Kammermusik der S ä c h s i s c h e n S ta at s k a p e l l e Ver ant wortlich Friedwart Christian Dit tmann, Ulrike Scobel und Christoph Bechstein 3. Kammerabend M i t t wo ch 4.11.09 Vorschau 2 0 U h r · S e m p ero p er Mitwirkende Gäste Masumi Sakagami, Klavier Andreas Hecker, Cembalo Ausführende Céline Moinet, Oboe Jörg Faßmann, Wieland Heinze, Annika Thiel und Gregor Anger, Violine Ralf Dietze und Holger Grohs, Viola Isang Enders und Friedwart Christian Dittmann, Violoncello Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) Quartett F-Dur KV 370 für Oboe, Violine, Viola und Violoncello 1. Allegro 2. Adagio 3. Rondeau: Allegro Triosonate G-Dur W 63 für 2 Violinen und Basso continuo 1. Adagio 2. Allegro 3. Allegretto Wieland Heinze, Gregor Anger und Andreas Hecker 4. Sinfoniekonzert 8.11.09 1 1 U h r M o n tag 9.11.09 2 0 U h r D i en s tag 10.11.09 2 0 U h r S o n n tag S e m p ero p er Céline Moinet, Jörg Faßmann, Ralf Dietze und Isang Enders Dirigent Pa u s e K l av i e r Mel Bonis Johann Gottlieb Graun (1703-1771) Gegrün de t 1854 als To n k ü n s t l e r -V e r e i n z u D r es d e n Charles Dutoit Hector Berlioz Ouvertüre «Le carnaval romain» op. 9 3. Kammerabend Dr e s d e n Maurice Ravel Klavierkonzert G-Dur Gustav Holst «The Planets» op. 32 Martha Argerich (1858-1937) Quartett B-Dur op. 69 für Klavier, Violine, Viola und Violoncello 1. Moderato 2. Intermezzo: Allegretto tranquillo 3. Andante 4. Final: Allegro ma non troppo Damen des Staatsopernchors Einstudierung: Pablo Assante I m p r e ss u m Kostenlose Einführungen jeweils 45 Minuten vor Beginn im Kellerrestaurant Texte Die Einführungstexte sind Originalbeiträge für dieses Programmheft. Masumi Sakagami, Annika Thiel, Holger Grohs und Friedwart Christian Dittmann Sächsische Staatsoper Dresden Intendant Prof. Gerd Uecker Generalmusikdirektor Fabio Luisi Private Bild- und Tonaufnahmen sind aus urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet. Spielzeit 2009|2010 Karl Friedrich (geboren 1920) Streichquartettsatz «Oh Haupt voll Blut und Wunden» (Memento mori) Uraufführung Jörg Faßmann, Gregor Anger, Ralf Dietze und Friedwart Christian Dittmann Herausgegeben von der Intendanz © November 2009 Redak tion Tobias Niederschlag G e s ta lt u n g u n d s at z schech.net | www.schech.net Dr u c k Union Druckerei Dresden GmbH w w w . s ta at s k a p e l l e - d r e s d e n . d e Kammermusik der S ä c h s i s c h e n S ta at s k a p e l l e Dr e s d e n Gegrün de t 1854 als To n k ü n s t l e r -V e r e i n z u D r es d e n Ver ant wortlich Friedwart Christian Dit tmann, Ulrike Scobel und Christoph Bechstein Johann Gottlieb Graun Triosonate G-Dur W 63 Johann Gottlieb Graun besuchte die Kreuzschule in Dresden und erhielt Violin- und Kompositionsunterricht bei dem Dresdner Kapell-Konzertmeister Johann Georg Pisendel. Anschließend setzte er seine Studien bei Giuseppe Tartini fort. 1726 übernahm Graun kurzfristig die Stelle des Konzertmeisters in Merseburg, wo er u.a. Wilhelm Friedemann Bach im Geigenspiel unterrichtete. Durch seine Ehefrau knüpfte er Verbindungen zum Berliner Musikleben und wurde 1732 – wie sein jüngerer Bruder Carl Heinrich Graun – Kammermusikus des preußischen Kronprinzen, der ihn nach seiner Thronbesteigung zum Konzertmeister der Königlichen Kapelle machte. In diesem neuen Or- chester führte Graun jene Disziplin des Zusammenspiels ein, die er von Pisendel übernahm und die den europäischen Rang der sächsischen Kapelle begründet hatte. Auch als Komponist widmete sich der Geiger Graun vorrangig konzertanter Musik, außerdem schrieb er zahlreiche Sinfonien und Kammermusik. Graun komponierte fünf Triosonaten. Wann die Sonate in G-Dur entstand, lässt sich