmehr
ist �x� das Ergebnis der folgenden Prozedur: Man setzt jedes Mal erneut das Teilchen
in den Zustand Ψ(x, t) und misst dann den Ort. �x� ergibt sich dann, wenn man über
viele solche Messungen mittelt.
Ortserwartungswerte in drei Dimensionen. Die Verallgemeinerung auf drei Dimensionen ist offensichtlich. Beispielsweise ist der Erwartungswert der x–Komponente
gegeben durch
�
�x� =
d3 r x · |Ψ(�r, t)|2 .
Analog kann man �y� und �z� definieren. Der Erwartungswert des Vektors �r ist
dementsprechend
�
�
3
2
��r� =
d r �r |Ψ(�r, t)| =
d3 r Ψ∗ (�r, t) �r Ψ(�r, t) .
(2.64)
Die Sandwich–Struktur“ Ψ∗ �r Ψ wird hier aus Gründen, die später klar werden, ver”
wendet. Für die Berechnung der Impuls–Erwartungswerte kann man (2.58) verwenden,
�
i
d3 r
Φ(�
p, t) =
e− � p�·�r Ψ(�r, t) ,
3/2
(2π �)
und damit den Erwartungswert der Impulskomponente in x–Richtung berechnen,
�
�
3
2
d p px |Φ(�
p, t)| =
d3 p Φ∗ (�
p, t) px Φ(�
p, t) .
�px � =
∂
Alternativ kann man den Impuls–Operator px = −i � ∂x
und die Ortswellenfunktion
Ψ(�r, t) benutzen,
�
�px � =
d3 p Φ∗ (�
p, t) px Φ(�
p, t)
32
2.7. ERWARTUNGSWERTE UND SCHWANKUNGEN
�∗
�
��
d3 r
d3 r �
− �i p
− �i p
�·�
r�
�
�·�
r
e
e
Ψ(�r , t) px
Ψ(�r, t)
=
d p
(2π�)3/2
(2π�)3/2
�
�
�
i
d3 r
d3 r �
�
∗ �
3
Ψ
(�
r
,
t)
d
p
px e− � p�·(�r−�r ) Ψ(�r, t)
=
3/2
3/2
(2π�)
(2π�)
�
�
�
�
�
1
∂ − i p�·(�r−�r � )
3 � ∗ �
3
3
=
Ψ(�r, t) .
e �
d r Ψ (�r , t) d p d r i �
(2π�)3
∂x
(2.65)
�
3
��
Nun nehmen wir an, dass Ψ(�r, t) für x → ±∞ verschwindet, dann erhalten wir durch
partielle Integration
�
�
�
�
�
�
∂
∂ − i p�·(�r−�r � )
3
3
− �i p
�·(�
r −�
r �)
�
e
Ψ(�r, t) ,
Ψ(�r, t) =
d re
−i �
d r i�
∂x
∂x
so dass (2.65) umgeformt werden kann zu
�
�
�
�
�
1
∂
3
3 � ∗ �
3
− �i p
�·(�
r −�
r �)
Ψ(�r, t)
d r d r Ψ (�r , t) d p e
�px � =
−i �
(2π�)3
∂x
��
�
�
�
i
1
∂
�
=
d3 r� Ψ∗ (�r � , t) d3 p e− � p�·(�r−�r )
Ψ(�r, t)
d3 r −i �
3
(2π�)
∂x
��
�
�
�
�
∂
1
3
d3 r� Ψ∗ (�r � , t) (2π�)3 δ (3) �r − �r �
Ψ(�r, t)
d r −i �
=
3
(2π�)
∂x
�
�
�
∂
3
∗
=
d r Ψ (�r, t) −i �
Ψ(�r, t) .
(2.66)
∂x
M.a.W., wir können den Erwartungswert des Impulses auch ermitteln, indem wir den
∂
in Ortsdarstellung, d.h. mit der
Erwartungswert des Impuls–Operators px = −i � ∂x
�r–abhängigen Wellenfunktion Ψ(�r, t) berechnen. Diese Aussage verallgemeinert sich
für den Erwartungswert des 3er–Impulses entsprechend zu
�
�
3
2
��
p� =
d p p� |Φ(�
p, t)| =
d3 p Φ∗ (�
p, t) p� Φ(�
p, t)
�
�
�
� Ψ(�r, t) .
(2.67)
=
d3 r Ψ∗ (�r, t) −i � ∇
Insbesondere ist es in der letzten Zeile wesentlich, dass wir die unter (2.64) angesprochene Sandwich–Struktur“ verwenden.
”
Völlig analog können wir die Wellenfunktion in Impulsdarstellung Φ(�
p, t) verwenden, um den Ortserwartungswert zu bestimmen. Man erhält
�
�
�
�
�
∂
∂
∂
3
∗
�
�
p, t) i � ∇p Φ(�
p, t)
mit ∇p =
��r� =
d p Φ (�
. (2.68)
,
,
∂px ∂py ∂pz
Fazit. Mittelwerte der Messgrößen Impuls und Ort berechnen sich über die Sandwich–
”
Formel“
33
2.7. ERWARTUNGSWERTE UND SCHWANKUNGEN
�O� =
�
3
∗
d r Ψ (�r, t) O Ψ(�r, t) =
�
d3 p Φ∗ (�
p, t) O Φ(�
p, t) ,
(2.69)
wobei O den Orts- bzw. Impulsoperator bezeichnet. Abhängig davon, ob wir in Orts–
Darstellung oder Impuls–Darstellung arbeiten, d.h. ob wir das Teilchen durch die
Wellenfunktion im Ortsraum Ψ(�r, t) oder im Impulsraum Φ(�r, t) beschreiben, ist O
eine gewöhnliche Zahl oder ein Operator (siehe Tabelle 2.1).
