THEORIE DES LEXIKONS ARBEITEN DES SONDERFORSCHUNGSBEREICHS 282 Nr.6 Ein modulares Konzept der Lexikonerweiterung Gisbert Fanselow Zur Grammatik des Wortes - Argumente zur Argumentvererbung Susan Olsen September 1991 Projekt "Derivation und lexikalische Semantik" (Hrsg.) Institut für deutsche Sprache und Literatur Universität zu Köln Albertus-Magnus-Platz 5000 Köln 41 (0221) 470 2492 ISSN-0939-995X Vorwort Die vorliegenden Aufsätze von Gisbert Fanselow und Susan Olsen stellen die schriftliche Aus­ arbeitung der Thesen dar, die beide im Frühjahr 1990 im Rahmen des Intensivseminars "Aspekte des Lexikons" in Köln vorgestellt haben. Wir freuen uns, diese Arbeiten in der Schriftenreihe des (beinahe gleichnamigen) Sonderforschungsbereichs veröffentlichen zu können und hoffen, den Beitrag des dritten Hauptredners, Manfred Bierwisch, bald in einem zweiten Teil folgen lassen zu können. Obwohl das Intensivseminar nicht unmittelbar im Zusammenhang mit dem geplanten Forschungs­ projekt zu "Derivation und lexikalischer Semantik” stand, erwies sich die dort geführte Diskussion als äußerst anregend - z.T. auch provozierend - für die Ausarbeitung unserer eigenen Forschungs­ absichten. Aus diesem Grunde erscheint es uns angebracht, die kontroversen Standpunkte im Rahmen der SFB-Papiere zu Wort kommen zu lassen. Fanselow, der in Köln den größten Anteil des Seminars bestritt, vertritt die These, daß Bildung, Interpretation und syntaktisches Verhalten von Wortbildungsprodukten nicht durch wortbildungs­ spezifische Prinzipien restringiert werden, sondern - wo sie nicht durch die Prinzipien der phrasalen Syntax selbst eingeschränkt werden • von allgemeinen, semantischen oder kognitiven Strategien geleitet sind. Selbst wo formale Regularitäten zu beobachten sind - so Fanselows Argumentation sind diese kaum als Teile der UG anzusehen, sondern aufgrund der vorliegenden Daten unmittelbar erkennbar. Regeln wie die Righthand Head Rule sind aufgrund der vorkommenden Strukturen für den Sprachlerner unmittelbar evident und können ohne Unterstützung durch angeborene Prinzipien erfaßt und gelernt werden. Ähnlich verhält es sich mit den syntaktischen Eigenschaften, die nach Fanselow für derivierte wie einfache Wortformen aufgrund von "Konzeptueller Kompetenz" oder allgemeiner Intelligenz induziert und anschließend über sog. "Brückenprinzipien" grammatisch umgesetzt werden; nach seiner Ansicht gibt es also keinen Grund, hier spezifische angeborene Prinzipien - als letzte mögliche Erklärung für das ansonsten Unerklärliche - zu bemühen. Dieser radikalen Absage an einen grammatischen Aspekt der Wortbildung stehen die Argumente Olsens gegenüber. Sie plädiert dafür, daß sowohl auf der formal-morphologischen wie auf der semantisch-syntaktischen Seite Regularitäten formulierbar sind, die innerhalb der UG verankert sein müssen. Ihre Argumentation stützt sich auf Beispiele aus der Wortbildung verschiedener Sprachen, die Fanselows These in Frage stellen, daß morphologische Regularitäten problemlos aus den Sprachdaten erschließbar seien. Olsen weist nicht nur auf Daten - auch aus dem Deutschen hin, die eine eindeutige Generalisierung, etwa bezüglich der "Köpfigkeit" der Sprache, zunächst zu erschweren scheinen, sie stellt darüberhinaus die Frage, warum überhaupt eine Regel wie Peripherität des Kopfes gelernt werden sollte, wenn es nicht aufgrund immanent grammatischer Vorgaben erforderlich wäre. Vorwort ii In bc/ug auf die Interpretation von Wortbildungsproduktcn wie auch auf die Voraussagbarkeit ihrer Argumcntstrukturcn orienlicrl sich Olsen * Bicnvisch folgend • an dem katcgorialgrammatischcn Lambda-Kalkül; ihre besondere Aufmerksamkeit gilt dabei der scmanlisclicn Unterscheidung von Komposita und parallel konstruierten phrasalen Strukturen, d.h. der Frage, wieviele der Worlbildungsspezifika aus der Tatsache folgen, daß lexikalische Prozesse allein X°-Elcmenlc betreffen, während man cs in der Syntax mit maximalen Projektionen zu tun hat. Kontroverse Standpunkte, wie die von Fansclow und Olsen zur Stellung der Wortbildung in der Grammatik, bedürfen sowohl empirischer als auch methodologischer Bewertung; um dies zu ermöglichen, haben wir das Intcnsivseminar veranstaltet, und aus demselben Grunde legen wir diese Veröffentlichung vor. Uns bleibt, den Akteuren des "Fansivals" zu danken, neben den Vortragenden auch allen Teilnehmern, die sich rege an den Diskussionen beteiligten, sowie Anne Rivel für die Erstellung der Druckvorlagc. Bedanken möchten wir uns auch bei den veranstaltenden Univer­ sitäten Wuppertal und Köln und insbesondere bei Ulrich Klein und Ewald Lang für ihr unerschüt­ terliches Engagement. Köln, im August 1991 Daniel Büring Jürgen Lenerz Susann Sichert Gisbert Fanselow Ein modulares Konzept der Lexikonenveiterung’ 1. 2. 3. 4. 5. Module der menschlichen Sprachkompclcnz Die kategorialc Synlax der Lexikonenveiterung "Argumcnlvcrerbung" im Nominalbereich Schlußbemerkung Literatur Why should the non-finiteness o f the Icxicon be a priori less interesting than that o f syntax? /.../ Miere u r have options to get an infinite vocabulary it appears to be through pretty trivial mechanisms usually. /.../ / think that most o f the devices o f word formation seem to be fairly trivial. Compounding affixation, and maybe one or two other things. It is striking that you do not get new configurational stmctures. /.../ The only recursive rules in morphology’, to my knowledge, are a matter o f layering. You have a unit, you add something to it, you get a new unit, you add something to it, you get a new unit, and so on. A n d that is a very primitive sort o f recursiveness. 1. Module der menschlichen Sprachkompetcnz Wie in Chomsky (1982: 95*97) dokumentiert, bemühen sich die beiden Interviewer Riny Huybregts und Henk van Riemsdijk längere Zeit, aber vergebens, aus dem offenkundig von W ort­ bildungsgrammatiken nicht sonderlich beeindruckten Noam Chomsky eine positive Stellungnahme zur Rolle der Morphologie/Wortbildung in der Grammatik herauszulocken. Im nachfolgenden Auf­ satz möchte ich zeigen, wie Chomskys Einschätzung der Wortbildungsfähigkeit mit der Tatsache vereinbar gemacht werden kann, daß spezifische Wortbildungsregularitäten häufig fern davon sind, ■pretty trivial’ zu sein, und weswegen allein eine Verbannung der worlbildungsspczifischcn Regularitäten aus der engeren Sprachkompetcnz mit unserem heutigen Wissen über die Natur der Sprachfähigkcit vereinbar ist. Für eine Diskussion der spezifischen Eigenschaften der Fähigkeit zur Lexikonenveiterung ist cs sinnvoll, sich einige grundlegende Aspekte unserer Sprachfähigkcit ins Gedächtnis zu rufen. Um sie zu charakterisieren, benötigen wir mindestens zwei kognitive Module, die Chomsky (1980) formale Kompetenz und konzeptuelle Kompetenz genannt hat. 'D as vorliegende Papier ist eine überarbeitete Version von Vorträgen, die ich auf der Conference on Knowledge o f Ijinguage im Mai 1989 in Groningen, dem Workshop Architektur des Lexikons im November 1989 in Wuppertal, und auf dem Intcnsivseminar/lJ/x^r/f des Lexikons im Mai 1990 in Köln gehalten habe. Für kritische Diskussion bedanke ich mich bei den Teilnehmern dieser Tagungen, besondere bei Manfred Uicrwisch, Ewald Lang, Sue Olsen, Raj Singh und Peter Staudacher. 2 Gisbert Fansclow Die formale Kompetenz ist im Verständnis der generativen Grammatik1 (also auch in meinem) das angeborene System von Formprinzipien, das dem Menschen den Erwerb und die Repräsentation grammatischer Fähigkeiten ermöglicht. Die einschlägigen Formprinzipien sind abstrakter Natur, konslruklionsunspczifLsch, können den Daten nicht durch einfache Gencralisierungsstratcgicn abgclcscn werden und sind damit nicht lernbar. Wer für eine spezifische oder in der Syntax eingebettete formale Kompetenz im Rahmen der Fähigkeit zur Lcxikoncrwcilcrung argumentieren will, ist verpflichtet, zu zeigen, daß die dabei anzusetzenden Gesetzmäßigkeiten ebenso abstrakt und modular organisiert sind, wie dies etwa die Grammatik2 charakterisiert. Je mehr sich herauskristallisiert, daß die eigentliche Grammatik aus einem System sehr allgemeiner konfigurationcller Formprinzipien besteht, desto gewichtiger wird die Rolle, die die konzeptuelle Kompetenz im Sinne von Chomsky (1980) bei einer vollständigen Syntaxbeschreibung cinzunehmen hat. Die Elimination der phrasenstrukturellen Komponenten aus der Grammatik, radikal vollzogen in Chomsky (1986, 1986a), war beispielsweise nur möglich, weil ein Großteil der Aufgaben des PSRcgclapparats in einer Theorie der thematischen Rollen, i.e. der Argumentstruktur der beteiligten Prädikate, erklärt werden kann. Auch für die konzeptuelle Kompetenz muß angenommen werden, daß ihre wesentlichen Aufbauprinzipien genetisch determiniert sind. Das Argument von Quinc (1960), demzufolge die ontologische Grundstruktur von Sprachen nicht empirisch erschlossen werden kann, läßt sich nach Chomsky (19S0) in eine Lcrnbarkeitsübcrlegung umformen: cs gibt kein empirisches Datum, das dem Kind gestatten würde, die Ontologie der zu erwerbenden Sprache zu erlernen. Putnam (1981) hat diese Überlegung mit dem Nachweis verschärft, daß nicht einmal die Referenz von Prädikaten empirisch lernbar ist. Da wir jedoch sehr wohl als reife Sprecher den Ausdrücken der natürlichen Sprache Bedeutungen zuweisen können, muß der Mensch biologisch für den Erwerb spezifischer Begriffe (in ebenso abstrakter Weise wie in der Syntax) vorgeprägt sein. Insbesondere im Bereich potentieller Verbbedeutungen kann man auf Grund von Studien wie Dowty (1979) oder Pulman (1983) die Umrisse eine Theorie 'möglicher Bedeutungen’ schon gut erkennen, cf. auch Bierwisch & Lang (1987) für adjektivische Konzepte. Es ergibt sich zwanglos, daß auch jedes Produkt der Fähigkeit der Lexikoncrweitcrung, i.e. die morphologisch komplexen W örter, den Prinzipien der konzeptuellen Kompetenz genügen müssen. Bezüglich des Begriffes 'mögliche Bedeutung eines komplexen Wortes’ braucht man unter dieser Perspektive keine zusätzlichen Prinzipien. Wer für eine separate Theorie der Morphologie in diesem Bercichc argumentiert, m üßte einen der drei fol­ genden Sachverhalte belegen können: 1 Ich verwende den Begriff 'generativ* hier im 'imperialistischen* Sinne, d.h. aU Referenz auf die von Noam Chomsky geprägte Ausrichtung der generativen Grammatik i.w.S. 2 Wenn man die generative Konzeption von 'Grammatik* nicht teilt, und damit dem Begriff einen wesentlich weiteren Umfang zuordnet, so sind die Schlußfolgerungen in Sekt. I nicht gültig. Allerdings kann bei einem weiten Verständnis von 'Grammatik* die Frage, ob die Strategien zur Lcxikoncrweiicrung zu dieser gehören, kaum sinnvoll diskutiert werden, da sic dann Irivialcrweisc positiv zu beantworten ist. Ein modulares Konzept der Lcxikoncnveiterung a) b) c) 3 komplexe Wörter können die prinzipiellen Bcdeutungsrcstriklioncn einfacher Wörter verletzen, komplexe Wörter können nicht alles ausdrücken, was einfache Wörter l>cdcuicn können3, der Algorithmus der Errechnung der Bedeutung komplexer Wörter ist vom Algorithmus der Bedeutungserrechung syntaktischer Phrasen verschieden, nicht-trivial, und kann vom Kinde nicht erlernt werden. Zwischen die scmanlischc Repräsentation und die syntaktische Struktur sind eine Reihe von Vcrmittlungsprinzipicn geschaltet. Von der Syntax her betrachtet ist der erste Brückenfaktor die Menge der Prinzipien der canonical stnictural realization (CSR), vgl. etwa Chomsky (19S6a). Hier ist etwa geregelt, daß die CSR der 0-Rolle Agens entweder Spec-IP* ist, oder aber ein PP-Adjunkt mit spezifischem Kopf3. Es gibt auch gute Gründe für die Annahme, daß die in der Theorie der CSR ausgedrückten Korrelationen auch in der anderen Richtung recht eindeutig sind: spezifische syntaktische Positionen wie Spec-IP sind nur mit bestimmten thematischen Rollen verträglich, cf. Kratzer (1989) und Brandner & Fansclow (1990) für verschiedene Sichlwciscn zur Natur von SpecIP. ©-Rollen selbst sind (vermutlich) keine Primitiva in der semantischen Theoricbildung, sondern Reflexe der semantischen Struktur des Prädikats (cf. etwa die Beiträge in Wilkins 1988 sowie Bierwisch 1989 für eine Diskussion). In einer denkbaren semantischen Repräsentation AxXy [x CAUSE (NICHT LEBENDIG (y))] für lö\£n muß x das Agens sein, und y das Paliens oder T hem c’. Die interne semantische Repräsentation enthält ferner eine Reihe ’referentieller' Positionen, die aber nicht alle als Argumente des Wortes realisiert w’crden können. Ein Poet ist jemand, der Gedichte verfaßt, und ein Komponist jemand, der Musikstücke schreibt, aber nur im Falle von Komponist kann man die referentielle Größe des Hcrvorgcbrachtcn zum Argument des Nomens machen: neben Komponist der Zauberflöte gibt cs nicht *Poet der Nationalhymne. Wir benötigen generell eine Theorie der Argumentstruktur für Prädikate, und eine Sonderrolle für die Morphologie ist in dieser Hinsicht nur dann gerechtfertigt, wenn morphologisch komplexe Wörter sich bezüglich der Argumentstruktur wesentlich anders verhalten als nicht-komplexe Ausdrücke. Es erweist sich schließlich als nicht einfach, die hier anzusetzende Prinzipienmenge im Gcsumtaufbau der Grammatik zu lokalisieren. Das konzeptuelle System interagiert nicht nur über das Lexikon und die CSR mit der Syntax, sondern auch über die Ebene der Logischen Form. Dies kann man etwa am Verhalten des preposition stranding im Englischen sehen. Während bei WHBewegungpreposition stranding stets dann zulässig ist, wenn gewisse strukturelle Voraussetzungen vorliegen, ist preposition stranding beim Passiv eingeschränkter, wie man an (1) oder (2) sicht. (1) (a) which man did hc die after _ (b)* hc was died aftcr_ 1 'Primitive' Konzepte sollten allerdings durch sinkt kompositional interpretierte komplexe Wörter nicht benennbar kein. Allerdings findet sich hier etwa die Option der Umschreibung ( grün - blattfarfoen), die es schwer macht, die entsprechenden Vorhersagen empirisch zu untermauern. 