…. damit Bindung gelingt: Frühe Förderung elterlicher Beziehungs

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…. damit Bindung gelingt: Frühe
Förderung elterlicher Beziehungsund Erziehungskompetenzen
Ute Ziegenhain
Ökumenischer Fachtag der Diakonie Sachsen
und des Caritasverbandes für das Bistum
Dresden-Meißen e.V.
Dresden, 13. April, 2016
Gliederung
Bindung: Psychobiologische Entwicklung im Beziehungskontext
Elterliche Beziehungs- und Erziehungskompetenzen:
Ansatzpunkt für Prävention und Intervention
Psychosozial hoch belastete Familien benötigen Hilfen und
Leistungen aus unterschiedlichen Systemen
Fazit: Frühe Hilfen als Chance
Biologische Basis von Entwicklung und Verhalten
„biologische Bereitschaft“ – tief in der Evolution verankert /
Überlebensvorteil
Vorsprung (Head Start) im Umgang mit sozialen
Entwicklungsherausforderungen
- bereits bei Geburt hohe Bereitschaft zur sozialen Interaktion
(hohe Sensibilität für soziale Reize und Anregungen:
menschliche Stimme, Gesichter, Gerüche)
„mitgebrachte“ Fähigkeit soziale Reize zu senden,
wahrzunehmen und darauf zu reagieren
verstärkt Zuneigung, Interesse und Aufmerksamkeit von
Bezugspersonen / fördert damit Wohlbefinden des
Kindes
soziale Ansprechbarkeit / soziale Responsivität
biologisch „programmiert“
weil Säuglinge und Kleinkinder in hohem Maße abhängig
von elterlicher Unterstützung und Fürsorge
u.a.: Bindung !
(Geary & Bjorklund, 2000; Bjorklund, 2008)
Besonderheiten in der Entwicklungspsychologie
der frühen Kindheit
In der frühen Kindheit werden nahezu alle Erfahrungen durch
die Eltern vermittelt und gesteuert/gestaltet
Säuglinge und Kleinkinder sind gleichermaßen physisch wie
psychologisch auf elterliche Fürsorge angewiesen
„Entwicklungsaufgabe“ von Eltern: intuitive und
kontinuierliche Regulation der wechselnden
Erregungsniveaus und der emotionalen Befindlichkeit
des Säuglings (externe Regulationshilfe)
„There is no such thing
as a baby“
(Winnicott,1949)
Psychobiologische Bedeutung von Bindung
Emotionale Verfügbarkeit als zentrales Entwicklungsziel
„bedingungslose“ Bindungsbeziehung - emotional verfügbare,
zuverlässige und feinfühlige Bindungsperson
psychologische Sicherheit („Felt Security“) und
Stressregulation in der Beziehung („Guided Self-Regulation“)
Auslösen von
neurobiologischen
Mechanismen zur
Stressregulation
John
Bowlby
(1907-1991)
Biologische Grundlagen des Bindungssystems
Trennung,
unvertraute Situation,
(körperliche, emotionale)
Überforderung
Bindungsperson
Belastetheit,
Verunsicherung,
(HerzfrequenzAnstieg)
Entlastung,
Interesse an Erkundung
(Absinken
Herzfrequenz)
Bindungs- Erkundungs-Balance
Bindung
Erkundung
Biologische Basis: Ethologische Bindungstheorie und
intuitives Elternverhalten
Alle Kinder entwickeln im Verlaufe der
ersten beiden Lebensjahre eine
intensive Gefühlsbindung (emotionale
Bindung) an ihre HauptbezugsPerson(en), in der Regel die Eltern, aber
auch Pflegeeltern, Erzieherin …
Babys und Erwachsene sind dazu –
von der Evolution - ausgerüstet:
intuitives Kindverhalten
– Signale des Kindes Hilflosigkeit
und tiefes Vertrauen
– Verhaltensweisen Schreien,
Lächeln, Hinterherkrabbeln,
die Erwachsene in seine Nähe
bringen und dort halten
Intuitives Elternverhalten
- spontanes, nicht gelerntes
elterliches Verhalten, das
komplementär den Fähigkeiten
und Bedürfnissen des Säuglings
entspricht
- basiert nicht auf bewussten
Handlungen der Eltern, sondern
ist unbewusst oder vorrational
! versus: „Bonding“
fälschlicherweise verstanden
im Sinne von unmittelbarem
Kontakt nach der Geburt und als
Voraussetzung für gelingende
Bindung !
