KAPITEL 2.2 KAPITEL 2.2: ANGEBOTSVERHALTEN VON UNTERNEHMEN Gliederung 2.2.1 Das Güterangebot von Unternehmen bei vollkommener Konkurrenz 2.2.2 Das Güterangebot eines Monopolisten Auch im Zusammenhang mit dem Angebotsverhalten einzelner Firmen an Märkten für Güter und Dienstleistungen gelten die in 2.1 gemachten grundlegenden Annahmen. Weiter wird angenommen, dass Unternehmen nur ein Produkt herstellen und dass keine Lagerbildung stattfindet. Bei Unternehmen gibt es drei typische ökonomische Entscheidungsprobleme: • welche Gütermengen sollen angeboten werden? ← • welche Menge an Produktionsfaktoren (Inputs) sollen für die Herstellung der Güter eingesetzt werden? ↑ • Wieviel soll investiert (entspart) werden? → Frage ← zielt auf dieGüterangebotsfunktion ab und wird in diesem Kapitel behandelt. Frage ↑ betrifft v.a. die Arbeitsnachfragefunktion. Hierauf wird in Kapitel 7 (Arbeitsmarkt) eingegangen. → Diese Frage wird nicht Bestandteil dieser Vorlesung sein 2.2.1 Das Güterangebot Zielvariable einzelner Unternehmen ist der Gewinn, der maximiert werden soll. Restriktionen sind durch die Güternachfrage und durch andere Unternehmen gegeben, die dasselbe Gut anbieten. Betrachten wir nun die Gewinnmaximierung genauer. Es gilt: ⊇ Gewinnfunktion Gewinn = Erlöse − Kosten G=E−K G ( x) = E ( x) − K ( x) Der Erlös und die Kosten sind abhängig von der Menge des hergestellten Gutes. Deshalb ist auch der Gewinn von der hergestellten Gütermenge x abhängig. • Notwendige Bedingung für die Gewinnmaximierung: G‘(x) = 0 • Hinreichende Bedingung: G‘‘(x) < 0 � Maximum Gehen wir nun davon aus, dass auf dem Gütermarkt vollkommene Konkurrenz besteht, d.h., es gibt sehr viele, eher kleinere Unternehmen und sehr viele, eher kleinere Haushalte. Unter dieser Voraussetzung und unter Beachtung der weiteren oben erwähnten Annahmen haben einzelne Unternehmen keinen Einfluss auf die Höhe des Preises ihres Produkts, sondern müssen den Marktpreis als vorgegeben („als Datum“) hinnehmen. 1 ENTSCHEIDUNGEN EINZELNER UNTERNEHMEN Dieser Preis sei mit p =p bezeichnet. Hieraus folgt für die notwendige Bedingung der Gewinnmaximierung: E ( x)= p ⋅ x E '( x) = p ⊄ Gewinnmaximierung bei vollkommener Konkurrenz G '( x) = E '( x) − K '( x) = 0 E '( x) = K '( x) p = K '( x) Begrifflichkeiten: K‘(x): Grenzkosten: zusätzliche Kosten für die Produktion einer weiteren Einheit des Gutes X E‘(x): Grenzerlös: zusätzlicher Erlös bei Verkauf einer weiteren Einheit des Gutes X. K' (x) p Abb. 2.13.: Güterangebotsfunktion bei vollkommener Konkurrenz. Güterangebotsfunktion bei vollkommener Konkurrenz xA = f(p) A p1 K' (x) Grenzkostenkurve (Bereich mit positiver Steigung) p2 B Gütermenge X x2 x1 Abb. 2.13.: Güterangebotsfunktion bei vollkommener Konkurrenz. Die Güterangebotsfunktion eines einzelnen Unternehmens entspricht der Grenzkostenkurve des Unternehmens. Bei einem Preis vonp1 stellt das Unternehmen eine Gütermenge von x1 her (Punkt A), weil für x1 gilt:p1 = K‘ (x1). Bei einem Preis vonp2 stellt das Unternehmen eine Gütermenge von x2 her (Punkt B). Die hergestellte Gütermenge des Unternehmens ist somit vom Marktpreis und vom Grenzkostenverlauf abhängig. Definition: Die Güterangebotsfunktion gibt an, wieviel Gütereinheiten x ein Unternehmen bei alternativen (hypothetischen) Preisen anbieten würde. Formal gilt: xA = f (p) mit f‘ > 0. Ändern sich – aufgrund äusserer Umstände – die Grenzkosten einer Firma (Beispiele: Eine zusätzliche Steuer wird