Carmina Burana - Musica Starnberg

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Carmina Burana
Benjamin Britten – Simple Symphony
Edward Elgar – Pomp and Circumstance
Carl Orff – Carmina Burana
Samstag, 21. Juli 2012
20 Uhr • Seebühne im Strandbad Starnberg
www.musica-starnberg.de
Programm
Grußwort
Benjamin Britten
Simple Symphony
Edward Elgar
Pomp and Circumstance Marches (1 und 4)
Carl Orff - Carmina Burana
(Cantiones profanae)
für Sopran, Tenor und Bariton, gemischten Chor,
Männerchor, Kinderchor und großes Orchester
Solisten
Roswitha Schmelzl (Sopran)
Sibrand Basa (Tenor)
Christian Eberl (Bariton)
Chor und Orchester Musica Starnberg (Einstudierung Ulli Schäfer)
Kammerchor Schwabmünchen (Einstudierung Tobias Burann-Drixler)
Kinderchor Starnberg (Einstudierung Susanne Schieder)
Künstlerische Leitung: Ulli Schäfer
Welcher Liebhaber der „Carmina Burana“ kennt sie nicht,
die Eingangszeile „O Fortuna, velut luna, statu variabilis“,
mit der die Launenhaftigkeit der Glücksgöttin in Carl Orffs
berühmtem Werk besungen wird?
Einer guten Laune Fortunas – die ursächlich auf das
100-jährige Jubiläum der Stadterhebung Starnbergs
zurückgehen könnte – ist es wohl zu verdanken, dass wir
unseren Bürgerinnen und Bürgern erstmals in der Geschichte Starnbergs eine Seebühne präsentieren können,
auf der zehn Tage lang ein abwechslungsreiches Programm
für Jung und Alt geboten wird.
Ein immerhin auch schon 75-jähriges Jubiläum feiern in
diesem Jahr Carl Orffs „Carmina Burana“. Grund genug für
„Musica Starnberg“ und das städtische Kulturamt, dieses
Werk auf der Seebühne zu präsentieren.
Bereits 1995 bereiteten uns Chor und Orchester des damals
noch als „Starnberger Musikkreis“ bezeichneten Vereins
ebenfalls mit dem Orff’schen Werk großen Klanggenuss
zur Eröffnung der Schlossberghalle. Dieses Werk nun auf
einer Seebühne darbieten zu dürfen, ist ein besonderes
Ereignis, auf das sich sowohl die Mitwirkenden als auch die
Besucherinnen und Besucher freuen können.
Den Mitgliedern von „Musica Starnberg“ danke ich für die
vielen Stunden, die in die Proben investiert wurden, und
uns allen wünsche ich einen unvergesslichen Abend!
Ihr
Ferdinand Pfaffinger
Erster Bürgermeister
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Zu den Werken des heutigen Abends
Die Wahrnehmung der musikalischen Öffentlichkeit ist selektiv.
Oft genug hängt es vom Zufall,
von den Begleitumständen der
Entstehung und der Aufführungstradition ab, welche Werke
im Zentrum der allgemeinen
Wertschätzung stehen und welche nicht. Es gibt sogar Komponisten, die ein umfangreiches,
qualitativ hoch stehendes Lebenswerk geschaffen haben, und
von denen doch nur ein einziges
Werk im allgemeinen Bewusstsein verankert ist.
So bei Carl Orff (1895–1982): zu Lebzeiten
ein vielseitiger Komponist, dessen Werke
überall aufgeführt und hoch geschätzt
wurden, ist er heute, dreißig Jahre nach
seinem Tod, weitgehend auf Carmina
Burana reduziert. Im Raum München–Andechs, wo Orff gelebt und gewirkt hat, gibt
es immer wieder Bestrebungen, auch die
übrigen Orff-Werke der Vergessenheit zu
entreißen – durchaus mit Erfolg; es zeigt,
dass die einseitige Beschränkung auf Carmina Burana keine Frage der Qualität ist.
In anderen Weltgegenden aber, erst recht
für die Plattenindustrie, ist der Name Orff
gleichbedeutend mit Carmina Burana, und
Carmina Burana ist Orff.
Wer weiß schon noch, dass Carmina Burana
als erster Teil einer Trilogie konzipiert ist?