Mechthild und Hanus Papousek
Elterliche Feinfühligkeit in der Bindungstheorie
kindliche Signale und Kommunikationen wahrnehmen,
angemessen interpretieren und darauf reagieren sowie
prompt reagieren
Abstimmung des emotionalen Ausdrucksverhaltens
Elterliche Feinfühligkeit in der Bindungstheorie
Mary Ainsworth
Individuelle Unterschiede in der Organisation von Bindung
(Strategien)
sicher (Typ B)
unsicher-vermeidend (Typ A)
unsicher-ambivalent (Typ C)
(Anpassungs-) Strategien im Umgang mit
Belastung und emotionaler Verunsicherung
Ergebnis feinfühligen/intuitiven bzw. wenig
feinfühligen/verzerrt intuitiven elterlichen Verhalten
(deWolff & van IJzendoorn, 1997)
sichere Bindung, ebenso wie die beiden Typen unsicherer
Bindung sind normale Entwicklungsvarianten
…. die emotionale Verfügbarkeit der Bindungsperson ist
bedroht
bei abrupter
Trennung
Bindungsperson: Quelle emotionaler Sicherheit und
externer Hilfe zur Regulation
Trennung,
unvertraute Situation,
(körperliche, emotionale)
Überforderung
Bindungsperson
Belastetheit,
Verunsicherung,
(HerzfrequenzAnstieg)
Entlastung,
Interesse an Erkundung
(Absinken
Herzfrequenz)
Körperliche Trennung von der Bindungsperson
insbesondere bei abrupten Trennungen
u/o
wenn keine alternative Bindungsperson zur
Verfügung steht:
massive psychophysiologische Stressreaktionen
akut: Furcht, heftiger und ärgerlicher Protest, Kummer
bei längerer Trennung:
Reaktionen von Trauer und Verzweiflung / Orientierungsverlust /
depressionsähnliche Reaktionen (Ablösung!)
erhöhte Ausschüttung des Stresshormons Cortisol (bereits bei sehr
kurzen Trennungen, „Fremde Situation“)
Langzeitfolgen insbesondere früher Trennungen
Hinweis für chronische Stressbelastung
(Aktivität der Hypothalamus-Hypophysen-NebennierenrindenAchse (HPA-Achse) dauerhaft auf niedrigem Niveau reguliert)
(Robertson & Robertson, 1971; Tyrka et al., 2008; Fries et al., 2005)
Längere Trennung von der Bindungsperson
insbesondere bei abrupten Trennungen
u/o
wenn keine alternative Bindungsperson zur
Verfügung steht:
Risiko eines Bindungsabbruchs
wenn keine regelmäßigen und engmaschigen Kontakte
stattfinden
enges Zeitfenster von vermutlich wenigen Wochen bei kleinen
Kindern
ab ca. 7-8 Monate: Fähigkeit Menschen oder Gegenstände
intern als Bild bzw. als innere Vorstellung zu „repräsentieren“
ab ca. 9 Monate: Langzeitgedächtnis wird aktiv
(Ziegenhain, 2014; Ziegenhain et al., 2014)
…. aber: alternative Beziehungen und
Übergänge spielen eine Rolle – Beispiel Kita
…. die emotionale Verfügbarkeit der Bindungsperson ist
bedroht
bei
dysfunktionaler
Kommunikation
Hochunsichere Bindung: Frühe traumatische und
Misshandlungs-/ Vernachlässigungserfahrungen in der
Bindungsbeziehung
Zusammenbruch der kindlichen Bewältigungsstrategien
und der Fähigkeit, Gefühle flexibel zu regulieren
Angst aufgrund unbeherrschten elterlichen Verhaltens als
wiederkehrende (konditionierte) Erfahrung
Dysregulationen in der Hirntätigkeit bei schweren und
wiederholten traumatischen Erfahrungen (verstärkte
Ausschüttung von Stresshormonen, verstärkte, chronische
Aktivierung negativer Emotionen, eingeschränkte Affektregulation,
eingeschränkte Erinnerungsfähigkeit)
Risikoindikator für emotionale Vulnerabilität (mangelnde
Widerstandsfähigkeit oder Resilienz; Probleme im
Umgang/Coping mit Stress)
Bandbreite elterlicher Beziehungs- und
Erziehungskompetenzen
Kontinuum von sehr gutem bis sehr gefährdendem Verhalten
Eltern erfüllen die Bedürfnisse
ihres Kindes feinfühlig,
empathisch und kompetent
hinreichend adäquat
