Ausgabe I / 2010 Spot-Kreation und Werbewirkung impact Dossier | Involvement Impressum Herausgeber IP Deutschland GmbH Mediaforschung & Services Aachener Straße 1042 a 50858 Köln Telefon: 0221 5886-0 Fax: 0221 5886-999 www.ip-deutschland.de Projektleitung Sunay Verir, Ute Kampbartold Redaktion Sunay Verir, Uschi Durant, Jan Isenbart Autoren Eckhard Preis, Kai Uwe Weidlich, Sunay Verir Gestaltung Zum goldenen Hirschen Köln GmbH Produktion pixPANAMA GmbH & Co. KG Bildnachweis IP Deutschland GmbH Zum goldenen Hirschen Köln GmbH Ansprechpartner für Kunden Sunay Verir Telefon: 0221 - 5886 -465 [email protected] Ansprechpartner für Presse Zarifa Schmitt Telefon: 0221 5886-401 [email protected] Alle Daten auch zum Download unter www.ip-deutschland.de April 2010 2 Dossier I / 2010 || Spot-Kreation Inhalt und Werbewirkung Spot-Kreation und Werbewirkung Inhaltsverzeichnis Einführung 4 Methodik Die drei Säulen des „CreaKompass“ 6 1. Literaturstudie zum Stand der Forschung Kreativität – Der Schlüssel zum Erfolg? 8 2. Inhaltsanalyse von über 1.000 TV-Spots Kreative Werbung – Was sie ausmacht und wie sie wirkt 18 3. Qualitativer Studiotest mit apparativen Testverfahren Involvement – Wirkungsmotor für erfolgreiche Spot-Kreation 24 Spotlights aus anderen Studien Ausgewählte Kreativitätstechniken im Visier 34 Umfrage Relevanz von Spot-Kreation und Werbewirkung aus Expertensicht 36 Fazit und Empfehlungen Spot-Kreation als Erfolgsfaktor wirkungsvoller Werbung 46 Weiterführende Literatur 48 Service Aktuelle Studien und Publikationen 50 www.ip-deutschland.de 3 Liebe Leser, fragt man Werbeforscher und Kreative, wie viel Prozent aller TV-Spots ihr Wirkungspotenzial eigentlich gar nicht zur Gänze ausschöpfen, sind Antworten wie „50/80/90 Prozent“ eher die Regel als die Ausnahme. Eine sicher ehrliche, aber doch ernüchternde Einschätzung. Jan Isenbart Direktor Mediaforschung & Services Kontakt: [email protected] Keine Frage: Wirkung lässt sich auch mit Werbedruck kaufen – zumindest im Fernsehen. Aber kein einzelner Faktor der Wirkungskette dürfte so mächtig sein, gleichzeitig so unterschätzt und damit oft geradezu sträflich vernachlässigt werden wie die Spot-Kreation. Dabei erscheint es nach wie vor unverständlich, dass manche Unternehmen zwar sechs- oder siebenstellige Beträge in Media investieren und jedem Cent mehr Effizienz nachjagen, aber zugleich die Frage der Effektivität ausblenden und bezweifeln, ob 20.000 Euro für einen soliden Test, der die Wirkungen ihres Spots ex ante auf Herz und Nieren prüft, eine nötige oder gar sinnvolle Investition darstellen. Wenn Sie dafür Ansätze, Belege und Tipps brauchen – vielleicht auch für die interne Argumentation – finden Sie diese zuhauf im vorliegenden Dossier. Wir zeigen Ihnen aus der Literatur, aus umfangreichen eigenen Forschungen im Rahmen unseres „CreaKompass“ und aus der Sicht von Praktikern: W arum die Spot-Kreation ein mächtiger Wirkungs-Booster ist W as die kreativen Treiber der Werbewirkung sind W elche Rolle dabei klassische Werbetechniken und neue Kreativitätstechniken heute spielen W as eigentlich ADC-Gewinner gestalterisch von „normalen“ Spots unterscheidet W ie sich gängige Kommunikationsziele auf bewährte Weise, aber auch mit frischen Ideen inszenieren lassen Die hier knapp aufbereiteten Ergebnisse sind an vielen Stellen notwendigerweise grob verallgemeinernd und lückenhaft. Unser Material indes geht noch viel tiefer. Mit der Datenbank des „CreaKompass“ im Rücken wird es erst richtig spannend, wenn wir Ihren Spot individuell oder im Branchenkontext beleuchten. Bitte sprechen Sie uns oder Ihren Verkaufsberater bei Interesse direkt an! Abschließend sagen wir ein großes Dankeschön an unsere engagierten Forschungspartner von Mediascore, Medien Institut und Werbestolz, an die Praktiker aus Werbeagenturen und Instituten, die uns Rede und Antwort gestanden haben, und nicht zuletzt an unsere Wirkungsforscherin Sunay Verir, die die zahlreichen Fäden dieses Großprojekts hervorragend in der Hand gehalten hat. Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre! Jan Isenbart 4 Dossier I / 2010 | Spot-Kreation und Werbewirkung Spot-Kreation und Werbewirkung aus Expertensicht Kreative Spots sind in der Regel auch nachhaltig wirksamer. Kreation ist nicht alles. Aber ohne Kreation ist alles nichts. Sebastian Turner, Scholz & Friends Marcel Loko, Zum goldenen Hirschen Kreative Spots erreichen den Zuschauer wirksamer und auch kosteneffizienter. Die ausführlichen Statements der befragten Experten finden Sie ab Seite 36. Dr. Bernd Büchner, Millward Brown Deutschland Mit dem Holzhammer kann ich eventuell kurzfristig Wirkung erzielen, Kunden binden kann ich nur mit kreativer Intelligenz. Mindestens 90 Prozent aller TV-Spots verschenken deutliches Wirkungspotenzial in ihrer Kreation. Ralf Heuel, Grabarz & Partner Stefan Kolle, Kolle-Rebbe Management Summary: Das Geheimnis starker TV-Spots Die Stärke eines TV-Spots entwickelt sich ganz wesentlich aus seiner Kreation heraus. Doch was sind die kreativen Erfolgsfaktoren besonders wirksamer Fernsehwerbung? Wie muss ein Spot gestaltet sein, um eine besonders hohe Wirkkraft zu entfalten? Wie die in diesem impact Dossier gebündelten übergreifenden Ergebnisse des „CreaKompass“ zeigen, gibt es keine Patentrezepte; doch die vorliegenden Studien und Analysen belegen, dass unter anderem folgende kreative Treiber bei markenspezifischer Umsetzung der Spot-Wirkung einen zusätzlichen Schub geben können: elungene Kreation kann und muss beim Zuschauer G Involvement (= „Ich-Beteiligung“) hervorrufen. Voraussetzung für eine effektive Spot-Kreation ist zudem, dass die Werbebotschaft fokussiert, klar und verständlich vermittelt wird und formal und inhaltlich einen eindeutigen Bezug zur Marke herstellt. E in weiterer wichtiger Punkt ist zudem die Unverwechselbarkeit und Originalität des Spots. A uch der Einsatz von allseits bekannten Mustern und gelernten Reizen zieht die Aufmerksamkeit des Zuschauers auf sich. In der Kombination mit überraschenden, unvorhersehbaren Effekten kann der Einsatz von bekannten Mustern die Zuschauer auch über den Spot-Verlauf involvieren und binden. Von den möglichen einsetzbaren Kreativtechniken ist das Storytelling besonders wirksam. E benso sind Spots, die mit Normen- bzw. Tabubrüchen arbeiten, in der Regel überdurchschnittlich wirksam. Weitere kreative Treiber sind gezielt eingesetzte Emotionen wie Humor, Action und Rührung. A uch die traditionelle Werbetechnik der künstlichen Verknappung hat Wirkpotenzial. Mit der Datenbank des „CreaKompass“ sind zudem auf markenindividueller und branchenspezifischer Betrachtungsebene tiefergehende Analysen und erste Benchmarks möglich. www.ip-deutschland.de 5 Methodik Die drei Säulen des „CreaKompass“ Mit einem neuen Forschungstool untersucht IP Deutschland den Einfluss der Spot-Kreation auf die Werbewirkung und deckt kreative Treiber von erfolgreichen TV-Spots auf. Im Rahmen des „CreaKompass“ geht IP Deutschland der Fragestellung nach, inwiefern die Spot-Kreation die Werbewirkung beeinflusst und was die kreativen Treiber wirkungsvoller Fernsehwerbung sind. Um das Thema umfassend und aus mehreren Perspektiven zu beleuchten, hat IP dazu drei Studien mit jeweils unterschiedlichen methodischen Herangehensweisen in Auftrag gegeben. Es handelt sich somit um einen Multi-Methoden-Ansatz, der eine facettenreiche, ganzheitliche Betrachtungsweise der Fragestellung ermöglicht. Die Studien sind dabei miteinander vernetzt und sollen in ihrer Gesamtheit ein abgerundetes, tiefgehendes Bild über die kreativen Treiber wirkungsvoller Werbung geben. Mit dieser Methodenkombination geht IP neue Wege bei der genannten Fragestellung und möchte damit Werbetreibenden eine weitere, zwar bekannte, doch häufig im konkreten Fall vernachlässigte Stellschraube für Werbe-Effektivität – die Spot-Kreation – noch greifbarer machen. 1. Baustein: Literaturstudie Die Basis für den „CreaKompass“ bildet die Literaturstudie, die das Institut Werbestolz für IP Deutschland durchgeführt hat. Die Sekundäranalyse gibt einen Überblick über den Stand der Forschung zur Wirkung von Kreativität in der TV-Werbung und zeigt bisherige Erkenntnisse zu dieser Thematik auf. Die Studien werden dabei auf einer Meta-Ebene analysiert und daraus Empfehlungen für weiterführende Untersuchungen abgeleitet. So sind auch die Ideen für die weiteren zwei Studien aus dem „CreaKompass“ entstanden. 6 Dossier I / 2010 | Spot-Kreation und Werbewirkung 2. Baustein: Quantitative Inhaltsanalyse Die zweite Säule bildet eine umfassende quantitative Inhaltsanalyse. Das Medien Institut in Ludwigshafen, das bereits eine Vielzahl inhaltsanalytischer Studien zu TV-Content betreut hat, hat dafür auf Basis eines ausführlichen Code-Plans mehr als 1.000 Spots vercodet. Die TV-Spots wurden nach dem Zufallsprinzip ausgewählt, wobei 292 dieser Spots aus dem Jahr 1998 stammen und 359 aus 2008, um einen Zehn-Jahres-Vergleich anstellen zu können. Zudem sind mehr als 300 durch den Art Directors Club (ADC) prämierte TV-Spots in der Stichprobe enthalten. Durch die vergleichende Betrachtung prämierter und nichtprämierter Spots gibt die Studie auch Aufschluss darüber, welche Eigenschaften ein TV-Spot mitbringen muss, um – in diesem Fall nach den Maßstäben des ADC – einen Kreativ-Preis zu gewinnen. Hauptsächlich zeigt die repräsentative Untersuchung auf, in welchem Umfang erfolgreiche kreative Treiber wirkungsvoller Werbung in der Realität überhaupt eingesetzt werden und welche Gestaltungsmerkmale bei Kreativen und Werbetreibenden beliebt sind. Besonderen Erkenntnisgewinn liefert diese Studie auch zur Wirkkraft einzelner Gestaltungsmerkmale. 80 der TV-Spots, die in dieser Studie inhaltsanalytisch ausgewertet wurden, waren auch im qualitativen Studiotest – dem dritten Baustein des „CreaKompass“ – vertreten und wurden dort auf ihre Werbewirkung hin überprüft. Durch ein Matching beider Studien sind Aussagen über den Wirkungseinfluss einzelner Gestaltungsmerkmale möglich. Lite studie r Den dritten Teil des „CreaKompass“ bilSt ud iot det ein qualitativer Studiotest. Ziel dieser est Untersuchung ist es, die Spot-Kreation unter Involvement-Aspekten zu beleuchten und für bestimmte Kommunikationsziele den Einsatz von „erlernten“, aber auch innovativen Techniken genauer zu untersuchen. Das Institut Mediascore hat dazu in bisher zehn Wellen 100 TV-Spots detailliert auf ihre Kreation hin untersucht und den Erfolg von verschiedenen kreativen Elementen auf Basis des Spot-Involvements ermittelt. Dazu wurde neben den klassischen Outcome-Parametern das unmittelbare emotionale und kognitive Werbeerleben über die Messung der physiologischen Aktivierung und der Gefallensbeurteilung während der Rezeption mit betrachtet. Insgesamt wurden dafür seit September 2008 in regelmäßigen Abständen zehn Testreihen mit jeweils 40 Personen im Alter von 18 bis 54 Jahren (jeweils zur Hälfte Männer, zur Hälfte Frauen) durchgeführt. Pro Welle wurden zehn Werbespots getestet, die jeweils in eine aktuelle Ausgabe des RTL Magazins „Punkt 12“ eingebettet waren. Die TV-Spots wurden zufällig ausgewählt und stammen aus verschiedenen Branchen. Während der Rezeption wurden die apparativen Parameter erfasst. Anschließend fand eine postrezeptive Befragung statt. Die Ergebnisse für jeden einzelnen Spot sind jetzt in einer Datenbank erfasst, die somit erste Benchmarkings ermöglicht. Da die Zielgruppe und das Format in dieser Studie immer konstant gehalten wurden, sind die Wirkungsdimensionen der TV-Spots sehr gut untereinander vergleichbar. Ergänzende Insights aus der Praxis Abgerundet werden diese drei Säulen des „CreaKompass“ durch einige „Spotlights“ aus anderen Studien zum Thema Spot-Kreation und Werbewirkung und mit einer Umfrage, die IP Deutschland unter namhaften Werbeagenturen und Marktforschungsinstituten durchgeführt hat. Sie sollen aus ihrer praktischen Erfahrung eine Einschätzung zur Relevanz von Kreation und Kreativität für die Werbewirkung geben. sa na lys e Steckbrief „CreaKompass“ e tiv lita Qua 3. Baustein: Qualitativer Studiotest ratur- alt Inh 1. Literaturstudie: Was sagt die bisherige Forschung zum Thema SpotKreation und Werbewirkung? ielsetzung: Die Studie gibt einen Überblick über den Stand Z der Forschung zum Thema Spot-Kreation und Werbewirkung und fasst auf einer Meta-Ebene bisherige Studienergebnisse zusammen. Erhebungsmethode: Sekundäranalyse Durchführendes Institut: Werbestolz 2. Inhaltsanalyse: Welche Gestaltungsmerkmale werden überhaupt in der Fernsehwerbung eingesetzt und welchen Einfluss haben sie auf die Werbewirkung? ielsetzung: Diese Untersuchung zeigt auf, welche GestalZ tungsmerkmale wie häufig zum Einsatz kommen, wie sie sich in einem 10-Jahres-Vergleich (1998–2008) gewandelt haben und welche Gestaltungsmerkmale prämierte TVSpots auszeichnen. Zudem zeigt die Studie auf, welche Gestaltungsmerkmale signifikant die Werbewirkung steigern können. Erhebungsmethode: Inhaltsanalyse von über 1.000 Spots nach verschiedenen formalen und inhaltlichen Gestaltungskriterien. Durchführendes Institut: Medien Institut 3. Qualitativer Studiotest – Spot-Kreation und Involvement: Wie lassen sich Kommunikationsziele auf „erlernte“ vs. innovative Art und Weise erreichen? ielsetzung: TV-Spots mit bewährten, aber auch innovativen Z Kreationen sollen auf ihr qualitatives Wirkpotenzial hin überprüft werden. Durch die Messung von Emotionen und Kognition während der Rezeption ist es möglich, einzelne TVSpots detaillierter zu analysieren und die Spot-Kreation unter dem Gesichtspunkt Involvement zu betrachten. E rhebungsmethode: Qualitativer Studiotest mittels apparativer Testverfahren, die die physiologische Aktivierung und das unmittelbare Spot-Gefallen messen, und postrezeptiver Befragung. Insgesamt wurden bisher zehn Wellen mit jeweils 40 Personen im Alter von 18 bis 54 Jahren durchführen zu können. Um die TV-Spots untereinander vergleichen und Benchmarking durchführen zu können, wurde in jeder Testwelle immer dasselbe Format eingebunden und die gleiche Zielgruppe ausgewählt. Durchführendes Institut: Mediascore www.ip-deutschland.de 7 1. Literaturstudie zum Stand der Forschung Kreativität – Der Schlüssel zum Erfolg? Die Auseinandersetzung mit dem Thema Spot-Kreation und Werbewirkung ist nicht neu! Doch wie ist der Stand der Forschung? Wie gingen bisherige Studien bei der Untersuchung dieser Fragestellung vor und welche Erkenntnisse haben sie zutage gefördert? Antworten darauf gibt die folgende Analyse. Eckhard Preis, Geschäftsführer Werbestolz Seit jeher wird gute Werbung auf Kreativwettbewerben ausgezeichnet. Agenturen und deren Kreative erhalten Preise für überragende Kommunikation in Cannes, beim ADC und bei vielen anderen Kreativwettbewerben. Und nach einigen mageren Jahren stehen auch wieder häufig deutsche Kampagnen und Agenturen auf den Siegertreppchen der Werbe-Festivals. Eine mit Kreativpreisen ausgezeichnete Kampagne sagt aber über den Markterfolg nicht unbedingt etwas aus. Zuweilen sind Kampagnen eher kreativer Selbstzweck und dienen stärker der Demonstration von Agentur-Können als dem Gewinnen von Marktanteilen. Kreativität und Effizienz gleichermaßen bewertet seit 1981 der Effie des Gesamtverbands Werbeagenturen (GWA): Wer daran teilnimmt, muss auch die Wirkung der Kampagne nachweisen, um ernsthafte Chancen auf eine Prämierung zu haben. Auch in Produktbereichen, die lange Zeit nicht gerade als kreative Spielwiese galten, ist kreative Werbung auf dem Vormarsch. Beispielsweise startete Procter & Gamble 2003 eine Kreativitätsoffensive: Die Agenturen des Konsumgüter-Riesen sollten kreativere Werbung entwickeln und diese auch bei den Kreativ-Wettbewerben einreichen. Die Strategie ging auf: 2008 wurde Procter & Gamble beim Werbefestival in Cannes zum „Kunde des Jahres“ gekürt und kann mittlerweile auf 40 Cannes-Lions zurückblicken. Zusammenhang von Kreativität und Zielerreichung der Kampagne Angaben in % Zielerreichung: gering mittel hoch 100 % 8,1 29,7 80 % 33,3 62,2 60 % 41,7 40 % 57,7 Insgesamt scheint Kreativität in vielen Fällen aber auch etwas zum Markterfolg der beworbenen Produkte und Dienstleistungen beizutragen. Kampagnen, die auf Kreativ-Festivals Preise abräumen, sind auch beim Effie deutlich erfolgreicher, stellte 2004 der damalige Scholz-&-Friends-Chef und ADC-Vorstandssprecher Sebastian Turner fest (Turner, 2004). 20 % 0% Dossier I / 2010 | Spot-Kreation und Werbewirkung 3,8 gering 3,8 mittel hoch Quelle: Volker Trommsdorff: „Werbe-Pretests – Praxis und Erfolgsfaktoren“ (2003), Basis: 99 Kampagnen. Abb. 1 8 25,0 38,5 Auch die Forschung liefert viele Belege für die Bedeutung von Kreativität in der Werbung. In der Studie „Werbe-Pretests – Praxis und Erfolgsfaktoren“ untersuchte Marketing-Professor Trommsdorff von der TU Berlin Werbekampagnen auf ihre Kreativität und die Erreichung der gesetzten Ziele (Trommsdorff, 2003). In der umfassenden Analyse konnte er verschiedene Erfolgsfaktoren identifizieren. Den mit Abstand größten Einfluss auf die Zielerreichung der Kampagnen im Markt hatte jedoch ihre Kreativität: Je kreativer die Kampagnen waren, desto größer war auch ihr Markterfolg (siehe Abb. 1)! Wie erkennt und bewertet man kreative Werbung? und Unternehmen um die Einschätzung der eigenen Kampagne in puncto Kreativität. Als Kriterien verwendet er Originalität/Neuartigkeit, Qualität der technischen Umsetzung, Verständlichkeit/ Klarheit, Motivationskraft/Überzeugungskraft, Emotionalität, Differenzierung gegenüber Wettbewerbern („Uniqueness“) und Produktbezug. Die ersten vier Kriterien entsprechen den ADC-Regeln, „Freude“ ersetzt er durch Emotionalität. Die anderen beiden Kriterien nimmt er neu hinzu. Die beiden für den Kreativ-Erfolg von Werbung entscheidenden Dimensionen sind für Trommsdorff jedoch Neuartigkeit bzw. Originalität und Strategiebezug des Kampagnenentwurfs. Alle anderen Kriterien betrachtet er als untergeordnet. Ralf Langwost stellt in seiner Analyse „Creative Effectiveness 2006“ 35 Kampagnen in Fallstudien ausführlich dar und zeigt, Wie macht man Kreativität greifbar? Die Diskussion darüber ist so wie sie eine eigene „Big Idea“ entwickeln, einsetzen und schließalt wie die Werbung selbst. In der Überzeugung vieler Kreativer ist lich damit dem Produkt zum Erfolg verhelfen. Für Langwost zeichdie objektive Messung und Bewertung von Kreativität eigentlich nen sich kreative und effiziente Kampagnen dadurch aus, dass ein Widerspruch in sich selbst. Demnach können kreative Dinge, sie eine oder wenige relevante Aussagen auf unerwartete, überradie jenseits des Normalen entstehen, mit genormten Verfahren schende Art präsentieren und einen unmittelbaren Produktbezug nicht bewertet werden. Es gibt in ihren Augen entweder kraftvolle, herstellen. Diese Kriterien zeigen in eine kreative Kampagnen oder durch Marktforähnliche Richtung wie die von Trommsschung abgesicherte, risikolose und damit Je kreativer die Kampagnen dorff aufgestellten Anforderungen. langweilige Kampagnen. waren, desto größer war auch In dem häufig zitierten Artikel „Creative Ist also kreativ, was Kreativpreise bekommt? ihr Markterfolg! Enough for the Financial Director“ fassen Sind es also pure Inspiration und Intuition, die beiden Millward-Brown-Mitarbeiter die zu einem bemerkenswerten Ergebnis Andy Farr und Sue Gardiner Ergebnisse führen? Der Art Directors Club (ADC) sagt „nein“ und hat Kriterien und Erkenntnisse der institutseigenen Forschung zusammen (Farr/ zur Bewertung von Kreativität entwickelt (Turner, 2004). Sie sind Gardiner, 2001). Dabei wird ebenfalls die Neuartigkeit der Idee inzwischen allgemein anerkannt und werden beispielsweise auch als Basis von Kreativität angesehen, sofern sie gut kommuniziert beim Effie des Gesamtverbands Werbeagenturen angewendet. wird und dadurch beim Empfänger der Werbebotschaft Interesse und Involvement erzeugt. Entscheidend für die Werbewirkung ist Die fünf ADC-Regeln sind Tipps zum Erkennen und Bewerten der jedoch auch für diese Autoren die Verbindung von Kreativität und Kreativität von Werbung, erstellt von Kreativ-Profis für ihre Kollegen, Marke: Kreativität muss demnach streng im Dienste des Produkts ihre Auftraggeber und alle, die professionell mit Werbung zu oder der Marke stehen und darf Produkt oder Marke nicht übertun haben: trumpfen („Creativity must not overshadow the brand.“). Originalität: Ist die Arbeit neu und originär? Durchbricht sie Normen? Wie wird Werbe-Kreativität erforscht? Klarheit: Ist die Arbeit leicht erfassbar? Werden die Inhalte Oft wählen Forscher preisgekrönte und damit erfolgreiche Kampa sofort begriffen? gnen aus und analysieren, was in diesen Kampagnen „richtig“ ge Überzeugungskraft: Werden die Argumente für das Produkt macht wurde. Sie suchen nach immer wiederkehrenden Mustern, glaubhaft wiedergegeben? fassen sie zu Erfolgsfaktoren zusammen und leiten daraus Regeln Machart: Ist die Arbeit handwerklich überzeugend? Stimmen für kreative Werbung ab. Ihre Frage lautet im Grunde genommen: alle Einzelheiten und ergeben sie ein homogenes Ganzes? „Was macht kreative Kampagnen kreativ?