A 2 „Empowerment“ – kurze theoretische Grundlegung 2.1 „Empowerment“ ist ein Begriff aus dem angloamerikanischen Sprachraum und kann mit „Bemächtigung“ übersetzt werden (to empower:“ jemanden ermächtigen“ oder „befähigen“). Der Vorgang, dass eine Person über Dritte „ermächtigt oder befähigt wird“, ist - wie noch deutlich werden wird - , sehr komplex. Die Komplexität, die hinter dem Konzept „Empowerment“ steht, wird besonders dann deutlich, wenn Empowerment als prozesshafte „Entwicklung von Individuen, Gruppen, Organisationen oder Strukturen„ aufgefasst wird, durch die die eigenen Stärken entwickelt und die soziale Lebenswelt nach den eigenen Zielen (mit-) gestaltet werden kann“ (Stark 1993: 41). Empowerment kann somit als eine umfassende, sich in Prozessen vollziehende Betrachtungs- und Wirkungsweise auf der individuellen, kollektiven sowie strukturellen Ebene verstanden werden. Unter Berücksichtigung der Verzahnung dieser Ebenen im sozialen Zusammenleben steht Empowerment nicht nur für Entwicklungsprozesse innerhalb der einzelnen Ebenen, sondern auch darüber hinaus als Wechselspiel zwischen den verschiedenen Ebenen: „Individuelle Empowerment-Prozesse stärken Prozesse in Gruppen und auf struktureller Ebene ebenso, wie Empowerment auf struktureller Ebene die Möglichkeiten für individuelle Entwicklung und Gruppenprozesse erweitert“ (ebd.). Indem Empowerment generell von dem Gedanken getragen wird, Menschen in ihrem individuellen Leben wie auch in ihren wechselseitigen sozialen, kollektiven Beziehungen zu anderen Menschen, Gruppen, Institutionen usw. dahingehend zu befähigen, sich als Akteure der eigenen Lebenswelt zu begreifen, haften den darauf abzielenden Bemühungen und Angeboten durchaus relevante Züge sozialer Arbeit und politischer Bildung an. Empowerment beinhaltet nämlich auch, dass Rahmenbedingungen zur Verfügung gestellt werden, die es Adressaten ermöglichen, sich ihrer Kompetenzen, Fähigkeiten und Talente (wieder) bewusst zu werden und aktiv zu nutzen - eigenverantwortlich, autonom und souverän agierend. Der Empowerment-Gedanke im so verstandenen Sinne als Bestandteil sozialer/ (sozial)pädagogischer Arbeit und politisch emanzipativ bildend, geht selber auf Erkenntnisse aus der Praxis sozialer Bewegungen zurück (Civil - Rights - Movement der US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung, insbesondere farbiger Aktivisten der 1950iger und 1960iger Jahre). Grundsätzlich wurde und wird von einer Situation ausgegangen, in der Menschen sich aus unterschiedlichen Gründen überfordert bzw. ausgegrenzt fühlen und / oder Probleme entstanden sind, die sie aus eigener Kraft nicht glauben lösen zu können - entweder, weil die erforderlichen Kompetenzen nie angeeignet worden sind, weil Konflikte nicht gezielt genug auch als Chancen gesehen werden oder Niederlagen einseitig negativ, handlungsabschreckend hingenommen werden. In solche Zusammenhänge kann gezielt eingegriffen werden, indem Personen/Gruppen Unterstützung angeboten wird, mit dem Ziel, sie zum eigenverantwortlichen Entscheiden zu befähigen und Schwierigkeiten unter Bezug auf eigene Prioritäten auszuräumen. Vor diesem Hintergrund stellen sich (aus professioneller Sicht) etliche Fragen: - Welches Menschenbild liegt dem Konzept des Empowerment zugrunde? - Was kann das Konzept für den Einzelnen leisten? - Was kann Empowerment für Gruppen leisten? - Enthält Empowerment Potenziale, soziale Gruppen perspektivisch und dauerhaft zu Selbstorganisation und eigenständigem Handeln zu bewegen? - Wie sind diese Potenziale zu identifizieren und z.B. für gewerkschaftliche Bildungsarbeit fruchtbar zu machen? 