Nachbarschaften und ihre Effekte Stefanie Magel, Manuela Kälbling, Andrej Ruesch, Tanja Hafner, Sandra Manz 30. April 2012 Ablauf Forschungsentwicklung Kronauer: Armut, Ausgrenzung und Unterklasse «Exclusion» und «Underclass» Quartierseffekte Mechanismen von Quartierseffekten Diskussion Forschungsentwicklung I Oberwittler, Dietrich (2004): Stadtstruktur, Freundeskreise und Delinquenz, in: Dietrich Oberwittler (Hrsg.): Soziologie der Kriminalität, Wiesbaden: VS Verlag,135-170. Bis in die 1960er Jahre, Thematik vor allem durch die Chicago School geprägt. Desorganisationsansatz dominierte die Forschung. Clifford Shaw und Henry McKay (1969): Fokus auf den kollektiven Eigenschaften. (Aggregatsebene) Forschungsentwicklung II Vgl. Oberwittler (2004) Kritik Aggregatsebene / Desorganisationsansatz Seit den 1980er Jahren neue statistische Instrumente: Mehrebenenanalyse, Verfügbarkeit von Befragungsdaten Zunahme der sozialen und ethnischen Polarisierung und Segregation von Wohngebieten (USA und Europa) Herausbildung von «Hyper-Ghettos» Zunahme der sozialökologischen stadtviertelbezogenen Delinquenzforschung. Armut, Ausgrenzung und Unterklasse Kronauer, Martin (2000): Armut, Ausgrenzung und Unterklasse, in: Hartmut Häussermann (Hrsg.): Grossstadt. Soziologische Stichworte. Opladen: Leske und Budrich, S. 13.27. 16. Jh.: Krise der traditionellen agrarischen Produktionsweise trieb Arme in die Stadt. 19. Jh.: Suche nach Arbeit trieb Arme in die Industriestädte Entstehung des industriellen Proletariats. Heute: Grosse Armut in Entwicklungsländern treibt Migranten in die Städte Europas und Nordamerikas. Armut, Ausgrenzung und Unterklasse II Wandel der Armut: Absolute Armut Relative Armut Ausgrenzung: Zunftordnung, würdige/unwürdige Arme, Armenhäuser (Verlust der bürgerlichen Rechte), Ausgrenzung aus gesellschaftlichen Bereichen. Armut, Ausgrenzung und Unterklasse III Nach dem 2 Weltkrieg: «soziale Frage»: Wohlfahrtsstaat, soziale Reformen, Frage nach der Verantwortung. Rückgang der Armut bis in die 1970er Jahre. Erneuter Anstieg seit den 1980er Jahren: Neue Form der Armut: Deindustrialisierung, Internationalisierung, Rationalisierung. Exclusion & Underclass Kronauer, Martin (2000): Armut, Ausgrenzung und Unterklasse, in: Hartmut Häussermann (Hrsg.): Grossstadt. Soziologische Stichworte. Opladen: Leske und Budrich, S. 13.27. Begriff «Exclusion» aus Frankreich (1970er Jahre Buch «les exclus»). Seit den späten 1980er Jahren politische und gesellschaftliche Debatte. Begriff «Underclass» aus den USA seit den frühen 1960er Jahren. Seit den späten 1980er Jahren William J.Wilson: «The truly disadvantaged» Begriffsdebatte I Schnittmenge der beiden Begriffe: «Sie besteht in der Feststellung, dass sich für eine wachsende Zahl von Menschen in den hochentwickelten kapitalistischen Gesellschaften Marginalisierung oder Ausschluss am Arbeitsmarkt mit gesellschaftlicher Isolation verbindet.» (Kronauer 2000:25) Begriffsdebatte II «Exklusion» hebt weniger auf den Zustand als den Prozess der Ausschliessung ab.» (Kronauer 2000:26) <-> ««Underclass» bezeichnet dagegen eine fixierte soziale Lage, mit der sich die Betroffenen arrangieren mussten.» (Kronauer 2000:26) Begriffsdebatte III Begriff «Underclass» stigmatisierender als der Begriff «Exclusion». Konservative Besetzung des «Underclass»-Begriffs in den USA. Die modernen «unwürdigen» Armen. Quartierseffekte Annahme, dass individuelles Handeln von den Bedingungen der sozialen oder sozial-räumlichen Umgebung abhängt. Zusätzlich zu den Individualmerkmalen Makro-Mikro-Modell sozialen Handelns Quelle: Friedrichs & Nonnenmacher (2010, S. 470) Direkte Kontexteffekte Ausstattung des Gebiets Möglichkeiten bzw. Einschränkungen bei Alltagsaktivitäten Ansteckungseffekt Wahrnehmung von Unordnung und abweichendem Verhalten Kollektive Sozialisation und Rollenmodelle Gegenseitige Unterstützung und Kontrolle Indirekte Kontexteffekte Netzwerke Gelegenheitsstrukturen Institutionen Widerspiegeln Sozialstruktur im Wohngebiet Makro-Mikro-Modell indirekter Kontexteffekte Quelle: Friedrichs & Nonnenmacher (2010, S. 485) Mechanismen bei Nachbarschaftseffekten Drei wesentliche direkte Kontexteffekte bzw. Modelle nach Friedrichs/Nonnenmacher (2010) Ausstattung des Gebiets Kollektive Sozialisation und Rollenmodelle Ansteckungseffekt 2) Kollektive Sozialisation und Rollenmodelle Sozialisation durch die Bewohner des Gebiets, v.a. Rollenmodelle – „Positive“ Nachbarschaft: grosser Anteil wohlhabender Personen – „Negative“ Nachbarschaft: hohe Arbeitslosenquote, grosser Anteil Alleinerziehender, usw. – Hoher Sozialstatus der Nachbarschaft positiver Einfluss, geringes „deviantes Verhalten“ (Teenagerschwangerschaften, Schulabbruch, …) – „Positive“ Nachbarschaft übt einen grösseren (positiven) Einfluss auf die Mitbewohner aus als eine negative Nachbarschaft einen negativen Einfluss Soziales Lernen! 2) Kollektive Sozialisation und Rollenmodelle Makro-Mikro-Modell (für soziales Lernen) Worin besteht dieser (sowie der Ansteckungs-) Effekt genau? 2) Kollektive Sozialisation und Rollenmodelle Sinnvoll, auf Überlegungen zu „sozialen Mechanismen“ zurückzugreifen – Mechanismus (Opp, 2004): kausale Prozesse oder Wirkungsketten; Kette aufeinander bezogener Hypothesen, die spezifizieren, wie eine Bedingung (Input) mit einem Ergebnis (Output) verbunden ist Indirekte Kontexteffekte des Wohngebiets sind ein spezieller Fall der kausalen Prozesse oder Wirkungsketten, die es zu finden gilt 2) Kollektive Sozialisation und Rollenmodelle • Beispiel Bildungserfolg (Helbig, 2010) – Anhand ELEMENT-Studie in Berlin: wirkt sich die Sozialstruktur des Wohngebiets neben den individuellen Herkunftsmerkmalen auf die Entwicklung kognitiver Kompetenzen der Schüler in Lesen und Mathematik aus? • • • • • Längsschnittstichprobe 2003, 2004 und 2005, 4.-6. Klasse Daten: 3169 Grundschüler an 71 Grundschulen Kumulierte Arbeitslosen- und Sozialhilfeempfängerquote, welche die Deprivation eines Gebietes am besten beschreibt Deprivation auf Schulebene: Anteil von Schülern nichtdeutscher Herkunftssprache Abhängige Variable: Mathematik- und Lesekompetenzen in der 6. Klasse, mit Kontrolle der Kompetenzen in der 4. Klasse 2) Kollektive Sozialisation und Rollenmodelle Beispiel Bildungserfolg (Helbig, 2010) – MehrebenenstrukturelleWirkungsweise der Nachbarschaft: Direkte und indirekte (soziale Institutionen) Wirkungen auf Bildung • Vermittlung über die Mesoebene der Schule 2) Kollektive Sozialisation und Rollenmodelle Beispiel Bildungserfolg (Helbig, 2010) – Quartiere mit hoher Konzentration von Erwachsenen mit hohem Sozialstatus: mehr positive Rollenmodelle für Jugendliche vorhanden Ausgeprägte soziale Kontrolle – Kinder in