4 Weniger vornehm: das Satuubjekl. Dies mag auch in Spec-VP oder als Adjunkt an VP realisiert sein, wenn neuere Ansätze, z.11. Fukui & Speas (1986), sich als korrekt erweisen. 5 Im Deutschen: von odcr durch. 4 (2) Gisbert Fanselow (a) this bed has been slept in _ (b)* this bed has been slept near _ Wie beispielsweise Hornstein & Weinberg (1981) ausführen, schcint cs so zu sein, als müsse die Verbindung von V und P ein ’mögliches Prädikat’ darstcllen, damit ein sog. Pscudopassiv lizensiert ist, und diese Sichtwcisc scheint allgemein geteilt. Kontraste wie in (3) aus Radford (1981) belegen, daß cs nicht sehr einfach sein dürfte, diesen Begriff zu definieren. (3) (a) the question was gone into _ by the thieves (b)* the church was gone into _ by the thieves Sieht man von dieser Schwierigkeit ab, so dürfte nichts gegen die Schlußfolgerung cinzuwcndcn sein, daß in (2a) oder (3a) ein rcanalyscähnlichcr Prozeß stattgefunden hat, der (in evtl. abstrakter Weise) ein komplexes Verb wie z.B. in (4) bildet, das im Sinne unseres konzeptuellen Systems ein mögliches Prädikat bilden muß. (4) [VP V [rp P NP]] - | „ [v V-P] NP ] Man kann sich nun überlegen, daß cs sich bei dieser Umstrukturierung nicht um einen lexikalischen Prozeß handeln kann. Fände die Rcanalysc bereits im Lexikon statt, so wäre auf keiner syntaktischen Rcpräscntationscbcnc die Information vorhanden, daß io und mv friend in (5a) "eigentlich" eine PP bilden. Mv friend sollte sich damit in jeder Hinsicht wie eine normale ObjcktNP verhalten. Die NP in Strukturen, die ein Pscudopassiv erlauben, kann jedoch anders als direkte Objekte z.B. nicht dem Focus-NP shift unterworfen werden, wie der Kontrast zwischen (5c) und (6) verdeutlicht. (5) (a) he [talked to] [my friends] (b) he was talked to (c)* he talked to about politics yesterday each man who’s interested in (6) he will inform about politics each man who’s interested in Ferner hat Fagan (1988) gezeigt, daß entgegen der Theorie von Kcyscr & Rocpcr (1984) die englische Mittclkonstruktion (7a) ein lexikalischer und kein syntaktischer Prozeß ist. Da (7b) ausgeschlossen ist (cf. Fagan 1988:194) können wir erneut schließen, daß der Faktor, der das Präpositionalpassiv ermöglicht, innerhalb der Syntax selbst zu suchen ist. (7) (a) bureaucrats bribe easily (b)* John laughs at easily Man m uß daher amichmcii, daß zumindest eine syntaktische Rcpräscntationscbcnc wie (8) aussicht, auf der also das Komplement des Verbs als PP realisiert ist, deren Kopf, wie Baker (1988) sich ausdrückt, in das Verb hinein inkorporiert worden ist. (8) he (v talked to,] [,.r [P t,| my friends] M omentan ist es eher unerheblich, ob diese Inkorporation bei der Abbildung zwischen S-Struktur und D-Struktur stätlflndcl, oder zwischen S-Struktur und LF. Wichtig ist vor allem, daß erst au f der Ebene der Logischen Fonn, also ’lange’ nach der Icxikalischcn Einsetzung, geprüft werden kann, ob talk to ein mögliches Prädikat ist oder nicht. Diese Frage beantwortet allein das konzeptuelle Ein modulares Konzept der Lcxikoncnveitcning 5 System, und zwar in einer Weise, die nurmehr sehr indirekt etwas mit dem englischen Lexikon zu tun haben kann, dessen Schnittstelle zur Syntax ja die D-Struktur ist. Die konzeptuelle Kompetenz interagiert also -wie wohl nicht anders zu erwarten- auch mit der Ebene der Logischen Form, was Figur 1 wiedergibt. (I) D-S < -------- LEXIKON S-S PF LF < = = Brilckcnprinzipicn < = = KONZEPTUELLE KOMPETENZ Dabei zeigen die Daten in (9), daß nicht nur sclegicrtc NP-Argumentc, sondern auch bestimmte Lokativkonstruktionen, Instrumentalangaben und Benefaktivc ein Pscudopassiv bilden, aber nicht Temporalphrasen oder Manner-PPs (cf. Baker 1988). Anscheinend gibt also (10) (notwendige) Bedingungen für mögliche Prädikate auf LF wieder. (9) (a) (b)? (c)? (d)* (e)* this bed was slept in that baseball was hit with in 156 straightgames the chief was danced for by even* girl in the village Monday is overslept on nearly every week the same way is walked in by everybody (10) V-P kann okay sein, falls P -sclegiertcs Argument/ lokaler Kopf / benefaktiver Kopf/ instrumentaler Kopf V-P-Inkorporation ist nicht das einzige Beispiel für ’mögliche Prädikate', über deren Wohlgeformtheit erst auf LF entschieden werden kann. Beispielsweise deutet alles darauf hin, daß Kausativstrukturen wie (11) eine V-V-Inkorporalion involvieren. (11) daß Ulrich den Referenten fünf Stunden vorlragcn läßt Wiederum darf (cf. Fansclow 1989u) die Bildung des komplexen Verbs nicht - wie Haider (1986) dies Vorsicht - im Lexikon erfolgen, sondern frühestens auf der S-Struktur. Stellt man sich die Frage, weswegen in allen Sprachen nur sehr spezifische Prädikate als Matrixverben die Inkorporation des Komplcmcntsatzverbs zulassen, so kann die Antwort kaum woanders als im konzeptuellsemantischen Bereich gesucht werden. A u f LF ist offenkundig [v V’ V| zulässig für kausatives V , aber nicht etwa für ein Prädikat wie ’zwingen*. Ferner hat z,B. Müller (1989) vorgeschlagen, Kontraste wie zwischen (12a) und (12b-c) über Inkorporation (auf LF) zu erfassen: (12) (a) über wen hat Horst ein Buch t gelesen ? (b)?*über wen hat Horst ein Buch t verschlampt ? (c)?*über wen hat Horst ein Buch I bezahlt ? Nimmt man mit Müller (1989) an, NPs würden für Extraktionen von PPs nur dann durchlässig. 6 Welches offenkundig nur inkohärent im Sinne «in Rcrh und Haider konstruiert wird. 6 Gisbert Fansclow wenn ihr nominaler Kopf spätestens auf LF ins Verb inkorporiert ist, so leitet sich der Kontrast in (12) aus der Annahme her, daß ’Buch-lcscn’ nach Maßgabe unseres konzeptuellen Systems ein mögliches Prädikat ist, nicht jcdoch ’Buch verschlampen’. Wiederum bilden sich die Inkorporationsstrukturen nicht im Lexikon, sodaß allein die Interaktion zwischen LF und konzep­ tueller Kompetenz für die Wohlgeformthcit der Strukturen entscheidend ist7. Nach Überzeugung vieler, etwa von Pesetsky (1982), ist das Intcrfacc zwischen LF und KK sogar die "wichtigere" der zwei Verbindungen zwischen konzeptueller Kompetenz und formaler Kompetenz. Ein Großteil der Information über Subkategorisierung und Argumentsclcktion kann beispielsweise ohne weiteres auf LF abgehandclt werden, da wegen des Projektionsprinzips (cf. Chomsky 1981) die kalegorialen Verhältnisse auf LF sich nicht gravierend von denen auf der DStruktur unterscheiden dürfen. Neben den Prinzipien der UG i.c.S. ( = formale Kompetenz) ist also die Wohlgeformthcit sprachlicher Strukturen wesentlich durch Restriktionen der konzeptuellen Kompetenz (KKPrinzipicn) im Interface zur LF über eine Menge von Brückcnprinzipien (B-Prinzipicn) geregelt. Ob neben UG, KK- und B-Prinzipicn noch eine eigene Menge von Prinzipien im Lexikon (LPrinzipien) motiviert werden kann, wie Bienvisch (1990) sic Vorsicht, die a) die konzeptuelle Wohlgeformtheit von Lexemen und b) deren Argumentsclcktion regelt, erscheint unter dieser Perspektive als empirische Frage noch offen8. Wer für eine separate Theorie der Lcxikonerwcitenmg/Morphologie plädiert, m üßte darüberhinaus noch zeigen, daß UG, KK-, B- und L-Prinzipien zusammengenommen nicht hinreichend sind, um die nicht-trivialen Aspekte der Wortbildung zu erklären, und dies erscheint eher unwahrscheinlich. Ein komplexes Wort unterliegt, da cs in die UG-gcneriertcn Strukturen eingesetzt werden m uß, der UG selbst und dem System der allgemeinen konzeptuellen Prinzipien (KK, B, ggf. L). ’Morphologische Wohlgeformthcit’ ist also modular zu erklären, und im Idcalfallc ist das, was die unabhängig etablierten Prinzipien nicht zu erfassen im Stande sind, trivial im Sinne der zu Anfang zitierten Einschätzung von Noam Chomsky. 1 Die Konstruktionen in (12) sind insofern von denen in (11) verschieden, aU sich für die unakzcptablen Beispiele in (12). wie etwa Rochcmont (1V78) beobachtet. Kontexte konstruieren lassen, in denen sic wesentlich eingängiger sind. vgl. etwa (i). Solche Optionen ergeben sich anscheinend bei der Bildung komplexer |v V V|- Konfigurationen nicht. Entweder bedeutet dies, daß die Integration nominaler Bedeutungselemente in verbale Ke me in dcrTatrcdcabhängig ist, oder daß Kontraste wie in (12) ohne Rekurs auf Inkorporation zu erfassen sind. (i) A: Schau Dir an. was Daniel mit meiner Biographicnsammlung angestcllt hat! Entweder hat er die Bücher bemalt, zermsen oder verschlampt! Über Katharina sind alle Bücher zerfetzt!! Über T rip sind die Bücher alle ganz anpcschmiert! So ein Mist! B: Und über wen hat er die Bücher verschlampt?? ® Beispielsweise sind Kausativa sowohl lexikalisch (töten) als auch syntaktisch lizensiert (sterben lassen). Wenn sich bei den kohärenten Infinilivkonstruktionen generell spätestens auf LF komplexe Prädikate bilden (zu küssen versuchen, cin/ulajcn versprechen). hätte man wohl Kandidaten für semantische IZntittiten identifiziert, die nicht im strengen Sinne zumindest im Deutschen • Icxikalisicn werden können, obwohl sie potentielle LF-Prädikatc sind. Zumindest habe ich auch nach längerem Suchen keine nicht-komplexcn Verben mit einer ßcdcvtungsstniklur wie Xuly |x VüRSPRECH (ZZZ(y)(x))| gefunden. Ein modulares Konzept der Lcxikonenveitening 7 Im folgenden werde ich mich v.a. auf nomcnbczogcnc Worlbildungsprozessc beschränken und zeigen, daß weder hinsichtlich des kategorialen Aufbaus komplexer Wörter noch bezüglich des Phänomens 'Argumentvererbung* eigene wortbildungsspczifische Prinzipien benötigt werden. Rcgularitätcn, die sich nicht aus allgemeinen syntaktischen und konzeptuellen Prinzipien und dem interpretativen System der konzeptuellen Kompetenz herlcitcn lassen, erweisen sich als so obcrflächcnnah, daß sic ohne weiteres vom sprachcrwerbendcn Kind ohne Hilfe angeborener Prinzipien erlernt werden können. Von Sproat (1985) unterscheiden wir uns also allein insofern, als wir auch derivationellc Prozesse wie die (deutsche) -er-Nominalisierunn dem Lexikon zurechncn. Die Differenz zu eigenen Vorarbeiten wie Fansclow (1988a) (und den Kölner Vortriigen) liegt darin, daß nunmehr der Funktionalkomposition der ihr (rückblickend gesehen) gebührende Platz in den interpretativen Prinzipien des konzeptuellen Systems cingeräumt wird, und auch nunmehr der Status der ’syntaktischen’ Morphologie anders eingeschälzt wird. Wie wir sehen werden, ändert sich dadurch am grundlegenden Bild der Lexikonerweiterung nichts. 