“ Mit diesem Ansatz ver Freude: Macht es Spaß, die Arbeit zu sehen, zu hören oder wischen jedoch schnell Untersuchungsgegenstand und Untersu anzufassen? (Turner, 2004) chungsergebnis. Die eben zitierten drei Untersuchungen der letzten Jahre gehen einen anderen Weg: In seiner bereits erwähnten Untersuchung „Werbe-Pretests – Praxis Volker Trommsdorff nahm 2003 im Auftrag von Stern und und Erfolgsfaktoren“ lehnt sich Marketing-Professor Trommsdorff SevenOne Media 122 deutsche Kampagnen unter die Lupe. Zu (2003) an diese ADC-Kriterien an. Er bittet die befragten Agenturen www.ip-deutschland.de 9 diesen hatte er von den Werbungtreibenden oder Agenturen Informationen in Form einer standardisierten Abfrage bekommen. Die Kampagnen mussten lediglich einen Pretest durchlaufen haben und danach auch tatsächlich geschaltet worden sein. Abweichend von anderen Untersuchungen sind hier also völlig „normale“ Kampagnen auf dem Prüfstand, die keine Preise gewonnen haben. Damit kann Trommsdorff verschiedene Kreativitätsstufen untersuchen und weist nach, dass Kreativität für den Markterfolg die mit Abstand wichtigste Komponente ist. ren“ mit einer gefälligen Werbegestaltung. Doch das Thema bleibt weiter komplex: ein anerkanntes, alles erklärendes Werbewirkungsmodell gibt es bis heute nicht. Das Variablengestrüpp aus Einflussfaktoren, Wirkungsebenen und Resultaten ist vielschichtig und schwer zu entwirren. Das Konzept der Kreativität als Bedingung für Werbeerfolg findet man bei Werbeforschern zudem kaum. Meist werden einzelne Gestaltungselemente untersucht oder benannt, ohne dabei über die Kreativität eines Werbespots zu reden. „Kreativität kann man nicht messen, nur ihre Effekte“, lautet vielfach die Überzeugung. In der Analyse „Creative Effectiveness 2006“ untersucht Ralf Langwost Kampagnen, die kreativ und in Sachen Effizienz punkten konnten. Der Beitrag der Grundlagenforschung: Als Standardweg des ErErstaunlicherweise waren von 1.417 Euro-Effie-Gewinnern nur 138 kenntnisgewinns erfordert das wissenschaftlich „saubere“ ExpeKampagnen auch bei den Kreativwettbewerben Cannes oder ADC Euriment, dass möglichst viele Rahmenbedingungen kontrolliert – rope erfolgreich. Diese zehn Prozent „Dopalso zumeist gleichgeschaltet – werden, pel-Champions“ nimmt Langwost unter um die experimentell erzeugten EinflussDer Status quo der die Lupe und erklärt, wie wichtig die „Big faktoren „in Reinkultur“ zu beobachten. Forschung präsentiert sich Idea“ in Kombination mit der Lenkung auf So entstehen kleine Mosaiksteinchen zum das Produkt ist. Thema Kreativität und Werbewirkung, eine als ein weitläufiges Feld mit Verallgemeinerung bleibt jedoch überwieimmer noch unzähligen Auch die Sekundäranalyse von Pretest-Ergend Wunschdenken. gebnissen aus der Datenbank von großen Baustellen. Marktforschungsinstituten, wie beispielsEx-post-Analysen erfolgreicher Werbung: weise bei Farr und Gardiner (2001), ist viel Beobachtet man auf einer Meta-Ebene versprechend. Hier gehen alle Spots in die Analyse ein, und über die Effekte von Werbung und versucht, die statistische Bewertung verschiedener Einflüsse auf die Werstatistisch auf Erfolgsfaktoren zu schließen, können auch daraus bewirkung lassen sich Faktoren der Kreativität bestimmen. Ausnur schwer allgemeingültige Regeln abgeleitet werden. Die Erführlichere Ergebnisse mit diesem Ansatz liefert die GfK/GWA-Stukenntnisse hängen stark vom Ausgangsmaterial der Analyse ab die „TV-Werbung: der Einfluss von Gestaltungsmerkmalen“ (GWA, und liefern nur eine Retrospektive. Was in den Köpfen der Rezipi1997), die weiter unten ausführlich vorgestellt wird. enten geschieht, ist so nicht zu erschließen. Herangehensweise und Stand der Forschung Kreativität bei TV-Spots ist für Deutschland frühestens seit dem Beginn des Werbefernsehens ein Thema, de facto aber erst seit dem Durchbruch der Privatsender und der damit verbundenen Erweiterung der verfügbaren Werbezeiten. 1981 wurde der erste Effie in Deutschland verliehen; seit knapp 30 Jahren ist also die Kreativität von TV-Spots hierzulande ein Thema. Erforscht war dieses Neuland bereits, wenn auch eher in den USA. Man ging jedoch lange Zeit von einfachen Reiz-Reaktions-Mustern aus und von einer bewussten und aufmerksamen Verarbeitung der werblichen Argumente beim Rezipienten. Einen Wendepunkt markiert das Elaboration Likelihood Modell (Petty & Cacioppo, 1986), das die Idee einer beiläufigen Werberezeption ohne größeres Interesse einführte und deren Rahmenbedingungen definierte. Involvement wird damit zum Schlüsselbegriff der Werbewirkung und „Low Involvement“ zur Standardsituation der Werberezeption. Nun ist klar, dass es nicht nur um Lernen im Sinne von Wissensvermittlung geht, sondern um „Unterhalten“ und „Emotionalisie- 10 Dossier I / 2010 | Spot-Kreation und Werbewirkung Der Status quo der Forschung zu Kreativität und Werbewirkung von TV-Spots präsentiert sich als ein weitläufiges Feld mit immer noch unzähligen Baustellen. Die übliche quantitative, experimentelle oder analytische Herangehensweise stößt möglicherweise an ihre Grenzen. Dagegen sind qualitative, verstehende Ansätze bislang rar geblieben, obwohl eine offene Annäherung an das Thema aus dem Blickwinkel der Werberezipienten innovativ und viel versprechend ist. Wie wirkt kreative Werbung? Fast jeder möchte gerne kreative Werbung machen – wer würde schon freiwillig auf „unkreative“ Werbung setzen? Kreativität ist das Wundermittel, das die von Werbung prinzipiell gelangweilten Konsumenten zum begeisterten Schwärmen über eine „total coole Fernsehwerbung“ bringt. Der Spot wird zum Kult und die Marke – wenn man es richtig anpackt – zum Star. Wie jede Wer- Goods (FMCG), die mit dem GfK-Instrument AD*Vantage mit insgebung unterliegen auch solche Werbe-Highlights den Gesetzmäßigsamt 200.000 Befragten getestet wurden. Im Fokus stehen die Efkeiten der Werbewirkung und sind deshalb kein Zufall. Das sollte fekte verschiedener Spot-Gestaltungstypen auf die Wirkungskritealle, die mit Werbegestaltung zu tun haben, dazu ermutigen, sich rien Awareness, Likeability und Veränderung der Markenpräferenz. ebenfalls Kreativität zunutze zu machen. Wer auf kreative Werbung setzt, bekommt garantiert „von vielem ein bisschen mehr“. Als gesiDen höchsten Effekt der Spot-Kreativität chert kann die höhere Awareness-Wirkung ermittelte die GfK mit 70 Prozent für Likekreativer Werbespots gelten: Sie erzielen Wer auf kreative ability; demnach lassen sich 70 Prozent der im Vergleich zu durchschnittlichen Spots Werbung setzt, bekommt Likeability-Veränderungen auf Spot-Kreativieine höhere Aufmerksamkeit. Außerdem tät zurückführen. Für Awareness berechnet erzielen kreative Spots wegen ihres högarantiert von vielem ein die GfK mit 50 Prozent ebenfalls einen heren Unterhaltungswerts eine positivere bisschen mehr. starken Einfluss der Spot-Kreativität, wogeBewertung (Likeability) bei den Zuschaugen die Veränderung der Markenpräferenz ern. Diese Befunde werden durch eine Fülnur zu 28 Prozent durch den Faktor Kreativile von Untersuchungen gestützt, so beispielsweise auch durch viele tät bestimmt wird, aber zu 72 Prozent andere Ursachen hat. Studien der IP Deutschland zu den Effekten kreativer Sonderwerbeformen. Dagegen sind Änderungen der Markenpräferenz oder ein höherer Abverkauf aufgrund besonders kreativer Werbung nicht Die Millward-Brown-Mitarbeiter Andy Farr und Sue Gardiner (2001) zwingend zu erwarten, auch wenn eine empirische Untersuchung finden für kreative Werbe-Spots eine höhere Werbeerinnerung, so(s. u.) von einem indirekten Zusammenhang spricht. fern ein Link zwischen Kreativität, Marke und Botschaft besteht. In ihrem bereits erwähnten Artikel „Creative Enough for the Financial Director“ berichten sie zudem von einem Zusammenhang zwischen In einem Dossier des Schweizer Vermarkters Publisuisse (2005), Awareness und Abverkauf, sodass Kreativität indirekt auch den Umin dem es auch um das Thema Spot-Gestaltung geht, wird die Aufsatz beeinflusst. Das Marken-Image kann mittelbar ebenfalls von gabe eines „guten“ TV-Spots darin gesehen, den Zuschauer zu fasKreativität profitieren, indem sich die positive Einstellung zur Werzinieren und bei der Stange zu halten. Fernsehwerbung soll die Aufbung (Likeability) auf die beworbene Marke überträgt: „Love the ad, merksamkeit der Zuschauer erregen, indem sie aktiviert, eine innere then you come to love the brand.“ Beteiligung auslöst (Involvement) und ihnen gefällt (Likeability). Awareness und Spot-Gefallen (Likeability) werden auch in einer Analyse des GWA in Zusammenarbeit mit der GfK („TV-Werbung: Der Likeability bezieht sich also zunächst nur auf das Werbemittel. Einfluss von Gestaltungsmerkmalen“, GWA, 1997) als wichtigste EfDaher ist besonders darauf zu achten, dass sich dieser Effekt fekte von Kreativität genannt. Empirische Basis der Untersuchung auch auf die Marke oder das Produkt überträgt. Häufig berichbilden 1.800 Spots aus dem Bereich der Fast Moving Consumer ten Zuschauer begeistert von einem lustigen Spot, dessen HandWerbeerinnerung und ihre Vorstufen/Einfluss von Werbemittel und Produktbezug Einstieg Markenbezug Starke Reize Aktivierung Aktivierung Werbemittel-Awareness Kontakt mit dem Werbemittel Bezug zu Rezipienten Involvement Gelungene Umsetzung Likeability Beschäftigung mit dem Werbemittel Werbeerinnerung Involvement Erinnerung an Werbung für die Marke Likeability werden auf die Marke gelenkt Quelle: Eckhard Preis / Werbestolz Abb. 2 www.ip-deutschland.de 11 lung und Pointe sie perfekt wiedergeben können – nur um welche Marke es ging, wissen sie nicht. Trommsdorff warnt daher in seiner Studie: „Werbekreativität ist kein Selbstzweck. Die Idee, die Botschaft oder auch das eingesetzte Werbemittel muss im Rahmen der Werbestrategie sinnvoll sein und ein konsistentes und dennoch neues Bild ergeben.“ (Trommsdorff, 2003, Seite 89). Fernsehspots sollten also nicht nur gut gefallen, sondern auch zur Markenbotschaft hinführen – erst dann kann von Wirkung im Sinne des Auftraggebers gesprochen werden. Doch wie kann dies sichergestellt werden? und wie kombiniert man schließlich die besonders geeigneten Elemente zu einem eigenen kreativen Werbespot? Kreativität wirkt demnach auf der Ebene des Werbemittels bzw. des Werbespots: Sie macht ein Werbemittel attraktiv und lädt zur weiteren Beschäftigung ein. Aus der geschickten Verknüpfung mit der Marke oder ihrer Botschaft ergibt sich dann die Werbeerinnerung für die Marke – die Ausgangsbasis für weitere Verarbeitungsschritte (siehe Abb. 2). Am einfachsten zu handhaben sind die Rahmenbedingungen des Mediums, denn sie sind gut erforscht und weithin gültig: Im Fernsehen dominiert – wie bereits dargelegt – Low Involvement die Rezeptionssituation: Zuschauer wollen und können sich mit Werbung in der Regel nicht aktiv auseinandersetzen. Damit scheiden ausgedehnte Argumentationsketten oder die Vermittlung einer Fülle von Informationen bereits im Vorfeld als Gestaltungselement aus. Formale Aspekte sind die Spot-Länge und die Option zur Nutzung von Sonderwerbeformen. Studien zu Spot-Länge und Werbewirkung belegen die Stärke von Spots, die die klassische Länge von 30 Sekunden ausnutzen. Zum fernsehtypischen Inszenieren und Emotionalisieren von Marken sind demnach längere Spots prinzipiell besser geeignet. Die besondere Awareness-Wirkung von Sonderwerbeformen ist ebenfalls durch Studien gut belegt: ihre exponierte Position in direkter Nähe zum Programm liefert die Steilvorlage für eine besondere Beachtung. Trotz einer langen Forschungstradition und einer Fülle von Einzelbefunden sind allgemeine Aussagen zur Wirkung von Gestaltungsmerkmalen nur selten anzutreffen. Uli Gleich stellt in seiner Übersicht „Werbewirkung als Interaktion von Werbegestaltung und Rezipient“ (Gleich, 2005) ernüchtert fest: „Je mehr Befunde darüber vorliegen, wann, wie und warum Konsumenten Informationen wahrnehmen, interpretieren, verarbeiten und zur Grundlage von Entscheidungen machen, desto schwieriger ist In der täglichen Praxis steht die Awareness-Wirkung von Werbung es, zu generellen Aussagen über die Wirkung von Gestaltungsalim Vordergrund, also die Erinnerung an Werbung für ein Proternativen in der Werbekommunikation zu gelangen.“ Und: „Was dukt, eine Marke oder ein Unternehmen. sie bei den Rezipienten jeweils auslösen, Die Messung von Awareness ist einfach, hängt von einer Reihe unterschiedlicher Bei Likeability ist darauf und da ohne sie die höheren Stufen der Faktoren auf Seiten der Empfänger ab, so zu achten, dass sich dieser Werbewirkung in der Regel nicht erreicht dass kaum einfache und allgemeingülwerden, konzentrieren sich viele Auftragtige Kausalbeziehungen zwischen speziEffekt auch auf die geber von Werbetrackings oder Werbewirfischen Kommunikationsinhalten und den Marke oder das Produkt kungstests auf dieses „EinstiegskriteriReaktionen der Konsumenten angenomum“ – zu Recht! men werden können.“ – Fazit: Patentreüberträgt. zepte gibt es nicht! Genauer betrachtet ist Awareness nämlich das Endergebnis eines Wahrnehmungsprozesses, in dessen Verlauf Kreativität eine Rolle Die Spot-Gestaltung ist eine von vielen Stufen im Werbeprozess, spielt: Geben Personen in Befragungen an, die Werbung für ein der mit der Absicht beginnt, Werbung zu betreiben und Produkt oder eine Marke wahrgenommen zu haben, hat zwangsder mit der geschalteten Werbekampagne noch nicht zu läufig auch ein Kontakt mit dem Werbemittel stattgefunden. Ende ist. Daher gelten für die Kreation des WerbeUnd wenn dieser Werbemittelkontakt zu einer hohen Werbeerinmittels einige – von Fall zu Fall unterschiedliche – Rahmennerung für Marke oder Produkt geführt hat, war das Werbemittel bedingungen, die den Bereich möglicher Gestaltungsvarianten höchstwahrscheinlich kreativ und lenkte gleichzeitig die entstanabstecken. Nicht nur von Seiten der Rezipienten bestehen Eindene Aufmerksamkeit auf die erinnerte Marke oder das erinnerte flüsse, sondern auch durch das Medium (TV), das Unternehmen, Produkt. das Produkt und das Marktumfeld (siehe Abb. 3). Gibt es einen Bauplan für perfekte kreative Werbung? Im Fernsehen liefert jeder Werbeblock aktuelles Anschauungsmaterial zur Spot-Gestaltung. Mal treten niedliche Kinder auf, mal bewährt sich die Marke gegen einen unbekannten Konkurrenten, mal gibt es spektakuläre Bilder, schmissige Musik oder witzige Einlagen. Aber wie zerlegt man das „Gesamtkunstwerk Werbespot“ in sinnvolle Einzelteile, wie prüft man deren Beitrag zum Werbeerfolg 12 Dossier I / 2010 | Spot-Kreation und Werbewirkung Auf Seiten der Werbungtreibenden ist zunächst ein Budgetrahmen zur Umsetzung der Werbespots einzuhalten, außerdem sind eventuell Corporate-Identity-Vorgaben zu beachten oder Key Visuals zu integrieren. Des Weiteren sind im Briefing üblicherweise die Kommunikationsstrategie, die Ziele und die Kommunikationsinhalte mehr oder weniger klar definiert. Möglicherweise gibt es auch bestimmte Vorstellungen, welche Art von Werbeauftritt zum Unternehmen passt: Manche Unternehmen „vertragen“ verrückte, überdrehte Werbung gut, andere würden damit ihr seriöses Image aufs Spiel setzen. Das Marktumfeld spielt bei der Werbegestaltung ebenfalls eine Rolle: Auf die Aktivitäten der Wettbewerber und die werblichen Gepflogenheiten der Branche kann man mit Variation reagieren oder einen bewussten Bruch mit den „Branchen-Werbetraditionen“ herbeiführen. Zumindest sollte der Werbeauftritt eine eigene Note haben, um sich gestalterisch von den Mitbewerbern abzusetzen. Erheblichen Einfluss auf die Gestaltungsoptionen haben zu guter Letzt die Merkmale der Zielgruppe – schließlich sollen sich die Rezipienten der Werbung von den Spots angesprochen fühlen und involviert werden. Werbespots tun gut daran, die ästhetischen oder musikalischen Präferenzen der Zielgruppe zu berückAus dem Charakter des Produkts als „Hauptperson“ der Werbesichtigen. Hilfreich ist insgesamt das Wissen darüber, was man spots ergeben sich weitere Rahmenbedingungen für die kreaseiner Zielgruppe „zumuten“ kann, ohne sie zu überfordern, zu tive Ausgestaltung. Produkte des täglichen Bedarfs verursachen brüskieren oder nicht ernst zu nehmen. beim Verbraucher üblicherweise geringes Auch das Informations-, Kauf- und VerInvolvement. Hier sind unterhaltende GeEin Zeichen kreativer wendungsverhalten sowie die Bedeutung staltungselemente angebracht, um dem Werbung ist es, kunstvoll des Produkts für die Zielgruppe nehmen Konsumenten einen „emotionalen MehrEinfluss auf die Spot-Gestaltung. wert“ zu vermitteln. Bei teureren oder für mit den Erwartungen den Konsumenten besonders bedeutder Fernsehzuschauer Diese Rahmenbedingungen der Spotsamen Produkten kann mit einem höKreation sind jedoch ein Korsett, das den heren Involvement gerechnet werden, so zu spielen. kreativen Spielraum in nicht geringem dass hier auch mehr ProduktinformatiMaße zu beschränken scheint. Und wenn onen erlaubt sind. Doch auch dann sollten sich Erklärungen auf alle diese Punkte berücksichtigt sind, resultiert daraus nicht die wichtigsten Punkte konzentrieren, um die Zuschauer nicht automatisch kreative Werbung. Es ist dennoch hilfreich, Zusamübermäßig zu strapazieren. Auch die Positionierung, das darzumenhänge und „Regeln“ zu kennen – vielleicht gerade auch, stellende Produkt-USP oder die Botschaft bestimmen die Ausum einige davon bewusst zu missachten! Ein Zeichen kreativer wahl der Gestaltungselemente. Die Information über eine RaWerbung ist schließlich, kunstvoll mit den Erwartungen der Fernbatt- oder Preisaktion („das gibt es dort ab dann und so lange sehzuschauer zu spielen und dadurch Awareness für die Marke günstiger“) erfordert sicherlich eine andere Herangehensweise zu erzeugen. als die Schärfung des Marken-Images. Einflussfaktoren der Spotgestaltung Unternehmen Produkt Medium Spotgestaltung Marktumfeld Zielgruppe Quelle: Eckhard Preis / Werbestolz Abb. 3 www.ip-deutschland.de 13 Einzelmaßnahmen der kreativen Spot-Gestaltung Die Zahl der Gestaltungselemente oder Gestaltungsoptionen für TV-Spots ist riesig, und eine überzeugende Strukturierung oder gar Priorisierung gibt es nicht. Wo Werbespots so „unique“ wie möglich sein sollen, um sich von der Masse abzuheben und wahrgenommen zu werden, kann es auch keine Patentrezepte geben. Einige Grundelemente der Werbegestaltung sind jedoch in der Werbeforschung ausführlich und mit recht eindeutigen Erkenntnissen behandelt worden. Humor Humor bietet sich schon fast intuitiv als Gestaltungselement an, denn Werbespots sollen schließlich unterhaltsam sein und Likeability auslösen. Ein Selbstläufer ist Humor jedoch nicht. Einsatz empfiehlt sich vor allem für Produkte des täglichen Bedarfs, bei denen ein eher niedriges Involvement des Rezipienten unterstellt werden kann. Humor spielt mit den Erwartungen der Rezipienten und „enttäuscht“ sie durch eine überraschende und plötzliche Wendung. Um dies jedoch mitzubekommen, ist eine gedankliche Verarbeitung erforderlich – ansonsten wird die Pointe nicht verstanden und die Wirkung verpufft. Humor setzt also eine gewisse „Mitarbeit“ des Rezipienten voraus. Die Bereitschaft dazu ist aber in der werbetypischen Low-Involvement-Situation nicht immer vorhanden. Bei den Rezipienten gibt es außerdem Unterschiede bezüglich ihres Humorverständnisses und ihrer Humorakzeptanz, die beachtet werden müssen. Hempelmann und Lürwer empfehlen daher in ihrem Übersichtsartikel im Fachmagazin „Planung + Analyse“ dringend, Pretests durchzuführen, denn „Humor in der Werbung knüpft (…) an Voraussetzungen, die stets zu prüfen sind“ (Hempelmann/Lürwer, 2002). Zudem besteht die Gefahr, dass der Humor die produktbezogenen Werbeaussagen in den Hintergrund drängt, und möglicherweise leidet auch die Seriosität und Glaubwürdigkeit des Anbieters. Bei teuren Produkten ist Humor daher eher unangebracht; sein Entscheidend für die Wirkung von Humor im Sinne der beworbenen Marke ist zudem, dass Humor in die Werbebotschaft integriert ist und ein Bezug zwischen Humor und dem Produkt oder seinen Eigenschaften hergestellt werden kann (siehe Gleich, 2007, Seite 646). Musik Viele Werbespots nutzen Musik als tragenden Bestandteil, sei es als vertonten Slogan, als Hintergrundmusik oder als Jingle. Musik aktiviert die Rezipienten nicht nur, sondern sorgt auch für eine gute Markenerinnerung: „Musik und/oder Jingles werden lange im Gedächtnis gespeichert, haben einen hohen Wiedererkennungswert und werden offensichtlich leicht mit der beworbenen Marke assoziiert.