Ethik-ette e. V. Informationen zur ethischen Bildung

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Informationen
zur ethischen Bildung
Ausgabe 1 / 2011
PID –
Präimplantationsdiagnostik
Informationen zur ethischen Bildung
1/2011
(vom 07. Juli 2011)
PID –
Präimplantationsdiagnostik
Diese Veröffentlichung ist eine kostenlose Onlinepublikation die vom gemeinnützigen Verein
Ethik-ette e. V. herausgegeben wird.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation
in der Deutschen Nationalbibliografie;
detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten
© Ethik-ette e. V.
Bischof-Wittmann-Straße 26
93051 Regensburg
[email protected]
Abbildungen auf dem Deckblatt:
1.) Leonardo da Vinci,
Der vitruvianische Mensch, (1492).
2.) Trophoblast(=Trophektoderm-)biopsie
Maus-Embryo (zur Verfügung gestellt von
MTG, Bruckdorf: http://www.mtg-de.com)
Inhaltsverzeichnis
sch
Editorial......................................................................................................................................................5
Ein erster medizinischer Blick auf die PID (Ariane Schröder) ……………..…………..……………..6
Rechtliche Lage (Kerstin Schlögl-Flierl / Roland Preußl) …………..…………….……………………8
Medizinische Sicht I – Grundlagen (Monika Bals-Pratsch) …………..…..………….……………...11
Ethische Betrachtung (Ariane Schröder)……………………………………..……….…………………….18
PID im zeitgenössischen sunnitischen Recht (Thomas Eich) ……………..………………………..22
PID – In jüdischer Perspektive (Jonah Sievers)…………….............................................................26
Perspektive eines Moraltheologen (Eberhard Schockenhoff) ……………...………………………..28
Offizielle kirchliche Stellungnahmen (Kerstin Schlögl-Flierl)……………….………………………32
„Ich bin doch kein Arzt“ – Position von Dr. Peter Radtke (Peter Radtke)……………………...33
Medizinische Sicht II – Umstrittene PID-Anwendungen (Monika Bals-Pratsch)…..……….37
Position eines Genetikers (Rüdiger Schmitt)………………………………………………………………39
Für die Praxis:
Wie ich es in der Pfarrgemeinde vor Ort sage (Johanna Rechenmacher)……...…………………43
Karikatur (Roland Preußl) ……………………………………………………………………………………….44
Wer erhält eine Chance auf Leben? Religionspädagogische Notizen zum Thema PID
(Eva Stögbauer)……………………………………………………………………………………………………….47
Linkliste ……………………………………………………………………...…………………………………………53
Glossar …………………………………………………………………………………………………………………..54
Ethik-ette e. V. ……………………………………………………………………………………………………….56
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Informationen zur ethischen Bildung
3
Eine »Spur« des Themenheftes
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Informationen zur ethischen Bildung
Ausgabe 1 / 2011
Editorial
Editorial
Wenn das Thema Präimplantationdiagnostik
(PID) im Raum steht, dann sind die möglichen Eltern meist schon einen weiten Weg
gegangen: Zeugungsversuche mit unterschiedlichem Erfolg, zerschlagene Hoffnungen,
genetische Vortests, eine Umgebung, die
einen unterschiedlichen Grad an Verständnis
gezeigt hat usw. oder auch genetische Erbkrankheiten, welche die ganze Familie belastet
haben. Fragt man nach den Gründen, um eine
PID zu ersuchen, dann wird selten das
Designerkind als Ziel angegeben. Damit ist
ganz klar, dass das Thema PID auch im
großen Rahmen des Leids für die Eltern einerseits und andererseits des Tötungsverbots
unschuldigen Lebens diskutiert werden muss.
Als der Verein Ethik-ette e. V. sich diesem
Thema in der ersten Generalversammlung im
Juli 2010 angenommen hatte, war es noch ein
eher unbekanntes Feld. Mittlerweile steht
eine gesetzliche Regelung der PID in
Deutschland an. Um eine umfassende
Information zu gewährleisten, wird das
Thema aus unterschiedlichster Perspektive
beleuchtet. Es geht dem Verein nicht darum,
kirchenpolitisch Stellung zu beziehen. Das
Hauptgewicht liegt auf der ethischen, aber
auch theologischen Sichtweise. Um im interreligiösen Dialog bei solchen Themenfeldern
voranzukommen, werden Stimmen aus dem
islamischen und jüdischen Ethikdiskurs abgedruckt.
Dieses erste Themenheft des gemeinnützigen
Vereins Ethik-ette e. V. versucht genau diese
Sensibilität zu beweisen, das ethisch brisante
Thema nicht mit einfachen Argumenten abzuspeisen, sondern verschiedene Betroffene
und Diskussionspartner in ihrem je eigenen
Standpunkt zu Wort kommen zu lassen.
Diese Vielfalt hilft auf dem Weg zu einer
eigenständigen Entscheidung und soll die
Diskussionsvielfalt an den verschiedenen
Orten der Vermittlung von ethischen
Inhalten bereichern.
Ethik-ette e. V. möchte sich vor allem an
Multiplikatorinnen und Multiplikatoren
wenden, deswegen finden Sie am Ende dieses
ersten Themenheftes Vorschläge für die
Praxis. Allen Autorinnen und Autoren sei ein
herzliches Dankeschön gesagt.
Wir wünschen viel Spaß beim Lesen und
würden uns über Rückmeldungen sehr freuen
z. B. über unsere Homepage
www.ethik-ette.de !
Ihr Redaktionsteam
Ausgabe 1 / 2011
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Ein erster medizinischer Blick auf die PID
Ein erster medizinischer Blick auf die PID
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Mit dem Begriff Präimplantationsdiagnostik
(PID) werden allgemein genetische Untersuchungen am außerhalb des Mutterleibs
erzeugten Embryo bezeichnet.
Mit Hilfe molekular- und zytogenetischer
Methoden können bereits in einer sehr
frühen Phase der Embryonalentwicklung
Veränderungen des Erbguts erkannt werden.
Diese führen mitunter in einem späteren
Stadium zu schweren körperlichen und
geistigen Beeinträchtigungen.
Das Angebot der PID richtet sich insbesondere an Paare mit Kinderwunsch, die
die Weitergabe einer eigenen genetischen
Veranlagung ausschließen möchten.
Andererseits können durch die PID bestimmte genetische Merkmale des Embryos
sichergestellt werden. Von Bedeutung werden
diese Merkmale dann, wenn das erhoffte Kind
als potentieller Spender von Knochenmark
oder Nabelschnurblut für ein bereits erkranktes Geschwisterkind in Frage kommt.
Darüber hinaus wird die PID zur EffizienzSteigerung im Kontext der künstlichen Befruchtung (In-vitro-Fertilisation: IVF) eingesetzt.
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Die Durchführung der PID setzt die IVF
voraus. Nach hormoneller Stimulation werden der Frau mehrere Eizellen entnommen
und mit männlichem Sperma zusammen ge
bracht. Nach erfolgreicher Befruchtung
können dem Embryo im 6- bis 10Zellstadium (um den 3. Tag) eine bis zwei
Zellen entnommen werden. Dieser Eingriff
stört die weitere Entwicklung nicht.
In der Regel erfolgt die genetische Untersuchung auf zwei Weisen: Die Chromosomendiagnostik dient dem Nachweis eines
abweichenden Chromosomensatzes.
Demgegenüber ermöglicht die genetische
Analyse mittels der Polymerase-KettenReaktion (PCR) auf einer tieferen molekularen Ebene die Identifikation bestimmter
Gene. Maximal drei der Embryonen mit den
gewünschten Merkmalen werden in die Gebärmutter transferiert. Die darüber hinaus als
geeignet betrachteten Embryonen werden
kryokonserviert, die ungeeigneten verworfen.
Als Grundlage der PID birgt vor allem die
IVF medizinisch relevante Risiken. Neben
psychischen und körperlichen Belastungen
durch das Prozedere und die hormonellen
Stimulationen besteht ein um bis zu zwei
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Ein erster medizinischer Blick auf die PID
Prozent erhöhtes Risiko an einem schweren
ovariellen Überstimulationssyndrom zu erkranken. Da zwar mehrere Embryonen in den
Mutterleib übertragen werden, sich aber nicht
notwendigerweise weiterentwickeln müssen,
sind häufig mehrere Zyklen zur Etablierung
einer Schwangerschaft notwendig. Andererseits steigt die Wahrscheinlichkeit der
Mehrlingsgeburt.
7
Literatur:
Georg Griesinger / Askan Schultze-Mosgau /
Dominique Finas / Ricardo Felberbaum / Klaus
Diedrich, Präimplantationsdiagnostik: Methode und
Anwendung aus reproduktions-medizinischer Sicht, in:
Zeitschrift für medizinische Ethik 49 (2003) 325–342.
Ariane Schröder
Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für
Moraltheologie, Universität Augsburg
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Rechtliche Lage
Rechtliche Lage
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Das Embryonenschutzgesetz (ESchG) in der
Fassung von 1990 erlaubt die künstliche Befruchtung für maximal drei Eizellen pro Frau.
Gleichzeitig sieht diese Fassung vor, dass alle
erzeugten Embryonen auch implantiert
werden müssen, um die Auswahl zwischen
Embryonen genauso zu verhindern wie die
Zeugung auf Vorrat. Die PID an totipotenten
Embryonen ist laut § 8 ESchG (Fassung
von1990) verboten.
Die Diskussion über die PID hat das Urteil
des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 6. Juli
2010 zur Frage der Zulässigkeit der PID neu
entfacht. Es geht bei diesem Urteil jedoch
nicht um eine generelle Zulassung, sondern
ein Berliner Frauenarzt wurde freigesprochen,
der in drei Fällen jeweils einem genetisch vorbelasteten Paar mit Hilfe der Untersuchung
der Chromosomen an extrakorporal erzeugten Embryonen zu einer Schwangerschaft
mit einem gesunden Kind verholfen und sich
selbst angezeigt hatte.
Diese Durchführung der PID widerspricht
laut BGH nicht den Bestimmungen des
deutschen Embryonenschutzgesetzes: Sie
verstoßen weder gehen § 1, Abs. 1, Nr. 2
ESchG (Fassung von1990), wonach sich
strafbar macht, wer es unternimmt eine Eizelle zu einem anderen Zwecke künstlich zu
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befruchten, als eine Schwangerschaft der Frau
herbeizuführen, von der die Eizelle stammt,
noch gegen § 2, Abs. 1 ESchG (Fassung
von1990), in dem die Verwendung eines
extrakorporal erzeugten menschlichen
Embryos zu einem nicht seiner Erhaltung
dienenden Zweck verboten ist.
§
Das BGH-Urteil bezieht sich also auf drei
konkrete Fälle, in denen eine PID vorgenommen und mit den Embryonen, die
einen negativen Befund aufwiesen, also
genetisch unauffällig waren, eine Schwangerschaft herbeigeführt wurde. In den drei Fällen
lagen Gen-Translokationen vor. Das Landgericht Berlin hat in einem Urteil vom 14.
Mai 2009 den Arzt in allen drei Fällen freigesprochen. Das Urteil wurde im Berufungsverfahren vom BGH bestätigt.
Zwei Aspekte sind für den BGH leitend.
Erstens ist dies die Absicht, eine Schwangerschaft herbeizuführen. Das Handeln des
Arztes sei ganz von diesem Willen getragen
gewesen. Die gesetzte Bedingung, die
Schwangerschaft nur mit einem gesunden
Embryo zu bewirken, stellte dabei diesen Entschluss nicht in Frage. Denn die genetische
Untersuchung sei nicht der Zweck der Befruchtung gewesen, sondern lediglich ein ‚unselbstständiges Zwischenziel’.
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Rechtliche Lage
Der Wille, den Embryo bei Feststellung einer
Anomalie nicht zu übertragen, stelle demgegenüber keine eigene Absicht dar. Wenn
der Frauenarzt nicht die PID angewendet
hätte, wäre eine Abtreibung sehr wahrscheinlich gewesen. Zweitens wurden für die Durchführung der PID nicht totipotente Zellen
verbraucht, sondern lediglich pluripotente
Zellen aus den Trophoblasten des Embryos
im Blasto-zystenstadium entnommen.
Literatur:
Ernst, Stephan: „…in der Absicht, eine Schwangerschaft herbeizuführen“. Das Urteil des Bundesgerichtshofs zur Präimplantationdiagnostik aus theologisch-ethischer Sicht, in: StZ 229 (2011), 301–312.
Dr. theol.
Kerstin Schlögl-Flierl
2. Vorsitzende von
Ethik-ette e. V.
Neuer Beschluss des Deutschen Bundestages
Am 7. Juli 2011 hat der 17. Deutsche Bundestag ein Präimplantationsdiagnostikgesetz
(PräimpG) beschlossen, das zur Änderung
des ESchG führt. Mit dem Inkrafttreten des
Gesetzes ist eine PID laut ESchG in Ausnahmefällen zulässig und nicht rechtswidrig
(vgl. Drucksache des Deutschen Bundestages
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17/5451). Das neue ESchG sieht folgende
Änderungen vor, die sich inhaltlich besonders
im neuen § 3a ESchG finden:
Zunächst wird in Absatz 1 (§ 3a ESchG) festgehalten, dass PID grundsätzlich verboten ist
und mit Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe
bis zu einem Jahr bestraft wird. In Absatz 2 (§
3a ESchG) werden jedoch zwei Ausnahmen
benannt, in denen eine PID nicht rechtswidrig
durchgeführt wird. Da dieser Abschnitt den
Kern der rechtlichen Diskussion und der
Kontroversen der letzten Monate darstellt,
wird dieser Absatz im Folgenden vollständig
zitiert und die wichtigsten Stellen hervorgehoben:
„(2) Besteht auf Grund der genetischen
Disposition der Eltern oder eines Elternteiles
für deren Nachkommen eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine schwerwiegende
Erbkrankheit, handelt nicht rechtswidrig,
wer zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach dem allgemein anerkannten
Stand der medizinischen Wissenschaft und
Technik einen Embryo in vitro vor dem
intrauterinen Transfer auf die Gefahr dieser
Krankheit untersucht. Nicht rechtswidrig
handelt auch, wer eine Präimplantationsdiagnostik zur Feststellung einer schwerwiegenden Schädigung des Embryos vornimmt, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu
einer Tot- oder Fehlgeburt führen wird.“
(Drucksache des Deutschen Bundestages 17/5451)
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Rechtliche Lage
10
Absatz 3 (§ 3a ESchG) legt schließlich noch
fest, welche Bedingungen zusätzlich erfüllt
sein müssen, damit eine PID (nach Absatz 2)
auch nicht ordnungswidrig durchgeführt wird.
Hierzu ist es notwendig, dass (1.) eine psychosoziale und medizinische Beratung erfolgt,
(2.) die Mutter ihre schriftliche Einwilligung
gibt, (3.) die PID von fachlich geschulten
Ärzten (4.) in einem lizenzierten Zentrum
und (5.) nach einer positiven Entscheidung
einer interdisziplinären Ethikkommission
vorgenommen wird. Wer jedoch entgegen
dieser Vorgaben eine PID vornimmt, handelt
daher ordnungswidrig und muss mit einer
Geldbuße von maximal 50.000 Euro rechnen
(vgl. Absatz 4). Zudem wird noch festgelegt,
dass kein Arzt zur Durchführung bzw. Mitwirkung an einer PID verpflichtet ist (vgl.
Absatz 5) und dass eine ausführliche
Dokumentation zur PID angelegt wird und
die Bundesregierung jede Legislaturperiode
einen Bericht zur PID und den Erfahrungen
diesbezüglich erstellen muss (vgl. Absatz 6).