2. Die kategoriale Syntax der Lexikonenveiterung Die Frage, ob eine eigenständige morphologische Komponente in der Grammatik erforderlich ist, kann nur an Hand von Detailuntcrsuchungen zu den verschiedenen morphologischen Mustern geklärt werden. Der erste Aspekt, dem ich mich in dieser Hinsicht zuwenden will, ist die kategoriale 'Syntax' der Prozesse der Lexikonenveiterung: wir nehmen ein Verb (ies;), setzen ;er dahinter, und erhalten ein Nomen ( Leser). Drei Vorgehenswcisen sind hier denkbar: a) b) c) die kategoriale "Syntax" der Wortbildung (sofern wir es mit vollproduktiven Mustern zu tun haben) ist Teil der UG (z.B. Sproat 1985). die kategoriale "Syntax" der Wortbildung bildet ein eigenständiges Prinzipiensystem (diSciullo & Williams 1987, Olsen (dieses Arbeitspapier). die kategoriale "Syntax" der Wortbildung ist so trivial, daß sic vom ’intelligenten Sprachbenutzer’ im strengen Sinne erlernt werden kann (Fanselow 1988a). An Hand von Beobachtungen wie (13) zur Struktur von Komposita kann man eine Regel wie (14) motivieren, d.h. ein Endozenlrizitätsprinzip für Komposita aufstcllcn. (13) (a) (b) (c) (d) (N[N Nacht ][s Zug ]] U L Kot ][s Buch 11 [s [v Schlaf ][s Mittel U (slr Vo, ][N Zug 11 (14) X - Y X (X e { N,V,A }, Y e { A,N,V,P }) Folgt man Höhle (1985), Toman (1983) und vielen anderen, so läßt sich auch die Beobachtung, daß man mit nen und ^ r stets Nomina bildet, zu (14) in Beziehung setzen, indem man diese Suffixe wie in (15) als Nomina kategorisiert, die sich von normalen Substantiven nur in der Eigenschaft un­ terscheiden, keine phonologischen Wörter zu sein, weswegen sie klitisiert werden müssen, wie man 8 Gisbert Fansclow das unabhängig in der Syntax für Z.B. ]a, $£. und jo im Spanischen annchmcn muß. (15) [N -er), | s -en] Man kann (14) zum formalen Prinzip innerhalb oder außerhalb der UG-Syntax erheben, oder aber sich auf den Standpunkt stellen, daß das, was (14) besagt, so sehr an den oberflächlichen Fakten ablesbar ist, daß wir es als spracherwcrbcnde Menschen sehr wohl im strengen Sinne erlernen können. Tatsache ist ja, daß die über (14) gebildeten Wörter jeweils in sehr spezifischen Umgebungen auftreten (Nagelfeile. Leser. Beobachtung in den strukturellen slots für N, elektrifizieren in der Verbposition, unküßbar in einer Adjektivposition). Man muß die sprachcrwerbcndcn Kinder schon für sehr dumm halten, wenn man meint, daß sic aus diesen Daten nicht die naheliegenden Schlüsse ziehen könnten. Worauf Chomsky in obigem Zitat beharrt, ist aber, daß sich die katcgoriale "Syntax" der Lcxikonerwciterung in der Tal auf solche unmittelbar der sprachlichen Oberfläche ablesbaren Rcgularitäten bezieht. Wenn man nicht belegen kann, daß die komplette Reduplikation von komplexen Wörtern (etwa im Bambara, cf. Culy 19S5) ein W ortbildungsprozeß des Lexikons ist, so überschreitet die Ausdruckskraft des Lexikons nicht die einer Finite-State-Grammatik, ist also unvergleichlich einfacher als all das, was in der Syntax i.e.S. Kopfzerbrechen macht. Durchaus kann man Affixe nicht ’blindlings’ an jedes Wort anfügen, sondern es sind katcgoriale Informationen (Nomen, Verb, etc.), Parameter wie |± nativ), oder spezifische Forderungen an vorangehende Affixe (cf. Fabb 19SS) zu beachten. Diese Sclcklionsgesclze sind aber stets strikt lokal: das Affix « ’sieht’ nur die Information, die ß in (16) ausdrückt, niemals jedoch 5. Von einer interessanten Grammatik der Wortbildung kann also in der Tat nicht die Rede sein. (16) I||...«) ß] «) Nun kann dies nur eine Hälfte der Überlegungen zur katcgorialcn Syntax darslcllcn. Das zweite herausragende Phänomen in der Syntax i.c.S. ist, daß offenbar der Möglichkcitsraum von Grammatiken in nichtlrivialcr Weise eingeschränkt ist, und daß wir die diesen Einschränkungen zu­ grundeliegenden Prinzipien zur formalen Kompetenz rechnen müssen, wenn wir sic nicht anderweitig, z.B. aus Sprachvcrarbcitungsübcrlegungcn, ablcilen können. Es gibt in der Tat eine crhebliche Einschränkung bei der Lexikoncnvcitcrung - neu gebildete W örter müssen zu den lizensierten syntaktischen Kategorien gehören • aber diese folgt schon aus der UG selbst, ohne daß wir sic in der Theorie des Wortbildungsprozcsses selbst ablcitcn müßten. Anders als in der Svntax m uß nun aber im Bereich der Morphologie Endozentrizität nicht gegeben sein: dies hat Anderson (1988) bezüglich einer Reihe von Phänomenen4 in außereuropäischen Sprachen nachgcwicsen, aber man findet auch in den geläufigeren Sprachen cxozentrischc Phänomene n /nasse, man denke an dic^Nullablcitungen wie in to blanket oder dl. weißen, cxozentrischc Komposita wie im Frz. oder dt. Weißkittel. und wahrscheinlich auch Verben wie bedachen, bekernen. bekohlen. Man hat also auch Regeln wie [N «) -* [V«J oder [N «*] -* [v bc-N). Wenn überhaupt, dann ist Endozcnlrizität eine Tendenz im WB-Bereich, aber kein universell gültiges Prinzip, und hier liegt ein radikaler 4 Auch wenn man Keduplikationsprozesse oder Phänomene wie die nrah. Hinyan auf (abstrakte) Affigierung reduzieren kann, verändern sich die Konklusionen nur unerheblich: die eigentlich oxplanatorischc Theorie isi in diesem Falle die nichtlinearc l'honotogte, deren ggf. innatc Prinzipien das Kind auch hier zur richtigen l.osung führen werden. Der 'morphologische* Teil, i.e. die Affigierung, bleibt dabei trivial. Ein modulares Konzept der Lcxikoncrwcitening 9 Unterschied zur Syntax vor, in der, soweit man weiß, alle Phrasen cndozcntrisch sind. Selbstverständlich kann man in den obigen Beispielen Endozentrizität erzwingen, indem man ’Nullmorphemc’ ansetzt, also etwa mit morphologischen Strukturen wie (17) arbeitet: (17) [v bc [V(N dachl-[^]]).cn Tatsächlich dürfte man auf diese Weise (14) ’retten" können. Wenn man von (14) ausgehen will, weil man ansonsten keine interessanten Prinzipien über den morphologischen Bereich formulieren kann, so ist ein leeres Verb oder ein leeres Nomen auch die einzige Möglichkeit, der empirischen Widerlegung von (14) zu entgehen. Zu einem erklärenden Prinzip (wie wir sic in der UG-Thcoric finden können) wird eine Regel jedoch nur dann, wenn sic a) in der Lage ist, Phänomene vorherzusagen, die unabhängig von ihrer Motivationsbasis sind und b) empirisch widerlegt werden kann. Beide Bedingungen sind bei (14) + Nullmorphem nicht gegeben. Wie hat man sich ein komplexes Wort vorzustellen, das mit (14) nicht verträglich ist, wenn man mit leeren ’Köpfen’ im Wortbildungsbercich arbeiten kann? Zu Beantwortung dieser Frage müßte man Lizcnsierungsbedingungcn für leere Köpfe in der Morphologie kennen, und diese existieren nicht (oder sind noch nicht erkannt). Hierin unterscheidet sich die Lcxikoncnveiterung in der Tat von der Syntax: wir können sehr genau angeben, unter welchen Bedingungen Leerkategorien lizensiert sind10: a) b) c) d) die Spuren von Bcwcgungsprozcssen müssen streng regiert sein, sie benötigen innerhalb einer lokalen Domäne ein kategorien- und indcxidcntischcs Antczedcns (und ggf. noch ein lexikalisches Regens). pro m uß entweder durch INFL in seinen Person-, Numerus-, Genus-Merkmalen identifiziert werden oder erscheint (in Objektposition) mit der Spezifikation 'arb'. PRO kann höchstens in der Specifierposilion auftreten und wird kontrolliert. leere Köpfe (in COMP, DET oder den INFL-Positionen) müssen entweder streng regiert sein oder durch syntaktische Bewegung 'gefüllt* werden. Daneben sind diese Lcerkalcgoricn in den Kontext der Gcsamtlhcoric der Syntax eingebettet. Eine nominale Lccrkatcgorie muß also z.B. bezüglich der Merkmale •* anaphorisch, ß pronominal etc. cinordbar sein. Eine Fülle von Daten läßt sich konstruieren, die den Leerkatcgoricnzoo der Syntaxthcoric empirisch widerlegen würden • nur kommen diese Daten in natürlichsprachlichen Grammatiken anscheinend nicht vor. Solange nicht einmal in vagen Umrissen erkennbar ist, wie eine Struktur wie (17) widerlegt werden kann", ist sic unempirisch. Auch ist unklar, was die Annahme eines leeren Verbs in (17) vorhersagt außer der Tatsache, daß bedachen ein Verb ist!2. Man kann 10 a) • d) geben eine grobe Vorstellung der Lizcnsierungsbedingungcn, die im. Detail von Vorstellungen verschiedener Linguisten abweichen. Lecrkaiegorien ohne dazugehörige Lizcnsierungstheorie anzunchmen. wurde kein S yn taktiker wagen. 11 Dagegen sehe ich den Ansatz, der kaicgorialc Aufbau komplexer W öncr sei durch erlernte Strategien wie [N - ] - > [y b c " | als durchaus widerlegbar an. Man muß nur zeigen, daß gewisse real existierende Strategien sa komplex sind, daß sie vom Kinde niehl erlernt werden können. 12 Wunderlich (p.M.) nennt etwa den Umlaut in rttten. b läu en , harten als Beispiele für Effekte des N'ullmorphems. Die Umlautung kann man jedoch genauso gut in der Konvcreionsregcl selbst vermerken, wie dies etwa Ford, Singh & M arlhohardjono (19X8) Vorschlägen. MI (ihbcrt Funsetow iilu i htiiliM i Iii Vo ii ^ |i i r i ’lii'ii, dnß eine Affigicrungslheoric wie (14) als Grundschema der Lcxikoncrwi'llritiiiK Hrri|U'rc erklärende Kraft hätte. Daneben muß auch ein Affigicrungsansatz die Mty(lii:likcil v‘*n Analogiebildungen (chairwoman. Hausmann, oder dinolore = dinosaur folklore) eliicr.scit.s und von Rückbildungen andererseits einräumen, d.h. dem ’intelligenten Sprachbenutzer’ Fähigkeiten zur Lexikoncrwcitcrung ohne Rekurs auf (14) zuschrciben, die in jedem Falle ausrcichcn, die morphologischen Standardmuster ohne Bezug auf eigenständige Prinzipien zu er­ zeugen. Es ist immer ratsam, mit dem Bade keine Kinder auszuschütten, und man sollte sich daher weder in Syntax noch in Morphologie dem ‘naiven Falsifikationismus' hingeben. Die Beobachtungen zur ’Köpfigkcit’ mögen, wie gesagt, eine Tendenz widcrspicgeln, die - sofern sic real ist - erklärt werden m uß. Vergessen darf dabei jedoch nicht werden, daß keineswegs alle Regularitäten, implikaliven Beziehungen oder Tendenzen natürlicher Sprachen Resultat eines Prinzips der UG sein müssen. Natürlichsprachliche Strukturen müssen gelernt werden, verarbeitet werden können, und in einem invisible Iwnd-Proic ß auch historisch entstehen. Aus all diesen Faktoren resultieren - zusätzlich zu den Prinzipien der UG • absolute, implikative und statistische Universalien. Cullcr, Hawkins & Gilligan (1985) beziehen z.B. die Suffigierungspräfercnz auf Gesetze des lexikalischen Zugriffes; morphologische Muster entwickeln sich zumeist aus syntaktischen ("yesterday's syntax is today's morphology"), und da sic insofern nicht vom Himmel fallen, ergeben sich eine Reihe von Beschränkungen über den möglichen Aufbau komplex gebildeter Wörter. UG-Prinzipien sind nur dann anzunchmcn, wenn alternative Möglichkeiten ausgclotcl sind und verworfen werden müssen. Auch bezüglich des 'Nicht-Kopfes' ergeben sich im WB-Bereich einige Auffälligkeiten. Zunächst fehlen die Kcrnclcmcntc der Syntaxthcoric, die funktionalen Kategorien COMP, DET und 1NFL hier vollständig. Wir finden andererseits Elemente wie uiv in Undinp. Unthcoric. unschön oder elektr- in elektrisch. Elektroauto. Elektrodosenöffner. elektrifizieren etc., die wir gar keiner syntaktischen Kategorie zuordnen können. In der Syntax finden sich jedoch abseits der Projcktionslinie niemals katcgoriclosc Objekte. Hierfür bietet sich eine leichte Erklärung an: ein komplexes Wort muß sich zwar in syntaktische Strukturen cinpasscn lassen und daher einer syntaktischen Hauptkategoric angchörcn, aber wenn die UG nur das Produkt, nicht die Zutaten sehen kann, erzwingt nichts, daß diese Zutaten selbst kategorial spczifizicrbar sein müßten. Einen ganz anderen Gesichtspunkt kann man Fabb (1988) entnehmen, dem ich nicht viel hinzuzufügen habe. Fabb hat sich die Mühe gemacht, die Kombinalionsoptioncn englischer Suffixe zu analysieren. Es gibt im Englischen derer 43, sodaß man an sich 614 potentielle Suffixkombinationen zu erwarten hätte. Gruppiert man sie unter phonologischcr Perspektive, so reduziert sich das Kombinationspotential unwesentlich auf459. Von diesen 459 potentiellen Verbindungen sind faktisch jedoch nur ca. 50 realisiert. Es gibt allein 28 von 43 Suffixen, die man an die Struktur (18) überhaupt nicht anfügen kann, etwa -ment, -hood oder -orv. (18) [x Y-suf]-suf W eitere sechs Suffixe kombinieren sich nur mit exakt einem Suffix, das sind etwa -ion-arv. -ion-cr und -ist-ic. bei denen man sich also die Frage stellen kann, wodurch man cs linguistisch unter morphologischer Perspektive rechtfertigen kann, kein komplexes Suffix -ionarv anzunehmen. Scmipro- Ein modulares Konzept der Lcxikoncrwcitentng 11 duktiv, d.h. an zwei bis vier Suffixe fügen sich etwa -ion oder an, und allein für -able. ;££ und •ness kann man rccht freie Kombinationsmöglichkeiten fcststcllcn. Eine ganz wesentliche Eigenschaft der Syntax, nämlich die fundamentale Rckursivität, fehlt in der derivationcllen Morpho­ logie also fast ganz, wir haben sic nur im Bcrcich der Komposita, die aber aus anderen Gründen kaum Kandidaten für syntaktische Prozesse sein dürften.