nicht genau verifizieren. Verschiedene Abschriften des Werkes sind zwischen 1750 und 1800 datiert. Die Triosonate war im Barockzeitalter eine der wichtigsten und beliebtesten Gattungen. Gekennzeichnet ist sie durch zwei gleichrangige Melodiestimmen über einem Generalbass. Karl Friedrich Streichquartettsatz «Oh Haupt voll Blut und Wunden» Uraufführung Mit dem am heutigen Abend uraufgeführten Streichquartettsatz «Oh Haupt voll Blut und Wunden» von Karl Friedrich wird die Reihe mit Werken von komponierenden Mitgliedern der Staatskapelle fortgesetzt. Karl Friedrich wurde 1920 in Stockheim (Oberfranken) geboren und erhielt Violinunterricht bei Hugo Seeling, Arthur Tröber und Willibald Roth. Nach einem ersten Engagement in der Dresdner Philharmonie wurde er 1951 Mitglied der ersten Geigengruppe der Staatskapelle, der er bis 1985 angehörte. Neben dem Musizieren widmete er sich schon früh auch dem Komponieren, das er 1938/39 u.a. in Privatstunden bei Boris Blacher erlernte. Einem größeren Publi- kum wurde er durch seine Oper «Tartuffe» nach Molière bekannt, die nach ihrer Dresdner Uraufführung 1964 im Kleinen Haus von 16 Bühnen nachgespielt wurde. Bereits 1960, 1967 und 1985 erklangen Werke von Karl Friedrich in den Kammerabenden der Staatskapelle. 1971 leitete Arvid Jansons, der Vater von Mariss Jansons, die Uraufführung des Rondo leggiero für Streichorchester in einem Sinfoniekonzert der Staatskapelle. Der Streichquartettsatz «Oh Haupt voll Blut und Wunden» (Memento mori) entstand bereits um das Jahr 2000. Es handelt sich um eine Variationenfolge über den berühmten Choral aus dem 17. Jahrhundert, den schon Johann Sebas­ tian Bach in seiner «Matthäus-Passion» vielfach abgewandelt hatte. Der heute 89-jährige Karl Friedrich schrieb sein Werk, wie er im Gespräch verrät, «in Erinnerung an viele Kapell-Kollegen, die das Rentenalter nicht erreicht haben. Das waren so großartige Musiker wie die Konzertmeister Jan Dahmen, Willibald Roth und Gottfried Lucke, aber auch andere Musiker, die ich sehr geschätzt habe. Ihnen ist das Stück im Geiste gewidmet.» Wolfgang Amadeus Mozart Oboenquartett F-Dur KV 370 Im kammermusikalischen Schaffen Wolfgang Amadeus Mozarts nehmen die Quartette mit einem Blasinstrument einen zahlenmäßig eher bescheidenen Rang ein. Dennoch ist das Quartett F-Dur KV 370 das wohl bekannteste Werk dieser Gattung. Es entstand zu Beginn des Jahres 1781 in München. Bereits vier Jahre zuvor, im Winter 1777/78, hatte Mozart auf seiner Reise nach Paris in Mannheim Station gemacht, wo er einige Musiker der Hofkapelle des Pfälzischen Kurfürsten Karl Theodor kennengelernt hatte. Einer dieser Musiker war der Oboist Friedrich Ramm, «ein recht braver, lustiger, ehrlicher Mann», wie Mozart ihn charakterisierte, der sich rasch für seine Kompositionen begeisterte. MitAls dem Mozart am heutigen im November Abend1780 uraufgezur führten «Oh Haupt PremiereStreichquartettsatz seiner Oper «Idomeneo» nach voll Blut und Wunden» von Karl FriedMünchen reiste, kam es zu einem Wiederrich wird die Reihe mit Werken von komponierenden Mitgliedern der Staatskapelle fortgesetzt. Mel Bonis Klavierquartett B-Dur op. 69 Die 1858 geborene französische Komponistin Mélanie Bonis, die unter dem Pseudonym «Mel Bonis» publizierte, stammte aus kleinbürgerlichen Pariser Verhältnissen. Durch die Vermittlung von César Franck studierte sie von 1876 bis 1881 am Pariser Conservatoire; zu ihren Studienkollegen gehör- sehen mit Friedrich Ramm, der im Gefolge Karl Theodors in die bayerische Residenzstadt umgezogen war. In diesem Zusammenhang komponierte Mozart sein Oboen-Quartett in F-Dur. Dabei richtete er die Oboenstimme auf die solistischen Fähigkeiten Ramms aus, der als einer