Zum Hintergrund der Entscheidung
Am 7. Juli 2011 lagen drei Gesetzesentwürfe
dem 17. Deutschen Bundestag zur Entscheidung vor. Alle drei Entwürfe wurden je
von gemischten Parlamentariergruppen aus
den verschiedensten Parteien eingebracht. Ein
Entwurf sah vor, PID grundsätzlich zu verbieten (Vgl. Drucksache des Deutschen Bun-
destages 17/5450). Eine Mittelposition nahm
ein Vorschlag zur begrenzten Zulassung der
PID ein. Hiernach sollte PID nur dann nicht
rechtswidrig sein, wenn bei einem Elternteil
bzw. bei beiden Elternteilen eine humangenetisch diagnostizierte Disposition existiert,
welche mit „einer hohen Wahrscheinlichkeit
zu Fehl- oder Totgeburten oder zum Tod des
Kindes im ersten Lebensjahr führen kann“
(Drucksache des Deutschen Bundestages
17/5452). Dieser Entwurf hat sich klar dagegen ausgesprochen, PID im Rahmen der
Diagnose von schweren Erbkrankheiten zuzulassen, da die Gefahr einer langfristigen Ausweitung der PID auf andere Krankheiten
gesehen wurde. Der von den Parlamentarierinnen und Parlamentariern beschlossene
Gesetzentwurf zur Regelung der Präimplantationsdiagnostik (Drucksache des Deutschen
Bundestages 17/5451) ist hingegen der Entwurf, der eine PID auch bei einer zu erwartenden schwerwiegenden Erbkrankheit als
nicht rechtswidrig klassifiziert. Damit ist
dieser beschlossene Entwurf ein klares Votum
zugunsten des Wunsches der Eltern nach
einem gesunden Kind. Die Idee eines gesunden Embryos wird daher zum ausschließlichen Maßstab für die Einsetzung in die Gebärmutter und damit für das Leben.
Bakk. phil.
Roland Preußl
1. Vorsitzender von
Ethik-ette e. V.
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Ausgabe 1 / 2011
Medizinische Sicht I – Grundlagen
Medizinische Sicht I – Grundlagen
Meilensteine der Reproduktionsbiologie des
Menschen sind die Entdeckung der Spermien
im Jahr 1676 durch den flämischen Tuchhändler Antoni van Leewenhoek und, einhunderteinundfünfzig Jahre später im Jahr
1827, die Entdeckung der Eizelle durch den
Königsberger Naturwissenschaftler Karl von
Baer.
Wiederum einhunderteinundfünfzig Jahre
später, im Jahr 1978, ist in England mit
Louise Brown das erste Retortenbaby geboren, das nach der Zeugung im Reagenzglas
entstanden ist.
Mit der Reagenzglasbefruchtung, auch Invitro-Fertilisation (IVF) genannt, war die
Grundvoraussetzung geschaffen, die es heute
ermöglicht, eine Genuntersuchung bereits vor
der Befruchtung der Eizelle bzw. vor der Einnistung (Implantation) des Embryos in die
Gebärmutter durchzuführen. Diese „frühe
Pränataldiagnostik“ (PND) wird als Präimplantationsdiagnostik (PID) bezeichnet.
Die PID bewahrt Paare mit einem hohen
Risiko für ein schwerkrankes oder nicht
lebensfähiges Kind vor den Konflikten einer
„Schwangerschaft auf Probe“ mit der möglichen Entscheidung für einen Abbruch.
Die PID ist auch für manche Paare eine
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Alternative, die einen Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich ablehnen, aber bei bekanntem hohem genetischem Risiko nicht auf
ein eigenes Kind verzichten möchten. Diesen
Paaren den Rat zu geben, ganz auf ein Kind zu
verzichten, ist in der ärztlichen Beratung
problematisch. Denn das Recht, eine Familie
zu gründen, wird bereits seit 1948 von der
UN-Charta als ein Menschenrecht garantiert.
Methoden der PID
Grundsätzlich werden drei Verfahren der
Diagnostik an Eizellen oder Embryonen
unterschieden, die vor der Befruchtung
(Fertilisation) oder vor der Einnistung (Implantation) von Embryonen in die Gebärmutterschleimhaut angewandt werden
können. Alle drei Verfahren werden unter
dem Begriff PID zusammengefasst (Tabelle 1,
Abb. 1). Die Öffentlichkeit differenziert
meist nicht zwischen den drei verschiedenen
Methoden der genetischen Diagnostik an
Polkörpern-, Blastomeren (Zellen eines
Embryos im Furchungsstadium) oder
Trophoblastzellen. Beim der PID an totipotenten Blastomeren werden totipotente
Zellen eines drei Tage alten Embryos im 6–8Zellstadium untersucht.
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11
Medizinische Sicht I – Grundlagen
Abbildung 1
12
Aus totipotenten Zellen kann sich jedes
menschliche Gewebe entwickeln, bei entsprechenden Bedingungen auch ein Mensch.
Fälschlich wird häufig allein die Entnahme
und die Untersuchung von Zellen eines
Embryos während dieses 6–8-Zellstadiums
mit dem Begriff „PID“ gleichgesetzt. Bei der
Polkörperdiagnostik (PKD), der frühesten
Variante der PID, die seit 1995 wegen der
herkömmlichen Auslegung des Embryonenschutzgesetzes in Deutschland besonders weit
entwickelt wurde, werden der Eizelle noch vor
dem Abschluss der Befruchtung ein oder
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beide Polkörper entnommen. Diese sind ein
„Abfallprodukt“ der Reifeteilung und tragen
somit nur Erbinformationen der Eizelle in
sich. Ihre Untersuchung allein kann somit
nur mütterlicherseits vererbte Gendefekte
ausschließen. Bei der Blastozystenbiopsie
schließlich, der dritten Variante der PID,
werden Trophoblastzellen auf Gendefekte
untersucht. Die Trophoblastzellen bilden die
äußere Hülle der Blastozyste, aus denen sich
später der Mutterkuchen entwickelt. Diese
Methode ist noch relativ neu und weltweit in
der Weiterentwicklung.
Ausgabe 1 / 2011
Medizinische Sicht I – Grundlagen
Künstliche Befruchtung als Voraussetzung
für die PID
Voraussetzung für die Durchführung einer
PID, unabhängig davon, welche der drei
Methoden angewandt werden soll, ist eine
Hormonbehandlung der Frau für meist
10–12 Tage, die anschließende operative Gewinnung der gereiften Eizellen (Follikelpunktion), die zeitgleiche Gewinnung der
Spermien und danach eine erfolgreiche
Reagenzglasbefruchtung mit der intrazytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI)
(Abb. 2).
Abbildung 2
Die Follikelpunktion wird in Kurznarkose
durchgeführt und dauert nur wenige Minuten. Hierbei wird aus den reifen, 15–20mm
großen Eibläschen (Follikel) unter Ultraschallsicht von der Scheide aus mit einer
dünnen Punktionsnadel die Follikelflüssigkeit
herausgesaugt. Die ca. 0,1mm großen Eizellen
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werden unter dem Mikroskop aus dem
Punktat herausgesucht. Wenige Stunden
später wird in die Eizellen jeweils ein Spermium injiziert. Diese werden anschließend im
Brutschrank kultiviert. Zwei bis fünf Tage
nach erfolgreicher Befruchtung werden die
Embryonen in die Gebärmutterhöhle eingeführt. Dieser Eingriff ist in der Regel
schmerzlos und wird meist unter Ultraschallsicht durchgeführt. Die Reagenzglasbefruchtung wird normalerweise nur bei unfruchtbaren Paaren durchgeführt, bei denen
auf natürlichem Wege keine Schwangerschaft
möglich ist. Diese Methode ist vor allem dann
notwendig, wenn die Eileiterfunktion nach
Unterleibsentzündungen oder bei Endometriose gestört ist oder die Spermienqualität
für eine Befruchtung im Körper nicht ausreichend ist. Gesundheitliche Risiken für die
Frau sind vor allem das Mehrlingsrisiko (ca.
20% bei Transfer von zwei Embryonen) und
seltene Komplikationen (<1%) wie ein
stationär behandlungsbedürftiges Überstimulationssyndrom (Krankheitsgefühl u.a.
mit Flüssigkeit in der Bauchhöhle mit Zunahme des Bauchumfangs, Thromboseneigung und Kreislaufstörungen) oder Verletzungen bei der Eizellentnahme mit inneren
Blutungen.
Informationen zur ethischen Bildung
13
Medizinische Sicht I – Grundlagen
14
Da die Eizellreifung und Embryoentwicklung
beim Menschen sowohl im Körper („in vivo“)
als auch im Reagenzglas („in vitro“) sehr
fehleranfällig ist, müssen üblicherweise sechs
Eizellen befruchtet werden, damit ein bis zwei
entwicklungsfähige Embryonen für einen
erfolgversprechenden Transfer zur Verfügung
stehen. Transferiert wird der „in vitro“Embryo nach fünf Tagen. Fünf Tage braucht
auch ein „in vivo“-Embryo nach dem Eisprung, bis er im Blastozystenstadium in der
Gebärmutterhöhle ankommt.
Zwei Tage nach der Befruchtung hat sich ein
Embryo zweimal geteilt (4-Zell-Stadium) und
nach drei Tagen dreimal (8-Zell-Stadium).
Von Tag drei bis Tag fünf kommt es dann
zum schnellen Zellwachstum, zum Verschmelzen der Zellgrenzen („Kompaktierung“) und zur Differenzierung in eine äußere
und innere Zellmasse. Die äußere Zellmasse
(Trophoblast) wird später zum Mutterkuchen und die innere Zellmasse zum Embryo
(Embryoblast). Wenn sich zwischen Trophound Embryoblast eine Höhle ausgebildet hat,
spricht man von Blastozyste (Abb. 3,
Frommel et al. 2010).
Nicht jeder Embryo ist in der Lage, sich einzunisten, denn die Entwicklungspotenz von
Embryonen auch noch im Blastozysten-
Informationen zur ethischen Bildung
stadium ist unterschiedlich. Auch die Einnistungsbedingungen in der Gebärmutter
variieren, wobei besonders die ausreichende
Ernährung des Embryos für die weitere Entwicklung entscheidend ist. Die bisherige
weltweite Erfahrung mit der PID zeigt, dass
mindestens sechs Eizellen befruchtet werden
müssen, um wenigstens einen Embryo mit
unauffälligem genetischen Befund übertragen
zu können (Harper et al. 2010). Somit scheidet die Möglichkeit der PID insbesondere für
Frauen eigentlich aus, bei denen nur wenige
Eizellen aus dem Eierstock gewonnen werden
können und nur wenige befruchtete Eizellen
für eine PID zur Verfügung stehen. Wie bei
der Pränatalmedizin, so sollte auch bei der
PID eine begleitende, von der ärztlichen Betreuung unabhängige psychosoziale Beratung
in das PID-Behandlungs-konzept einbezogen
werden. Denn die seelische Belastung der
Patientin und des Paares durch den hohen
organisatorischen Aufwand, die Angst vor
Misserfolg und der finanziellen Belastung ist
häufig sehr hoch.
Derzeit werden in Deutschland im Jahr ca.
40.000 Zyklen mit Reagenzglasbefruchtung
durchgeführt. Nur jede vierte Frau mit ungestörter Eierstockfunktion bringt nach
einem Behandlungszyklus auch ein Kind zur
Welt (Bühler et al., 2010).
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Medizinische Sicht I – Grundlagen
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Abbildung 3
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Medizinische Sicht I – Grundlagen
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Die kumulative Schwangerschafts- und Geburtenrate in Deutschland liegt aber deutlich
höher, da jede fünfte Geburt nach Reagenzglasbefruchtung auf überzählige Eizellen
vorausgegangenen „Zyklen mit Eizellgewinnung zurückgeht, die eingefroren wurden“
(Bals-Pratsch et Bühler, 2010). Eine PID wird
grundsätzlich an frisch gewonnenen Eizellen
nach Follikelpunktion durchgeführt und ist
weltweit nur in Ausnahmefällen der Grund
für eine Reagenzglasbefruchtung. Jährlich
werden weltweit ca. 1,5 Millionen IVFZyklen durchgeführt.
Entwicklung der PID und Anwendungsmöglichkeiten
Die PID wurde erstmals 1989 für zwei Paare
in England erfolgreich durchgeführt, die ein
50%iges Risiko für ein schwer krankes Kind
mit der Erbkrankheit Andrenoleukodystrophie (ALD) hatten. Die von ALD betroffenen Kinder werden dement und versterben früh. An Tag drei der Embryokultur
wurde jeweils eine Zelle (Blastomere) im 6bzw. 8-Zellstadium entnommen. Da die
Krankheit ans weibliche Geschlechtschromosom gebunden ist und nur an Söhne vererbt
wird, wurden die Blastomeren auf das weibliche X-Chromosomen untersucht. Es
wurden nur Embryonen mit zwei X-Chro-
Informationen zur ethischen Bildung
mosomen übertragen. In beiden Fällen kam es
zu Zwillingsschwangerschaften mit zwei weiblichen Feten (Handyside et al. 1990). Seit
1999 bis 2008 sind ca. 10.000 PID-Zyklen für
Erbkrankheiten oder Chromosomenstörungen im weltweit größten Register der
European Society of Human Reproduction
and Embryology (ESHRE) dokumentiert, in
dem auch 162 PKD-Zyklen erfasst wurden
(Harper et al., 2010). In 27,4% der Zyklen
mit Embryotransfer konnten Schwangerschaften mit positiver Herzaktion erreicht
werden. Die PKD als Präfertilisationsdiagnostik wird bereits seit 2002 in Deutschland
erfolgreich durchgeführt (van der Ven 2002).
PKD-Zyklen werden vom Deutschen IVFRegister nicht gesondert erfasst. Die Anzahl
der Zyklen bei Erbkrankheiten oder Chromosomenstörungen ist aber sicher sehr niedrig.
Eine Statistik gibt es bisher nicht. Die Anwendung der PKD ist eingeschränkt, da diese
nur für Erbkrankheiten und Chromosomenstörungen eingesetzt werden kann, die über
die Frau übertragen werden. 2004 ist in
Deutschland das erste Kind nach PKD geboren, dessen Mutter Überträgerin für die
Erbkrankheit Norrie-Syndrom ist. Betroffene
Kinder sind blind, meist auch taub und häufig
geistig behindert (Sauerer 2004). Die Babytake-home-Rate liegt nach einer PKD auf
Grund von Erbkrankheiten (man spricht hier
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Medizinische Sicht I – Grundlagen
von monogener Diagnostik) bei 30% pro
Zyklus mit Embryotransfer (Hehr et al.
2010).
17
Die PID als Screening von Chromosomenstörungen (hier spricht man von „Aneuploidie-screening“), um die Erfolgsraten der
IVF-Behandlung zu erhöhen, wird nicht mehr
empfohlen (Harper et al. 2010). Ein solches
Screening wurde in den letzten Jahren im
Ausland bei Frauen in fortgeschrittenem reproduktionsmedizinischen Alter (>34 Jahre),
bei Frauen mit wiederholten Fehlgeburten
oder wiederholten erfolglosen Embryotransfers häufig durchgeführt.
(Die Fortsetzung der Artikels findet sich unter
„Medizinische Sicht II –Umstrittene PIDAnwendungen“)
Prof. Dr. med.
Monika Bals-Pratsch
Reproduktionsmedizinerin
in Regensburg
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Informationen zur ethischen Bildung
Ethische Betrachtung
Ethische Betrachtung
18
Das Urteil des Bundesgerichtshofes zur Präimplantationsdiagnostik (PID) wird vor allem
von Paaren mit Erleichterung aufgenommen,
die trotz genetischer Veranlagung zu einer
schweren Erbkrankheit ihren Wunsch auf
eigene, gesunde Kinder nicht aufgeben möchten. Demgegenüber sprechen Kritiker bezüglich der PID von einem Dammbruch. Vorstellungen vom Designer-Kind nähren die
Befürchtungen.
Den Dreh- und Angelpunkt der Überlegungen zur PID bildet der Kinderwunsch.
Dieser ist nicht voraussetzungsfrei. Zum
einen bezieht er sich auf genetisch eigene,
andererseits auf genetisch gesunde, von einer
definierten Abweichung nicht betroffene
Kinder. Die Kombination aus In-vitroFertilisation (IVF), gendiagnostischer Untersuchung der erzeugten Embryonen und
Selektion der als geeignet befundenen
Embryonen kann dem Anliegen Rechnung
tragen.