“ (Gleich, 2005, in seiner Besprechung der Studie „Use and Effectiveness of Musical Cues in Advertising“ von Andy Reid). Musik ist in werbepsychologischen Experimenten der rein verbalen Darbietung von Werbeinhalten überlegen. Denn Texte müssen erst mit einem gewissen Aufwand verarbeitet werden, Musik wirkt dagegen intuitiv-emotional und wird schneller im Gedächtnis gespeichert. Musik, Produkt und Zielgruppe müssen 14 Dossier I / 2010 | Spot-Kreation und Werbewirkung allerdings sorgfältig aufeinander abgestimmt werden, um für die Marke die gewünschten Effekte hervorzurufen. Unter dem Stichwort „Audio-Branding“ wird Musik neuerdings nicht mehr auf einen affektiven Stimulus reduziert, sondern in einem größeren Zusammenhang im Sinne einer „akustischen Markenführung“ untersucht und in der Praxis eingesetzt. Personen In der Werbung spielen Personen eine große Rolle. Dies liegt zunächst daran, dass sich Menschen prinzipiell für andere Menschen interessieren. Das Auftreten von Personen im Werbespot schafft also Aufmerksamkeit. Zielgruppe selbst passt. Dann kann eine hohe Glaubwürdigkeit der Werbebotschaft erzielt werden, außerdem kann sich die Zielgruppe mit dem Modell identifizieren, so dass Involvement entsteht. Darüber hinaus üben Personen in der Werbung üblicherweise eine Modellfunktion aus: Sie stellen Leitbilder dar, mit denen sich Rezipienten identifizieren sollen. Problematisch dabei ist die Vielzahl unterschiedlicher, sich oft auch widersprechender Leitbilder oder Rollen in der modernen Gesellschaft. Bei der Auswahl des „richtigen“ Leitbildes müssen daher Informationen über die ausgewählte Zielgruppe einfließen. Eine weitere Funktion von Modellen ist deren Vorbildfunktion, die zum Nachahmen von Verhaltensweisen animieren soll. Dazu ist es erforderlich, dass Modelle einen gewissen Status verkörpern, sympathisch oder attraktiv sind und eventuell auch selbst in der Werbung für ein Verhalten belohnt werden. Ein gutes Casting der Protagonisten ist also sehr wichtig. Zur Verwendung von Modellen gibt es verschiedene Optionen: Testimonials, beispielsweise als „Mann von der Straße“ oder „erfolgreiche Hausfrau“, wirken authentisch und als erfahrene Konsumenten vertrauens- und glaubwürdig. Oft wird die Akzeptanz der Person noch gesteigert, indem Modelle als Experten auftreten und ihre Empfehlung für ein bestimmtes Produkt abgeben (beispielsweise „Dr. Best“ in der Zahnpastawerbung). In die gleiche Richtung gehen Auftritte von Unternehmern, die persönlich für ihre Produkte werben (beispielsweise Klaus Hipp, der in der Werbung mit seinem Namen für die Qualität seiner Produkte bürgt). Auch die Attraktivität und das positive Image von Prominenten sorgen für Aufmerksamkeit und Glaubwürdigkeit. Nach dem Prinzip der Konditionierung können sich Attraktivität und Image der Prominenten auf ein zuvor eher neutral bewertetes Produkt übertragen. Voraussetzung für die Akzeptanz einer Person als Modell ist, dass das Modell aus Sicht der Zielgruppe zum Produkt und auch zur Erotik Der Einsatz sexuell ansprechender Gestaltungselemente ist in der Praxis häufig anzutreffen, doch ein Garant für Werbeerfolg ist er nicht. Belegt ist die „automatische“ und sich nicht abnutzende, aktivierende Wirkung von Erotik, denn sie spricht einen Grundinstinkt des Menschen an. sondern eher zu einer Ablenkung von den Werbeinhalten führt“ (S. 219). Damit geht eine geringere Werbeerinnerung einher: Zwar können sich die Zuschauer gut an das Werbemittel mit den erotischen Elementen erinnern, aber die Erinnerung an die beworbene Marke ist in den meisten Untersuchungen geringer als bei Werbung ohne Erotik. Die durch erotische Elemente ausgelöste Aktivierung kann jedoch die weitere Informationsverarbeitung behindern: Lehrbuchautor Moser („Markt- und Werbepsychologie – ein Lehrbuch“, 2002) folgert nach Durchsicht der Forschungsliteratur, dass „Sex-Appeal zwar die Aktivierung der Rezipienten steigert, diese sich aber nicht auf die inhaltlichen Details der Werbung richtet, Erotik in der Werbung dient nur dann der Marke, wenn der Zusammenhang zwischen dem erotischen Gestaltungselement und dem Produkt für den Rezipienten nachvollziehbar ist. Beachten Unternehmen das in ihrer Werbung nicht, kann dies auch eine Beschwerde beim deutschen Werberat zur Folge haben: 2008 wurde ein Unternehmen vom Werberat des ZAW gerügt, weil es in der Anzeige für ein PC-Gehäuse mit einer nackten Frau warb. Der Werberat fand dies frauenfeindlich: „Die Anzeige missbrauche weibliche Nacktheit als Blickfang ohne irgendeinen Bezug zum beworbenen Produkt“ (Pressemitteilung vom 11. August 2008 auf www.werberat.de). www.ip-deutschland.de 15 Kreative Spots und der Transfer zur Marke Wenn Fernsehzuschauer sich vom Programm in erster Linie unterhalten lassen wollen, erwarten sie von guter Werbung das Gleiche. Bei aller demonstrativen Ablehnung von Werbung in Umfragen beschäftigen sich die Zuschauer nämlich vor dem Fernseher dann eben doch mit Werbung und können durchaus sehr angeregt über besonders lustige oder auffällige Fernsehspots erzählen. Diese Beschäftigung mit der Werbung gelingt, wenn durch den Spot-Aktivierung, Involvement und Likeability ausgelöst werden – so wie es auch bei dem gesehenen Programm geschieht. Im Unterschied zum Fernsehprogramm müssen Werbespots aber noch mehr leisten, nämlich die Markenbotschaft an den Mann oder die Frau bringen. Für eine erfolgreiche Kommunikation kommt also die Anforderung hinzu, Aktivierung, Involvement und Gefallen vom Werbespot auf die beworbene Marke zu übertragen. Wie kann man nun daraus einen direkten Markenbezug herstellen? Ein einfacher Trick ist es, die Marke im Werbespot so früh wie möglich auftreten zu lassen. „Eine frühe und im Spot häufige Darbietung der Marke, sei es durch Präsentation der Verpackung oder des Markennamens, ist eine notwendige Voraussetzung für eine gelungene Assoziation der Marke mit den anderen Gedächtnisinhalten des Konsumenten“, stellen GfK-Chef Sigfried Högl und Kollegen in einem Fachartikel von „Planung + Analyse“ (4/2003) fest. Nach Auswertungen der AD*Vantage/Act-Datenbank steigt laut GfK die Werbeerinnerung bei einem Branding in den ersten 10 Sekunden eines Spots um 22 Indexpunkte gegenüber Spots ohne Branding an. Darüber hinaus sollte die Marke in die Spot-Handlung integriert sein, und die Handlung muss einen direkten Bezug zur Marke oder ihren Eigenschaften aufweisen. Die Marke sollte in dem Spot also eine zentrale Rolle spielen: zum Beispiel als Problemlöser, als Basis für Lebensfreude, Gemeinschaft, Erfolg oder Anerkennung. Sigfried Högl und Kollegen Die Beschäftigung mit der stellen weiter fest: „Häufig reicht es (…) Werbung gelingt, wenn durch nicht aus, das Produkt oder den MarkenAktivierung erzeugt gleich zu Beginn des Spots eine erste Hinwendung zur Werden Spot Aktivierung, Involve- namen durch eine Unterbrechung des Werbefilms einzublenden. Erst wenn die Marke bung („Orientierungsreaktion“) und erhält ment und Likeability ausgeprägnant und relevant in den Werbefilm die Aufmerksamkeit der Zuschauer im eingebunden ist, sind die Betrachter in der weiteren Verlauf des Spots aufrecht. Dazu löst werden. Lage, den Werbefilm mit der beworbenen dienen einerseits rein formale Elemente Marke in Verbindung zu bringen. Soweit wie z. B. Geräusche, Bewegung, Stille oder Lautstärke, aber auch die Marke selbst zum Helden der Geschichte wird und damit eng eine andersartige Darstellung, Tabubrüche oder bewusst herbeian die anderen Elemente des Werbefilmes gebunden ist, kann die geführte Unstimmigkeiten. Emotionale Reize wie beispielsweise Erinnerung an die Marke erleichtert werden.“ Oder in den Worten Musik, Erotik, Humor, aber auch „süße“ Kinder oder „putzige“ von Holger Jung: „Erst eine spannende Geschichte, in der sich der Tiere, können selbstverständlich ebenso stark aktivieren. Man Absender (d. h. die Marke, der Verfasser) als sympathisch erweist sollte den Bogen dabei allerdings nicht überspannen: Aktivierung ist lediglich ein Wegbereiter der weiteren Verarbeitung, sie sollte und überraschend und involvierend wirkt, kann die Botschaft überdaher den Zuschauer nicht von der Verarbeitung der Spot-Inhalte zeugend verankern“ (Jung/von Matt, 2002, Seite 144). und vor allem der Werbebotschaft abhalten. Bei der Herstellung einer Verbindung zwischen Werbespot und Marke ist außerdem die Schaffung und Verwendung von Key ViInvolvement als eine innere Beteiligung der Zuschauer entsteht, suals – also von immer wiederkehrenden visuellen Werbekonwenn sie sich in den Personen, der Handlung oder dem Thema des stanten wie z. B. der lila Kuh von Milka – sehr hilfreich: In dem Spots wiederfinden. Der Spot sollte also ihrer Lebens- oder Fantasiewelt entsprechen; sie sollten das Gefühl haben, dass der Spot sich bereits zitierten „Planung + Analyse“ Artikel berichten Högl und „an Leute wie mich“ wendet. Um dies zu erreichen, sind umfassende seine Kollegen (2003): Key Visuals „tragen dazu bei, AustauschInformationen über die Zielgruppe zu berücksichtigen. Nur dann trifft barkeit zu vermeiden, da bei der Darbietung von Key Visuals beim die TV-Werbung den Nerv der Zielgruppe und wird von ihr akzeptiert. Betrachter die beworbene Marke aus dem Gedächtnis abgerufen werden kann“ (Seite 46). Auch in der GfK/ZAW-Untersuchung zum Einfluss von Gestaltungsmerkmalen bei der TV-Werbung konnten Likeability als das Mögen oder Gefallen eines Werbespots entvor allem Key-Visual-Spots auf allen drei untersuchten Wirkungssteht durch seine Ästhetik, seine Emotionalität oder seine Spanebenen punkten, nämlich bei Awareness, Likeability und insbenung. Orientiert man sich bei der Gestaltung an den Vorlieben und sondere auch bei der Veränderung der Markenpräferenz (GWA, dem Geschmack der Zielgruppe, erhält die Werbung einen hohen 1997). Der Aufbau von Key Visuals erfordert jedoch Zeit und ein Unterhaltungswert. Dieser zeigt sich beispielsweise darin, dass konsequentes Festhalten an der visuellen Werbekonstante. Zuschauer den Spot gerne wieder ansehen wollen. 16 Dossier I / 2010 | Spot-Kreation und Werbewirkung Fazit: So werden Spots kreativ und erfolgreich Sebastian Turner rät: „Werbung ist dann am effektivsten, wenn sie auf eine einzigartige, für die Verbraucher relevante Botschaft konzentriert ist. Und sie ist am effizientesten, wenn diese Botschaft dem Publikum auf interessante Art angeboten wird – und sie nicht langweilt“ (Turner, 2000, Seite 95). kreativitätsfördernd. Die Untersuchung von Trommsdorff (2003, Seite 87) zeigt, dass die kreativsten Kampagnen bei Beziehungen mit mittlerem Konsens entstehen. Dagegen geht geringer Konsens oft mit mittlerer Kreativität einher, und hoher Konsens führt sogar besonders oft zu einer geringen Kreativität der Kampagnen. Bei der Entscheidung für einzelne Gestaltungselemente gibt es kein Patentrezept. Doch wenn die folgenden sieben Anforderungen bei der Ausgestaltung von Fernsehwerbung beachtet werden, ist die Entstehung eines kreativen und erfolgreichen Werbespots sehr wahrscheinlich: Marktforschung kann helfen, die Kreativität eines Spots zu verbessern. Zwar sind Werbe-Pretests schon immer umstritten, und mancher Werbeverantwortliche lehnt sie prinzipiell ab. Es kommt jedoch darauf an, was man mit einem Pretest erreichen will und welche Fragen man stellt. Will man ernsthaft erfahren, wie und warum „unbefangene“ Konsumenten auf den Spot reagieren, und vergleicht man dies ehrlich mit der eigenen Strategie, dürfte fast jeder Spot von einem Pretest profitieren. Dabei bedeutet „On Strategy“-Sein nicht, dass ein Spot jedem gefällt und niemandem „wehtut“, sondern dass er die zuvor formulierten Ziele in hohem Ausmaß erreicht. Aktivierung: Der Spot sollte auffallen, aber nicht durch Übertrei bung abstoßen. Er sollte auf einer überraschenden Idee aufbauen, die sich möglichst in einem Satz formulieren lässt. Verständlichkeit: Inhalt und Darstellung des Spots sollten dem Verständnisniveau des Zielpublikums entsprechen. Bedeutungen sollten nicht erst erlernt oder erklärt werden müssen. Involvement: Der Spot sollte den Zuschauer in das Geschehen mit einbeziehen: durch Spannung, Anteilnahme, Identifikation, Aktualität, Gefühle, Erwartung, Konflikt oder Humor. Likeability: Der Spot sollte bei der Zielgruppe weder mit hoher Ablehnung noch mit großer Gleichgültigkeit aufgenommen werden, sondern ihr Interesse wecken. Fokussierung: Der Spot sollte sich auf eine einzige, wesentliche Botschaft – das Nutzenversprechen der Marke – konzentrieren und dieses verständlich und klar vermitteln. Markenbezug: Der Spot sollte formal und inhaltlich eine Beziehung zur Marke herstellen; die Marke sollte im Spot die Hauptrolle spielen und möglichst frühzeitig im Spot erscheinen. Unverwechselbarkeit: Der Spot sollte sich von der Konkurrenzwerbung deutlich abheben und zur Profilierung der eigenen Botschaft beitragen. Dabei sind Key Visuals besonders nützlich. Die Spot-Kreation ist nur ein – wenn auch sehr wichtiger – Baustein im gesamten Werbe- und Marketingprozess. Es gibt daher weitere Rahmenbedingungen, die die Entstehung von kreativen und damit erfolgreichen Werbespots begünstigen. Hilfreich ist eine gute Vorarbeit in Form einer Marketingstrategie, aus der sich eine schlüssige Werbekonzeption ableiten lässt. Eine zentrale Rolle spielt in diesem Prozess die „kreative Idee“ als Aufhänger für den Werbeauftritt. Zu viel Harmonie geht zulasten der Kreativität. Eine „fruchtbare Streitkultur“ von Auftraggeber und Agentur ist dagegen besonders Egal ob getestet oder nicht: Ist der Spot erst einmal „on air“, muss man ihm auch die Chance geben, sich zu bewähren: Werbung braucht Wiederholung, um zu wirken. „Offenkundige Monotonie und Wiederholungen muss man akzeptieren, denn nur der Produzent liest alle seine Anzeigen“, bekennt David Ogilvy (zitiert nach Moser, 2002, Seite 242). Auch in empirischen Untersuchungen bestätigt sich immer wieder die Wirkungssteigerung bei zunehmender Kontaktzahl im Verlauf der Werbekampagne. Der Status quo der Forschung zu Kreativität und Werbewirkung von TV-Spots präsentiert sich als ein weitläufiges Feld mit immer noch unzähligen Baustellen. Viele Einzelaspekte werden behandelt, ohne aber in der Komplexität der Zusammenhänge einen entscheidenden Erklärungsbeitrag für „das Ganze“ leisten zu können. Die übliche quantitative, oft experimentelle Herangehensweise stößt hier möglicherweise an ihre Grenzen. Dagegen sind qualitative, verstehende Ansätze bislang rar geblieben, obwohl eine offene Annäherung an das Thema aus dem Blickwinkel der Werberezipienten innovativ ist und viel versprechend scheint. Auch ohne Effie- oder Kreativ-Award-Gewinn ist ein kreativer Werbespot jedem uninspirierten Spot überlegen. Die größere und nicht immer nur angenehme Anstrengung, das kreative Optimum aus einem Werbemittel herauszuholen, wird auf alle Fälle von den Zuschauern honoriert – und darauf kommt es an! www.ip-deutschland.de 17 2. Inhaltsanalyse von über 1.000 TV-Spots Kreative Werbung – Was sie ausmacht und wie sie wirkt Die Inhaltsanalyse von 1.010 TV-Spots geht ausführlich auf die Gestaltungsmerkmale von Fernsehwerbung ein und zeigt auf, welche Werbe- und Kreativtechniken besonders häufig zum Einsatz kommen und im Trend sind, welche den Erfolg von prämierten TV-Spots ausmachen und welche besonders werbewirksam sind. Kai Uwe Weidlich, Geschäftsführer Medien Institut Mit (Fernseh-)Werbung verhält es sich ähnlich wie mit der BILD-Zeitung: Kaum jemand gibt öffentlich gerne zu, sie anzusehen, trotzdem können viele Menschen detailliert über die Inhalte berichten. Dabei wird häufig auch schnell geurteilt. Jeder hat eine Meinung darüber, was gute und schlechte, langweilige oder spannende, kreative oder nicht-kreative Werbung ist. Oft hat man den Eindruck, dass der Laie sich dabei deutlich weniger „das Hirn verrenkt“ als die Protagonisten der Werbebranche. Dort wird das Thema Kreativität nämlich nach wie vor eher kontrovers diskutiert. Während über die Indikatoren von Kreativität wie Überraschung, neue Ideen oder stringente Storys noch halbwegs Einigkeit herrscht, sieht es bei der Einschätzung der Wirkung von kreativer Werbung ganz anders aus. Zur systematischen Aufklärung der Fragen, was Kreativität bedeutet, wie diese vom Rezipienten wahrgenommen wird und wie sie auf die Wirkung und damit auf die Effektivität der Werbung Einfluss nimmt, hat IP Deutschland eine Mehr-Methoden-Studie Operationalisierung von Kreativtechniken Emotionalität Erzählung einer Geschichte Unerwarteter Ausgang der erzählten Geschichte Die Emotionalität der Spots wurde im Rahmen Als Geschichten wurden abgeschlossene Es war zu entscheiden, ob die Geschichte der Inhaltsanalyse in folgenden Dimensionen Handlungen wie z. B. die Geschichte der drei einen unerwarteten Ausgang nimmt wie als gering, mittel oder hoch eingestuft: Musketiere im Hanuta-Spot oder die der im o. g. Toyota-Spot, in dem sich die blonde Actionreich beiden Autofahrer im Toyota-Spot „Ein Corolla schöne Frau mit Autopanne als hässlicher Erotisch hat keine Panne“ gewertet. Gangster entpuppt. Alltagsnähe der erzählten Geschichte Bruch mit gängigen Normen Die Alltagsnähe der Geschichte wurde als Es wurde festgehalten, ob innerhalb des gering, mittel oder hoch eingestuft. Spots mit gängigen Normen gebrochen wird. Rührend Lustig Spannend Entspannend Beängstigend Als Beispiel kann die Hornbach-Werbung angeführt werden, in der einem älteren Kunden eine Ohrfeige verpasst wird. Quelle: IP Deutschland/Medien Institut, Inhaltsanalyse, Basis: n = 1.010 TV-Spots. Abb. 1 18 Dossier I / 2010 | Spot-Kreation und Werbewirkung Operationalisierung von Werbetechniken Künstliche Verknappung Visualisierung von Informationen Künstliche Verknappung wird in der Fernsehwerbung in der Regel durch Neben der Anwendung von Informationsgraphiken und Animationen sind die Einschränkung von Angebotszeiträumen erzeugt („… macht jetzt dabei auch abstraktere Visualisierungen wie beispielsweise die Symbolisie- Sommerpause“, „… nur noch bis zum 31.12.“). Darüber hinaus wurden rung eines Blähbauchs durch einen aufgeblasenen Luftballon gemeint. z. B. saisonale Aktionen, Wintersorten, Sondereditionen usw. als künst- liche Verknappung erfasst. Alltagsnähe der erzählten Geschichte Die Alltagsnähe der Geschichte wurde als gering, mittel oder hoch eingestuft. Furchtappelle Furchtappelle sind in der Fernsehwerbung i. d. R. durch negativ bewertete Gebrauch von Gleichnissen, Analogien, Metaphern Zustände gekennzeichnet, die durch die Verwendung eines Produktes/ Gleichnisse, Analogien und Metaphern wurden dann codiert, wenn die einer Dienstleistung verhindert werden können (z. B. Aufnahmen eigentliche Aussage durch einen „anderen“ Sachverhalt dargestellt wurde beschädigter Zähne als Folge von Zahnpflege mit der falschen Creme). (z. B. das Kind ist wasserscheu, das Parkett auch). Sprachliche Überhöhung oder die Einführung von Kunstwörtern Appell an das soziale Gewissen Darunter fallen Neukreationen wie z. B.