A Fachbereich Mathematik Prof. Dr. Thomas Streicher Peter Lietz Tobias Löw Florence Micol TECHNISCHE UNIVERSITÄT DARMSTADT Sommersemester 2002 1. Juli 2002 Einführung in die Logik für Informatiker Zehntes Übungsblatt Dringend Übungsleiter(innen) gesucht! Für das nächste Wintersemester sucht der Fachbereich Mathematik dringend studentische Hilfskräfte für die Lehrveranstaltung Allgemeine Algebra für (W)Inf“. Kannst Du Dir vor” stellen, eine der Übungsgruppen zu betreuen? Dann melde Dich bitte bei Tobias Löw, Raum S2 / 15 – 228, Tel. 16–36 15, E-Mail [email protected] Präsenzübungen (P 28) Konstruktive und nicht-konstruktive Beweise (a) Untersuche die folgenden beiden Beweise daraufhin, ob sie Tertium non datur oder Reductio ad absurdum verwenden. Sind sie in diesem Sinne also klassisch oder intuitionistisch? √ √ / Q. Behauptung: 2 ist irrational, d. h. 2 ∈ √ √ Beweis: Wäre 2 ∈ Q, so gäbe es teilerfremde ganze Zahlen m und n mit 2 = m . Wir n schließen √ 2 2= m =⇒ 2 = m =⇒ 2n2 = m2 =⇒ 2 teilt m2 n n2 =⇒ 2 teilt m =⇒ 4 teilt m2 =⇒ 2 teilt n2 =⇒ 2 teilt n. √ Also sind m und n nicht teilerfremd; ein Widerspruch. Daher gilt 2 ∈ / Q. Behauptung: ld 9, der Logarithmus von 9 zur Basis 2, ist irrational. und n 6= 0. Wir Beweis: Wäre ld 9 ∈ Q, so gäbe es ganze Zahlen m und n mit ld 9 = m n schließen m n =⇒ n ld 9 = m =⇒ ld(9n ) = m =⇒ 2ld(9 ) = 9n = 2m ld 9 = n Weil 9 und 2 teilerfremd sind, folgt n = m = 0 im Widerspruch zur n 6= 0. Daher gilt ld 9 ∈ / Q. (b) Betrachte die folgenden zwei Beweise der Aussage: Es gibt zwei irrationale Zahlen a und b, für die ab eine rationale Zahl ist. √ √2 Beweis 1: Die Zahl 2 ist entweder rational oder irrational. Falls sie rational ist, so wähle √ √ √2 √ ich a = b = 2 bin fertig. Andernfalls setze ich a = 2 und b = 2. Dann gilt: √ √ 2 √ 2 √ (√2·√2) √ 2 b a = 2 = 2 = 2 =2∈Q Beweis 2: Ich setze a = ab = √ √ 2 und b = ld 9; beides sind irrationale Zahlen. Es gilt: ld 9 2 = √ ld(32 ) 2 = √ (2 ld 3) 2 = √ 2 ld 3 2 = 2ld 3 = 3 ∈ Q Welcher der beiden Beweise ist konstruktiv (= intuitionistisch), welcher klassisch? Welche Vor- und Nachteile haben die gezeigten Beweismethoden? (P 29) Nicht-Axiomatisierbarkeit termerzeugter Strukturen Zeige, daß zu jeder termerzeugten unendlichen L-Struktur M eine nicht termerzeugte Struktur existiert, in der exakt die gleichen Sätze der Prädikatenlogik gelten. Gehe folgendermaßen vor: Sei T die Menge der Sätze, die in M gelten. Erweitere die Sprache L um eine Konstante c 6∈ L. Sei T 0 = T ∪ {c 6= t | t ∈ Tm(L), FV(t) = ∅}. a) Zeige, daß T 0 ein Modell M0 hat, indem Du zeigst, daß jede endliche Teilmenge von T 0 ein Modell hat. b) Zeige, daß M0 nicht termerzeugt ist. c) Zeige, daß in M dieselben Sätze (bzgl. L) gelten wie in M0 . (P 30) Drei griechische Weise und das Resolutionsverfahren der Aussagenlogik Die folgende Geschichte dürfte den meisten modulo Ort, Beruf, Staatsangehörigkeit usw. wohlbekannt vorkommen: Drei griechische Weise sitzen unter einem Baum und philosophieren. Dies ermattet sie so sehr, daß sie alle