Der Wunsch nach einer PID und die Bereitschaft, die psychischen und physischen Belastungen der IVF auf sich zu nehmen, zeugen
in der Regel von einer aufrichtigen Sorge um
das Wohl des erhofften Kindes. Zukünftiges
durch eine schwere Behinderung ent-
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stehendes Leid soll von den Eltern aber auch
von den Geschwisterkindern abgewendet
werden.
PID im Dienste eines vorgezogenen
Schwangerschaftsabbruchs?
Durch die Auswahl und den Transfer
gesunder Embryonen lassen sich zudem der
Schwangerschaftskonflikt und damit das Dilemma der späten Abtreibung umgehen. Befürworter betonen: Die PID leistet einen
wesentlichen Beitrag zur Vermeidung der
späteren Tötung eines schmerzempfindlichen
Fötus. Im Grunde steht die PID im Dienste
eines vorgezogenen Schwangerschaftsabbruchs und ist als geringeres Übel zu tolerieren. Vermeintliche Unterstützung erfährt
diese Position von rechtlicher Seite. Erlaubt
ist ein späterer Schwangerschaftsabbruch im
Anschluss an die Pränataldiagnostik (PND),
wenn die Geburt eines behinderten Kindes
aufgrund gegenwärtiger und zukünftiger
gesundheitlicher Belastungen für die Mutter
nicht zumutbar ist. Befürworter der PID
weisen auf einen Wertungswiderspruch
zwischen PID und PND hin. Unverständlich
ist demnach der durch das Embryonenschutzgesetz (EschG) bisher geforderte Schutz des
Embryos in vitro. Demgegenüber ist die späte
Abtreibung eines weiter entwickelten,
Ausgabe 1 / 2011
Ethische Betrachtung
empfindungsfähigen Fötus straffrei. Aufgrund
rechtlich und ethisch nicht vergleichbarer
Ausgangslagen greift diese Argumentation zu
kurz:
Der PND geht eine bestehende Schwangerschaft voraus, in der Mutter und Kind auf
engste Weise miteinander verbunden sind.
Insbesondere eine ungewollte Schwangerschaft kann als unzumutbare Belastung erfahren werden. Die rechtliche Option des
Schwangerschaftsabbruchs trägt dem
Schwangerschaftskonflikt Rechnung und
berücksichtigt damit die besondere Notlage
der Frau. Anliegen ist nicht die Selektion behinderten und kranken Lebens. Dies würde
auch der eindeutig therapeutischen Zielsetzung der PND widersprechen.
Demgegenüber werden im Rahmen der PID
gewollt und ohne gegebene Notlage
Embryonen erzeugt und nach zuvor
definierten Kriterien ausgewählt bzw. verworfen. Der Sinn der PID liegt auch hier in
der Herbeiführung einer Schwangerschaft, an
dessen Ende nicht die Geburt irgendeines
Kindes, sondern die Geburt eines Kindes mit
bestimmten genetischen Merkmalen steht.
Zugleich wird Leben verhindert, das nicht
den vorgegebenen Anforderungen entspricht.
Ausgabe 1 / 2011
Eine „Zeugung auf Probe“, so Kritiker, liegt
nicht im Sinn des bisherigen ESchG in der
Fassung von 1990.
Die zentrale Frage der Güterabwägung
Befürworter wenden ein, mit der Verwerfung
kranken Lebens steht nicht die Selektion und
Diskriminierung im Vordergrund, sondern
das mutmaßliche Wohl des entstehenden
Kindes. In Fällen schwerster Behinderung
kann unzumutbares Leid vom Kind selbst
und den Angehörigen ferngehalten werden.
Die Angst vor der emotionalen und
finanziellen Überforderung durch die Pflege
eines schwerstbehinderten Kindes dominiert
die Argumentation zugunsten der PID. Die in
diesem Zusammenhang vorgebrachten Bedenken sind nachvollziehbar. Anfragen
richten sich jedoch an das Recht auf ein
genetisch eigenes und gesundes Kind.
Die Diskussion um die Zulässigkeit der PID
läuft auf eine Güterabwägung hinaus: Der
authentische Wunsch nach einem eigenen,
gesunden Kind steht der künstlichen Erzeugung und dem Verbrauch zahlreicher
Embryonen gegenüber. Die moralische
Argumentation für den Einsatz der PID muss
unter Einbeziehung der Abwägungsaspekte
Informationen zur ethischen Bildung
19
Ethische Betrachtung
20
darlegen können, inwiefern der Kinderwunsch als höheres Gut einzustufen ist und
die willentliche Zerstörung menschlichen
Lebens rechtfertigt.
trauen in die sozialstaatlichen Sicherungssysteme und die umfassende Unterstützung
von Seiten der Gesellschaft.
PID als ethische Herausforderung
PID im gesamtgesellschaftlichen Kontext
In die Überlegungen einzubeziehen sind
neben individuellen Interessenlagen die
voraussichtlichen gesamtgesellschaftlichen
Folgen einer Freigabe der PID. Die PID ist
vor dem Hintergrund von Zumutbarkeitsund Leidvermeidungserwägungen auf die
frühestmögliche Selektion und nicht die
Therapie kranken und behinderten Lebens
gerichtet. Im Umkehrschluss lässt sich die
Vermutung ableiten, bestimmte Behinderungen sind gesellschaftlich nicht erwünscht. Mit dieser Erkenntnis verbunden ist
die existentielle Infragestellung behinderten
Lebens. Befürchtet wird eine Verringerung
der gesellschaftlichen Akzeptanz für kranke
und behinderte Menschen. Damit einher geht
– angesichts vielfältiger Einsparungsmaßnahmen im Gesundheitswesen – die Angst
vor einer zunehmenden Entsolidarisierung
und vor der Zurücknahme behindertenpädagogischen Engagements. Die Annahme
behinderten Lebens erfordert jedoch das Ver-
Informationen zur ethischen Bildung
Unter anderem aufgrund der eugenischen
Tendenzen und um einer unkontrollierten
Ausweitung der PID auf krankheitsirrelevante Merkmale Vorschub zu leisten,
wird derzeit neben der generellen Frage der
Zulassung ein streng definiertes Anwendungsspektrum der PID diskutiert. Nur
im Falle schwerster Behinderungen soll die
PID in Anspruch genommen werden können.
Eine Einschränkung der PID auf bestimmte
Erkrankungen und Behinderungen setzt eine
Abstufung gemessen an Zumutbarkeitskriterien voraus. Geklärt werden muss, warum
eine konkrete Beeinträchtigung einem zukünftigen Kind und der Gesellschaft nicht
zugemutet werden kann. An diese Überlegungen schließen sich Fragen des abgestuften Lebenswertes und Lebensrechtes an.
Ungeachtet der Schwierigkeiten der ethischen
und rechtlichen Begründung kann ein
formeller Indikationskatalog den Primat des
Kinderwunsches vor dem Lebensrecht der
erzeugten Embryonen nicht begründen.
Ausgabe 1 / 2011
Ethische Betrachtung
Steht der Kinderwunsch im Vordergrund ist
zu betonen: Der PID liegt keineswegs eine
Notsituation zugrunde. Eine Elternschaft
kann auch über die Adoption oder die Pflegeschaft realisiert werden. Mit Blick auf die
Güterabwägung sind diese Optionen sowie
der persönliche Anspruch auf ein biologisch
eigenes, gesundes Kind im Verhältnis zur
willentlichen Selektion und Tötung menschlichen Lebens zu bedenken.
21
Literatur:
Linus S. Geisler, Kinder auf Bestellung, in: S. Graumann, Die Genkontroverse. Grundpositionen, Freiburg i. Br. 2001, 169–178.
Hille Haker, PID bleibt ethisch strittig – auch nach
dem Urteil des Bundesgerichtshofs, in: ICEP
argumente 4 (2010), online unter: http://www.iceperlin.de/fileadmin/templates/images/argumente_Arbe
itspapiere/04_10_Haker.pdf
Hartmut Kreß, Medizinische Ethik. Kulturelle Grundlagen und ethische Wertkonflikte heutiger Medizin,
Stuttgart 2003, 128–141.
Eberhard Schockenhoff, Fortpflanzungsfreiheit und
verantwortliche Elternschaft. Zur ethischen
Problematik der Präimplantationsdiagnostik, in: Zeitschrift für medizinische Ethik 49 (2003) 379–396.
Ariane Schröder
Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für
Moraltheologie, Universität Augsburg
Ausgabe 1 / 2011
Informationen zur ethischen Bildung
PID im zeitgenössischen sunnitischen Recht
PID im zeitgenössischen sunnitischen Recht
22
Im Islam gibt es zwei große Glaubensrichtungen: die Sunniten, die die mit Abstand
größte Gruppe stellen, sowie die Schiiten.
Hinzu kommen mehrere kleinere Gemeinschaften. Hier wird die Haltung des
sunnitisch-islamischen Rechts beschrieben
(ab hier der Einfachheit halber als
„islamisches Recht“ bezeichnet).
Das islamische Recht bezieht sich auf drei
große Kategorien von Texten: den Koran, die
Sunna sowie die Rechtstradition. Der Koran
wird als die wörtlich inspirierte Rede Gottes
aufgefasst, die im 7. Jahrhundert kurz nach
dem Tode Muhammads (gest. 632) gesammelt und in die heute noch vorliegende
Form gebracht worden sei. Bei der Sunna
handelt es sich um die gesammelten Aussprüche, Taten und Unterlassungen des
Propheten, die in einem Prozess bis etwa ins
10. Jahrhundert hinein schriftlich gesammelt
wurden. Hinzu kommt die islamische Rechtsgeschichte aus vierzehn Jahrhunderten. In
ihrem Verlauf wurden bestimmte Auslegungen von Koran und Sunna diskutiert
und schrittweise festgelegt.
Grundlegend für die Diskussionen über vorgeburtliches Leben im islamischen Recht sind
Koranpassagen, die die Entwicklung des Un-
Informationen zur ethischen Bildung
geborenen beschreiben. So heißt es z.B. in
Sure 23, Vers 12–14:
„Wir haben doch den Menschen aus einer
Portion Lehm geschaffen. Hierauf machten
wir ihn zu einem Tropfen (nutfa) in einem
festen Behälter. Hierauf schufen wir den
Tropfen zu einem Blutklumpen (alaqa),
diesen zu einem Fleischklumpen (mudgha)
und diesen zu Knochen. Und wir bekleideten
die Knochen mit Fleisch. Hierauf ließen wir
ihn als neues Geschöpf entstehen.“
Hier werden drei Entwicklungsstadien des
Embryos klar unterschieden: nutfa, alaqa und
mudgha. Das Ende dieses Prozesses wird umschrieben mit „Hierauf ließen wir ihn als
neues Geschöpf entstehen.“ Was aber meint
„ein neues Geschöpf“? Um diese Frage zu
beantworten griffen die islamischen Gelehrten im Laufe der Geschichte zunehmend
auf einen Prophetenspruch zurück, in dem es
heißt:
„Wenn einer von euch geschaffen wird, so
wird er im Leib seiner Mutter vierzig Tage
lang zusammengebracht. Dann ist er dort
ebenfalls eine alaqa, dann ist er dort ebenfalls
eine mudgha, dann wird ihm der Engel geschickt, der ihm die Seele einhaucht. Und er
legt vier Dinge fest: Er schreibt seinen
(späteren) Lebensunterhalt auf, seine Todesstunde, sein Tun und ‚verdammt‘ oder ‚selig‘.“
Ausgabe 1 / 2011
PID im zeitgenössischen sunnitischen Recht
Zusammen mit Koran 23:12-14 verstand man
dies so, dass das Ungeborene die drei Phasen
nutfa, alaqa und mudgha jeweils 40 Tage lang
durchlaufe. Am Ende dieses 120-tägigen
Prozesses werde dann die Seele eingehaucht.
Hierdurch werde das Ungeborene zu dem
„neuen Geschöpf“, von dem im Koran die
Rede ist.
Diese Vorstellung von der Entstehung
menschlichen Lebens setzt einen Leib-SeeleDualismus voraus. Zuerst entsteht der Körper
und am 120. Tag der Schwangerschaft kommt
in diesen Körper die Seele. Dieses Konzept
setzte sich in der islamischen Geschichte etwa
im 10. Jahrhundert (also dem 4. Jahrhundert
islamischer Zeitrechnung) allmählich durch.
Zuvor hatte ein anderes Verständnis vorgeherrscht. Darin unterschied sich der
Mensch durch seine spezifische körperliche
Form von anderen Lebewesen. Deswegen
hatte die Frage nach der Beseelung in den
ersten vier Jahrhunderten islamischer Zeitrechnung bei der Diskussion über den Status
des Ungeborenen keine entscheidende Rolle
gespielt. Dies änderte sich mit der Durchsetzung des Leib-Seele Dualismus. Spätestens
ab dem 11. Jahrhundert ist er in die islamische
Rechtstradition bezüglich des Ungeborenen
fest integriert.
Ausgabe 1 / 2011
In der zeitgenössischen Debatte über den
Beginn des menschlichen Lebens sind sich die
islamischen Rechtsgelehrten weitgehend
einig, dass bereits ab der Verschmelzung von
Samen- und Eizelle menschliches Leben vorliegt. Uneinigkeit besteht jedoch in der Frage,
ob hier bereits absolute Schutzrechte vorliegen. Diese werden von der Mehrheit der
Gelehrten an die Beseelung gekoppelt. Mit ihr
wird das Ungeborene letztendlich mit einem
geborenen Menschen rechtlich gleichgesetzt.
Vor der Beseelung werden Angriffe auf das
Ungeborene aber durchaus auch als Straftat
sanktioniert, jedoch fällt hier die Strafbemessung deutlich geringer aus.
Diese Rechtssituation ist zunächst einmal
durch Aussagen Muhammads zu erklären, in
denen er einen Abort mit der Zahlung einer
bestimmten Summe bestrafte, ohne dass er
dabei nach dem Entwicklungsstadium des
Embryos fragte. Hinzu kommt, dass vor der
Einführung moderner forensischer Methoden
nicht bestimmt werden konnte, an welchem
Zeitpunkt einer Schwangerschaft genau eine
Abtreibung erfolgte.
Hinsichtlich der Präimplantationsdiagnostik
kommt noch ein weiterer Faktor hinzu.
Bereits früh entwickelte sich in der
islamischen Geistes- und Rechtsgeschichte ein
Informationen zur ethischen Bildung
23
PID im zeitgenössischen sunnitischen Recht
24
Konsens, dass menschliches Leben durch die
Vermischung von weiblichem und männlichem Erbbeitrag entsteht, wobei beide Beiträge gleich wichtig sind. (Dies ist keineswegs
selbstverständlich, da aus der griechischen
Antike heraus anderweitig längere Zeit eine
Sichtweise dominierte, in der dem männlichen Samen allein die entscheidende Rolle
bei der Entstehung menschlichen Lebens zugeschrieben wird.) Aus diesem Grund setzte
sich in der islamischen Geschichte bereits früh
die Ansicht durch, dass Empfängnisverhütung
problemlos durch Techniken praktiziert
werden könne, in denen die Verschmelzung
von Ei- und Samenzelle verhindert wird. In
der Regel meinte dies das Unterbrechen des
Geschlechtsverkehrs unmittelbar vor dem
Samenerguss des Mannes, arabisch azl. Eingriffe in die Anfänge der Entstehung menschlichen Lebens wurden also bereits früh als
legitim angesehen.