“ 3. "Argumentvererbung" im Nominalbereich 3.1. Komposita Die Gesetze des kategorialcn Aufbaus eines komplexen Wortes sind weder die einzigen noch die interessantesten Beschrcibungsaspektc bei der Lcxikoncrwcitcrung. Niemand wird ernstlich bestreiten, daß - worauf Chomsky (1982) insistiert - die hier feststellbaren Rcgularitäten unver­ gleichlich cinfachcr zu erfassen sind als die Gesetze des Aufbaus syntaktischer Phrasen. Rccht komplex anmutendc Gesetze scheinen jedoch in zwei Hinsichten auch in der Wortbildung zu bestehen: bei der externen Kombinatorik eines Wortbildungsproduktcs ('Argumcntvcrerbung") ei­ nerseits, und partiell bei den Bildungsbeschränkungen andererseits. Ich werde in dieser und den fol­ genden Sektionen zu zeigen versuchen, daß selbst in diesem Bereich ein Rekurs auf eine eigenständige Theorie der Lcxikoncrwcitcrung nicht erforderlich ist. Es ist dabei sinnvoll, zunächst ein einfaches Beispiel zu diskutieren, nämlich V + N- und andere Komposita des Deutschen. Wie wir sehen werden, ergeben sich hier schon die Grundparametcr für ähnlich gelagerte Fakten bei der De­ rivation. V + N-Komposita können auf der Basis verschiedener interpretativer Schablonen gedeutet werden, von denen drei in (19) angcdcutet sind: (19) (a) (b) (c) Singsittich, Fliegcbicster, Kopicrknccht *x(/(N)(x) & /(V )(x)) Ziehbrücke, Eßapfcl A x(/(N )(x)& V z/(V )(x)(z)) Redeverbot, Bctgclcgenhcit /(N )(/(V )(x)) Offenkundig kann das Nomen in V + N sowohl als ’Subjekt’ als auch als ’Objekt’ des vom Verb ausgedrückten Inhalts (/(V )) fungieren, oder aber ein Funktor sein, der wie in (19c) skizziert die Vcrbbedcutung (nach Schließung der externen Argumcntstcllc) als Argument nimmt. Die Notationen in (19) .sind selbstverständlich allein als Näheningen an. die tatsächlich anzusetzenden Strategien zu verstehen. Beschränken wir uns für den Moment auf eine Diskussion der Gruppe (19a), so können wir zwei Beobachtungen inaclicn: die interpretative Schablone ist nicht auf alle Verben anwendbar (cf. 20), u Im Zusammenhang mit dem kaicgorulcn Aulbau \x>n Wortbildungsprodukten wäre an sich noch die Frage zu diskutieren. inAvweit \ich AffixA€-n<xi//i£i7i (auf LF) rechtfertigen lassen. Für Gründe, die gegen einen solchen syntaktischen Pro/eQ sprechen, vgl. Sproat (19SS). Gisbert Fanselow 12 und cs ist nicht möglich, eine Argumcntstcllc des Verbs mit einem Ausdruck außerhalb des Kompositums zu sättigen (21): (20) (a) (b) (c) (d) (21) (a) (b) *Vcrfaßkncchte, *VcrIctzknechte, ?Zutrinkkncchte, *Machknechle, *Bcsetzsoldatcn, •Zuwerfknechte, *ßcfahrknech(c ‘Wohnmieter, *Bewohnmieter *Haßkinder, *Liebkinder, 'Bchcrrschmitarbciter, *Fürchtkinder 'M ißfallbücher, ’ Paßröcke, *Auffallfrauen Straßenplanicrarbciler, *PIanicrarbcitcr von Straßen Kuchcnmachknechtc, *Machknechte von Kuchen Notwendige Voraussetzung für die Intcrprctierbarkeit einer V + N-Verbindung nach Schablone (19a) ist offenkundig, daß das Verb V grundsätzlich auch ohne Objekt verwendet werden kann, weswegen etwa die Beispiele in (20a) oder (20b) nicht wohlgcformt sind. In gewisser Hinsicht sieht dies wie ein Effekt des O-Kritcriums aus: während die meisten transitiven Verben auch eine intransitive Lesart zulassen, gilt dies z.B. nicht für machen oder befahren. In einem Kompositum wie *Machknecht ist die Objekts-O-Rolle von machen nicht realisiert, was eine Verletzung des 0-Kriterium zu implizieren scheint. Es gibt jcdoch zwei Argumente, die gegen eine solche syntaxorientierte Lösung sprechen. Erstens können Verben mit obligatorischem Argument in Komposita auf der Basis anderer Deutungsschabloncn durchaus auftreten: (22) (a) (b) (c) Franz Josef Antwerpes erläßt bei Nebel ein Befahnerbot für sämtliche Autobahnen im Regierungsbezirk Köln Nein, das was Horst gemacht hat, war keine Zuirinkgcsie Peter hat keine H'ohnbcrechtigung für dieses Sammcllagcr Wenn die Beispiele in (20a,b) eine Verletzung des ©-Kriterium darstellten, sollte sich diese auch auf (22) übertragen. Zweitens ergibt sich eine direkte interjirctative Herleitung der Beschränkung in (20a,b): V + N-Vcrbindungen werden nur nach einer begrenzten Anzahl interpretativer Schablonen gedeutet. Nach Fanselow (1985) lassen sich die interpretativen Restriktionen aus der Annahme herlcitcn, daß im konzeptuellen System des Menschen nur eine kleine Zahl grundlegender Kombinationsslratcgien für Konzepte lizensiert ist, zu denen u.a. eine (generalisierte) Koordination von Eigenschaften und Relationen mit ‘und* sowie die Funktionalapplikation gehören. Intcrpretativc Schablonen für Komposita sind entweder identisch mit diesen grundlegenden semantischen Verknüpfungsbe­ ziehungen, oder ergeben sich aus einer Hintereinanderschaltung solcher Vcrknüpfungsrclationen. (19a) ist dabei aus unmittelbar einsichtigen Gründen identisch mit der generalisierten Konjunktion von Eigenschaften (und Relationen), angedcutet als U, die man unabhängig von V+N-Komposita auch zur Deutung von Dichterkomponist öder syntaktischer Verzweigungen wie prüner Apfel benötigt (cf. Fanselow 1985 für Details). II: Deute [x Y Z) als Ax |/(Y )(x) & /(Z)(x)j Grundsätzlich ist II - wie jede andere intcrpretativc Strategie - im System von Fanselow (1985) auf jede komplexe sprachliche Struktur anwendbar (in Syntax und Lexikonerweilcrung). Allerdings ergeben sich intrinsische Applikationsbeschränkungen: setzt man eine semantische Theorie im Sinne Ein modulares Konzept der Lcxikonenveitcmng 13 von Montague (1973) voraus, so lassen sich z.B. allein Enlilälcn desselben scmanlischcn (logischen) Typs miteinander koordinieren. Da etwa Knecht auf eine einstellige Eigenschaft referiert, können über II nur solche semantischen Objekte mit /(Kncchl) verbunden werden, die sich selbst auf Eigenschaften beziehen. Verben mit einem obligatorischen Objektsargument denotieren jedoch nstclligc Relationen (n größer 1). Folglich kann II nicht auf Befahrknecht oder Machfrau aneewendet werden. Da weder Knecht noch Frau Funktionen denotieren, die verbale oder propositionale Denotate als Argument nehmen, können diese Wörter auch nicht über Funktionalapplikation gedeutet werden. Letztlich bleibt also ein Kompositum wie Machfrau oder Bcfahrknecht mit der Systemdeutung von mach- bzw. befahr- uninterpretiert und ist daher blockiert. Wir haben also eine interpretative Erklärung für die Kompositionsbeschränkung in (20a) und (20b). Vielleicht ist der Ausdruck ’interpretative Erklärung' von Fanselow (1985) unglücklich gewählt; da wohl keiner Schwierigkeiten hat, zu verstehen, was mit einem *Bcfahrknecht gemeint sein könnte, wäre die Bildung wohlgeformt. Wir "vergewaltigen" bei dieser Deutung den Lcxikoncintrag befahr-: wenn wir das Kompositum interpretieren, so tun wir so, als ob befahren auch verstanden werden könnte als ’etwas befahren’ mit implizit geschlossenem Argument. Insofern verletzen Bildungen wie * Bcfahrknecht in der Tat eher die lexikalischen Spezifikationen von befahren, aber diese Verletzung wird nur durch die Beschränkungen des interpretativen Systems ausgelöst. Auch die Kontraste in (21), d.h. die Tatsache, daß potentielle Verbargumente in der Gruppe (19a) nicht an das VN-Kompositum vererbt w'crdcn können, findet eine systcmintcrpretalivc Erklärung: planier- kann mit Arbeiter interpretativ nur dann verbunden werden, wenn alle potentiellen Argu­ mente von planier- mit Ausnahme des externen vor Anwendung von II geschlossen werden. Damit Planierarbeiter vom interpretativen System des konzeptuellen Systems gedeutet werden kann, müssen wir die Deutung von planier- in (23), etwa Ax3y (planicr(y)(x)), zugrundelegcn. (23) Jetzt planieren sie gerade! Planierarbeiter deutet sich damit (grob) als Ax(arbcitcr (x) & 3y (planier(y)(x)). Offensichtlich ist in dieser semantischen Repräsentation (außer der externen) keine Argum entteile mehr vorhanden, die durch eine von-Phrase oder einen Genitiv geschlossen werden kann, weswegen *Planicrarbeiter von Autobahnen oder »Planierarbeiter des rechten Fahrstrcifens nicht mit der hier diskutierten Les­ art14 verbunden werden können. Stets ist jedoch eine zweite Deutungsoption gegeben: wir können die transitive Deutung von planier- mit Straßen zusammensetzen, und die komplexe Fügung durch Funktionalapplikation13 interpretieren. Es entsteht die einstellige Eigenschaft Ax (planier (STRASSE)(x)). die dann über II koordinativ mit der Deutung von Arbeiter verbunden werden 14 Grundsätzlich läßt sich eine Gcniliv-NP stets mit einer kontextucll determinierten -Relation zum Bezugsnomen interpretieren, weshalb Planierarbeiter des rechten Fahrstrcifens in der l^sart ’der Planierarbeiter. der dem rechten Fahntrcifcn zugeordnet ist* möglich ist. die der ’Argumentvcrcrbungslcsart' inhaltlich, aber nicht sprnchsystemalisch. sehr nahe steht. 15 lk v o r Funktionalapplikation lypcngerecht möglich ist, muß allerdings die Deutung von Straße (grundsätzlich: eine einstellige Rigcnschaft) in eine argumentfahige G röße - durch 'pluralische' Quamifikation transformiert werden (im Text oben durch Großbuchstaben angedeutet). Diese 'lypenanhebung' ist als zusätzliche interpretative Strategie anzunehmen und ntotivjerbar. cf. für Details Fanselow (I9SS). 14 Gisbert Fansclow ka n n . S c t/l m an also für S tra ß e n n la n ie ra rb c ilc r die in lc rn c S tru k tu r 16 [ [[Straßen] (planier]] arbeiter] an, so erlaubt das interpretative System Straßen als Argument von planier- zu deuten. Der grundsätzliche Unterschied zwischen der kompositumsinternen und der kompositumsexternen Realisierung eines Verbarguments in VN-Komposita des Typs (21a) wird also intcrnretaliv vorhergesagt. Wir können also zweierlei fcsthaltcn: bezüglich der V + N-Komposita-Gruppe (21a) können sowohl Bildungsbeschränkungen als auch Fakten der ’Argumentvererbung’ allein in Bezug auf das interpretative System der konzeptuellen Kompetenz vorhergesagt werden. Keine der Annahmen, die dabei gemacht werden, sind kompositums- oder wortbildungsspezifisch. Bevor wir uns der Interpretalionsschablone (19c) zuwenden, sind noch einige Bemerkungen zu den weiteren Bildungsbcschränkungcn in (20) sinnvoll. Insbesondere für (20c) und (20d) ergeben sich keine besseren Resultate, wenn man VN zu NVN erweitert und damit die Möglichkeit schafft, das interne Argument des Verbs im Kompositum selbst, wie eben ausgeführt, zu sättigen, vgl. etw'a die Kontraste in (24)17: (24) (a) (b) Kuchcnmachkncchlc, Grcnzbesetztruppe, Autobahnbcfahrkncchlc *Spanischbcherrschm ilarbcilcr, *Pfarrcrm ißfallbücher, *K indcrpaßanzug, 'Profcssorenauffallstudenten, *Hundefürchtkinder, *Eltcrnlicbsöhne, *Rchschjägcr, *Gcbirgsdurchzichspaltcn Es ist nicht möglich, die Bildungen in (24b) mit den intendierten Lesarten ’Mitarbeiter, die Spanisch beherrschen’, ’Bücher, die Pfarrern mißfallen’ etc. zu verbinden. Eine einfache syntaktische Erklärung von (20c-d) und (24b) scheint unmöglich. Im Sinne von Boasc-Bcicr & Toman (1986) könnte man annehmen, daß die Tatsache, daß gewisse interne Argumente von Verben wie z.B. mißfallen intrinsisch mit einem Kasus verbunden werden müssen (hier: mit dem Dativ) komposiiionsrclevant ist: weil in Komposita kein Kasus zugewiesen wird, kann das entsprechende Argument auch nicht ausgedrückt werden. Daraus folgte eine Verletzung des ©-Kriteriums. Jedoch kann dieser Faktor *Pfarrermißfallbi»cher nicht wirklich erklären, weil sich dieselben Beschränkungen auch für passivierbarc Verben wie sehen oder durchziehen ergeben, bei denen das interne (Objekt-) Argument nicht mit einem spezifischen Kasus korreliert sein kann. Die Verben in (24b) sind ferner alle nicht-agcntivisch und besitzen daher nach Brandncr & Fansclow (1990) kein externes Argument, jedoch sind Bildungen wie (25) wohlgeformt: Ergativität kommt daher auch nicht als Erklärungsmuster in Frage. (25) (a) (b) Fallobst, Schrumpfgermane Schnellwachsbäumc, Frühblühgeranien 16 Für Grunde, weswegen *.<lrnPcnnlanicr- nicht als selbständiges Verb auflrelen kann, cf. Fanselow (1985). Ggf. aufiretendene 'Klammerungsparadoxien' (i.e. ein mismatch der semantischen und der phonologischen Struktur) können im Sinne von Sproat (1V&S) ohne Syntaxbezug aufgelöst werden. 17 Die Beispiele in (24a) sind für viele ttath e speaken des Dcuischcn nicht völlig wohlgeformt, doch ergibt sich m.W. für jeden ein Kommst zwischen (24a) und (24b). Ein modulares Konzept der Lexikonerweiterung 15 Was hinter der hier vorliegenden Beschränkung steht, ist also unklar. Es schcint, als könnten Verben mit (obligatorischem) Eipene/ior-Argumcnt nicht in die Schablone (19a) cintretcn: das Nomen kann entweder als Agens/Instrument der von V ausgcdrücklcn Handlung gedeutet werden (Planicrarheilcr, Planierraupe) oder als Thetne (cf. Fallobst [ergativ] oder Schlagsahne. 