GPB-Referat 08.01.2007 DIE DEUTSCHE FRAGE 1866 – 1870 – 1945 – 1989 ENTSTEHUNG DER DEUTSCHEN FRAGE Auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands entstand als Erbschaft des Frankenreiches das Heilige Römische Reich, welches einen Konflikt mit dem byzantinischen Reich, der Nachfolger des römischen Imperiums, herausforderte. Später wurde es in Heiliges Römisches Reich deutscher Nation umbenannt. In diesem Reich lebten viele verschiedene Völker aus deren Sprache sich im laufe der Zeit die Deutsche Sprache entwickelte. Im 18. Jahrhundert strebte Preußen eine Verbesserung des Verhältnisses zu Österreich an. Das Ziel Preußens war es jedoch, dass eigene Land aufzuwerten – zur Not auch auf Kosten Österreichs. Daraus entstanden kriegerische Auseinandersetzungen zwischen Preußen und Österreich wie der 7-Jährige Krieg, bei dem Preußen und Großbritannien auf der einen Seite und Österreich, Frankreich, Russland auf der anderen Seite alle europäischen Großmächte der Zeit kämpften. Die Macht des Deutschen Kaisers Franz II. wurde immer geringer und seine Staaten gerieten immer mehr in den Einfluss des napoleonischen Frankreich. Das Reich zerfiel als Franz II. die römisch-deutsche Kaiserkrone niederlegen musste, allerdings bleibt er noch weiterhin Kaiser Franz I. von Österreich. Mit der Niederlegung der deutschen Kaiserkrone begann ab 1806 die „Deutsche Frage“ im eigentlichen Sinne. 1862 wurde Otto von Bismarck, Führer der preußischen Konservativen, Kanzler. Sein Ziel war eine möglichst schnelle Errichtung des deutschen Kaiserreiches. Allerdings wusste er, dass Österreich gegen ein deutsches Kaiserreich war und musste deshalb ein Bündnis zwischen Österreich und Frankreich verhindern und beide Staaten mussten in zeitlich verschiedenen Kriegen geschlagen werden. Nach der französischen Revolution 1948 gab es zwei Regierungsansätze für Deutschland. Die großdeutsche Lösung hätte ein Deutschland mit Beteiligung von Österreich unter der Regierung der Habsburger bedeutet. Preußen trat für die kleindeutsche Lösung ein, bei der ein geeintes Deutschland ohne Österreich unter die Führung Preußens fiel. Die Spannungen zwischen Österreich und Preußen spitzten sich immer weiter zu, bis es schließlich 1866 bei Königgrätz in Böhmen zu einer Schlacht kam, welche Preußen aufgrund ihrer modernen Zündnadelgewehre gewann, In folge kam es dann zum Deutschen Krieg. 1866 – DER DEUTSCHE KRIEG 1866 kam es in der Frage um die Vorherrschaft in Deutschland zwischen Österreich und Preußen zum „Deutschen Krieg“. Schleswig und Holstein wurden von Preußen und Österreich gemeinsam verwaltet, was zu Unstimmigkeiten führte. Es wurde zwar eine Verwaltungstrennung vereinbart, aber die Spannungen wurden nicht wirklich gelöst. Preußen hatte ein geheimes Bündnis mit Italien. Österreich erklärte zusammen mit Verbündeten Preußen den Krieg als preußische Truppen in Holstein einmarschierten. Er endete mit einem Sieg Preußens über Österreich und hatte die Auflösung des Deutschen Bundes zur Folge. Anschließend erklärte Italien aufgrund der Bündnispflicht Österreich den Krieg. Im Krieg gegen Italien blieb Österreich siegreich. In der Seeschlacht bei Lissa errang Admiral Tegetthoff gegen die italiensche Flotte einen Sieg, weil er, um die Unterlegenheit seiner Schiffe wettzumachen, auf die antike Seekriegstaktik des Rammens HTBL – Hollabrunn Seite 1 Erich Reim GPB-Referat 08.01.2007 zurückgriff. Trotzdem marschierte die Preußische Armee Richtung Wien vor, bis Bismarck seinen König davon abhielt, da er einen französischen Eingriff fürchtete. Im Frieden von Nikolsburg und Prag musste Österreich das Ende des Deutschen Bundes und die praktische Vorherrschaft Preußens, das nun Vormacht eines Norddeutschen Bundes wurde, anerkennen. Es wurde auch ein Süddeutscher Bund ohne die deutschsprachigen Gebiete Österreichs gebildet, welcher sich bald mit dem Norddeutschen Bund verbündete. 