Ortsdarstellung Impulsdarstellung
�p
Ort
�r
i�∇
�
Impuls −i � ∇
p�
Tabelle 2.1: Orts- und Impulsoperator in Orts- bzw. Impuls–Darstellung.
2.7.2
Mittlere Schwankungsquadrate (Unschärfen)
Schwankungsquadrat.
(Δx)2
Als Schwankungsquadrat für den Ort setzt man
�
�
�
2
= (Δx)
=
d3 r (x − �x�)2 |Ψ(�r, t)|2
und entsprechend für den Impuls
�
�
�
2
2
(Δpx ) = (Δpx )
=
d3 p (px − �px �)2 |Φ(�
p, t)|2 .
(2.70)
(2.71)
Man kann sich leicht überlegen, dass
(Δx)2 = �x2 � − �x�2
(2.72)
und entsprechend für (Δp)2 . Die Schwankungen von Ort und Impuls sind erklärt über
�
Δx :=
(Δx)2 ,
(2.73a)
�
2
(Δpx ) .
(2.73b)
Δpx :=
Beispiel (Gauß–Verteilung): Sehen wir uns an, was diese Größen für die Gauß–
Verteilung sind. Für die Wurzel“ einer Gauß–Verteilung
”
x2
1
fλ (x) = � √ e− 2 λ2
(2.74)
λ π
erhält man durch Fouriertransformation
�
k2
λ2 k 2
1
λ
√ e− 2 =: √ e− λ�2 = f1/λ (k) .
f�λ (k) =
� π
π
λ
34
(2.75)
2.8. WEITERE BEGRIFFE
Sowohl fλ als auch f�λ sind auf 1 normiert, d.h.
�∞
−∞
dx |fλ (x)|
2
=
�∞
−∞
Die Breite für |fλ |2 ist
(Δx)
2
=
�∞
−∞
dk |f�λ (k)|2 = 1 .
dx x2 |fλ (x)|2 =
λ2
.
2
(2.76)
D.h., die Breiten von fλ und f�λ sind invers zueinander. Durch Einsetzen von p = � k
finden wir (vgl. Zentralübung 2), dass
Δx · Δpx ≥
�
.
2
(2.77)
Dies ist die Heisenbergsche Unschärferelation, die wir später in Abschnitt 4.4 beweisen
werden.
Interpretation. Das bedeutet, dass man nicht zugleich den Ort und den Impuls
beliebig scharf messen kann. Wenn wir ein Wellenpaket Ψ(x, t) haben, das — für ein
festes t — im Ortsraum eine sehr scharfe Verteilung ρ(x, t) = |Ψ(x, t)|2 besitzt, so
ist die Verteilung |Φ(p, t)|2 im Impulsraum notwendigerweise breit und umgekehrt.
Höhere Momente. �x� und �x2 � sind Beispiele für Momente der Verteilung w(x) =
ρ(x, t) für festes t. Allgemein ist das n–te Moment einer Verteilung gegeben durch
�
n
dx xn w(x)
(2.78)
�x � =
mit der offensichtlichen Verallgemeinerung zu mehreren Dimensionen.
Man kann sich nun fragen, ob diese Aussage lediglich für das Paar Ort und Impuls
zutrifft. Tatsächlich ist das nicht der Fall, man findet analoge Relationen für andere
Messgrößen. Wie wir nun sehen werden kann man anhand von sog. Kommutatoren
festmachen, ob solche Unschärferelationen auftreten oder nicht.
2.8
Weitere Begriffe
2.8.1
Kommutatoren
Der Kommutator von a und b ist definiert durch
[a, b] := a b − b a .
(2.79)
35
2.8. WEITERE BEGRIFFE
Wir werden an Kommutatoren von Operatoren interessiert sein. Diese berechnet man,
indem man sie auf eine (Test-)Funktion f anwendet, z.B.
�
�
∂
∂f
∂
x,
f = x
−
(x · f )
∂x
∂x ∂x
= x · f� − f − x · f�
=
− f = (−1) · f .
Also ist der Wert des Kommutators
�
�
∂
= −1.
x,
∂x
�
Dies liefert mit dem Impulsoperator p
� = −i � ∇
[x, px ] = x px − px x
�
� �
�
∂
∂
= x −i �
− −i �
x
∂x
∂x
= i� .
Verallgemeinerung:
(2.80)
Die Relation (2.80) verallgemeinert sich zu
[xj , pk ] = i � δjk ,
wobei δjk das Kronecker–Delta bezeichnet,
�
1, j=k,
δjk =
0 , j �= k .
2.8.2
Der Drehimpulsoperator in der Quantenmechanik
Klassisch ist der Drehimpuls gegeben durch
� = �r × p� .
L
In der Quantenmechanik verwendet man hingegen den Drehimpulsoperator
�
�
� = �r × −i � ∇
�
L
   ∂ 
x
∂x
∂ 
= −i �  y  ×  ∂y
.
∂
z
∂z
Die Komponenten ausgedrückt in kartesischen Koordinaten sind dann
�
�
∂
∂
−z
Lx = −i � y
,
∂z
∂y
�
�
∂
∂
−x
,
Ly = −i � z
∂x
∂z
36
(2.81)
2.8. WEITERE BEGRIFFE
Lz = −i �
�
�
∂
∂
x
−y
.
∂y
∂x
Durch Nachrechnen (siehe Übungen) bestätigt man die Vertauschungsrelationen
[Lx , Ly ] = i � Lz ,
(2.82a)
[Ly , Lz ] = i � Lx ,
(2.82b)
[Lz , Lx ] = i � Ly .
(2.82c)
Wir werden den Drehimpulsoperator später bei der Diskussion dreidimensionaler Probleme benötigen.
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