„Good-Enough-Parenting“
Eltern
misshandeln
und vernachlässigen ihr
Kind
Winnicott, 1949
fließende Grenzen zwischen angemessenem, belastendem und
entwicklungskritischem und –gefährdendem Verhalten von Eltern
Entwicklungskritisches und –gefährdendes elterliches
Verhalten in alltäglicher Interaktion
Unfähigkeit, das Kind in belastenden Situationen zu trösten
übermäßig harsches / aggressives /bestrafendes Verhalten
„dysfunktionales“ Verhalten*
negativ übergriffig
selbstbezogen
dissoziativ oder zurückgezogen
sich widersprechende affektive Kommunikation
dabei auch: fehlende Fähigkeit, sich auch über eine längeren
Zeitraum hinweg adäquat zu verhalten
„Good Enough Parenting“
* 3,7 mal häufiger desorganisierte Bindung; Metaanalyse 12 Studien, 851 Mutter-Kind-Dyaden;
Madigan, Bakermans-Kranenburg et al., 2006)
Hochunsichere Bindung / Bindungsstörungen
einer der wenigen Prädiktoren, der spätere
Psychopathologie aus der frühen Kindheit
in normalen Populationen voraussagt
- aggressive und externalisierende
Verhaltensproblemen bei Vorschul- und
jungen Schulkindern
- erhöhtes Risiko für internalisierende
Verhaltensprobleme während Kindheit und
Jugendalter
- auch dissoziativer Symptomatik im
Jugendalter
gehäuft in Risikogruppen (Misshandlung,
depressive Mütter, Mütter mit psychischer
Erkrankung / Suchterkrankung)
(Lyons-Ruth & Jacobwitz, 2008; (van IJzendoorn et al., 1999;
Rutter et al., 2009; Carlson, 1998; Moss et al., 2004)
Zwischenfazit: Bindung als biologische
„Anpassungsausrüstung“
alle Kinder entwickeln im Verlauf des ersten Lebensjahres eine
oder mehrere enge Bindungen zu nahe stehenden Bezugspersonen
- in der Regel die Eltern
aber: auch Großeltern, Pflegeeltern, Erzieherin, etc.
- auch Kinder, die vernachlässigt / misshandelt werden (!)
seltene) Ausnahme: kognitive Entwicklungsdefizite
massive Deprivationserfahrungen
starke, angeborene Disposition sich zu binden
individuell unterschiedliche Qualitäten / Strategien
sichere und unsichere Bindungsstrategien (Normvarianten)
hochunsichere Bindung (entwicklungspsychopathologisch diskutiert)
Bindungsstörungen: voll ausgebildete psychische Störung (ICD-10)
Elterliche Beziehungs- und
Erziehungskompetenzen: Ansatzpunkt für
Prävention und Intervention
Bandbreite elterlicher Beziehungs- und
Erziehungskompetenzen
Kontinuum von sehr gutem bis sehr gefährdendem Verhalten
Eltern erfüllen die Bedürfnisse
ihres Kindes feinfühlig,
empathisch und kompetent
hinreichend adäquat
„Good-Enough-Parenting“
Eltern
misshandeln
und vernachlässigen ihr
Kind
Winnicott, 1949
fließende Grenzen zwischen angemessenem, belastendem und
entwicklungskritischem und –gefährdendem Verhalten von Eltern
Intensität der Intervention
Präventionstypen (nach Munoz, Mrazek & Haggerty, 1994)
indizierte
Intervention
selektive Intervention
universelle Intervention
bereits vorhandene
Symptome und Auffälligkeiten
beim Kind
Vorbeugen erwarteter
negativer Entwicklungsverläufe beim Kind
allgemeine Verbesserung
von Elternkompetenzen
Spezifische Angebote in Deutschland (Beispiele)
Art
Projekt
Ort
Anzahl Besuche
„Das Baby verstehen“
deutschlandweit
5
deutschlandweit
nach Bedarf
deutschlandweit
3
deutschlandweit
10
„Schön, dass es dich gibt“
Krefeld
1
„Willkommen im Leben“
Dormagen
1
„Hand in Hand“
Sigmaringen
1
Niederlausitz
nach Bedarf
Baden-Württemberg
5
Cierpka, M. (2004)
universell
Elterntraining
„Auf den Anfang kommt es an“
Ziegenhain, U., Reichle, B. et al. (2006)
„Wir werden Familie“
Reichle, B. (1999)
SAFESichere Ausbildung für Eltern
Brisch, K.-H. (2006)