„weißer als weiß, lebensmittel- Unter solchen Appellen wurden Hinweise auf die Corporate Social Responsi- bility von Unternehmen oder der Hinweis auf die nachhaltige Ausrichtung beispielsweise bei der Produktion von Strom gefasst. sauber, unkaputtbar oder Ähnliches. Quelle: IP Deutschland/Medien Institut, Inhaltsanalyse, Basis: n = 1.010 TV-Spots. Abb. 2 realisiert, in deren Rahmen das Medien Institut eine Inhaltsanalyse von Werbespots mit folgenden Zielsetzungen durchgeführt hat: 1. Identifikation formaler und inhaltlicher Elemente, die die Gestaltung und Wahrnehmung der Kreativität der Spots prägen 2. Vergleich der inhaltlichen und formalen Gestaltung aktueller Spots mit Spots aus dem Jahr 1998 3. Anschluss der Analyse an den qualitativen Studiotest durch Mediascore (siehe Seite 24), um die Wirkungen spezifischer Merkmale, die in der Inhaltsanalyse identifiziert wurden, einschätzen zu können Was wirkt denn da eigentlich? Wie oben beschrieben, fällt ein subjektives Urteil darüber, was Kreativität ist und wie sie wirkt, dem Einzelnen nicht schwer. Zumindest die in der Branche Tätigen haben oft differenzierte Vorstellungen, die allerdings nicht selten vom eigenen Tätigkeitsschwerpunkt in der Kreativ- oder Media-Agentur bzw. im werbungtreibenden Unternehmen abhängen. Deutlich schwerer fällt eine intersubjektiv akzeptable, methodisch fundierte Beurteilung. Eine solche Beurteilung wurde in der vorliegenden Studie durch die Anwendung einer quantitativen Inhaltsanalyse realisiert. Zentrale Grundlagen der Analyse sind dabei die Analysekategorien (das so genannte Code-Buch), die sowohl inhaltliche als auch formale Aspekte der Gestaltung von Werbespots erfas- sen und quantifizieren. Die vorliegende Analyse untersuchte die getesteten Spots dabei zum einen auf formale Kriterien wie Spotlänge, Positionierung des Spots, Platzierung des Logos, Slogans, Schnittgeschwindigkeit etc. Zum anderen wurden inhaltliche Kriterien wie dramaturgische Elemente, Inszenierung (real/futuristisch etc.), Einblendung des Produktes, Testimonial-Einsatz, Auftreten von aktivierenden Bildmerkmalen (Kinder, Tiere usw.) und der Einsatz von Hintergrundmusik/Ton etc. erfasst. Zentrale Herausforderung bei der Gestaltung des Code-Buchs war im vorliegenden Fall die Erfassung der Kreativität der Spots. Grundlage für diese Operationalisierung von Kreativität war dabei die Anwendung so genannter Kreativtechniken bei der inhaltlichen Gestaltung der Spots. Abbildung 1 zeigt, welche Merkmale laut den einschlägigen Quellen unter diesen Techniken zu fassen sind. Zur Ergänzung und Abrundung der erwarteten Ergebnisse wurde darüber hinaus erfasst, ob sich die analysierte Werbung so genannter klassischer Werbetechniken bedient. Darunter wurde die Anwendung von (werbe)psychologischen Elementartechniken gefasst (siehe Abb. 2). In das Code-Buch flossen dazu sowohl Informationen aus erprobten Code-Büchern des Medien Instituts aus früheren Werbespot-Inhaltsanalysen als auch die Kategorien der o. g. Befragungsforschung ein, um so den Anschluss an bisherige Erkenntnisse zu ermöglichen. www.ip-deutschland.de 19 Detaillierte Inhaltsanalyse handelt. Ein expliziter Bruch mit gängigen Normen zeigt sich nur bei zehn Prozent der analysierten Spots. Die Stichprobe umfasste insgesamt 1.010 Spots, die sich wie folgt zusammensetzten: Jeweils 292 zufällig ausgewählte Spots aus dem Jahr 1998 und 359 aus dem Jahr 2008, um einen Vergleich der Gestaltung von Werbespots im Längsschnitt zu ermöglichen. Die verbleibenden Spots setzten sich aus allen durch Mediascore getesteten und den durch den Art Directors Club für Deutschland e. V. (ADC) prämierten Spots aus den Jahren 2003 bis 2008 zusammen, sofern sie nicht bereits im Korpus enthalten waren. Die so genannten klassischen Werbetechniken kommen bei den analysierten Spots eher eingeschränkt zum Einsatz. Einzig die Visualisierung von Informationen z. B. in Graphiken oder Animationen und der Gebrauch von Gleichnissen werden von mehr als Visualisierungen und Gleichnisse dominieren die TV-Werbung Häufigkeit der Werbetechniken im Überblick in % Visualisierung von Information 12 Gebrauch von Gleichnissen, Analogien, Metaphern 12 Furchtappell Die Codierung erfolgte in der Zeit von Januar bis März 2009 durch erfahrene Codierer des Medien Instituts. Zur Sicherstellung der Datenqualität wurden sie nochmals speziell geschult. Im Folgenden werden ausgewählte Ergebnisse vorgestellt. Sprachliche Überhöhung/Kunstwörter 8 Künstliche Verknappung Appell an das soziale Gewissen 5 2 Quelle: IP Deutschland/Medien Institut, Inhaltsanalyse, Basis: alle Spots mit Emotionalität mittel bzw. hoch (n = 1.010 TV-Spots). Humorvolle Spots dominieren Abb. 4 Bei der Analyse der TV-Spots nach Kreativtechniken zeigt sich bezüglich der emotionalen Ausprägung, dass Humor mit Abstand die beliebteste Emotion bei der Gestaltung von Werbespots ist. Fast die Hälfte aller analysierten Spots sind humorvoll aufbereitet. Mit deutlichem Abstand folgen Action und Erotik. Eine untergeordnete Rolle spielen Rührung, Spannung und Angst (siehe Abb. 3). zehn Prozent der Spots genutzt. Erstaunlicherweise scheinen „die Werber“ den elementaren psychologischen Wirkungsmechanismen wie dem Furchtappell oder der Erzeugung von künstlicher Knappheit z. B. durch die Einschränkung von Angebotszeiträumen kaum Bedeutung beizumessen (siehe Abb. 4). Storytelling und Normenbrüche nehmen zu Häufigkeit der Kreativitätstechniken im Zehn-Jahres-Vergleich (1998 vs. 2008), Indexwerte in % Einsatz von Humor ist in der Werbung sehr beliebt Kreativtechniken: Häufigkeit emotionaler Spots in % Lustig 45 Actionreich 26 Erotisch 14 Entspannend 13 Rührend 10 Spannend Beängstigend 9 4 Quelle: IP Deutschland/Medien Institut, Inhaltsanalyse, Basis: alle Spots mit Emotionalität mittel bzw. hoch (n = 1.010 TV-Spots). Abb. 3 40 Prozent der analysierten Spots erzählen zudem eine durchlaufende Geschichte. Die Analyse zeigt dabei weiterhin, dass es sich meist um alltagsnahe Geschichten mit unerwartetem Ausgang Index auf Basis TV-Spots 1998 Dossier I / 2010 | Spot-Kreation und Werbewirkung 100 Normenbruch 152 Erzählen einer Geschichte 143 Lustig 114 Rührend 103 Actionreich 101 Beängstigend 101 Erotisch 101 Entspannend 97 Spannend 97 Quelle: IP Deutschland/Medien Institut, Inhaltsanalyse, Basis: n = 292 TV-Spots aus 1998 und n = 359 TV-Spots aus 2008. Abb. 5 20 9 Zehn-Jahres-Vergleich: Trend zum Storytelling Wie ein Vergleich der Anwendung von Kreativtechniken zwischen den Spots aus dem Jahr 1998 und den aktuellen Werbespots zeigt, ergeben sich nennenswerte Unterschiede nur beim Bruch von Normen und im Bereich des so genannten Storytellings. Beide Elemente werden bei den aktuelleren Spots deutlich häufiger bemüht. Tendenziell scheinen die aktuelleren Spots auch etwas lustiger zu sein (siehe Abb. 5). Jede zweite Kreativtechnik ist werbewirksam Einfluss von Kreativtechniken auf die Werbewirkung Actionreich Unerwarteter Ausgang Erotisch Alltagsnähe der Geschichte Lustig Erzählen einer Deutlich stärkere Unterschiede zeigt der Zehn-Jahres-Vergleich der Werbetechniken. Mehr als verdreifacht haben sich die Appelle an das soziale Gewissen. Jeweils verdoppelt hat sich die Anzahl der Furchtappelle und die Darstellung einer künstlichen Knappheit in den analysierten Spots. Annähernd gleich bleibt die Verwendung sprachlicher Techniken wie Überhöhung (z. B. „weißer als weiß“) oder die Einführung von Kunstwörtern (z. B. „unkaputtbar“) und die Visualisierung von Informationen. Deutlich zurück geht indes die Verwendung von Gleichnissen, Analogien und Metaphern (siehe Abb. 6). Einsatz von Werbetechniken insgesamt gestiegen Häufigkeit der Werbetechniken im Zehn-Jahres-Vergleich (1998 vs. 2008), Indexwerte in % Index auf Basis TV-Spots 1998 100 Appell an das soziale Gewissen 334 Furchtappell 216 Künstliche Verknappung Kunstwörter, sprachliche Überhöhung 213 106 Visualisierung von Informationen 108 Gebrauch von Gleichnissen, 66 Analogien, Metaphern Quelle: IP Deutschland/Medien Institut, Inhaltsanalyse, Basis: n = 292 TV-Spots aus 1998 und n = 359 TV-Spots aus 2008. Abb. 6 Überraschendes ist werbewirksam Zentrales Element des IP Forschungsvorhabens war die Verknüpfung der Inhaltsanalyse-Daten mit den Ergebnissen der qualitativen Spot-Tests durch das Institut Mediascore (siehe Seite 24). Stark vereinfacht ausgedrückt also die Beantwortung der Frage: Wie wirken spezifische Gestaltungsmerkmale (z. B. Kreativtechniken) von Fernsehwerbung auf den Konsumenten? Geschichte Rührend Normenbruch Spannend Beängstigend Entspannend Einfluss auf Werbewirkung Kein Einfluss auf Werbewirkung Quelle: IP Deutschland/Medien Institut, Wirkungsanalyse von n = 80 TV-Spots mit Daten aus Studiotest und Inhaltsanalyse. Abb. 7 Zu diesem Zweck wurden die vorliegenden Datensätze fusioniert, also die Ergebnisse der Inhaltsanalyse mit den Ergebnissen der Wirkungsanalyse in Verbindung gesetzt. Dadurch konnte mit Hilfe von multivariaten Analyseverfahren die Wirkung der so genannten abhängigen Variablen (Gestaltung der Werbespots, Anwendung von Kreativ- und Werbetechniken) auf die unabhängigen Variablen (Wirkungsparameter) analysiert werden. Aus der Analyse ergaben sich zahlreiche unterschiedliche Wirkungszusammenhänge. Bei den Kreativtechniken zeigt sich, dass von den analysierten Emotionen nur Action, Rührung und Humor einen positiven Einfluss auf die Wirkung der Spots haben. Überraschenderweise bleiben Erotik, (Ent-)Spannung und Angst wirkungslos. Die restlichen Kreativtechniken wirken mit Ausnahme der Alltagsnähe der erzählten Geschichte positiv (siehe Abb. 7). Als besonders werbeeffektiv kann dabei das so genannte Storytelling (Erzählen einer Geschichte) eingestuft werden. Besonders erwähnenswert ist dabeidie Vielzahl der unterschiedlichen positiv beeinflussten Wirkungsdimensionen. Das Erzählen einer Geschichte im Werbespot wirkt sich sowohl auf direkt produktbezogene Wirkungsdimensionen wie Markensympathie und Produktinteresse als auch auf solche Dimensionen, die sich auf die Werbung selbst beziehen, positiv aus. Zusätzlich fördert das Storytelling die Kommunikation. www.ip-deutschland.de 21 Teil positive, aber auch negative Wirkungen (vor allem auf die Sympathie für die Marke und das Gefallen der Spots) zeigte die Visualisierung von Informationen durch Info-Graphiken oder Animationen. Besonders Storytelling ist sehr werbeeffektiv Kreativtechniken: Einfluss von Storytelling auf die Werbewirkung, Indexwerte in % Index auf Basis des Nichteinsatzes von Geschichten 100 Fördert Kommunikation mit anderen 144 Hat Einfluss auf Gefallen des TV-Spots 128 Weckt Markensympathie 125 Lässt TV-Spots ansprechend wirken 125 Weckt Produktinteresse 124 Steigert die Recognition 109 Quelle: IP Deutschland/Medien Institut, Wirkungsanalyse von n = 80 TV-Spots mit Daten aus Studiotest und Inhaltsanalyse. Abb. 8 Künstliche Verknappung erhöht Interesse Ein deutlich heterogeneres Bild ergab die Analyse der Wirkung der Werbetechniken auf den Konsumenten. Beachtenswert ist dabei besonders, dass die „traditionellen“ Methoden der Werbung wie Gleichnisse oder sprachliche Techniken in der Analyse keine Wirkung zeigten. Wirkungslos blieb allerdings auch der relativ neue Appell an das soziale Gewissen der Konsumenten. Zum Jede zweite Werbetechnik erhöht den Werbeerfolg Der Einfluss von Werbetechniken auf die Werbewirkung Gebrauch von Gleichnissen, Visualisierung von Analogien, Metaphern Informationen Sprachliche Künstliche Überhöhung, Verknappung Kunstwörter Auch der Furchtappell hinterlässt beim Konsumenten eher ein ungutes Gefühl, als dass er die Werbewirkung positiv beeinflusst. Durchgängig positive Werbewirkungen (allerdings ausschließlich auf kognitive Wirkungsdimensionen wie Produktinteresse oder Glaubwürdigkeit) zeigt nur die künstliche Verknappung (siehe Abb. 9). Face to face mit Kai Uwe Weidlich IP: Herr Weidlich, was sind für Sie die bemerkenswertesten Ergebnisse Ihrer Inhaltsanalyse? Kai Uwe Weidlich: Zunächst mal ist das Studiendesign selbst bemerkenswert. Mir sind keine Studien bekannt, die zuvor analysiert haben, wie bestimmte Gestaltungselemente von Fernsehwerbung konkret auf den Konsumenten wirken. Unter den Ergebnissen überrascht mich am meisten die ausbleibende bzw. negative Wirkung des Furchtappells, da es sich dabei doch um eine häufig angewandte Werbetechnik handelt. IP: Welches Praxiswissen der Branche sehen Sie durch die Studie bestätigt, welches nicht? Weidlich: Die deutlich positive Wirkung der Emotion „Rührung“ bestätigt klar, dass Kinder und Tiere fast immer eine gute Wahl sind. Keine positiven Wirkungsbelege finden sich in der Studie hingegen für die nach wie vor sehr häufig verwendeten Visualisierungen und Animationen. Möglicherweise hat dieses Stilmittel in der Fernsehwerbung einfach ausgedient. IP: Kann aus den Studienergebnissen ein Patentrezept für wirkungsvolle Werbung abgeleitet werden? Appell an das soziale Gewissen Furchtappell Einfluss auf Werbewirkung Kein Einfluss auf Werbewirkung Teilweise negativer Einfluss auf Werbewirkung Quelle: IP Deutschland/Medien Institut, Wirkungsanalyse von n = 80 TV-Spots mit Daten aus Studiotest und Inhaltsanalyse. Abb. 9 22 Dossier I / 2010 | Spot-Kreation und Werbewirkung Weidlich: Eine allgemeingültige „Bauanleitung“ für wirkungsvolle Werbung stellen die Studienergebnisse sicher nicht dar. Im Gegenteil, sie zeigen deutlich, wie unterschiedlich bestimmte Gestaltungsmerkmale auf spezifische Zielgrößen der Werbung wirken. Im Hinblick auf konkrete Werbeziele lassen sich aus den Ergebnissen allerdings durchaus Empfehlungen ableiten. Das Erfolgsgeheimnis ADC-prämierter Spots Die Analyse der vom Art Directors Club (ADC) für Kreativität prämierten Spots im Hinblick auf die Anwendung von Kreativtechniken zeigt ein klares Bild: Prämierte Spots bedienen sich deutlich häufiger der so genannten Kreativtechniken. Das heißt, sie zeigen mehr Normenbrüche, erzählen deutlich häufiger eine Geschichte, sind wesentlich alltagsnäher, haben deutlich häufiger einen unerwarteten Ausgang und sind lustiger als die nichtprämierten Spots. Anders ausgedrückt: Sie erfüllen genau die Indikatoren für Kreativität, die der ADC für seinen Wettbewerb selbst festgelegt hat. Prämierte Spots setzen mehr Kreativtechniken ein Kreativitätstechniken – Vergleich prämierte vs. nichtprämierte TV-Spots, Indexwerte in % Index auf Basis nicht prämierter Spots 100 Normenbruch 381 Geschichte erzählen 180 Unerwarteter Ausgang der Geschichten 163 Lustig 135 Hohe Alltagsnähe bei Geschichten 126 Actionreich 103 Beängstigend 103 Spannend Rührend 103 97 Entspannend 96 Erotisch 95 Quelle: IP Deutschland/Medien Institut, Inhaltsanalyse, Basis: n = 696 nicht prämierte TV-Spots aus 1998 und n = 314 prämierte TV-Spots aus 2008. Fazit Die vorliegende Inhaltsanalyse erlaubt einen umfangreichen und differenzierten Blick auf die Gestaltung von Werbespots im deutschen Fernsehen. Im Rahmen dieses Beitrags konnte nur ein kleiner Ausschnitt der formalen und inhaltlichen Gestaltungsmerkmale beschrieben werden. Trotzdem zeigen die Befunde ein relativ klares, manchmal überraschendes Bild, das wie folgt zusammengefasst werden kann: Die Produzenten der deutschen Fernsehwerbung machen regen Gebrauch von Gestaltungsmerkmalen wie Emotionen oder narrativen Elementen. Nahezu die Hälfte aller analysierten Spots verwendet mindestens eine der so genannten Kreativtechniken. Deutlich seltener hingegen finden sich Gestaltungsmerkmale, die wir im Rahmen der Analyse als klassische Werbetechniken bezeichnet haben. Klare Unterschiede in der Ausgestaltung von Fernsehwerbung förderte der Zehn-Jahres-Vergleich zu Tage: Neuere Spots verwenden deutlich häufiger Werbe- und Kreativtechniken. Dies lässt auf eine Professionalisierung der Branche schließen. Ähnlich deutlich ist das Ergebnis der Analyse der vom ADC prämierten Spots: Die aus- gezeichneten Spots weisen sehr deutlich jene Indikatoren für Kreativität auf, die der ADC selbst als solche definiert hat. Mit anderen Worten: Wer für seinen TV-Spot eine ADC-Prämierung anstrebt, tut gut daran, in diesem die Bewertungskriterien des Verbandes möglichst gut zu berücksichtigen! Ein besonderes Augenmerk soll abschließend auf die Erkenntnisse der aufwändigen Wirkungsanalyse gerichtet werden. In der Werbeforschung gibt es kaum Studien, die so konsequent die Ergebnisse von Inhaltsanalysen mit Befunden aus der Wirkungsforschung verknüpfen. Unter den Kreativtechniken entpuppt sich vor allem das Erzählen einer Geschichte als eine Art Wunderwaffe: Es wirkt zum einen positiv auf das Produkt, die Marke und die Wahrnehmung der Werbung selbst, zum anderen befördert diese Technik die Anschlusskommunikation und „verlängert“ auf diese Weise die Werbewirkung. Die Analyse des Einflusses der klassischen Werbetechniken zeichnet kein einheitliches Bild. Während sich die Darstellung von künstlicher Verknappung positiv auf kognitive Parameter wie z. B. das Produktinteresse auswirkt, resultieren aus Furchtappellen oder Visualisierungen eher ambivalente oder sogar negative Wirkungen. www.ip-deutschland.de 23 3. Qualitativer Studiotest mit apparativen Testverfahren Involvement – Wirkungsmotor für eine erfolgreiche Spot-Kreation Um die Spot-Kreation und ihren Einfluss auf die Werbewirkung auch unter Involvement-Aspekten zu beleuchten, hat das Institut Mediascore in einer umfassenden qualitativen Studie bisher 100 TV-Spots getestet. Wie eine Sonderanalyse dabei zeigt, lassen sich Kommunikationsziele nicht nur über klassische Techniken erfolgreich erreichen, sondern auch auf neuen, innovativen Wegen. Sunay Verir, Senior Projektleiterin Werbeforschung, IP Deutschland Für die Mehrzahl der Zuschauer ist der Fernseher vor allem ein Unterhaltungsmedium. Häufig schaltet man ihn ein, um den Alltag hinter sich zu lassen und die Stimmung aufzuheitern. Dies zeigen zahlreiche qualitative Studien, die sich ausführlicher mit den Nutzungsmotiven des Fernsehens beschäftigt haben. Auch die Mood-Management-Theorie geht in diese Richtung. Ihr zufolge sind Menschen hedonistisch veranlagt und streben permanent danach, die eigene Gemütslage zu verbessern. Dazu greifen sie häufig auf Medieninhalte zurück – insbesondere auf das Fernsehen. Gute und für sie relevante Programme schauen sie sich mit besonders intensiver Zuwendung und hohem Involvement an. Auch Werbung kann die Aufmerksamkeit der Zuschauer steigern und sie involvieren. Dazu ist allerdings eine überzeugende SpotKreation notwendig, die die Zuschauer in ähnlicher Weise unterhält wie ein gutes Programm. 24 Dossier I / 2010 | Spot-Kreation und Werbewirkung Involvement als entscheidender Wirkfaktor Die Relevanz von Involvement für die Spot-Kreation wird in der Literatur, aber auch von praxiserfahrenen Werbeagenturen und Marktforschungsinstituten als sehr hoch eingeschätzt (siehe Seite 36 ff.). Involvement in Bezug auf TV-Werbung bezieht sich dabei auf die innere Beteiligung der Zuschauer am Spot-Geschehen, die entsteht, wenn etwas für die Zuschauer eine hohe persönliche Relevanz aufweist. Wie Eckhard Preis in seinem Artikel (siehe Seite 8 ff.) bereits erwähnt hat, involvieren vor allem diejenigen TV-Spots, bei denen sich der Zuschauer in den Personen, der Handlung oder dem Thema des Spots wiederfindet. Bekannte Symbole und Muster werden von unserem Gehirn durch selektive Wahrnehmung eher registriert und aufmerksamer verfolgt. Auch dem Neuropsychologen Dr. Christian Scheier (decode Marketingberatung) zufolge erzeugen gelungene TV-Kampagnen Involvement auf Seiten der Kunden. Involvement entsteht dabei, wenn im Gehirn des Konsumenten das „Reward-System“ automatisch bzw. implizit auf Belohnungssignale aus der Umwelt reagiert. Diese Reize werden bevorzugt verarbeitet und steuern die Aufmerksamkeit und letztendlich das Verhalten des Konsumenten. Scheier zufolge sind es aus neuropsychologischer Sicht so genannte Belohnungsversprechen (in der Fernsehwerbung), die „unwillkürlich und unweigerlich zu Involvement“ führen. Erfassung von Involvement über psycho-physiologische Messungen Verschiedene Möglichkeiten der Logo-Platzierung Um die Spot-Kreation unter dem Aspekt des Involvements zu betrachten, hat IP Deutschland das Institut Mediascore mit der Durchführung einer umfangreichen Testreihe im Studio beauftragt. Außer den klassischen Werbewirkungsparametern wird auch das unmittelbare emotionale und kognitive Werbeerleben über die Messung der physiologischen Aktivierung und der Gefallensbeurteilung während der Rezeption mitbetrachtet (siehe Abb. 1). Vorteil dieser Methode ist es, die Kreation und Werbewirkung von TV-Spots sehr detailliert, aber zugleich auch ganzheitlich betrachten zu können. Auf einer breiten Datenbasis von bislang 100 TVSpots konnten durch die Analyse des Involvements ganz verschiedene kreative Gestaltungsmerkmale aufgedeckt und zu relevanten Erfolgsfaktoren der Werbekreation verdichtet werden. Eine immer wiederkehrende Frage zur Spot-Kreation ist die nach der Logo-Platzierung. Oft herrscht Unsicherheit, wie häufig und an welcher Stelle man das Logo der Marke oder des Unternehmens darbieten sollte. Am liebsten würde man es permanent einblenden, um den Absender des Spots fest in den Köpfen der Zielgruppe zu verankern. Das hat sich für viele bewährt. Die qualitative Studie zeigt allerdings, dass man auf unterschiedlichen kreativen und innovativen Wegen das Logo platzieren kann. So kann z. B. die permanente Logodarbietung zielführend sein, wenn das Logo intelligent integriert und unmittelbar mit dem Spot-Geschehen verknüpft ist, wie dies im aktuellen Sprite-Spot der Fall ist. Die CaseStudy zeigt, dass der Absender dort in dieser Werbung entweder als Logo oder als Produkt – z. B. in Form von Graffitis an einer Mauer oder als Durstlöscher während eines Basketballspiels – kreativ in die Handlung eingebunden wird und dadurch sein Wirkpotenzial in idealer Art und Weise entfaltet. Die Logoeinbindungen werden trotz ihrer Prominenz und Frequenz als nicht störend erlebt. Der Spot findet durchweg Gefallen und erzeugt Involvement. Eine Sonderauswertung zeigt: Ein festes Regelwerk für den Erfolg eines jeden TV-Spots gibt es nicht. Aber erfolgreichen Spots kann es auf ganz unterschiedliche Weise gelingen, die Zuschauer zu involvieren und damit Werbewirkung zu erzielen. Dabei kann zum einen auf bewährte „traditionelle“ Erfolgsrezepte und -techniken bei der Kreation zurückgegriffen werden. Zum anderen können dieselben Techniken aber auch durch innovative neue Wege in der kreativen Ausgestaltung umgesetzt werden und gleichermaßen zu hohem Involvement führen. Im Folgenden werden einige ausgewählte Ergebnisse aus der Sonderanalyse näher betrachtet. Allerdings kann eine erfolgreiche Markenverankerung auch auf deutlich subtileren Wegen gelingen und hängt nicht primär von der Dauer und Intensität der Logo-Platzierung ab. So zeigt die CaseStudy zu einem BMW-Spot, dass auch die Platzierung des Logos am Ende eine überdurchschnittlich hohe Recognition erzielen kann. Dafür ist es allerdings notwendig, innerhalb des TV-Spots Werbebotschaften so zu inszenieren, dass für die Markenwelt des Absenders typische und wiedererkennbare Codes oder Symbole implizit mittransportiert werden. Dies setzt voraus, dass der Absender bereits etabliert ist und über ein prägnantes Markenprofil verfügt – so wie es bei BMW der Fall ist. Primäre Werbewirkung Physiologische Reaktionen Kognitive Reaktionen Ein Sensor an einer Fingerman- Mit Hilfe eines Online-Scorers schette erfasst die körperliche bringen die Zuschauer kontinuier- Aktivierung der Zuschauer. Die lich während der Rezeption ihre psycho-physiologischen