Status der Disziplin Soziale Arbeit Eine Machtfrage?

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Status der Disziplin Soziale
Arbeit
Eine Machtfrage?
Prof. Dr. Juliane Sagebiel
Aufbau des Vortrages
1. Status und Position der Profession
2. Machtprobleme und Machtquellen, Hindernisse und
Chancen
3. S.A. als Handlungswissenschaft und ihr Verhältnis zu den
Bezugswissenschaften
- Modelle- Gemeinsamkeiten
4. Entweder – oder ?
Positionierung und Betonung der Unterschiede
Dialog über gemeinsame Interessen und Ziele
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22.03.2011
Thesen
• Die S.A. als Wissenschaft und Profession nimmt im
Schichtungssystem der (dt.) Wissenschaft eine hierarchisch niedrige
Position einen geringen Status ein.
• S.A. als Disziplin und Profession ist im Verlauf ihrer 120jährigen
Entwicklung mit vielfältigen Formen der Behinderungs- und
Kontrollmacht konfrontiert
und hat Anerkennungs- und Statusprobleme in der Scientific
Community - (und mit sich selbst)
• Der konstruktive, professionelle Umgang aller beteiligten
Disziplinen, die sich mit der Verhinderung und Bewältigung sozialer
Probleme befassen, bietet die Chance zu einer kollegialen
Interdisziplinarität.
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Institutionelle Differenzierung S.A.
Disziplin
Ausbildung
Forschung
Profession
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Praxis
1. Zum Status der Wissenschaft
Kriterien zur Qualifizierung von Wissenschaftsdisziplinen:
•
formale
– historische + soziale Identität
• (Geschichte, Name, Zugänge, Status/Position)
• inhaltliche
– kognitive Identität
• (Gegenstandsbereich, Werte, Bezugswissenschaften, Forschung)
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Positionsstruktur im
Schichtungssystem Wissenschaft
1. Strukturelle Diskriminierung:
•
Erschwerung der Mitgliedschaft in der Scientific Community
•
Beschränkung der Forschungsaktivitäten
•
erschwerter Zugang zu Forschungsgeldern
•
Verweigerung des Promotionsrechts
•
Diskussion um Leitwissenschaft
•
Minderer Status als angewandte Wissenschaft
•
Diffuser Gegenstandsbereich
•
Frauenberuf
2. Abhängigkeit:
•
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von öffentlichen, finanziellen Ressourcen, der Politik und des
Bildungssystems
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Machtprobleme der Profession
• Regeln der Schichtung und Verteilungsstruktur
• Regeln der sozialen Hierarchien als Anordnungsstruktur
von sozialen Positionen
• Regeln der Legitimation von Schichtung, Arbeitsteilung
• Regeln der Durchsetzung von Macht als soziales
Kontrollsystem
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2. Hindernisse und Chancen
• Mangelnde Definitions- und Artikulationsmacht:
– Zerstückelung, Fragmentierung des Wissens
– 30 Jahren additive Ausbildungsgänge
– Bologna Prozess – keine verbindliche Rahmenordnung für die
Studiengänge
• Mangelnde Positions-Organisationsmacht
– Geringer Organisationsgrad
• Mangelnde Güter- und Ressourcenmacht
– Hohes Lehrdeputat, wenig Forschungsmöglichkeiten ....
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Chancen: MACHTQUELLEN
• Definitions- und Artikulationsmacht
– Systematische, unbeirrte Weiterentwicklung eines wissenschaftlichen
Wissensbestandes
– Interdisziplinäre Zusammenarbeit
– Praxis -Forschung
– Selbstbewusstsein -> historische Identität -> bekennen
– Orientierung an internationalen Standards in den Studiengängen
• Positions-Organisationsmacht
–
–
–
–
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Organisationsgrad steigern
Öffentlichkeitsarbeit
Kooperation, Vernetzung - nationale und internationale
Bologna nutzen
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3. Soziale Arbeit und ihr Verhältnis zu den
Bezugswissenschaften
• Soziale Arbeit ist eine angewandte Handlungswissenschaft, die sich mit der Verhinderung und Bewältigung
von sozialen Problemen befasst . (Engelke, 2009)
• Eine systematische, theoretisch fundierte Bearbeitung
komplexer sozialer Probleme verlangt eine Kombination
aus unterschiedlichen Wissengebieten, bezogen auf die
Lösung praktischer Probleme. (Salomon1928, Sagebiel, 2009)
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S.A. und ihre Bezugswissenschaften
„Jede Wissenschaftsdisziplin kann nur relativ autonom sein, denn
der Gegenstandsbereich der Disziplin ist relativ autonom innerhalb
eines gesamten Universums der Geschehenszusammenhänge.