Catulli Carmina und Trionfo di Afrodite
heißen die weiteren Teile: kaum jemals
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aufgeführt, kaum bekannt. Und selbst das
Orffsche Schulwerk, einst die Speerspitze
fortschrittlicher Musikerziehung, wird nur
von einigen Unentwegten noch hochgehalten, und das zugehörige Orff-Instrumentarium verstaubt auf den Dachböden
der Institute. Kein Wunder: Musikschulen
bereiten die angehenden Musiker auf
den gnadenlosen Konkurrenzkampf ihres
künftigen Berufs vor, und allgemein bildende Schulen haben mit G8, Sprach- und
Disziplinarproblemen sowie mit kulturellen
und religiösen Konflikten wahrlich andere
Sorgen.
Als Carl Orff mit der Komposition von
Carmina Burana begann, war er knapp
vierzig Jahre alt. Er hatte eine gescheiterte
Ehe hinter sich und war allein erziehender
Vater einer Tochter. In Fachkreisen war er
als Komponist durchaus angesehen, doch
wartete er noch auf den großen Erfolg, auf
den Durchbruch beim Publikum. Gemeinsam mit der Tänzerin Dorothee Günther
hatte er eine Schule für Gymnastik, Tanz
und Musik gegründet, was seiner Neigung
zum Tänzerischen, zum betont Rhythmischen entgegenkam. Musikalisch fühlte er
sich besonders dem frühbarocken Opernkomponisten Claudio Monteverdi verbunden, von dem er einige Werke modernisiert
und neu instrumentiert hatte. Als zutiefst
unpolitischer Mensch interessierte es ihn
kaum, dass in Deutschland seit einem Jahr
die Nationalsozialisten an der Macht waren:
er stand den braunen Horden weder nahe,
noch war er von ihnen abgestoßen.
Im Frühjahr 1934 stieß Orff in einem Antiquariatskatalog auf ein Buch mit dem
Titel Carmina Burana. Der Komponist war
seit seiner Gymnasialzeit ein guter Lateiner,
doch das Wort Burana sagte ihm nichts.
Dennoch – oder gerade deshalb – zog
ihn diese Überschrift magisch an, und er
erwarb das Büchlein. Am Gründonnerstag
hielt er es in Händen, und bis Ostermontag hatte er bereits drei Stücke daraus als
Chorsätze komponiert, noch immer ohne
zu wissen, was Burana
bedeutet. Erst später
kam der Komponist
dahinter, warum er
dieses Wort in seinem
Latein-Wörterbuch
vergeblich suchte: es
war vom alten bayrischen Ortsnamen
Beuern – latinisiert Buranum – abgeleitet;
wegen des dortigen Benediktinerklosters hieß der Ort später und bis heute
Benediktbeuern.
Der Codex Buranus, der dem Buch zugrunde lag, war eine Sammlung von Liedern
verschiedener anonymer Verfasser, um
1280 von den Benediktbeurer Mönchen
zusammengetragen. Ähnliche Codices gab
es in vielen mittelalterlichen Klöstern: vermischte Gedichte von Klerikern, Scholaren
und Vaganten über geistliche und weltliche
Inhalte. Die unterschiedliche Herkunft
der Texte spiegelt sich in der Vielfalt der
Sprachen. Es überwog das Lateinische, die
lingua franca des Mittelalters, doch waren
die Gedichte, anders als bei antiken Autoren, durch Endreime gegliedert. An zweiter
Stelle stand das Mittelhochdeutsche, und
sogar das Provenzalische, die Sprache der
Troubadours, war vertreten. Die Themen
deckten das ganze Spektrum des Mittelalters ab: geistliche Dichtung, Naturlyrik,
Spottgesänge, Liebes- und Trinklieder und
vieles andere mehr.
Der Codex war schon bald nach seiner
Entstehung in Vergessenheit geraten
und schlummerte im Archiv des Klosters
Jahrhunderte lang vor sich hin. Als im Zuge
der Säkularisation 1803 dann das Benediktinerkloster aufgehoben wurde und die
Gelehrten das Archiv durchforsteten, kam
auch der Codex wieder ans Tageslicht und
gelangte in die Bayerische Staatsbibliothek.
Der Historiker Johann Andreas Schmeller
besorgte eine Druckausgabe, und weil die
Gedichte durchwegs als Lieder anzusehen
waren, änderte er den Titel in Carmina Burana. Es war ein Exemplar dieser SchmellerAusgabe, das Carl Orff in die Hände fiel.
