2.2. Skalarprodukt

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2.2. Skalarprodukt
Kraftvektoren
treten bei vielen physikalisch-technischen Problemen auf; sie greifen an einem Punkt in
verschiedenen Richtungen an.
Die bekannte Formel
Arbeit = Kraft mal Weg
muß man dann vektoriell interpretieren. Aber wie multipliziert man zwei Vektoren? Und ist das
Ergebnis eine Zahl oder ein Vektor? Wir befassen uns zunächst mit der zweiten Alternative, die
auf das Skalarprodukt führt.
Beispiel 1: Spinnfäden
sind im Vergleich zu ihrer Dicke erheblich stabiler als in der Technik hergestellten Kabel!
Sie müssen auch enormen Kräften standhalten, und zwar um so mehr, je waagerechter sie gespannt
sind.
Geschwindigkeitsvektoren
ergeben sich bei allen Bewegungen. Sie zeigen jeweils in Richtung der Bahnkurve.
Beispiel 2: Mathe auf dem Snowboard
Wir zeichnen die auftretenden Kraft- bzw. Geschindigkeitsvektoren:
Je flacher die Bahn, desto kleiner die Geschwindigkeit!
Ist die Rutschbahn nicht eben, so muß man, um die jeweilige Steigung variabel gestalten zu
können, die Ableitung der Funktion berechnen, welche die Bahnkurve beschreibt.
1 
f := x → sin x 
2 
Betrachten wir nun die einzelnen Vektoren genauer!
Projektionen
Der Gewichtsvektor a wird zerlegt in
eine beschleunigende Kraftkomponente a[b] in Richtung b der Bahn
und eine dazu senkrechte Kraftkomponente a-a[b],
die einen Druck auf die Bahn, aber natürlich keine Bewegung bewirkt (allenfalls eine
Bremsung).
Umgekehrt kann man auch den Bahnvektor b in
eine vertikale Komponente b[a]
und eine horizontale Komponente b-b[a] zerlegen.
Man nennt
a[b] die Projektion und a-a[b] das Lot von a auf b,
und entsprechend
b[a] die Projektion und b-b[a] das Lot von b auf a.
Also ist der Ausgangsvektor die Summe von Projektion und Lot auf einen beliebigen (von 0
verschiedenen) Vektor. Dies ist die sogenannte Orthogonalzerlegung.
Wird der Schlitten nach oben gezogen, ist der Winkel zwischen Zug- und Gewichtsvektor stumpf.
Die Projektionen zeigen dann in die umgekehrte Richtung wie die Vektoren, auf die sie projeziert
wurden!
Das Skalarprodukt
Wir bezeichnen den (gegen den Uhrzeigersinn orientierten!) Winkel zwischen a und b mit (a|b)
und nennen die Zahl
ab = |a||b|cos(a|b)
das Skalarprodukt von a und b. Wie die definierenden Gleichungen zeigen, ist es kommutativ,
d.h. es gilt
ab = ba.
Das Skalarprodukt hängt mit den Projektionen eng zusammen, und zwar über die Gleichungen
|ab| = |a||b[a]| = |ba| = |b||a[b]|.
Diese Gleichungen kann man mit Hilfe des Sehnensatzes bestätigen, indem man den Thaleskreis
über der Strecke zwischen a und b einträgt:
Bei stumpfen Winkeln wird das Skalarprodukt negativ. Also:
Skalarprodukt positiv
<==> spitzer Winkel
(kleiner als
Skalarprodukt negativ <==> stumpfer Winkel (größer als
Skalarprodukt gleich 0 <==> rechter Winkel
(gleich
π
2
)
π
2
π
2
)
)
Die Hubleistung
ist das Produkt |a||b[a]| von Gewicht und Hubgeschwindigkeit, also die aufzuwendende Leistung,
wenn wir den Schlitten nach oben ziehen, statt ihn nach unten gleiten zu lassen.
Die Zugleistung
in Bahnrichtung ist das Produkt |b||a[b]| von Bahngeschwindigkeit und Zugkraft.
Die Kommutativität des Skalarprodukts besagt, daß diese beiden physikalischen Größen gleich
sind.
Rechenregeln für das Skalarprodukt
Wir kennen schon das
Kommutativgesetz
ab = |a||b|cos(a|b) = |b||a|cos(b|a) = ba .
Neben den ebenfalls bekannten
vektoriellen Assoziativgesetzen
(rs)b = r(sb) = s(rb)
in denen sowohl r als auch s eine Zahl, der ganze Ausdruck aber ein Vektor ist, ergeben sich