einschlafen. Während ihrer intellektuellen Besinnungsphase kommt ein Junge vorbei und malt jedem der drei einen Punkt in Form Vogeldreck auf die Stirn. Als die Weisen später erwachen, trägt sich folgendes zu: Alle drei lachen. Hierbei muß jedoch folgendes beachtet werden: • Sieht ein Philosoph weniger als zwei andere Philosophen mit Vogeldreck auf der Stirn, und die beiden anderen lachen, dann lacht er nicht. (Denn er ist selbst Philosoph und hat erkannt, daß er Vogeldreck auf der Stirn haben muß.) Schauen wir uns nun das ganze aus der Sicht eines der Weisen an: Er glaubt, selbst keinen Vogeldreck auf der Stirn zu haben und lacht mit den anderen mit. Welche Lehre hätte dieser Philosoph aus dem Resolutionsverfahren der Aussagenlogik ziehen können? Hausübungen Abgabe in den Übungen am 8. Juli 2002 (H 31) Deduktiv abgeschlosse Mengen Eine Menge T von Sätzen, d. h. geschlossenen Formeln, einer Sprache 1. Stufe heißt deduktiv abgeschlossen genau dann, wenn T |= A ⇔ A ∈ T . Sei K eine nichtleere und bzgl. ⊆ total S geordente Menge von deduktiv abgeschlossen Mengen einer Sprache L. Zeige, auch die Menge K ist deduktiv abgeschlossen, und sie ist konsistent genau dann, wenn alle T ∈ K konsistent sind. (H 32) Gleichheit Sei L eine Sprache erster Stufe mit einem zweistelligen Prädikatensymbol =. Wir erinnern uns Bitte wenden! an die Gleichheitsaxiome (Eq1) (Eq2) ∀x. x = x ∀x.∀y. A(x) ∧ (x = y) → A(y) für A ∈ Fm(L) a) Eine Erinnerung zum Einstieg : In einer früheren Aufgabe wurde aus den Axiomen (Eq1) und (Eq2) bereits die Reflexivität, Symmetrie und die Transitivität der Gleichheit hergeleitet. b) Leite aus (Eq1) und (Eq2) den Satz her der besagt, daß = eine Kongruenzrelation ist, d.h. leite für jedes Funktionssymbol f aus L mit ar(f ) = n den Satz ∀x1 ∀x01 · · · ∀xn ∀x0n . (x1 = x01 ∧ · · · ∧ xn = x0n ) → f (x1 , . . . , xn ) = f (x01 , . . . , x0n ) her. (Hinweis: Zeige dies zuerst für n = 2 und verallgemeinere dann.) c) Zeige für jedes Prädikatensymbol P aus L mit ar(f ) = n den Satz ∀x1 ∀x01 · · · ∀xn ∀x0n . (x1 = x01 ∧ · · · ∧ xn = x0n ) → P (x1 , . . . , xn ) → P (x01 , . . . , x0n ) Sei M nun eine L-Struktur, in welcher die Gleichheitsaxiome gelten: d) Warum wird das Prädikatensymbol = in M als eine Äquivalenzrelation =M auf der unterliegenden Menge DM interpretiert. e) Warum ist diese Äquivalenzrelation =M sogar eine Kongruenzrelation? D. h. warum für jedes n-stellige Funktionsymbol f , jedes n-stellige Prädikatensymbol P und jede Folge von Elementen d1 , . . . , dn , d01 , . . . , d0n ∈ D derart, daß d1 =M d01 , . . . dn =M d0n , gilt: fM (d1 , . . . , dn ) = fM (d01 , . . . , d0n ) PM (d1 , . . . , dn ) genau dann, wenn PM (d01 , . . . , d0n ) f) Definiere eine Struktur M0 mit unterliegender Menge DM0 = DM /=M , in der die gleichen Prädikatenlogischen Sätze wie in M gelten. g) Folgere, daß wenn es zu einer die Gleichheitsaxiome enthaltenden Menge von Sätzen T ein Modell M gibt, dann gibt es sogar ein Modell M0 , so daß =M0 die tatsächliche Gleichheitsrelation auf DM0 ist.