Nach der ersten Begeisterung Orffs, die
sich in den drei Chorsätzen niederschlug,
stockte die Arbeit zunächst. Der Komponist
war von der schieren Fülle der mehr als
250 Lieder erschlagen, und er fühlte, dass
er Hilfe bei der Auswahl und Gliederung
brauchte. Er wandte sich daher an einen
guten Bekannten, den Juristen Michel
Hofmann in Bamberg, der sich nebenbei
mit der Herausgabe altrömischer Texte befasste. Hofmann war der richtige Mann, den
literarischen Wert der lateinischen Lieder
zu beurteilen und den Musiker kompetent
zu beraten. Orff fuhr selbst nach Bamberg
und traf sich mit Hofmann, und am Ende
der Bamberg-Reise war aus dem mittelalterlichen Codex ein sinnvolles Libretto ent-
5
Zu den Werken des heutigen Abends
standen. In drei Teile war der zu vertonende Text gegliedert: zuerst das Erwachen
des Frühlings und der Liebe, dann ein
opulentes Gelage in einer Schenke,
und zuletzt eine Liebesgeschichte, der “Cours
d’Amour“. Umrahmt
wurde das Ganze vom
mächtigen Schicksalschor
unter dem Titel “Fortuna
Imperatrix Mundi“ – “Fortuna,
Herrscherin der Welt“.
Die Komposition zog sich
über die nächsten Jahre hin,
zumal Orff auch bei den
Olympischen Spielen von
1936 eingebunden war und
dort einige Fanfaren und
Festmusiken beisteuerte.
Aber gegen Ende des Jahres 1936 lag die
Partitur zu Carmina Burana vollständig vor.
Der Komponist war sich bewusst, etwas
Besonderes geschaffen zu haben. “Alles,
was ich bisher geschrieben und Sie leider
gedruckt haben, können Sie nun einstampfen.“, schrieb er an seinen Verleger Schott.
“Mit Carmina Burana beginnen meine
gesammelten Werke.“
Die Uraufführung des Werks fand am 8.
Juni 1937 in der Oper von Frankfurt am
Main statt. Dirigent war Bertil Wetzelsberger; es sang der Cäcilienchor, und
Oskar Wälterlin führte bei der szenischen
Aufführung Regie. Der Komponist war
mit seiner Tochter zur Premiere angereist
und anfangs sehr besorgt um den Erfolg:
würden die Sänger und Instrumentalisten
die für sie ungewohnten Schwierigkeiten
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Zu den Werken des heutigen Abends
Fortuna und das „Rad
des Lebens“ im mittelalterlichen Werk „Hortus
deliciarum“ („Garten der
Wonnen“) von Herrad
von Landsberg (12. Jhd.)
bewältigen, wie würde Carmina Burana
beim Publikum ankommen? Es erwies sich
aber, dass Orffs Bedenken unbegründet
waren: die Aufführung ging glänzend über
die Bühne und fand einhelligen Applaus.
Mit einem Schlag war der Name Carl Orff
weit über den engeren Kreis der Berufsmusiker und Musikenthusiasten hinaus
bekannt geworden.
Das offizielle Nazi-Deutschland teilte die
Begeisterung des Publikums anfangs nicht.
Eine Kritik im Völkischen Beobachter stieß
sich vor allem am Rückgriff auf die alten
Sprachen. „Für die überwiegende Mehrzahl
der Theaterbesucher ist die lateinische
Sprache ein Buch mit sieben Siegeln.“,
schrieb das Blatt. „Das Mittelalter hat
sich überlebt, und was wir heute noch in
unserem geistigen Leben als Überbleibsel
finden, ist reaktionär und römisch infiziert.
Unsere Zeit verlangt eine Haltung, die unseren Lebensaufgaben entspricht. Unsere
deutsche Sprache ist so reich und vielfältig,
dass wir nicht unter die Kutte eines noch
so flüssigen und gelahrten Mönchslatein
kriechen wollen.“
In der Folge sagten einige Theater die
geplanten Aufführungen von Carmina
Burana ab. Zu einem vollständigen Verbot
kam es dennoch nicht, zumal sich mehrere
bedeutende Musiker – auch solche, die den
Nationalsozialisten nahe standen – für das
Werk einsetzten. Der Dirigent Karl Böhm,
immerhin Mitglied in Alfred Rosenbergs
Kampfbund für deutsche Kultur, leitete
1940 eine Aufführung in Dresden, die zu einem durchschlagenden Erfolg geriet. Und
auch verschiedene ausländische Bühnen
meldeten ihr Interesse an. Während des
Zweiten Weltkriegs war Carmina Burana
das einzige zeitgenössische Musikwerk,
welches sowohl in Deutschland als auch
außerhalb gespielt wurde, quasi das
letzte kulturelle Bindeglied zwischen NaziDeutschland und dem Rest der Welt.
