Es lässt sich leicht zeigen, falls X eine normalverteilte Zufallsvariable ist, so ist die linear transformierte Zufallsvariable g( X ) = a X + b mit zwei beliebigen reellen Zahlen a und b ebenfalls normalverteilt. Aus den Sätzen für den Erwartungswert und die Varianz der linear transformierten Zufallsvariable g( X ) = a X + b einer beliebigen Zufallsvariable X ist bekannt, dass µ g(X) = a · µ X + b bzw. σ ² g(X) = a ² · σ ² X ist (s. Kap. 4 Satz 5). Somit kann der folgende Satz formuliert werden. Satz: Linearitätssatz der Normalverteilung Sei X eine normalverteilte Zufallsvariable mit dem Erwartungswert µ X und der Varianz σ ² X sowie der Dichtefunktion: 1 f (x) = 2π σ exp − 2 x 1 x − µx 2 σx 2 Und seien a und b beliebige reelle Zahlen. Dann ist die linear transformierte Zufallsvariable W = a X + b ebenfalls normalverteilt mit der Dichtefunktion f (w )= 1 2π exp σ w2 wobei der Erwartungswert µ W − 1 w − µw 2 σw 2 , = a · µ X + b und die Varianz σ ² W = a ² · σ ² X sind. Es lässt sich zeigen, falls X und Y zwei normalverteilte Zufallsvariablen sind, so ist ihre Summe X + Y ebenfalls normalverteilt. Aus den Sätzen für den Erwartungswert und die Varianz der Summe zweier beliebigen Zufallsvariablen X und Y ist bekannt, dass µ X+Y = µ X + µ Y bzw. σ ² X+Y = σ ² X + σ ² Y ist (s. Kap. 4 Sätze 1 und 3). Somit kann der folgende Satz formuliert werden. 22 Satz: Additionssatz der Normalverteilung Seien X und Y unabhängige normalverteilte Zufallsvariablen mit den Erwartungswerten µ X bzw. µ Y sowie den Varianzen σ ² X bzw. σ ² Y und den Dichtefunktionen: f (x ) = fX 1 (x) = exp 2π σ − 2 x 2 1 x − µx 2 σx bzw. f (y 1 ) = fY ( y ) = 2π σ exp 2 y − 1 y − µy 2 σy 2 Dann ist die Summe der beiden Zufallsvariablen W = X + Y ebenfalls normalverteilt mit der Dichtefunktion f (w 1 )= 2π exp − σ w2 1 w − µw 2 σw 2 , wobei der Erwartungswert µ w = µ X + µ Y und die Varianz σ ² W = σ ² X + σ ² Y sind. Die folgenden Abbildungen zeigen graphisch die Vorgehensweise bei der Beweisführung des obigen Satzes: fX ( x ) fY ( y ) σY σX 0 f ( x ; y ) = fX ( x ) · f 0 x µX Y (y) f( w ) y µY y σW = σ ²X + σ ²Y W=X+Y µY µX x w 0 µW = µX + µY 23 Aus den Sätzen 1) , 3) und 5) von Kapitel 4 lässt sich leicht folgende Bemerkung herleiten. Die Differenz W = Y – X zweier normalverteilter Zufallsvariablen X und Y ist ebenfalls normalverteilt. Der Erwartungswert von W ist dann µ W = µ Y − µ X und die Varianz 2 ist σ W = σ Y2 + σ 2 X . Eine Maschine produziert Bolzen, deren Durchmesser normalverteilt ist mit dem Mittelwert µ X = 9,8 [mm] und der Standardabweichung σ X = 0,1 [mm]. Eine andere Maschine stellt Buchsen her, deren Durchmesser normalverteilt sind mit dem Mittelwert µ Y = 10,0 [mm] und der Standardabweichung σ Y = 0,08 [mm]. ! Die beiden Durchmessern dürfen als unabhängig voneinander betrachtet werden. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein zufällig ausgewählter Bolzen in eine beliebig ausgewählte Buchse passt? σW = σ ²X + σ ²Y f(w) w0 = 0 µW = 0,2 µW = µY – µX w Der Durchmesser X der Bolzen ist normalverteilt und der Innendurchmesser Y der Buchsen ist ebenfalls normalverteilt. Somit sind nach dem Additionssatz der Normalverteilung die Summe oder die Differenz der Durchmessern der beiden auch normalverteilt. Ein Bolzen passt dann, wenn Y > X ist, d.h., es muss gelten: W= Y – X >0 24 " $ "# " Wenn eine Zufallsvariable nicht selbst normalverteilt ist, sondern ihr Logarithmus normalverteilt