Familienbesuch
„Gesunde Kinder“
Netzwerkprojekt
STÄRKE
Kursmaterial für Dozent/innen
34 Module à 90 Min.
(Schwangerschaft,
Neugeborenenzeit, erstes
Lebensjahr)
universal-präventiv für alle
interessierten Eltern
Curriculum Familienbesucher
Fortbildungshandbuch
220 Seiten
Präsentationen, Demovideos,
Arbeits- und Infoblätter für die
Fortbildung von
Familienbesucherinnen
24 Module
kostenfrei
erfolgreich evaluiert
fortlaufend überarbeitet und
aktualisiert
Spezifische Angebote in Deutschland (Beispiele)
Art
Familienbesuch
universell
Projekt
Ort
Anzahl
Familienbesuch
Osnabrück
1
„Ich bin stark im Babyjahr“
Berlin Steglitz-Zehlendorf
1 (dann nach
Bedarf)
Frühe Hilfen
Charlottenburg-Wilmersdorf
1 (dann nach
Bedarf)
Aufsuchende Familienhilfe für junge Mütter
Niedersachsen
nach Bedarf
HaushaltsOrganisationsTraining der
Familienpflege
Baden-Württemberg
nach Bedarf
steps
Herford
nach Bedarf
Wege aus der Krise
Stuttgart
nach Bedarf
Schleswig-Holstein,
Hamburg, BadenWürttemberg
nach Bedarf
„HOT“
Wellcome
(Weiterbildung für Ehrenamtliche)
Familiengesundheitspfleger
(geplant in: Berlin, Dresden,
Bayern, Niedersachsen)
München, Essen
nach Bedarf
Aktuelle Projekte in Deutschland (Beispiele)
Art
Projekt
Ort
Anzahl
Bayern
nach Bedarf
Familienhebammen
„ADEBAR“
Stadt Hamburg
nach Bedarf
„Familienhebammen“
Stadt Pforzheim, Stuttgart,
Esslingen, Oldenburg
nach Bedarf
Familienpfleger, Familienpaten, Dorfhelfer,
Heilerziehungspfleger, Landfrauen
diverse Gemeinden in BW
nach Bedarf
Kirchliche Familienpflegedienste
diverse Gemeinden
nach Bedarf
Gemeindeschwestern in zur Unterstützung
des Gesundheitssystems
Mecklenburg-Vorpommern
(auch in der Schweiz,
Rumänien, Weißrussland)
nach Bedarf
EKiBEntwicklung von Kindern in Beziehungen
Oberspreewald-Lausitz
Münchner Modell der Früherkennung und
Frühen Hilfen für psychosozial belastete
Familien (Stadt München)
München
ca. 3 Monate
„Pro Kind – Wir begleiten junge Familien“
Niedersachsen1, Bremen,
Sachsen2
nach Bedarf
Opstapje- Schritt für Schritt
deutschlandweit,
Niederlande
MAJA
(Weiterbildung für Hebammen)
selektiv
Familienbesuch
11x in
3 Jahren
78x in
2 Jahren
1) In den Kommunen Braunschweig, Celle, Göttingen, Hannover, Laatzen, Garbsen, Wolfsburg
2) In den Kommunen Leipzig, Plauen, Dresden, Muldentalkreis, Vogtlandkreis
Aktuelle Projekte in Deutschland (Beispiele)
Art
Beratung Therapie
indiziert
Projekt
Ort
Anzahl
STEEPSteps towards effective, enjoyable
parenting
deutschlandweit
wöchentlich
über 2 Jahre
deutschlandweit
nach Bedarf
deutschlandweit
nach Bedarf
München
nach Bedarf
Egeland, B. & Erickson, M.F (2000)
Suess, G. & Kissgen, R. (2005)
Entwicklungspsychologische
Beratung
Ziegenhain et al. (2004)
SAFESichere Ausbildung für ElternArm fokale Traumatherapie
Brisch, K.-H. (2006)