19b), daneben sind - in (19) nicht spezifiziert - lokale ( Badewasser) oder temporale (Wahltag) Beziehungen möglich. Die einschlägigen Restriktionen decken sich anscheinend gut mit denen der Derivation: wir haben dcverbale^gc/ü/Y/iJ/m/mvif-Derivata (dcrPlaniercr. der Fotokopieret, und Nominalisierungen, die sich auf Thcmcs beziehen ( Lieferung). Orte (Bäckerei) und Vorgänge (Wahl), die mit der temporalen Interpretation (Wahltag = der Tag umfaßt die Zeitpunktsmenge, wo gewählt wird) identifiziert werden können, aber keine (systematischen) Experiencer- oder Goo/-Nominalisierungen. Insofern liegt keine kompositionsspczifischc Beschränkung vor. Im nicht-dcriviertcn Bereich finden sich einige Nomina, die so aussehen, als bezögen sic sich auf Experiencer von psychischen Prädikaten, etwa Freund. Feind. Fan. Anhänger. Gcpner. Christ. Moslem. Gourmet. Sozialist. Die meisten (wenn nicht alle) der einschlägigen Substantive treffen jedoch auf ein X nicht schon dann zu, wenn X die entsprechende Einstellung teilt, sondern sic definieren sich in einem Netz sozialer Gefüge z.B. (bei Freund. Feind. Christ) und setzen eine Handlungsmcnge voraus (man ist Gourmet oder Fcinschmcckcr nicht schon dann, wenn man eigentlich nur französische Küche mag, aber sein Essen stets bei McDonalds oder Burgerking cinnimmt). Insofern erscheint es plausibel, daß wir mit einer generellen Restriktion über das Nomenlcxikon konfrontiert sind: reine ExpcriencerBczichungcn können nicht als Nomina Icxikalisicrt werden. Wenden wir uns nun der Strategie ( 19c) zu, also Wörtern wie Befahrmöglichkcit. Sprechverbot elc. V fungiert hier als Komplement des Nomens, ein Sprechverbot ist ein Verbot zu sprechen, eine Befahrmöglichkcit eine Möglichkeit, etwas zu befahren. Es scheint so, also spielte 12, die Regel der Funktionalapplikalion eine wichtige Rolle für die Deutung solchcr Beispiele. 12 Deute [x Y Z | als /(Y )[/(Z )| oder als /(Z )(/(Y )| Bildungen wie Schwimmschule können analog zu (19c) gedeutet werden, wenn wir aus dem Nomen Schule die hier prominente Relation des Untcrrichtcns erschließen und /(schwimm) zum Komplement dieser Beziehung ' machen. Die entsprechende semantische Strategie des Rclationscrschlicßcns ist unabhängig erforderlich, wie man einerseits an den NN-Komposita des Typs Napclfahrik (produzieren), Käsemesser (schneiden) etc. sicht, cf. Fansclow (19S1)'\ und andererseits am Dcutungsraum für die N + Genitiv-Beziehung. Wie oben schon angedeutet, ist aus unmittelbar einsichtigen Gründen freilich die scmantische Repräsentation von befahr- kein denkbares Argument für Möglichkeit: befahr- denoliert weder eine Proposition noch eine Eigenschaft, sondern eine zweistellige Relation, wohingegen Möglichkeit als Argument (je nach zugrunde gelegter Syntaxthcoric) Propositionen oder Eigenschaften nimmt. Um 18 ln Fansclow (1981, 1985) habe ich das Rclationscrschließcn als Strategie innerhalb der Semantik formuliert. Sic gchön jedoch, wuvon mich insbes. Ilse Zimmermann überzeugt hol. mit Sicherheit nicht zur Semantischen Form im Sinne von nierw’itch ( IVS9). in der allein spezifiziert sein wird, daß die F.lemente A und I) 'irgendwie' zueinander in Beziehung stehen. Die spezifische Angabe der Relation involviert demgegenüber einen Bezug auf Weltwissen, wie insbesondere die kontextbe­ zogen interpretierten Komposita wie Mittelstreifcnparlamcntarier (P., dessen Umwcltbcwußtsein sich in dem Anlegen von begrünten Mittelstreifen im Autobahnnctz erschöpft) verdeutlichen. 16 Gisbert Fansclow ein Beispiel wie Befahrmöplichkcit mit 12 zu deuten, müßte also zunächst zumindest die innere A rgum entteile von befahr- geschlossen werden, wie dies z.B. im System von Fansclow (1985) vorge­ sehen ist. Ein ganz anderer Weg bestünde darin, auch Funktionalkomposition als lizensierte interprclativc Strategie zuzulassen (wie dies z.B. Moortgal 1985 und Bicrwisch 19S9 Vorschlägen), und mit ihr Zusammensetzungen wie Bcfahrmöplichkcil zu interpretieren. Beide Lösungen sind mit einer Reihe von Problemen verbunden. Wenn man Komposita wie Bcfahrmöglichkcit oder Zitierverhol über Funktionalkomposition deutet, so werden sie als zweistellige Relationen interpretiert. Dies steht zunächst in Konflikt mit der Tatsache, daß diese W örter auch ’intransitiv9 verwendet werden können: (26) (a) (b) die Befahrmöglichkciten sind allerdings eingeschränkt Chomsky bestand auf seinem Ziticrverbot Will man nicht zusätzlich die Option einer kompositumsinternen Argumentbindung vorsehen, so läßt allerdings (26) auf eine generelle Eigenschaft von Nomina schließen: ihre Argumentstruktur ist seilen syntaktisch obligat zu realisieren, d.h. bei allen (potentiell) relationalen Nomina kann mehr oder minder gut mit Ausnahme der externen jede Argum entteile unterdrückt werden: (27) (a) (b) (c) der Vorschlag des Vorsitzenden w ir wieder einmal egoistisch eine Mutter licht ihr Kind zum Eltcrnsprcchtag erschien sonst immer die Mutter von Hans, aber heule wrar mal der Vater da Hier liegt eine Eigenschaft des Nominalbereiches per sc vor, weswegen wiederum w'oribildungsspczifischc Annahmen nicht crfordcrlich sind. Andererseits ist zu klären, weswegen Funktionalkomposilion nicht generell zur Option führt, interne oder externe Argumente des Verbs in V-N-Komposita zu Argumenten des Kompositums zu transformieren: (28) (a) (b) (c) (d) (e) (0 *Trinkgcrät von Wasser, ’Schneidemesser von Käse, ‘Schrcibknecht von Aufsätzen ‘Sprcchschulc mit Japanern19, ‘Ziticrschulc von ständigen Redewendungen die Bcfahrmöglichkcit der A 93, Einreiseverbot in die DDR, Mitnahmeverbot von Kindern, Exportverbot von Äpfeln "Ziticrwunsch von 'pride & prejudice'/ Schundromanen, ♦Hciratsvcrlangcn“ von Sleffi G raf/ steinreichen Untcrnehmcrtöchtcrn, *Dcnkvcrbot an Maria, ‘ Rechcnvcrbot mit Primzahlcn/dcm Schlimmsten Wartezeit auf den A r/t, Aufzuchtzcil von Sitlichjungcn ??Fällaktion von Tannen, ??Ausfuhrjahr von IBM-Rcchncrn, •Ziltcrzcit vor dem Professor, ’ Kampfzeit mit der Schüchternheit, *Denkzcit an Maria Da Gerät. Messer keine Funktionen dcnoticrcn, die propositionalc Argumente nehmen können, ist Funktionalkomposilion in (28a) nicht applikabcl, und das Fehlen von ’Argumcntvcrcrbung’ vorhergesagt. Analog verhält cs sich mit (28b), wenn man das Erschließen der spezifischen Relation, wie in Fn. 18 angcdcutct, aus der ’scmanlischen Form’ verbannt. Anders als in (28c) ist jedoch in lv Ausgeschlossen mit der Deutung: Schule, in der man lemt. mit Japanern zu sprechen. 10 Verstanden als: das Verlangen, Sleffi Graf/ueinrcichc Untcmehmenöchier zu heiraten. Ein modulares Konzept der Lexikonenveitemng 17 (28d) Argumentvererbung unmöglich. Mit wenigen Ausnahmen ist cs insbesondere nicht zulässig, Präpositionalobjekte zu ’vererben’, cf. neben den Beispielen in (28d) auch *Kampfverbot für den Frieden. *Erinncrunesverhot an NS-Verbrechen. Offenbar ist also syntaktische Information nicht transportierbar, jedoch ist diese Einschränkung nicht hinreichend, um alle Beschränkungen in (2Sd) zu erfassen. Toman (1983) geht im Kontext von Beispielen wie (28c) von einer syntaktischen Distinktion von Nomina bezüglich ihrer ’Durchlässigkeit’ von Argumenten des ’Kompositumspartners’ aus, die er mit dem Brückcnvcrbscharaktcr in der Syntax vergleicht, jedoch gibt cs keine Evidenz, die darauf hindcutcl, daß Transparenz für Argumcntvercrbung wirklich dasselbe Phänomen wie Transparenz bezüglich syntaktischer IW-Bcwegung ist. Ähnliche Kontraste wie in (28c-d) finden wir auch bei N + N-Komposita. In (29a) kann das Argument des Kompositums als Argument seines Vordcrgliedes verstanden werden, nicht jcdoch in (29b), obwohl die generelle Zugänglichkcil von Funktionalkomposition an sich die Akzeptabilität von (29b) Vorhersagen würde. (29) (a) Fanclub von Helmut Schmidt, Bcschleunigunsgrad der Partikel (b)* Fanklassc von Schmidt, *dcr Hcrstcllerclub von Kühlschränken, *Produzentenvereinigung von Sportwagen. *Rcktorcntochtcr der Universität Konstanz, •Rektorenbelcidigung der Universität Konstanz Die akzeptablen Beispiele in (29a) alternieren mit syntaktischen Gruppen wie Grad der Partikel bezüglich der Beschleunigung für die wir ähnliche Kontraste (Club von Schmidt vs.* Vereinigung von Sportwagen) finden, was nahclegl, daß in den grammatischen Fällen in der Tat die Geni­ tivergänzung auch ein Argument des Kopfes sein kann. Bezüglich (29) könnte man also die These vertreten, daß im NN-Bercich Funktionalkomposition nicht applikabcl ist. Vergleicht man dies ferner mit Resultaten von Präfigicrungen oder präfigicrungsähnlichcn Strukturen (30), so drängt sich der Gedanke auf, daß Funktionalkomposition an spezifische Lcxikoncrwcitcrungsstrategicn gebunden ist: Argumcntvcrcrbung scheint hier stets möglich. (30) (a) (b) (c) der Ex-Profcssor der Gatte von Ursula, der Ex-Gatlc von Ursula der Möchtcgcrn-Gatte von Ursula Verhielte cs sich so, daß Funktionalkomposition auf gewisse Lcxikoncrwcitcrungsstrategicn restringiert ist, so hätten wir in der Tal ein Wortbildungsspezifikum identifiziert. Die Datcnlagc in (31) legt jcdoch eine andere Lösung nahe: (31) (a) das Bild der Blume (b) das Foto der Blume (c)? das Gemälde der Blume (d)* das S tillcbcn d er B lum e (c)* die R adierun g der B lum e (0 * die X e rokopie ein er B lum e Offenkundig gibt es z.B. auch bei den nicht synchron dcrivicrlcn Bezeichnungen für Abbildungen Abstufungen bezüglich der Möglichkeit, die Gcnitivcrgänzung des Nomens als das Abgebildctc zu interpretieren. Dies ist ohne weiteres bei Bild und Foto möglich, jcdoch schwierig oder unmöglich bei Nomina, die über die Abbildungsrclation hinaus noch relativ viel scmantischcn Gehalt besitzen. Gisbert Fanselow 18 Offensichtlich darf • salopp formuliert - eine Argumenlposition nicht "zu lie f in der Nominalbcdcutung eingebettet sein. Dementsprechend finden wir für viele Fälle von Argumcnlvererbung bei Komposita oder Prämierungen entsprechend lizensierte "Argumcntvererbung" bei Simplizia21: (32) (a) (b) (c) Ex-Gattin von Hans, Witwe von Hans Attentat auf Lafontaine, Mordversuch an Lafontaine Anatomie der Löwen, Körperstruktur des Löwen In einer allgemeinen Theorie der Argumcntstruklur für Prädikate ist also fcstgelegl, welche referentiellen Positionen in der semantischen Repräsentation des Prädikats als Argumente des Prädikats realisiert werden dürfen. Etwa mit der Vcrknüpfungsbczichung der Funktionalkomposition werden dem komplexen Wort eine Reihe von potentiellen Argumentpositionen /.ugeschriebcn. Ob all diese Argum entteilen auch faktisch bei dem Wort lizensiert sind, regelt eine allgemeine, keine worlbildungsspezifischc, Theorie der Argumcntstruktur. ln zweifacher Hinsicht wäre cs denkbar, daß worlbildungsspezifischc Prinzipien zu berücksichtigen wären. Es isl nicht ausgeschlossen, daß bei morphologisch komplexen W örtern andere potentielle Argumenistrukiurcn relativ zur scmantischcn Form lizensiert sind als bei den Simplizia, nur schcint dies nicht erwiesen” . Ein Hinweis auf eine solche Differenz könnte darin bestehen, daß sich beim Prozeß der Lexikalisierung systematische Verschiebungen der Argumentrahmen fcststcllcn lassen, soweit bekannt, ist dies jedoch nicht der FalP. Andererseits ist zu prüfen, ob Funktionalkomposition eine worlbildungsspezifischc inlcrprctativc Strategie ist. Mit Ausnahme des 'quanlifying in" im Sinne von Montaguc (1973), das etwa für die Interpretation von LF-Repräscntationen wie (33b) erforderlich ist, lassen sich einerseits alle für die phrasalc Syntax crfordcrlichcn Dcutungsrclationcn (Koordination, Funktionalapplikation, gcncrischc/pluralischc Quantifikation, cf. Fanselow 1985) auch im Wortbildungsbereich motivieren. (33) (a) (b) somc woman loves every man [,rcvcry man, (lr somc woman, [,P l, loves (,]]] Das Fehlen von quanlifying in in morphologisch komplexen Wörtern überrascht jedoch nicht, da weder die quantifizierenden Elemente fjed-. kein) in komplexen Wörtern auftreten, noch bei komplexen W örtern auf LF Bewegungsstrukturen wie (33b) entstehen, auf die quanlifying in anzuwenden wäre. Dies dcuicl darauf hin, daß die interpretativen Strategien ceteris paribus auf alle 11 D.h., das Gcnilivargumcni füllt eine in der scmantischcn Struktur des Nomens eingebettete A rgum entteile: die Anatomie von X ist ja die Struktur des Körpers von X. u Allerdings isl dies auch nicht widerlegt. a Hine Differenz zwischen Komposita und Simplizia lallt im Dereich der Verwondschaflsbezcichnungen auf: während etwa Tante eine semantische Repräsentation wie ly k x |schwcstcr(cltcr(y))(x)] besitzen dürfte, kann man eine solche Wörtern wie meine Vaicrschwcster oder meine Muttcrschwestcr schwer zuordnen. Es isl daran zu denken, für Terminologien eine liberalere llico rie der ‘potentiellen Bedeutung* anzusetzen. Ein modulares Konzept der Lexikonerweiterung 