2.2 Untersuchungen zum „Empowerment“ haben eindeutig erbracht (siehe z.B. Herriger 1997a, 1997b), dass Individuen über Fähigkeiten verfügen, sich in solidarischer Vernetzung mit anderen für individuelle wie auch kollektive Lebenslagen einzusetzen und erfolgreich zu agieren. Die biografische Relevanz dabei gemachter Erfahrungen besteht übrigens darin, dass es sich (lt. Keupp 1992) dabei um „Lebenserfahrungen (handelt), in denen Subjekte sich als ihr Leben gestaltende konstruieren können, in denen sie sich als Produzenten ihrer Biographie begreifen können“ (247). 2.3 Als negatives Gegenstück hierzu ist die sog. „Erlernte Hilflosigkeit“ zu sehen. Bei dieser ist besonders wichtig und interessant (siehe Seligman 1992), dass sich Hilflosigkeit nicht im Zuge einmaliger traumatischer Ereignisse bildet und verfestigt, sondern dass es einer Reihe z.B. unkontrollierter Situationen bedarf, damit Individuen Hilflosigkeit „lernen“. Menschen sind nämlich durchaus (immer wieder auch) bemüht, verlorene Kontrolle über Situationen und Gegebenheiten wiederherzustellen. Erst nach länger andauernden fruchtlosen Bemühungen, Lebenssituationen wieder in den Griff zu bekommen, breitet sich Hilflosigkeit aus. Insgesamt betrachtet ist auch das Phänomen „Hilflosigkeit“ ein sehr komplexes Gebilde an Bedingungen, Anteilen, Konsequenzen sowie individuellen Persönlichkeitsausprägungen, das bis heute nicht abschließend erforscht ist. Dennoch kann derzeit als gesichert festgehalten werden, dass das Phänomen „Hilflosigkeit“ • in einem aktiven Lernvorgang in Form von Erfahrungswissen entwickelt wird, das durch Misserfolgserlebnisse geprägt ist; • dass dieses Erfahrungswissen auf Bedingungen basiert, in denen das Subjekt einer Unkontrollierbarkeit von Ereignissen ausgesetzt ist; • dass aufgrund der Erfahrung von „Nichtkontrollierbarkeit“ die Erwartung abnimmt, Lebenssituationen durch eigenes Handeln beeinflussen zu können; • dass individuelle Persönlichkeitsstrukturen auf die Entwicklung von Hilflosigkeit förderlich bzw. hemmend wirken sowie • Hilflosigkeit in unterschiedlichem Ausmaß entwickelt werden kann. Dieses Wissen um den Entstehungsprozess von Hilflosigkeit lässt zwei Schlussfolgerungen zu: Zum einen können derartige „negative“ Lernvorgänge „verlernt“ oder „umgelernt“ werden, und zum anderen: das Lernen „positiver“ Lerneffekte könnte initiiert, angestoßen und vollzogen werden, wenn denn dem Subjekt die Möglichkeit zur Kontrolle angeboten wird. 2.4 Viele der hier angesprochenen Untersuchungen (Seligmans z.B.) haben zum Ziel, psychotherapeutische Interventionsmöglichkeiten zu erarbeiten. Empowerment im (weitesten) Sinne der sozialen Arbeit stellt demgegenüber in seiner Konzeption und in seinem Bezugsrahmen kein psychotherapeutisches bzw. psychoanalytisches Verfahren/Setting dar, wenngleich das Wissen um Entstehungsprozesse negativer wie positiver Lerneffekte sozialberufliche Arbeit bezüglich des Verständnisses für AdressatInnen in Krisensituationen sowie der Intervention im Rahmen sozialberuflicher Arbeit bereichert. Das gilt im gleichen Maße für politisch orientierte Bildungsarbeit im gewerkschaftlichen Bereich. Im bildlichen Sinne kann Empowerment als eine Konstruktion betrachtet werden, die von vier Säulen getragen wird: von - dem Ziel zur Befähigung des