Bestimmte Formen der Präimplantationsdiagnostik werden daher als unproblematisch
gesehen. Dabei handelt es sich um Zentrifugaltechniken, durch die die Spermien, die
Träger des X-Chromosoms sind, von Y-Chromosomen-tragenden Spermien getrennt
werden, um sie dann der Eizelle einzupflanzen. Diese Technik zielt darauf ab, das
Geschlecht des Kindes zu beeinflussen. In
Informationen zur ethischen Bildung
diesem Sinne äußerte sich z.B. im Jahre 2008
der Mufti Ägyptens, Ali Guma’a, und wenig
später die religiöse Leitung der Azhar Universität in Kairo. Kritiker dieser Verlautbarungen brachten weniger ethische als
vielmehr theologische Überlegungen vor. Am
häufigsten geht es um Fragen des Eingriffs in
den göttlichen Willen, etwa mit Bezug auf
Koranverse wie Sure 42:49 „[Gott] schafft,
was er will, indem er nach Belieben dem einen
weibliche und dem anderen männliche Nachkommen schenkt.“ Dem wurde von Guma’a
und anderen entgegengehalten, dass die
Technik der Spermienselektion ausschließlich
im Rahmen des göttlichen Willens sich überhaupt erst vollziehen könne, ergo ein Verstoß
dagegen unmöglich sei. Weiterhin wurde betont, dass die Technik nur dann islamischreligiös legitim sei, wenn sichergestellt werde,
dass keine geschädigten Embryonen entstünden und ausschließlich Erbmaterial miteinander verheirateter Paare Verwendung
finde. Die Beeinflussung des Geschlechts von
Embryonen wird in der Regel in zwei
Szenarien als rechtens erachtet. Erstens, wenn
in der Familie Erbkrankheiten bekannt sind,
die an ein bestimmtes Geschlecht gekoppelt
sind. Zweitens, wenn die Eheleute bereits
mehrere Kinder des gleichen Geschlechts
haben und sich noch ein Kind des anderen
Geschlechts wünschen. Die Anwendung der
Ausgabe 1 / 2011
PID im zeitgenössischen sunnitischen Recht
Technik zur Beeinflussung des Geschlechts
des ersten Kindes wird damit ausgeschlossen.
Es lässt sich feststellen, dass die PID-Diskussion der Rechtsgelehrten sich meist auf Fragen
der Geschlechtsselektion bezieht. Die permissiven Äußerungen beziehen sich dabei in
der Regel auf Spermienselektion und nicht
auf Techniken, die die Zerstörung einer befruchteten Eizelle bedeuten. Deutlich weniger
prominent wird hinsichtlich PID die Frage
der Selektion aufgrund Krankheiten oder
Deformationen des Embryos diskutiert.
Vermutlich liegt dies daran, dass seit 1990 ein
Beschluss eines hochrangigen islamischen
Gremiums, der Islamic Fiqh Academy der
Organization of Islamic Conferences in Jeddah
(Saudi-Arabien), vorliegt, der eine Abtreibung
behinderter, kranker oder deformierter
Embryonen erlaubt. Dieser Beschluss wird
von der Mehrheit der islamischen Rechtsgelehrten akzeptiert und hat große Strahlkraft
im zeitgenössischen islamischen Recht entwickelt.
25
Prof. Dr.
Thomas Eich
Professor für Islamwissenschaft an der Universität
Hamburg
Mitglied der Arbeitsgruppe
„Bioethik“ der deutschen
UNESCO Kommission
Ausgabe 1 / 2011
Informationen zur ethischen Bildung
PID – in jüdischer Perspektive
PID – in jüdischer Perspektive
26
Da die Präimplantationsdiagnostik die Invitro-Fertilisation (IVF) voraussetzt, ist es
angebracht, kurz etwas über die Zulassungen
der IVF aus jüdischer Sicht zu schreiben.
Die herrschende Meinung über alle
Strömungen hinweg ist, dass IVF, wobei das
genetische Material von beiden Ehepartnern
stammt, dann zuzulassen ist, wenn auf
anderem Weg keine Kinder gezeugt werden
können. Viele Autoritäten sehen das Gebot
Peru Urvu („seid fruchtbar und mehret
euch“) durch eine IVF als erfüllt an. Anders
verhält es sich in dem Fall, wenn die Spermien
von einem anderen als dem Ehemann
stammen, hier verbieten dies die meisten
orthodoxen Rabbiner. Aus liberaler bzw.
konservativer Sicht gibt es weniger Bedenken.
Nach jüdischer Vorstellung korrespondiert
der Schutz des ungeborenen Lebens mit
seinem Entwicklungsstand, wobei der volle
Rechtsschutz erst mit der Geburt einsetzt.
Dies bedeutet nicht, dass das ungeborene
Leben vor der Geburt völlig schutzlos wäre,
das Gegenteil ist richtig, was sich auch daran
zeigt, dass Abtreibung von den meisten
Autoritäten nur in engen Grenzen gestattet
ist, wobei es einige Autoritäten gibt, die eine
Abtreibung außer im Fall von Lebensgefahr
für die Mutter, sei diese nun akut oder erst in
Informationen zur ethischen Bildung
der Zukunft vorhanden, grundsätzlich nicht
gestatten. Im letztgenannten Fall, der Lebensgefahr für die Mutter, sind sich aber alle
Strömungen im Judentum einig, dass das
Leben der Mutter immer Vorrang hat.
Falls eine Abtreibung statthaft ist, sollte diese
vor dem 40. Tag nach der Befruchtung
erfolgen, denn gemäß des Jüdischen Rechts
wird der Embryo vor dem 40. Tag als maja
b'alma (lediglich als Wasser) angesehen
(Babylonischer Talmud Jevamot 69b). Im Fall
der PID kommt noch ein weiterer Aspekt
hinzu. Aufgrund von Rabbi Jishmaels Interpretation von Gen. 9,6 wird weiterhin die
Meinung vertreten, dass man nur dann von
Mord sprechen kann, wenn der Embryo sich
in der Gebärmutter befindet (Babylonischer
Talmud Sanhedrin 57b).
Aus diesen beiden Quellen ergibt sich, dass
Prä-Embryonen außerhalb der Gebärmutter
noch nicht als vollumfängliches Leben angesehen werden. Es handelt sich zwar um
potentielles Leben, aber erst mit der Einpflanzung wird dieses Potential vollständig
realisiert. Aus diesem Grund erlauben auch
viele Rabbiner, seien sie nun orthodox oder
nicht-orthodox, die Vernichtung von überzähligen, tiefgefrorenen, nicht mehr zur Einpflanzung vorgesehenen Prä-Embryonen.
Ausgabe 1 / 2011
PID – in jüdischer Perspektive
Es ist also nicht verwunderlich, dass es in der
halachischen Literatur, d. h. der jüdischen
Rechtsliteratur, keine grundsätzlichen
halachischen Gründe gibt, die PID zu verbieten. So ist es für mich keine Frage, dass
Paare mögliche Prä-Embryonen z. B. auf TaySachs untersuchen können, um dann nur
diejenigen einzupflanzen, die diesen Gendefekt nicht aufweisen. Tay-Sachs ist eine
besonders unter aschkenasischen Juden
häufiger auftretende Erbkrankheit, die zum
Tod des Kindes innerhalb der ersten fünf
Lebensjahre führt. Es steht für mich außer
Frage, dass es nicht verboten ist, wenn mögliche schwerwiegende Gendefekte vermieden
werden sollten. In jedem Fall sollte aber ein
Rabbiner, eine Rabbinerin, konsultiert
werden, um den Einzelfall zu besprechen.
27
Landesrabbiner
Jonah Sievers
Landesrabbiner von
Niedersachsen
Mitglied und Geschäftsführer der Allgemeinen
Rabbinerkonferenz
Deutschlands
Ausgabe 1 / 2011
Informationen zur ethischen Bildung
Perspektive eines Moraltheologen
Perspektive eines Moraltheologen
28
Die Hoffnung auf ein gesundes Kind entspricht einem natürlichen Wunsch aller
Eltern. Die moderne Fortpflanzungsmedizin
kann diesen Wunsch heute in vielen Fällen
erfüllen. Sie verfügt über ein Arsenal von
Untersuchungsmethoden, die im Schwangerschaftsverlauf zur Anwendung kommen, um
frühzeitig eventuelle Risiken erkennen zu
können. Der engmaschige Einsatz pränataler
Diagnostik verändert zugleich die öffentliche
Wahrnehmung und das persönliche Erleben
der Schwangerschaft. Aus der guten
Hoffnung, in der die Eltern früher lebten,
weil die Geburt jedes Kindes als ein Fest des
Lebens und als ein Grund zur Dankbarkeit
erwartet wurde, ist in zahlreichen Fällen eine
Zeit prekärer Unsicherheit und vielfältiger
medizinisch induzierter Besorgnisse geworden. Die amerikanische Ärztin Barbara
Katz-Rothmann prägte für das paradoxe
Phänomen einer zurückgehaltenen Bindung
an das Kind, die Frauen während der Durchführung der vorgeburtlichen Diagnosen entwickeln, den Begriff der tentative pregnancy.
Er beschreibt die Schwangerschaft als eine
Zeit des Abwartens und Bangens, in der
Hoffnungen und Befürchtungen einander
abwechseln und hohe psychische Energie investiert werden muss, um die Entstehung
einer emotionalen Bindung an das eigentlich
gewollte Kind zu verhindern.
Informationen zur ethischen Bildung
Eigentlich gewollt besagt dabei: nur wenn das
Kind gesund sein wird. Hinter diesem Vorbehalt verbirgt sich ein Problem, das die Fortschritte der modernen Fortpflanzungsmedizin zu einer Erfolgsgeschichte mit Fragezeichen macht. Der moralisch achtenswerte
Wunsch, dass das Kind gesund sein möge,
darf nämlich nicht mit dem Willen gleichgesetzt werden, es nur unter dieser Bedingung
zu akzeptieren. Im einen Fall geht der
Wunsch nach einem gesunden Kind, wie es
der Gedanke verantwortlicher Elternschaft
erfordert, mit der Bereitschaft einher, jedes
Kind, im Zweifel auch ein behindertes, anzunehmen und um seiner selbst willen zu
achten. Im anderen Fall wird das Kind nur als
Bezugspunkt fremder Wünsche und Ängste
betrachtet. Es wird nicht als Subjekt anerkannt, dessen eigene Lebensperspektive
gegenüber den elterlichen Wünschen Vorrang
hat, sondern als Objekt behandelt, dessen
voraussichtliche Behinderung durch den
rechtzeitigen Abbruch der Schwangerschaft
grundsätzlich vermeidbar ist.
Das unüberwindbare ethische Bedenken, das
die Verbotswürdigkeit der PID begründet,
verweist auf die ihrem Verfahren immanente
Instrumentalisierung menschlicher
Embryonen. Nur in ihrer Gesamtzahl werden
die benötigten Embryonen in der Absicht
Ausgabe 1 / 2011
Perspektive eines Moraltheologen
erzeugt, eine Schwangerschaft herbeizuführen; für jeden einzelnen ist diese Absicht
an die Bedingung geknüpft, dass der
genetische Test zuvor das erwünschte Ergebnis gezeigt hat. Da die aus drei Teilschritten
bestehende Gesamthandlung (Erzeugung
mehrerer Embryonen in vitro, daraufhin
gendiagnostische Untersuchung, anschließend Aussonderung der auffälligen und
Weiterverwendung der unauffälligen
Embryonen) auf das Endziel der Schwangerschaft ausgerichtet ist, vermag die Urteilsbegründung in der Untersuchungsabsicht
nicht den Willen zur Verwerfung eines
potenziell geschädigten Embryos, sondern nur
ein „unselbstständiges Zwischenziel“ einer
letztlich dem Leben dienenden Gesamthandlung zu erkennen. Tatsächlich ist die Absicht,
den zum Zwecke der Herbeiführung einer
Schwangerschaft erzeugten Embryo zuvor zu
testen und gegebenenfalls auszusondern, aber
das nächste Handlungsziel des Arztes.
Innerhalb des intentionalen Aufbaus der
Gesamthandlung kommt ihm insofern ein
Vorrang vor der Erreichung des Endzweckes
zu, als dieser nur gewollt wird, sofern die
Untersuchung bei zumindest einem Embryo
ein unauffälliges Ergebnis zeigt. Die conditio
sine qua non, auf der das gesamte Verfahren
der PID beruht, lautet: Auf keinen Fall ein
behindertes Kind! Lieber wird das Verfahren
Ausgabe 1 / 2011
zuvor abgebrochen und auf die Herbeiführung einer Schwangerschaft verzichtet, als
dass die Geburt eines eventuell behinderten
Kindes in Kauf genommen würde.
Um die Vereinbarkeit der PID mit dem
Embryonenschutzgesetz nachzuweisen, unterstellt das Gericht, der Arzt sei zum Zeitpunkt
der Befruchtung entschlossen, jeden einzelnen
der von ihm erzeugten Embryonen der Frau
zu übertragen. Die erst im Test zutage
tretende Schädigung mancher Embryonen
und die Weigerung der Frau, sie unter diesen
Bedingungen implantieren zu lassen, soll aus
der Perspektive des Arztes als eine Art dazwischentretender Unfall angesehen werden,
der die Erreichbarkeit des ursprünglichen
Zieles objektiv unmöglich macht. Dies ist
jedoch eine psychologische Fiktion, die dem
tatsächlichen Handlungsgefüge der PID
und ihrer immanenten Verfahrensrationalität
nicht entspricht. Die Absicht, mit jedem
einzelnen Embryo eine Schwangerschaft
einzuleiten, ist bereits zum Zeitpunkt seiner
Erzeugung nur eine hypothetische, der
Wille, einen geschädigten Embryo wieder zu
verwerfen dagegen von Anfang an handlungsleitend. Diese Absicht, einen menschlichen
Embryo nur sub conditione zu erzeugen und
ihm nur dann eine Entwicklungschance zu
gewähren, wenn er den Vorstellungen seiner
Informationen zur ethischen Bildung
29
Perspektive eines Moraltheologen
30
Erzeuger entspricht, ist mit der Achtung unvereinbar, die wir jedem Menschen um seiner
selbst willen schulden.
Warum muss jeder Embryo schon vom Zeitpunkt der Befruchtung an vor Fremdnutzung
und Verzweckung geschützt werden? Genügt
es nicht, diesen Schutz erst später, etwa nach
erfolgter Nidation, nach dem Auftreten der
Empfindungsfähigkeit oder gar erst mit der
Geburt einsetzen zu lassen? Der Grund für
die Schutzwürdigkeit auch der frühen Entwicklungsphasen des menschlichen Lebens
zeigt sich jedem, der retrospektiv nach den
eigenen Herkunftsbedingungen fragt. Wenn
wir die Reihe der Bedingungen, die unsere
derzeitige Existenz ermöglichten, bis zu dem
Anfang zurückverfolgen, den wir als den biologischen Beginn unserer Lebensgeschichte
begreifen können, gelangen wir in der Kette
dieser Vorgänge und Ereignisse zu einem
qualitativen Novum: dem Geschehen der
Befruchtung. Wenn dieses Geschehen seinen
Zielpunkt erreicht hat (nicht schon früher,
aber auch nicht später) und das neue Genom
durch den Austausch der mütterlichen und
väterlichen Gameten entstanden ist, beginnt
das Lebewesen zu existieren, das heute meinen
Namen trägt und das ich selbst bin. Nur wenn
wir den gesamten Entwicklungsprozess, aus
dem wir hervorgingen, der Schutzgarantie der
Informationen zur ethischen Bildung
Menschenwürde unterstellen und keine Anfangs- oder Zwischenphase von ihr ausnehmen, erreichen wir tatsächlich unser
gegenwärtiges Dasein. Würde auch nur ein
kurzes zeitliches Übergangsfeld davon ausgenommen, wie es das Konzept eines
graduellen Lebensschutzes vorsieht, wäre dies
nicht mehr der Fall.
Aufgrund der körpergebundenen Existenzweise des Menschen und weil das physische
Leben die unhintergehbare Vorbedingung
seiner Freiheit darstellt, muss die Achtung vor
seiner unantastbaren Würde auch das körperliche Substrat seiner frühen Entwicklungsphasen umfassen, nicht schon die noch getrennte Eizelle und Samenzelle, die zwar
menschliches Leben darstellen, aber noch
nicht die Einheit eines neuen menschlichen
Lebewesens bilden, wohl aber dieses Lebewesen selbst, sobald es mit dem Abschluss der
Befruchtung zu existieren beginnt. Dass der in
der Befruchtung entstandene Embryo zu
seiner gedeihlichen Entwicklung auf Hilfe
von außen angewiesen ist, die ihm Schutz,
Nahrung, Wärme und den Austausch mit
dem mütterlichen Organismus erlaubt, ist
eine notwendige Bedingung, unter der er sein
eigenes Entwicklungsprogramm durchlaufen
kann. In der symbiotischen Lebensbeziehung
zur Mutter während der Schwangerschaft
Ausgabe 1 / 2011
Perspektive eines Moraltheologen
zeigt sich die konstitutive Angewiesenheit
jedes Menschen auf fremde Hilfe in der Form
einer unvergleichbaren körperlichen Dyade,
doch bleibt der Mensch auch als Geborener
noch lange Zeit auf enge körperliche Nähe
und Hilfe von Seiten der Mutter angewiesen.