Nachbarschaften mit günstiger Sozialstruktur profitieren bei ihrer Kompetenzentwicklung davon – Angenommene Effekte wirken sich wahrscheinlich stärker auf Jungen als auf Mädchen aus 2) Kollektive Sozialisation und Rollenmodelle Beispiel Bildungserfolg (Helbig, 2010) – Ergebnisse: • • • • Effekte von Nachbarschaftscharakteristika und Schulcharakteristika korrelieren stark unklar, ob die Nachbarschafts- oder Schulzusammensetzung die Kompetenzen der Schüler beeinflusst Auf der Schul- oder Nachbarschaftsebene ist 5,47 (M: 10,38) der Varianz der Lesekompetenzentwicklung zu finden (mit Kontrolle der Individualmerkmale: 3,06 (M: 6,42)) Die höchste Varianz der Lesekompetenzentwicklung ist auf der Individualebene zu finden Schüler profitieren in ihren Lesekompetenzen nur davon, wenn sie in einer sozial besser gestellten Nachbarschaft mit einer kumulierten Arbeitslosenund Sozialhilfequote unter 15,15% (M: 10,29%) leben 2) Kollektive Sozialisation und Rollenmodelle Beispiel Bildungserfolg (Helbig, 2010) – Ergebnisse: • Epidemische Theorie: Ballung negativer soziostruktureller Merkmale in einer Nachbarschaft wirkt sich negativ auf die Bildungschancen der in ihr lebenden Kindern und Jugendlichen aus konnte nicht bestätigt werden! • Hypothese, dass Jungen stärker durch die sie umgebende Nachbarschaft in ihrer Kompetenzentwicklung beeinflusst werden, ist zu verwerfen 2) Kollektive Sozialisation und Rollenmodelle Beispiel inter-ethnische Freundschaften (Farwick, 2007) – Indirekter Effekt des Wohngebiets auf individuelle Einstellungen und Verhaltensweisen, vermittelt über das soziale Netzwerk – Studie in Bremen durchgeführt • • Jahr 2001 194 türkische Haushalte, 93 türkische Haushalte in Kontrollgebieten mit geringerer räumlicher Konzentration – Zusammenhang zwischen der ethnischen Segregation türkischer Migranten und dem Ausmass inter-ethnischer Freundschaften sowohl auf der räumlichen Ebene der Wohnquartieren als auch auf der kleinräumigeren Ebene der näheren Wohnumgebung der Migranten 2) Kollektive Sozialisation und Rollenmodelle Beispiel inter-ethnische Freundschaften (Farwick, 2007) – Inwieweit sich bei einem Zusammentreffen von Migranten mit Personen der ansässigen Bevölkerung inter-ethnische Freundschaftsbeziehungen herausbilden, hängt wesentlich von den individuellen Präferenzen der Akteure in Bezug auf potentielle freundschaftliche Beziehungen ab Prinzip der Homophilie: gemeinsame Einstellungen und Wertvorstellungen; geringe soziale Distanz – Die Sozialstruktur eines Wohngebiets stellt gleichzeitig eine Gelegenheitsstruktur dar 2) Kollektive Sozialisation und Rollenmodelle • Beispiel inter-ethnische Freundschaften (Farwick, 2007) – Ergebnisse • Total: 28,5% der Befragten haben eine inter-ethnische Freundschaftsbeziehung zu mindestens einem Deutschen • Gröpelingen (15% türkische Bewohner): 26,1% • Kontrollgebiete: 33,7% Bestätigung der These eines Einflusses ethnisch segregierter Wohnquartiere auf das Ausmass inter-ethnischer Freundschaftsbeziehungen Es ist jedoch keine Verallgemeinerung auf alle türkischen Migranten möglich (keine signifikante Ergebnisse!) 