Münchner Schreisprechstunde
Papousek et al. (2004)
Nationales Zentrum Frühe Hilfen: Evaluation der
Modellprojekte in den Bundesländern
Wie Elternschaft gelingt – WIEGE (Hamburg & Brandenburg)
Guter Start ins Kinderleben (Bayern, BadenWürttemberg, Rheinland Pfalz, Thüringen)
Frühe Hilfen für Eltern u. Kinder und soziale
Frühwarnsysteme (NRW, Schleswig Holstein)
Frühe Intervention für Familien – Pfiff
(Hessen, Saarland)
Früh Start (Sachsen-Anhalt)
Chancen für Kinder psychisch kranker
und/oder suchtbelasteter Familien
(Mecklenburg-Vorpommern)
Evaluation und Coaching zum Sozialen
Frühwarnsystem (Berlin)
Familienhebammen: Frühe Unterstützung –
frühe Stärkung? (Niedersachsen)
Pro Kind (Niedersachsen, Bremen, Sachsen)
1) Pro Kind
2) Familienhebammen: Frühe
Unterstützung – frühe Stärkung?
aus: BZgA/DJI 2008)
Aktionsprogramm „Frühe Hilfen für Eltern und Kinder und
soziale Frühwarnsysteme“ – Modellprojekte zur Förderung
elterlicher Beziehungs- und Erziehungskompetenzen
hoch belastete Familien mit Säuglingen und Kleinkindern
+ aufsuchende Interventionsprogramme (reduzieren
Misshandlung/Vernachlässigung; Guterman, 1997)
- Pro Kind (Nurse Family Partnership, Olds et al., 1999; Pfeiffer, Hosser,
Maier-Pfeiffer & Jungmann, 2005)
- Keiner fällt durchs Netz (Sidor, Kunz, Schweyer, Eickhorst & Cierpka,
2011)
+ gezielte Förderung elterlicher Feinfühligkeit und
aufsuchend (Bakermans-Kranenburg et al., 2003; Juffer et al., 2008)
- STEEP („Wiege“; Erickson & Egeland, 2006; Suess, 2010)
- Entwicklungspsychologische Beratung („Guter Start ins
Kinderleben“; Ziegenhain et al., 2004)
zu Beginn des Aktionsprogramms bereits erfolgreiche
„Feasibility-Studien“ und erste Evaluationsergebnisse
(Ziegenhain, Derksen & Dreisörner, 2004)
Steps Toward Effective, Enjoyable Parenting (STEEP;
Erickson & Egeland, 2006; Kißgen & Suess, 2005; Ludwig-Körner &
Derksen)
basierend auf Bindungstheorie; insbesondere entwickelt
für die Beratung und Therapie von Familien mit
psychosozialen Belastungen (jugendliche Mütter,
Familien mit Frühgeborenen, Mütter mit postpartaler
Depression)
Förderung elterlichen feinfühligen Verhaltens und
flankierende Hilfen
- Langzeit-Intervention (aufsuchend, Gruppensitzungen,
Schwangerschaft bis zweites Lebensjahr, VideoFeedback: „Seeing is Believing“)
Evaluation
Verbesserung feinfühligen Verhaltens bei Familien mit
psychosozialen Belastungen; positive Veränderungen
in der Bindung beim Kind nur in einer Studie
(Heinicke et al., 1998; 1999)
> sichere Bindungsbeziehungen bei einjährigen Kindern
(junge, hoch belastete Mütter vs. Kontrollgruppe
(Regelversorgung Jugendhilfe)
aber: desorganisierte Bindung keine
Gruppenunterschiede (Suess et al., 2010)
! Einfluss
Bindungshintergrund
Beraterin auf den
Interventionserfolg !