erhoben; ein Teil der Produktionsanlagen ist nach einem Hurrikan unbrauchbar geworden; der Staat subventioniert die Produktion), verschiebt sich ihre Angebotskurve nach oben oder unten. Steigt oder fällt die angebotene Menge in der Folge einer 2 Definition: Güterangebotsfunktion KAPITEL 2.2 Veränderung des Marktpreises für das betrachtete Gut, spricht man von einer „Bewegung“ auf der gegebenen Angebotskurve. Offene Frage: Warum ist der Verlauf der Grenzkostenkurve steigend? Welcher Kostenverlauf wird unterstellt? Die Kostenfunktion stellt die Kosten in Abhängigkeit von der Produktionsmenge eines Gutes dar. Grundsätzlich steigen die Kosten mit zunehmender Produktionsmenge. Theoretischen Überlegungen und empirischen Studien zufolge ist ein s-förmiger Verlauf der Kostenkurve besonders relevant. Er impliziert mit steigender Produktionsmenge zunächst sinkende Grenzkosten (die Kapazitätsauslastung steigt) bis zu einer Menge, bei der die Grenzkosten minimal sind, und schliesslich wieder ansteigen (Kapazitätsüberlastung). Die Kostenfunktion kann man in zwei Teile aufspalten: Kostenfunktion Kosten = Fixkosten + variable Kosten K (x) = Kfix + Kvar (x) Definition: Fixkosten sind Kosten, die anfallen, um die Produktionsbereitschaft (Bereitstellen von Material, Miete von Räumlichkeiten und Maschinen) herzustellen, auch wenn noch nicht ein einziges Stück produziert wird. Die Fixkosten sind von der produzierten Menge unabhängig. Definition: Fixkosten Definition: Variable Kosten sind Kosten, die mit der Menge des produzierten Gutes variieren. Variable Kosten steigen mit zunehmender Produktionsmenge an. Definition: Variable Kosten 3 ENTSCHEIDUNGEN EINZELNER UNTERNEHMEN Abb. 2.14.: s-förmiger Kostenverlauf Kostenkurve K (x) 2 K (xMin2) 1 K (xMin1) Kfix α2 K' (x) p k (x) α1 xMin1 xMin2 Angebotskurve 2 p2 p1 x Durchschnittskostenkurve 1 Grenzkostenkurve xMin1 xMin2 x Abb. 2.14.: s-förmiger Kostenverlauf. Oben: Die Punkte 1 und 2 liegen auf der sförmigen Kostenfunktion. Vom Abszissenabschnitt bis zum Punkt 1 nimmt die Steigung der Kostenfunktion mit zunehmender Produktionsmenge ab. Nach diesem Punkt nimmt die Steigung der Kostenfunktion wieder zu. Der Punkt 1 ist deshalb das Minimum der Grenzkosten (siehe unten). Im Punkt 2 ist der tan α (Kgesamt (x*)/x*) am kleinsten, d.h. die gesamten Durchschnittskosten haben hier ihr Minimum. Die Steigung der Kostenkurve entspricht hier dem Tangentialwinkel α2. Die Grenzkostenkurve schneidet die gesamten Durchschnittskosten in ihrem Minimum (siehe unten). Das Minimum der gesamten Durchschnittskosten nennt man das (langfristige) Betriebsminimum (xmin2). Es liegt dort, wo der Preis die gesamten Durchschnittskosten deckt. Die Angebotsfunktion eines einzelnen Unternehmens entspricht dem ansteigenden Ast der Grenzkostenkurve. Die Kostenfunktion eines Unternehmens folgt aus dessen Produktionsfunktion. Eine Produktionsfunktion, die einen s-förmigen Kostenverlauf bedingt, kann durch die allgemeine Form X = A ⋅ aα ⋅ k β mit a als eingesetzter Arbeitsmenge und k als eingesetzter Kapitalmenge angegeben werden. A, α und β sind Parameter, die variieren können. 