Physik für Mediziner und Zahnmediziner Vorlesung 21 Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 1 Gase (insbesondere: im Körper) aus: Klinke/Silbernagel: Lehrbuch der Physiologie Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 2 Gase im Körper: Lernziele • Gase: Zusammenhang der Zustandsgrößen Druck p, Volumen V, Temperatur T • mikroskopische Interpretation von Druck und Temperatur • Messbedingungen: BTPS, ATPS, STPD • Dampfdruck • Gasgemische: Partialdrücke pi • Lösung von Gasen in Flüssigkeiten • O2-Bindungskurve • die Taucherkrankheit und die Sektflasche Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 3 Bewegung in Gasen: Impuls und Druck Experiment Beobachtung: Deutung: Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 4 Geschwindigkeitsverteilung T[K] <v> [m/s] 300 476 500 614 1000 862 Die mittlere Geschwindigkeit der Teilchen hängt auch von der Teilchenart ab (von deren Masse)! Die mittlere Geschwindigkeit der Teilchen hängt von der Temperatur ab. Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 5 Wiederholung: kinetische Energie Wkin m 2 = v 2 Die mittlere kinetische Energie eines Gasteilchens ist proportional zur Temperatur: Wkin m 2 3 v = k BT = 2 2 kB ist die Boltzmann Konstante: 1.380 . 10-23 J/K Bem.: es ist v 2 ≠ v 2 !! Mittelwert der Quadrate ist nicht gleich dem Quadrat der Mittelwerte! Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 6 Wiederholung: Energie und Impuls Erhaltungsgrößen Energie E s2 ∆E = Fp s = ∫ Fds s 1 Energieerhaltungssatz: In einem System, das keinen äußeren Kräften unterworfen ist, ist die Gesamtenergie, d.h. die Summe der potentiellen und kinetischen Energie, konstant. Impuls p = mv t2 ∆p = F( t ) ⋅ t = ∫ F( t )dt t 1 Impulserhaltungssatz: Wirken keine äußeren Kräfte, so ist die vektorielle Summe aller Impulse konstant Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 7 Druck eines idealen Gases v Impulssatz: Bilanz eines Teilchens und Gefäßwand v A v vorher : p T + p W = mv + 0 nachher : p T + p W = −mv + Δp W ∆s Impulsübertrag auf die Wand: Δp W = 2mv … Kraftstöße … Druck Druck durch Impulsübertrag von Teilchen auf die Wand Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 8 Ideales Gasgesetz Wir haben N Teilchen. Wie viele davon treffen pro Zeiteinheit ∆t eine Wand? Antwort: N/6 pro ∆t Also ist die Aufprallhäufigkeit: Definition der Geschwindigkeit: Damit: ergibt Stöße pro Zeit. Wie ist also der Impuls pro Zeit? Erhält man durch: Stöße pro Zeit mal Einzelimpuls also: Wir hatten (vorige Folie): t2 Weiterhin gilt: ∆pw= F( t ) ⋅ t = ∫ F( t )dt t 1 Damit: Damit: Kraft ist Impuls pro Zeit Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 9 Ideales Gasgesetz Von vorhin Druck gleich Kraft pro Fläche Volumen Also: Wir hatten allgemein: Boltzmann Gleichung Gesetz idealer Gase: oder: Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 10 Zustandsgleichung eines idealen Gases Zahl der Mole (absolute) Temperatur (in K) Druck (in Pa) pV = nRT Volumen (in m3, l,ml, cm3) allgemeine Gaskonstante J R = NA ⋅ k B = 8.3 K ⋅ mol Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 11 Zustandsgleichung eines idealen Gases Zahl der Mole (absolute) Temperatur (in K) Druck (in Pa) pV = nRT Volumen (in m3, l,ml, cm3) allgemeine Gaskonstante J R = NA ⋅ k B = 8.3 K ⋅ mol Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 12 Molvolumen Molvolumen V (n) = 22.4 l Oder aber: 18g Wasser ergeben 22.4 Liter Dampfffffff Oder aber 1l Wasser ergeben 1244l Dampffffffffffffffffffffffffff (Sauna!) Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 13 Ideales Gas, Spezialfälle: konstanter Druck … Isobare nR V= T = konst ⋅ T p p1>p2 jeweils konstant V p2 p1 T Ballonversuch Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 14 Ideales Gas, Spezialfälle: konstantes Volumen … Isochore nR p= T = konst ⋅ T V V1>V2 jeweils konstant p V2 V1 T Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 15 Ideales Gas, Spezialfälle: konstante Temperatur … Isotherme nRT konst. p= = V V T1>T2 jeweils konstant p T1 T2 V Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 16 Ideales Gas, Spezialfälle: Kein Wärmetransport: adiabatisch Alle Größen der Gleichung ändern sich da keine Wärme an die Umgebung abgegeben wird (kein Wärmeaustausch) Prozesse innerhalb einer Thermoskanne sind adiabatisch. Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 17 Ideales Gas, Spezialfälle: Kein Wärmetransport: adiabatisch Morgendliche Abkühlung! Lufterwärmung führt zu Unterdruck Erde 6.2. 2012 17:30 -9°C 06:45 -15.7°C 07:15 -16.2°C Expansion ohne Wärmeaustausch führt zur Abkühlung! System ist zu groß und CLuft zu klein. Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 18 Zusammenfassung pV = nRT T1>T2 konstant V1>V2 konstant p p V2 V p1>p2 konstant p2 T1 p1 V1 T2 T nR p= T V 1 p = nRT V V T V= nR T p Sonderfall: adiabatische Änderung: Alle Größen ändern sich relativ zueinander. Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 19 Nicht-ideales Gas: Van der Waals Korrektur Butangasversuch Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 20 Nicht-ideales Gas: Van der Waals Korrektur n Butangasversuch Druck durch Wandstöße Echtes Raumvolumen V p b Etc. a/V2 oder Eigenvolumen der Teilchen b Etc. Druck durch Eigenstöße a/V2 Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 21 Standardbedingungen Angabe von Volumina erfordert Angabe von Druck und Temperatur STPD: Standard Temperature Pressure Dry Tn =0°C, pn =101kPa, pH2O=0 (trockenes Gas) BTPS: Body Temperature Pressure Saturated T=37°C (310K), pH2O=6.3kPa ATPS: Ambient Temperature Pressure Saturated T= Umgebungstemperatur, p= Umgebungsdruck, pH2O=pH2O(T) Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 22 Phasendiagramm des Wassers Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 23 Dampfdruck pH2O Wasser (Flüssigkeit) steht im Gleichgewicht mit Wasserdampf (Gas) mit dem Gleichgewichtsdampfdruck (0) , der stark temperaturabhängig ist… pH2O Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 24 Gasgemische: Partialdruck Zusammensetzung der Luft Gas Volumenanteil [%] N2 78.1 O2 20.9 Ar 0.93 CO2 0.03 Rest 0.04 ideales Gas: Zustandsgleichung gilt für jede Komponente i … pi V = niRT d.h. jede Komponente verhält sich so, als ob keine weiteren Gasteilchen vorhanden wären… Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 25 Gasgemische: Partialdruck niRT pi = V Zusammensetzung der Luft Gas pi [kPa] N2 79.7 O2 21.2 Ar 0.94 CO2 0.03 Rest 0.04 Summe 101.3 p gesamt RT = ∑ p i = ∑ ni V i i Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 26 Schmidt/Thews: Physiologie des Menschen Jedes O2- bzw. CO2- Molekül, das in der Lunge oder den Geweben ausgetauscht wird, durchläuft den Zustand der physikalischen Lösung. Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 27 Lösung von Gasen in Flüssigkeiten Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 28 Löslichkeit: Henry-Gesetz Vi(n) = α ⋅ pi VLM (n) i V : VLM : α: gelöstes Gasvolumen (STPD) Flüssigkeitsvolumen Löslichkeit (Einheit: kPa-1) Die Konzentration des in der Flüssigkeit gelösten Gases ist proportional zu seinem Partialdruck im umgebenden Gasraum. Zusammenhang von Konzentration und Partialdruck Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 29 Gasaustausch Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 30 Gasaustausch Strömung/Diffusion Plasma Erythr. Membran Alveolarraum Diffusion O2 (Häm.) O2 (Gas) O2 (Plasma) Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 31 Verlauf des O2-Partialdrucks venös pO2 arteriell pO2 Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 32 O2-Bindungskurve Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 33 Überblick aus: Klinke/Silbernagel: Lehrbuch der Physiologie Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 34 Löslichkeiten α [1/kPa] Lösungsmittel O2 CO2 N2 H 2O T=20°C 3.1∙10-4 88∙10-4 1.6∙10-4 H 2O T=37°C 2.4∙10-4 57∙10-4 1.2∙10-4 Blut T=37°C 2.4∙10-4 49∙10-4 1.2∙10-4 Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 35 Taucherkrankheit und Sektflasche • (hydrostatischer) Druck steigt mit Tauchtiefe um ca. 100kPa/10m • Folge: Lösung eines größeren Volumens der Atemgase im Blut und im Gewebe • überschüssiges gelöstes Gas kann Blasen beim (zu schnellen) Auftauchen bilden… • Dekompression Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 36 Druck eines idealen Gases 1.) Zeigen Sie, dass für ein ideales Gas der Zusammenhang zwischen Druck p, Volumen V und Temperatur T gegeben ist durch: pV = nRT v v A v 2.) Zeichnen Sie schematisch die Verläufe nach obigem Zusammenhang für • p=konstant p ∆s p • T= konstant V=konstant V T=konstant • V= konstant T p=konstant V Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 38 T Aufgabe Die mittlere kinetische Energie idealer Gase beträgt pro Teilchen (Atom oder Molekül): Ekin m 2 3 = v = k BT 2 2 wobei kB=1.38·10-23J/K (Boltzmann-Konstante) und T die absolute Temperatur bezeichnen. Berechnen Sie die mittlere Geschwindigkeit eines O2-Moleküls bei Raumtemperatur, T=300K. Die Masse eines Mols (=6·1023 Teilchen) O2 beträgt M=32g. Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 39 Lösung Die mittlere kinetische Energie idealer Gase beträgt pro Teilchen (Atom oder Molekül): Ekin = m 2 3 v = kBT 2 2 wobei kB=1.38·10-23J/K (Boltzmann-Konstante) und T die absolute Temperatur bezeichnen. Berechnen Sie die mittlere Geschwindigkeit eines O2-Moleküls bei Raumtemperatur, T=300K. Die Masse eines Mols (=6·1023 Teilchen) O2 beträgt M=32g. v2 3k B T 3 ⋅ 1.38 ⋅ 10 −23 J / K ⋅ 300K = = m (32g / 6 ⋅ 10 23 ) 2 J kgm 2 5 m = 232.875 = 232.875 2 = 2.32 ⋅ 10 2 g sg s m 2 v = 482.6 s Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 40 Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 41 Prof. F. Wörgötter (nach M. Seibt) -- Physik für Mediziner und Zahnmediziner 42