unmittelbar aus der Definition des Skalarprodukts die sehr ähnlich aussehenden
skalaren Assoziativgesetze
(ra)b = r(ab) = a(rb)
bei denen jedoch a und b Vektoren sind und r ebenso wie der Gesamtausdruck eine reelle Zahl
ist!
Dagegen ist das "Assoziativgesetz"
a(bc) = (ab)c ??
für Vektoren gründlich falsch, denn der Vektor auf der linken Seite zeigt in Richtung von a, der
auf der rechten jedoch in Richtung von c (und die ist meist eine ganz andere).
Zum Beispiel finden wir für einen auf a senkrechten Vektor b = c der Länge 1:
a(bc) = a , aber (ab)c= 0.
Das Distributivgesetz
(a+b)c = ac+bc
ergibt sich durch Multiplikation mit |c| bzw. -|c| aus der entsprechenden Gleichung für die
Projektionen:
|(a+b)[c]| = |a[c]+b[c]|.
Im zweidimensionalen Fall ist diese unmittelbar aus der folgenden Zeichnung abzulesen:
Die Situation ist nicht ganz so offensichtlich, wenn a,b und c nicht in einer Ebene liegen.
Im Raum bilden wir die Projektionen auf die Koordinatenachsen, bzw. auf die
kanonischen Einheitsvektoren
der Länge 1 in Richtung der Koordinatenachsen
i = e1 , j = e2 , k = e3
und erhalten die
Koordinaten als Skalarprodukte
ai = a1 , aj = a2 , ak = a3 .
Man unterscheidet meist nicht zwischen einem Vektor a und seiner Koordinatendarstellung (
a1 , a2 , a3 )
(bzw. (a1, a2) in der Ebene).
Wir zerlegen den Vektor
( a1 , a2 , a3 ) = ( 1, 1, 1 )
und jetzt den Vektor
( a1, a2, a3 ) = ( 1, 0, 0.8 )
Um das Distributivgesetz auch in der räumlichen Konstellation zu begründen, legt man das
Koordinatensystem so, daß c (ähnlich wie in obiger Skizze für die Ebene) auf eine
Koordinatenachse fällt, z.B. die zu e1 gehörige. Dann ist immer noch
a[c] = a1 , b[c] = b1 und (a+b)[c] = a1 + b1 .
Mit Hilfe des Distributivgesetzes gelangt man nun sofort zur
koordinatenweisen Berechnung des Skalarprodukts
Es gilt für beliebige Vektoren a = (a1, a2) , b = (b1, b2) der Ebene:
ab = a1 b1 + a2 b2
und entsprechend für Vektoren a = (a1, a2, a3) , b = (b1, b2, b3) des Raumes:
ab = a1 b1 + a2 b2 + a3 b3 .
Die Länge eines Vektors
kann man darstellen als Wurzel aus seinem Skalarprodukt mit sich selbst:
aa = |a||a|.
Wie wir zuvor sahen, gilt im Raum ab = a1 b1 + a2 b2 + a3 b3 . Insbesondere lautet die
dreidimensionale Version des Satzes von Pythagoras
2
2
2
aa = a1 + a2 + a3
und daraus ergibt sich als Länge von a :
|a| =
2
2
2
a1 + a2 + a3 .
Flächendiagonale
2
d2 = a1 + a2
2
Raumdiagonale
2
2
2
r 2 = d2 + a3 = a1 + a2 + a3
2
3D-Pythagoras
Die Fläche des schräg senkrecht stehenden großen Quadrates ist gleich
der Flächensumme der beiden liegenden und des senkrechten hinteren Quadrates
Orthogonalität
Ob zwei Vektoren aufeinender senkrecht stehen, lässt sich rein rechnerisch prüfen, indem man ihr
Skalarprodukt bestimmt und feststellt, ob es gleich 0 ist:
a | b <==> ab = 0 .
Der Cosinus eines beliebigen Winkels
zwischen zwei Vektoren lässt sich nun ebenfalls berechnen:
a1 b1 + a2 b2 + a3 b3
cos(a|b) = ab/|a||b| =
2
2
2
2
2
2
( a1 + a2 + a3 ) ( b1 + b2 + b3 )
Richtungscosinus
Ein von 0 verschiedener Vektor a = (a1, a2, a3) im Raum bildet mit den
Koordinaten-Einheitsvektoren i, j und k drei Winkel
α = α1, β = α2, γ = α3 ,
für die der jeweilige Cosinus sich berechnet nach der Formel
cos( α1 ) = a1 / |a| , cos( α2 ) = a2 / |a| , cos( α3 ) = a3 / |a| .
2
2
2
a1 + a2 + a3 folgt daraus
Wegen |a| =
2
2
2
cos( α1 ) + cos( α2 ) + cos( α3 ) = cos( α )2 + cos( β )2 + cos( γ )2 = 1.
Wir zeichnen die drei Winkel α, β, γ als Kreisbögen mit Hilfe von Kugelkoordinaten.
Das ist schon recht trickreich und wird später noch genauer erklärt!