Daten (non verbalen) Gefallensurteile zum Ausdruck. Die unmittelbare liefern unbeeinflussbare Informationen zum unmittelbaren Werbeerleben (Involvement, Aufmerksamkeit, kognitive Resonanz der Zielgruppe auf die TV-Spots ermöglicht zusam- Langeweile, Spannung). Sie decken zuverlässig auf, ob es einem TV-Spot men mit den physiologischen Zuschauerreaktionen objektive Aussagen gelingt, sein Wirkpotenzial auszuschöpfen und einen für die Informations- über die qualitative Werbewirkung. aufnahme und -verarbeitung optimalen Aktivierungsgrad zu evozieren. Quelle: Mediascore Abb. 1 www.ip-deutschland.de 25 Storytelling ist mächtig – auch in kürzeren Spots Ein wichtiges Gestaltungsmerkmal, das zu erhöhtem Involvement bei TV-Spots führen kann, ist die Technik des Storytellings. Bewährt hat es sich in der Regel, längere Spots einzusetzen, so dass die Geschichte, die man um die Marke erzählen möchte, auch Zeit hat, sich zu entfalten. Die aktuellen Testergebnisse zum 20-sekündigen REWE-Spot zeigen jedoch: Storytelling kann durchaus auch in kürzeren Spots gelingen. Voraussetzung ist, dass die erzählte Geschichte bzw. Rahmenhandlung prägnant ist und auch anhand weniger Bilder kommuniziert werden kann (siehe Abb. 2). Grundsätzlich kann nach den Erkenntnissen von Mediascore Storytelling – unabhängig von der Spot-Länge – dann optimal wirken, wenn die Spot-Story als unterhaltsame und zugkräftige Plattform für die Vermittlung prägnanter Markenbotschaften genutzt wird. Wird die Marken- bzw. Produktaussage allerdings nicht unmittelbar mit der Spot-Geschichte verknüpft bzw. in diese integriert, kann selbst eine hochinvolvierende Spot-Story ihr Ziel verfehlen, Werbebotschaft und Absender erfolgreich zu kommunizieren. Storytelling kann auch in kürzeren Spots gelingen – Case Study REWE Bewertung Aktivierung –0,5 Gefällt gut Werbeumfeld –0,25 1 0,5 672 Werbeumfeld Werbeumfeld 0,25 682 692 702 712 –1 Gefällt nicht –2 672 Zeit in Sekunden 20 Sek. 682 692 702 Werbeumfeld Werbeumfeld 0 0 Geringe Aktivierung 2 Werbeumfeld Starke Aktivierung 712 Zeit in Sekunden Der Spot-Einstieg involviert über atmosphärische Komponenten: Bereits den physiologische Aktivierung. Die Täuschung des Jungen hat funktioniert, der ersten Bildern des REWE-Spots gelingt es, eine zugkräftige „Wohlfühl-Atmo- Schwindel bleibt unbemerkt. sphäre“ zu transportieren, der sich die Zuschauer unwillkürlich und unmittelbar zuwenden. Die Vorteilskommunikation leitet sich unmittelbar aus der Handlung ab: Die prägnant inszenierte Spot-Story kommuniziert, dass REWE-Bäckerbrötchen genauso Derart aufgeschlossen verfolgen sie die „Geschichte um die frischen Sonntags- lecker schmecken wie „frische Brötchen“ vom Bäcker („Man merkt den Unter- brötchen“ mit einem hohen Maß an Aufmerksamkeit: Der über atmosphärische schied gar nicht“) und zugleich kinderleicht zuzubereiten sind. Botschaften angestoßene Aktivierungsanstieg wird durch den storygetriebenen Aufbau leichter antizipatorischer Spannung nochmals verstärkt. Mit der amü- Das weitere Spot-Geschehen – anhand einer amüsanten Einkaufssituation wer- santen Pointe (der Junge weckt seine Eltern, indem er die vermeintliche Bröt- den spezifische Stärken des Supermarktes (Aufmerksamkeit des REWE-Perso- chentüte vom Bäcker knallen lässt) „löst“ sich die im Spot-Verlauf aufgebaute nals) vermittelt – wird im Zustand entspannter Aufgeschlossenheit verfolgt. Die Gefallensurteile verbleiben auf einem akzentuiert positiven Niveau. Quelle: Mediascore, n = 40 Abb. 2 26 Dossier I / 2010 | Spot-Kreation und Werbewirkung TV kann auch Produkt-/Preiskommunikation Die Stärke von TV-Werbung, Marken-Images über emotional aufgeladene, ansprechende Bildwelten zu formen und zu unterstützen ist bekannt und hat sich bewährt. TV-Spots wurden lange Zeit nur für diesen Zweck eingesetzt. Wie gut Image-Werbung im Fernsehen funktioniert, lässt sich beispielhaft an dem 40-sekündigen ImageSpot von O2 zeigen (siehe Abb. 3). Die ausschließlich auf die Marken-Kommunikation ausgerichtete Werbung arbeitet dabei mit hochwertig anmutenden und menschlichen Grundverfassungen inszenierenden Bildsequenzen. Wie die Detail-Analyse zeigt, ziehen diese Bildwelten die Zuschauer unwillkürlich in ihren Bann und laden das Image des Telekommunikationsanbieters O2 positiv auf. Insbesondere die transportieren Botschaften „Es ist unsere Natur – wir sind neugierig – wir sind unsicher – wir können nicht anders – wir wollen es wissen – wir testen – jeder testet“ involvieren sehr stark. Die Werbung erzielt dabei nicht nur überdurchschnittlich hohe Awareness-Werte von 85 Prozent, sondern wird auch als überdurchschnittlich hochwertig, originell und außergewöhnlich erlebt. Image-Spots involvieren besonders stark – Case-Study O2 Bewertung Aktivierung 0 0 0,5 994 Werbeumfeld 1 1004 1014 1024 1034 –1 Gefällt nicht –2 994 40 Sek. 1004 Zeit in Sekunden 1014 1024 Werbeumfeld 2 –0,25 0,25 Geringe Aktivierung Gefällt gut Werbeumfeld –0,5 Werbeumfeld Starke Aktivierung 1034 Zeit in Sekunden Der im Rahmen der „Curiosity“-Kampagne konzipierte 40-Sekünder verfügt über Während sich die Physiologie der Zuschauer mit dem Einsatz der Sprecherin unmittelbare Zugkraft: Die hochwertig anmutenden, menschliche Grundverfas- kurzzeitig entspannt, evoziert die darauffolgende Zuspitzung auf die eigentliche sungen inszenierenden Bildsequenzen involvieren die Zuschauer merklich und Kernaussage der Werbebotschaft einen erneuten Aktivierungsanstieg: Die Aus- stoßen spontan einen positiven Bewertungstrend an. sage „Wir können nicht anders – wir wollen es wissen“, begleitet von anschwellender Musik und schneller werdenden Bildfolgen, wird hochinvolviert verfolgt. Das zu Beginn geweckte Interesse bleibt über den gesamten Spot-Verlauf erhalten: Die Gefallensurteile erreichen ein akzentuiert positives Bewertungsplateau. Mit dem Fokus auf die beworbene Marke verändert sich die Rezeptionsverfassung: Die über die Spot-Dramaturgie aufgebaute physiologische Aktivierung Die Dynamik im Aktivierungsparameter (leichte Spannungs- und Lösungspro- beruhigt sich. Der (durch die atmosphärisch dichten Bildwelten angestoßene) zesse wechseln sich ab) deutet auf ein intensives Mitvollziehen der Spot-Inhalte positive Bewertungstrend setzt sich jedoch ungebremst fort und erreicht mit hin. der Nennung der Marke O2 seinen Höhepunkt. Quelle: Mediascore, n = 40 Abb. 3 www.ip-deutschland.de 27 Allerdings zeigt diese Studie auch, dass der Vorteil, den Fernsehen gegenüber Radio oder Print besitzt, ebenso gut genutzt werden kann, um Produkt- und insbesondere Preiskommunikation ansprechend zu inszenieren. Ein schönes Beispiel für diesen innovativen Weg ist der 40-sekündige LIDL-Spot (siehe Abb. 4). Darin werden neben Image-Botschaften auch abverkaufsorientierte Inhalte, die gut in die Spot-Dramaturgie eingebettet sind, in einen ansprechenden Gesamtzusammenhang gestellt. Die Ergebnisse zeigen: Diese Kombination aus authentisch in Szene gesetzten Alltagssituationen und Produkt-/Preiskommunikation stößt auf positive Zuschauerresonanz. Sie zieht die Aufmerksamkeit der Zuschauer auf sich und weckt ihr konkretes Interesse am Spot. Die Befragungsdaten zeigen zudem, dass auch das Interesse an der Marke LIDL und das Image des Lebensmittel-Discounters von der TV-Werbung überdurchschnittlich profitieren. Daraus lässt sich schlussfolgern: Gelungen in die Spot-Dramaturgie eingebettet, lassen sich neben Image-Botschaften auch abverkaufsorientierte Inhalte in einen ansprechenden und zugkräftigen Gesamtzusammenhang stellen. Gelungenes Beispiel für die Kombination aus Image- und Abverkaufsbotschaften – Case-Study LIDL Aktivierung 0 0,5 505 515 525 535 –1 Gefällt nicht 545 –2 505 40 Sek. 515 Zeit in Sekunden 525 535 Werbeumfeld 0 Werbeumfeld 1 Werbeumfeld 2 –0,25 0,25 Geringe Aktivierung Bewertung Gefällt gut –0,5 Werbeumfeld Starke Aktivierung 545 Zeit in Sekunden Dem LIDL-TV-Spot gelingt eine kreative Verknüpfung von Image-Botschaften und doch: Nachdem das Leitprinzip des Spots verstanden wurde, ziehen die Gefal- Produkt-/Preiskommunikation. Die sympathisch in Szene gesetzten Produkt- lensurteile nochmals deutlich an und die physiologische Aktivierung steigt. Nutzungssituationen, die in konkrete Preiskommunikation münden, stoßen auf ausnehmend positive Zuschauerresonanz und lassen die Verlaufsurteile Über die emotional berührenden Motive drei (Bushaltestelle/Äpfel für 1,99 ¤) sukzessive ansteigen. und vier (Vorbild/Rasierschaum für 0,99 ¤) kann der Spot seine Werbewirkung optimal entfalten. Die sympathisch in Szene gesetzten „Alltagssituationen“ evozieren zunächst ein entspanntes Sichzurücklehnen. Fazit: Die LIDL-Case-Study zeichnet eine von mehreren Möglichkeiten erfolgreicher Handelswerbung im TV auf. Der 40-Sekünder realisiert eine weit reichen- Im Übergang vom zweiten Motiv (Straßenbahn/Sixpack für 1,69 ¤) zum dritten Motiv (Bushaltestelle/Äpfel für 1,99 ¤) ändert sich die Rezeptionsverfassung je- Quelle: Mediascore, n = 40 Abb. 4 28 Dossier I / 2010 | Spot-Kreation und Werbewirkung de und effektive Zielgruppenansprache. Doch auch die bekanntere und eher laute und „aggressive Variante“ der Preiskommunikation, die seit der Saturn-Kampagne „Geiz ist geil“ in 2003 im Trend ist, kann erfolgreich funktionieren. TVSpots, die den Preis in den Fokus der Werbebotschaft stellen, können dabei eine ebenso hohe Faszination auslösen wie z. B. reine Image-Spots. Sehr gut zeigt sich dieser Effekt beim bereits älteren Saturn-Spots der „Wir hassen teuer“-Kampagne mit BLU. Wie die qualitative Analyse zeigt, wir dort das „martialische, auf die ‚Evolution der Technik‘ anspielende Spot-Geschehen“ sowie die da- rauf abgestimmte laute Form der Preis- und Absenderkommunikation involviert verfolgt und löst bei den Zuschauern hohes Gefallen aus. Auch den Befragungsdaten zufolge erzielt der TV-Spot überdurchschnittlich hohe Awareness-Werte und wird als überdurchschnittlich außergewöhnlich und originell erlebt. Die kreative und innovative Idee kombiniert mit der lauten Preiskommunikation am Ende des Spots funktioniert in intendierter Art und Weise (siehe Abb. 5). Auch laute Preiskommunikation überzeugt – Case-Study Saturn Bewertung Aktivierung 2 1 0 0 Werbeumfeld 0,25 Geringe Aktivierung Werbeumfeld –0,25 0,5 643 650 663 673 –1 Gefällt nicht –2 643 683 Zeit in Sekunden 40 Sek. 650 663 673 Werbeumfeld Gefällt gut –0,5 Werbeumfeld Starke Aktivierung 683 Zeit in Sekunden Die imposante, an Science-Fiction-Movies erinnernde Tonalität des „Wir hassen tion über. Mit der Erkennbarkeit des bekannten Kampagnen-Testimonials löst teuer“-Kampagnen-Spots setzt diesen deutlich vom Werbeumfeld ab und lässt sich die über den Spot-Einstieg aufgebaute antizipatorische Spannung. Die Pro- die Zuschauer unwillkürlich in das Geschehen „eintauchen“. Der involvierende duktpräsentation wird im Zustand zunehmender Entspannung verfolgt. Spot-Einstieg stößt ohne Verzögerung einen merklichen Aktivierungs- und Bewertungsaufschwung an. Die Verlaufsurteile erreichen ein für Werbung auffallend positives Bewertungsplateau, das über den gesamten Spot-Verlauf (und damit über die Produkt- und Das martialische, durch sich gegenseitig vernichtende Maschinen auf die „Evo- Absenderkommunikation hinweg) erhalten bleibt. lution der Technik“ anspielende Spot-Geschehen wird mit sukzessive zunehmender Spannung verfolgt. Sowohl die kreative Inszenierung von „Evolution der Technik“ als auch die von Saturn verfolgte Strategie einer aggressiven Preiskommunikation stoßen auf po- Die sich aus einer der Maschinen aggressiv herauskämpfende Saturn-Hightech- sitive Resonanz. göttin BLU kommuniziert den Absender der Werbebotschaft und leitet von den Movie-Sequenzen zu der sich anschließenden Produkt- und PreiskommunikaQuelle: Mediascore, n = 40 Abb. 5 www.ip-deutschland.de 29 Erfolgreich an Alltägliches anknüpfen Klischees transportieren Lebenswelten Wie bereits erwähnt, kann die Aufmerksamkeit von Zuschauern für Für den Einsatz bekannter Muster und Symbole bietet sich auch einen Werbespot auch dadurch geweckt werden, dass Muster und die Möglichkeit an, Rollenklischees in der Werbung einzusetzen. Symbole eingesetzt werden, die ihnen bekannt sind und nicht erst Mit solchen Rollenbildern bzw. -klischees sind ganze Lebenserlernt werden müssen. Dies gilt auch innerhalb von Geschichten, welten behaftet, die schnell und ohne viel Erklärungsbedarf innerdie erzählt werden. Dem Neuroforscher Werner Fuchs zufolge sind halb des Spots mittransportiert werden. unter anderem die Geschichten erfolgreich, die Themen behandeln, die man selbst schon mal in ähnSehr gut gelingt dies z. B. dem neuen Jelicher Form erlebt hat, z. B. in seiner Kindver-Spot. Wie die Studie zeigt, verkörBekannte Muster und pert allein das Jever-Testimonial das steheit, Pubertät oder im Beruf. Nur so gelingt reotype Ideal des „kernig-attraktiven es, den Inhalt des Spots klar und verständSymbole wecken AufmerkMannes, der außergewöhnliche Momente lich zu vermitteln und dem Zuschauer eine samkeit. in der rauen Natur genießt“. Der durch schnelle Orientierung zu bieten. die Bildwelten transportierte Lebensstil dieses Testimonials lädt zur Identifikation Doch wenn alle TV-Spots nur an Alltagshandlungen anknüpein und ruft positive Assoziationen hervor, die der Zuschauer in fen würden, wäre das nicht sehr kreativ und die Werbung der Befragung unmittelbar mit dem Produkt in Verbindung bringt. würde sich wenig von anderer Werbung abheben. Ein innoSo wird Jever zum Beispiel mit „Individualität“, „Loslassen“, „Freivativer Weg dabei ist es alltägliche und für den Zuschauer heit“ oder „Kameradschaft“ assoziiert. Die Zuschauer fühlen sich grundsätzlich nachvollziehbare Situationen aufzugreifen, diese durch diese Lebenswelt sehr angesprochen und verfolgen das humorvoll „abzuwandeln“ und bewusst zu überzeichnen. Die MeSpot-Geschehen mit hohem Involvement. dia-Markt-Kampagne „Die härtesten Kunden aller Zeiten“ mit Comedian Olli Dittrich hat diese Technik erfolgreich eingesetzt. Dort Doch Klischees können auch in ganz anderer Form genutzt werwird eine alltägliche Beratungssituation im Elektronikhandel im den: So kann das bewusste Überzeichnen und Konterkarieren von Verlauf humorvoll überzeichnet, wenn der Kunde Hans (alias DitKlischees TV-Werbebotschaften einen hohen Unterhaltungswert trich) mit seiner Frau Ingrid (ebenfalls von ihm gespielt) telefoniert vermitteln. Diese Technik nutzt beispielsweise IKEA erfolgreich für und beide während des Gesprächs aneinander vorbeireden – einen Spot, in dem das schwedische Möbelhaus mit gängigen Geer redet über einen Flachbildschirm-Fernseher, sie über eine schlechterklischees spielt und die weiblichen Protagonistinnen Waschmaschine. Wie die Aktivierungs- und Gefallensmessungen „typisch männlich“ agieren lässt, während sie einen begehzeigen, erzeugt der Spot durch die immer verzwickter werdende baren Kleiderschrank begutachten. Das bewusste Konterkarieren „Verwechslungsgeschichte“ Aufmerksamkeit und spricht die Zuvon Stereotypen findet dabei einen hohen Zuspruch bei den Zuschauer positiv an. schauern und zieht sie in ihren Bann. Um Klischees in dieser Form einzusetzen, sollten sie allerdings sorgsam inszeniert und auf die Aber auch außergewöhnlichen, alltagsfernen Grundsituationen zu vermittelnde Werbebotschaft abgestimmt sein. kann es gelingen, Werbebotschaften unmittelbar positiv aufzuladen und Zuschauer-Involvement zu generieren. Meist sind es stimmungsvoll in Szene gesetzte und mit einem positiven Lebensgefühl assoziierte „Grundsituationen“, die eine Zuwendung zum Spot-Geschehen auslösen. Besonders gut ist dies in einer TV-Kampagne für den französischen Käse Fol Epi umgesetzt, die glaubwürdig und sehr atmosphärisch „französisches Flair“, „Lebensqualität“ und „idyllisches Landleben“ kommuniziert und damit den Zuschauern die Möglichkeit bietet, dem Alltag zu entfliehen und ins Träumen zu geraten. Wie die Studienergebnisse zeigen, lassen diese Eigenschaften die Zuschauer spontan in das Spot-Geschehen eintauchen und laden das beworbene Produkt positiv auf. 30 Dossier I / 2010 | Spot-Kreation und Werbewirkung Face to face mit Mirjam Fürtjes Mirjam Fürtjes, Geschäftsführerin Mediascore IP: Welche Methode setzen Sie vor allem zur Untersuchung von TV-Spots ein? Mirjam Fürtjes: Mediascore setzt auf ein integratives Untersuchungsverfahren, das die Werbewirkung unmittelbar während der Mediennutzung hochauflösend erfasst. Dabei kombinieren wir bewährte Standards der qualitativen Werbewirkungsforschung mit apparativen, rezeptionsbegleitenden Messungen. Unser hauseigenes Teststudio verfügt über 20 TV-Einzeltestplätze. Alle Plätze sind mit eigens für diese Zwecke entwickelten Messtechnologien ausgestattet, die sowohl die psycho-physiologische als auch die kognitive Resonanz der Zielgruppe auf TV-Spots sekundengenau aufzeichnen. Die gewonnenen Daten geben zuverlässig Aufschluss über die Spot-Performance und ermöglichen die Ableitung konkreter Handlungsempfehlungen zur Optimierung der SpotKreation. IP: Inwiefern eignet sich die Methode besonders zur Untersuchung der Spot-Kreation und ihres Einflusses auf die Werbewirkung? Fürtjes: Unser methodischer Ansatz hat einen entscheidenden Vorteil: Er beschränkt sich nicht auf die rückblickende Reflexion des subjektiven Werbeerlebens, sondern erfasst die Werbewirkung, sobald sie entsteht – während der Mediennutzung. Die Reaktionen der Zielgruppe auf einen TV-Spot lassen sich ohne Verzerrungen durch Gedächtniseffekte oder Effekte sozialer Erwünschtheit objektiv und hochdifferenziert – d. h. auf einzelne Phasen der Kreation bezogen – analysieren. Relevanter Mehrwert für den Werbetreibenden: Er erfährt nicht nur, wie sein Spot wirkt, sondern auch, wie diese Wirkung zustande kommt. Spotdramaturgische Schwächen, die die Werbewirkung beeinträchtigen, können punktgenau identifiziert werden. Nicht selten lässt sich auf der Basis von Pretest-Ergebnissen mit geringem Aufwand die Werbewirkung eines Spots maßgeblich erhöhen. IP: Was würden Sie aufgrund Ihrer praktischen Erfahrung sagen: Welche Bedeutung kommt der Kreation insgesamt bei der Werbewirkung eines TV-Spots zu? Fürtjes: Erfolgreichen TV-Spots ist gemeinsam, dass sie die Zuschauer in einen Zustand des „sich Einlassens“ versetzen. Ob ein Spot dieses Ziel erreicht, hängt maßgeblich von der Kreation ab, für die es naturgemäß keine allgemeingültige Musterlösung gibt. Grundsätzlich gilt: Wenn innovative Ideen mit spotdramaturgischer Sorgfalt und einem feinen Gespür für die Zielgruppe und deren aktuelle Bedürfnisse inszeniert werden, sind der Gestaltung zugkräftiger Werbespots kaum Grenzen gesetzt. IP: Welche Werbewirkungsfaktoren interessieren Ihre Kunden denn am meisten? Fürtjes: Unseren Kunden geht es um ein umfassendes Verständnis der Wirkung ihrer Werbekampagne. Ihr Erkenntnisinteresse zielt natürlich auf die klassischen Outcome-Parameter, geht jedoch deutlich darüber hinaus. Besonderes Augenmerk legen sie auf die Analyse der Aktivierung ihrer Zielgruppe während der Spot-Rezeption, denn: Die psycho-physiologischen Daten liefern – jenseits von Kognition und Rationalisierung – unbeeinflussbare Informationen zum unmittelbaren Werbeerleben der Zuschauer und beinhalten häufig den Schlüssel zur Perfektionierung der Spot-Kreation. Gelingt dieser Perfektionierungsprozess, wirkt sich dies positiv auf alle weiteren relevanten Werbewirkungsfaktoren aus. IP: Ein Zauberwort im Kontext der Werbewirkung ist „Involvement“. Arbeiten Sie auch mit diesem Begriff? Wenn ja, wie definieren und operationalisieren Sie es? Fürtjes: Involvement und emotionale Aktivierung sind zentrale Wirkfaktoren in der audiovisuellen Kommunikation. Wir definieren Involvement als einen Zustand des „sich Einlassens“, der von den Zuschauern nur bedingt verbalisiert, auf psycho-physiologischer Ebene jedoch zuverlässig erfasst werden kann. Aktivierungsmessungen bieten einen objektiven Zugang zu den häufig unbewussten und automatischen, für die Entfaltung der Werbewirkung jedoch äußerst relevanten Prozessen, die mit Involvement korrespondieren. IP: Weshalb ist Involvement grundsätzlich wichtig bei der Untersuchung von TV-Spots? Fürtjes: Gute Werbung funktioniert wie gutes Programm: Entscheidender Faktor für den Erfolg beim Zuschauer ist das Involvement. TV-Spots müssen innerhalb weniger Sekunden Aufmerksamkeit und Interesse wecken, Markensympathie aufbauen und zugleich mitunter komplexe Produktinformationen vermitteln. Dies kann ihnen nur gelingen, wenn sie den Zuschauer in eine Rezep- www.ip-deutschland.de 31 tionsverfassung versetzen, die einen aktiven „Mitvollzug“ der Werbebotschaft ermöglicht. Die Erfahrung zeigt: Ein optimaler Aktivierungsgrad beeinflusst nicht nur das subjektive SpotErleben, sondern schafft auch die wesentlichen Voraussetzungen für die kognitive Verarbeitung und Verankerung der Werbebotschaft. IP: Gibt es denn die typische Aktivierungskurve eines erfolgreich involvierenden TV-Spots? kreativen Wegen gelungen beworben werden, wenn diese spotdramaturgisch sorgsam inszeniert und