Die unselbstständige Existenzweise des
Embryos kann daher nicht erklären, warum er
nur über ein eingeschränktes Lebensrecht
verfügen soll; wenn hier überhaupt Abstufungen möglich sind, spricht seine größere
Hilfsbedürftigkeit eher dafür, ihm einen
höheren Schutzanspruch einzuräumen.
Auf die erstaunte Frage: „Wie kann ein 8Zeller Träger der Menschenwürde sein?“
lautet die Antwort: Träger der Menschenwürde ist der Mensch nicht erst in einem bestimmten Zustand oder Stadium, nicht erst
mit bestimmten Ausprägungen oder
Merkmalen, sondern der Mensch als solcher,
der Mensch, der heute als Embryo und
morgen als geborener, heute als jugendlicher
und morgen als erwachsener Mensch lebt.
Weil dieser Mensch in jeder Phase seiner
Lebensgeschichte Würde besitzt, kommt ihm
diese auch in der Zeit zu, in der er als 8-Zeller
existiert.
Man muss sich, um die Schutzwürdigkeit der
embryonalen Frühphasen des Menschen zu
erkennen, die verworrene Diskussionslage in
der so genannten Statusfrage nicht in allen
ihren biologischen, naturphilosophischen und
ethischen Aspekten bis in das letzte Für und
Wider vergegenwärtigen. Es genügt, eine einfache Wahrheit unseres Menschseins nicht zu
verdrängen: Wir alle waren einmal
Embryonen, und nur weil wir als solche von
unserer Umgebung, allen voran unseren
Eltern und ihren Ärzten geachtet wurden,
können wir unser gegenwärtiges Leben in
Freiheit, Autonomie und Verantwortung
führen. Hält man sich die unleugbare Abhängigkeit des geborenen Menschen von den
embryonalen Phasen seines Lebens vor
Augen, so begreift man, dass Ärzte nicht nur
mit biologischem Zellmaterial oder menschlichen Gewebekulturen hantieren, wenn sie
als Forscher oder Fortpflanzungsmediziner
mit menschlichen Embryonen umgehen. Weil
bereits ihr Verhalten gegenüber einem 8Zeller über die noch offene Zukunft des
neuen Menschen entscheidet, der auf
wunderbare Weise unter ihren Händen entstanden ist, muss es in der Haltung geschehen,
die den Umgang der Menschen untereinander
in einem Rechtsstaat bestimmen soll: in
Achtung und Anerkennung der unantastbaren Würde, die ihnen allen gemeinsam ist.
Prof. Dr.
Eberhard
Schockenhoff
Lehrstuhl für Moraltheologie
der Albert-Ludwigs-Universität
Freiburg i. Brsg.
Stellv. Vorsitzender des
Deutschen Ethikrates
Ausgabe 1 / 2011
Informationen zur ethischen Bildung
31
Offizielle kirchliche Stellungnahmen
Offizielle kirchliche Stellungnahmen
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Die aktuellste, speziell auf die PID als Form
der Pränatalen Diagnostik eingehende
Stellungnahme des Lehramts der katholischen
Kirche ist die Instruktion „Dignitas Personae
– Über einige Fragen der Bioethik“ der
Kongregation für die Glaubenslehre (2008).
Die Zweckbestimmung der PID, sie werde
durchgeführt, dass man die Sicherheit habe,
„der Mutter nur Embryonen zu übertragen, die
keine Defekte haben oder mit einem bestimmten Geschlecht oder einem besonderen
Merkmalen ausgestattet sind“ (DP 22) steht an
erster Position. Das Ergebnis des Verfahrens
sei eine ‚qualitative Selektion mit der damit
zusammenhängenden Beseitigung von
Embryonen’. Mit Verweis auf die Enzyklika
Evangelium Vitae (1995) wird an die damit
einhergehende eugenische Mentalität erinnert.
Die bedeutendste Folge der Praxis der PID
stellt die Veränderung und Diskriminierung
bezüglich des Begriffs der Menschenwürde
dar, d.h. der menschliche Embryo wird als
Labormaterial behandelt, kranke und behinderte Menschen werden zu einer Art
Sonderkategorie degradiert.
Die Deutsche Bischofskonferenz hat auf die
Entscheidung des Deutschen Bundestages
vom 7. Juli 2011 mit tiefsten Bedauern
reagiert. Die PID widerspreche dem christlichen Verständnis des Menschen und seiner
Informationen zur ethischen Bildung
Würde. Die DBK fordert dazu auf, die Ausnahmefälle, die das Gesetz vorsieht, eng zu
umgrenzen und eine Ausdehnung der PID
auf andere Anwendungsfälle auszuschließen.
Die EKD hat in ihrer neuesten Stellungnahme vom 15.2.2011 ein Verbot der PID
befürwortet. „Deine Augen sahen mich, als
ich noch nicht bereitet war…“ (Psalm 139, 16)
lautet das tragende Motiv. Die Zulassung der
PID relativiere das christliche Menschenbild,
wenn sie dazu dient, auszuwählen und letztlich festzulegen, welches Leben ‚lebenswert‘
ist und welches nicht. Das christliche
Menschenbild gründe sich darauf, dass der
Mensch nicht sein eigener Schöpfer sei.
„Darin, dass jeder Mensch zum Gegenüber
Gottes geschaffen ist, liegt die unableitbare,
nicht verzweckbare Würde eines jeden
Menschen begründet.“ Das Kriterium der
mangelnden Lebensfähigkeit des Embryos
wurde unter den Mitgliedern des Rates
kontrovers diskutiert. Nur in diesen Fällen
würde die IVF in Verbindung mit der PID
allein dem Ziel dienen, Leben zu ermöglichen.
Dr. theol.
Kerstin Schlögl-Flierl
2. Vorsitzende von
Ethik-ette e. V.
Ausgabe 1 / 2011
„Ich bin doch kein Arzt …“ – Position von Dr. Peter Radtke
„Ich bin doch kein Arzt …“
– Position von Dr. Peter Radtke
Ich bin kein Arzt, kein Biologe, kein Naturwissenschaftler. Warum befasse ich mich
dennoch mit der Präimplantationsdiagnostik,
kurz PID? Zwei Faktoren sind es, die mich
dazu gebracht haben: Ich bin Mitglied des
Deutschen Ethikrates und ich bin von der
Glasknochenkrankheit betroffen, einer
genetischen Stoffwechselstörung, die mittlerweile bereits im Embryonalstadium
diagnostizierbar ist. Dass ich heute lebe, verdanke ich neben anderen
glücklichen Umständen der Tatsache,
dass es 1943 noch
keine PID gab, und
damit ein Instrumentarium, das es den
Machthabern noch
leichter gemacht
hätte, ihre tödliche
Rassenideologie konsequent durchzusetzen.
Keiner verkennt die ungeheure psychische Belastung,
denen Eltern ausgesetzt sind, die
sich sehnlichst ein eigenes Kind wünschen,
aber um ihre negative genetische Disposition
wissen, sei es, dass bereits ein behindertes
Kind vorhanden ist, sei es, dass in der Familie
oder der Verwandtschaft Anzeichen für das
Ausgabe 1 / 2011
Risiko einer entsprechenden Geburt bestehen. Sicher hätten sich auch meine Eltern
ein zweites Kind gewünscht, doch sie nahmen
davon Abstand, um sich ganz dem bereits
vorhandenen Sprössling zu widmen, der voll
ihre Zuwendung benötigte. Dreißig Jahre
später wiederholte sich die Situation. Diesmal
war ich es, der vor der Frage stand, ob ich mit
meiner Frau das Risiko eines behinderten
Kindes eingehen wollte. Wenn wir uns entschieden, auf eigene Nachkommenschaft zu verzichten, so gewiss nicht
aus der Überzeugung
heraus, dass behindertes Leben nicht
lebenswert sei. Im
Gegenteil könnte ich
mir gar kein Leben
ohne meine Einschränkung vorstellen. Sie hat
mir paradoxerweise erst
die Erfolge beschert – als
Schauspieler, Autor und
Ethiker – auf die ich heute
dankbar blicken darf. Wenn man Behinderung als Chance begreift, braucht man vor
ihr nicht zu erschrecken. Unser Entschluss
beruhte vielmehr auf der Erkenntnis, dass wir
die eigene Behinderung (auch meine Frau ist
leicht behindert) nicht noch durch eine mög-
Informationen zur ethischen Bildung
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„Ich bin doch kein Arzt …“ – Position von Dr. Peter Radtke
34
liche weitere zusätzlich multiplizieren
wollten.
Abgesehen von der Tatsache, dass die PID in
Deutschland – noch – verboten ist, wären wir
auch nie auf die Idee gekommen, diesen Weg
einzuschlagen. Kinder sind keine Ware, die
man im Versandhaus einkauft. Dort kann
man nach Geschmack auswählen, hier handelt
es sich um ein Geschenk, das man respektvoll
zu behandeln hat. Neben den vielfältigen Belastungen, die eine künstliche Befruchtung
immer für die Frau mit sich bringt, muss man
sich bei der PID auch stets vor Augen halten,
dass es um nicht mehr und nicht weniger geht
als um Tod und Leben: Leben für die ausgewählten Embryos, Tod für die verworfenen.
Schon einmal lautete die Alternative „lebenswert“ oder „lebensunwert“. Zwar verbietet
sich ein Vergleich mit den unmenschlichen
medizinischen Tötungsorgien der Nazizeit.
Damals ging es um rassenhygienische
Säuberungsaktionen. Heute steht das
psychische und physische Wohl der Mutter
im Vordergrund. Doch für einen Menschen
mit schwerer Behinderung, wie ich es bin,
lastet auch auf den gegenwärtigen Diskussionen unwillkürlich der Schatten einer
düsteren Vergangenheit, die nicht wieder
auferstehen soll.
Informationen zur ethischen Bildung
Hier wird nun von einigen Befürwortern der
PID die Pränataldiagnostik (PND) ins Spiel
gebracht. „Ist nicht verglichen mit der PID
eine Spätabtreibung noch viel inhumaner“,
argumentieren sie. „Eine Leibesfrucht wird
abgetötet, die schon alles besitzt, was einen
zukünftigen Menschen ausmacht. Mutter und
Kind bilden bereits eine körperliche Einheit,
die auf schrecklich brutale Weise auseinander
gerissen wird. Hingegen gibt es bei der künstlichen Befruchtung im Reagenzglas noch
keine derartige emotionale Bindung“. Die
Beweisführung hört sich logisch an, doch gibt
es einen elementaren Unterschied. Der
Schwangerschaftsabbruch resultiert aus einer
unvorhergesehenen Konfliktsituation. Die
Eltern sehen sich plötzlich vor die unausweichliche Wahl gestellt, das werdende Kind
anzunehmen oder abzutreiben. Einen dritten
Weg gibt es nicht. Es ist eine ad-hoc Entscheidung, anders als bei der PID. Dort ist die
Entscheidung schon vor der Empfängnis gefallen. Und diese Entscheidung ist nicht
alternativlos. Verzicht auf ein eigenes Kind,
Adoption eines fremden Kindes, Aufnahme
eines Pflegekindes – die Möglichkeiten sind
zwar nicht üppig, aber sie bestehen.
An dieser Stelle muss schließlich hinterfragt
werden, inwieweit es gerechtfertigt ist, Kinder
als eine Art Eigentum zu betrachten.
Ausgabe 1 / 2011
„Ich bin doch kein Arzt …“ – Position von Dr. Peter Radtke
Anspruch auf ein gesundes Kind kann es
nicht geben. Er ließe sich auch bei der besten
PID nicht verwirklichen. Selbst ein scheinbar
perfekter Embryo, der nach der Untersuchung eingesetzt wird, kann im Laufe der
Schwangerschaft durch die verschiedensten
Umstände anders ausfallen, als es die Vorhersage annehmen ließ. Die Untersuchungsmethode selbst ist nicht risikolos für das
keimende Leben. Wenn ich Umfragen studiere, die besagen, dass die Mehrzahl der Eltern keine Nachkommen haben wollen, die
fettleibig sind oder gar homosexuell, entsteht
vor mir das Horrorbild eines planbaren Menschen, der nicht um seiner selbst willen angenommen wird.
Ein Argument gegen die PID betrifft auch die
Diskriminierung behinderter Menschen. Die
Behauptung, die Selektion sei nicht gegen die
heute lebenden Menschen mit Behinderung
gerichtet. Man brauche doch nur die behindertenfreundlichen Maßnahmen ansehen, die
in den letzten Jahrzehnten das Leben in der
Gesellschaft „inklusiver“ gemacht haben. Das
mag stimmen. Doch diskriminiert ist nicht
nur derjenige, der diskriminiert wird, sondern
auch jener, der sich diskriminiert fühlt. Wenn
ich weiß, dass meine Existenz nur geduldet ist,
weil ich nun einmal vorhanden bin, wird jede
Diskussion um eine mögliche Diskriminie-
Ausgabe 1 / 2011
rung bedeutungslos. Schließlich ist noch an
die Eltern behinderter Kinder zu denken, die
bewusst ja gesagt haben zu der Behinderung
ihres Nachwuchses. Durch die Nichtinanspruchnahme einer Methode, die behindertes
Leben vermieden hätte, würde die an sich
bereits vorhandene Belastung des täglichen
Lebens noch zusätzlich durch zu erwartende
Schuldzuweisungen erschwert werden.
Kritiker der PID sprechen bei einer Freigabe
dieser Option von einem Dammbruch.
Quantitativ dürfte dies für die nächste Zukunft kaum zutreffen. Ausgehend von Vergleichszahlen in europäischen Ländern, in
denen kein PID-Verbot besteht, müssen wir
vermutlich lediglich mit etwa zweihundert
Paaren pro Jahr in Deutschland rechnen. Ein
Dammbruch ist es jedoch in ethischer Hinsicht. Mit der PID würde unser Menschenbild
in solch eklatanter Weise verändert werden,
dass wir danach nicht mehr in derselben Welt
leben würden wie zuvor. Ob wir vom christlich-jüdischen Menschenbild ausgehen, in
dem der Mensch Ebenbild Gottes ist, oder
von einem säkularisierten, in dem jeder Einzelne als selbstbestimmendes Individuum
keiner Instrumentalisierung unterworfen
werden darf, stets wird diese einheitliche
Sichtweise des Menschen Schaden nehmen.
Welche Auswirkungen dies auf zukünftige
Informationen zur ethischen Bildung
35
„Ich bin doch kein Arzt …“ – Position von Dr. Peter Radtke
36
Generationen haben wird, muss sich noch
erweisen. Gewiss – wir haben Verantwortung
gegenüber den genetisch belasteten Elternteilen, aber wir haben auch Verantwortung
gegenüber der Gesellschaft. Der Staat hat die
Aufgabe, die schwächsten Glieder zu
schützen. Sind die Eltern, die in einer PID
über Leben und Tod entscheiden, wirklich
die schwächsten Glieder?
Dr. phil.
Peter Radtke
Mitglied des Deutschen Ethikrates
Vorsitzender der Arbeitsgem.
Behinderung und Medien e.V.
Ehrenvorsitzender der Deutschen
Gesellschaft für Osteogenesis
imperfecta Betroffene e.V.
Informationen zur ethischen Bildung
Ausgabe 1 / 2011
Medizinische Sicht II – Umstrittene PID-Anwendungen
Medizinische Sicht II
– Umstrittene PID-Anwendungen
(Fortsetzung)
Die Diskussion darüber, die PID auf Erkrankungen zu beschränken, die bereits im
Kindesalter auftreten, ist für Betroffene, bei
denen die Erbkrankheit erst im Erwachsenenalter ausbricht, schwierig zu verstehen. Zu
diesen sogenannten spätmanifestierenden
Erkrankungen zählt Chorea Huntington, die
innerhalb von 15–20 Jahren zum Tod führt.