sin( t ) a2
sin( t ) a3
α =  cos( t ),
,
2
2
2
2

a2 + a3
a2 + a3



, t = 0 .. arccos






 sin( t ) a1
sin( t ) a3
β = 
, cos( t ),
2
2
 a 2+a 2
a1 + a3

1
3


, t = 0 .. arccos






 sin( t ) a1
sin( t ) a2


γ = 
,
, cos( t ) , t = 0 .. arccos
2
2
 a 2+a 2


a1 + a2



1
2
a1
2
2
a1 + a2 + a3
2
a2
2
2
a1 + a2 + a3
2
a3
2
2
a1 + a2 + a3
2















Eine besonders schöne Konsequenz der Kommutativität des Skalarproduktes ist der
"schiefwinklige Kathetensatz"
In diesem Bild entsprechen nun
die beiden oberen Rechtecksflächen den Skalarprodukten ab und ba
die beiden rechten Rechtecksflächen den Skalarprodukten ac und ca
die beiden linken Rechtecksflächen den Skalarprodukten bc und cb.
Daß die beiden zugehörigen Flächeninhalte jeweils gleich sind, besagt schlicht die Kommutativität
des Skalarprodukts!
Statt des Satzes von Pythagoras gilt im schiefwinkligen Dreieck mit den Seitenlängen
a = |a|, b = |b|, c = |b-a|
der Cosinussatz
für den zwischen a und b liegenden Winkel γ :
c2 = a2 − 2 a b cos( γ ) + b2.
Denn es ist ja aufgrund des Distributiv- und Kommutativgesetzes
( a − b )2 = (a-b)(a-b) = aa - 2ab + bb = a2 − 2 a b cos( γ ) + b2.
Auch diesen Satz kann man aus der obigen Figur ablesen:
Je eines der beiden oberen Rechtecke hat den Flächeninhalt ab = a b cos( γ ). Zieht man diese
Flächen von der Summe der beiden Quadrate ab, so bleibt je ein linkes und ein rechtes Rechteck,
und deren Flächen entsprechen in ihrer Summe dem unteren Quadrat.
Aufgrund des Cosinussatzes kann man z.B. bei gegebenen Seitenlängen a,b,c den Cosinus eines
Eckwinkels mit der folgenden Formel berechnen:
cos( γ ) =
a2 + b2 − c2
2ab
.
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