zielgruppenadäquat umgesetzt werden (siehe nebenstehenden Artikel, Anm. d. Red.). IP: Was machen viele Spots falsch bezüglich der Spot-Kreation? Wo verschenken sie aus Ihrer Sicht das größte Potenzial? Fürtjes: In Sekundäranalysen zeichnen sich tatsächlich immer wieder einige kreationsübergreifend relevante „Stolperfallen“ ab, die das Wirkungspotenzial vieler TV-Spots nachhaltig einschränFürtjes: Eine Art „Benchmark-Kurve“ für gelungenes Involveken. Hierzu zählt u. a. eine zu hohe Komplexität der vermittelten ment kann es nicht geben. Eine prototypische Aktivierungskurve für erfolgreiche TV-Spots definieren zu Inhalte. Bei dem Versuch, mehrere wollen, würde der Unterschiedlichkeit Produkt- oder Markenbotschaften auf Werbetreibenden stehen zugkräftiger Spot-Konzepte nicht gerecht einmal zu transportieren und damit zur erfolgreichen Ansprache werden. Die optimale Aktivierungskurve den Spot möglichst „optimal“ zu nutzen, zu einer Werbebotschaft, die über eine – werden TV-Spots häufig überladen. Die unterschiedlichste Strategien Spannungs- und Lösungsprozesse evoFolge: Anstelle einer prägnanten, kognitiv zur Verfügung. zierende – Spot-Story involviert, weist problemlos zu verarbeitenden Aussage eine völlig andere Charakteristik auf als konkurriert eine Vielzahl von Spotdie optimale Aktivierungskurve zu einer Werbebotschaft, die Inhalten miteinander. Vergleichstests primär über atmosphärisch dichte Bildwelten anspricht. Grunddokumentieren, dass die Beschränkung auf wenige, prägnant sätzlich gilt: Jede Kampagne, jede Spot-Kreation hat ihre indiplatzierte Botschaften regelmäßig mit einer höheren Werbeviduelle Dramaturgie. Unsere Aufgabe ist es, im konkreten Einwirkung einhergeht. Auch die Integration der Produkt- und zelfall zu untersuchen, ob diese Dramaturgie die Zielgruppe in Markenkommunikation in die Spot-Architektur birgt häufig intendierter Weise in ihren Bann zieht und die mit der Kreation Optimierungspotenzial. Viele Spots können ihre Wirkung aufverfolgten Ziele dabei erreicht werden. grund des Fehlens einer intuitiv erfassbaren Verknüpfung von aufwendig inszeniertem Spot-Geschehen und beworbenem IP: Dennoch die Frage – wenn Sie Ihre langjährige Erfahrung in Produkt nicht optimal entfalten. Wahrnehmungspsychologisch wenige Regeln verdichten müssten: Welche Faktoren machen eibleibt das Produkt bzw. die Marke ein „Fremdkörper“ innerhalb nen TV-Spot erfolgreich, also wirksam im Sinne der Marke und eines grundsätzlich ansprechenden Spot-Geschehens, anstatt intendierten Botschaft? Gibt es Faktoren, die ein absolutes integraler Bestandteil eines zugkräftigen Umfelds zu werden. „Muss“ sind? IP: Was glauben Sie: Wie viel Prozent aller TV-Spots verschenken Fürtjes: Werbung lebt von Kreativität, originellen Ideen und noch deutliches Wirkungspotenzial? mutigen, unkonventionellen Ansätzen, denen ein definiertes Set an Regeln erfahrungsgemäß nicht gerecht werden würde – Fürtjes: Zuverlässige Aussagen über das verschenkte Wirkungsim Gegenteil: Die Definition solcher Regeln würde den Spielraum potenzial lassen sich auf dieser allgemeinen Ebene kaum trefder Kreation von vornherein unnötig einschränken und wäre fen. Fakt ist jedoch: In groß angelegten TV-Spot-Screenings daher aus unserer Sicht eher kontraproduktiv. Wenn wir auf sind Spots, die eine optimale Performance aufweisen, eher die in unserem Hause in den vergangenen zehn Jahren durchin der Minderzahl. Dies bedeutet nicht, dass die Mehrzahl geführten Werbewirkungsanalysen zurückblicken, kristallisiert der TV-Spots ihre Wirkung verfehlt. Es zeigt sich jedoch imsich vor allem eine Botschaft klar heraus: Werbetreibenden mer wieder, dass auch das Gros grundsätzlich zufriedenstelstehen unterschiedlichste „Strategien“ zur Verfügung, um die lend arbeitender TV-Spots seine Werbewirkung durch gezielte Zielgruppe erfolgreich anzusprechen und ihre Werbebotschaft Optimierung im Detail nochmals nachhaltig erhöhen könnte. zu verankern. Dabei zeigt sich immer wieder, dass nicht nur bewährte Standards zum Erfolg führen können. Produkte, Dienstleistungen oder Marken können stets auch auf neuen 32 Dossier I / 2010 | Spot-Kreation und Werbewirkung Testimonials müssen authentisch sein Um bestimmte Image-Welten zu transportieren, eignen sich auch Testimonials sehr gut in der Werbung. Mit ihnen sind bestimmte Charakter- und somit Image-Eigenschaften verknüpft, die sich auf das beworbene Produkt übertragen können. Allerdings muss die Glaubwürdigkeit und Authentizität der Testimonials gesichert sein. Dass solche Image-Transfereffekte gelingen, zeigt beispielsweise die TUI-Werbung mit Jogi Löw. Dort werden mit dem Bundestrainer verknüpfte Image-Werte wie Integrität und Zurückhaltung erfolgreich für eine authentische und glaubwürdige Markenkommunikation genutzt („Bei TUI ist jeder Gast ein Star“). Zudem gelingt es dem Spot, mit dem Testimonial die Aufmerksamkeit der Zuschauer zu steigern und sie zu involvieren. Ein neuerer Ansatz ist es, so genannte Kunstfiguren als Testimonials einzusetzen. Dass dieser Mechanismus auch gelingen kann, zeigt der Krüger-Spot mit „Gisela“ alias Hape Kerkeling. Die Kunstfigur Gisela, die bereits vor dem Krüger-Spot als durchaus wählerisch und anspruchsvoll bekannt war, genießt im Spot verschiedene Kaffeesorten und arbeitet damit gleichzeitig dem intendierten Image der Marke als hochwertigem Anbieter vielfältiger Kaffeespezialitäten in optimaler Weise zu. Wichtig bei der Auswahl solcher Kunstfiguren ist allerdings, dass diesen spezifische Eigenschaften oder Image-Dimensionen zugesprochen werden, die mit dem Absender der Werbebotschaft und der intendierten Produktkommunikation in Einklang stehen. Fazit Die Ergebnisse des qualitativen Studiotests, die das Institut Mediascore in bisher zehn Wellen durchgeführt hat, dokumentieren, dass es erfolgreichen TV-Werbespots auf ganz unterschiedliche Weise gelingen kann, die Zuschauer zu involvieren. Auf einer breiten Datenbasis konnten unter Involvement-Aspekten verschiedene kreative Gestaltungselemente aufgedeckt und zu relevanten Faktoren der Werbekreation verdichtet werden. Einige davon wurden hier vorgestellt. Wie die Analyse der zu diesen Faktoren exemplarisch ausgewählten Spot-Kreationen zeigt, stehen den Kreativen und Werbetreibenden dabei unterschiedlichste Strategien zur Verfügung, um die Zielgruppe erfolgreich anzusprechen und die Werbebotschaft zu verankern. Entscheidend ist, dass die Wer- bekreationen auf Zuschauerseite einen Zustand des ‚sich Einlassens‘ auslösen und damit Involvement erzeugen. Die Studienergebnisse verweisen auf die hohe Bedeutung der Kreation beim Entfalten der Werbewirkung. Mirjam Fürtjes von Mediascore zufolge ist der Pool an kreativen Ideen und Gestaltungsmöglichkeiten noch lange nicht ausgeschöpft: „Wenn innovative Ideen mit spotdramaturgischer Sorgfalt (Vermeidung von Brüchen, Längen und Kommunikationshürden, intelligente Verknüpfung der Grundsituation bzw. Spot-Story mit dem beworbenen Produkt etc.) und einem feinen Gespür für die Zielgruppe und deren aktuelle Bedürfnisse inszeniert werden, sind der Gestaltung erfolgreicher Werbespots kaum Grenzen gesetzt.“ www.ip-deutschland.de 33 Spotlights aus anderen Studien Ausgewählte Kreativitätstechniken im Visier „Inneres Nicken“ als Erfolgsfaktor für effektivere TV-Werbung Was ist das Geheimnis starker TV-Werbung? Auf Basis einer weltweiten Analyse von mehr als 2.500 Kommunikationsideen aus über 42 Ländern hat der (leider 2009 verstorbene) Kommunikationsexperte Ralf Langwost TV-Spots näher untersucht, die sowohl Preise für ihre Effektivität als auch für ihre Kreativität gewonnen haben. Diese so genannten „Double-Champions“ weisen ihm zufolge spezifische Strukturen auf, die er als „7 Innere Jas“ bezeichnet hat. Das heißt, die Kommunikationsidee muss beim Betrachter eine innere Zustimmung erzeugen, um effektiv zu sein. Dabei handelt es sich um die folgenden Faktoren: 1. Recognition: Der Betrachter erkennt bzw. erinnert sich an bekannte Strukturen oder Teile der Idee. Dies erhöht die Verbindung zur Idee. 2. Truth: Dieser Faktor bezieht sich auf die Glaubwürdigkeit der Idee. Der Betrachter sucht Zustimmung und Bestätigung. Hier ist entscheidend, ob die Idee als „wahr“ empfunden wird und man sich mit ihr identifizieren kann. 3. Comprehension: Der Betrachter geht eine persönliche Beziehung zur Idee ein. Dabei führen tiefe Emotionen und Erkenntnisse, die mit der Idee verbunden sind, zu einer Zustimmung. 4. Anchoring: Man sieht, dass die Idee nur von einem einzigen Absender kommen kann. Durch diese Exklusivität entwickelt die Idee ihre Wirkung für das beworbene Produkt. 5. Concentration: Wichtig ist, dass die Botschaft klar und verständlich ist. Die Einfachheit fördert dadurch die Merkfähigkeit. 6. Additional Attention: Gemeint ist der Überraschungseffekt einer Idee, der etwas Bekanntes aus einer völlig neuen Perspektive zeigt, um durch gezielte Abweichung noch mehr Aufmerksamkeit zu schaffen. 7. Advertising Vision: Eine Durchbruchsinnovation ist das Ergebnis eines sich wiederholenden kreativen Prozesses. Große Ideen machen den Betrachter dabei zum Botschafter. Sie generieren neue Märkte aus der Zustimmung des Betrachters. Eine ausführliche Darstellung dieser spannenden Analyse finden Sie in „TV-Wirkung 4“, der Dokumentation zum 6. TV-Wirkungstag 2009, unter www.wirkstoff.tv. 34 Dossier I / 2010 | Spot-Kreation und Werbewirkung 1. Recognition 2. Truth T 3. Comprehension 4. Anchoring 5. Concentration 6. Additional Attention 7. Advertising Vision Englische Slogans unverständlich Seit der Popularität englischsprachiger Musik in Deutschland haben sich auch englische Begriffe und Claims in der Werbung etabliert. Doch der innovative Weg mit Anglizismen ist nicht unbedingt zielführend, denn mehr als zwei Drittel der Konsumenten verstehen englischsprachige Werbebotschaften entweder gar nicht oder falsch. So lautet das Ergebnis einer quantitativen Befragung des Kölner Instituts Endmark, das zehn englischsprachige Werbeslogans näher untersucht hat. Die Befragten hatten die Aufgabe, die gezeigten und vorgelesenen Werbeslogans sinngemäß zu übersetzen. Dabei kamen häufig skurrile Übersetzungen zustande. So wurde z. B. der Slogan „Taste Tuned“ von Mixery unter anderem mit „Versuch’s klingend“, „Geschmack dreht dich um“ oder „Die Taste ist getuned“ wiedergegeben. Befragt wurden rund 1.000 Personen zwischen 14 und 49 Jahren, deren Muttersprache Deutsch ist. www.endmark.de Weltmarken national anpassen Aufgrund ihrer zumeist langjährigen Erfahrung auf dem Markt sind Marken internationaler Unternehmen häufig erfolgreicher als regionale Marken. Doch um ihre Stellung zu behaupten, müssen sie auch in die jeweilige lokale Kultur eingebettet sein, so das Ergebnis einer Studie von Millward Brown. Ihr zufolge werden starke Marken häufiger bei der Kaufentscheidung berücksichtigt, da sie aufgrund ihres Images einen Vertrauensbonus genießen. Regionale Marken gehören aber zur „Nachbarschaft“ und werden deshalb von Konsu- menten bevorzugt. Sehr gut aufgestellt sind laut der Studie Coca-Cola und McDonald’s. Beide Marken haben sich mit den Besonderheiten der einzelnen Länder vertraut gemacht und schneidern entsprechende Kampagnen mit Lokalkolorit. Um Werbung zu lokalisieren, bietet sich laut Millward Brown z. B. der Einsatz bestimmter Testimonials an. Gillette etwa verpflichtete für die Fusion-Kampagne Sportler aus allen Erdteilen. Für die Studie hat Millward Brown 3.300 Verbraucher in acht Ländern zu 91 Marken befragt. www.millwardbrown.com Erotik clever dosieren Sex sells – deshalb nimmt Erotik in der Werbung auch einen wichtigen Stellenwert ein. Doch wer sie an den falschen Stellen einsetzt, kann damit auch negative Effekte auf die Werbebotschaft erzeugen. Das hat das Hamburger Institut MediaAnalyzer in einer Studie herausgefunden, in der die onlinebasierten Verfahren des Instituts, Attention Tracking und Emotion Tracking, zum Einsatz kamen. In der Studie wurden acht erotische Werbespots mit einer Benchmark erotikfreier Spots verglichen. So zeigt die Studie anhand der Blickverläufe und Emotionen der Probanden, dass der Werbebotschaft, der Marke oder dem Produkt bei zu viel Sexappeal im Spot keine Aufmerksamkeit geschenkt wird. Unter anderem kann das daran liegen, dass ein erotisches Testimonial des eigenen Geschlechts schnell als unerwünschte Konkurrenz wahrgenommen wird, so dass viele Betrachter absichtlich wegschauen. Männer schauen dabei eher weg als Frauen. www.mediaanalyzer.com Neue Wege wagen mit Kurz-Spots In der Kürze liegt die Würze – dies kann auch für TV-Spots gelten, wenn das Konzept innovativ und pfiffig ist wie bei der ersten TV-Kampagne von Tamaris. Der Schuhhersteller setzte dabei auf auffällige 5-Sekünder, von denen mehrere Varianten pro Werbeblock ausgestrahlt wurden. Wie eine IP Begleitforschung dazu zeigt, hat sich die Kampagne für Tamaris ausgezahlt. Trotz der Kürze der Spots hat sich zum einen die Marken-Awareness mehr als verdop- pelt. Zum anderen hat auch das Marken-Image stark vom TV-Auftritt profitiert: Im Vergleich zum Zeitraum ohne TV-Einsatz wird Tamaris von den Befragten, die sich an die Werbung erinnerten, als moderner, glaubwürdiger und sympathischer, innovativer und dynamischer wahrgenommen. So wundert es nicht, dass auch die Kaufbereitschaft um 29 Prozent angestiegen ist – ein voller Erfolg für den TV-Neukunden! www.ip-deutschland.de www.ip-deutschland.de 35 Umfrage Relevanz von Spot-Kreation und Werbewirkung aus Expertensicht Mit dem Thema Spot-Kreation befassen sich zwei Branchen besonders intensiv: die Werbeagenturen, die Spot-Ideen entwickeln und sie umsetzen, und die Marktforschungsinstitute, die TV-Spots z. B. in Pretests auf ihre Wirkung hin untersuchen. In einer Umfrage teilten uns ausgewählte Unternehmen dieser Branchen mit, dass aus ihrer Erfahrung heraus die Spot-Kreation eine sehr entscheidende Einflussgröße darstellt. Umfrage unter Kreativen Turner: Ja, nachhaltig. Die befragten Kreativ-Agentur-Experten: Sebastian Turner, Partner und Vorstandsvorsitzender Scholz & Friends, Hamburg Matthias Spaetgens, Geschäftsführer Kreation, Scholz & Friends, Berlin Marcel Loko, Geschäftsführer Zum goldenen Hirschen, Hamburg Stefan Kolle, Geschäftsführer Kreation, Kolle-Rebbe, Hamburg Ralf Heuel, Geschäftsführer Grabarz & Partner, Hamburg Jochen Rädeker, ADC-Vorstandssprecher und Sprecher der Geschäftsführung Strichpunkt Design, Stuttgart IP: Ein Zauberwort im Kontext der Nutzung und Wirkung von Fernsehen und Fernsehwerbung ist „Involvement“. Arbeiten Sie auch mit diesem Begriff? Turner: Ich verwende den Begriff nicht, seine Bedeutung ist aber wichtig und richtig. Ich würde eher anschaulich fragen: Gibt es einen Grund, dass die Zuschauer sagen: Das möchte ich mir noch einmal ansehen? IP: Wenn Sie einmal Ihre langjährige Erfahrung in wenige Regeln verdichten müssten: Welche Faktoren machen einen TV-Spot erfolgreich, also wirksam im Sinne der Marke und intendierten Botschaft? Gibt es Faktoren, die ein absolutes „Muss“ sind? Turner: Originalität, Einzigartigkeit, Markenpassung. Originalität, Einzigartigkeit und Markenpassung Sebastian Turner, Partner und Vorstandsvorsitzender Scholz & Friends, Hamburg www.s-f.com IP: Was würden Sie aus Ihrer praktischen Erfahrung sagen: Welche Bedeutung kommt der Kreation in Bezug auf die Werbewirkung eines TV-Spots zu? IP: Auf welchen TV-Spot der letzten Jahre, den Sie verantwortet haben, sind Sie besonders stolz? Turner: Ein wunderbares Stück aus unserem Haus ist der Spot „Fernbedienung“ für Loewe. Ich war allerdings nicht verantwortlich. IP: Und welchen großen TV-Spot der letzten Jahre eines anderen Kreativen hätten Sie liebend gerne gemacht? Turner: Viele, z. B. Sony Bravia. Sebastian Turner: Sie ist entscheidend. IP: Es gibt ja einige Studien zu diesem Thema – aber sind nach Ihrer persönlichen Erfahrung kreative Spots in der Regel auch wirksamer? 36 Dossier I / 2010 | Spot-Kreation und Werbewirkung IP: Was glauben Sie, wie viel Prozent aller TV-Spots verschenken noch deutliches Wirkungspotenzial in ihrer Kreation? Turner: Alle oder fast alle. Zusammenspiel von Überraschen und Überzeugen Matthias Spaetgens, Geschäftsführer Kreation Scholz & Friends, Berlin www.s-f.com IP: Was würden Sie aus Ihrer praktischen Erfahrung sagen: Welche Bedeutung kommt der Kreation in Bezug auf die Werbewirkung eines TV-Spots zu? Matthias Spaetgens: Die Bedeutung gleicht einer doppelten Verantwortung. Zum einen investieren die Unternehmen viel Geld, damit ein Spot sich in barer Münze auszahlt. Diesem Ziel muss die Idee Rechnung tragen. Zum anderen erreicht TV-Werbung Millionen Zuschauer vor dem Fernseher, die nicht belästigt, sondern bestenfalls unterhalten werden sollten. Werbefernsehen ist nur dann gut, wenn es die Zuschauer von einer Pinkelpause abhält. IP: Es gibt ja einige Studien zu diesem Thema – aber sind nach Ihrer persönlichen Erfahrung kreative Spots in der Regel auch wirksamer? Spaetgens: Wer sich einen Abend lang durch die Werbeblöcke quält, wird merken, dass kreative Exzellenz seltener geworden ist. Das mag auch daran liegen, dass es einfach mehr Sender und somit Werbeblöcke gibt. Die Chance, mit einer tollen Idee für Aufmerksamkeit zu sorgen, ist damit gestiegen. Noch nie hat sich Kreativität so gelohnt wie heute. IP: Ein Zauberwort im Kontext der Nutzung und Wirkung von Fernsehen und Fernsehwerbung ist „Involvement“. Arbeiten Sie auch mit diesem Begriff? Wenn ja, wie definieren, erzielen oder messen Sie Involvement? Spaetgens: Gute Werbung bewegt den Betrachter. Sie regt zum Nachdenken an, zum Schmunzeln, zum Lachen und bestenfalls erzählt man die Idee weiter. Wenn ein TV-Spot in diesem Sinne nicht berührt, hat er wenig Wirkung. Dann muss man die Botschaft über eine hohe Frequenz in die Köpfe einhämmern. IP: Wenn Sie einmal Ihre langjährige Erfahrung in wenige Regeln verdichten müssten: Welche Faktoren machen einen TVSpot erfolgreich, also wirksam im Sinne der Marke und intendierten Botschaft? Gibt es Faktoren, die ein absolutes „Muss“ sind? Spaetgens: Ein guter TV-Spot überrascht. Irgendetwas muss ungewohnt und neu daher kommen. Dadurch schafft er es, auf sich aufmerksam zu machen und mit seiner bestenfalls überzeugenden Botschaft bis zum Zuschauer vorzudringen. Kreative Klasse lebt von dem Zusammenspiel der Faktoren „Überraschen“ und „Überzeugen“. IP: Auf welchen TV-Spot der letzten Jahre, den Sie verantwortet haben, sind Sie besonders stolz? Spaetgens: Wir haben uns über den Erfolg des Loewe-Spots gefreut, in dem ein Chor per Fernbedienung dirigiert wird. Einige haben sich den Spot sogar freiwillig angeschaut, wie die Views auf YouTube zeigen (www.youtube.com/watch?v=dq_SJ7CtnZI). Gute Werbung bewegt den Betrachter. Sie regt zum Nachdenken an, zum Schmunzeln, zum Lachen oder bestenfalls erzählt man die Idee weiter. IP: Und welchen großen TV-Spot der letzten Jahre eines anderen Kreativen hätten Sie liebend gerne gemacht? Spaetgens: Zum Beispiel den von Stella Artois, „Skating Priests“. (www.youtube.com/watch?v=t5ys55MLA6U). IP: Was glauben Sie, wie viel Prozent aller TV-Spots verschenken noch deutliches Wirkungspotenzial in ihrer Kreation? Spaetgens: Einige sagen, dass die Hälfte der Werbeaufwendungen rausgeschmissenes Geld sind. Studien des GWA belegen sogar, dass 75 Prozent aller Werbeanstrengungen verpuffen. Ich kann den Wissenschaftlern nicht widersprechen, aber setze alles daran, die Quote um ein paar Prozentpunkte zu senken. IP: Was kann Marktforschung aus Ihrer Sicht zur Optimierung der Werbewirkung von TV-Spots beitragen – und was nicht? Spaetgens: Bei Werbung kommt es darauf an, verstanden zu werden. Marktforschung kann hilfreich sein, um die Verständlichkeit einer Idee zu überprüfen. Aber bitte nicht, um die Qualität oder gar Wirkung zu überprüfen. Der Betrachter kann nur das bewerten, was er gelernt hat. Kreative Werbung ist allerdings so ungewöhnlich, dass sie den Betrachter in der Marktforschung überfordern wird. www.ip-deutschland.de 37 Aufmerksamkeit und eine klare Botschaft Marcel Loko, Geschäftsführer Zum goldenen Hirschen, Hamburg www.hirschen.de Loko: Auf welches Ihrer Kinder sind Sie besonders stolz? :-) IP: Und welchen großen TV-Spot der letzten Jahre eines anderen Kreativen hätten Sie liebend gerne gemacht? IP: Was würden Sie aus Ihrer praktischen Erfahrung sagen: Welche Bedeutung kommt der Kreation in Bezug auf die Werbewirkung eines TV-Spots zu? Loko: Der Schuhraum vs. Heineken-Raum-Spot (oder war das nur ein viraler?). Einige der Telekom-Spots wie Paul Potts beim Casting, Paul Potts in Leipzig oder auch der Painted-BlackImage-Spot. Marcel Loko: Kreation ist nicht alles. Aber ohne Kreation ist alles nichts. IP: Was glauben Sie, wie viel Prozent aller TV-Spots verschenken noch deutliches Wirkungspotenzial in ihrer Kreation? IP: Es gibt ja einige Studien zu diesem Thema – aber sind nach Ihrer persönlichen Erfahrung kreative Spots in der Regel auch wirksamer? Loko: 80 Prozent. Loko: Hornbach oder Trigema – die Kreativsten und die Schnörkellosesten können erfolgreich sein. Es gibt also keine Regel. IP: Ein Zauberwort im Kontext der Nutzung und Wirkung von Fernsehen und Fernsehwerbung ist „Involvement“. Arbeiten Sie auch mit diesem Begriff? Loko: Nein, ich arbeite nicht damit. Wenn allerdings mit Involvement gemeint ist, seine Zielgruppe mindestens emotional, aber noch besser physisch in seine Kommunikation einzubeziehen, z. B. durch Aufruf oder durch Aktion im Internet, dann ist es ein schönes Wort. 80 Prozent aller TV-Spots verschenken noch deutliches Wirkungspotenzial. IP: Wenn Sie einmal Ihre langjährige Erfahrung in wenige Regeln verdichten müssten: Welche Faktoren machen einen TV-Spot erfolgreich, also wirksam im Sinne der Marke und intendierten Botschaft? Gibt es Faktoren, die ein absolutes „Muss“ sind? Loko: Es gibt nur zwei Regeln: TV-Spots müssen Aufmerksamkeit erregen und eine klare Botschaft haben. 