ist, so spricht man von einer Lognormalverteilung Log-Normal-Verteilung Die Verteilung einer stetigen Zufallsvariable X mit der Dichtefunktion: 0 f (x) = 1 ⋅ 2π β 2 1 x ⋅ exp − für 1 ln x − α 2 β x ≤ 0 , 2 für mit β > 0 x > 0 heißt Lognormalverteilung. Die Verteilungsfunktion der Lognormalverteilung ist: x F (x) = P(X ≤ x x ) = 1 f ( u ) du = 2π β 0 − ∞ ⋅ 2 1 u ⋅ exp − 1 ln u − α 2 β 2 du f(x) ! α α α " β β β x 0 25 % ) &' ( ' &' &' " Für eine beliebige log-normalverteilte Zufallsvariable X erhält man durch die Substitution Y = ln X eine Zufallsvariable Y , deren Verteilung der Gaußschen-Normalverteilung mit = β genügt. Analog zu der standardisierten Variable erhält man durch die Transformation Y − α ln X − α Z = = β = α und β eine Zufallsvariable , deren Verteilung der Standard- Normalverteilung gehorcht. Somit lässt sich die Wahrscheinlichkeit einer log-normalverteilte Zufallsvariable X, für X < x 0, d.h. P ( X < x 0 ) mit Hilfe der Verteilungsfunktion der Standard- Normalverteilung bestimmen. Die folgenden Abbildungen zeigen die graphisch Vorgehensweise zur Bestimmung der Wahrscheinlichkeit P ( X x0 ) = F (x0 ) einer beliebigen log-normalverteilten Zufallsvariable X mit Hilfe der Standard-Normalverteilung. " " * f ( x ) F ( x0 ) " + &' f(y) ) " "# (z) F ( y0 ) Φ ( z0 ) = = 0 x0 xo 1 2π β 2 y = ln x 0 1 x 0 x exp dy = − 1 ln x − α 2 β 1 x 2π β z = z0 0 z dx yo exp 2 y − α β y 2 1 dx y0 α − −∞ dz = 1 y − α 2 β 1 β dy 2 dy 1 2π zo exp −∞ − 1 2 z 2 dz 26 Beziehung zur Bestimmung der Wahrscheinlichkeit P ( X x0 ) = F (x0 ) einer beliebigen log-normalverteilten Zufallsvariable X mit Hilfe der StandardNormalverteilung Sei x0 eine log-normalverteilte Zufallsvariable, dann lässt sich die Wahrscheinlichkeit P ( X x0 ) mit Hilfe der Standard-Normal-Verteilung, wie folgt berechnen: xo F (xo ) = P (X ≤ xo ) 1 = 2π β 0 zo 1 = = ln x o − α β x ⋅ exp − ⋅ exp − 2π 0 Dabei ist z o ⋅ 2 1 1 2 z2 1 ln x − α 2 β 2 dz = P ( Z ≤ z o dx )= Φ (zo ) und µ = α und σ = β sind die Parameter der Normalverteilung , Die Stromausbeute eines bestimmten Transistors wird in Einheiten des Logarithmus Ia gemessen, wobei Ia die Ausgangsstromstärke und Ie die Eingangsstromstärke ln Ie angeben. Die Zufallsvariable ln Ia ist normalverteilt mit µ = 2 und σ = 0,1. Ie Bestimmen Sie die Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Quotient Die Zufallsvariable x = Ia Ie Ia Ie geringer als 6,1 ist. ist log-normalverteilt aber die Zufallsvariable y = ln Ia Ie ist normalverteilt mit µ = 2 und σ = 0,1 daher gilt für die Log-Normalverteilung von X: α = 2 und β = 0,1. Es soll die Wahrscheinlichkeit für alle x-Werte kleiner als die obere Grenze x0 = 6,1 berechnet werden. Die Substitution liefert folgende obere Grenze für die Zufallsvariable Z: zo = ln x o − α β = ln 6 , 1 − 2 0 ,1 = −2 Somit erhält man für die gesuchte Wahrscheinlichkeit: P(X 6,1 ) = P ( Z – 2 ) = Φ ( – 2 ) = 0,0228 27 # , " Die Lage- und Streu-Parameter der Log-Normalverteilung, wie der Mittelwert (Erwartungswert) und die Varianz bzw. die Standardabweichung, können mit Hilfe der Formeln zur Berechnung von Parametern stetiger Zufallsvariablen bestimmt werden. (s. Kapitel 4: Zufallsvariablen) Satz: Erwartungswert und Varianz der Log-Normalverteilung Der Erwartungswert der Lognormalverteilung ist: ∞ x ⋅ f ( x ) dx = e µ = α + 1 2 β2 − ∞ Die Varianz der Lognormalverteilung ist: ∞ σ 2 f ( x ) ⋅ ( x − µ ) 2 dx = = eβ 2 − 1 ⋅ e 2α + β2 − ∞ 28