Subjekts zur autonomen Lebensgestaltung; der Rahmenbedingung zur Umsetzung dieses Ziels auf individueller Ebene; der Rahmenbedingung zur Umsetzung dieses Ziels auf kollektiver Ebene, der Rahmenbedingung zur Umsetzung dieses Ziels auf institutioneller Ebene. Die Säulen stellen die fundamentale Basis für Empowerment-Praxis dar, sie bilden den äußeren Rahmen. Innerhalb dieses Rahmens existiert ein offenes System des Dialogs, das vergleichbar mit einem Lernfeld ist, in dem zum einen je nach Krisensituation und subjektivem Erfahrungswissen vorhandene Ressourcen aufgespürt, verfestigt und weiterentwickelt werden. Zum anderen ist die Möglichkeit gegeben, den Einsatz dieser Ressourcen im Schutz des sozialen Netzes dieses offenen Systems im Alltagsleben umzusetzen. Ein Faktum, das Beachtung verdient, da Empowerment-Prozesse stets von Veränderungen begleitet sind, deren Einführung in das Alltagsleben auch problematisch sein kann. So wie EmpowermentProzesse Veränderungen auf individueller, kollektiver sowie struktureller Ebene enthalten und bewirken können, so implizieren diese Veränderungen auch ein verändertes Gefüge des bestehenden Systems, in dem Individuen sich bewegen. Dieses wird zwangläufig einer Wandlung und Neuformation unterzogen. 2.5 Der Einzug von Empowerment - Konzeptionen in neue Aufgabenbereiche (z.B. auch in gewerkschaftliche Bildungsarbeit) bedeutet, auch für diese Bereiche veränderte Sicht- und Handlungsweisen zu praktizieren. Das erfordert (und ermöglicht!) einen dreifachen Paradigmenwechsel: - von der Defizitorientierung zur Orientierung auf die Stärken; von der sozialen Einzelhilfe zur Förderung sozialer Gruppen; von der Beziehungsarbeit zur Förderung sozialer Netzwerke. Zumindest die beiden ersten Wechsel könnten für eine Sensibilisierung der im Bereich von MAGG angelegten Bemühungen dienlich sein. Einige kurze Bemerkungen zu den möglichen bzw. notwendigen strategischen Umorientierungen durch „Empowerment“ : - von der „Defizitorientierung“ zur „Orientierung auf Stärken“ Empowerment bedeutet hiernach eine Verabschiedung von der tradierten Defizitperspektive und eine ebenso verlangte Verabschiedung von Hilfepaketen, die in den meisten Fällen – wenn überhaupt – nur Symptome zu beseitigen vermögen. Empowerment wird demgegenüber von der Überzeugung getragen, dass Subjekte grundsätzlich Stärken besitzen bzw. entwickeln können, die es ihnen ermöglichen, Krisen zu bewältigen. Eine Empowerment-Praxis wird von dem „ungebrochenen Vertrauen in die Stärken und Fähigkeiten“ (Herriger 1997 b: 32) bei AdressatInnen geleitet. Der Fokus richtet sich auf die Mobilisierung vorhandener Stärken sowie die Suche nach weiteren Ressourcen und deren Entwicklungsmöglichkeiten. - von der „sozialen Einzelfallhilfe“ zur „Förderung sozialer Gruppen“ Im Gegensatz zur Einzelfallhilfe verfolgt Empowerment das Ziel, „Räume“ (im Sinne emotionaler Angebote) zu schaffen, in denen AdressatInnen Möglichkeiten haben, sich mit anderen Beteiligten auszutauschen und zu beraten, sich gegenseitig zu unterstützen und Handlungsstrategien für eine eigene autonome Gestaltung der eigenen sozialen Lebensbezüge zu entwerfen. Auf diese Weise wird ein zusätzlicher Unterstützungsraum geschaffen. Eine solche Struktur entlastet zum einen professionell Handelnde, zum anderen bietet sie ein Unterstützungssystem, in dem sich die/der Einzelne aufgehoben fühlen kann; es wird ein Netzwerk des gegenseitigen voneinander Lernens geschaffen. - von