19 komplexen Strukturen unzuwenden sind, und insofern wiederum eine eigenständige scraantischc Theorie der phrasalen Strukturen ebensowenig motiviert werden kann wie eine solche für komplexe Wörter. Frcilich Ist cs a priori nicht klar, ob Funktionalkomposilion eine mögliche interpretative Strategie in der Syntax ist24. Komplcmcnlbczichungcn sind durch Funktionalapplikation zu deuten; legt man Montagucs Ansatz der Adverbien zugrunde, so deuten sich (basisgcncricrtc) Adjunktc ebenfalls vornehmlich über Funktionalapplikation. Im System von Haider (1986) und Bierwisch & Haider (1989) wäre Funktionalkomposition jedoch die interpretative Relation für Koharcnzkonstruktioncn. Wenn ihre Analyse richtig ist, so ist Funktionalkomposition kein Spezifikum des Lexikons, und das, was wir /eigen müssen, ist gezeigt. Folgt man demgegenüber Baker (1988), so sind alle ‘Inkorporalionsstrukturcn’ (VV.NV.PV) durch Bewegung wie in (34) entstanden. Die rechtc Seite in (34), kann dann als LF-Rcpräscntation, entweder mittels Absenkung von Y, oder durch Hincinquantifizicrcn von Y, allein in Verbindung mit Funktionalapplikation gedeutet werden. In diesem Falle hat Funktionalkomposilion keinen Platz bei der Deutung phrasaler Strukturen. (34) Z |VP Y XP)J - [ „ Z-Y, lvr t, XP]) Auch diese Konklusion deutet jedoch nicht notwendigerweise daraufhin, daß Funktionalkomposilion als spezifische interpretative Relation für komplexe Wörter zu stipulicrcn ist. Ist Bakers Ansatz korrekt, so sind D-Strukturcn (und damit über das Projektionsprinzip auch LFn) reine Repräsen­ tationen der thematischen Grundbeziehungen. Betrachten wir etwa eine abstrakte Repräsentation wie (35): (35) |XP « [X |w Y Hl Es sei X ein beliebiger Kopf, der YPn als Argument nimmt. Die Verzweigung X YP könnte nur dann mit Funktionalkomposilion gedeutet werden, wenn cs zulässig wäre, daß in YP eines der Argumente von Y nicht realisiert wird. Dies widerspricht jedoch den Forderungen des0-Kriteriums. « könnte also allein dann Argument von Y sein, wenn « durch Bewegung in seine Position in (35) gelangt. Diese Bewegung hinterläßt jcdoch eine Spur, die selbst, als Variable übersetzt, mit Y über Funktionalapplikation semantisch verbunden wird, weswegen wiederum YP bezüglich seiner Argumentstruktur völlig gesättigt ist. Funktionalkomposition ist also (auf Grund des 0-Kriteriums und des Projektionsprinzips) in syntaktischen Strukturen aus prinzipiellen Gründen nicht zulässig. Wir sehen also, daß die Restriktion von Funktionalkomposition auf Wortbildungsstrukturcn (setzt man Bakers System voraus) nicht nur nicht zu stipulicrt werden braucht, sondern eine weitere Evidenz dafür bildet, daß die Fähigkeit zur Lcxikoncrwcitcrung den Beschränkungen der UG-Syntax nicht unterliegt. u Vor allem dieser Sachverhali hat mich bislang (cf. Fansclow 1985. 1988a) zögern lassen. l;unktionalkomposition als interpretative Strategie anzunehmen. Gisbert Fansclow 20 3 2 . Nominalisierungcn I: Nach diesen Bemerkungen zur Komposition möchte ich mich verschiedenen dcrivationcllcn Strategien zuwenden und diskutieren, inwieweit sic sich in das an Hand der Komposita motivierte cinfügcn lassen. Ich beginne wie immer mit dem Standard-Beispiel der -cr-Nominalisicrung und möchtc zunächst auf die altbekannte Beobachtung verweisen, daß -cr-Nomina nicht von Verben abgeleitet werden können, die ein Satzkomplcmcnt zu sich nehmen. (36) *Sagcr, 'Wisscr, ’Glaubcr, ‘ Bewciscr (37) (a) (b) seine Behauptung. Erich sei ein Agent des BfV gewesen sein Weigerung/Fähigkeit, Hans cin/uladcn Nomina nehmen, wie Slowcll (1981) beobachtet hat, in der Regel kein Satzkomplcmcnt zu sich, cf. auch Fabricius-Hanscn & Stechow (1989). In (37a) liegt nämlich eine identifizierende Struktur vor (seine Behauptung = Helmut ist ein Agent des BfV), jedoch exististicren einige Nominalstrukturcn, die v.a. Fabricius Hansen und Stechow diskutiert haben, und bei denen man in der Tat eine Komplcmcntbeziehung ansetzen muß (37b). Zu dieser Ausnahmeklassc gehören jedoch keine Nomina, die sich auf Personen oder Objekte beziehen. In (38) finden sich Beispiele, die dies belegen. (38) (a)* (b)* (c)* (d)* (e)* der der der das der vergilbte Anschlag, daß man sich mustern lassen muß Linguist, daß Subjekt und Verb kongruieren Pfarrer, daß man Sünden bereuen muß Pamphlet, daß Egon zurücktrctcn solle Kommentator, weswegen die CDU die Wahl verlor Es gibt verschiedene Optionen zur Analyse der ^r-Nom ina. Man kann, wie ctw’a Moortgat (1985) dies vorschlug (cf. auch Bicrwisch (1990) & Olsen in diesem Arbeitspapier) ;er als Funktion von einstelligen Vcrbprädikatcn in Nonienprädikate ansetzen, und V + ^ r über Funktionalkomposition deuten. Eine eher syntaktische Analyse würde als Affix an VP ansetzen, und in Fansclow (19S8a) habe ich dafür argumentiert, ;cr über Funktionalapplikation (bzw. Koordination) mit der Deutung von V zu verbinden. Für eine Erklärung von (36) ist die jeweils gewählte Entscheidung jedoch überraschenderweise unerheblich: Den Bildungen in (36) liegen Verben mit proposilionalcm Komplement21 zugrunde. Wird dies Komplement innerhalb der Nominalisierung gesättigt (39), so entsteht - wie nicht anders zu erwarten • eine wohlgeformtc Struktur. Diese Füllung kann jedoch • aus unmittelbar einsichtigen Gründen • durch kein CP-Komplemcnt erfolgen. (39) Ja-Sagcr, Vielwisser, Alleswisser, Thcorcmbcwciscr Bleibt die Argumentstelle innerhalb des Kompositums nicht gefüllt, so sind zwei Fälle zu unterscheiden. Geht man mit Fansclow (1988a) aus, daß Funktionalkomposition bei ^ r nicht 23 Vgl. dies eiwa mit der ist ein ewiger Murmele r. Spötter wenn das Satzkomplcmcnt wcggelasscn werden kann, scheinen Nominalisicningcn nicht ausgeschlossen. Ein modulares Konzept der Lcxikoncrweitcrung 21 angewendet werden kann, so ergibt sich ein Konflikt bezüglich der Typenforderungen von m (verbindet sich nur mit einstelligen Eigenschaften) und der scmantischen Typisierung von sag-, wissetc: hier handelt es sich um zweistellige Relationen. V+^cr kann daher im Sinne der vorangehenden Sektion nicht interpretiert werden. Nimmt man Funktionalkomposition als lizensiertes Mittel der Deutung von V + an, so schreibt man *Sapcr ein propositionalcs Komplement zu, welches jedoch bei Nomina, die auf Konkreta referieren, niemals zulässig ist (cf. 38). Folglich blockiert eine sehr allgemeine Beschränkung über die semantische Form im deutschen Nomcnlcxikon *Sapcr. daß Ulli im Päffpcn Stammgast ist. Eine eigenständige Theorie der Argumentvererbung ist also nicht erforderlich16. Selcgicrt das zugrundeliegende Verb eine PP. so sind die Nominalisierungcn zumeist ebenso schlecht wie bei den CP-Komplcmcntsvcrbcn, dies sieht man an (-40). (40) (a) Uli rcchnet mit seiner Entlassung * der Rechner mit der Entlassung (b) Uli denkt immer an Katharina * der Denker an Katharina (c) Uli fährt auf Wordperfcct ab * der Abfahrcr auf Wordperfcct (d) Lafontaine verzichtet auf die Ostgebiete ?* ein Verzichtcr auf Ostgebiete (c) Peter wohnt in Jena * der Wohncr in Jena (f) Schröder folgt auf Albrcchl nach * der Nachfolger auf Albrccht (g) Sascha spielt auf dem Keyboard * der Spieler auf dem Keyboard (h) Pater Lcppich predigt über Enthaltsamkeit ? der Prediger über die Enthaltsamkeit Oft Ist eine nicht-komplcmcntierte Nominalisicrung allerdings akzeptabel, weil cs entsprechende, freilich oftmals allein homonyme, intransitive Verben gibt ( Uli ist ein schneller Dcnkcr/R echner/ Spicler. der Nachfolger von Jürpcn). was etwa bei Verzichtcr oder Wohncr nicht der Fall ist, hier sind dann die Nominalisierungcn in jedem Falle schlecht. (40) belegt also, daß Argumentvererbung wiederum unmöglich ist. aber auch dies läßt sich unabhängig von der Analyse von ;cr systematisch erfassen. Wir haben zwar Nomina wie in (41), die PP-Argumente sclcgicrcn, aber zu diesen gehören wiederum die / >m o/JC/ibczeichungcn‘r7, soweit ich sehen kann, i.d.R. nicht“ , d.h. etwa (42) ist nicht wohlgcformt. M Zur NP-Komplcmeniation siehe umen. Ein Ansatz. «1er mit Funktionalkomposition arbeitet, müßte allerdings so formuliert sein, daß auch die - im Nominalbereich stets mögliche • Unterdrückung des inhalierten proposilionalcn Komplements nicht *Sager. ' Glauber etc. möglich macht. 11 Ganz im Gegensatz zu Objektsnomina, cf. Sonderzug nach Pankow. Visum in die CSFR. F-mail an Hubert. Überweisung nach Girona. ** Ausnahmen sind etwa Heimkehrer nach Katalonien, l-im ^ndcrer in die USA. Der Unterschied zu “Jogger in den Stadtpark. *l?ahrcr an den Hahnhof, scheint darin zu liegen, daß bei heimkehren bzw. cinwandcm die Direktionalilät im Verb bereits explizit ausgedriiekt ist fheim. ein). Gisbert Fansclow 22 (41) Appetit auf Hamburger, Angst vor der Volksabstimmung, Durst nach Fanta, Wunsch nach freien Wahlen, Heimweh nach Niederbayern, Sehnsucht nach Gereon (42) ’ Pilot nach New York, ’ Linguist über Ableitungsbcschränkungen Anders als bei den CP-KompIcmcnlen ist es sehr schwierig, Beispiele zu finden, bei denen innerhalb der Nominalisierung das PP-Argument realisiert wird. Etwa sind Beispiele wie (43a) nicht möglich. Dies überrascht kaum, weil denken an oder vemchten auf quasi-idiomatische Ausdrücke sind, deren idiomatische Deutung man natürlich nur dann erhält, wenn die Idiombcstandtcilc auch phonetisch realisiert sind. Wo keine Idiomatik angenommen werden kann, entstehen dann auch akzeptierbare Bildungen. (43) (a)’ Katharinadenker, ’ Rachevcrzichter, ’ PROLOG-Abfahrer, (b) Amerikafahrer, ?Höhlenwohner, Kcyboard-Sonalcnspiclcr Verben, die strikt NP (besser: DP) selegieren, sind schwieriger zu analysieren. Konzentrieren wir uns zunächst auf die instrumcntcllc Interpretation der -cr-Nominalisierung. so läßt sich feststellen, daß eine Vererbung von Argumenten des zugrundeliegenden Verbs ausgeschlossen ist: (44) ’ Kopierer von Aufsätzen, ‘ Drucker von Graphiken, ’ Mischer von Beton, ’Öffner der Konservendosen, 'M esser von/der Stromstärke, Insbesondere bei Instrumentbezcichnungen wird wieder deutlich, daß ein Rekurs auf die Detailerfassung der ^-N om inalisierung nicht erforderlich zur Erklärung der Fakten in (44) ist: Instrumentbezcichnungen verbieten, wie (45) belegt, generell, das Objekt der im Instrumcntnomcn verborgenen Relation als externes Argument zu realisieren. Auch hier liegt also eine Beschränkung der konzeptuellen Struktur potentieller Nominabcdcutungcn vor. (46a-b) belegt, daß sich bezüglich der internen Schließung der A rgum entteile komplexe und nichtkomplcxc Instrumentnomina gleich verhallen: sic ist stets möglich. (45) ’ Flugzeug der Briefe, ’Computer der Stcrbcformeln, ’Stift des Briefes, ’ Bagger des Grabens, ’ Kran von Containern (46) (a) (b) Postflugzeug, Textcomputer, Folienstift, Grabenbagger, Containerkran Folienkopierer, Betonmischer, Stromslärkcmcsser Agcnsnominalisicrungen von Verben, die NP-Komplemcntc zu sich nehmen, zeigen demgegenüber ein diffuseres Bild. Wir finden eine Reihe von obligat transitiven Verbbascn, die weder nichtkomplcmcnlicri noch mit DP/PP-Komplement lizensiert sind. Nominalisierungcn sind nur dann möglich, wenn das interne Argument des Verbs im Kompositum selbst realisiert wird, cf. Olsen (1986). Wie Olsen (dieses Arbeitspapier) beobachtet, verbessern sich bei semantischer Variation je ­ doch häufig die Resultate (47c). Ein modulares Konzept der Lcxikoncrwcitcruny• (47) (a) (b) (c) (d) 23 ’ Hemmer, ‘ Löser, ’ Verletzer, ’ Verschlucker, ’Spcier ’ Hemmer des Appetits, ’ Löser des Problems, *Verletzer der Grenze, ’ Verschlucker des E605, ‘Spcier des Feuers ’ Hemmer von Durst, ??Boris Jelzin, ein bekannter Löser von Nalionalitätcnkonfliklen; Erwin de Gurlnellen, der notorische Verletzer von Staatsgrenzen; ? ’der Drache Fafnir, ein gefürchteter Spcier von Feuer und Teer Appctithcmmcr, Konfliktloser, Grenzverletzer, Pillenverschlucker, Fcucrspeier Bei anderen obligat transitiven Basen ist die nichtkomplemcnticrtc und extern komplementierte Variante auf spc/ifischc Lesarten des Verbs beschränkt: (48) (a) (b) er findet das G eld/den Weg/eine Lösung der Finder des G eld es/’dcs W eges/’von W egen/’der Lösung/’von unerwarteten Lösungen Drittens verbessert sich bei weiteren Basen das Resultat, wenn die Nominalisierung erweitert wird: (49) (a) (b) ’ der Ersteher des Buches/ (?) der Erslersteher des Buches ??der Abrechner der Vortragsvergütung/ der Erstabrechner der Vortragsvergütung Insbesondere Beispiele wie (50) belegen auch, daß Argumentvererbung und Argumentunterdrückung bei transitiven Basen durchaus möglich sind - in Kontrast zu (47) und (51): (50) Erstbestciger des Kilimandscharo, der Erstbcstcigcr, ?Ersterklimmer des Felsens (51) ’der Anrufer von Frauen, ’der Spätanrufer von Frauen, ’ der Pflücker der Tomaten, ’der Aushilfspflückcr von Obst Den in Fanselow ( 1988a) erhobenen Anspruch, ^r-Nominalsierungen von obligat transitiven Basen auszuschlicßcn und Gegenevidenz durch Lexikalisierung zu erklären, dürfte man also in dieser Form nicht aufrcchtcrhallcn können. Läßt man mit Funktionalkomposition die Vererbung von internen NP/DP-Argumenten generell zu, so sind die oben dargcstclltcn Blockierungen zu erklären. Dabei läßt sich feststellen, daß in vielen Fällen die Argumcntsclcklion von Simplizia und -cr-Nominalisicrungen parallel geregelt ist, wie etwa (52/53) illustriert. (52) (a) Autor/Verfasser des Buches (b) Pilot/Flieger der CESSNA (c) Chauffeur/Fahrer des Präsidenten (d) Präsident/Leiter des Vereins (c) Architckl/Entwcrfcr des Hauses (53) D ic b /’Stchlcr des Bildes (54) (a) (b) die Sänger/’Tcnöre des Heimatliedes der D ichter/’Poet von “Das schöne Bayernland* Grundsätzlich läßt sich also fcsthaltcn, daß Tätcrbczeichungcn - ob deriviert oder als einfache W örter • das Objekt der Handlung als Gcnitivargumcnt zu sich nehmen können. Anders als im Falle der Instrumentbezeichnungen kann die mittels Funktionalkomposition ermöglichte "Argumentvererbung" also hier zum Tragen kommen, doch muß angesichts von (52) für diesen Unterschied keine eigene Theorie der Argumentvererbung bemüht werden. 