38 IP: Auf welchen TV-Spot der letzten Jahre, den Sie verantwortet haben, sind Sie besonders stolz? Dossier I / 2010 | Spot-Kreation und Werbewirkung IP: Was kann Marktforschung aus Ihrer Sicht zur Optimierung der Werbewirkung von TV-Spots beitragen – und was nicht? Loko: Ich halte viel von Marktforschung als Desaster-Check, aber nichts vom Marktforscher als Kreativ-Direktor. Ein Spot, der Menschen emotional berührt, erzeugt Involvement. Stefan Kolle, Geschäftsführer Kreation, Kolle-Rebbe, Hamburg www.kolle-rebbe.de IP: Was würden Sie aus Ihrer praktischen Erfahrung sagen: Welche Bedeutung kommt der Kreation in Bezug auf die Werbewirkung eines TV-Spots zu? Stefan Kolle: Große. Selbst mit einem riesigen Budget ist es heute schwer, eine Botschaft in den Köpfen zu verankern, weil die Informationsflut unüberschaubar geworden ist. Langfristig gewinnt man nur, wenn man die Zielgruppe für sich einnimmt. Mit dem Holzhammer kann ich eventuell kurzfristige Wirkung erzielen – Kopfschmerzen und/oder ein Abverkaufs-Strohfeuer –, Kunden binden kann ich nur mit kreativer Intelligenz. Eine Marke wie Media-Markt verbindet die beiden Pole seit Jahren ziemlich gut. IP: Es gibt ja einige Studien zu diesem Thema – aber sind nach Ihrer persönlichen Erfahrung kreative Spots in der Regel wirksamer? Kolle: Meine persönliche Erfahrung sagt, dass ich keine Lust habe, von penetranten Wiederholungen gelangweilt zu werden. Insofern kann ich die Studien nur bestätigen. IP: Ein Zauberwort im Kontext der Nutzung und Wirkung von Fernsehen und Fernsehwerbung ist „Involvement“. Arbeiten Sie auch mit diesem Begriff? Wenn ja, wie definieren, erzielen oder messen Sie Involvement? Kolle: Da gibt’s nicht viel zu messen. Ein Spot, der die Menschen emotional berührt, erzeugt Involvement. Ein Spot der die Menschen emotional nicht berührt, erzeugt gar nichts. Und ob ein Spot emotional berührt oder nicht, das misst man nicht, das spürt man. Kunden gewinn' ich nur mit kreativer Intelligenz. Marke und intendierten Botschaft? Gibt es Faktoren, die ein absolutes „Muss“ sind? Kolle: Ein Werbespot unterbricht den Adressaten bei dem, was er eigentlich tun wollte: nämlich eine Fernsehsendung verfolgen. Insofern ist er per se ein Ärgernis und sollte dem Zuschauer nicht noch zusätzlich auf die Nerven gehen. Ein absolutes „Muss“ ist es also, den Spot für die Zielgruppe zu machen. Das erfordert Empathie. In der Konzeption und in der Umsetzung. IP: Auf welchen TV-Spot der letzten Jahre, den Sie verantwortet haben, sind Sie besonders stolz? Kolle: Paulaner – „Inder im Biergarten“. Das zweite Beispiel ist ein Film, der nur im Internet lief: Bionade Quitte – „Marktforschung“ (www.bionade-quitte.de/marktforschung/filme.html). Ein absolutes ‚Muss‘ ist es, den Spot für die Zielgruppe zu machen. IP: Und welchen großen TV-Spot der letzten Jahre eines anderen Kreativen hätten Sie liebend gerne gemacht? Kolle: Hornbach und den einen oder anderen VW-Spot. IP: Was glauben Sie, wie viel Prozent aller TV-Spots verschenken noch deutliches Wirkungspotenzial in ihrer Kreation? Kolle: An die 75 Prozent. IP: Was kann Marktforschung aus Ihrer Sicht zur Optimierung der Werbewirkung von TV-Spots beitragen – und was nicht? Kolle: Mafo ist ohne Frage wichtig. Aber in einem Punkt liefert sie keine validen Daten: Wenn etwas Neues, Ungesehenes, Innovatives in den Test geht, schneidet es regelmäßig schlechter ab als das Alte, Bekannte und Gewohnte. Es liegt in der Natur der Menschen, dass sie Neues erst einmal grundsätzlich skeptisch betrachten. Aber die Mafo bildet diesen Effekt nicht genügend ab. Auch deshalb haben es neue Ideen so schwer, sich durchzusetzen. IP: Wenn Sie einmal Ihre langjährige Erfahrung in wenige Regeln verdichten müssten: Welche Faktoren machen einen TV-Spot erfolgreich, also wirksam im Sinne der www.ip-deutschland.de 39 Wir glauben an das Belohnungsprinzip. Ralf Heuel, Geschäftsführer Grabarz & Partner Werbeagentur, Hamburg www.grabarzundpartner.de IP: Was würden Sie aus Ihrer praktischen Erfahrung sagen: Welche Bedeutung kommt der Kreation in Bezug auf die Werbewirkung eines TV-Spots zu? Ralf Heuel: „Kreation“ oder „kreativ“ sind dehnbare und leider auch häufig missbrauchte Begriffe. Erstmal ist ja alles Kreation, was einem so jeden Tag im Werbeblock begegnet. Von Meister Propper bis zu IKEA. Insofern ist Kreation (von der Media-Platzierung abgesehen) der alles entscheidende Faktor in der Kommunikation. Welcher sollte es sonst sein? IP: Es gibt ja einige Studien zu diesem Thema – aber sind nach Ihrer persönlichen Erfahrung kreative Spots in der Regel auch wirksamer? Heuel: Wenn man „kreativ“ definiert als aufmerksamkeitserregend, normbrechend, markenadäquat, zielgerichtet, involvierend und Menschen berührend – zu 100 Prozent ja. IP: Ein Zauberwort im Kontext der Nutzung und Wirkung von Fernsehen und Fernsehwerbung ist „Involvement“ (oder „Engagement“). Arbeiten Sie auch mit diesem Begriff? Wenn ja, wie definieren, erzielen oder messen Sie Involvement? Heuel: Der Begriff mag (neben „Relevanz“) ein Modewort sein – was sich dahinter verbirgt, ist kein Voodoo. Wenn wir TVSpots entwickeln, gehen wir bei jedem einzelnen davon aus, dass er Menschen interessieren und involvieren muss. Dabei hilft es, sich bei jeder Spot-Entwicklung klarzumachen, dass sich erstmal kein Mensch da draußen für uns, unseren Spot oder unsere Marke interessiert. Diese Barriere zu nehmen und dafür zu sorgen, dass sich Menschen mit dem Spot und der Marke beschäftigen, verstehen wir unter Involvement. Dabei glauben wir an das Belohnungsprinzip. Wer einen Spot von Grabarz & Partner gesehen hat, wird dafür belohnt: durch ein bestimmtes Gefühl, durch ein Lächeln oder auch durch eine wertvolle Information. Das größte Kompliment an einen TV-Spot ist, wenn Menschen ihn wieder sehen wollen oder bestenfalls weitererzählen. Das schlimmste Urteil über einen TV-Spot ist, wenn Menschen denken, das waren 30 Sekunden verschwendete Zeit. 40 Dossier I / 2010 | Spot-Kreation und Werbewirkung IP: Wenn Sie einmal Ihre langjährige Erfahrung in wenige Regeln verdichten müssten: Welche Faktoren machen einen TV-Spot erfolgreich, also wirksam im Sinne der Marke und intendierten Botschaft? Gibt es Faktoren, die ein absolutes „Muss“ sind? Heuel: Eine clevere Strategie, ein präziser Consumer Insight, überraschende Kreation, liebevolle Exekution. Und man sollte grundsätzlich keine Sachen produzieren, die einem selbst peinlich sind – oder auf die man nicht angesprochen werden möchte. IP: Auf welchen TV-Spot der letzten Jahre, den Sie verantwortet haben, sind Sie besonders stolz? Heuel: Auf einige, die wir für IKEA, Volkswagen oder die DEVK gemacht haben. Besonders vielleicht auf den EDEKA-Spot „Waage“, bei dem sich ein Mann an der Wursttheke mit einer Verkäuferin duelliert und 268 Gramm Mortadella haben möchte. Danach gab es EDEKA-Märkte, die Mortadella in 268-Gramm-Portionen abgepackt und dann „Die aus der TVWerbung!“ draufgeschrieben haben. Viel mehr kann ein Spot nicht erreichen. Ein ‚Muss‘ sind eine clevere Strategie, ein präziser Consumer Insight, überraschende Kreation, liebevolle Exekution. IP: Und welchen großen TV-Spot der letzten Jahre eines anderen Kreativen hätten Sie liebend gerne gemacht? Heuel: Viel zu viele. Sony Bravia „Balls“ von Fallon/London gehört auf jeden Fall dazu. IP: Was glauben Sie, wie viel Prozent aller TV-Spots verschenken noch deutliches Wirkungspotenzial in ihrer Kreation? Heuel: Ich habe gestern abend unter Schmerzen einen Werbeblock mal komplett durchgeschaut und bin selbst heute früh noch der Meinung: wenigstens 90 Prozent. IP: Letzte Frage: Was kann Marktforschung aus Ihrer Sicht zur Optimierung der Werbewirkung von TV-Spots beitragen – und was nicht? Heuel: Marktforschung ist ein heikles Thema. Richtig eingesetzt und richtig interpretiert, kann sie wertvolle Erkenntnisse bringen und durchaus zu einer höheren Effizienz von TV-Spots beitragen. Die meisten Marktforschungen halte ich allerdings für völlig am Thema vorbei. Angefangen beim Testdesign bis hin zur Interpretation der Ergebnisse. Wenn man einen schlecht Kreativität lohnt sich. gezeichneten Animatic 15 von der Straße weggecasteten Hausfrauen zeigt und sich davon wertvolle Impulse verspricht, dann macht man etwas grundsätzlich falsch. Weil man dann gar nicht mehr selbst das Marketing macht, sondern 15 von der Straße weggecastete Hausfrauen, die einen schlecht gezeichneten Animatic gesehen haben. IP: Welchen großen TV-Spot der letzten Jahre eines anderen Kreativen hätten Sie liebend gerne gemacht? Rädeker: „18“ von Mercedes-Benz. Jochen Rädeker, ADC-Vorstandssprecher und Sprecher der Geschäftsführung Strichpunkt Design, Stuttgart www.strichpunkt-design.de IP: Was würden Sie aus Ihrer praktischen Erfahrung sagen: Welche Bedeutung kommt der Kreation in Bezug auf die Werbewirkung eines TV-Spots zu? Jochen Rädeker: Gute Kreation macht eine Marke emotional erlebbar. Sie ist deshalb ein zentraler Punkt für die Wirksamkeit eines TV-Spots, denn die meisten Kaufentscheidungen werden mit dem Bauch getroffen, nicht mit dem Kopf. IP: Es gibt ja einige Studien zu diesem Thema – aber sind nach Ihrer persönlichen Erfahrung kreative Spots in der Regel auch wirksamer? Rädeker: Kreativität lohnt sich. Spots, die aufgrund einer überraschenden, sympathischen Idee in Erinnerung bleiben, verbinden den Kunden dauerhaft mit einem positiven Markenerlebnis. Reine Penetration banaler Aussagen verankert die Marke ebenfalls, belegt sie aber nicht positiv. Und darin liegt der entscheidende Unterschied. IP: Was glauben Sie, wie viel Prozent aller TV-Spots verschenken noch deutliches Wirkungspotenzial in ihrer Kreation? Rädeker: Gefühlt, deutlich über 90 Prozent dessen, was in Deutschland über den Sender geht. IP: Was kann Marktforschung aus Ihrer Sicht zur Optimierung der Werbewirkung von TV-Spots beitragen – und was nicht? Gute Kreation macht eine Marke emotional erlebbar. Rädeker: Marktforschung beschreibt uns die Menschen, die wir erreichen wollen, genauer. Das ist hilfreich für zielgerichtete Kommunikation. Aber: Wer nur an Marktforschung glaubt, hat keine Visionen. Ohne innovatives Denken keine Weiterentwicklung, ohne Entwicklung kein Absatz. Manchmal ist es wichtig, sich von Marktforschung unabhängig zu machen. Bestes Beispiel: die Quitte von Bionade – der wegweisende Claim: „Wir machen es trotzdem.“ IP: Wenn Sie einmal Ihre langjährige Erfahrung in wenige Regeln verdichten müssten: Welche Faktoren machen einen TVSpot erfolgreich, also wirksam im Sinne der Marke und intendierten Botschaft? Gibt es Faktoren, die ein absolutes „Muss“ sind? Rädeker: Mit den Worten von Keith Reinhardt: „Good advertising needs only three things: simplicity, surprise and a smile.“ Damit ist alles gesagt. www.ip-deutschland.de 41 Umfrage unter Marktforschern Die befragten Institutsexperten: Henning Rossa, Director Brand & Communications Research, TNS Infratest, Hamburg Dr. Bernd Büchner, Geschäftsführer Millward Brown Deutschland, Frankfurt a. M. Dr. Gudrun Klupacek, Senior-Projektleiterin IMAS-International, München Joachim Agüeras Netz, Sales Director MediaAnalyzer, Hamburg Siegfried Högl, Managing Director, GfK, Nürnberg IP: Was würden Sie aus Ihrer praktischen Erfahrung sagen: Welche Bedeutung kommt der Kreation in Bezug auf die Werbewirkung eines TV-Spots zu? Sind kreative Spots in der Regel auch wirksamer? Dr. Bernd Büchner, Millward Brown Deutschland: Grundsätzlich gilt: Kreative Spots sind effektiver und effizienter als weniger kreative Spots. Sie erreichen den Zuschauer wirksamer und auch kosteneffizienter, wenn wir einmal die Media-Spendings mit einbeziehen. Henning Rossa, TNS Infratest: Die Kreation ist von zentraler Bedeutung für die Wirksamkeit eines Spots. Sie inszeniert und verpackt die eigentliche Werbeaussage und ist entscheidend für die Überzeugungskraft eines Spots. Dabei ist unabdingbar, dass die Kreation für die Marke arbeitet und Kreativität nicht zum Selbstzweck wird. Eine Spot-Idee, die lustig, außergewöhnlich, überraschend und damit kreativ ist, muss noch lange nicht wirksam im Sinne einer erfolgreichen Markenpositionierung sein. Die Aussage „Kreative Spots sind in der Regel wirksamer“ teile ich nicht. Aus Erfahrung wissen wir nämlich, dass sehr kreative Spots zwar größere Chancen haben, besonders wirksam zu werden, aber gleichzeitig auch das erhöhte Risiko in sich tragen, vollständig durchzufallen. Testen hilft hier und sichert geradezu ab, dass sich Kreativität im Dienst der Marke voll entfalten kann. Siegfried Högl, GfK: Unserer Erfahrung nach zeichnen sich erfolgreiche Spots dadurch aus, dass es der Kreation gelingt, ausdrucksstarke Bilder für die intendierte Botschaft zu finden und diese zusammen mit dem Produkt zu inszenieren. Dies fällt natürlich umso leichter, je stärker sich das beworbene Produkt von anderen im nachvollziehbaren Nutzenversprechen unterscheidet. Dr. Gudrun Klupacek, IMAS-International: Der Werbedruck ist unbestritten der wichtigere Faktor als die Kreation. Eine optimale Kreation 42 Dossier I / 2010 | Spot-Kreation und Werbewirkung kann aber die Auffälligkeit der Kampagne erhöhen, das Image positiv prägen, Must-have-Impulse erzeugen, die Werbung zum Gesprächsthema machen, so dass below the line weiter kommuniziert wird. Aber was ist ein kreativer Spot? Eine kreative Performance muss den Rezipienten ein A-ha-Erlebnis verschaffen und ihnen einen Nutzen bringen, indem sie informiert und/oder amüsiert. Die Botschaft muss sich auf jeden Fall auf Anhieb entschlüsseln, denn niemand will und wird über Werbung nachdenken – außer den Werbetreibenden und den Kreativen. Joachim Agüeras Netz, MediaAnalyzer: Zentrale Aspekte für die Wirkung von Spots sind zunächst Auffälligkeit und Uniqueness. Diese hängen direkt von der Kreativität bei der Konzeption ab. Aber nur die Verbindung aus einer guten, kreativen Idee und einer optimalen Umsetzung verspricht eine hohe Wirksamkeit. Dies betrifft besonders häufig die Verständlichkeit der Idee. Die Kunst ist es daher, Kreativität so einzusetzen, dass die Zielgruppe die Botschaft versteht. Leider gelingt das nicht immer. Kreative Werbung wird dann zum Selbstzweck und die Wirkung geht verloren. Meist ist dies darin begründet, dass die an der Entwicklung Beteiligten nicht mehr die unvoreingenommene Sichtweise ihrer Zielgruppe einnehmen können und daher mögliche Barrieren nicht erkennen. Glücklicherweise reichen aber in der Regel kleinere Optimierungen, um aus einem guten Spot auch einen wirksamen zu machen. IP: Welche Methoden setzen Sie vor allem zur Untersuchung von TV-Spots ein? Dr. Gudrun Klupacek: IMAS-International setzt zur Überprüfung der Kommunikationsleistung von TV-Spots vor allem den PsychoMeter ein, der seit fast 20 Jahren in Deutschland etabliert ist. Es handelt sich um eine Befragung, die in Studios durchgeführt wird. Uns ist wichtig, dass die Testsituation kontrolliert ist. Pro Testreihe werden 20 Spots überprüft. Dieser Werbeblock wird den Probanden einmal ohne Programmumfeld vorgespielt. Danach werden alle Fragen aus der Erinnerung beantwortet. Eine kreative Performance muss den Rezipienten ein Aha-Erlebnis verschaffen. Dr. Gudrun Klupacek, Senior-Projektleiterin IMAS-International, München www.imas-international.de Da der PsychoMeter-Test nur auf fertige Filme, nicht aber auf Konzepte, Storyboards oder Animatics angewandt werden kann, haben wir ihm den PreMeter-Test zur Seite gestellt. Wie die Bezeichnung schon sagt, wird er für Pretests eingesetzt. Auch hier handelt es sich um eine kontrollierte Interviewsituation im Studio. Dieser Test ist stärker qualitativ angelegt und auf die spezifische Zielgruppe des Kunden ausgerichtet. Dr. Bernd Büchner: Bei der Messung werden neben der klassischen quantitativen Befragung zunehmend auch qualitative Tiefeninterviews und Neuroscience-basierte apparative Messungen eingesetzt, und zwar modular einander ergänzend. Hier geht die Entwicklung ständig voran. Millward Brown ist weltweit eines der zwei bis drei führenden Institute im Bereich der Werbewirkungsforschung. Wir verfügen damit auch über umfangreiche Benchmark-Daten zu den KeyPerformance-Indikatoren (KPIs) für erfolgreiche Werbung. Diese Indikatoren schließen insbesondere den kreativen Aspekt eines Spots zentral in die Betrachtung und Bewertung ein. Joachim Agüeras Netz: Die Analyse von TV-Spots basiert bei uns auf einer Kombination aus strukturierter Befragung und impliziter Messung. In der Befragung wird das Zusammenspiel der Wirkungsdimensionen geprüft: Auffälligkeit, Verständlichkeit, Branding und Aktivierung. Die gerade bei TV-Spots besonders wichtige Emotionalität wird mittels EmotionTracking gemessen. Das Verfahren ist eine Weiterentwicklung bewährter Methoden, um Emotionen direkt während der Betrachtung zu messen. EmotionTracking hat im Gegensatz zu Studiotests den Vorteil, dass wir unsere Untersuchungen online mit großen Stichproben durchführen können. Unsere Analyse generiert dadurch schnell belastbare Fakten für wichtige Entscheidungen im Marketing.