In Folge ist die relative Unabhängigkeit der wissenschaftlichen
Theorie über den Gegenstandsbereich und die relative Selbstständigkeit der Wissenschaftsdisziplin im Institutionengefüge der
akademischen Betriebe“.
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(N. Elias, 1996. zit. n. Engelke, 2009,241)
Welche Bezugswissenschaften ?
•
Die Definition der IFSW verweist
auf die Disziplinen, deren
wissenschaftliches Wissen zur die
zur Analyse und Bearbeitung von
sozialen Problemen notwendig ist:
•
Kerncurriculum
•
Internationale Standards IASSW
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Indem sie sich auf Theorien
menschlichen Verhaltens sowie
sozialer Systeme als
Erklärungsbasis stützt,
interveniert Soziale Arbeit im
Schnittpunkt zwischen
Individuum und
Umwelt/Gesellschaft.
Varianten der Verknüpfung I
• Alle Disziplinen stehen isoliert
nebeneinander
• Additiver Fächerkanon
• Fragmentierung des Wissens
• Multidisziplinarität
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Varianten der Verknpüpfung II
• Ausrichtung auf ein zentrales
Fach die S.A.
• Die einzelnen Disziplinen
haben keine Bezüge
untereinander.
S.A.
• Multidisziplinarität
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Varianten der Verknüpfung III
• Themenzentrierung,
Problemorientierung
Problem
Thema
• Interdisziplinarität, bzw.
Transdisziplinarität
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Varianten der Verknpüpfung IV
• Synthesemodell
Ethik
• MulitTransInterIntradisziplinarität
Recht
Ökonomie
S.A.
Pädago
Psychol
Soziolog
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4. Entweder – Oder ?
„Und alle Fächer müssen unter die zentrale Idee der
Ausbildung der sozialen Arbeit gestellt werden. Ohne
diese zentrale Bildungsidee würden die sozialen
Schulen wie zwischen Hammer und Amboß zerdrückt
und der soziale Beruf aufgelöst (..) werden.“
(Alice Salomon 1928)
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Entweder – Oder ?
Entweder:
• Der Machtbegriff wird substantiell verstanden, dann führt
diese Haltung zu Machtkämpfen, Dominanz- und
Machtansprüchen, zu Verteilungskämpfen, Koalitionen
• Ein Prozess der vielleicht kurzfristige „Gewinne“
verspricht, auch Lust machen kann, aber sich mittel- und
langfristig als Nullsummenspiel erweist.
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Entweder – Oder ?
Oder:
Win –Win:
– Das Spiel beenden und jeder/e gewinnt
– Gemeinsame Interessen formulieren =>
– Ziel: Konsistenz der Lehrinhalte in einer Systematik, die sich auf
die Soziale Arbeit bezieht.
– kollegiales Verständnis von Interdisziplinarität
– Im Bewusstsein gegenseitiger Abhängigkeit
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Beispiele für gelungene Interdisziplinarität
• Projekt: KSFH München
• DGSA: Theorie-Sektion
• HS München: Colloquium Soziale Arbeit
• Forschungsprojekt: Rumänien
• u.v.a.m.
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Und
„Macht entspringt der menschlichen Fähigkeit, nicht nur
zu handeln oder etwas zu tun, sondern sich mit anderen
zusammenzuschließen und im Einvernehmen mit ihnen
zu handeln“ und „Über Macht verfügt niemals ein
Einzelner; sie ist im Besitz einer Gruppe und bleibt nur
solange existent, als die Gruppe zusammenhält“
(Hannah Arendt, 1970,45).
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Zahlen vom
• In Deutschland 220.000 Sozialarbeiter/innen.
– 6.000 Mitglieder des DBSH
– berufsverbandliche Organisationsgrad weniger als 5 %.
– Der gewerkschaftliche bei ca. 10 %.
• Insgesamt ca. 800.000 pädagogisch tätige Mitarbeiter/innen in
sozialen und gesundheitlichen Diensten und in der Jugendhilfe.
– Die größte Gruppen Erzieher/innen dar.