4 Produktionsfunktion KAPITEL 2.2 Grundsätzlich kann jede Outputmenge X mit unterschiedlichen Kombinationen aus a und k hergestellt werden. Die Kostenfunktion gibt dann – bei gegebenen Preisen für die eingesetzten Produktionsfaktoren – für jede Produktionsmenge X an, wie hoch die minimal aufzubringenden Produktionskosten (Summe der Produkte aus eingesetzter Faktormenge und Faktorpreis) sind. Die Kostenfunktion kann also als Funktion der jeweils effizientesten (kostengünstigsten) Kombinationen der Produktionsfaktoren angesehen werden. Nähere Ausführungen finden sich in Kapitel 7 („Arbeitsmarkt“). Der Zusammenhang zwischen Produktionsfunktion und Kostenfunktion lässt sich grob anhand der folgenden Abbildung erläutern: Produktionsfunktion Kostenfunktion Kosten Kosten Input Abb. 2.15.: Produktions- und Kostenfunktion Output Abb. 2.15.: Produktions- und Kostenfunktion. In dieser Abbildung sind abnehmende Grenzerträge der Produktion unterstellt. Dies schlägt sich in zunehmenden Grenzkosten nieder. Mit Hilfe der Produktionsfunktion kann auch der Begriff der Skalenerträge erläutert werden. Von steigenden (fallenden, konstanten) Skalenerträgen spricht man dann, wenn ein um einen bestimmten Prozentsatz höherer Einsatz der Produktionsfaktoren zu einem überproportionalen (unterproportionalen, konstanten) Output-Anstieg führt. Übersetzt auf die Kostenebene bedeutet dies, dass steigende (fallende, konstante) Skalenerträge mit fallenden (steigenden, konstanten) Grenzkosten bzw. langfristigen Durchschnittskosten einhergehen. Bei vollkommener Konkurrenz und bei s-förmiger Kostenkurve entspricht die Güterangebotskurve eines Unternehmens dem ansteigenden Ast der Grenzkostenkurve. Auf der Grenzkostenkurve liegt die gewinnmaximale Outputmenge für die jeweilig vorgegebenen Marktpreise (p = K‘ (x)). Nur im ansteigenden Ast der Grenzkostenkurve ist dabei die hinreichende Bedingung für ein Gewinnmaximum erfüllt: ! G‘‘ (x) = E‘‘ (x) – K‘‘ (x) < 0 0 – K‘‘ (x) < 0 K‘‘ > 0 . Definition: Betriebsminimum 5 ENTSCHEIDUNGEN EINZELNER UNTERNEHMEN Definition: Das Betriebsminimum liegt dort, wo die Grenzkosten und die gesamten Durchschnittskosten gleich gross sind. Bei dieser Produktionsmenge sind die gesamten Durchschnittskosten minimal. Liegt der Preis unter dem Betriebsminimum, sind nicht mehr alle Kosten des Unternehmens gedeckt. Es kann für eine Firma kurzfristig sinnvoll sein, dennoch ihr Produkt am Markt anzubieten (Deckung der Fixkosten und eines Teils der variablen Kosten). Langfristig macht ein Angebot bei Preisen unterhalb des Betriebsminimums ökonomisch keinen Sinn. Kurzfristig stellt eine Firma ihre Produktion ein, falls der Preis (bei p1) kleiner als die variablen Durchschnittskosten (VDK) ist: K' (x) p k (x) Angebotskurve (GK) p3 TDK Gewinn p2 VDK Betriebsminimum p1 x3 x Abb. 2.16.: Variable Durchschnittskosten (VDK) und totale Durchschnittskosten (TDK). Langfristig wird eine Firma aus dem Markt austreten, wenn der Preis (bei p2) kleiner als die totalen Durchschnittskosten (TDK) ist. Die langfristige Angebotskurve beginnt also bei p2, d.h. im Betriebsminimum, denn nur für Preise oberhalb von p2 (Beispiel: p3) ist sicher gestellt, dass die Firma einen Gewinn macht (vgl. Abb. 2.16). Der Gewinn ergibt sich dabei als Fläche zwischen dem Preis (p3) und den totalen Durchschnittskosten (TDK) and der Stelle x3 (angebotene Menge). Bemerkung: Auch für das Güterangebot ist das Elastizitätskonzept relevant. So gibt etwa die Preiselastizität des Angebots ε x A , p an, um wieviel Prozent die angebotene Menge steigt oder sinkt, wenn der Preis um ein Prozent steigt oder sinkt: ε x= ,p A dx A p ⋅ dp x A Die Preiselastizität des Angebots ist in der Regel positiv, d.h. mit steigendem Preis steigt auch die angebotene Menge. Die Angebotskurve kann