Entwicklungspsychologische Beratung (EPB;
Ziegenhain et al.; 2004; 2006; Ziegenhain et al. Im Druck)
basierend auf Bindungstheorie, Entwicklungsmodell nach
Als und Brazelton
Förderung elterlichen feinfühligen Verhaltens (Empathie,
Perspektivenübernahme)
Vermittlung von Ausdrucks-, Belastungs- und
Bewältigungsverhaltensweisen von Säuglingen und
Kleinkindern
- Kurzzeit-Intervention (aufsuchend, Video-Feedback
(„Sehen-Verstehen-Handeln“), ca. 6 -7 Termine)
- flexibel integrierbar in bestehende Hilfesysteme
Evaluation
Verbesserung feinfühligen Verhaltens bei jugendlichen
Müttern (verglichen mit jugendlichen Müttern in
regulärer Jugendhilfe-Betreuung (TAU; Ziegenhain,
Derksen & Dreisörner, 2004; Ziegenhain, 2008) sowie bei
Müttern mit psychischer Erkrankung, Müttern mit
Migrationshintergrund, (Pillhofer et al., 2011; 2014)
Ziegenhain, Derksen &
Fegert, im Druck)
Entwicklungspsychologische Beratung (Ziegenhain, Fries, Bütow &
Derksen, 2004, 2006; Ziegenhain, Derksen & Fegert, im Druck)
Intervention
Video-Sequenzen gelungener Interaktion
Video-Sequenzen nicht gelungener
Interaktion
Anwesenheit des Kindes
Videoaufnahme
gemeinsamer
Interaktion
Aktionsprogramm „Frühe Hilfen für Eltern und Kinder
und soziale Frühwarnsysteme“ (BMFSFJ)
Attachment and Biobehavioral Catch-UP (ABC Program;
Dozier, Lindheim & Ackerman, 2005)
SAFE, Brisch (2010-215)
Circle of Security (COS,
Marvin et al., 2002)
Psychosozial hoch belastete Familien
benötigen Hilfen und Leistungen aus
unterschiedlichen Systemen
Was, wenn Familien Hilfen und Unterstützung aus
unterschiedlichen Systemen benötigen?
Sozialpädiatrische
Zentren (SPZ)
Kinder.klinik
Jobcenter
KiTa
Erziehungsberatungsstelle
Frühförderung
Familienbildungsstätte
Mutter-KindEinrichtung
Suchtberatungsstelle
Sozialpädagogische
Familienhilfe
KinderärztIn
Geburtsklinik
Hebamme
Schwangerschaftsberatungsstelle
Gynäkologin/e
niedergelassene( r)
PsychotherapeutIn
niedergelassene(r)
ErwachsenenpsychiaterIn
niedergelassene(r)
Kinder- und
psychiaterIn
Klinik für
Erwachsenenpsychiatrie
Klinik für Kinderund Jugendpsychiatrie
Beispiel: Kinder psychisch kranker bzw. suchtkranker Eltern
- unmittelbar: „dysfunktionales“ Elternverhalten (emotional zurückgezogen,
negativ übergriffig /aggressiv, widersprüchlich, Rollenkonfusion)
chronischer bzw. phasenhafter Verlauf (Rückkehr in Normalität eher
selten):
Alter
Entwicklungsrisiken
Kleinkindalter
hochunsichere Bindung/Bindungsstörungen,
Vernachlässigung, Misshandlung (Furcht !)
Kindergarten/ Schulalter
Loyalitätskonflikte, Scham, Schuldgefühle,
Parentifizierung, Isolation /Ausgrenzung durch Peers
Jugendalter
misslingende Autonomieentwicklung / Ablösung
(„schlechtes Gewissen“), Angst selbst zu erkranken
- Risiko genetischer Belastung (2-3fach erhöht)
sowie
erhöhtes Risiko, emotionale Verhaltensprobleme / körperliche Symptome,
kinder- / jugendpsychiatrische Störung zu entwickeln (genetisch, aber auch
unabh.)
- vielfältigste psychosoziale Belastungen (finanzielle Probleme, Trennung /
Scheidung, kein tragfähiges Netzwerk …. )
chronische, vielfältige Belastungen, die kumulieren und miteinander
in Wechselwirkung stehen / keine Schutzfaktoren, die abpuffern
können / über die frühe Kindheit hinaus
Beispiel: Kinder psychisch kranker bzw. suchtkranker Eltern
- unmittelbar: „dysfunktionales“ Elternverhalten (emotional zurückgezogen,
negativ übergriffig /aggressiv, widersprüchlich, Rollenkonfusion)
chronischer bzw. phasenhafter Verlauf (Rückkehr in Normalität eher
selten):
Alter
Entwicklungsrisiken
Kleinkindalter
hochunsichere Bindung/Bindungsstörungen,
Vernachlässigung, Misshandlung (Furcht !)