Betroffene Paare konnten in Deutschland vor
Inkrafttreten des Gendiagnostik-Gesetzes im
Februar 2010 eine Pränataldiagnostik durchführen und eine Schwangerschaft abbrechen,
wenn der Fet das Merkmal für die Krankheit
geerbt hatte. Die Untersuchung eines Feten
auf Chorea Huntington oder andere spätmanifestierende Erkrankungen ist jetzt
verboten. Der Ausweg für die Paare mit spätmanifestierenden Erbkrankheiten kann die
Pränataldiagnostik und die PID im Ausland
sein („reproduktives Reisen“), für die erhebliche finanzielle Ressourcen Voraussetzung
sind.
Das Medieninteresse an der 2008 publizierten
erfolgreichen PID für das Brustkrebsgen
BRCA1 in Australien war hoch (Jasper et al.).
Es handelt sich ebenfalls um eine spätmanifestierende Erkrankung. Die Mutation
führt, im Gegensatz zu Chorea Huntington,
aber nicht immer zur Erkrankung. Im be-
Ausgabe 1 / 2011
schriebenen Fall war die Patientin Trägerin
der Mutation und hatte seit drei Jahren unerfüllten Kinderwunsch. Es lag eine Indikation für eine IVF-Behandlung vor. Die
Familiengeschichte war mit früh einsetzendem genetisch bedingtem Brustkrebs belastet.
Weder eine Adoption noch eine Eizellspende
oder ein Schwangerschaftsabbruch waren für
die Patientin akzeptabel.
Großes Aufsehen hat auch der weltweit erste
Fall von einem „Rettungskind“ (saviour
sibling) aus den USA in den Medien erregt,
bei dem ein Kind („Adam“) 2000 in vitro
gezeugt wurde, um für sein Geschwister bei
der Geburt Nabelschnurblut für eine Stammzelltransplantation zu spenden. Die Schwester
(„Molly“) litt an einer erblich bedingten Blutarmut (Fanconi-Anämie). Dieses Kind hatte
bei Verfügbarkeit eines Geschwisterspenders
für eine Knochenmarkstransplantation mit
80-90% die beste Überlebensaussicht. Die Eltern entschieden sich für ein Rettungskind für
die kranke Tochter durch PID, bei der die
Embryonen einerseits für die Eignung als
Stammzellspender für die Tochter und
andererseits auf die Erbkrankheit getestet
wurden.
Informationen zur ethischen Bildung
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Medizinische Sicht II – Umstrittene PID-Anwendungen
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Zusammenfassung
Die PID stellt für betroffene Familien mit
Erbleiden und für Kinderwunschpaare mit
Chromosomenstörungen eine erfolgversprechende Option im Entscheidungsprozess
für den weiteren Lebensplan dar. Durch diese
Möglichkeit gibt es weltweit bereits tausende
von Kindern, die es sonst nicht geben würde.
Die Möglichkeiten der PID werden durch
verbesserte reproduktionsmedizinische und
genetische Techniken sicher effektiver
werden, wobei grundsätzlich das Kindswohl
und nicht das Interesse der Eltern insbesondere in Grenzbereichen der PID an
erster Stelle stehen sollte.
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der Implementation des Deutschen Embryonenschutzgesetzes. Journal Reproduktionsmed Endokrinol 2010;
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Bühler K, Bals-Pratsch M, Kupka MS, and the Board of
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Prof. Dr. med.
Monika Bals-Pratsch
Reproduktionsmedizinerin
in Regensburg
Ausgabe 1 / 2011
Position eines Genetikers
Position eines Genetikers
Als Präimplantations-Diagnostik (PID) bezeichnet die Fortpflanzungs-Medizin eine
gezielte molekulargenetische und zytologische
Analyse von Embryozellen aus einer künstlichen Befruchtung vor der Implantation in
die Gebärmutter. Durch die PID kann in
bestimmten Fällen der Transfer eines
Embryos mit einem schweren genetischen
Defekt vermieden werden. Das gilt vor allem
bei Elternpaaren, die Träger einer schwerwiegenden monogenetischen Erbkrankheit
sind, wie in einem Fall in Frankreich, wo nach
zwei genetisch bedingten Fehlgeburten
mittels PID ein gesundes Kind geboren
wurde.
Bei der PID werden ein bis zwei Zellen –
normalerweise im 8-Zellstadium - für die
Gendiagnose entnommen, der restliche Zellverband kann zur Implantation eingesetzt
werden - ohne Beeinträchtigung der EmbryoEntwicklung. Zu diesem Zeitpunkt sind alle
Zellen noch totipotent, d.h. jede hat das
Potential, sich zu einem ganzen Menschen zu
entwickeln. Diese Fähigkeit haben die pluripotenten Zellen im Blastozystenstadium (100
bis 200-Zell Embryo) bereits verloren. Durch
die Entnahme pluripotenter Zellen für eine
Gendiagnose wird dem menschlichen Embryo
keine unzulässige Schädigung zugefügt.
Ausgabe 1 / 2011
Von der Möglichkeit einer Gen-Diagnose vor
der Etablierung der Schwangerschaft durch
Teilung von Embryogewebe im frühen Entwicklungsstadium wird in den USA und in
zehn Ländern der Europäischen Union seit
mehreren Jahren Gebrauch gemacht. In
Deutschland war ein solcher Eingriff bis 2010
durch die Festlegung des EmbryonenschutzGesetzes von 1990 nicht erlaubt; denn §1
verbietet, „eine Eizelle zu einem anderen
Zweck künstlich zu befruchten, als eine
Schwangerschaft der Frau herbeizuführen,
von der die Eizelle stammt“. Das hat sich
durch die Selbstanzeige eines Berliner
Gynäkologen geändert, der 2006 einem erblich belasteten Ehepaar durch Gentests an
Blastozysten zu einem gesunden Kind verhalf.
Insgesamt hatte der Arzt an 50% der untersuchten Embryonen schwere genetische
Defekte festgestellt. Mit Zustimmung der
Patientin wurden die Blastozysten ohne
Anomalien implantiert, nicht aber die genetisch auffälligen, die nicht weiter bebrütet
wurden und daraufhin abstarben. Im Juli
2010 hat die 5. Kammer des Bundesgerichtshofs den Mediziner freigesprochen und damit
entschieden, dass die PID bei genetisch bedingten, schwerwiegenden und nicht therapierbaren Krankheiten in Deutschland ab
sofort angewendet werden darf.
Informationen zur ethischen Bildung
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Position eines Genetikers
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Die Standpunkte von Kritikern und Befürwortern der Methode stehen sich beim
Thema PID anscheinend unversöhnlich
gegenüber. Die Diskussion dreht sich vornehmlich um folgende Punkte:
Contra: Es gibt kein absolutes „Recht auf ein
gesundes Kind“. Mit einer PID werden erbgesunde Embryonen selektiert und erbkranke
ausgesondert. Diese Embryoselektion
ignoriert das Lebensrecht jedes Embryos und
fördert Tendenzen zur Ausgrenzung von Behinderten und chronisch Kranken.
Pro: Es gibt ein Grundrecht auf eigene Nachkommen. Dazu gehört auch die elterliche
Sorge für die Gesundheit der Kinder. Für viele
erbbelastete Paare ist PID die einzige
Hoffnung auf Erfüllung ihres Wunsches nach
einem gesunden Kind. Mit der Diagnose vor
Etablierung einer Schwangerschaft kann ein
späterer Abbruch aufgrund einer ‚genetischen
Indikation‘ verhindert werden. „Warum ist es
verboten, erbkranke Embryonen im Reagenzglas auszulesen, wenn ein behinderter Fötus
abgetrieben werden darf?“
Contra: Die prinzipielle Unbegrenzbarkeit
der PID führt zu ‚Designer Babies‘ und fördert
eugenische Tendenzen. Mit dem Jugendlichkeitskult werden Gesundheit und Fitness zur
Informationen zur ethischen Bildung
gesellschaftlichen Norm erhoben und damit
der Wunsch junger Paare, das Geschlecht
sowie körperliche und geistige Merkmale ihres
Kindes im Voraus festzulegen. Damit einher
geht die Gefahr einer Instrumentalisierung
von Menschen im Sinne einer Verbesserung
des Erbguts (positive Eugenik).
Pro: Das BGH-Urteil vom Juli 2010 beschränkt den Einsatz der PID eindeutig auf
schwere, nicht therapierbare Erbkrankheiten.
Damit ist dem Missbrauch, einschließlich
einer Geschlechts-Auswahl, in Deutschland
auch weiterhin der gesetzliche Riegel vorgeschoben. Für eine PID in Frage kommen
rund 50 seltene, monogenetische (von einem
Gen bestimmte) Erbkrankheiten. In Deutschland schätzt man den jährlichen Bedarf an
Präimplantations-Diagnosen auf ca. 300.
Sowohl der begrenzte Umfang als auch der
Aufwand, den jede PID den Betroffenen aufbürdet, lassen ein screening größerer
Populationen im Sinne einer positiven Eugenik als Utopie erscheinen. Das gilt erst recht
für die Selektion von sog. „Wunschkindern“.
Denn körperliche Fitness, psychische
Gesundheit oder Genialität sind ‚komplexe‘
Merkmale, die durch das Zusammenspiel
vieler Gene bestimmt werden, die durch einen
einfachen Test nicht erfasst werden können.
Ausgabe 1 / 2011
Position eines Genetikers
Dazu ein Kommentar des Münchener
Humangenetikers Jan Murken (1996):
„Nur derjenige, der die Komplexität, die Vielschichtigkeit und die Interdepedenz des menschlichen Erbguts nicht kennt, wird so vermessen
sein zu glauben, man könne den Menschen
genetisch verbessern.“
Contra: Nach offizieller katholischer Auffassung ist eine befruchtete Eizelle nach der
Kernverschmelzung ein Mensch, dem alle
Rechte des Grundgesetzes zustehen. Diese
‚personale Option‘ versteht den Embryo ab
der Verschmelzung der Vorkerne von Ei- und
Samenzelle als Lebewesen mit personaler
Würde. Die PID wird abgelehnt, vor allem,
weil sie den Ausschluss und die Vernichtung
geschädigter Embryonen in Kauf nimmt.
Pro: Aus biologisch-naturwissenschaftlicher
Sicht beansprucht der Embryo einen Wert,
der mit jedem Entwicklungsschritt an Qualität gewinnt und sich stufenweise zum
Menschen (zur Person) entwickelt. So hat die
befruchtete Eizelle zwar das Potenzial zum
Menschen, aber sie ist unrettbar zum Sterben
verurteilt, wenn nicht nach 6 bis 8 Tagen eine
Einnistung in die Gebärmutter erfolgt.
Weitere Stufen sind die Ausbildung des
Primitivstreifens am 14. Tag (Einling oder
Ausgabe 1 / 2011
Mehrling?), die Entwicklung von Organen,
Kreislauf und Nervensystem nach 28 Tagen
oder Berührungsreaktionen nach 56 Tagen.
Deshalb wird die Gendiagnose am frühen
Embryo (mit all ihren Konsequenzen) grundsätzlich befürwortet und als weniger
gravierend eingestuft als eine pränatale
Diagnose im 2. Trimester mit der möglichen
Konsequenz einer SchwangerschaftsUnterbrechung.
Angesichts dieser kontroversen Diskussion
lautet die berechtigte Frage: Wie könnte die
Gesetzesnovelle zur PID aussehen? Müssen
erblich belastete Eltern auf ein eigenes Kind
verzichten bzw. das Risiko der Geburt eines
schwerkranken Kindes bewusst eingehen?
Oder sollte ihr starker Wunsch nach einem
gesunden Kind vom Gesetzgeber berücksichtigt werden?
Zwischen einem strikten Verbot und einer
uneingeschränkten Freigabe der PID erscheint eine gesetzliche Regelung vertretbar,
die für den Einsatz dieser diagnostischen
Methode klare Grenzen zieht. Ein neugefasstes ‚PID-Gesetz‘ sollte eine explizite
Beschränkung auf schwerwiegende, nicht
therapierbare Erbkrankheiten vorsehen,
allerdings ohne Bindung an einen festen
Katalog bestimmter Erbkrankheiten. Denn
Informationen zur ethischen Bildung
41
Position eines Genetikers
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ein starrer Katalog kann weder den Einzelfall
noch den neusten Kenntnisstand berücksichtigen. Vielmehr müsste jeder Fall
individuell von einer Expertenkommission
(z.B. bei der Bundesärztekammer) beurteilt
und entschieden werden. Mit ähnlich klaren
Vorgaben hat man in Ländern wie Frankreich
gute Erfahrungen gemacht.
Prof. Dr. rer. nat.
Rüdiger Schmitt
Ehemals Lehrstuhl für
Genetik an der Universität
Regensburg
Informationen zur ethischen Bildung
Ausgabe 1 / 2011
Wie ich es in der Pfarrgemeinde vor Ort sage …
Wie ich es in der Pfarrgemeinde vor Ort sage …
Die Präimplantationsdiagnostik, kurz PID,
ist eine Technik der Medizin, durch die im
Reagenzglas gezüchtete Embryonen im Labor
untersucht werden. Vor allem Eltern, die
selbst krank sind oder bereits ein behindertes
Kind haben, nehmen sie in Anspruch. Sie
erhoffen sich, dadurch ein gesundes Kind zu
bekommen. Bei der PID werden die „Zellen“
auf genetische Defekte, d.h. Veränderungen
am Erbgut, geprüft. Embryonen, die diese
bestimmten Veränderungen aufweisen,
werden aussortiert, d.h. abgetötet oder eingefroren. Nur jene Embryonen, die keine
Defekte aufweisen, kommen für eine Einpflanzung in den Mutterleib in Frage. Gegen
eine derartige „Aussortierung“ (Selektion)
stellt sich die Katholische Kirche.
Aus katholischer Sicht beginnt das menschliche Leben mit der Verschmelzung von Eiund Samenzelle. Von diesem Zeitpunkt ab, ist
der Mensch Mensch, dem die volle und ungeteilte Würde zukommt. Vom christlichen
Glauben her versteht er sich als Geschöpf
Gottes. Gott ist es, der das Leben schenkt und
es dem Menschen zur Gestaltung überträgt.
Gott hat den Menschen nach seinem Ebenbild geschaffen hat und ihm so seine Würde
gegeben.
hebt. Der Arzt setzt sich gleichermaßen an die
Stelle Gottes. Er entscheidet, welcher Embryo
sich zu einem vollen Menschen entwickeln
darf und welcher Embryo als „lebensuntauglich“ und sogar „lebensunwert“ verworfen
wird. Die Kirche sieht die Not von Eltern, die
selbst krank sind oder bereits ein behindertes
Kind haben. In verschiedene Beratungsstellen
bietet sie ihnen Hilfe und Unterstützung.
Allerdings darf die Not von Eltern nicht das
Töten Unschuldiger legitimieren. Der
Wunsch von Eltern, ein Kind zu haben, darf
nicht darauf verengt werden, ein gesundes
Kind, d.h. auf gar keinen Fall ein krankes oder
behindertes Kind zu bekommen. Orientiert
am Leben Jesu Christi sehen es die christlichen Kirchen als ihren Auftrag, das menschliche Leben, besonders der Ausgeschlossenen,
Kranken, Notleidenden und Unschuldigen,
zu schützen. Darunter fallen insbesondere
geistig oder körperlich behinderte Kinder,
denen von Ärzten und Eltern das Lebensrecht
abgesprochen wird und deshalb im frühesten
Lebensstadium abgetötet werden.
Dipl. theol.
