Physik für Mediziner und Zahnmediziner Vorlesung 06 Prof. F. Wörgötter (nach M.Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 1 Mechanische Eigenschaften fester Körper ? Prof. F. Wörgötter (nach M.Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 2 Mechanische Eigenschaften fester Körper • Kontrolle des Blutstroms über Gefäßdurchmesser • aktive und passive Reaktion auf Blutdruckänderungen • Wandspannung abhängig vom Verhältnis Radius/Wanddicke aus: Klinke/Silbernagel „Lehrbuch der Physiologie“ • Materialien reagieren auf mechanische Spannung (Druck, Zug, Scherung) durch Längen- und/oder Volumenänderung • Klassifizierung der Materialien: elastisch, plastisch, hart, weich, spröde, duktil,... Prof. F. Wörgötter (nach M.Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 3 Windkesselfunktion der Aorta Modellversuch zum Windkesselprinzip der Aorta, er erklärt das Zustandekommen des diastolischen Blutdrucks. Normalerweise müsste der Blutdruck, wenn das Herz nicht schlägt, auf 0 absinken. Durch das Zusammenziehen des elastischen Teils der Aorta wird in dieser Phase ein gewisser Druck aufrecht erhalten. Prof. F. Wörgötter (nach M.Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 4 Elastische und plastische Verformung Experimente Beobachtung: Deutung: Prof. F. Wörgötter (nach M.Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 5 Elastizität: Querkontraktion und Temperatur Experimente Beobachtung: Deutung: Prof. F. Wörgötter (nach M.Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 6 Spannungs-Dehnungs-Kurve L L Relative Längenänderung Bruch, Zerreißen plastisch Δl L σ =E L l E: Elastizitätsmodul elastisch Hookscher Bereich: E=konstant σ σ = Zugspannung (=Kraft/Querschnittsfläche) ...gibt die mechanische Spannung an, die zum erreichen einer bestimmten relativen Längenänderung σ notwendig ist Prof. F. Wörgötter (nach M.Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 7 Erläuterung: der Elastizitätsmodul (Hook‘scher Bereich!) F Hook‘sches Gesetz für Federn F = DL L Grundlänge L und Querschnitt A bleiben gleich. Damit ist L/A eine Konstante. Kraft pro Längenänderung = Steigung der Graden E ist im wesentlichen die Federkonstante D (nur Hook‘scher Bereich!) Prof. F. Wörgötter (nach M.Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 8 Verformungsarten: elastisch, plastisch, Bruch elastisch: Verformung ist reversibel, d.h. sie geht nach Entlastung auf Null zurück. elastisch, Hookscher Bereich: im Hookschen Bereich sind Spannung und Längenänderung porportional zueinander, m.a.W. der Elastizitätsmodul ist unabhängig von der Spannung plastisch: irreversible Verformung, m.a.W. Längenänderung geht nach Entlastung nicht zurück; das Material „fließt“ Bruch: jenseits einer maximalen Spannung bricht das Material Materialien unterscheiden sich in der jeweiligen Größe ihrer elastischen und plastischen Bereiche spröde: kleine elastischen und/oder plastischen Bereiche (Glas!) Prof. F. Wörgötter (nach M.Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 9 Verhalten verschiedener Materialien Material E in GN/m2 Zugfestigkeit in MN/m2 Druckfestigkeit in MN/m2 Stahl 200 520 520 Kupfer 110 230 Aluminium 70 90 Beton 23 2 Knochen Zug=Spannung 16 200 Blei 16 12 Knochen Schub=Druck 9 17 270 Prof. F. Wörgötter (nach M.Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 10 Spannungs-Dehnungskurve eines menschlichen Knochens • die Spannungs-DehnungsKurven asymmetrisch: Stauchung und Dehnung führen zu unterschiedliche Ergebnisse • dauerhafte Belastungen führen zu plastischer Verformung (Verkrümmungen) • Wechsellast: Ermüdungsbruch Aufgabe: legen Sie die Hookschen Bereiche fest und vergleichen Sie die E-Module für Zug und Druck Prof. F. Wörgötter (nach M.Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 11 Wandspannung der Gefäße Druck p im Inneren führt zur Wandspannung σ: σ = p⋅ p Druck . Radius Wanddicke Erhöhung des Drucks führt zur Aufweitung des Gefäßes und zur Zunahme der Wandspannung: Δr 1 1 ∆V = Δσ = r E 2 V δ Wanddicke r δ 1 1r ΔV Δp = 2 Δσ ≈ 2 Eδ V E Prof. F. Wörgötter (nach M.Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 12 Zusatzfolie: Herleitung Δr 1 1 ∆V = Δσ = r E 2 V E= F 4A 4L L = 4û 4r r σ = Zugspannung (=Kraft/Querschnittsfläche) ∆r ist klein ∆r2 geht gegen Null (diesen Trick verwendet man sehr oft in der Physik) Δr 1 1 ∆V = Δσ = r E 2 V Prof. F. Wörgötter (nach M.Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 13 ...und nochmal Physiologie ΔV 1 1r = 2 Δσ ≈ 2 Δp V E Eδ die Physiologie benutzt häufig den Volumenelastizitätsmodul* E‘, also den Zusammenhang: 1r 1 VΔ V ΔV = 2 p = Δp Eδ E' der Kehrwert von E‘ wird in der Physiologie „Compliance“ genannt: 1 ΔV = E' Δp Intuitiv: Volumenänderung bei Druckänderung Prof. F. Wörgötter (nach M.Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 14 ...Compliance und verrichtete Arbeit die Fläche unter der p-V-Kurve ist die bei der Volumenänderung verrichtet mechanische Arbeit: V2 W = ∫ p( V )dV V1 bei periodische Vorgängen die eingeschlossene Fläche Beispiel: Compliance der Lunge mit Luftfüllung und mit Ringerlösung (Saline) Füllung Compliance vor allem durch Grenzfläche Luft/Surfactant bestimmt (Oberflächenspannung!) 3 1 ΔV = E' Δp 1: geringe Compliance 2 2: hohe Compliance 1 3: wieder abnehmende Compliance Prof. F. Wörgötter (nach M.Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 15 Hyaline Membrane Disease Hyaline Membrane Disease A respiratory disease of the newborn, especially the premature infant, in which a membrane composed of proteins and dead cells lines the alveoli (the tiny air sacs in the lung), making gas exchange difficult or impossible. Bei gleichem Druck massiv unterschiedliche Volumina Prof. F. Wörgötter (nach M.Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 16 Akustik und Ultraschall Akustik... wo wollen wir hin? • Gehör: Schallübertragung, Reizleitung, Schallempfindung (Lautstärke, Tonhöhe), physikalische und physiologische Größen • Phonation: Schall- und Lauterzeugung • Ultraschall: Erzeugung und Aufzeichung, Bildgebung (A-Bild, B-Bild, Duplex-Sonographie) Prof. F. Wörgötter (nach M.Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 17 Akustik • Medizin-relevantes Problem Bsp.: auditorisches System, Phonation Prof. F. Wörgötter (nach M.Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 18 Akustik • Relevante physikalische Größen und physikalische Gesetze Bsp.: Frequenz, Druck, Lautstärke Z − Z2 R = 1 Z1 + Z 2 Reflexion 2 c = λ⋅f sin α1 n2 = sin α 2 n1 Schallgeschwindigkeit Beugung Brechung α1 n1 L = 10 ⋅ log I I0 Schalldruckpegel Lautstärke n2 α2 Prof. F. Wörgötter (nach M.Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 19 Sonographie A-Bild eines Herzens (Aufnahme 1954) 3D-4D B-Bild Prof. F. Wörgötter (nach M.Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 20 Duplex-Sonographie Halsarterie Transvaginale Uterus Duplex Sonographie Nieren gefäße A varix (pl. varices) is an abnormally dilated vessel with a tortuous course. Varices usually occur in the venous system, but may also occur in arterial or lymphatic vessels. Dopplereffekt: Rot Bewegung auf uns zu, Blau von uns weg Prof. F. Wörgötter (nach M.Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 21 Rotationen: Definitionen Winkelbeschleunigung Drehmoment φ ω = ϕ =ϕ α=ω T = θω Trägheitsmoment θ: θ = m⋅r2 Winkelkoordinate Winkelgeschwindigkeit Drehimpuls Strecke s . Geschw. v = s .. Beschl. a = s φ Kraft F=ma Masse m I = θω Impuls p=mv In Abwesenheit äußerer Drehmomente ist der Drehimpuls eines Systems konstant kinetische Energie der Rotation: T = rF sin α Erot θ 2 = ω 2 kinetische Energie: Ekin = ( T = r × F) Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 22 m 2 v 2 Schwingungen (allgemein) Schwingungen sind zeitlich periodische Vorgänge betrachten (einfache) harmonische Schwingungen • Amplitude • Frequenz (Periode, Kreisfrequenz) • Phase Prof. F. Wörgötter (nach M.Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 23 Versuch • Kreisscheibenrotation – Von oben – Von der Seite • Sowie normales Pendel Prof. F. Wörgötter (nach M.Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 24 Erläuterungen zum Versuch: Kreisfrequenz, etc. y y Wir erinnern uns: Sinus = Gegenkathete zu Hypothenuse Cosinus = Ankathete zu Hypothenuse x0 x0 ϕ ϕ x x x01 0.5 00 -0.5 -x0 -1 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 Prof. F. Wörgötter (nach M.Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 25 Erläuterungen zum Versuch: Kreisfrequenz, etc. x01 0.5 00 -0.5 -x0 -1 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 Winkelgeschwindigkeit ist der Winkel der pro Zeit überstrichen wird, also: oder: Damit: Und für den Sinus gilt dasselbe Prof. F. Wörgötter (nach M.Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 26 Erläuterungen zum Versuch: Kreisfrequenz, etc. In sehr viele Fällen (hier auch!) ist die Winkelgeschwindigkeit konstant! ω = const Winkelgeschwindigkeit ist überstrichener Winkel pro Zeit! Wenn diese konstant bleibt können wir also auch den ganzen Kreis als den überstrichenen Winkel annehmen und fragen wie lange braucht das System um einmal vollständig „rumzulaufen“? Der Winkel eines gesamten Kreisumlauf ist: 2π Der Kreisumlaufzeitraum heißt Periodendauer: T und ist invers zur Frequenz: T = 1/f ω heißt Winkelgeschwindigkeit Damit: oder Kreisfrequenz Prof. F. Wörgötter (nach M.Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 27 ...zunächst: mechanische Schwingungen zu unterscheiden sind: • freie Schwingungen, d.h. einmalige Auslenkung des Systems - ungedämpft - gedämpft - erzwungene Schwingung, d.h. periodische Anregung des Systems Prof. F. Wörgötter (nach M.Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 28 Freie Schwingungen Experiment durchführen mit gleichen Massen aber 2x verschieden Beobachtung: Deutung: Prof. F. Wörgötter (nach M.Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 29 freie ungedämpfte Schwingung Auslenkung x(t) T x0 • Schwingungsdauer (Periode) T • Amplitude x0 • Frequenz f 1 f= • Kreisfrequenz ω 2π ω = 2πf = T x( t ) = x 0 sin ωt Bem.: die allgemeine Form einer harmonischen Schwingung ist: x( t ) = A sin ωt + B cos ωt = x 0 sin ωt + ϕ ( ) Prof. F. Wörgötter (nach M.Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 30 T Geschwindigkeit und Beschleunigung • Geschwindigkeit v(t): Änderung der Position x(t) mit der Zeit t v( t ) := dx = x ( t ) dt • Beschleunigung a(t): Änderung der Geschwindigkeit v(t) mit der Zeit t d2 x dv a( t ) := = v ( t ) = x( t ) = 2 dt dt Prof. F. Wörgötter (nach M.Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 31 Geschwindigkeit und Beschleunigung (anschauliche Bedeutung) dx v( t ) := = x ( t ) dt Steigung der Positions-Zeit-Kurve (x-t-Diagramm) d2 x dv a( t ) := = v ( t ) = x( t ) = 2 dt dt Steigung der Geschwindigkeits-Zeit-Kurve (v-t-Diagramm) Prof. F. Wörgötter (nach M.Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 32 Geschwindigkeit und Beschleunigung (anschauliche Bedeutung) dx v( t ) := = x ( t ) dt Steigung der Positions-ZeitKurve (x-tDiagramm) Prof. F. Wörgötter (nach M.Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 33 freie ungedämpfte Schwingung Auslenkung x( t ) = x 0 sin ωt Geschwindigkeit v( t ) = ωx 0 cos ωt Beschleunigung a( t ) = −ω2 x 0 sin ωt Prof. F. Wörgötter (nach M.Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 34 Mal übereinandergelegt 1 sin(x) cos(x) -sin(x) 0.8 0.6 0.4 0.2 0 -0.2 -0.4 -0.6 -0.8 -1 0 2 4 6 8 10 Rot: Auslenkung sin(ωt) Grün: Geschw. cos(ωt) = “sin(ωt + 90°)” Blau: Beschleu. –sin(ωt) = “sin(ωt + 180°)” Prof. F. Wörgötter (nach M.Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 35 12 freie ungedämpfte Schwingung Auslenkung Auslenkung und Beschleunigung (Kraft) sind zu jedem Zeitpunkt entgegen gesetzt! es gibt eine rücktreibende Kraft Beschleunigung allgemein: x( t ) = −ω02 x( t ) Erinnerung: Die zweite Ableitung des Ortes nach der Zeit ist die Beschleunigung: a! Prof. F. Wörgötter (nach M.Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 36 freie ungedämpfte Schwingung: Eigenfrequenz Wir hatten: x( t ) = −ω02 x( t ) also 2. Newton Axiom F=ma ergibt also: Federkraft (Hook‘sches Gesetz) ist: Gleichsetzen der Kräfte: Umstellen: Ergibt die Eigenfrequenz zu: Prof. F. Wörgötter (nach M.Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 37 freie ungedämpfte Schwingung: Eigenfrequenz Auslenkung allgemein: x( t ) = −ω02 x( t ) Ein Federpendel (Federkonstante D, Masse m) schwingt mit einer Eigenfrequenz f0, die gegeben ist durch ω0 1 D f0 = = 2π 2π m Bem.: die Eigenfrequenz wird bei den erzwungenen Schwingungen nochmals wichtig. Prof. F. Wörgötter (nach M.Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 38 ...wrap up Auslenkung Beschreibung harmonischer Schwingungen (allgemein): • Schwingungsdauer (Periode) T • Amplitude x0 • Frequenz f 1 f= ω0 1 D f = = Federpendel 0 2π 2π m x( t ) = x 0 sin ωt v( t ) = ωx 0 cos ωt • Kreisfrequenz ω 2π ω = 2πf = T a( t ) = −ω2 x 0 sin ωt Prof. F. Wörgötter (nach M.Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 39 T Kontrollfragen • Zeichnen Sie den typischen Verlauf einer Verformungskurve und markieren Sie den Hookschen, den elastischen und den plastischen Bereich sowie den Bruch. • Wie lautet die Definition des Elastizitätsmoduls und welche Bedeutung hat er? • Welche Arbeit muss bei Volumenänderung gegen einen Druck aufgebracht werden? • Wie hängt die mechanische Spannung eines zylindrischen Hohlraums von Radius und Wanddicke ab? • Nennen Sie 5 physikalische Größen, die zur Beschreibung einer freien, harmonischen, ungedämpften Schwingung verwendet werden können. • Skizzieren Sie den Verlauf und tragen Sie diese Größen in das Diagramm ein. Prof. F. Wörgötter (nach M.Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 40 Prof. F. Wörgötter (nach M.Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 41 Zusammenfassung und Ergänzungen EH Schwerefeld: EH = mgh h Ergänzung 1: Der Nullpunkt der potentiellen Energie ist frei wählbar. Physikalisch relevant sind nur Differenzen der potentiellen Energie Ergänzung 2: Aufteilung der potentiellen Energie in Teile, die vom Schwerefeld der Erde stammen, und solche, die den „Probekörper“ beschreiben: EH = m ⋅ gh VH=gh heißt Potential des Schwerefeldes ( elektrisches Potential) Prof. F. Wörgötter (nach M.Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 42