der „Beziehungsarbeit“ zur Förderung „sozialer Netzwerke“ Beziehungsarbeit ist charakterisiert durch ein emotionales Verhalten von Menschen, die in einer direkten Beziehung zueinander stehen (z.B. Beziehung zwischen SozialarbeiterInnen und KlientInnen). Soziale Netzwerke lassen sich als Systeme sozialer Beziehungen zwischen Individuen definieren, die unterschiedliche soziale Ressourcen zur Verfügung stellen (vgl. Keupp/Röhrle 1987: 303-304 unter Bezug auf Badura).Soziale Netzwerke fungieren über Gruppengrenzen hinaus als Kommunikationsverbindungen und erfüllen in diesem Sinne einen Zugang zu unterschiedlichen, individuell benötigten Ressourcen (Keupp/Rerrich 1982). Die Auflösung traditioneller sozialer Netzwerke durch Strukturveränderungen, etwa bedingt durch eine erhöhte Mobilität des/der Einzelnen, die voranschreitende Segmentierung der Gesellschaft wie auch die kontinuierliche Entwicklung der Professionalisierung in verschiedensten Dienstleistungsbereichen haben zur Folge, dass die individuelle Eingebundenheit und Bereitstellung individueller Unterstützung bei Leistungen im Alltag sowie besonderen Krisensituationen gemindert ist. Die Förderung von sozialen Netzwerken ermöglicht die (Wieder-) Einbindung von Individuen in Gruppen und gemeinschaftliche Bezüge. Sie eröffnet die Möglichkeit zur Herstellung mannigfacher sozialer Kontakte und fungiert als Sender von Informations-/Wissensbeständen. Auf diese Weise können durch Strukturwandel bedingte, nicht mehr zur Verfügung stehende (Ur-) Formen sozialer Unterstützungssysteme durch Anpassung an die aktuellen gesellschaftlichen Strukturen (wieder) bereitgestellt werden. 2.6 Verfahrensweisen des Empowerment: Eine professionelle Haltung in der Empowerment-Praxis wird in erster Linie durch das uneingeschränkte Vertrauen in Stärken und Ressourcen hilfesuchender Menschen getragen. AdressatInnen werden nicht als Mängelwesen ohne jegliche Kompetenzen gesehen, sondern als Expertinnen / Experten in eigener Sache respektiert (vgl. Stark 1993, Herriger 1997 b).Diese professionelle Grundhaltung weist auf ein gleichwertiges Verhältnis zwischen professionell Handelnden und AdressantInnen hin. Zugleich impliziert dieses Grundverständnis ein Menschenbild, das von gegenseitiger Akzeptanz, gegenseitigem Respekt und gegenseitiger Wertschätzung getragen ist. Auf dieser Basis werden also Wege und Unterstützungs- / Zusammenarbeitsmöglichkeiten gesucht, die es dem Subjekt gestatten, sich als Autor in der eigenen Lebensbiographie zu verstehen. Wie bereits eingangs formuliert, wird „Empowerment“ damit als Prozess der „Bemächtigung“ von Einzelnen oder Gruppen verstanden, denen es gelingt, die Gestaltung der eigenen sozialen Lebenswelt (wieder) zu erobern. Am Anfang von Empowerment-Prozessen stehen häufig emotionale Brüche, die von Prozessen der Bewusstwerdung der vorliegenden Problemsituationen und dem Zusammenhang ihres Entwicklungsverlaufs begleitet werden können.