Der große Erfolg der Carmina Burana war
nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass
es für die Musikinteressierten im “Dritten
Reich“ kaum eine andere Möglichkeit gab,
zeitgenössische Werke zu hören. Die heutigen “Klassiker der Moderne“ wie Bartók,
Schönberg und Strawinsky waren verboten, der Jazz als “Negermusik“ diffamiert.
Von den lebenden deutschen Komponisten
hatten Richard Strauss und Hans Pfitzner
ihren Zenit überschritten, Paul Graener
besaß allenfalls lokale Bedeutung, und der
Operettenkomponist Paul Lincke konnte
nicht ernsthaft als Exponent der musikalischen Moderne gelten. Mit Carmina Burana
lag nun ein Werk vor, welches unzweifelhaft
modern und doch unmittelbar eingängig
war, rhythmisch prägnant und doch in
achttaktige Perioden gegliedert, tonal,
aber fernab jeder Operettenseligkeit. Viele
Menschen, die mit “moderner Musik“ sonst
nichts anfangen können, lieben doch die
Carmina Burana.
Die Erfolge von Carl Orff setzten sich
sowohl im “Dritten Reich“ als auch nach
Kriegsende in der jungen Bundesrepublik fort. Catulli Carmina, der zweite Teil der
Trilogie, erlebte noch 1943 seine Uraufführung; der dritte Teil Trionfo di Afrodite
folgte 1953. Beide Werke griffen auf antike
Texte zurück. Dazwischen und danach
schuf der Komponist Opern, Sprechstücke
und geistliches Theater. Er hatte seinen Stil
gefunden, ging unbeirrt von allen Entwicklungen und Modeerscheinungen der neuen
Musik seinen Weg und blieb bei seiner Art
von Musiktheater, die bei aller Neuheit doch
ungewöhnlich publikumswirksam war. Den
Boden der tonalen Schreibweise verließ Orff
kaum, und seine Stoffe fand er im Mittelalter
und in der griechisch-römischen Antike.
Als Carl Orff 1982 im Alter von 86 Jahren in
seiner Geburtsstadt München starb, war er
längst zu einer Institution geworden.
So begegnet uns in Carl Orff ein Komponist,
der auf seine Weise versuchte, die Brücke
zwischen E-Musik und U-Musik zu spannen.
Sich weder dem vermeintlichen Massenge-
7
Zu den Werken des heutigen Abends
schmack anzubiedern noch Musik gegen
das Publikum zu schreiben – das bedeutet
einen Spagat, der nicht vielen gelingt. Orff
schaffte es, seine Zuhörer weder zu unternoch zu überfordern. So gesehen, steht
er in einer Reihe mit George Gershwin,
Leonard Bernstein, Astor Piazzolla und anderen Komponisten, die modern und doch
eingängig, kunstvoll und doch verständlich
zu schreiben wussten. Und insbesondere
gilt dies für die Carmina Burana, dem Werk,
mit dem Orff den Nerv seiner Zeit traf, und
das heute noch so lebendig und beliebt ist
wie eh und je.
Insgesamt fünf Orchestermärsche hat
der englische Komponist Edward Elgar
(1857–1934) unter der Überschrift
Pomp and Circumstance veröffentlicht;
einen sechsten konzipierte er noch kurz
vor seinem Tod. Der Titel stellt ein Zitat
aus Shakespeares Othello dar, wo der Titelheld im dritten Akt von “pride, pomp, and
circumstance of glorious war“ schwärmt.
Die Märsche gehören zu den bekanntesten
und beliebtesten Werken Elgars, insbesondere der erste, der alljährlich seinen festen
Platz in der Last Night
of the Proms innehat.
Aber auch der ähnlich
strukturierte vierte
Marsch erfreut sich
großer Beliebtheit.
Beide Märsche kontrastieren einen rhythmisch prägnanten, “militärischen“ Hauptteil
mit einem lyrischen, melodisch eingängigen Trio. Und in beiden Fällen wurden den
Trio-Melodien nachträglich Texte unterlegt.