24 Gisbert Fansclow Andererseits ist es nicht einfach, eine Systematik für die Detailkontraste zu identifizieren. Sowohl bei derivierten ( ‘ Bappcrer des Loches. ‘Stanzer von Löchern) als auch bei nicht-dcrivicrten oder lexikalisicrlen ( ‘ Bäcker von Semmeln ‘Schreiner des Tisches. ‘ Bauer des Korns) Agensbezcichnungcn ist cs etwa schwierig, die effilierten Objekte der typischen Handlung als Geniliv/von-Phrasc an das Agensnomen anzuschlicßcn*. Ein anderer Parameter scheint sich auf eine generelle Scheidung im Lexikon der Agensnomina zu beziehen. Agcnsbczcichnungen können in der Regel sowohl in Bezug auf eine innere Disposition (Pilot = jemand der ein Flugzeug fliegen kann) als auch auf die (ggf. habituelle) faktische Ausführung der typischen Handlung (cf. Pilot der Unpliicksmaschine war ein Zwerpschimpanse) prädiziert werden. Agensnomina, die allein die "dispositionelle" Interpretation zulassen (etwa: Apotheker. Drogist, Linpuist*0). verbieten es, eine Genitiv-NP bzw. von-PP als Objekt der dazugehörenden Handlung zu deuten*1 ( ‘Apotheker von Naturheilmitteln. ‘ Dropist von Chanel N° 5. ‘ l.inpuist des Warlbiri). Da cs kaum möglich scheint, Instrumentnomina mit etwas anderem als einer dispositioneilen Deutung zu verbinden” , mag auch der Kontrast zwischen Instrument- und Agensbczeichnungcn bcziigl. Argumentvererbung hierin seine Erklärung finden. Forciert man eine inslanticlle Deutung, so scheint "Argumentvererbung" auch bei vielen nichl-dcrivicrtcn Nomina akzeptabler zu werden. ( Beim Liederabend am Montag hat mir der Tenor des ersten Liedes viel besser gefallen als der Tenor des Schluß kanons). Beispiele wie in (47) und (48) deuten ferner darauf hin, daß.im Deutschen -er-Nominalisierunpen recht rigide auf Agcnsbczeichung i.e.S. fcstgclcgt sind. Verben, die Handlungen ausdrückcn, die nicht in der Kontrolle des Täters liegen (z.B. jemanden hemmen, eiw. erbrechen, etc.) widersetzen sich der Nominalisicrung - und damit auch der Argumentvererbung. Völlig unklar ist dagegen, was etwa für (51) verantwortlich sein könnte. Festhalten läßt sich allerdings, daß Gründe für die Annahme einer separaten Theorie der Argumcnlvcrcrbung bei NominaUsientng (zusätzlich zu einer Theorie der potentiellen Argumentstruktur von Nomina) nicht vorliegen. Auch die Effekte des sog. First Sister Principle (cf. Roepcr & Siegel 1978) scheinen semantisch herleitbar zu sein. Zwar ist es richtig, daß Argumente in Strukturen wie (55) vor Adjunkten an komplexe Wörter angcschlosscn werden müssen. (55) pasta-eater, trec-ealer, ‘ tree-eater of pasta, pasta-trcc eater ** Abei cs gibl. wie immer, Ausnahmen, cf. Frhauer/Architekt des Kölner Domes. M Man ist Apotheker (anders als. Pilot) nicht schon dann, wenn man Medikamente hcrctcllt/vcrkauft. 11 Beispiele wie Arrt von Maria sind vermutlich keine Ausnahmen. Arzt ist man ticherlich nicht schon dann, wenn man jemandes Krankheit behandelt. Ar/t erlaubt dementsprechend auch nicht, nicht-menschliche Genitiv-A-on-Phrascn als Objekt des Dchandelns zu deuten, cf. ‘Arzt von Vögeln. “Arzt von AIDS. ‘Arzt des Nervenleidens. A r/t von Maria deutet sich daher parallel zu mein Apotheker, mein Bäcker d.h. als Ausdruck des (abstrakten) Besitzes. Man kann ein Objekt (z.H. Toaster, Herdplatte), das man zum Zigarettenanziinden benützt, schlccht als Feuer/cug bezeichnen, oder einen Schuh, mit dem man Nagel in die Wand schlagt, als Hammer. Ein modulares Konzept der Lcxikonenveitcning 25 Der syntaktischen Argumentstruktur korrespondiert aber eine inhaltliche. Da die Lokalangabc trcc kein inhaltliches Argument von gal bzw. catcr ist, kann trec-cater nicht über Funktionalapplikation oder Funklionalkomposition interpretiert werden. Trce-catcr muß daher analog zu Küstenstadt gedeutet werden, d.h. mit Hilfe der Grundrclalion Ort von (cf. Fansclow 1981), die aber auch bei nicht-dcrivicrten relationalen Nomina mit einem Komposilums-exlcrncn Argument kaum verträglich ist (??Michaels Frankfurt-Freundin. ?*sein Waldbruder. ’ ihr Passau-Liehhaber. ’derNicdersachsenVorsit/ende der CDU, aber merkwürdigerweise meine DDR-VerwandschafO. Offensichtlich kann Ort von nur über einstellige Eigenschaften prädi/iert werden, daher muß bei tree-eater die intransitive Variante von eat/ caier zugrundegelegt werden. Eine durch of nasta besetzbare Argumcntstclle liegt also nicht mehr vor. Im Sinne des Einwandes von Rocpcr (1988) soll jedoch nicht ausgeschlossen werden, daß cs syntaktisch basierte morphologische Prozesse (s.u.) gibt, die einem grammatischen First Sister Prinzip genügen. Und es ist nicht von vorneherein ausgemacht, daß die Nominalisierungslypcn der Sprachen einander in theoretisch einfacher Weise zugeordnet werden können. Das Niederländische beispielsweise kennt, cf. Booij & v. Haaflcn (1988), keine Agensbeschränkung für ^r-D erivata und läßt auch eindeutig syntaktisch zu erklärende Muster wie (57) zu (cf. Sproat 1985 und Abraham. p.M.), ein Faktor, der, wie wir sehen werden, auch die im Vergleich zum Deutschen wesentlich weniger beschränkten Optionen zur "Argumentvererbung" (58) erklärt. (56) g ro ie r/’Wachser, lijdcr/’ Leider (57) van de boom vallcndc appels c te r /’von dem Baum fallende Äpfelesser (58) (a) (b) vcrbetcraar van m cnsen/’ Vcrbcsserer von Menschen maker van lijstcn/*Machcr von Rahmen 3.3. Weitere Konkreta-Nominulisierungcn Andere Nominalisicrungstypcn, die keine Gcschehensbczeichungcn sind, scheinen demgegenüber ins Chaos zu führen. Wir haben zwar anscheinend die Möglichkeit, mit verschiedenen Strategien Objcklsbezcichnungcn zu bilden, wie etwa Prüfling. Lieferung. Hilfssendung oder Ausdruck zeigen, aber mit exakt denselben Strategien können wir auch Bczcichungcn für Gruppenagenten bilden • das zeigt etwa die Parteileitung oder Regierung -, Bezeichnungen für nicht-belebte Subjekte, Instrumente, wenn man so will, wie etwa bei Ehrung. Auszeichung. Beweis. Ableitung, aber auch Leitung im Sinne von Stromkabel, schließlich Bczcichungcn für Orte wie die Pflanzung oder die Siedlung. In dreifacher Hinsicht passen sich solche Bildungen durchaus in unser Bild vom Lexikon und der Morphologie ein. Zunächst sind, wie gesagt, die interpretativen Optionen genau die, die wir auch schon für V-N-Komposila und für N-N-Komposita konstatiert haben - wir haben keine Nominalisicrungen, die etwa auf den Expcriencer oder das Goal Bezug nähmen, auch wenn diese direktes Objekt sind wie bei ’ Belieferung. Zweitens kann z.B. bei den Objektsbczeichnungen das Agens der Handlung nicht als Agensphrase realisiert werden, wir haben keinen ’ Prüfling durch Peter, keine ’ Lieferung durch den Biir- (Hsbert Funselow UCMldslCl miil keinen »Ausdruck durch den HiNVi. wenn wir nicht eine Prozeßdcutung /U)(i mulrlc'Ki'ii. Dies uher entspricht der Datenlage bei den nichl-derivicricn Nomina, wo Paket oder Üllth ebenso keine durch-Phra.sc akzeptieren. Genitive oder von-Phrasen sind in beiden Fällen li/ensicrl, genauso wie - mit variierender Akzeptabilität - der Ausdruck des Agens als Vorderglied eines Kompositums, cf. Staudacherausdruck. Chomskv-Buch oder Staudachernrüfling. Direktionalergänzungcn sind in beiden Fällen, den derivierten und den Simpli/ia, ebenfalls grundsätzlich akzeptabel, vgl. die Hilfsliefcrung in den Sudan mit Pakete in den Sudan. Wie zu erwarten, können Instrumcnlbczcichungcn wie Leitung keinesfalls das Objekt als externes Argument akzeptieren, 'die Leitung von Wasser vs. die Wasserleitung. Eine dritte Gemeinsamkeit mit den Simplizia springt ins Auge (cf. auch Bierwisch 19S9). Der DU DEN spricht beispielsweise davon, daß bei -ung allein die Gcschehcnsintcrpretation produktiv sei. In der Tat ist es nicht leicht, eine interessante Systematik hinter den verschiedenen Interpretationsoptionen der Nominalisierungen zu entdecken. Der Tagesproduktion entspricht z.B. keine Mahresherstcllung. bei vielen Transferprozessen kann auf das Objekt des Transfers referiert werden cf. Tagesförderung. Lieferung. Sendung. Bestellung. Schenkung, aber eben nicht bei allen, cf. ’ Verlagerung. ’ Verleihung etc. Dennoch können wir durchaus Reihenbildungen in verschiedenen Bereichen konstatieren, cf. Beweis. Derivation. Ableitung. Widerlegung. Wir haben in der Linguistik in den letzten Jahren auch unsere Terminologie in dieser Hinsicht ausgeweitet, und Mcrkmals/uWeisungen. Koindi/ierungen etc. als Beziehungen für Objekte eingeführt. Es scheint mir auch nicht ausgeschlossen, sich spontan innerhalb der semantischen Nischen zu bewegen, d.h. nicht nur Pfanzung sondern auch Aufforstung als Ortsbczcichnung zu verwenden. In dieser Hinsicht sind aber die Derivata keinesfalls von den Simplizia unterschieden, es liegt nämlich allein das Phänomen der Polysemie vor, wo man etwa eben Wörter wie Oner als Gegenstandsbezeichnung, als Prozcßbczcichnung, als Ortsbezeichnung, als Institutionsbezeichung, oder als Namen für ein abstraktes Konzept versteht, cf. (59). (59) (a) die Oper ist von Donizetti geschrieben (b) die Oper dauerte viel zu lang (c) die Oper hat ein Flachdach (d) die Oper verfaßte eine Resolution (c) die Oper ist die bedeutendste Errungenschaft der abendländischen Musikgeschichte Bicrwisch (1989) hat überzeugend dafür argumentiert, daß wir dies weder als Homonymie analysieren sollten, noch eine der Verwendungen als grundlegend anschcn dürfen. VYcnn ich ihn recht verstanden habe, ist die lexikalische Bedeutung von Oper i.e.S. das konzeptuell Gemeinsame der verschiedenen Referenztypen, während die vollspezifizicitcn Konzepte allein das Resultat der Anwendung verschiedener, grundlegender konzeptueller Operationen sind. Insofern sind diese bei z.B. Lieferung nicht Aspekt eines Wortbildungsprozesses. Wenn man so will, hat -ung damit also keine Bedeutung, das Suffix signalisiert allein den Wechsel der Kategorie; worauf sich V-ung konkret bezieht, erklärt derselbe Mechanismus, der auch für die verschiedenen Referenzoptionen von Post oder Oner verantwortlich ist; man könnte sich allenfalls darauf verständigen, daß bei -ung die Prozeßnominalisicrung die zugrundeliegende ist. Ein modulares Konzept der Lexikonenveitcrung 27 Eine vollständige Erfassung des Datenmaterial hätte natürlich zu berücksichtigen, daß bestimmte Affixe wie -crci oder (ie-e anscheinend bestimmte Optionen nicht zulassen, aber dahinter steht kein interessantes zugrundeliegendes Prinzip. Nichts spricht dagegen, hier allein eine akzidcnlicllc Verbindung von morphologischen Schemata mit konzeptuellen Optionen zu vermuten. Zumeist sind diese eingeschränkten Muster auch wesentlich weniger erweiterbar als etwa -ung. dies betrifft Z .B . ; ling-Bildunpen. cf. Prüfling aber nicht *Bcförderlinp. *Entlasslinp. *Feucrling. Für den Bereich der Nominalisierungen kann man also festhaltcn: eine klare ’Bedeutungszuweisung’ an das Affix ist nur bei ;cn (und ggf. der Prozcßlesart von -ung). -er und -hcit/-keit (und ggf. -ling) bei Adjektiven möglich, und dies sind auch die einzigen Nominalisierungstypen, die wirklich vollproduktiv sind. Zumindest im Englischen verhält es sich wohl ganz analog; sofern sich diese Beobachtung auf weitere Sprachen generalisieren läßt, so