Bindung und Psychopathologie

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Friedrich-Schiller-Universität
Institut für Erziehungswissenschaft
LS für Sozialpädagogik und außerschulische Bildung
Seminar: “Besonders schwierige Kinder und Jugendliche”: Auffälligkeiten und Beeinträchtigungen im Blickfekld Heimerziehung
WS 2010/2011
Dozentin: Kristin Georgy, M.A.
Referenten: Stefanie Kilian, Katharina Benning
12.02.2011
Einführung in die Bindungstheorie: Ergebnisse der Eltern-Kind-Interaktionsforschung
Begriffsklärungen

Bindung: besondere

Bindungstheorie: umfassendes Konzept für die
eines Kindes zu seinen Eltern oder einer Bezugsperson (Ainsworth)
des Menschen als Folge seiner sozialen
Erfahrungen (Ainsworth & Bowlby 2003)
Grundannahmen der Bindungstheorie

kontinuierliche und feinfühlige Fürsorge hat eine herausragende Bedeutung für die
des
Kindes

es existiert die biologische Notwendigkeit mindestens eine sichere Bindung einzugehen, um Sicherheit zu finden und
zu vermindern

Unterschied Bindungsverhalten im Vgl. zu anderem Verhalten: bei Angst wird Bindungsperson aufgesucht und
sinkt, bei Sicherheit steigt das
an und die Nähe wird weniger gesucht

Bindungsqualität ist abhängig vom Ausmaß der

man bindet sich an ältere, erwachsene und damit vermeintlich weisere Person
Bindungsentwicklung

Bindung entwickelt sich typischerweise in 4 Phasen:
o
Phase der
sozialen Reaktionen
o
Phase der
sozialen Reaktionsbereitschaft
o
Phase des aktiven und initiierten zielkorrigierten Bindungsverhaltens
o
Phase der zielkorrigierten
Mütterliche Sensitivität

wichtiger Faktor bei Entwicklung einer

mütterliche Feinfühligkeit ist die Genauigkeit der primären Bezugsperson in Wahrnehmung und Interpretation der
, sowie in der Fähigkeit angemessen, kontingent und prompt darauf zu reagieren
Fremde-Situations-Test (FST) und Bindungstypen

Kindesverhalten wird in verschiedenen Situationen beurteilt, um so auf den

Ablauf: (1) Mutter und Kind mit fremder Person bekannt gemacht; (2)Mutter und Kind alleine im Untersuchungsraum;
schließen zu können
(3) fremde Person kommt dazu; (4) Mutter verlässt Raum; (5)Mutter zurück, fremde Person verlässt Raum; (6)Mutter
verlässt auch den Raum  Kind alleine; (7)fremde Person betritt den Raum wieder; (8)Mutter kehrt zurück, fremde
Person verlässt Raum

Verhalten des Kindes wird nach bestimmten Kriterien beurteilt
Innere Arbeitsmodelle

Erfahrungen mit
und zu
werden zunehmend verinnerlicht und in ein Gesamtbild integriert
Systemen zusammengefasst

Annahmen der Kinder, wie die Bindungsperson(en) auf Bindungswünsche höchstwahrscheinlich reagieren wird/werden

konkrete
Bindungsperson in schwierigen Situation
werden internalisiert  Bild von Verfügbarkeit und Reaktion der primären
Adult Attachment Interview (AAI)

halbstrukturiertes Interview zur Erfassung der Bindungsorganisation auf der

dient der Einschätzung des inneren Arbeitsmodells

20 Leitfragen bezogen auf: Erfahrungen mit primärer Bindungsperson in Kindheit, Verhältnis aus heutiger Sicht,
traumatische Erfahrungen und Umgang mit (möglichen) eigenen Kindern

erfasst wird
der Bindung
Bindungsrepräsentationen

sicher/autonom  F: Bindungsbeziehungen wird hoher Wert beigemessen; Bindungserfahrungen werden mit jeweiliger
Situation, Gefühlen und eigenem Verhalten in Verbindung gebracht; entwicklungsangemessene
von Sicherheits- und Autonomiebedürfnis

 Ds: großer Wert auf eigene Unabhängigkeit gelegt oder übertrieben positive Darstellung
unsicher-
der Beziehung zu Bindungsperson; Eltern als wenig verfügbar und zurückweisend (in offener oder verdeckter Art und
Weise) empfunden; Versuch, bindungsrelevante Aspekte zu limitieren

-verstrickt  E: Antworten weisen auf konfliktreiche Beziehungen zu BP hin; widersprüchliche
Gefühle von Angst und Wut gegenüber Bindungsperson(en)  noch keinen Frieden mit ihnen gemacht

unverarbeiteter Bindungsstatus  U: Personen, die traumatische
aus Kindheit nicht verarbeitet
haben; Traumen erschütterten Beziehung zu erwachsenen Bindungsperson nachhaltig

nicht-klassifizierbar  CC: im Interview Hinweise auf mehrere Bindungsrepräsentationen  keine einheitliche
vorhanden
Intergenerationale Transmission

durch innere Arbeitsmodelle  Repräsentationen eigener kindlicher Bindungserfahrungen im Erwachsenenalter 
beeinflusst Ausmaß an