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Zu den Werken des heutigen Abends
Beim ersten Marsch, der 1901 erschien,
war es König Edward VII., der dem Komponisten vorschlug, die Melodie zu einem
Lied umzuarbeiten. Arthur Christopher
Benson (1862–1925) schrieb daraufhin die
bekannten Verse “Land of Hope and Glory,
Mother of the Free“, und mit diesem Text
baute Elgar das Lied in seine Krönungsode für Edward VII. ein. Land of Hope and
Glory ist immens populär und sogar als
spezielle Hymne für England im Gespräch,
während God save the Queen weiterhin
für das gesamte Vereinigte Königreich, also
einschließlich Schottland, Wales und Nordirland, gelten soll. Wenn bei der Last Night
of the Proms der erste Pomp and Circumstance-Marsch erklingt, dann singt das
Publikum den Text Land of Hope and Glory
lauthals mit – eine Tradition, vergleichbar
dem Mitklatschen des Radetzky-Marsches
beim Wiener Neujahrskonzert.
Auch beim vierten Pomp and Circumstance-Marsch aus dem Jahr 1907 hat der
Komponist das Trio später zu einem Lied
umgeformt: The King’s Way, nach einem
Text von Elgars Ehefrau. Das Lied feiert
die Fertigstellung einer wichtigen neuen
Londoner Straße, des Kingsway – Zeugnis
einer vergangenen, technik- und fortschrittsgläubigen Epoche; heute würde
kein Künstler mehr auf die Idee kommen,
einen neuen Verkehrsweg mit einem Werk
zu preisen. Nach Elgars Tod musste sich
auch der Hauptteil des vierten Pomp and
Circumstance-Marsches eine Textunterlegung gefallen lassen: Alan Patrick Herbert
(1890–1971) machte daraus während des
zweiten Weltkriegs ein patriotisches Lied
mit dem Titel Song of Liberty, und der
Refrain beginnt mit den Worten “All men
must be free“.
Benjamin Britten (1913–1976) unternahm schon als Fünfjähriger erste
Kompositionsversuche und eignete sich
während seiner Kindheit durch Selbststudium beträchtliche Kenntnisse im
Tonsatz und in der Instrumentierung an.
Den ersten systematischen Kompositionsunterricht erhielt Britten mit vierzehn Jahren, und als er als Neunzehnjähriger sein
Opus 1 publizierte, konnte er schon auf die
stolze Anzahl von 800 unveröffentlichten
Frühwerken zurückblicken. Diese frühen
Versuche waren dem
jungen Komponisten
aber keineswegs
peinlich, im Gegenteil: er war bestrebt,
die gelungensten
musikalischen Einfälle daraus in seinen
veröffentlichten Kompositionen wieder zu verwenden. Bei dieser
Praxis konnte er sich auf keinen Geringeren
als Johann Sebastian Bach berufen, der oft
ganze Sätze seiner weltlichen Kantaten in
seine geistlichen Werke übernahm.
Auch die Simple Symphony von 1934,
das Opus 4 des Komponisten, greift in
allen vier Sätzen auf Frühwerke zurück,
auf Klavierstücke, die Britten als Zehn- bis
Dreizehnjähriger – also noch vor Beginn
des regulären Kompositionsunterrichts –
geschrieben hatte. Britten hat das Werk
seiner Bratschenlehrerin Audrey Alston gewidmet. Beide Namen Audrey Alston und
Benjamin Britten sind Alliterationen, und
der Komponist war von solchen Sprachspielen fasziniert. Daher ist nicht nur der Titel der Simple Symphony eine Alliteration,
sondern auch jede der vier Satzüberschriften – Boisterous Bourrée, Playful Pizzicato,
Sentimental Sarabande und Frolicsome
Finale. Auch in Brittens späterem Schaffen
tauchen immer wieder alliterierende Werktitel auf – zum Beispiel Ceremony of Carols
–, und als der Komponist wenige Jahre
später seinen künftigen Lebensgefährten,
den Tenor Peter Pears, kennen lernte, sah
er es gewiss als schicksalhaft an, dass auch
dieser Name eine Alliteration darstellt.
Britten schrieb seine Simple Symphony
für Streichorchester; es existiert auch
eine Version für Streichquartett. Bei der
Uraufführung 1934 in Norwich stand der
Komponist selbst am Pult eines Laienorchesters. Das Werk erfreut sich seither
wegen seiner eingängigen Themen, seiner
effektvollen musikalischen Gestaltung
und seiner überschaubaren technischen
Anforderungen großer Beliebtheit. Der
zweite Satz Playful Pizzicato ist, wie der
Titel schon sagt, durchgehend im Pizzicato
gehalten und daher auch in das Repertoire
von Mandolinenorchestern eingegangen.