Johanna
Rechenmacher
Bei der PID droht die Gefahr, dass der
Mensch sich zu seinem eigenen Schöpfer er-
Ausgabe 1 / 2011
Informationen zur ethischen Bildung
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»An-Stöße« zur Diskussion der Karikatur
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»An-Stöße« zur Diskussion der Karikatur
Eine Treppe führt hinauf zum »perfekten
Menschen«. Es gibt immer wieder in der
Menschheitsgeschichte Versuche perfekte
Menschen zu erschaffen. Dies wird meist auf
verschiedenen Stufen versucht zu erreichen.
Eine Stufe des Menschseins soll besser sein als
die andere. Soll mit diesem Aufstieg nur das
Leid der Menschen verringert werden?
Es stellt sich jedoch in diesem Zusammenhang die Frage: Sind dann auch Menschen,
Informationen zur ethischen Bildung
die eine höhere Stufe einer definierten
Perfektion erreicht haben, auch gleich bessere
und vollkommenere Menschen? Was ist denn
überhaupt Perfektion? Kommt es nur auf eine
geistige oder körperliche Leistungsfähigkeit
an? Was ist denn eigentlich Leistung und wer
soll die Definitionen von Leistung, Perfektion
und Menschsein vornehmen?
Ausgabe 1 / 2011
»An-Stöße« zur Diskussion der Karikatur
Ein Weg mit einem roten Teppich und
goldenen Abgrenzungspfosten führt zum
»perfekten Menschen« hinauf. Der Weg ist
ein »ex-klusiver«, er schließt viele Menschen
aus. Nicht jeder wird es sich vielleicht leisten
können, seine Nachkommen auf diese Weise
zu perfektionieren. Geld und Macht werden
eventuell zu gesellschaftlichen Ausschlusskriterien, denn durch diese Einflussmöglichkeiten auf das Erbgut des Menschen könnten
soziale Schichten und »Klassen« bereits
schon vor der Geburt genetisch auf die Nachkommen übertragen werden. Oder geht es
vielmehr bei diesem Gesichtspunkt darum,
dass der Staat jeden Menschen bei der
Perfektionierung seiner Nachkommen unterstützen muss, praktisch ein »Recht auf
PID«?
Auf dem Tisch/Altar der Wissenschaft steht
eine Petrischale und über ihr schwebt die
DNA des Menschen. Gibt es eigentlich »die«
Wissenschaft oder »die« Deutung, mit der
das Menschsein restlos beschrieben werden
kann? Besteht bei der Diskussion um die PID
nicht die Gefahr, dass der Mensch ganz und
gar naturalistisch auf sein »biologisches
Sein« verkürzt wird? Nicht mehr ganzheitliche Betrachtungen des Menschen, sondern
partikuläre Sichtweisen könnten dann die
Ausgabe 1 / 2011
Praxis des Menschseins dominieren. Aber
welche anderen Deutungshorizonte können
in der heutigen Zeit für eine Deutung des
Menschseins herangezogen werden? Ist es ein
christliches, ein humanistisches oder ein
anderes Menschenbild, das in der gesellschaftlichen Diskussion ausschlaggebend ist bzw.
sein soll? Oder bedarf es einen Diskurs, bei
dem alle Meinungen zu Wort kommen? Ist
vielleicht gerade die Vielschichtigkeit der
Stimmen eines gesamtgesellschaftlichen Diskurses das, was der Komplexität der PIDThematik Rechnung tragen würde?
Am linken Rand des Bildes sind zwei Gefrierschränke und eine Gefriertruhe zu sehen. Sie
stehen im Abseits des Rampenlichts. Die Aufschriften auf den beiden Gefrierschränken
zeigen auf, worauf es hinauslaufen könnte.
Die Gefriertruhe, auf der »lebensunfähig«
steht, wird möglicherweise bald kaum noch
(argumentativ) benutzt. Wird sich die Praxis
der PID vielleicht immer weiter ausdehnen?
Ist mit einer noch beschränkten Zulassung
der PID schon grundsätzlich ein »Dammbruch« und eine nicht mehr aufzuhaltende
Ausweitung in der Praxis verbunden? Werden in Zukunft dann vielleicht sogar »nicht
wunschgemäße« Kinder zunächst eingefroren und nicht in die Gebärmutter im-
Informationen zur ethischen Bildung
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»An-Stöße« zur Diskussion der Karikatur
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plantiert? Oder sind dies nur Schreckensszenarien und liegt es vielmehr am Gesetzgeber einfach nur klare rechtliche Rahmenbedingungen vorzugeben, in denen dann PID
erfolgen kann?
Die Gefriertruhe und die beiden Gefrierschränke sind durch Stromleitungen mit
dem Gebäude des »perfekten Menschen«
verbunden. Dort befindet sich auch ein
Schalter, der die Stromzufuhr zu den Gefriereinrichtungen unterbrechen kann. Die
Betätigung des Schalters wäre das Todesurteil
für alle eingefrorenen Embryonen. Aber wer
würde diesen Schalter betätigen? Würde ihn
überhaupt jemand betätigen? Oder wäre es
einfacher im Laufe der Zeit einfach größere
Gefriereinrichtungen zu schaffen, um sich
nicht darüber einigen zu müssen, wer den
Schalter umlegt?
jeden Zeit, die sich aktuell gerade im Rahmen
der PID-Frage beweisen muss.
Bakk. phil.
Roland Preußl
1. Vorsitzender von
Ethik-ette e. V.
Letztlich sind diese Gedanken zur Karikatur
jedoch nur »An-Stöße«, die in Anlehnung
an den Titel der Karikatur »PID – QUO
VADIS?« aufzeigen wollen, welche Wege sich
für die Praxis der PID auftun könnten. Die je
»richtigen« Wege zu beschreiten, die dem
Gemeinwohl dienen und nicht die Würde des
Menschseins in ihrer Fülle aufs Spiel setzen,
ist die gesamtgesellschaftliche Aufgabe einer
Informationen zur ethischen Bildung
Ausgabe 1 / 2011
Wer erhält eine Chance auf Leben?
Wer erhält eine Chance auf Leben?
Religionspädagogische Notizen zum Thema
Präimplantationsdiagnostik
In den Lehrplanvorgaben des Religionsunterrichts findet sich in der Mittel- und Oberstufe
das Thema „Chancen und Risiken moderner
Medizin und Humangenetik“, wobei insbesondere ethische Fragen am Lebensbeginn
und -ende anzusprechen sind. Die Auseinandersetzung mit den Chancen und
Risiken der PID ist dabei nicht zwingend
vorgegeben, bietet aber – wie im Folgenden zu
sehen sein wird – produktive Impulse für
Lernende und Lehrende.
1. Sehnsucht nach einer heilen Zukunft
Die PID operiert mit einem besonderen
Hoffnungsversprechen: Sie stellt von Anfang
an die Sicherheit auf ein gesundes Kind in
Aussicht – zu einem Zeitpunkt, wo
normalerweise werdende Eltern noch nicht
einmal von einer Schwangerschaft wissen.
Und welche künftigen Eltern hoffen nicht bei
der ersten Routineuntersuchung auf den ‚erlösenden‘ Satz: „Mit ihrem Baby ist alles in
Ordnung. Sie brauchen sich keine Sorgen zu
machen!“ Die PID stellt diesen beruhigenden
Satz an den Anfang menschlichen Werdens
und überdeckt dadurch eine sehr beunruhigende Frage: Welches Leben ist es
Ausgabe 1 / 2011
wert, gelebt werden zu dürfen? Wer erhält
heute eine Chance auf Leben?
Aufgabe des Religionsunterrichts ist es, die
Heranwachsenden aus biblisch-christlicher
Perspektive mit dem beruhigenden Versprechen der PID, aber vor allem auch mit
den beunruhigenden Fragen zu konfrontieren
und sie im Spannungsfeld von MedizinischMöglichem und Ethisch-Verantwortbarem zu
einer eigenen Position finden zu lassen.
Die Lernenden begegnen den Fragen und
Herausforderungen der modernen PID in
einer Entwicklungsphase, in welcher sie in der
Regel selbst noch weit entfernt sind von
Familiengründung und -planung. Vielleicht
wünschen sie sich in ferner Zukunft selbst
einmal Kinder bzw. können sich durchaus
vorstellen, einmal Kinder zu haben. Aber dies
ist bei einem Großteil der Jugendlichen in
dieser Lebensphase im Konjunktiv gedacht
wie gesprochen. Es ist also bei der Planung
von Lernprozessen zu bedenken, dass man die
Schülerinnen und Schüler dazu motiviert,
sich mit einer Themen- und Problemstellung
auseinanderzusetzen, die aus ihrer gegenwärtigen Perspektive Zukunftsmusik darstellt
und die von ihren biotechnologischen
Implikationen her vielleicht sogar ein wenig
nach Science-Fiction klingt. Im Weiteren ist
Informationen zur ethischen Bildung
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Wer erhält eine Chance auf Leben?
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davon auszugehen, dass sich Jugendliche und
junge Erwachsene eine ‚schöne‘ und weitgehend problemlose Zukunft imaginieren, in
der sich viele persönliche Wünsche erfüllen
und die eine gewisse Leichtigkeit, Zufriedenheit sowie Freude verspricht. Insofern ist anzunehmen, dass die Möglichkeiten der PID
von Lernenden zunächst überwiegend positiv
gesehen und als Erleichterung des menschlichen Lebens bewertet werden, da auf diese
Weise die doch immer unsichere und mit
einem Fragezeichen versehene Zukunft irgendwie besser planbar und gestaltbar erscheint. Die Jugendlichen werden vermutlich
ein hohes Maß an Einfühlung für die Sorgen
und Ängste von Eltern aufbringen und aus
dieser Perspektive die ‚Sicherheit‘ auf ein gesundes Kind als sehr hoch bewerten. Hinzu
kommt, dass bei einem Teil der Heranwachsenden die Vorstellung, ein Kind mit Behinderung zu bekommen, Unsicherheiten und
Ängste auslöst und sie deshalb die PID als
eine Möglichkeit sehen, diese Angst auszuschließen. Andererseits wird es Schüler/innen
geben, die mit Menschen mit Behinderungen
selbstverständlich umgehen, da sie keine Berührungsängste kennen oder in ihrem unmittelbaren Umfeld mit besonderen Kindern
aufgewachsen sind.
Informationen zur ethischen Bildung
Mit großer Wahrscheinlichkeit werden
Jugendliche relativ unvoreingenommen und
ohne ideologische Voreinstellung an das Thema PID herangehen, möglicherweise auch mit
einer gewissen Distanz sowie mit wissenschaftlichem Interesse, da sie von den Konfliktsituationen, die nach einer PID fragen
lassen, in dieser Altersphase normalerweise
nicht unmittelbar betroffen sind – außer es
gäbe in ihrem familiären Umfeld die Fragen
nach einer PID, beispielsweise aufgrund von
erblich bedingten Krankheiten. Bei der Auseinandersetzung mit den Chancen und Risiken der PID werden die Lernenden vermutlich eine Güterabwägung entlang der größten
Zufriedenheit aller Beteiligten vornehmen
und den Wunsch von Eltern nach einem gesunden Kind im Besonderen respektieren.
Andererseits besitzen Schüler/ innen ein
hohes Maß an Empathie sowie einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn, so dass sie auch
deutlich Position für das ungeborene Leben
beziehen werden. Bei der Thematisierung der
christlichen Perspektive auf die Frage nach
der Verantwortbarkeit der PID ist darauf zu
achten, dass die Lernenden diese in erster
Linie als unbedingtes Ja zum Leben wahrnehmen und nicht als rigides Verbot.
Ausgabe 1 / 2011
Wer erhält eine Chance auf Leben?
2. Antizipation des Möglichen und
Verantwortbaren in ethischen Lernprozessen über die Chancen und
Grenzen der PID
Wie bei allen ethischen Lernprozessen im
Religionsunterricht sind auch beim Thema
PID verschiedene Lernebenen, Schülerkompetenzen und Zieldimensionen zu unterscheiden und dementsprechend zu berücksichtigen. So sollen die Schülerinnen und
Schüler biblisch-christliche Maßstäbe, wie
beispielsweise die Unverfügbarkeit und
Heiligkeit des menschlichen Lebens von Anfang an, kennen und in ihrer Tragweite für
ethische Entscheidungsfragen verstehen
lernen. Darüber hinaus sollen die Jugendlichen zu ethischen Problemen – wie der Anwendung der PID – einen eigenen Standpunkt einnehmen, im Vergleich mit der
christlichen Position sowie durch die Fähigkeit des Perspektivenwechsels zu einem begründeten Urteil gelangen und dieses im gesellschaftlichen Diskurs vertreten können. Im
Idealfall ziehen sie aus christlichen Wertmaßstäben Impulse für das eigene Leben wie
Handeln und engagieren sich intrinsisch für
eine ‚Kultur der Barmherzigkeit‘. Die folgenden religionspädagogischen Notizen und
Skizzen stellen für diese ethischen Lernprozesse erste Impulse in den Raum.
Ausgabe 1 / 2011
In einer ersten Annäherung an das Thema
PID werden die Schülerinnen und Schüler
mit der Frage konfrontiert, nach welchen
Kriterien über das Leben eines Menschen zu
entscheiden ist und ob ein Mensch oder eine
Institution überhaupt ein solches letztes bzw.
letzt-gültiges Entscheidungskriterium besitzen kann/darf. Die Lernenden werden dazu
aufgefordert, sich folgendes Szenario vorzustellen: In nicht allzu ferner Zukunft leben sie
in einem Staat, in welchem aufgrund von
Ressourcenknappheit nicht mehr alle dort
geborenen Menschen Platz finden. Sie müssen
deshalb einen ‚Antrag auf Erteilung einer
Daseinsberechtigung‘ stellen und dabei
mindestens einen zwingenden Grund nennen,
warum es einen bestimmten Menschen – in
diesem Fall sie selber – geben muss. Um bei
dieser anspruchsvollen und eventuell auch
sehr persönlichen Aufgabe einen gewissen
Grad an Anonymität zu gewährleisten, schreiben die Heranwachsenden ihre Gründe auf
große Karteikarten. Anschließend werden die
genannten ‚Daseinsberechtigungsgründe‘ von
einem Moderator vorgestellt, gegebenenfalls
in Absprache mit dem Plenum an der Tafel
nach übergeordneten Werten/Normen geclustert sowie zusammenfassend über die
(Un-)Möglichkeit einer solchen Daseinsrechtfertigung reflektiert.
Informationen zur ethischen Bildung
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Wer erhält eine Chance auf Leben?
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Um der biblisch-christlichen Werthaltung
der Heiligkeit und Unverfügbarkeit des
menschlichen Lebens, das als Geschenk letztlich von Gott gehalten und getragen wird, auf
die Spur zu kommen, halten die Schülerinnen
und Schüler auf einem großen Blatt, das in
vier gleich große Rechtecke eingeteilt wird,
alle ihre Gedanken und Assoziationen zu dem
Impuls „An meinem Leben ist heilig, verfügbar, weltlich (oder: alltäglich), unverfügbar“
fest. Im weiteren Verlauf bringen die Lernenden ihre Gedanken in eine individuelle Ordnung und Sinnfolge, indem sie entweder
einen kurzen Text oder ein Gedicht darüber
schreiben, was ausgehend von ihren persönlichen Erfahrungen am Leben des Menschen
im Allgemeinen heilig, unverfügbar, verfügbar, weltlich (oder: alltäglich) ist. Diese individuellen Ansichten der Jugendlichen
können dann der biblisch-christlichen
Schöpfungstheologie gegenübergestellt
werden (z.B.: Ps 19; 33; 104): Wie verändert
sich (möglicherweise) der Blickwinkel auf den
Menschen, seine Würde und sein Leben,
wenn ein personaler Gott als Anfang allen
Lebens gedacht wird? Welche Chancen und
Grenzen erwachsen dem Menschen im Angesicht eines Schöpfergottes? Ausgehend von
diesem Perspektivenwechsel suchen die
Schülerinnen und Schüler nach Gründen,
warum die katholische Kirche bei der Be-
Informationen zur ethischen Bildung
urteilung der PID das Schutzbedürfnis derer,
die ihren eigenen Willen noch nicht äußern
und deshalb nicht für ihr Lebensrecht eintreten können, in den Mittelpunkt stellt und
dieses dem überaus nachvollziehbaren
Wunsch von Eltern nach einem gesunden
Kind überordnen. Die Schülerinnen und
Schüler sollten in dieser Phase ausreichend
Zeit haben, die christliche Position zu erkunden, z.B. durch die sorgfältige Analyse
kirchlicher Stellungnahmen, sowie in
kritischer Hinsicht auszuloten. In einem
Schreibgespräch halten die Schülerinnen und
Schüler deshalb abschließend fest, was sie
persönlich an der christlich-kirchlichen Einstellung gegenüber der PID sehr gut und was
sie nur sehr schwer nachvollziehen können,
wo sich für sie neue Einsichten aufgetan oder
kritische Anfragen ergeben haben. Die Bewertung kann ebenso über eine zur Lerngruppe passende Positionierungsübung
erfolgen: Beispielsweise können drei große
Plakate im Klassenzimmer verteilt werden,
welche die möglichen Stellungnahmen zur
christlich-kirchlichen Einstellung präsentieren: „Ich stimme mit der christlichkirchlichen Bewertung der PID voll / im
Großen und Ganzen / teilweise / weitgehend
nicht / überhaupt nicht überein“. Die Schülerinnen und Schüler sammeln sich dort entsprechend ihrer Meinung und halten in
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Wer erhält eine Chance auf Leben?
knappen Stichworten die Gründe für ihre
Position fest, die ein Gruppensprecher anschließend dem Plenum vorstellt, ohne dass
diese weiter kommentiert oder hinterfragt
werden.