, mit dem Eltern auf Bindungsbedürfnisse der Kinder reagieren
Einstellung der Eltern gegenüber Bindung bzw. der Wert, dem sie Bindung beimessen beeinflusst Erziehungsverhalten
nachhaltig

Bindungstyp des Kindes ist abhängig von der Bindungsrepräsentation der Eltern
Bindung im Jugendalter:

soziale Kompetenz in der Adoleszenz in besonderer Weise gefragt (erste intime Vertrauens- und Liebesbeziehungen)

Bindungsbeziehungen zu den Eltern werden gelockert; Unabhängigkeit und Risikohandeln wird demonstriert;
Transformation der Beziehungen (Eltern als Unterstützer)

Qualität persönlich bedeutsamer, intimer Beziehungen weist Zusammenhang auf zur Qualität der elterl. Bindungsbez.

sicher gebunden / unsicher gebunden / unsicher-verwickelt gebunden
Bindung bei Peer- bzw. Liebesbeziehungen:

Gleichaltrige haben überaus großen Einfluss auf das seelische Wohlbefinden

Beziehung aus freien Stücken gewählt, nicht bei der Geburt vorgegeben

(erstes) sexuelles Interesse bietet häufig Anlass und Gelegenheit für den Aufbau der Bindungsbeziehungen

Bindungsrepräsentation beeinflusst auch das Verhalten ggü. dem Partner in den ersten Liebesbeziehungen
Der Einfluss der frühen Mutter-Kind-Interaktion auf die sozial-kognitive Entwicklung:

Existenz einer sicheren Bindung = fundamental für gesunde seelische Entwicklung, Voraussetzung für aktives
Explorationsverhalten des Kindes und Schutzfaktor ggü. Risiken und Gefährdungen

insbesondere eine frühe hochunsichere Bindung korreliert mit späteren Verhaltensproblemen wie z.B. Aggressivität,
depressiver Symptomatik sowie schulischen Problemen
Bindungsstörungen:

entstehen dann, wenn keine, auch keine, auch keine unsichere Bindung entwickelt werden konnte

ICD 10 kennt zwei Arten von Bindungsstörungen:
* F 94.1: reaktive Bindungsstörung
 Kinder zeigen widersprüchliche Reaktionen in unterschiedlichen sozialen Situationen
* F 94.2: Bindungsstörung mit Enthemmung
 diffuse bzw. mangelnde exklusive Bindungen
Bindung und Psychopathologie:

stabile Beziehungen, gerade in der Kindheit, sind ein protektiver Faktor für die Entstehung psychischer Störungen

nach heutigem Wissenstand: zwei Störungen mit hinlänglich gesicherter Beziehung zu frühkindl. Bindungsmustern:
Angststörungen und dissoziative Störungen

unsichere Bindung = unspezifischer Risikofaktor, unsicherer Bindung selbst kommt kein Krankheitswert zu
Bindung und Heim: (verschiedene Studien; u.a. von Bowlby, J., Ainsworth, M., Schleiffer, R., Nowacki, K.)

Kinder müssen mit der Trennung von ihren Eltern fertig werden und diesen Verlust der primären Bindungsperson
verarbeiten  Wunsch nach enger, dauerhafter und gefühlvoller Beziehung wird oft zum lebenslangen Problem

es fehlt an einer engen und dauerhaften Beziehung zu einer „Bezugsperson“; häufiger Wechsel der Beziehungspersonen

der Großteil der Kinder in Heimen ist unsicher gebunden, hat ein gestörtes Selbstbild und zeigt psychiatrische
Auffälligkeiten sowie eine deutlich höhere Ausprägung an Persönlichkeitsstörungen

intergenerationale Transmission (bei Heimjugendlichen als Eltern) konnte nachgewiesen werden

bindungstheoretisches Wissen für Erziehung im Heim sehr wichtig  größere Sicherheit im Umgang mit den
Jugendlichen, Unterstützung, Aufbau einer förderlichen und stabilen Beziehung, Elternarbeit usw.
unsicher / Persönlickeitsentwicklung / seelische Gesundheit / Beziehung / Stress / Erlebnisse / Explorationsverhalten /
Sicherheitsvermittlung / unspezifischen / Explorationsverhalten / repräsentationalen / Geburt / Beziehungspersonen /
Interaktionserfahrungen / unterschiedlichen / Wohlbefinden / gelockert / Feinfühligkeit / protektiver /
Repräsentationsebene / Enthemmung / intergenerationale Transmission / Bindungsperson / Bindungsrepräsentation /
Partnerschaft / intimer / mentaler Verarbeitungszustand / Selbstbild / F 94.1 / Befriedigung / Krankheitswert /
Adoleszenz / sicheren Bindung/ bindungstheoretisches / Bindungsperson / verwickelt / Angststörungen / kindlichen
Botschaften / hoch unsichere / Interesse / Bindungstyp / distanzierend / fundamental
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