Der französische Film Mauvais Sang von
1986 verwendet große Teile der Simple
Symphony in seiner Filmmusik. Und im Jahr
2009 hatte ein Ballett zur Simple Symphony
im Lincoln Center von New York Premiere.
Reinhard Szyszka
9
Leider ist die Veröffentlichung der im Programmheft auf den Seiten
10 bis 21 abgedruckten Liedtexte der Orff'schen Carmina Burana
im Internet nicht durch die Lizenzrechte abgedeckt, die Musica
Starnberg für den Druck erworben hat.
Die für eine solche Publikation vom Schott-Verlag bedauerlicherweise zusätzlich erhobenen Kosten übersteigen die finanziellen
Möglichkeiten des Vereins.
Solisten
Roswitha Schmelz – Sopran –
studierte nach dem Abitur in Mainburg
zunächst Schulmusik an der Hochschule für
Musik und Theater München sowie Anglistik an der Ludwig-Maximilians-Universität
München. Sie war als Erasmus-Stipendiatin
am Conservatory of
Birmingham (Großbritannien) und vertiefte
ihre Gesangsausbildung bei Andrea
Calladine. Nach dem
1. Staatsexamen
studierte sie Gesang
an der Hochschule
für Musik München
bei Gabriele Kaiser
und besuchte mehrere Kurse bei Lars-Ulrik
Mortensen und Emma Kirkby.
Im April 2001 gewann sie den 1.Preis und
den Publikumspreis im Biagio Marini-Wettbewerb in Neuburg an der Donau.
Roswitha Schmelzl singt regelmäßig in
namhaften Ensembles wie der Gächinger
Kantorei Stuttgart, dem RIAS Kammerchor
Berlin und dem Collegium Vocale Gent.
Als Solistin tritt sie regelmäßig mit den
Barockensembles Sans-Souci und La Chanterelle auf und konzertierte mit großem
Erfolg in Oratorien und anderen Werken
von Monteverdis Marienvesper über Bachs
Oratorien bis hin zu Poulencs Stabat Mater.
Sie trat zudem bei zahlreichen Festivals im
In- und Ausland auf.
Seit September 2005 ist sie neben ihrer
solistischen Tätigkeit auch Stimmbildnerin
bei den Regensburger Domspatzen.
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Sibrand Basa – Tenor – stammt aus
einer ur-musikalischen Familie. Er studierte
Kirchenmusik und Gesang an der Hochschule für Musik in Lübeck und absolvierte
ein PDVT-Studium in Gesang an der Guildhall School of Music and Drama in London.
Schon während seines
Studiums übernahm
er eine hauptamtliche
Kirchenmusikerstelle.
Nach seiner Studienzeit
in London verpflichtete
ihn das Stadttheater
Augsburg als Solisten.
Anschließend ging er
freiberuflich nach Wien.
Dort sang er u. a. an der
Volksoper Wien, der Wiener Staatsoper und
dem ORF. Gastspiele beim Wiener Sommer und bei den Seefestspielen Mörbisch
folgten. Nach Freiburg wechselte er an das
Opernhaus in Nürnberg, dessen Ensemble
er 16 Jahre angehörte.
2008 wurde Sibrand Basa für seine künstlerischen Leistungen mit dem Titel „Bayerischer Kammersänger“ geehrt.
Als Konzertsänger liegen Sibrand Basa
besonders die Evangelistenpartien in Bachs
Passionen am Herzen. Im Liedbereich erarbeitete er sich ein breites Repertoire, das
bis zur Moderne reicht. Einen Schwerpunkt
bildet das Liedschaffen von Benjamin Britten sowie Neue Musik. Er wurde für etliche
Uraufführungen verpflichtet, darunter
„Leyla und Medjnun“ bei der Münchener
Biennale oder das EXPO-2000 Stück „Tag
Nacht Traumstaub“ von Annette Schlünz.
Christian Eberl – Bariton – wurde in
Regensburg geboren und erhielt zunächst
eine Klavier- und Trompetenausbildung.
Im Anschluss an das Staatsexamen für
Schulmusik studierte er an der Musikhochschule München Komposition und Gesang.
