Musterlösungen Blatt 7 2.6.2004 Theoretische Physik IV: Statistische Physik Prof. Dr. G. Alber Dr. O. Zobay Zustandssummen einfacher Systeme b~ b = −gµB J 1. Betrachten Sie N magnetische Momente ~µ i /~ mit Eigendrehimpuls (Spin) Ji = i J, die starr in einem Gitter angeordnet sind (dabei bezeichnet g den Landé-Faktor und µB das Bohrsche Magneton). Die Schwerpunktsbewegung der magnetischen Momente und ihre Wechselwirkung untereinander können vernachlässigt werden. An das System, das in Kontakt ~ mit einem Temperaturreservoir steht, wird von außen ein statisches homogenes Magnetfeld B angelegt. (a) Wie lautet der Hamiltonoperator der magnetischen Momente im Magnetfeld? Bestimmen Sie für ein einzelnes magnetisches Moment die möglichen Werte der Spinprojektion b ~ ~ J~ · (B/| B|) sowie die Eigenenergien. b ~ ~ Wie aus der Quantenmechanik bekannt, besitzt die Projektion J~i · (B/| B|) des Eigendrehimpulses des Momentes i die Eigenwerte mJ ~ mit mJ = −J, −J + 1, . . . , J. Da der Hamiltonoperator ~ hat, lauten die möglichen Energieeigenwerte εm = gµB mJ B des Momentes die Gestalt −µ ~bi · B J ~ mit B = |B|. Der Hamiltonoperator des Gesamtsystems ergibt sich als Summe der einzelnen Hamiltonoperatoren, d.h., X b =− ~ H µ ~bi · B. i (b) Berechnen Sie die kanonische Zustandssumme und das Helmholtz-Potential dieses Systems. Da sich der Gesamt-Hamiltonoperator aus der Summe der individuellen Hamiltonoperatoren ergibt, folgt die Zustandssumme Z des Gesamtsystems als Produkt der Zustandssummen z für die einzelnen Momente, d.h., N " #N J X X sinh(η(2J + 1)/2) N N Z=z = exp(−βεmJ ) = exp(−ηmJ ) = sinh(η/2) m mJ =−J J mit β = 1/kB T und η = gµB B/kB T . Dabei wurde die geometrische Reihe in der Form J X exp(−ηmJ ) = exp(ηJ) 2J X exp(−ηr) = exp(ηJ) r=0 mJ =−J = 1 − exp(−η(2J + 1)) 1 − exp(−η) sinh(η(2J + 1)/2) sinh(η/2) verwendet. Für das Helmholtz-Potential erhält man F = −kB T ln Z = −kB T N ln sinh(η(2J + 1)/2) . sinh(η/2) b ~ = hP ~µ (c) Bestimmen Sie das mittlere (makroskopische) magnetische Moment M i i i. ~ = B~ez . Dann gilt Wir nehmen an, dass B *N *N !+ + X X 1 X 1 ∂Z 1 b Mz = = µ bz,j exp(−β H) = µ bz,j exp β Bµ bz,i Z Z βZ ∂B j=1 = j=1 i 1 ∂ ln Z ∂F =− = N gµB JBJ (η) = N gµB JBJ (gµB B/kB T ) β ∂B ∂B mit der Brillouin-Funktion ηi 1h (J + 21 ) coth η(J + 21 ) − 12 coth . J 2 Zur Berechnung von Mx und My geht man von der Beziehung * N *N ! + + X X X 1 X 1 b n µ bx,j exp β Bµ bz,i n Mx = µ bx,j exp(−β H) = Z Z n j=1 i j=1 BJ (η) = aus, wobei man die Basis {|ni} aus Eigenfunktionen zu µz,i bzw. Jz,i konstruiert. Diese BasisP bz,i ), aber ihr Matrixelement mit µ bx,j vervektoren sind auch Eigenfunktionen von exp(β i B µ schwindet. D.h., Mx = 0 und analog My = 0. (d) Berechnen Sie die mittlere Energie des Systems. Wie hängt diese mit dem mittleren ma~ zusammen? gnetischen Moment M Analog zu (d) zeigt man, dass E 1 Db b = − 1 ∂Z = ∂(βF ) = B ∂(βF ) = B ∂(βF ) = B ∂F = −Mz B. E= H exp(−β H) Z Z ∂β ∂β ∂(βB) β ∂B ∂B Bei der Umformung wurde verwendet, dass βF nur von dem Produkt βB abhängt. (e) Spezialisieren Sie auf den Fall sehr großer Eigendrehimpulse, d.h., J → ∞, gµB → 0 mit µ ≡ gµB J endlich. Diskutieren Sie die Abhängigkeit der mittleren Energie vom angelegten Magnetfeld insbesondere für niedrige und hohe Temperaturen. Wir verwenden die Reihenentwicklung coth x = 1 x + + O(x3 ). x 3 Damit ergibt sich in dem genannten Limes 1h ηi 1 η BJ→∞ (η) = (J + 12 ) coth η(J + 21 ) − 12 coth ≈ coth ηJ − coth J 2 2J 2 1 µB kB T ≈ coth ηJ − = coth − ηJ kB T µB (Langevin-Funktion). Daraus erhält man kB T µB E = −N µB coth − kB T µB . Man kann zeigen, dass sich diese Beziehung auch für klassische magnetische Momente der Größe µ ergibt, d.h., unser Limes entspricht dem Übergang zum klassischen Grenzfall. Für kleine Temperaturen, d.h., kB T µB, geht die coth-Funktion gegen 1, so dass E → −N µB. Zur Untersuchung grosser Temperaturen verwendet man die oben angegebene Reihenentwicklung, woraus E → −N (µB)2 /3kB T folgt (Curie-Gesetz). (f) Spezialisieren Sie auf den Fall von Spin- 12 Systemen (J = 1/2). Diskutieren Sie wieder die Abhängigkeit der mittleren Energie vom angelegten Magnetfeld für niedrige und hohe Temperaturen. Für J = 1 2 findet man B1/2 (η) = 2 coth η − coth η cosh2 (η/2) + sinh2 (η/2) cosh(η/2) η = − = tanh , 2 sinh(η/2) cosh(η/2) sinh(η/2) 2 so dass E=− N gµB B gµB B tanh . 2 2kB T Für kleine Temperaturen geht E → −N gµB B/2, während man für große Temperaturen das Verhalten E → −N (gµB B)2 /4kB T findet. In beiden Grenzfällen (e) und (f) sind also für T → 0 alle Spins ausgerichtet, während für T → ∞ die Energie proportional zu 1/T wird. b 2 i − hHi b 2 )/hHi b 2 . Betrachten Sie (g) Berechnen Sie die relativen Energiefluktuationen (hH wieder insbesondere die Fälle niedriger und hoher Temperaturen. b exp(−β H)i/Z b Wegen E = hH berechnen sich die Fluktuationen gemäß 1 (J + 1/2)2 b 2 i − hHi b 2 = − ∂E = N (gµB B)2 hH − . ∂β 4 sinh2 (βgµB B/2) sinh2 (βgµB (J + 1/2)B) Für kleine Temperaturen, d.h., β → ∞, wird E ≈ −N gµB JB. Da sinh x → ex /2 für x → ∞, verhalten sich die relativen Fluktuationen wie b 2 i − hHi b 2 hH 1 = exp(−βgµB B) − (2J + 1)2 exp(−βgµB (2J + 1)B) , 2 2 b NJ hHi d.h., sie werden exponentiell unterdrückt. Für große Temperaturen verwendet man die Entwicklung 1/ sinh2 x = x−2 + 1/3 + O(x2 ). Damit und mit der Beziehung E ≈ −N (gµB B)2 J(J + 1)/3kB T erhält man b 2 i − hHi b 2 hH 3(kB T )2 = , b 2 N (gµB B)2 J(J + 1) hHi die relativen Fluktuationen wachsen also proportional zu T 2 . 