2) Kollektive Sozialisation und Rollenmodelle • Beispiel inter-ethnische Freundschaften (Farwick, 2007) – Verkleinerung der Analyseeinheit auf die nähere Wohnumgebung (Wohnblöcke und unmittelbare Nachbarschaft) • • Baublöcke: Mit einem Anteil türkischer Bewohner über 20% verringert sich die Chance einer inter-ethnischen Freundschaft um 49% Mit zusätzlicher Berücksichtigung (Interaktionsvariable) einer täglichen Aufenthaltsdauer von über 40% verringert sich die Chance um einen Wert von 68% Nicht-Linearität, Schwellenwerte, Uförmige Zusammenhänge Normalerweise werden Kontexteffekte als lineare Effekte modelliert wenn diese Annahme falsch ist, kann sie zu ungenauen Befunden führen und die Aufdeckung der Mechanismen verhindern, die Kontexteffekte produzieren Theorie des Tropfens, der ein Fass zum Überlaufen bringt Schwellenwert: erst nach diesem Wert breitet sich das Verhalten in einem Ansteckungsprozess aus. Bei Überschreiten eines zweiten, wesentlich höheren Schwellenwerte steigt der Einfluss des Wohngebiets exponentiell an 2) Kollektive Sozialisation und Rollenmodelle Beispiel inter-ethnische Freundschaften (Farwick, 2007) – Diese inter-ethnischen Freundschaftsbeziehungen fördern in einem zweiten Schritt die kognitive Assimilation und Kulturation (Esser, 1980) 3) Ansteckungseffekt (vgl. Mayer und Jencks, 1989) Auch epidemische Theorie genannt (Crane, 1991) Beispiel Kriminalität (Oberwittler, 2004) Oberwittler (2004) „Mein Johnny ist wirklich ein guter Junge, aber er geriet an falsche Freunde und dann in Schwierigkeiten.“ Zitat aus Albert Cohens Delinquent Boys.The Culture of the Gang (1955) Oberwittler (2004) „Mein Johnny ist wirklich ein guter Junge, aber er geriet an falsche Freunde und dann in Schwierigkeiten.“ Zitat aus Albert Cohens Delinquent Boys.The Culture of the Gang (1955) Hinweis auf Ansteckungseffekt durch peer groups (Subkulturtheorie) Oberwittler (2004) „Mein Johnny ist wirklich ein guter Junge, aber er geriet an falsche Freunde und dann in Schwierigkeiten.“ Zitat aus Albert Cohens Delinquent Boys.The Culture of the Gang (1955) Hinweis auf Ansteckungseffekt durch peer groups (Subkulturtheorie) Alternative: Mangelnde soziale Kontrolle, Mangel an positiven Vorbildern (Desorganisationsansatz) Oberwittler (2004) Lern- und Subkulturtheorie: Verhaltensansteckung zwischen devianten Gleichaltrigen Oberwittler (2004) Lern- und Subkulturtheorie: Verhaltensansteckung zwischen devianten Gleichaltrigen • Problem: Effekt der Selbstselektion Oberwittler (2004) Lern- und Subkulturtheorie: Verhaltensansteckung zwischen devianten Gleichaltrigen • Problem: Effekt der Selbstselektion Desorganisationsansatz oder 'kollektive Kontrolltheorie': Mangel von erwachsenen Rollenvorbildern, von informeller sozialer Kontrolle durch Erwachsene, von Kontakten unter Eltern (kollektive Wirksamkeit bei Sampson et al. 2002) Oberwittler (2004) Lern- und Subkulturtheorie: Verhaltensansteckung zwischen devianten Gleichaltrigen • Problem: Effekt der Selbstselektion Desorganisationsansatz oder 'kollektive Kontrolltheorie': Mangel von erwachsenen Rollenvorbildern, von informeller sozialer Kontrolle durch Erwachsene, von Kontakten unter Eltern (kollektive Wirksamkeit bei Sampson et al. 2002) • Problem: Alter schützt nicht vor deviantem Verhalten Oberwittler (2004) Mehrebenenanalyse zur Suche nach Kontexteffekten von sozialräumlicher Konzentration sozialer Benachteiligung auf selbstberichtete schwere Jugenddelinquenz Oberwittler (2004) Mehrebenenanalyse zur Suche nach Kontexteffekten von sozialräumlicher Konzentration sozialer Benachteiligung auf