In Meisterkursen bei
Rudolph Piernay,
Alessandro Corbelli,
Louis Langrée, András
Schiff und Wolfram
Rieger ergänzte
Christian Eberl
seine Ausbildung. In
Opernproduktionen
der Musikhochschule
München erarbeitete
er verschiedene Rollen. Am Prinzregententheater München sang Christian Eberl
Opern von Henze, Keiser, Gluck, Puccini,
Mozart und Debussy. Im Sommer 2011
sang er die Hauptrolle in Rossinis „Il Turco in
Italia“ beim Rossini Festival in Bad Wildbad.
Im Oratorien- und Liedbereich geht der Bariton mit einem breiten Repertoire einer regen Konzerttätigkeit nach, unter anderem
mit dem Münchener Kammerorchester,
dem Symphonieorchester des Bayerischen
Rundfunks und der Hamburger Camerata.
2006 erhielt Christian Eberl ein Stipendium
der Richard-Wagner-Stiftung München.
Seit 2007 wird er von der Yehudi Menuhin
Stiftung „Live Music Now“ gefördert. Er
gewann verschiedene Wettbewerbe in
Italien und Deutschland, unter anderem
den „Mozartpreis 2009“ der Mozartgesellschaft Wiesbaden und ist Preisträger der
HSBC-Bank.
Der Kammerchor Schwabmünchen
wurde im Mai 1996 gegründet. Er setzt sich
aus engagierten ChorsängerInnen aus dem
südlichen Augsburger Landkreis zusammen.
Unter der Leitung von Tobias Burann-Drixler
bereichert der Chor mit kammermusikalischer Besetzung die schwäbische Kulturlandschaft mit Aufführungen konzertanter,
geistlicher und weltlicher Chorliteratur aller
Stilepochen.
Seit der Gründung des Vereins fanden
beachtliche Konzerte statt. Der Chor hat ein
ständig wachsendes Repertoire an großen
sakralen Werken, Madrigalen, Liedern und
modernen a-capella Kompositionen.
Kinderchor Starnberg
Der Kinderchor für die Aufführung in Starnberg wurde von der Tutzinger Kirchenmusikerin Susanne Schieder einstudiert. Er
setzt sich aus ihren Musikschülern sowie
Kindern und Enkeln von Mitwirkenden von
Musica Starnberg zusammen. Der aus circa
25 Kindern bestehende Projektchor wird
im dritten Teil der Carmina Burana – Cour
d´amours – an zwei Stellen in Erscheinung
treten.
23
Leitung
Musica Starnberg
führt in St. Maria die
„Jahreszeiten“ von
Joseph Haydn auf
(Mai 2009)
Ulli Schäfer wurde 1967 in Nördlingen
geboren und lernte schon im Kindesalter
das Orgelspiel.
Seine Ausbildung in liturgischem Orgelspiel und Orgelliteraturspiel erhielt er
während seines Kirchenmusikstudiums in
Regensburg bei Kunibert Schäfer und später bei Katarina Lelovics an der Hochschule
für Musik und Theater in München. Hier
schloss er auch ein
sich anschließendes
Studium für das Lehramt an Gymnasien
erfolgreich ab.
Chorleitung studierte
Ulli Schäfer bei Roland
Büchner, dem jetzigen
Domkapellmeister
der Regensburger
Domspatzen und in
München bei Prof. Max Frey. Als Dozent
wirkte er bei Fortbildungsveranstaltungen
für Kirchenmusiker in Brixen/Südtirol und
bei den Chortagen des Bayerischen Sängerbundes in Bad Feilnbach mit. Er ist derzeit
Schulmusiker am Dominikus-ZimmermannGymnasium in Landsberg am Lech.
24
Musica Starnberg
Im Jahr 2000 übernahm Ulli Schäfer in der
Nachfolge von Prof. Max Frey die künstlerische Leitung von Chor und Orchester des
Starnberger Musikkreises.
Er studierte große Oratorien und geistliche
Werke ein und brachte sie mit dem inzwischen umbenannten Ensemble Musica
Starnberg zur Aufführung: Telemanns Lukas-Passion, Händels Israel in Egypt, Bachs
Weihnachtsoratorium, Magnificat, die
Johannes- und Matthäus-Passion ebenso
wie Haydns Schöpfung, Mozarts Requiem,
Beethovens C-Dur Messe, Mendelssohns
Lobgesang und Paulus.