Mittels verschiedener Infotexte oder – insofern sich diese Chance bietet – mittels eines
Expertenvortrags werden die Lernenden mit
dem medizinischen Verfahren der PID bekannt gemacht. Da das Thema angewandte
Gentechnik und ihre kritische Bewertung
auch im Lehrplan Biologie der Mittelstufe
vorgesehen ist, könnte in einer fächerübergreifenden Einheit der/die Biologielehrer/in
die Schülerinnen und Schüler über das Verfahren der PID informieren. Nach der Informationseinheit sollte den Schülerinnen
und Schülern die Gelegenheit eröffnet werden, offene Fragen, die sie zum Verfahren der
PID haben, zu notieren und ins Unterrichtsgespräch einzubringen. Unbeantwortete
Fragen können von den Jugendlichen über
das Internet recherchiert werden, wobei
allerdings bestimmte Homepages wie zum
Beispiel diejenige des Deutschen Referenzzentrums für Ethik in den Biowissenschaften
(www.drze.de) vorgegeben werden sollten,
damit die Heranwachsenden bewusste Suchstrategien im Internet anwenden und nicht
Ausgabe 1 / 2011
nur verstreute Zufallsinformationen auf
diversen Seiten sammeln.
Nach der Aneignung von Sachwissen steht die
persönliche Entscheidungsfindung der Jugendlichen im Vordergrund. Dazu werden die
Schülerinnen und Schüler aufgefordert, eine
Parlamentssitzung zu inszenieren, bei welcher
sie sich für oder gegen die Zulassung des Verfahrens der PID in Deutschland zu entscheiden haben. Aus der Perspektive unterschiedlicher Interessenverbände (Forscher, Ärzte,
betroffene Eltern, Behindertenverbände, Kirchen, Vertreter nichtchristlicher Religionen,
Philosophen, …) werden Statements für bzw.
gegen die Zulassung der PID verfasst und in
die parlamentarische Sitzung eingebracht.
Nach der Anhörung und nach der Klärung
noch offener Fragen stimmen die Lernenden
geheim über die Zulassung der PID ab. Das
Abstimmungsergebnis führt zu einer klaren
Gesetzesformulierung, welche die (Nicht-)
Anwendung der PID in Deutschland regelt.
In einer Art Metareflexion gewichten die
Lernenden rückblickend die Argumente für
und gegen das Verfahren der PID. Auf großen
Karteikarten in zwei Farben werden die Argumente der Befürworter und Gegner schriftlich
notiert und an der Tafel entlang ihrer Stichhaltigkeit und/oder Überzeugungskraft ge-
Informationen zur ethischen Bildung
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Wer erhält eine Chance auf Leben?
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rankt. Im Plenum überlegen die Schülerinnen
und Schüler, welche Pro- und Contra-Argumente sie jeweils besonders überzeugen und
warum. Dabei sollten vor allem auch die unterschiedlichen Werte und Normen, welche
‚hinter‘ den Begründungen stehen, zur Sprache gebracht werden.
Um den Heranwachsenden die Möglichkeit
zu eröffnen, ihren kognitiven und affektiven
Eindrücken, welche sich im Laufe der Unterrichtseinheit angesammelt haben, einen übergreifenden Ausdruck zu geben, gestalten die
Schülerinnen und Schüler abschließend eine
Klebe-, Mal- und Schreib-Collage zu den
Chancen und Grenzen des Verfahrens der
PID. Dabei ist nur eine Vorgabe zu erfüllen:
Der Titel der Collage sollte als Frage
formuliert sein.
Weitere Unterrichtsideen finden sich in:
Hilger, Georg / Reil, Elisabeth (Hg.) (2007),
Arbeitshilfen Reli 9/10, München, 220-254
(Kap. 7: Dürfen wir alles, was wir können?).
Dr. theol.
Eva Maria
Stögbauer
Informationen zur ethischen Bildung
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Linkliste / Literaturempfehlung
Linkliste
Bundesärztekammer
(www.bundesaerztekammer.de)
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Deutsche Bischofskonferenz:
(www.dbk.de)
Deutscher Bundestag
(www.bundestag.de)
Deutschen Referenzzentrums für Ethik in
den Biowissenschaften
(www.drze.de)
Dokument des Deutschen Ethikrates zur
Präimplantationsdiagnostik
(www.ethikrat.org)
Evangelische Kirche in Deutschland: Erklärung zur PID vom 15.2.2011
(www.ekd.de)
Leopoldina. Nationale Akademie der Wissenschaften (Ad-hoc-Stellungnahme 18. Januar
2011)
(www.leopoldina.org)
Zentralkomitee der deutschen Katholiken
(www.zdk.de)
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Informationen zur ethischen Bildung
Glossar
Glossar
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Andrenoleukodystrophie (ALD): Erbkrankheit zumeist im Kindesalter, schneller
neurologischer Verfall
Aneuploidie-screening: Untersuchung zur
Abweichung von der regulären Chromosomenzahl
Baby-take-home-Rate: Erfolgsrate verschiedener Kinderwunschbehandlungen
Eugenik zielt auf die Ausbreitung positiv
bewerteter Erbanlagen und die Verringerung
negativ bewerteter Erbanlagen in einer Gesellschaft durch entsprechende Gesundheitspolitik und Forschungsbemühungen.
Extrakorporale Befruchtung: vgl. In-VitroFertilisation (IVF).
Follikelpunktion: allg. Eizellentnahme,
Follikel (Eibläschen)
Blastozyste: Entwicklungsstadium der
Embryonalentwicklung vor der Einnistung in
die Gebärmutter
Fötus: ein Embryo nach Ausbildung der
inneren Organe innerhalb einer Schwangerschaft.
Bei der Blastozystenbiopsie werden Trophoblastzellen auf Gendefekte untersucht.
Gen-Translokationen: Verlagerung bzw.
Versetzung von Chromosomen oder
Chromosomenabschnitten.
Als Embryo wird nach der Definition des
ESchG die befruchtete, entwicklungsfähige
menschliche Eizelle vom Zeitpunkt der Kernverschmelzung an bis zur 12. Schwangerschaftswoche bezeichnet (danach Fötus).
Embryonenschutzgesetz von 1990 (ESchG):
Das Gesetz erlaubt die künstliche Befruchtung von maximal drei Eizellen pro
Frau, wobei alle erzeugten Embryonen implantiert werden müssen
Endometriose: ist eine zumeist schmerzhafte
chronische Erkrankung von Frauen, bei der
Gebärmutterschleimhaut der Gebärmutterhöhle vorkommt.
Informationen zur ethischen Bildung
Indikation: Ausdruck für den Gesamtzustand eines Patienten, darunter fallen auch
äußere Umstände, tragische Verwicklungen,
familiäre Situationen, usw. Diese Gründe
beeinflussen die Entscheidung über ein mögliches medizinisches Handeln.
Intrazytoplasmatische Spermieninjektion
(ICSI): eine Methode der künstlichen Befruchtung, die Samenzelle des Mannes wird
direkt in die Eizelle (genauerhin Zytoplasma)
der Frau injiziert.
In-Vitro-Fertilisation (IVF) (wörtlich: Befruchtung im Glas): Künstliche Befruchtung
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Glossar
Kryokonservierung (wörtlich: kryo = Kälte):
Im Rahmen der PID das Einfrieren und
„Aufheben“ von Embryonen zur möglicherweise späteren Einpflanzung.
Ovarielles Überstimulationssyndrom: Eierstöcke können bei IVF in unterschiedlichen
Schweregraden überstimuliert werden.
Pluripotente (wörtlich: zu vielem mächtig)
Zellen: Zellen, aus denen sich nicht mehr ein
gesamter Mensch entwickeln kann (vgl. totipontente Zellen).
Polkörperdiagnostik (PKD): noch vor der
Befruchtung werden der Eizelle Polkörper zur
Untersuchung des weiblichen Erbgutes entnommen
Polymerase-Ketten-Reaktion (PCR)
ist eine Methode zur ‚in vitro‘ Vermehrung
definierter DNA- Stücke mit Hilfe des
Enzyms DNA-Polymerase.
Präimplantationsdiagnostikgesetz
(PräimpG) vom 7. Juli 2011
Pränatale Diagnostik (PND) (wörtlich:
Untersuchung [des ungeborenen Kindes im
Mutterleib] vor der Geburt): Früherkennung
von Krankheitsanlagen und Fehlbildungen
während der Schwangerschaft, z.B. durch
Ultraschalluntersuchung, Blutuntersuchung,
Fruchtwasseruntersuchung, Nabelschnurpunktion, usw.
Totipotente (wörtlich: zu allem mächtig)
Zellen: Zellen, aus denen sich jedes menschliche Gewebe entwickeln kann, auch ein
gesamter Mensch; die PID an totipotenten
Embryonen ist laut § 8 ESchG verboten.
Trophoblastenzellen bilden die äußere
Hülle der Blastozyste, aus denen sich später
der Mutterkuchen entwickelt.
Zytogenetische Methoden untersuchen die
Chromosomen aus bestimmten Körperzellen
unter dem Lichtmikroskop mit dem Ziel,
numerische oder strukturell auffällige
Chromosomensätze nachzuweisen bzw. auszuschließen.
Präimplantationsdiagnostik (PID) (wörtlich: Untersuchung vor der Einpflanzung [des
befruchteten Embryos in die Gebärmutter]):
Genetische Untersuchungen am außerhalb
des Mutterleibs erzeugten Embryo.
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Informationen zur ethischen Bildung
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Ethik-ette e. V.
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Was ist Ethik-ette e. V.
....................................................................................
Ethik-ette e. V. ist eine überregionale Initiative.
Die Mitglieder und Kooperationspartner setzen
sich aus allen Altersgruppen sowie den verschiedensten beruflichen Hintergründen zusammen: Ethik; Theologie; Wirtschaft; Politik;
Rechtswissenschaft; Philosophie; Medizin; …
Ethik-ette e. V. ist überparteilich und unabhängig.
Die gemeinsame Wertebasis der Mitglieder sind
die Grundüberzeugungen eines christlichen
Menschenbildes – unabhängig von der persönlichen Religionszugehörigkeit. Die fachliche
Qualität unserer Arbeit wird unterstützt durch
wissenschaftliche Mentoren.
Warum Ethik-ette e. V.?
Unsere Motivation
....................................................................................
In der Finanzkrise war der Ruf nach Ethik laut zu
hören. Die Verantwortungsträger hätten es versäumt, ethische Kriterien bei ihrem Handeln zu
berücksichtigen. In Frage gestellt wird auch die
Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftssystems, wenn
dessen Strukturen allein am Prinzip der Gewinnmaximierung ausgerichtet sind. „Ethik“ ist plötzlich wieder angesagt in der öffentlichen Debatte –
und das nicht nur in Deutschland. An der Harvard Business School beispielsweise führte eine
Studenteninitiative den „MBA oath“ ein, mit
Informationen zur ethischen Bildung
dem sich Absolventen analog zum hippokratischen Eid auf ethische Prinzipien für ihre
zukünftige Arbeit verpflichten.
Aber wie sollen ethisch verantwortbare Entscheidungen in Politik und Wirtschaft getroffen
werden, wenn ethisches Bewusstsein in der Mitte
der Bevölkerung fehlt? Zwar mag es stimmen, dass
beispielsweise das Problem des Klimawandels primär durch politische Emissions-Vorgaben und
freiwillige Selbstverpflichtungen der Industrie anzugehen ist, während das Stromsparen des kleinen Bürgers zu den „Peanuts“ zählt. Doch erwachsen die Entscheidungen der Eliten aus dem Bewusstsein ihrer demokratischen Gesellschaften.
Konkret: In der Bevölkerung muss die Überzeugung, dass wir der Erderwärmung Einhalt gebieten
müssen, nachhaltig vorhanden sein, damit auf
höchster Ebene Taten folgen. Bei der Förderung
ethischen Bewusstseins in der Bevölkerung setzt
Ethik-ette e. V. an.
Das Ziel: Ethisches Bewusstsein und Wissen in
der Gesellschaft vermitteln
....................................................................................
Ethik-ette e. V. formierte sich im April 2010 und
ist seit Juli des Jahres 2011 ein gemeinnütziger,
eingetragener Verein.
Ethik-ette e. V. möchte alle interessierten Bürgerinnen und Bürger dabei unterstützen, sich mit
Ethik zu befassen. Wir wollen das Verständnis
Ausgabe 1 / 2011
Ethik-ette e. V.
für ethische Problemstellungen fördern, das
ethische Bewusstsein festigen und die Bereitschaft
zu ethisch verantwortetem Handeln stärken.
Die Aktivitäten des Vereins
....................................................................................
Als primäre und erste Aktivität plant der Verein,
ein halbjährlich erscheinendes Online-Themenheft herauszugeben: die „Informationen zur
ethischen Bildung“. Darin wollen wir umfassend
über ethische Aspekte gesellschaftlicher Themen
informieren, jeweils eine Fragestellung aus verschiedenen fachlichen Blickrichtungen beleuchten
und zur Debatte anregen. Als Startthemen wurden „Präimplantationsdiagnostik“ und „Gute
Arbeit – gerechter Lohn“ beschlossen. Inspiriert
ist unser Konzept von den „Infor-mationen zur
politischen Bildung“ der Bundeszentrale für
politische Bildung. Wir möchten primär keine
Zeitschrift für ein wissenschaftliches Fachpublikum produzieren, sondern vielmehr aus den
Forschungsergebnissen zu ethischen Themen
schöpfen, um diese in möglichst einfacher und
allgemeinverständlicher Weise an Menschen ohne
fachspezifische Kenntnisse weiterzugeben. So
beabsichtigen wir, Experten um Informationen
und Gastbeiträge zu bitten.
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Sukzessiv soll die Homepage www.ethik-ette.de
weiter ausgebaut werden, die v. a. mit Linksammlungen und einem Glossar mit Erklärungen der
Fachbegriffe zu einer Meta-Plattform für die
Recherche zu ethischen Themen werden soll. In
Planung ist auch ein Newsletter. Unsere primäre
Zielgruppe sind Multiplikatorinnen, also zum
Beispiel Ethik- und Religionslehrende. Für die
Verantwortlichen in der Jugend- und Erwachsenenbildung möchten wir kostenlos Unterrichtsentwürfe und Handreichungen zur Verfügung
stellen, wie konkrete ethische Fragestellungen
didaktisch aufbereitet werden können.
Informationen zur ethischen Bildung
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Ethik-ette e. V.
Informationen
zur ethischen Bildung
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Ethisches Bewusstsein
schaffen und Zukunft
verantwortungsvoll
gestalten.
www.ethik-ette.de
Informationen zur ethischen Bildung
Ausgabe 1 / 2011
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