( Das können in der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit z.B. verletzende Erfahrungen bzw. Diskriminierungen am Arbeitsplatz, aber auch im „normalen“ Alltag sein. - Siehe hierzu die dem Material beigefügten Interviewsequenzen in den Abschnitten 7 der Module C 1 - 3.) Dabei werden Veränderungspotentiale auf der emotionalen, kognitiven und interaktiven Ebene frei, die sich auf die aktive Beeinflussung und die Gestaltung der Umwelt sowie die Einmischung in – im weitesten Sinne – sozialpolitische Ziele beziehen. Die Erweiterung persönlicher und kollektiver Kompetenzen sowie emotionaler und kognitiver Anteile des Selbstbewusstseins durch Aktionen stellen eine besondere Komponente von Empowerment-Prozessen dar. 2.7 Empowerment-Prozesse setzen sowohl Veränderungspotentiale frei, erfordern sie aber auch. Aus diesem Zusammenhang wird deutlich, dass EmpowermentProzesse die Fähigkeit zur Reflexion sowie zur Selbstreflexion erfordern. Das bezieht sich auf die Gestaltungsformen für Empowerment-Prozesse. Hierbei handelt es sich im Wesentlichen um die „kooperative Beratung“, „Zukunftswerkstätten“ und das „Team-couchding“. - Kooperative Beratung: Das Prinzip der kooperativen Beratung beruht im Such- und Entdeckungsprozess, den Ratsuchende im Austausch mit professionellen Ratgebern gehen. Beratung besteht hier darin, Wege zu öffnen oder auf Wege hinzuweisen, die bisher nicht gesehen werden konnten. Entscheidend ist dabei, dass die beratende Funktion nicht in der Haltung liegt, AdressatInnen aus Problemsituationen „befreien“ oder „retten“ zu wollen (im Sinne „herkömmlichen Expertentums“), sondern darin, in einem kooperativen Austausch Wege zu finden, die dann eigenverantwortlich gegangen werden können. - Zukunftswerkstätten basieren (nach Stark 1993) auf einer von Robert Jungk entwickelten Methode zur „Entwicklung und Entdeckung sozialer Phantasie“. Sie stellen zum einen ein Instrument dar, das durch Anregung der Phantasie vergessene oder noch nicht entwickelte Ressourcen ins Bewusstsein bringt. Des weiteren bieten Zukunftswerkstätten als Seminarmethode die Möglichkeit, Menschen aus unterschiedlichen Kontexten zusammenzuführen und verfügbare Ressourcen synergetisch zu nutzen und auszubauen. Zum dritten wird der Fokus bei der Arbeit mit Zukunftswerkstätten auf die Verbindung zwischen verschiedenen Ebenen gelegt. Die Angebote von Zukunftswerkstätten können zu verschiedenen Schwerpunkten und in unterschiedlicher Ausrichtung entwickelt werden, so dass beispielsweise rational wie emotional orientierte Inhalte angeboten werden können. - Beim Team-coaching wird das Ziel der Förderung und Stärkung einzelner Teammitglieder bei der Bewältigung von Aufgaben und Problemstellungen im Rahmen z.B. von Führungsfunktionen, aber auch bei Benachteiligungserfahrungen eines jeden Einzelnen verfolgt. Jeweils eine Person mit ihren Problem- und Aufgabenstellungen steht im Vordergrund einer Beratung. Durch gezielte Fragestellungen und Anregungen von Seiten der beratenden Gruppenmitglieder wird der Versuch unternommen, Wege zu finden, die das vorliegende Problem zu lösen gestatten (eine hierfür geeignete komplexe Methode ist das Appreciative Inquiry, AI, “Wertschätzendes Erkunden“ innerhalb von Teams; siehe http://www.bpb.de/methodik). Die Zielstellung des Team-coachings liegt insbesondere darin, die Problemlösungsfähigkeiten zu unterstützen und die dazu erforderlichen individuellen Ressourcen und Kompetenzen aufzuspüren und weiterzuentwickeln. 