selbstberichtete schwere Jugenddelinquenz cross-level interactions: Familiäre Ressourcen können z.B. vor negativen Quartiereinflüssen schützen Oberwittler (2004) Oberwittler (2004) Subkulturtheorie wird anhand einer Skala zur Gewaltakzeptanz geprüft, um die Ausbreitung devianter Normen unter den Jugendlichen zu messen Oberwittler (2004) Subkulturtheorie wird anhand einer Skala zur Gewaltakzeptanz geprüft, um die Ausbreitung devianter Normen unter den Jugendlichen zu messen Desorganisationsansatz soll mit der Dichte intergenerationaler Bindungen geprüft werden (Familienform) Oberwittler (2004) Einflüsse auf Inzidenz schwerer Diebstahlsdelikte: Oberwittler (2004) Einflüsse auf Inzidenz schwerer Diebstahlsdelikte: Ebene 1 (Individualmerkmale): • Geschlecht***, Alter*, Bildung Eltern, Familienform***, Berufsprestige, Sozialhilfebezug /Arbeitslosigkeit, Gewalttoleranz*** Oberwittler (2004) Einflüsse auf Inzidenz schwerer Diebstahlsdelikte: Ebene 1 (Individualmerkmale): • Geschlecht***, Alter*, Bildung Eltern, Familienform***, Berufsprestige, Sozialhilfebezug /Arbeitslosigkeit, Gewalttoleranz*** Ebene 2 (Quartiermerkmale): • Sozialhilfequote**, Mittelwert Gewalttoleranz Oberwittler (2004) Einflüsse auf Inzidenz von Gewaltdelikten: Oberwittler (2004) Einflüsse auf Inzidenz von Gewaltdelikten: Ebene 1 (Individualmerkmale): • Geschlecht**, Alter, Bildung Eltern, Familienform**, Berufsprestige***, Sozialhilfebezug /Arbeitslosigkeit*, Gewalttoleranz*** Oberwittler (2004) Einflüsse auf Inzidenz von Gewaltdelikten: Ebene 1 (Individualmerkmale): • Geschlecht**, Alter, Bildung Eltern, Familienform**, Berufsprestige***, Sozialhilfebezug /Arbeitslosigkeit*, Gewalttoleranz*** Ebene 2 (Quartiermerkmale): • Sozialhilfequote, Mittelwert Gewalttoleranz*. Letzteres spricht für Einfluss der Gleichaltrigen und für die Subkulturtheorie Oberwittler (2004) Räumliche Organisation der peer groups: Distanz zur Schule Vorherrschende deviante Subkultur – Ablehnung / Zustimmung und räumliche Konsequenzen für Freundeskreis Zustimmung zum Quartier Sampson et al. (2002) Vier Klassen von Nachbarschaftsmechanismen: Sampson et al. (2002) Vier Klassen von Nachbarschaftsmechanismen: – 1. Soziale Bindungen und Interaktionen • Positiv als Grundlage von Freundschaftseffekten (vgl. Farwick) • Negativ als Grundlage für Formationen delinquenter gangs (vgl. Oberwittler: Ansteckungsffekt von peer group delinquency) Sampson et al. (2002) Vier Klassen von Nachbarschaftsmechanismen: – 2. Normen und kollektive Wirksamkeit • Gegenseitiges Vertrauen und geteilte Erwartungshaltungen, Stabilität informeller Regeln als Grundlage für Intervention und soziale Kontrolle Sampson et al. (2002) Vier Klassen von Nachbarschaftsmechanismen: – 3. Institutionelle Ressourcen • vgl. Ausstattungsmerkmale bei Friedrichs Sampson et al. (2002) Vier Klassen von Nachbarschaftsmechanismen: – 4. routine activities • “Charakter“ eines Quartiers im Sinne struktureller Merkmale, die Gelegenheitsstrukturen schaffen und damit etwa den Typus der dort verkehrenden Menschen bestimmen Sampson et al. (2002) Strukturelle Charakteristika, konzentrierte Benachteiligung Sampson et al. (2002) Strukturelle Charakteristika, Konzentrierte Benachteiligung Disorder: Einflussgrösse oder Resultat – z.B. als Resultat mangelnder sozialer Kontrolle – und gleichzeitig als Gelegenheit für deviantes