2. Ein ideales Gas, das als Temperatur- und Teilchenreservoir betrachtet werden kann, sei in Kontakt mit einer adsorbierenden Oberfläche. Als einfaches Modell der Adsorption nehmen wir an, dass an M Plätzen auf der Oberfläche jeweils 0, 1 oder 2 Moleküle angelagert sein können. Die Energie an jedem dieser Plätze beträgt dann ε0 = 0, ε1 bzw. ε2 . Es sei ferner angenommen, dass Wechselwirkungen zwischen den Molekülen an verschiedenen Plätzen vernachlässigt werden können. (a) Bestimmen Sie die großkanonische Zustandssumme der an der Oberfläche angelagerten Moleküle. Da es keine Wechselwirkung zwischen Molekülen an unterschiedlichen Plätzen gibt, ergibt sich die großkanonische Zustandssumme ZG für das Gesamtsystem als Produkt der Zustandssummen z für die einzelnen Plätze, d.h., ZG = z M . Um die einzelnen Zustandssummen z zu berechnen, muss über alle möglichen Zustände an einem Platz summiert werden. Dabei sind die Zustände durch die Anzahl Ni der adsorbierten Teilchen und die Adsorptionsenergie εi charakterisiert. Man erhält also X z= exp(−λ1 εi − λ2 Ni ) = 1 + exp(−λ1 ε1 − λ2 ) + exp(−λ1 ε2 − 2λ2 ). (1) εi ,Ni Die Summanden in der Summe (1), dividiert durch z, geben die Wahrscheinlichkeiten pi an, i = 0, 1 bzw. 2 Teilchen an dem Platz zu finden. (b) Berechnen Sie das entsprechende großkanonische Potential, die mittlere adsorbierte Teilchenzahl und die mittlere Energie. Es gilt U [T, µ] = −kB T ln ZG = −kB T M ln [1 + exp(−λ1 ε1 − λ2 ) + exp(−λ1 ε2 − 2λ2 )] , ∂ ln ZG exp(−λ1 ε1 − λ2 ) + 2 exp(−λ1 ε2 − 2λ2 ) Nad = − =M , ∂λ2 1 + exp(−λ1 ε1 − λ2 ) + exp(−λ1 ε2 − 2λ2 ) ∂ ln ZG ε1 exp(−λ1 ε1 − λ2 ) + ε2 exp(−λ1 ε2 − 2λ2 ) =M . Uad = − ∂λ2 1 + exp(−λ1 ε1 − λ2 ) + exp(−λ1 ε2 − 2λ2 ) P P Offensichtlich gilt Nad = M i pi Ni und Uad = M i pi εi , wie auch anschaulich zu erwarten. (c) Berechnen Sie die Anzahl der adsorbierten Teilchen bei gegebenem Druck p und Temperatur T des idealen Gases. Diskutieren Sie das Verhalten in den Grenzfällen großer und kleiner Temperaturen für ε1 , ε2 < 0. Hinweis: Die Fundamentalrelation des idealen Gases lautet ( " 3/2 3/2 #) 5 4πm V U S(U, V, N ) = N kB + ln , 2 3h2 N N wobei N die absolute Zahl der Teilchen bezeichnet. Wir drücken zunächst die Lagrange-Multiplikatoren λ1 und λ2 durch den Druck und die Temperatur des idealen Gases aus: 1 1 ∂S 3N λ1 = = = , kB T kB ∂U 2U " # " # µ 1 ∂S 4πm 3/2 V U 3/2 2πm 3/2 (kB T )5/2 λ2 = − = = ln = ln . kB T kB ∂N 3h2 N N h2 p Dabei wurden in der letzten Umformung die aus der Fundamentalrelation folgenden Beziehungen U/N = 23 kB T und V /N = kB T /p verwendet. Wir setzen nun 2πm −3/2 p p exp(−λ2 ) = = C 5/2 2 5/2 h T (kB T ) −5/2 mit C = (2πm/~2 )−3/2 kB Nad . Damit folgt aus Aufgabenteil (b) 2 p p exp − kεB1T C T 5/2 + 2 exp − kεB1T C T 5/2 =M 2 p p 1 + exp − kεB1T C T 5/2 + exp − kεB1T C T 5/2 Für T → ∞ geht exp(−εi /kB T ) gegen 1 und p/T 5/2 gegen 0. In diesem Grenzfall strebt Nad also gegen 0 (d.h., durch Heizen können adsorbierte Atome entfernt werden). Für T → 0 gehen exp(−εi /kB T ) und p/T 5/2 gegen unendlich (beachte, dass εi < 0). Es ist daher Nad = 2M . Jeder Platz ist also mit zwei Atomen besetzt.