Kindergarten/ Schulalter
Loyalitätskonflikte, Scham, Schuldgefühle,
Parentifizierung, Isolation /Ausgrenzung durch Peers
Jugendalter
misslingende Autonomieentwicklung / Ablösung
(„schlechtes Gewissen“), Angst selbst zu erkranken
- Risiko genetischer Belastung (2-3fach erhöht)
sowie
erhöhtes Risiko, emotionale Verhaltensprobleme / körperliche Symptome,
kinder- / jugendpsychiatrische Störung zu entwickeln (genetisch, aber auch
unabh.)
- vielfältigste psychosoziale Belastungen (finanzielle Probleme, Trennung /
Scheidung, kein tragfähiges Netzwerk …. )
chronische, vielfältige Belastungen, die kumulieren und miteinander
in Wechselwirkung stehen / keine Schutzfaktoren, die abpuffern
können / über die frühe Kindheit hinaus
Vielfältiger und interdisziplinär abzustimmender
Unterstützungs- und Versorgungsbedarf
- „sowohl als auch“: alltagspraktische Unterstützung und klinische
bzw. psychotherapeutische Versorgung
Intervention bei
(drohender) Kindeswohlgefährdung
systematische
Diagnostik /
Abklärung
Besuch einer Elterngruppe /
(TeilhabebeSozialpädagogische
einträchtigung /
psychiatrische /
Familienhilfe
Familienbildung
(Erziehungspsychotherapeutische
Erziehungsschwierigkeiten)
Unterstützung Mutter
beratungsstelle
kinderpsychiatrische
…..
Unterstützung
…..
niedrigschwellig,
ggf. punktuell
…..
spezifische Angebote zur
Förderung elterlicher
Beziehungs- und
Erziehungskompetenzen
…..
Säuglinge und Kleinkinder mit psychisch kranken bzw.
suchtkranken Eltern
- Belastungen der Kinder werden häufig nicht
erkannt („so genanntes „überangepasstes“
Verhalten; Crittenden, 2007)
- adäquate Hilfe / kompetente Weitervermittlung
wird nicht systematisch bzw. „zufällig“ vorgehalten
- auch abhängig davon, in welchem System Eltern
gesehen werden (ob gute (sozial-)psychiatrische
Versorgung schon vor Geburt oder nicht, etc.)
„Verbindlichkeit“ des Systems
- notwendige Hilfen und Leistungen werden nicht
verknüpft (kein „Hilfegebinde“ von niedrigschwelligen
bis therapeutischen Hilfen)
- Eltern sehen häufig keinen Hilfebedarf
- Hilfe- und Unterstützungsbedürfnisse sind
heterogen und schwankend (von engmaschiger
Versorgung über Krisen bis hin zu Phasen ohne
Symptome und guten Elternkompetenzen)
- ……..
Fazit. Frühe Hilfen als Chance
Frühe Hilfen im System der Regelversorgung in Deutschland
Ausgangssituation in Deutschland:
gute Versorgungssysteme für junge Familien
aber:
unzureichende Koordinierung von Hilfen und Angeboten
aus unterschiedlichen Systemen
Kinder- und Jugendhilfe, Gesundheitssystem,
Frühförderung, Schwangerenberatung ……….
Versäulung und fehlende
Durchlässigkeit
Lücke in der Regelversorgung: manualisierte, selektiv
präventive Ansätze und Programme zur spezifischen
Förderung elterlicher Beziehungs- und
Erziehungskompetenzen
- Fokus : spezifische Förderung elterlicher Feinfühligkeit /
bzw. Entwicklung sicheren Bindung beim Kind
(Ziegenhain, 2004; Berlin, Zeanah & Lieberman, 2008)
Was sollte „drin“ sein in den Frühen Hilfen?