Einen wichtigen Bestandteil in der Chorarbeit bildet bereits jetzt die A-cappellaMusik von der Gregorianik über Barock bis
hin zu zeitgenössischen Kompositionen.
Deshalb wurde vor kurzem ein Kammerchor ins Leben gerufen, der sich intensiv
mit anspruchsvoller Chorliteratur befasst.
Im Gegenzug will sich Ulli Schäfer auch mit
dem Orchester verstärkt reinen Instrumentalkonzerten widmen. Erst vor kurzem trat
das Ensemble mit einem Mozart-Programm
auf die Bühne.
Im Jahr 1970 aus der 1901 gegründeten Liedertafel und Orchesterverein Starnberg hervorgegangen, wurde der Starnberger
Musikkreis unter der im gleichen Jahr übernommenen Leitung
durch Max Frey rasch zu einem festen Bestandteil des Starnberger Kulturlebens.
Die erfolgreiche Interpretation vieler bedeutender großer
geistlicher Werke von Bach, Händel, Mendelssohn, Mozart und
anderen wurde im Jahr 1982 mit der Orlando-di-Lasso Medaille
gewürdigt. Seit September 2000 zeigt er sich unter der neuen
Leitung von Ulli Schäfer, jedoch mit unverändert hohen Ansprüchen an die im Laienmusikbereich erreichbare Qualität. Im Jahr
2001 wurde er zu seinem hundertjährigen Bestehen mit der
Zelter-Medaille geehrt.
Um sein musikalisches Profil zu schärfen und sein Wirken in der
Öffentlichkeit einem breiteren Publikum bewusst zu machen, hat
sich der Musikkreis zu Beginn des Jahres 2008 in Musica Starnberg
umbenannt. Die Intention bleibt zum einen – wie in der Vergangenheit – die Erarbeitung und Aufführung großer geistlicher Werke
für Chor und Orchester, soll zum anderen aber verstärkt bei der
Darbietung zeitgenössischer Musik liegen, begleitet von eigenständigen Konzerten von Chor und Orchester.
Der Verein hat sich zur Aufgabe gemacht, klassische Musik fest im
kulturellen Leben der Stadt Starnberg zu verankern.
Neue Mitglieder, besonders aber Jugendliche, mit sängerischen
oder instrumentalen Fähigkeiten sind bei uns jederzeit willkommen.
Förderkreis
Aufführungen von hoher
Qualität sind nur mit Hilfe von
Sponsoren finanzierbar.
Seit mehr als 20 Jahren
unterstützt der Förderkreis
Musica Starnberg e.V. die
musikalischen Aktivitäten
des Musikkreises und
kontinuitätswahrend von
Musica Starnberg. Seine
finanzielle Unterstützung ist
für das Engagement namhafter
Solisten unverzichtbar.
Auch Ihre Spende ist wichtig,
um ein lebendiges Kulturleben
in Starnberg aufrecht zu
erhalten. Bitte richten Sie eine
solche an den Förderkreis
Musica Starnberg e.V.,
Konto Nr. 430 089 946, BLZ
702 501 50, Kreissparkasse
München-Starnberg.
Nach Ablauf des jeweiligen
Kalenderjahres erhalten Sie
eine Spendenquittung. (1.
Vorsitzender Dr. Eberhard
Freiherr von Hoyningen-Huene,
Lindemannstr. 29, 82327
Tutzing).
25
Programmvorschau
Adventskonzert
9. Dezember 2012 • 19 Uhr • St. Maria, Starnberg
unter anderem mit
Benjamin Britten – „A Ceremony of Carols“(op.28)
für gemischten Chor und Harfe
Johann Sebastian Bach – Gloria
aus der Hohen Messe h-Moll (BWV 232)
für Sopran I/II, Alt, Tenor und Bass, Chor und Orchester
Carl Orff – Carmina Burana – Texte und Übersetzung: B. Schott’s Söhne · Mainz
Bild Carl Orff: Jens Rusch über Wikimedia
Bilder Edward Elgar und Benjamin Britten: Wikimedia Commons
Titelmotiv gestaltet auf der Grundlage des Bildmotivs aus „Hortus deliciarum“
(„Garten der Wonnen“), Wikimedia
Gestaltung: Christine Plote, www.plote.de
Antonia Schreiber (Harfe)
Chor und Orchester Musica Starnberg
Leitung: Ulli Schäfer
www.musica-starnberg.de
www.musica-starnberg.de
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