Verhalten Sampson et al. (2002) Forderungen: – Vorsicht mit direkten Querschnittsmodellen – Eventbasierte Modelle, weil sich das Leben zu grossen Teilen ausserhalb des Quartiers abspielt Sampson et al. (2002) Neue Tendenzen: – Analyseeinheit verkleinern (tertiary communities) Sampson et al. (2002) Neue Tendenzen: – Analyseeinheit verkleinern (tertiary communities) – Analyseeinheit vergrössern (wegen spillovers der Nachbarquartiere) Sampson et al. (2002) Neue Tendenzen: – Analyseeinheit verkleinern (tertiary communities) – Analyseeinheit vergrössern (wegen spillovers der Nachbarquartiere) – Beurteilung der Quartiere durch Beobachtung vor Ort (physical & social disorder) statt aufgrund statistischer Merkmale Sampson et al. (2002) Neue Tendenzen: – Analyseeinheit verkleinern (tertiary communities) – Analyseeinheit vergrössern (wegen spillovers der Nachbarquartiere) – Beurteilung der Quartiere durch Beobachtung vor Ort (physical & social disorder) – Systematisches Sammeln von Richtwerten (ökometrischen Daten) für Vergleiche: Quartierratings Literatur Crane, Jonathan (1991). The epidemicTheory of Ghettos and Neighbourhood Effects on Dropping Out andTeenage Childbearing. In: American Journal of Sociology, 96, S. 1266-1259. Esser, Hartmut (1980). Aspekte derWanderungssoziologie. Assimilation und Integration vonWanderern, ethnischen Gruppen und Minderheiten. Eine handlungstheoretische Analyse. Darmstadt. Farwick, Andreas (2007). Ethnische Segregation und die Herausbildung inter-ethnischer Freundschaften. In: Meyer, Frank (Hrsg.). Wohnen – Arbeit – Zuwanderung. Stand und Perspektiven der Segregationsforschung Beiträge zur europäischen Stadt- und Regionalforschung. Münster u.a.: LIT-Verlag, S . 147-164. Friedrichs, Jürgen / Nonnenmacher, Alexandra (2010). Welche Mechanismen erklären Kontexteffekte? In: Beckers, Tilo / Birkelbach, Klaus / Hagenah, Jörg / Rosar, Ulrich (Hrsg.). Komparative empirische Sozialforschung.Wiesbaden: VS, S. 469497. Helbig, Marcel (2010). Neighborhood Does Matter! Sozialstrukturelle Nachbarschaftscharakteristika und Bildungserfolg. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 62, S. 655-679. Kronauer, Martin (2000). Armut, Ausgrenzung, Unterklasse. In: Häussermann, Hartmut (Hrsg.). Grossstadt. Soziologische Stichcworte. Opladen: Leske + Budrich, S. 13-27. Oberwittler, Dietrich (2004). Stadtstruktur, Freundeskreise und Delinquenz: Eine Mehrebenenanalyse zu sozialökologischen Kontexteffekten auf schwere Jugenddelinquenz. In: Oberwittler, Dietrich / Karstedt, Susanne (Hrsg.). Soziologie der Kriminalität 8special issue 43 of Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie). Wiesbaden: VS, S. 135-170. Opp, Karl-Dieter (2004). Erklärung durch Mechanismen: Probleme und Alternative. In: Kecskes et al. S. 361-379. Sampson, Robert J. / Morenoff, Jeffrey D. / Gannon-Rowley, Thomas (2002). Assessing „Neighborhood Effects“: Social Processes and New Directions in Research. In: Annual Review of Sociology 28, 1, S. 443-478. Diskussion Verhältnis von direkten zu indirekten Kontexteffekten: kann man diese Trennung mit gutem Gewissen vollziehen? Sind direkte Effekte überhaupt denkbar? Was spricht vor dem Hintergrund der massiven Komplexität des Mechanismenknäuels für quantitative Querschnittanalysen? Bestehen Quartierseffekte auch in Zürich? Wie könnten diese aussehen?