2.8 Chancen und Grenzen von Empowerment: Die Empowerment-Konzeption eröffnet durchaus Chancen für soziale Arbeit im weitesten Sinne, auch für gewerkschaftlich orientierte politische Bildungsarbeit. Wesentlich ist das Menschenbild, das sich zentral um die Einsicht gruppiert, die Abkehr vom sogenannten Defizitblickwinkel auf die jeweiligen Interaktionspartner konsequent durchzuführen. Die professionell Handelnden begeben sich dadurch gleichzeitig aus der Rolle, als einzige für kompetente Problemlösungen zuständig zu sein. Die daraus resultierende veränderte Haltung und Umgangsweise gegenüber anderen Menschen wird zum einen von einem ungebrochenen Vertrauen in die Stärken und Kompetenzen derselben getragen und zeigt sich zum anderen auf einer von Akzeptanz, Respekt und Wertschätzung geprägten Beziehungsebene. Von spezieller Bedeutung für Empowerment-Prozesse sind dabei die Wechselwirkung von Prozessen zwischen individuellen/gruppenbezogenen sowie strukturellen Ebenen. Hierin verdeutlicht sich die ganzheitliche Sichtweise einer Empowerment-Konzeption. Allerdings werden an diesem Punkt gleichzeitig die Grenzen des Konzeptes deutlich. Bezogen auf die individuelle Ebene sind Grenzen darin zu sehen, dass stets von allen eine gemeinsame Zielstellung benannt und verfolgt werden muss. Das bedeutet, alle müssen sich in einem transparenten Austausch befinden und die Kompetenz ausbilden, miteinander kommunizieren zu können sowie mögliche Konflikte auszutragen, die sich notwendig während des Empowerment-Prozesses ergeben können, z.B. aufgrund unterschiedlicher Erwartungen. Reibungsebenen und Reibungsverluste können sich dabei auf beiden Seiten immer wieder ergeben, auf der der „Profis“ und der sogenannten Laien. Auf der strukturellen Ebene muss ein selbstbestimmter „Raum“ (s.o.) zur Verfügung stehen, in dem über die Inhalte und Formen der anzustrebenden Lösungen nicht fremdbestimmt werden darf, im Zusammenhang mit gewerkschaftlich orientierter Bildungsarbeit weder durch die Gewerkschaften noch durch die Institution/den Betrieb. Hier können an Empowerment-Gewinnen Interessierte auf sehr stabile und nur sehr schwierig zu verändernde Vorgaben stoßen, weshalb diese Grenzen insgesamt zu beachten und konstruktiv zu erweitern sind: „In diesem Kontext sind die Kooperation der politisch Verantwortlichen sowie die Dezentralisation von Verantwortlichkeiten wichtige Elemente zum Gelingen erfolgreicher Empowerment-Prozesse“ (Noelle 1996: 319). 2.9 Das begründet zugleich die Voraussetzungen für erfolgreiches Arbeiten im „Empowerment“, die in der Qualifikation der damit professionell Befassten liegen. Die professionell Handelnden im Empowerment-Prozess sollten über eine fundierte Qualifikation und Ausbildung verfügen, die hohe selbstreflexive Anteile enthält und nicht in den Fehler verfällt, die eigenen Erwartungen auf die Kooperationspartner übertragen zu wollen. Auf der persönlichen Seite ist ein hohes Maß an Engagement und Motivation unabdingbar, um individuell auf die AdressatInnen zuzugehen und eingehen zu können. Literatur: Herriger, N. (1997a), Empowerment in der sozialen Arbeit. Eine Einführung; Stuttgart/Berlin/Köln, Kohlhammer Herriger, N. (1997b), Das Empowerment-Ethos, in: sozialmagazin, H.11: 29-35 Keupp, H. (1992), Gesundheitsförderung und psychische Gesundheit. Lebenssouveränität und Empowerment, in: Psychomed, H.4: 244-250 Keupp, H./Rerrich, D.(1982), Psychosoziale Praxis – gemeindepsychologische Perspektiven. Ein Handbuch in Schlüsselbegriffen, München/Wien/Baltimore, Urban&Schwarzenberg Keupp, H./Röhrle, B. (Hg.)(1987), Soziale Netzwerke, Frankfurt/Main,New York, Campus Noelle, T. (1996), Empowerment in der niederländischen sozialen Arbeit, in: Soziale Arbeit, H.9-10: 318-325 Seligman, M.E.P. (1992), Erlernte Hilflosigkeit, Weinheim, Psychologie-VerlagsUnion Stark, W. (1993), Die Menschen stärken, in: Blätter der Wohlfahrtspflege-Deutsche Zeitschrift für Sozialarbeit, H.2: 41-44