“ Siegfried Högl: In einem veränderten Medien- und Marketingumfeld ist für eine realistische Beurteilung des Markenauftritts heute auch das Zusammenspiel aller Medien entscheidend. Dem trägt die GfK mit dem online-basierten Pretest-Instrument AD*VANTAGE®/MultiMedia Rechnung, mit dessen Hilfe die Kunden die Qualität des (Cross-)Media-Einsatzes absichern können und zudem wichtige Hinweise für ihren Mediaplan erhalten. Dabei können sowohl Aussagen über die potenzielle (Verkaufs-)Leistung einer gesamten Kampagne – z. B. via Fernsehen und Plakate – als auch Aussagen zum Soloauftritt eines Mediums wie etwa reiner Fernsehwerbung getroffen werden. Eine wichtige zentrale Kennzahl ist die Prognose über die Kaufwahrscheinlichkeit des beworbenen Produkts. Dabei wird das Kaufverhalten vor Werbemittelkontakt mit der Kaufbereitschaft nach Werbekontakt verglichen. Diese Kaufbereitschaft – korrekt Persuasion genannt – ist für die GfK-Kunden eine wichtige Größe bei der kurzfristigen Markensteuerung. Henning Rossa: TNS (Infratest) arbeitet weltweit mit dem Pretest System AdEval™. Das Instrumentarium liefert zum einen eine verlässliche Entscheidungsunterstützung auf Basis validierter und wichtiger Werbewirkungskennziffern und hat zum anderen einen diagnostischen Schwerpunkt, der Werbewirkung erklärt und Optimierungen unterstützt. Wir konnten nachweisen, dass sich die Wirksamkeit durch AdEval™-unterstützte Spot-Entwicklung im Durchschnitt um über 20 Prozent steigern lässt. Diese Effektivitätsverbesserung ist ein wesentlicher Grund, warum AdEval™ gerade auch in Zeiten knapper Budgets häufig nachgefragt wird. Wirklich gute Spots stellen kreative Inszenierung in den Dienst der Marke. Henning Rossa, Director Brand & Communications Research, TNS Infratest, Hamburg www.tns-infratest.com; www.tns-global.com IP: Ein Zauberwort im Kontext der Werbewirkung ist „Involvement“. Arbeiten Sie auch mit diesem Begriff? Wenn ja, wie definieren und operationalisieren Sie Involvement? Joachim Agüeras Netz: Das grundsätzliche Involvement der Zielgruppe wird zunächst einmal häufig überschätzt. Die Konsumenten sitzen ja nicht da und warten nur darauf, diesen einen Spot zu diesem einen Produkt zu sehen. Daher muss ich sie mitreißen, bewegen, etwas finden, um sie positiv für meine Marke und meine Message zu öffnen. Die Wahl des passenden Umfeldes spielt dabei ebenfalls eine wichtige Rolle, denn wenn die Zielgruppe für mein Thema aufnahmebereit ist, habe ich es leichter, echtes Interesse zu generieren. In unseren Tests setzen wir allerdings bewusst auf ein standardisiertes Umfeld, um möglichst nur die Wirkung des Spots an sich zu messen. Nur auf diesem Weg ist auch ein sinnvoller Vergleich mit dem Benchmark möglich, der zeigt, wo noch etwas geändert werden muss. Siegfried Högl: Wir messen Involvement über das Vorhandensein marketingrelevanter Emotionen und die Stärke der Emotionen über das Aktivierungspotenzial. Das Aktivierungspotenzial bestimmt sich über ein definiertes Set von Statements, die hoch mit Ergebnissen aus Hautwiderstandsuntersuchungen korrelieren. Der Emo-Sensor – Bestandteil im GfK-Verfahren der Emotionsmessung – wurde zusammen mit der Universität Saarbrücken entwickelt. Wir haben dazu einen gelabelten Bildersatz entwickelt, der marketingrelevante Emotionen repräsentiert. Der Befragte entscheidet bei der Bildvorlage, ob er diese Emotion empfunden hat oder nicht. Dadurch lassen sich die Befragten auch hinsichtlich ihrer Emotionalität nach Typen segmentieren. In der Analyse zeigt sich, dass bestimmte Emotionstypen www.ip-deutschland.de 43 stärker auf die Werbung reagieren. Produktkategorien-Involvement schließen wir ja durch die Rekrutierung nach Zielgruppe mit ein. Bei der Bewertung des Involvements ist der Einfluss von Markenverwendern zu berücksichtigen. IP: Wenn Sie einmal Ihre langjährige Erfahrung in wenige Regeln verdichten müssten: Welche Faktoren machen einen TV-Spot erfolgreich, also wirksam im Sinne der Marke und intendierten Botschaft? Gibt es Faktoren, die ein absolutes „Muss“ sind? Dr. Bernd Büchner: Nur wer den Zuschauer involviert, kann ihn auch erreichen. Aufmerksamkeit wird dabei nicht nur punktuell gemessen, sondern auch im Sekunden-Ablauf des Spots. Involvement muss ja nicht nur an einigen Stellen des Spots, sondern während der gesamten Spot-Dauer erzielt werden. Zudem gilt es, ein hohes Involvement in enger Verbindung mit dem Branding zu erzielen. Involvement und Brand Appeal müssen gemeinsam erreicht werden. Wenn dies nicht durchgängig im Spot der Fall ist, geht Wirkungspotenzial verloren. Henning Rossa: Natürlich gibt es weder ein Kochbuch für gute Spots noch Kreativität von der Stange, wohl aber recht viele handwerkliche Hinweise, die sich insbesondere auf die Dramaturgie von Spots und auch ihr Branding beziehen. Diese Hinweise lassen sich am konkreten Spot sehr gut geben, sind allgemein formuliert, aber wenig hilfreich, daher hier nur drei allgemeine Erkenntnisse über wirklich gute TV-Spots: Nur wer den Zuschauer involviert, kann ihn auch erreichen. Dr. Bernd Büchner, Geschäftsführer Millward Brown Deutschland, Frankfurt www.millwardbrown.com Henning Rossa: Involvement ist das zentrale Maß unseres AdEval™-Systems und Bindeglied zwischen dem Verständnis und der Überzeugungskraft einer Botschaft. Wir verstehen Involvement als Grundinteresse des Konsumenten am TV-Spot selbst, das durch die Kreation bzw. die kreative Inszenierung geweckt wird. Involvement steht dabei nicht allein, sondern muss zur Motivation des Konsumenten, d. h. zur Bildung einer positiven Einstellung zur Marke bzw. zum Produkt führen. Wir operationalisieren Involvement und Motivation mittels einer mehrdimensionalen Abfrage aus insgesamt sechs Fragen. Dr. Gudrun Klupacek: Wir definieren Involvement als persönliche Betroffenheit und Relevanz. Das Thema begegnet uns zunächst schon einmal im Zusammenhang mit dem Produkt, das beworben wird. Spots für Tourismus, Bekleidung, Düfte oder Autos fällt es deutlich leichter mit den Zuschauern in Beziehung zu treten, als Werbung für Waschmittel oder Versicherungen. Im PsychoMeter-Auswertungsverfahren werden daher branchenbezogene Benchmarks errechnet, um diesem unterschiedlichen produktbedingten Involvement gerecht zu werden. Darüber hinaus gibt es eine Reihe von Indikatoren, an denen sich ablesen lässt, in welchem Ausmaß es dem Spot gelungen ist, die Zuschauer in das Filmgeschehen zu involvieren, ob das Involvement über die gesamte Filmlänge anhält und ob es schließlich dazu führt, das Produkt kaufen zu wollen und/oder das Ansehen der Marke zu verbessern. 44 Dossier I / 2010 | Spot-Kreation und Werbewirkung Sie stellen ihre kreative Inszenierung in den Dienst der Marke und helfen Botschaft und Absender, beim Konsumenten schnell und überzeugend anzukommen. Sie adressieren relevante Bedürfnisse der Zielgruppe und ha ben verstanden, dass es neben den wichtigen funktionalen auch bedeutende emotionale Bedürfnisse gibt, die Marken viel erfolg reicher differenzieren und attraktiver erscheinen lassen. Sie stimulieren Word of Mouth, den Dialog und knüpfen an an dere für die Zielgruppe relevante Kontaktpunkte an. Sie sind crossmedial, intelligent vernetzt und fast nie monomedial. Joachim Agüeras Netz: Dies hängt natürlich von der Branche und von der Zielsetzung des Spots ab. Generell lässt sich aber feststellen, dass neben der zuvor bereits genannten Auffälligkeit und Uniqueness ein emotionaler, spannender Spot-Verlauf von Bedeutung ist, um eine Verankerung im Gedächtnis zu erreichen. Die Verwendung wiederkehrender Markensymbole ist ebenfalls ein wichtiger Faktor. Um Handlungsimpulse zu verstärken, muss ich zudem neben der reinen Aussage „Seht her, es gibt mein Produkt!“ auch konkrete Leistungsversprechen, also nachvollziehbare Product Benefits, nennen. Diese müssen nicht unbedingt herausragend sein; wir kennen ja genug Fälle, wo lediglich das Gefühl vermittelt wird, Produkt oder Marke seien etwas Besonderes. Ein emotionaler, spannender Spotverlauf ist von hoher Bedeutung. Joachim Agüeras Netz, Sales Director MediaAnalyzer, Hamburg www.mediaanalyzer.com Siegfried Högl: Ausgangspunkt für den Werbeerfolg ist die Relevanz einer zentralen Kernbotschaft für die Zielgruppe des Produkts. Diese Kernbotschaft muss in einprägsamen Szenen insze- niert werden. Bewährt haben sich dabei Geschichten, die einen dramaturgischen Spannungsbogen entwickeln, um positive Emotionen wie z. B. Neugier und Interesse für das beworbene Produkt zu wecken. Emotionen haben einen nachweisbaren, positiven Effekt auf Präferenzbildung und Einstellungsänderung. Dabei gilt aber immer „Product is hero“- Emotionalität darf keinen Ersatz für Markenpositionierung darstellen. Des Weiteren muss der Absender des Werbefilms erkennbar sein. Gerne darf der Spot auch so inszeniert sein, dass er gefällt und News Value generiert. Um Erfolg zu überprüfen, sollten Kommunikationsziele in einem Briefing hinterlegt werden. Weiterhin hängt Werbeerfolg natürlich auch von der generellen Markenstrategie und dem Wettbewerbsumfeld ab. Geschichten sind ein bewährtes Stilmittel, um Kernbotschaften zu vermitteln. Siegfried Högl, Managing Director GfK, Nürnberg www.gfk.com/marktforschung Dr. Gudrun Klupacek: In erster Linie muss die beworbene Marke hängen bleiben und nicht die Pointe. Weniger ist mehr, d.h. den Film nicht überfrachten. Wichtige Botschaften nicht nach dem Haupt-Branding platzieren, denn dieses wurde als „The End“ gelernt. Der Zusammenhang von Story und Produkt muss geschmeidig und leicht nachvollziehbar sein, die Werbebotschaft auf Anhieb verständlich. Sorgfältiges Casting: Bei idealer Besetzung verbrauchen sich Pointen nicht so schnell, da sich die Zuschauer die Mimik, Gestik etc. der Protagonisten immer wieder ansehen können, obwohl sie die Story schon kennen. Die Authentizität und Glaubwürdigkeit wird erhöht. Prominente wirken nicht per se. Story, Produkt und Promi müssen stimmig sein, wobei die Rolle des Prominenten durchaus überraschen darf. Qualität bei der Filmproduktion und Synchronisierung zahlt sich aus. IP: Was glauben Sie wie viel Prozent aller TV-Spots verschenken noch deutliches Wirkungspotenzial? Siegfried Högl: In unseren Pretests können wir nur jeden fünften Testspot uneingeschränkt zur Schaltung empfehlen. Bei den übrigen 80 Prozent der Test-Spots können wir Hinweise zur Optimierung des Wirkungspotenzial geben oder auch be- gründen, warum eine bestimmte Idee nicht weiter verfolgt werden sollte. Dr. Bernd Büchner: Wir gehen davon aus, dass auch ein guter Spot noch besser werden kann, wenn er hinreichend im Vorfeld getestet und optimiert wird. Dies geschieht meines Erachtens aber nur bei ca. 20 bis 30 Prozent aller TV-Spots. Oftmals werden die Erkenntnisse aus den Pretests auch nicht hinreichend berücksichtigt. Und: Manchmal geht auch ein schlecht getesteter Spot trotzdem on air. Henning Rossa: Ich glaube, dass über die Hälfte aller Spots deutliches Wirkungspotenzial verschenken. Dieses Wirkungsdefizit lässt sich allerdings nur teilweise auf die Kreation zurückführen. Verluste ergeben sich auch aus der zu geringen Passung von Programmumfeld und kreativer Inszenierung. Auch die fehlende oder schlechte crossmediale Abstimmung sowie der negative Einfluss eines ungünstigen Werbeumfelds reduzieren das Wirkungspotenzials von TV-Spots. Ich bin überzeugt, dass dieses Potenzial größtenteils gehoben werden kann, wenn man diagnostische Werbeforschung betreibt die Passung von Kreation und Umfeld beachtet und Kommunikation crossmedialer im Sinne aller verfügbaren Kon- taktpunkte zwischen Konsument und Marke versteht und plant. Dr. Gudrun Klupacek: Von den 425 Spots, die IMAS in 2009 dem PsychoMeter-Test unterzogen hat, haben 17 Prozent auf jeden Fall Potenzial verschenkt, weil sie entweder die Marke viel zu schwach verankert haben und/oder die inhaltliche Wirkung weit unter den Erwartungen blieb. Aber sicherlich wird auch bei einer nur durchschnittlichen Leistung Potenzial vergeudet, weil ja eine höhere Effizienz möglich wäre. Joachim Agüeras Netz: Das ist einfach: 99 Prozent. Dies liegt in der Natur der Sache: Die verschiedenen Wirkungsdimensionen, die zusammen eine optimale Wirkung ergeben, stehen teilweise in Konkurrenz zueinander. So ist es beispielsweise sehr schwierig, eine hohe Emotionalität aufzubauen und gleichzeitig die Marke optimal zu platzieren. Aus diesem Grund neigen Kreative leider häufig dazu, die Marke nur kurz am Ende des Spots einzublenden, anstatt eine echte Verknüpfung zwischen Marke und Inhalt herzustellen. Gerade vor dem Hintergrund, dass der Ausstieg aus einem Spot sehr entscheidend dafür ist, wie der Spot und damit die Marke beurteilt wird, ist dies bedenklich. Wir sehen unsere Aufgabe daher vor allem darin, den Kunden dabei zu unterstützen, solche Fallstricke zu umgehen und eine maximale Wirkung für seinen Spot zu erzielen. www.ip-deutschland.de 45 Fazit und Empfehlungen Spot-Kreation als Erfolgsfaktor wirkungsvoller Werbung Kreativität – Eine wichtige, aber häufig vernachlässigte Größe bei der Werbewirkungsanalyse Um effektiv und effizient zu werben, ist eine gute Spot-Idee unabdingbar. Wie zahlreiche Studien belegen, hat der Faktor Kreation dabei einen maßgeblichen Einfluss auf den Erfolg der beworbenen Produkte und Dienstleistungen. Zudem sind Kampagnen, die auf Kreativ-Festivals Preise abräumen, auch beim Effie deutlich erfolgreicher. Die Kreation als Treiber der Werbewirkung findet in der Forschung jedoch vergleichsweise wenig Beachtung. Status quo der Forschung zu Spot-Kreation und Werbewirkung zeigt noch viele Lücken Insgesamt präsentiert sich die bisherige Forschung als ein komplexes Feld mit unzähligen Baustellen. Meist werden einzelne Gestaltungselemente untersucht und benannt, ohne dabei über die Kreation eines Spots als Ganzes zu reden. Verallgemeinerbare Aussagen sind auf dieser Basis nicht möglich. Hieraus lässt sich ableiten: Bisherige vor allem quantitative Herangehensweisen stoßen an ihre Grenzen. Die Frage ist: Was bringen qualitative, verstehende Ansätze, die eine offene Annäherung an das Thema ermöglichen? Kreativität kann sich sehr vielfältig ausdrücken – Eine eindeutige Definition gibt es nicht Um Kreativität zu erfassen, gibt es verschiedene Kriterien, nach denen TV-Spots bewertet werden können. Der ADC betrachtet die Werbung dabei unter folgenden fünf Kriterien: Originalität, Klarheit, Überzeugungskraft, Machart, Freude. Wiederum andere nutzen z. B. für ihre Studien teilweise ähnliche Kriterien wie der ADC, teilweise aber auch Punkte wie Emotionalität, Uniqueness, Produktbezug oder Überraschung. Kreativität steigert die Werbewirkung Bisherige Studien zeigen: Wer auf kreative Werbung setzt, bekommt garantiert „von vielem ein bisschen mehr“. So erzielen kreativere TV-Spots eine höhere Aufmerksamkeit und wegen ihres 46 Dossier I / 2010 | Spot-Kreation und Werbewirkung Unterhaltungswerts eine höhere Likeability bei den Zuschauern. Gute TV-Spots erzeugen zudem ein höheres Involvement bei den Rezipienten und lösen bei ihnen eine innere Beteiligung aus. Das Marken-Image kann ebenfalls von Kreativität profitieren, indem sich die positive Einstellung zur Werbung auf die beworbene Marke überträgt. Änderungen in der Markenpräferenz oder ein höherer Abverkauf sind allein hieraus aber nicht zu erwarten. Patentrezepte gibt es nicht Der Werbe-Rezeptionsprozess gestaltet sich sehr komplex und ist von vielen verschiedenen Einflussfaktoren wie dem Zusammenspiel verschiedener Gestaltungsmerkmale innerhalb eines Spots, den mittransportierten Eigenschaften des Mediums, dem Marktumfeld, dem Produkt oder der Zielgruppe abhängig. Eindeutige Regeln, welche kreative Treiber für den Erfolg der Werbung verantwortlich war, lassen sich somit nicht aus bisherigen Studien ableiten. Dennoch decken unsere Analysen einige Geheimnisse starker TV-Spots auf Insbesondere das Involvement ist ein wichtiges Ergebnis und zugleich ein wichtiger Indikator für gelungene Kreation. Denn über das Involvement gelingt es, den Zuschauer in das Geschehen mit einzubeziehen und sein Interesse zu wecken. Dabei kann Involvement auf ganz unterschiedlichen Wegen erzeugt werden. Wie unsere qualitative Studiotest-Reihe mit Mediascore zeigt, können Kommunikationsziele nach wie vor sehr gut mit bewährten und gelernten Techniken erreicht werden. Ebenso erfolgversprechend sind aber auch innovative Wege in der SpotKreation, z. B. die Kombination von Image- und Preiskommunikation. oraussetzung für eine effektive Spot-Kreation ist zudem, dass V die Werbebotschaft fokussiert, klar und verständlich vermittelt wird sowie formal und inhaltlich einen Bezug zur Marke herstellt. Dazu sollte die Marke in die Spot-Handlung integriert sein und eine zentrale Rolle in dem Spot spielen, damit die Zuschauer nicht nur von der Spot-Idee beeindruckt sind, sondern sich auch nachhaltig an den Absender der Werbebotschaft erinnern. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Unverwechselbarkeit des Spots. Um große Wirkkraft zu erzeugen, müssen TV-Spots originell sein und sich durch Andersartigkeit von der Konkurrenz abheben. Nur so können sie zur Profilierung der eigenen Botschaft beitragen. Guter Spot-Kreation gelingt es, die Aufmerksamkeit der Zuschauer zu erhöhen, indem sie mit allseits bekannten Mustern arbeitet. So sind TV-Spots, die alltägliche Situationen aufgreifen, sehr nahe am Zuschauer und seiner Lebenswelt. Da das menschliche Gehirn ständig auf der Suche nach Bekanntem und bereits gelernten Reizen ist und Informationen aus der Umwelt selektiv wahrnimmt, reagiert es somit auch eher auf diese Art von TV-Spots als auf andere. Es reicht allerdings nicht aus, die Aufmerksamkeit des Zuschauers für einen kurzen Moment auf sich zu lenken. Gleichzeitig muss es auch gelingen, den Zuschauer über den SpotVerlauf „bei der Stange“ zu halten. Hier bietet es sich an, diese bekannten Muster mit überraschenden, unvorhersehbaren Effekten zu kombinieren, um die Spannung aufzubauen und einen Höhepunkt zu bieten. as konkrete Kreativtechniken angeht, zeigt die durchgeführte W Inhaltsanalyse, dass das Storytelling zu den beliebtesten Techniken gehört, die bei TV-Spots eingesetzt werden. Da unser Gehirn ein narratives Gedächtnis hat, das sehr empfänglich für Geschichten ist und diese nachhaltig abspeichert, wundert es auch nicht, dass diese Technik besonders werbewirksam ist. So gelingt es Geschichten sehr gut, die Markensympathie und das Produktinteresse zu steigern, aber auch die Anschlusskommunikation über die Fernsehwerbung zu erhöhen. Ebenso sind Werbespots, die mit Normen- bzw. Tabubrüchen arbeiten, sehr effektiv. Dieses Stilmittel führt nicht nur dazu, dass sich die Werbung von der Masse abhebt und von den Mitbewerbern unterscheidet, sondern es hat auch Einfluss auf das Gefallen des Spots. Die Zuschauer, aber auch die Juroren von Kreativ-Wettbewerben scheinen es zu lieben, wenn mit gängigen Konventionen gebrochen und Neues, Überraschendes geboten wird. ehr gute Effekte erzielen TV-Spots zudem über bewusst inszeS nierte Emotionen. Besonders der Einsatz von Humor ist sehr be- liebt, aber auch sehr werbewirksam. Dies zeigt: Werbung, die unterhält, erzielt mehr Aufmerksamkeit bei den Zuschauern und schafft es damit besser, ihre Kommunikationsziele zu erreichen. Auch die Emotionen Action und Rührung sprechen die Zuschauer sehr an und sind effektiv. Von den traditionellen Werbetechniken wirkt die künstliche Verknappung besonders gut. Fazit Dies sind einige ausgewählte Erkenntnisse zum Wirkfaktor Kreation bei der Werbewirkung von TV-Spots. Sie sollen Ihnen Hilfestellung und Orientierung bieten für die Konzeptionierung, Gestaltung oder Optimierung von TV-Werbung. Die sorgfältige Diskussion dieser Kriterien ist sinnvoll und bietet gute Voraussetzungen für einen erfolgversprechenden TV-Spot. Sie ist allerdings kein Erfolgsgarant, denn vieles hängt natürlich von der markenspezifischen Umsetzung der Idee und der Inszenierung Ihres Spots ab. Zudem sind die in diesem Dossier aufgeführten Erkenntnisse notwendigerweise eher allgemeiner Art – ohne Berücksichtigung von weiteren Rahmenbedingungen wie Kommunikationsziel, Branche oder Zielgruppe. Solch eine Differenzierung hätte hier zu sehr den Fokus von den generalisierbaren Erkenntnissen abgelenkt und den Rahmen dieses Dossiers gesprengt. Der Datenpool des „CreaKompass“ ist jedoch sehr umfangreich und ermöglicht es bereits, eine Vielzahl weiterer Fragestellungen rund um das Thema Spot-Kreation und Werbewirkung kundenindividuell zu beantworten. Spannend sind vor allem die spezifischen Erkenntnisse aus über 15 bisher betrachteten Branchen ebenso wie individuelle Spot-Analysen, die im Quervergleich bereits ein erstes Benchmarking ermöglichen. Sie interessieren sich für weitere Ergebnisse aus dem „CreaKompass“ oder möchten Ihren nächsten TV-Spot auch einmal dem „CreaKompass-Check“ unterziehen? Dann nehmen Sie bitte Kontakt mit uns auf! Unsere Kontaktdaten finden Sie auf der vorderen Umschlagseite – oder Sie wenden sich direkt an Ihren Verkaufsberater. www.ip-deutschland.de 47 Weiterführende Literatur ADC: Ideen – das Beste aus 40 Jahren ADC. Art Directors Club Verlag, Berlin, 2004. Huston, Larry & Sakkab, Nabil: Connect and Develop – Inside Procter & Gamble’s New Model for Innovation. In: Havard Business Review, March 2006 (www.hbr.org). ADC und McKinsey: Kreativität oder Content Fit – was wirkt besser in der Werbung? McKinsey & Company, Düsseldorf, 2007. 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Einen interessanten Querschnitt aus unserer Studien-Schatzkiste finden Sie hier: Der Folder „Entscheidend ist, wo Sie werben“ zeigt in kompakter Form die Wirkungsstärke des Fernsehens und den additiven Beitrag starker Programmumfelder. Der I-Punkt informiert monatlich, viertel-, halbjährlich und jährlich online über die wichtigsten Leistungswerte für Fernsehen, Teletext und Internet. In festen Rubriken wie Werbewirkung, Mediennutzung und Daten & Fakten werden regelmäßig größere Studien, Argumente und Hintergründe aus der Mediaforschung beleuchtet. Das neue Tool der IP ermittelt die Passung von Produkt- und Programm-Marken zur Optimierung der Umfeldauswahl. Die Studie „Television – International Key Facts“ kann zum Preis von 300 Euro bestellt werden. Für buchende Kunden von IP Deutschland ist die Studie kostenlos. 50 Dossier I / 2010 | Spot-Kreation und Werbewirkung Mit der IP Studiendatenbank finden Sie schnell und treffsicher Informationen rund um das Thema Forschungsergebnisse. Alle IP Forschungspublikationen können Sie auch auf unserer Website www.ip-deutschland.de als PDF herunterladen oder per Post anfordern. www.ip-deutschland.de 51 Verkaufsbüros Internationale Vermarktung IP Deutschland GmbH Aachener Straße 1042 a 50858 Köln Telefon: 0221 5886-0 Fax: 0221 5886-999 Verkaufsdirektion Nord Straßenbahnring 18 20251 Hamburg Telefon: 040 52103-550 Fax: 040 52103-559 IP Multimedia (Schweiz) AG Seestraße 39/Postfach 8700 Küsnacht, Suisse Telefon: +41 44 91492-00 Fax: +41 44 91493-60 Zentraler Verkauf Aachener Straße 1042 a 50858 Köln Telefon: 0221 5886-211 Fax: 0221 5886-229 Verkaufsdirektion West Hammer Straße 19 a 40219 Düsseldorf Telefon: 0211 90168-0 Fax: 0211 90168-99 IP Österreich GmbH Gumpendorfer Straße 19–21 1060 Wien, Austria Telefon: +43 1 3678040 Fax: +43 1 3678040-9 Verkauf n-tv Aachener Straße 1042 a 50858 Köln Telefon: 0221 5886-256 Fax: 0221 5886-259 Verkaufsdirektion Mitte Westerbachstraße 32 61476 Kronberg/Ts. Telefon: 06173 99-2001 Fax: 06173 99-2090 International Sales IP Network S.A. 45, Boulevard Pierre Frieden 1543 Luxembourg, Luxembourg Telefon: +352 42 142 47 21 Fax: +352 42 142 47 2 Solutions Aachener Straße 1042 a 50858 Köln Telefon: 0221 5886-351 Fax: 0221 5886-359 Verkaufsdirektion Süd Ainmillerstraße 8–8 a 80801 München Telefon: 089 380153-0 Fax: 089 380153-722 Interactive Aachener Straße 1042 a 50858 Köln Telefon: 0221 5886-372 Fax: 0221 5886-359 Wir ziehen bald um: IP Deutschland GmbH Picasso-Platz 1 50679 Köln Telefon: 0221 456-02 [email protected] www.ip-deutschland.de Änderungen und Druckfehler vorbehalten. IP Zentrale