1870 – DER DEUTSCH-FRANZÖSISCHE KRIEG Nachdem Frankreich aus der Isolation befreit wurde und wieder eine aktive Rolle spielte kam es wegen Luxemburg zwischen den deutschen Staaten und Frankreich beinahe zum Krieg. Bismarck war klar, dass Frankreich die Bildung eines Deutschen Reiches nicht dulden würde und rechnete mit einem Krieg. Bei der Spanischen Thronfolge erklärte sich ein deutscher Prinz bereit die Königskrone zu übernehmen. Dies hätte zu einer Einkreisung Frankreichs geführt. Deshalb erhielt Frankreich das Angebot, dass der Deutsche auf den Spanischen Thron verzichte. Das war jedoch für Frankreich nicht zufrieden stellend und wäre nicht kriegsverhindernd. Als bei einem Telegramm, welches als „Emser Depesche“ bekannt ist, durch einen Übersetzungsfehler ein französischer Botschafter beleidigt wurde. Daraufhin erklärte Frankreich Deutschland den Krieg. Dabei unterschätzte Frankreich aber seine eigene Stärke. Die deutschen Truppen konnten aufgrund des besser ausgebauten Eisenbahnnetzes schneller vorrücken. Ein großer Teil der Armee wurde in der Schlacht bei Sedan von den Deutschen eingeschlossen und Frankreich musste im September 1870 kapitulieren. Im Jahre 1871 nahm König Wilhelm I. die Kaiserkrone, welche er von allen Vertretern der deutschen Staaten angetragen bekam, im Spiegelsaal von Versailles an sich. Damit hatte das Deutsche Kaiserreich seine Einigung vollendet. DIE „DEUTSCHE FRAGE“ NACH IN DER ZWISCHENKRIEGSZEIT Nach dem Zusammenbruch der Monarchien stellte sich 1918/19 in Europa erneut die „Deutsche Frage“. Dabei zeigte es sich, dass diese im Volke überlebt hatte: Die Deutschen in Österreich schlossen sich nun zur Republik Deutschösterreich zusammen, viele von ihnen forderten den Beitritt ihrer Gebiete zum Deutschen Reich. Mit der Vereinigung dieser beiden deutschsprachigen Staaten wäre in der Tat die „deutsche Frage“ endgültig (und im Sinne vieler Zeitgenossen) gelöst gewesen. Aber mit der Vereinigung von fast 73 Millionen Deutschen in einen Staat wären die Deutschen zum mächtigsten Volk in Europa aufgestiegen. Deshalb wurde die Vereinigung von den Siegermächten verboten, und die „Deutsche Frage“ blieb weiterhin offen. 1933 – ZEIT DES NATIONALSOZIALISMUS Mit dem Machtantritt der Nationalsozialisten wurde die „Deutsche Frage“ zum Instrument und Träger einer zerstörerisch-aggressiven Expansionspolitik: Bereits das „Parteiprogramm der NSDAP“ – Adolf Hitlers berühmte 25-Punkte-Rede von 1920 – begann schon mit den Worten: Erstens: Wir fordern den Zusammenschluss aller Deutschen auf Grund des Selbstbestimmungsrechtes der Völker zu einem GroßDeutschland. HTBL – Hollabrunn Seite 2 Erich Reim GPB-Referat 08.01.2007 Am 13. März 1938 marschierten reichsdeutsche Truppen ins benachbarte Österreich ein. Die Wehrmachtstruppen stießen auf keinerlei Widerstand, sondern wurden von der Bevölkerung Österreichs willkommen geheißen und es wurde ihnen zugejubelt unter dem Motto: Ein Volk, ein Reich, ein Führer! Allerdings hatten sich die Menschen durch den seit langem ersehnten Anschluss ein besseres Leben in Österreich vorgestellt. Aber ihr Landsmann Hitler ließ seinen Unterdrückungsapparat jetzt auch in seiner früheren Heimat wüten. Im Jahre 1943 erreichte das deutsche Machtgebiet seine größte Ausdehnung, mit Ausnahme Nordschleswigs, der Schweiz und Liechtenstein war das gesamte deutsche Sprachgebiet im Großdeutschen Reich Adolf Hitlers vereinigt – es umfasste nun rund 650.000 km². Die „Deutsche Frage“ war zu diesem Zeitpunkt längst umgedeutet, dessen düsterer Hintergrund die „Lebensraumschaffung“ durch den Vernichtungskrieg in Osteuropa und das unablässige Arbeiten am europäischen Holocaust wurde. 