der bes­ ten Oboisten seiner Zeit galt. Das Quartett lebt von seinen eingängigen melodischen Einfällen. Der erste Satz zeichnet sich durch melodische Anmut aus, Oboe und Violine treten in einen ständigen liebevollen Dialog. Das kurze Adagio hat mit seinem dramatischen und ernsten Gestus den Charakter einer Opernarie, worauf das abschließende Rondeau durch ein volkstümliches Tanzmotiv geprägt wird. Hier kommt Mozarts Humor zum Ausdruck, Karl Friedrich 1920 in Stockheim wenn er etwawurde die Oboenstimme im (Oberfranken) und erhielt 4/4-Takt gegengeboren den 6/8-Takt der StreiViolinunterricht bei Hugo Seeling, Archer spielen lässt. thur Tröber und Willibald Roth. Nach einem ersten Engagement in der Dresdner Philharmonie wurde er 1951 Mitglied der ersten Geigengruppe der Staatska te u.a. Claude Debussy. Um eine Heirat mit ihrem Kommilitonen Amédée Hettich zu verhindern, nahmen ihre Eltern sie noch vor Studienabschluss vom Conservatoire und verheirateten sie 1883 mit dem zweifach verwitweten und 22 Jahre älteren Industriellen Albert Domange. In dieser unglücklichen Konstellation lebte ihre Beziehung zu Hettich bald wieder auf. Sie bekam ein Kind von ihm, das jedoch versteckt aufwachsen musste, und wandte sich ab 1900 wieder dem Komponieren zu. Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges entstanden ihre wichtigsten Werke, für die sie mehrere Kompositionspreise erhielt. Ein großer Teil ihres Schaffens wurde von nam­ haften französischen Verlegern wie Alphonse Leduc und Max Eschig unter ihrem Pseudonym veröffentlicht. «Mel Bonis» schrieb ca. 300 Kompositionen, darunter 60 Klavierwerke, 30 Orgelwerke, 25 geistliche Vokalwerke, 11 Werke für Orchester sowie Kammermusik. Stilistisch zeichnet sich ihre im wesentlichen romantische Musik durch eine reiche Harmonik und Melodik aus. Im Laufe der Zeit nahmen ihre Werke auch impressionistische Züge an. Das Klavierquartett in B-Dur komponierte Mel Bonis im Jahr 1905. Es gilt als ihr bedeutendstes und umfangreichstes Kammermusikwerk. Auffallend ist die Fülle an melodischen Einfällen, die originelle Harmonik und eine meisterhafte Verarbeitung des musikalischen Materials. Der Widmungsträger ist Jean Gounod, ein Sohn des Komponisten Charles Gounod. Das Werk wurde im privaten Kreis uraufgeführt und begeisterte u.a. Camille Saint-Saëns, der überrascht äußerte: «Ich hätte niemals geglaubt, dass eine Frau fähig ist, so etwas zu schreiben. Sie kennt alle Kunstgriffe des Handwerks.» Nach rund 60-jähriger Vergessenheit wird den Kompositionen von Mel Bonis seit wenigen Jahren wieder größere Aufmerksamkeit zuteil. Christiane Schubert To b i a s N i e d e r s c h l a g Mitwirkende Gäste Masumi Sakagami Klavier Die gebürtige Japanerin studierte zunächst in ihrer Heimat, bevor sie an die Hochschule der Künste Berlin zu Rainer Becker wechselte und ihre Studien anschließend bei Amadeus Webersinke an der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden fortsetzte. Zusätzlich absolvierte sie Meisterkurse bei György Sebők in Berlin. Sie ist Preisträgerin verschiedener Klavierwettbewerbe und tritt im In- und Ausland auf. Seit 1999 hat sie einen Lehrauftrag an der Dresdner Musikhochschule. Andreas Hecker Cembalo Andreas Hecker erhielt seine erste musikalische Ausbildung am Robert-Schumann-Konservatorium seiner Geburtsstadt Zwickau. Später folgten Studien bei Gunnar Nauck und Peter Rösel (Klavier) sowie bei Ludger Rémy (Cembalo) an der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden. Er ist Preisträger nationaler und internationaler Wettbewerbe und besuchte Kammermusik- und Meisterkurse u.a. bei Amadeus Webersinke und Peter Bruns. Seit 2008 ist er Korrepetitor an der Dresdner Musikhochschule.