Der gewerkschaftliche Organisationsgrad insgesamt ca. 30 %
Sozialarbeiter/innen in Deutschland scheinen sich mehr über
das zu identifizieren, was sie tun (oder tun möchten), als über
ihren Beruf.
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Literartur
Arendt, Hannah (1963): Über die Revolution. München: Piper Verlag
Arendt, Hannah (2006): Denken ohne Geländer. Texte und Briefe. Hrsg: Bohnet, Heidi; Stadler, Klaus. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung
Arendt, Hannah (1970): Macht und Gewalt. München Zürich: Piper Verlag
Engelke, Ernst; Spatscheck, Christian; Borrmann, Stefan (2009): Die Wissenschaft Soziale Arbeit, Werdegang und Grundlagen. 3. Auflage.
Freiburg im Breisgau
Engelke, Ernst (2010): Wissenschaft als elementarer Bestandteil der Profession Soziale Arbeit. In: Wilken, Udo; Thole, Werner (Hrsg.): Kullturen
Sozialer Arbeit. Profession und Disziplin im gesellschaftlichen Wandel. Wiesbaden. S. 51-60
Engelke, Ernst (2010): Mit Volldampf zurück? In: Hammerschmidt, Peter; Sagebiel, Juliane (Hrsg.): Professionalisierung im Widerstreit. Zur
Professionalisierungsdiskussion in der Sozialen Arbeit – Versuch einer Bilanz. Neu-Ulm. S. 59-76
Göppner, Hans-Jürgen; Hämäläinen, Juha (2004): Die Debatte um die Sozialarbeitswissenschaft. Auf der Suche nach Elementen für eine
Programmatik. Freiburg im Breisgau
Hammerschmidt, Peter; Sagebiel, Juliane (2010): Einführung: Professionalisierung im Widerstreit – Zur Professionalisierungsdiskussion in der
Sozialen Arbeit. In: Hammerschmidt, Peter; Sagebiel, Juliane (Hrsg.): Professionalisierung im Widerstreit. Zur
Professionalisierungsdiskussion in der Sozialen Arbeit – Versuch einer Bilanz. Neu-Ulm. S. 9-24
Obrecht, Werner (2009): Die Struktur professionellen Wissens. Ein integrativer Beitrag zur Theorie der Professionalisierung. In: Becker-Lenz,
Roland; Busse, Stefan u.a. (Hrsg.): Professionalität in der Sozialen Arbeit. Standpunkte, Kontroversen, Perspektiven. Wiesbaden. S. 47-72
Sagebiel, Juliane (2010): Alice Salomon – Pionierin der Sozialen Arbeit in Disziplin, Profession und Ausbildung. In: Engelfried, Constance; VoigtKehlenbeck, Corinna (Hrsg.): Gendered Profession. Soziale Arbeit vor neuen Herausforderungen in der zweiten Moderne. Wiesbaden. S. 4360
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29-44
Staub-Bernasconi, Silvia (2010): Professionalisierung der Sozialen Arbeit – Ein uneingelöstes Versprechen. In: Hammerschmidt, Peter; Sagebiel,
Juliane (Hrsg.): Professionalisierung im Widerstreit. Zur Professionalisierungsdiskussion in der Sozialen Arbeit – Versuch einer Bilanz. NeuUlm
Staub-Bernasconi, Silvia (2007): Soziale Arbeit als Handlungswissenschaft. Bern.Stuttgart.Wien
Staub-Bernasconi, Silvia (2009): 15 Jahre Auseinandersetzung mit Theorien, Professionsverständnis und Wissenschaft Sozialer Arbeit. In:
Gahleitner, Silke Brigitta u.a.: Disziplin und Profession Sozialer Arbeit. Entwicklungen und Perspektiven Theorie, Forschung und Praxis
Sozialer Arbeit, Band1 Opladen & Farmington Hills,MI. S. 45-60
Staub-Bernasconi, Silvia (2009): Der Professionalisdiskurs zur Sozialen Arbeit (SA/SP) im deutschsprachigen Kontext im Spiegel internationaler
Ausbidlungsstandards. Soziale Arbeit eine verspätete Profession? In: Becker-Lenz, Roland; Busse, Stefan u.a. (Hrsg.): Professionalität in der
Sozialen Arbeit. Standpunkte, Kontroversen, Perspektiven. Wiesbaden. S. 21-46
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