aber auch vollkommen elastisch oder unelastisch sein. 6 Abb. 2.16.: Variable und Totale Durchschnittskosten KAPITEL 2.2 2.2.2 Das Güterangebot eines Monopolisten Modifikation: Annahme, dass Unternehmen Monopolist ist. Definition: Ein Monopol ist eine Marktform, bei der es einen Anbieter (Monopolist) und sehr viele, eher kleine Nachfrager gibt. Der Monopolist ist Preissetzer, d.h., der Preis ist nicht vom Markt vorgegeben, sondern der Monopolist kann den Preis selbst festlegen. Die zugehörige Menge ergibt sich dann gemäss der Nachfragefunktion. Definition: Monopol Es gibt vor allem drei Gründe für die Entstehung bzw. das Vorhandensein eines Monopols: • Ein Unternehmen ist im Besitz von Schlüsselressourcen, über die kein anderes Unternehmen verfügt (Beispiel: Diamanten). • Das Monopol wird vom Staat geschaffen, dadurch dass ein einziges Unternehmen mit der Bereitstellung einer Schlüsseldienstleistung beauftragt wird (Beispiel: Briefpost) oder dadurch dass Patente bzw. Urheberrechtsschutz gewährt werden (Beispiele: Medikamente, Bücher, Musik). • Die Kostenstruktur der Industrie läss es sinnvoll erscheinen, dass ein Gut nur von einer Firma produziert wird. Dies ist der Fall bei zunehmenden Skalenerträgen, hohen Fixkosten und tiefen Grenzkosten. Unter diesen Voraussetzungen kann möglicherweise eine Firma ein Gut oder eine Dienstleistung mit geringeren Durchschnittskosten produzieren als zwei oder mehr Firmen. Auch für ein monopolistisches Unternehmen gilt, dass der Gewinn maximiert werden soll: ! G (x) = max G (x) = E (x) – K (x) Restriktion: Die gewinnmaximale Menge ergibt sich aus der Nachfragekurve p = p(x). G (x) = p (x) x – K (x) 1. Ableitung: G‘ (x) = p‘ (x)x + 1 p (x) – K‘ (x) = 0 Zeichnen der Grenzerlösfunktion: Bei linearer Nachfragefunktion, beispielsweise: p (x) = b – a x E (x) = p (x) x = (b – a x) x = b x – a x2 E‘ (x) = b – 2 a x Die Grenzerlösfunktion hat den gleichen Abszissenschnittpunkt wie die lineare Nachfragefunktion. Die Steigung der Erlösfunktion ist jedoch doppelt so steil (siehe Abbildung 2.17.). Die hinreichende Bedinugun für ein Gewinnmaximum ist im Optimalpunkt B erfüllt (vgl. Abb. 2.17), weil der Schnittpunkt B im ansteigenden Teil der Grenzkostenkurve liegt. Zu fordern ist: ! E‘‘ (x) – K‘‘ (x) < 0 E‘‘ (x) = -2a -2a – K‘‘ (x) < 0 ⇒ K‘‘ (x) > -2a . 7 Gewinnmaximierung eines Monopolisten ENTSCHEIDUNGEN EINZELNER UNTERNEHMEN E' (x) K' (x) p Abb. 2.17.: Gewinnmaximierung des Monopolisten b Grenzerlösfunktion E' (x) Grenzkosten K' (x) A (Cournot-Punkt) p* Nachfragefunktion p (x) Steigung: -2a x* Steigung: -a x Abb. 2.17.: Gewinnmaximierung des Monopolisten. Im Punkt B sind Grenzkosten und Grenzerlös gleich gross. Wenn die Menge x* produziert wird, ist der Gewinn des Monopolisten maximal. Der zugehörige Preis p* liegt auf der Nachfragekurve (Punkt A). Punkt A wird auch Cournot-Punkt genannt. Ist die Nachfragekurve gegeben und ebenso die (Grenz-)Kostenkurve, ist das Güterangebot des Monopolisten durch den Cournot-Punkt charakterisiert. Ändert sich die Nachfragekurve (z.B. Drehung nach aussen um Punkt b), ändert sich auch die Lage des Cournot-Punkts. Literatur Mankiw, N. G. & Taylor, M. P. (2012). Grundzüge der Volkswirtschaftslehre. 5., überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart. Kapitel 12 und 13 Taylor, J. B. (2001): Economics, Houghton Mifflin Company, Kapitel 3, 6, 8 Colander, D. (1998): Economics, Irwin/McGraw-Hill, Kapitel 21, 22 Empfohlen 8