lokale und regionale Unterstützungssysteme mit
koordinierten Hilfsangeboten (0- bis 3)
Förderung der Beziehungs- und
Erziehungskompetenz von (werdenden) Müttern
und Vätern
enge interdisziplinäre Kooperation und
Vernetzung von Institutionen und Angeboten
(Schwangerschaftsberatung, Gesundheitswesen,
interdisziplinäre Frühförderung, Kinder- und
Jugendhilfe sowie weitere soziale Dienste)
Angebote, die sich an alle (werdenden) Eltern mit
ihren Kindern richten
- im Sinne der Gesundheitsförderung
(universelle Prävention)
- sowie an Familien in Problemlagen
(selektive Prävention)
nach der Definition des wissenschaftlichen Beirats des NZFH:
Walper, Franzkowiak, Meysen & Papoušek , 2009
Was sollte „drin“ sein in den Frühen Hilfen?
lokale und regionale Unterstützungssysteme mit
koordinierten Hilfsangeboten (0- bis 3)
Förderung der Beziehungs- und
Erziehungskompetenz von (werdenden) Müttern
und Vätern
enge interdisziplinäre Kooperation und
Vernetzung von Institutionen und Angeboten
(Schwangerschaftsberatung, Gesundheitswesen,
interdisziplinäre Frühförderung, Kinder- und
Jugendhilfe sowie weitere soziale Dienste)
Angebote, die sich an alle (werdenden) Eltern mit
ihren Kindern richten
- im Sinne der Gesundheitsförderung
(universelle Prävention)
- sowie an Familien in Problemlagen
(selektive Prävention)
nach der Definition des wissenschaftlichen Beirats des NZFH:
Walper, Franzkowiak, Meysen & Papoušek , 2009
Fazit: Kooperation zwischen Gesundheitssystem und
Jugendhilfe als Schlüssel
Frühe Hilfen sind mittlerweile fest in der Kinder- und
Jugendhilfelandschaft implementiert
das Bundeskinderschutzgesetz (BKiSchG) bietet in Deutschland
einen Rahmen für die Etablierung nachhaltiger Kooperations- und
Vernetzungsstrukturen in den Kommunen
Stand des Ausbaus der lokalen Netzwerkstrukturen unterschiedlich
- fallweise und nicht systematisch (eher Zusammenarbeit in der
Jugendhilfe) versus fallübergreifende und nachhaltige
Vernetzungsstrukturen
Angebotsrepertoire unterschiedlich ausgebaut
- von eher einzelnen Angeboten (Familienhebamme) bis zu interdisziplinär
aufeinander abgestimmten Angeboten vor Ort
- von wenig spezifischen Angeboten bis hin zu einer breit angelegten
Angebotspalette
niedrigschwellig / universell präventiv ((Elternkurse,
Familienhebamme, Willkommensbesuche, etc.)
spezifisch / selektiv präventiv (risikospezifisch, Bindungsförderung, etc
Was müssen wir noch verbessern?
Desiderate: – nach wie vor
- müssen interdisziplinäre Vernetzungsstrukturen optimiert werden
- muss das Angebotsrepertoire ausgebaut werden
- sind Frühe Hilfen zu wenig spezifisch und zu wenig passgenau
- ist die fallbezogene Zusammenarbeit zwischen der Kinder- und
Jugendhilfe und dem Gesundheitssystem nicht hinreichend
systematisch geregelt
- fehlen systematische Risikoinventare und interdisziplinär
abgestimmte Diagnoseverfahren
- bestehen spezifische Qualifizierungsanforderungen (großes
Kompetenzgefälle in der Praxis)
E-Learning Kurs „Frühe Hilfen und frühe Interventionen im
Kinderschutz“: Basisfinanzierung gesichert
www.eLearningFrueheHilfen.de
87 CME-Punkte
Entwicklung gefördert durch das Ministerium für Arbeit und
Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren, BadenWürttemberg, bundesweiter, kostenfreier Betrieb
und weitere Evaluation gefördert von Optimus Foundation
„Es gibt keine großen Entdeckungen
und Fortschritte, solange es noch
ein unglückliches Kind auf Erden gibt.“
Albert Einstein
* 1889 Ulm
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie /
Psychotherapie des Universitätsklinikums Ulm
Steinhövelstraße 5
89075 Ulm
www.uniklinik-ulm.de/kjpp
Ärztlicher Direktor: Prof. Dr. Jörg M. Fegert
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