Physik für Mediziner und Zahnmediziner Vorlesung 05 Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 1 Zusammenhang von Kraft und Beschleunigung Experiment M F=mg m Kraft Masse Beschleunigung [m/s2] F M 1 2F M 2 2F 2M 1 Deutung: Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 2 Zusammenhang von Kraft und Beschleunigung Kraft Masse Beschleunigung [m/s2] Rot F M 2 Grün 2F M 4 (Blau) 2F 2M 2 14 M F solid: s [m] dot: v [m/s] 2 dash: a [m/s ] 12 10 8 6 4 2 0 0 0.5 1 t [s] 1.5 2 2.5 Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 3 Kraft = Masse × Beschleunigung 2. Newtonsches Axiom: Die auf einen Körper ausgeübte Gesamtkraft ist gleich dem Produkt aus der Masse und Beschleunigung des Körpers: F=m·a Bem.: Kraft und Beschleunigung sind Vektoren. In vektorieller Form lautet das 2. Newtonsche Axiom: F = m⋅a Bem.: das 2. Newtonsche Axiom enthält offensichtlich das 1.Newtonsche Axiom, das den Spezialfall a=0 behandelt. Einheit: Die Kraft, die einer Masse von 1kg die Beschleunigung von 1m/s2 verleiht ist 1 Newton (1N) → N = kg m / s2 Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 4 Zusammenfassung: gleichförmig beschleunigte Bewegung s 1 2 s1 − s0 = v 0 (t1 − t 0 ) + a(t1 − t 0 ) 2 s0 t0 t1 t Steigung der s-t-Kurve v Fläche unter der v-t-Kurve v 1 − v 0 = a ⋅ (t1 − t 0 ) v0 t0 t1 t Steigung der v-t-Kurve a Fläche unter der a-t-Kurve a = kons tan t t0 t1 t Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 5 Vorgehen bei Bewegungsanalysen • zeitlicher Verlauf der Kraft F(t) liefert die Beschleunigung a(t) a=F/m F t s t Fläche unter der v-t-Kurve t v Fläche unter der a-t-Kurve t Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 6 Vorgehen bei Bewegungsanalysen...für Experten • zeitlicher Verlauf der Kraft F(t) liefert die Beschleunigung a(t) a=F/m F t t t v( t ) = v( t 0 ) + ∫ a( t )dt t0 s t v s( t ) = s( t 0 ) + ∫ v( t )dt t0 t Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 7 t Vorgehen bei Bewegungsanalysen • zeitlicher Verlauf der Beschleunigung a(t) liefert die Kraft F(t) a=F/m F t t s Steigung der s-t-Kurve t v Steigung der v-t-Kurve t Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 8 Vorgehen bei Bewegungsanalysen...für Experten • zeitlicher Verlauf der Beschleunigung a(t) liefert die Kraft F(t) a=F/m F t s ds v v( t ) = =s dt t t dv d2s = v = 2 = s a( t ) = dt dt t Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 9 Zusammenfassung und Ergänzungen Kinematik geradlinig Beschleunigung s v = s a = v = s Kraft F = ma Ortskoordinate (Position) Geschwindigkeit gleichförmige Bewegung: a=0 gleichf. beschl. Bewegung: a = kons tan t allgemein s, r v=s a=v=s F = ma v = kons tan t Einheit m m/s m/s2 N s = s0 + v ⋅ t v = v0 + a ⋅ t a 2 s = s0 + v ⋅ t + t 2 Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 10 Noch so ein Irrtum • Die Geschwindigkeit eines fallenden Körpers hängt von seiner Masse ab…. • Was hier wieder vergessen wurde ist, daß dieser intuitive Sachverhalt auch nur durch Reibung zu Stande kommt! • In der Tat fallen alle Körper (in Vakuum, etc.) gleich schnell! • Galilei hat das entdeckt. • Dazu hat er jedoch nix vom schiefen Turm von Pisa geschmissen! Er hat Experimente mit rollenden Körpern auf schiefen Ebenen gemacht. Die damals existierenden Uhren wären für freien Fall vom Turm niemals genau genug gewesen! Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 11 Fallturmexperiment 1 2 s = gt 2 Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 12 Und hier nun in der Tat: F=ma: freier Fall mit Reibung FG=mg FR=-γv Die Reibungskraft FR an Luft nimmt (näherungsweise) proportional zur Geschwindigkeit v zu. Bei der Geschwindigkeit vs sind Reibungs- und Gewichtskraft dem Betrag nach gleich, die Geschwindigkeit ändert sich nicht mehr. 1.) Berechnen Sie vs für a) γ=50Ns/m und b) γ=150Ns/m und eine Masse m=70kg 2.) Welchen Fallhöhen entsprechen diese Geschwindigkeiten für den Fall, dass keine Reibung auftritt. Hinweis: für den zweiten Teil der Aufgabe benötigen Sie den Energieerhaltungssatz der Mechanik. Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 13 Actio = Reactio Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 14 actio=reactio 3. Newtonsches Axiom: Wenn zwei Körper miteinander wechselwirken, dann besitzen die Kräfte, welche die Körper aufeinander ausüben, denselben Betrag und entgegengesetzte Richtungen. F = −F 12 Beispiel Fahrradunfall: die von der Wand auf den Radfahrer ausgeübte Kraft ist dem Betrag nach gleich der vom Radfahrer auf die Wand ausgeübten Kraft. Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 15 21 Nochmal Fahrradunfall: Was passiert hier ? s-t v-t m=70kg a-t Entspricht einer Gewichtskraft von etwa dem 14,5fachen Körpergewicht Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 16 ...der menschliche Körper und die Erdbeschleunigung: Die Maßeinheit „g“ Angabe der Beschleunigung in Einheiten der Erdbeschleunigung g=9.81m/s2: a=19.62m/s2 = 2g a-: Blutstrom in Extremitäten; O2-Mangel im Gehirn; gestörte Motorik und Sehfähigkeit; Bewusstlosigkeit für a+>5g; kaum dauerhafte Schädigungen a+ a+: Blutstrom in Kopf; a->5g: Bewusstlosigkeit; Herzstillstand; erschwerte Atmung; erträglich: 5g wenige Sekunden, 4.5g etwa 15s, 3g etwa 30s a┴ aRichtung der Beschleuningung a┴: bis 6g nur erhöhter Druck auf Stützapparat spürbar; bis 12g erschwertes Atmen, sinkender O2Gehalt; 35g sollen für t<0.2s möglich sein. Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 17 nochmal: Fahrradunfall: head injury criterion HIC<800: weniger schwere Verletzun gen. HIC=1000: Bewusstlosigkeit (1h), Gehirnerschütterung, Verlust eines Auges 1 HIC = a( t )dt ∫ t 2 − t1 t1 t2 2 .5 a in Einheiten von g, t in Sekunden (t 2 − t1 ) HIC=1300: 95% schwerere Verletzungen; 55% Lebensgefahr Erläuterungen: Integral a / Zeit = Mittlere Geschwindigkeit! Hoch 2.5 mal Zeit: Empirische Wichtung Meist nimmt man 25 oder 36 msec zur Messung Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 18 Abschätzung 1 t2 a( t )dt Einsetzen in: HIC = ∫ t t − 2 1 t1 2 .5 (t 2 − t1 ) Ergibt: Fläche ca. ½ Rechteck fläche a=150g HIC≈1700 t=0.035 s Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 19 Impuls: noch eine Buchhaltungsgröße intuitiv „die Wucht“ Definition: Impuls = Masse × Geschwindigkeit p = mv Für den Impuls gilt – wie für die Energie – ein Erhaltungssatz: Impulserhaltungssatz: Wirken keine äußeren Kräfte, so ist die vektorielle Summe aller Impulse konstant Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 20 Impulserhaltungssatz und seine Herleitung Impulserhaltungssatz: Impulserhaltungssatz (vereinfacht): Nun Weglassen der Vektorpfeile! 0 F und a, v sind Vektoren 3. Newton Axiom (Actio = Reactio) 2. Newton Axiom oder: Geschwindigkeit ist das Integral unter der Beschleunigungskurve: durch ausrechnen: Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 21 umstellen Damit: Impulssatz: Lösen einer Feder Experiment Beobachtung: Deutung: Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 22 Impulserhaltung: Gleichungen Achtung: Geschwindigkeit ist ein Vektor! Impuls also auch! Impulserhaltung: v=vorher, n=nachher Weglassen der Vektorsymbole! Anfangsimpuls des Systems ist Null: Massengleichheit Damit: Und also: Wenn: Dann: „Merksatz“: Eins ist schwerer als zwei → zwei ist schneller als eins Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 23 Rakete Größe 111m ...wie geht das? Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 24 Actio-Reactio • Impulsversuch mit 2 Personen – Auffahren auf einen stehenden Wagen mit einem anderen Wagen Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 25 Herleitung: Impulsversuch mit 2 Personen Impulserhaltung: Vektorielle Größe ≠0 =0 Energieerhaltung der kinetischen Energien: Energie ist eine skalare Größe Frage: bei welchem Massenverhältnis laufen die Körper mit gleicher Geschwindigkeit auseinander? Nach einigem Einsetzen: Der urspünglich bewegte Körper m1 > m2 m 1 = m2 m1 < m2 v1,n positiv („läuft weiter“) v1,n = 0 („bleibt stehen“) v1,n negativ („läuft zurück“) Der impulsaufnehmende Körper Nicht grade eine intuitive Antwort: m2 = 3m1 Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 26 Versuch Ballwurf auf Wagen B=Ball, W=Wagen Der Fänger auf dem Wagen wird also beschleunigt! Was ist jedoch mit dem Impuls des Fängers auf dem Boden?? Er wird durch den Boden aufgenommen! Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 27 Versuch Rakete Wie müssen Sie also Ihre Rakete bauen? Treibstoff schnell ausstossen, und Masse Treibstoff sollte relativ zur Masse der Rakete groß sein. Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 28 Rakete... der Rückstoß v m M p=0 m m m m m m m m m m m m p = 0 = (M + 5m)V + mv ⇒ V = − v M + 5m m m m m m m Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 29 Impuls- und Energiesatz v1 m1 m2 v2 Im Versuch ist eine Feder (Federkonstante D=2.25kN/m) um x=20cm gespannt worden. Nach Entspannen der Feder bewegen sich die Wagen (Massen m1=60kg, m2=80kg) in entgegengesetzte Richtungen. Berechnen Sie die Geschwindigkeiten v1 und v2. Hinweis: benutzen Sie Impuls- und Energieerhaltungssatz zur Lösung. Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 30 ...wrap up Energieerhaltungssatz: In einem System, das keinen äußeren Kräften unterworfen ist, ist die Gesamtenergie, d.h. die Summe der potentiellen und kinetischen Energie, konstant. 2. Newtonsches Axiom: Die auf einen Körper ausgeübte Gesamtkraft ist gleich dem Produkt aus der Masse und Beschleunigung des Körpers: F=m·a F = m⋅a 3. Newtonsches Axiom: Wenn zwei Körper miteinander wechselwirken, dann besitzen die Körper, welche die Kräfte aufeinander ausüben, denselben Betrag und entgegengesetzte Richtungen. F12 = −F21 Impuls p = mv Impulserhaltungssatz: Wirken keine äußeren Kräfte, so ist die vektorielle Summe aller Impulse konstant Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 31 Zusammenfassung und Ergänzungen potentielle Energien: ED gespannte Feder: D 2 ED = x 2 x EH Schwerefeld: EH = mgh Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 32 h Zusammenfassung und Ergänzungen EH Schwerefeld: EH = mgh h Ergänzung 1: Der Nullpunkt der potentiellen Energie ist frei wählbar. Physikalisch relevant sind nur Differenzen der potentiellen Energie Ergänzung 2: Aufteilung der potentiellen Energie in Teile, die vom Schwerefeld der Erde stammen, und solche, die den „Probekörper“ beschreiben: EH = m ⋅ gh VH=gh heißt Potential des Schwerefeldes ( elektrisches Potential) Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 33 Rotationen: Ergänzungen und Vorgriff Winkelbeschleunigung Drehmoment φ ω = ϕ =ϕ α=ω T = θω Trägheitsmoment θ: θ = m⋅r2 Winkelkoordinate Winkelgeschwindigkeit Drehimpuls Strecke s . Geschw. v = s .. Beschl. a = s φ Kraft F=ma Masse m I = θω Impuls p=mv In Abwesenheit äußerer Drehmomente ist der Drehimpuls eines Systems konstant kinetische Energie der Rotation: T = rF sin α Erot θ 2 = ω 2 kinetische Energie: Ekin = ( T = r × F) Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 34 m 2 v 2 Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 35 kinetische Energie: Arbeit der Beschleunigung Energie der gleichförmig beschleunigten Bewegung: a 2 → s( t ) = t 2 s0 = 0; v 0 = 0; und v( t ) = a ⋅ t a 2 a2 v 2 m 2 W = F ⋅ s = ma ⋅ s = ma t = m = v = Ekin 2 2 2 a 2 allgemein: s2 s2 s2 s1 s1 s1 W = ∫ Fds = v2 dv ( ) ma ds m = ∫ ∫ ds v dt ( ) 2 ds m 2 v 2 − v 12 = ∆Ekin = ∫ m dv = ∫ mvdv = dt 2 v1 v1 Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 36 Kontrollfragen • Wie lauten die Weg-Zeit- und Geschwindigkeits-ZeitGesetze für die gleichförmige und gleichf. beschleunigte Bewegung? • Hängt die Fallgeschwindigkeit bei Vernachlässigung der Reibung von der Masse des Körpers ab? • Nennen Sie zwei Erhaltungsgrößen in abgeschlossenen Systemen! • Formulieren Sie die Funktionsweise des Raketenantriebs. • Welche physikalische Größe ist für Unfallverletzungen wesentlich? • Beschreiben Sie die Funktion eines Sicherheitsgurtes; welche Bewegungsgröße wird hierdurch verändert? Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 37 kinetische Energie: Arbeit der Beschleunigung Energie der gleichförmig beschleunigten Bewegung: a 2 → s( t ) = t 2 s0 = 0; v 0 = 0; und v( t ) = a ⋅ t a 2 a2 v 2 m 2 W = F ⋅ s = ma ⋅ s = ma t = m = v = Ekin 2 2 2 a 2 allgemein: s2 s2 s2 s1 s1 s1 W = ∫ Fds = v2 dv ( ) ma ds m = ∫ ∫ ds v dt ( ) 2 ds m 2 v 2 − v 12 = ∆Ekin = ∫ m dv = ∫ mvdv = dt 2 v1 v1 Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 38 Zusammenfassung und Ergänzungen ...Statik einmal anders F = ma T = θω mechanisches System in Ruhe unterliegt keinen Kräften und keinen Drehmomenten Fges = ∑ Fi = 0 und Tges = ∑ Ti = 0 Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 39