liegt ein erklärungswürdiges Faktum vor. Die vollproduktiven morphologischen Muster beziehen sich allein auf die zwei guten Kandidaten für externe Argumente: die Agens-/InstrumentsXcWc bei ^r-Nominalisierung, und die Ercignis/Zustandsvariablc bei Verben b/w. Adjektiven. Diese Beschränkung ergibt sich jedoch zwanglos aus den Eigenschaften des interpretativen Systems, das n.b. nicht wortbildungsspczifisch ist: weder über Eigenschaftskoordination, Funklionalapplikation oder Funktionalkomposition kann aus einem zugrundeliegenden dreistelligen Verb eine Nominalisicrungsbcdcutung errechnet werden, die sich z.B. auf das G'oa/-Argument des Verbs beziehen würde.” Allerdings kann man kaum behaupten, daß ;er auf eine einzige Bedeutung fcstgclegt wäre, da wir ja Muster wie Honser und Zucker produktiv erweitern können. Bedeutsam ist v.a. daß ^ r auch produktiv Personen- und Inslrumcninomina von Nomina selbst bildet. (60) (a) Gewerkschafter (b) Tankcr/Vierachser/Viertclpfündcr: hat X (c) L ondoner: lebt in London/ist geboren in London (d) Fußballer, Handballer..... (e) Farmer, Rancher, Töpfer, Grenzer, Musiker, Physiker, Bänker Zunächst zeigen diese Beispiele, daß ^ r keine natürliche syntaktische Klasse subkategorisiert, denn V ist [-n, + v] und N | + n,-v]. Gerade das produktivste Nominalisierungsmuster (abgesehen von -en) hat also eine syntaktisch gesehen zufällige Kombination von Kategorien als Input. Semantisch scheint dagegen die Auswahl der Kategorien nicht schwer zu erklären zu sein. Wir haben in (60a) - (60c) Beziehungen vorlicgcn, die generellen Kompositumsintcrpretationsbcziehungcn entsprechen. Ein Gewerkschafter ist jemand, der zu den Gewerkschaften gehört, wird also ähnlich gedeutet wie PLOArafat. (60b) referiert auf Dinge, die jeweils das im Vordcrglicd Genannte besitzen, sind also mehr oder minder Exozcntrika wie W eißkittel. (60d) und (60e) sind über Rclationscr.schließunggedeutet, ,J Dies sci/t veraus. daß man Strukturen wie der WaEcn wird gewaschen oder e r bekommt den Wagen gewaschen nicht durch eine lexikalische Regel erkläri. die etwa das Akkusativ- oder ßativargumeni eines Verbs /um externen Argument des Partizips macht. Aus l'latzgründen will ich hier nicht für die syntaktische und gegen die lexikalische Theorie des Passivs argumentieren, sondern einfach auf die GB-Literatur (cf etwa Jaeggli 1986; Baker. Johnson & Roberts 1989) v eraisen. Schließt man Argumentumordnungals lizensierte semantische Operation aus. so scheint cs schwierig. Schlagsahne korrekt zu interpretieren: diese weiße Masse ist ja Sahne, die man geschlagen hat. Man kann sich aber überlegen, die 'Objcktdeutungstypcn' von VN-Bildungen - genaust) wie I.OC- oder TF.MP-inlcrprelicrte Bildungen (Badewasser. Wahltag s.o.) • analog zu den Deutungsoptionen für Oper zu behandeln, d.h. die Referenz auf Objekte, Orte und Zeiten in der eigentlichen semantischen Torrn zu repräsentieren. 28 Gisbert Fanselow und bezüglich dieser Relation, die potentiell durch ein Verb ausdrückbar wäre, verhält sich genauso wie zum ovcrlcn Verb in den vcrbbasicrten Nominalisierungcn. ;££ scheint also generell aus einem ovcrlcn oder nicht-overten verbalen Konzept ein nominales zu machen. 3.4. Syntaxbasicrte Nominalisierungcn? Bislang scheint cs uns gelungen zu sein, Eigenschaften morphologischer Muster ohne Rekurs auf eigenständige Prinzipien der Lexikoncrweitcrung zu erfassen. Ganz im Sinne der oben zitierten Ausführungen Chomskys führen Nominalisierungcn nicht über die Strukturen heraus, die für Simplizia lizensiert sind. Hierzu gibt cs jedoch eine wichtige Ausnahme: die englische Gerundialkonstruktion oder deutsche ’Nominalisierungcn’ auf ;cn: (61) (a) (b) (c) das in den Garten Stellen von Holzkohlegrillen Peters ständiges sich mit Chomsky Vergleichen das ewige Bücher aus der Bibliothek Entleihen des Assistenten Die meisten solcher Beispiele stellen keine stilistischen Meisterstücke dar, sie wären jedoch als Nominalisierungcn hochproblematisch, weil sie in syntaktische Konfigurationen cingchen, die für einfache Nomina wie die anderen NominalLsierungstypcn niemals zulässig sind: kein Nomen ak­ zeptiert links von sich PP-Komplemcnlc (61a,c), kein Nomen weist den Akkusativ zu (61b,c), und schon garnicht nach links. Wenn in (61) Stellen. Vergleichen oder Entleihen Nomina wären, so hätten wir morphologische Paradigmata entdeckt, die a) zu neuen strukturellen Konfigurationen führen, und cs daher b) erforderlich machen, den morphologischen Aufbau für die Syntax selbst transparent zu halten. Beides ist mit unserer Auffassung der Natur der Lexikoncrweitcrung nichl verträglich. Olsen (1987) hat nun überzeugend gezeigt, daß nicht alles, was wie eine Nominalisierung aussichl, auch Resultat eines nomenorientierten Wortbildungsprozesscs ist. In Beispielen wie alle dem Kaiser Ert;chencn liegt kein Nomen Ergebenen mit auffälliger Dalivrektion vor, sondern, wie Olsen (1987) belegt, eine NP (DP) mit leerem pronominalen Kopf - dem Kaiser Ergebenen Ist demgegenüber eine normale AP. Solch ein syntaxorientiertes Vorgehen steht prinzipiell auch für Daten wie (61) oder nicdcrl. (57) zur Verfügung. Beispielsweise kann man mit Haider (1988) annchmen, daß • die DP-Analysc der NP vorausgesetzt - D prinzipiell auch VPn als Argument nehmen kann. In (62a) würde dann die syntaktische Argumentrealisierung allein von V gesteuert. Nimmt man ferner an, daß der Genitiv von DET (und nicht von N) regiert wird, so könnte auch der Kasus von der Bananen in (62b) ohne weitere Stipulation erfaßt werden - die postverbalc Posjlion eines Objekts ist ja in Sätzen nur durch die Unidirektionalität der verbalen Kasusrckiion blockiert. Wird Kasusrek­ tion v.a. durch Minimalität anderer kasusregierender Köpfe eingeschränkt (cf. etwa Fanselow 1988), so blockiert V die Genitivzuweisung durch DET an all die Positionen, die V selbst kasusregieren könnte, i.e. allein die prävcrbalc (62c). Andererseits könnte man für die hier diskutierten Konstruktionen auch einen phonologisch leeren N-Kopf ansetzen, der VP als Argument akzeptiert, und in den hinein das Verb zu bewegen ist. Ein modulares Konzept der Lcxikonenveiterung 29 (62) (a) [Dr das [XT ständig Bananen an das Hotel Liefern]] (b) (DP das |vp Liefern der Bananen an das Holcl]] (<-')* lor ^as der Bananen Liefern] Insbesondere die Bewegungsanalyse scheint für die flcxionalen morphologischen Muster durch Studien wie Pollock (1989) oder Chomsky (198S) für Beispiele wie (63a) hinreichend motiviert. Da cs gute Gründe dafür gibt, daß in der D-Struktur weder im Französischen noch im Englischen Adverbien zwischen Verb und Komplement treten dürfen, kann die Oberflächenabfolge in (63a) nur Resultat von Bewegung sein, und Pollock (1989) hat überzeugend argumentiert, daß embrassc. und nicht Marie verschoben wurde. Das finite Verb bewegt sich also im Französischen in eine Kopfposition, INFL bzw. AGR-SUBJECT nach Chomsky (1988). (63) (a) Jean [|KFLcmbrassc,] souvent l, Marie (b)* John kisscs often Mary Am sinnvollsten erscheint dabei auf den ersten Blick die Annahme, daß die verschiedenen Affixe in den ihnen korrespondierenden funktionalen Köpfen (TENSE, AGREEMENT) generiert werden und dann entweder bei der sukzessiven Bewegung des Verbs ’nach oben’ an das Verb klitisicren. bzw. sich in der Syntax durch Absenkung mit V verbinden (Chomsky 1988). Dies hätte den Vorteil (cf. Baker 1988), daß dann das 'Spiegelprinzip* (strukturell verbnährere Affixe sind auch morphologisch verbnäher) automatisch aus der Bcwcgungsthcorie, dem ECP, folgt. Schließt man sich nun der Sichtweise an, daß zwei Morphologien existieren, die syntaktische, die durch Bewegungen von Köpfen entsteht, und die lexikalische, die von der allgemeinen Intelligenz zugänglichen Strategien generiert wird, so handelt man sich ein gravierendes Problem ein: die "gespaltene Morphologie" im Sinne von z.B. Anderson (1988) muß die Frage beantworten, weswegen Flexion und Derivation forma! nicht unterschieden werden können (cf. etwa Ford, Singh & Marthohardjono 1988). Zumindest für das Deutsche ist es jedoch nicht unplausibel, auch die flektierten Formen im Lexikon zu generieren und sic je nach dort zugcschriebcncr Spezifikation in die verschiedenen strukturellen Positionen des Syntaxstrukturbaums cinzusctzcn. Für den nominalen Plural beispielsweise wird an einer solchen Lösung kaum ein Weg vorbeiführen, da die Pluralform in aller Regel ja nicht prädiktabel ist und daher als solche im Lexikon spezifiziert sein muß. Ferner deuten die Ergebnisse von de Blescr & Bayer (1988) daraufhin, daß die ’Erzeugung’ der Kasus/Wmi Agrammatikcrn keine Probleme bereitet, wohl aber deren korrekte Verwendung. Je nachdem, welche kalcgorialcn Merkmale also einer bestimmten Woriform zugeschricben werden, ergibt sich dann das entsprechende syntaktische Verhalten, ggf. bestehen bei entsprechender Spezifikation einer Verbform Optionen zur Kopfbewegung in der Syntax. Für unseren Ansatz entsteht dann nur insofern ein Problem, als wir annehmen müssen, daß die Strategien innerhalb des Lexikons mit Merkmalen wie [ + Akkusativ], [ + Past Tcnse] oder [3.Sg.] etc. operieren können. Nun müssen Suppletivformen wie bi$l in jedem Falle im Lexikon mit den dazugehörenden Spezifikationen (2. Sg. Präs.] gespeichert sein und vom Kind auch als solche erkannt werden können. Es spricht also a priori nichts dagegen, daß Unterschiede wie zwischen erster, zweiter und dritter Person auf dieselbe Weise der allgemeinen Intelligenz zugänglich sind wie cs z.B. die dcutschc Gisbert Fanselow 30 Gcnusspezifikalion der Nomina sein m uß, da die einschlägige Klassifikation im Kcrnbercich nicht prädiktabel ist. Ein Vergleich der weil divergierenden Möglichkeiten bei der "Genus"klassifikation der Nomina und entsprechender Kongruenz bei den Verben (etwa in den Bantusprachcn) zeigt auch, daß die Subklassifizierungen, die syntaktisch relevant werden können, kaum universell spezi­ fiziert sein dürften. Wenn man also bereit ist, zwischen der Spezifikation eines Merkmals und den Regeln des syntaktischen Gebrauchs desselben zu unterscheiden, so kann ein einheitlicher morphologischer Ansatz aufrcchterhaltcn werden. 4. Schlußbem erkung Im Bereich der Syntax natürlicher Sprachen haben wir uns schon lange an eine modulare Vorgchensweisc gewöhnt. Wir sind bereit, nicht alle vortheoretisch als syntaktisch oder grammatisch erscheinenden Phänomene als Teil der Syntax - verstanden als Teillheorie der Grammatik bzw. als Resultat der Operation eines autonomen mentalen Moduls - zu analysieren. Die Grammatikalität einer spezifischen Konstruktion errechnet sich aus dem Zusammenspicl verschiedener mentaler Modulc. Dabei bleibt neben dem Wirken der konzeptuellen Kompetenz und anderer grammatikexterner Nlodule stets ein irreduzibler Rest an Formprinzipien übrig, eben die Univcrsalgrammatik. Versucht man sich der Lexikoncrweilcrung unter derselben Perspektive zu nähern, so ergibt sich auch hier ein erheblicher Einfluß der konzeptuellen Kompetenz. Für die konkrete Interpretation morphologischer Muster reichen Deutungsschemata aus, die man für alle komplexen Konstruktionen ansetzen kann. Aus diesen Deutungsprinzipien ergeben sich schon Beschränkungen für die interne wie externe Syntax komplexer Wörter. Ferner gibt es im lexikalischen Bereich Einschränkungen bezüglich der potentiellen Bedeutung von Wörtern: welche Operatoren können in der semantischen Form eines Prädikates lizensiert sein? welche Argumenlsiruktur darf ein Prädikat besitzen? Auch diesbezüglich habe ich zu zeigen versucht, daß wortbildungsunabhängige Gesetzmäßigkeiten einen Großteil der "Gesetze der Argumentvererbung" oder der Restriktionen morphologischer Muster V orhersagen können. Was bleibt, ist ein recht chaotischer, schwer durchschaubarcr Rest von Beschränkungen. Daß dieser Bereich durch (womöglich angeborene) Prinzipien gesteuert sein könnte, erscheint unwahrscheinlich. Dies bedeutet: eine Wortbildungsgrammatik als eigenständiges Modul der Sprachkompctcnz kann nicht motiviert werden. 5. Literatur Anderson, S. (1988) ’Morphological Theory’. In: F. Ncwmcyer (1988): 146-191. Baker, M. (1988) Incorporation. Chicago: University of Chicago Press. Baker, M. & K. Johnson, & I. Roberts (1989) ’Passive Arguments Raised’. Linguistic Inquiry 20: 219- 251. Bhatt, C., E. Löbcl & C. Schmidt (Hrsg.) (1989) Syntactic Phrase Structure Phenomena in Noun Phrases and Sentences. Amsterdam: Benjamins. Bierwisch, M. (1989) ’Event Nominalizations: Proposals and Problems’. 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