1945 – DIE DEUTSCHE FRAGE NACH ENDE DES ZWEITEN WELTKRIEGES Die Deutsche frage stellte sich 1945 neu, als das Deutsche Reich in Besatzungszonen eingeteilt und die Ostegebiete in polnische Verwaltung kamen. Bereits Ende 1945 wurden die Ostgebiete von der Sowjetunion an Polen als Ersatz für die von den Sowjets eingenommenen polnischen Ortsgebiete übergeben und bis 1950 wurde von dort die deutsche Bevölkerung vertrieben. Damit war für die ostdeutschen Gebiete die Deutsche Frage geklärt. Nach der Besatzungszeit spaltete sich Deutschland in die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik. Während die DDR eine Sichtweise von zwei deutschen Staaten und ehemaligen deutschen Gebieten in Polen und der Sowjetunion betonte, bestand die Bundesrepublik lange Zeit auf einem Alleinvertretungsanspruch für ganz Deutschland, welches die „Zone“ (DDR) und „Deutsche Gebiete unter vorübergehender polnischer bzw. sowjetischer Verwaltung“ umfasste. Mit dem Grundlagenvertrag zwischen der Bundesrepublik und der DDR in den 1970er Jahren wurden Voraussetzungen für deutsch-deutsche Kontakte auf politischer Ebene geschaffen. Die Teilung wurde faktisch als nicht zu ändern angesehen. Das Grundgesetz behielt den Anspruch auf Wiedervereinigung allerdings bei. Treffend bemerkte der spätere Bundespräsident Richard von Weizsäcker zu Zeiten des Kalten Krieges hierzu: „Solange das Brandenburger Tor geschlossen ist, ist die Deutsche Frage offen“. Das Brandenburger Tor markierte die Grenze zwischen Ost-Berlin und West-Berlin. Es war zusammen mit der Berliner Mauer, welche 1961 gebaut wurde, bis zur Wiedervereinigung Deutschlands Symbol des Kalten Krieges und erhielt nach 1990 die Symbolik der Wiedervereinigung Deutschlands und Europas. 1989 – ZEIT DER WENDE Die Öffnung Osteuropas und der rasche Niedergang der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands in der DDR überraschten alle westdeutschen Experten und Politiker, da es keinerlei Planungen für einen solchen Fall gab. In weiten Teilen der westdeutschen Öffentlichkeit wurden Forderungen nach einer Einigung der beiden deutschen Staaten als negativ angesehen. Die CDU/CSU-Bundesregierung forderte zwar offiziell noch eine deutsche Wiedervereinigung, faktisch aber akzeptierten die Parteien die deutsche Teilung als Realität. Weitgehend unklar war die Haltung der Alliierten und insbesondere der Sowjetunion, ohne deren Zustimmung die deutsche Einheit nicht denkbar war. HTBL – Hollabrunn Seite 3 Erich Reim GPB-Referat 08.01.2007 Innerhalb der DDR war die Meinung zur „Deutschen Frage“ zunächst unklar. Die regierende SED war strikt dagegen, viele bedeutende Bürgerrechtler unterschrieben noch am 28. November 1989 die Erklärung Für unser Land, in der sie eine eigenständige Entwicklung der DDR unabhängig von der Bundesrepublik forderten. Erst ab dem 11. Dezember 1989, als erstmals die Rufe „Wir sind EIN Volk“ auf den Montagsdemonstrationen erklangen, schien eine Hinwendung zur deutschen Einheit klarer. Helmut Kohl stellte am 28. November 1989 ohne Rücksprache mit Koalitionspartnern oder Verbündeten seinen Zehn-Punkte-Plan vor, der selbst die Begriffe „Vertragsgemeinschaft“ und „Konföderation“ benutzt, diese aber nicht weiter konkretisiert. Nach der positiven Reaktion der Amerikaner und Michail Gorbatschows Zustimmung zu einer deutschen Wiedervereinigung am 11. Februar 1990 begannen CDU/CSU und FDP immer offener die deutsche Einheit zu fordern. Spätestens seit der Volkskammerwahl 1990 galt die Vereinigung von alter Bundesrepublik und DDR als sicher. Nun stellte sich die Frage nicht mehr ob, sondern wann ein neuer deutscher Staat entstehen würde. Es begannen Beitrittsverhandlungen, die mit dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik abgeschlossen wurden. Der zwischen den zwei deutschen Staaten und den vier Siegermächten des Zweiten Weltkriegs geschlossene Zwei-plus-vierVertrag gilt im Allgemeinen als Friedensvertrag. Der „Beitrittsartikel“ im Grundgesetz wurde nach der Wiedervereinigung gestrichen und durch den so genannten „Europa-Artikel“ ersetzt. Damit waren für die deutsche Bundesregierung, aber auch für die breite Öffentlichkeit, die Nationalstaatsbildung in Deutschland und die „deutsche Frage“ abgeschlossen. QUELLEN einst und heute 1 – HTL www.student-online.de www.wikipedia.de HTBL – Hollabrunn Seite 4 Erich Reim